besuch der leipziger buchmesse 2016 · 2016-06-27 · interview mit nina blazon . 2 interviews...
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Besuch der Leipziger Buchmesse 2016 17./18.03.2016
Interviews und Impressionen
Erneut besuchte die LiteraturInitiative mit
mehr als 90 Schülerinnen und Schülern ab
der Klassenstufe 5 aus Berliner sowie
Brandenburger Schulen die Leipziger
Buchmesse.
In zahlreichen Interview- und
Verlagsterminen hatten unsere Kursschüler
die Gelegenheit, lobende aber auch
kritische Gedanken zu den Verlags-
programmen sowie Neuerscheinungen im
Gespräch zu äußern und zur Diskussion zu
stellen.
Wir danken alle Verlagen, Autorinnen und
Autoren, Kooperationspartnern und
natürlich unseren LIN-Kursschülern für die
unvergesslichen Messetage und
präsentieren voller Stolz die auf der
diesjährigen Messe geführten Autoren-
interviews!
Mehr Informationen zu
unserem Literaturkurs-Angebot an
Grund- und weiterführenden Schulen in
Berlin und Brandenburg,
unserem Veranstaltungsangebot für
Schulklassen
sowie Fortbildungen für Schulen
finden Sie unter www.literaturinitiative.de
Kontakt:
Geschäftsführung Birgit Murke
030 - 834 35 04 (Geschäftsstelle)
© LIN 2016. Interview mit Nur Öneren und Wolfgang Schnellbächer
© LIN 2016. Interview mit Martina Wildner
© LIN 2016. Interview mit Nina Blazon
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Interviews über Bilderbücher
Interview mit Sven Völker (NordSüd)
Da ist heute ein kleiner schwarzer Fleck auf der Sonne
von Lilith Ehrsam und Leonie Klare, 5. Klasse
Seiten 5-7
Interview mit Martin Baltscheit (Dressler)
Nur ein Tag
von Vivienne Pieper und Cosima Schultze-Motel, 5. Klasse
Seiten 8-9
Interviews über Kinderbücher
Interview mit Rieke Patwardhan (Knesebeck)
Fräulein Schmalzbrot und Billie Ballonfahrer
von Liz Fiebak, Johanna Fink und Karoline Krauter, 6. Klasse
Seiten 10-13
Interview mit Alice Gabathuler (arsEdition)
Ich, Onkel Mike und Plan A
von Jonah Lehmann und Sophia Lahner, 6. Klasse
Seiten 14-15
Interview mit Katja Frixe (Dressler)
Rocco & Pepe. Rette sich wer kann!
von Julian Stojilikovic und Florian Spielmann, 6. Klasse
Seiten 16-17
Interview mit Birgit Hasselbusch und Stefan Grothoff (Thienemann)
Die Sneakers und das Torgeheimnis / Die Sneakers und der Supersprinter
von Hannes Röger und Malte Röger, 5. Klasse
Seiten 18-19
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Interview mit Boris Koch (Heyne fliegt)
Das Kaninchenrennen
von Lia-Sofie Ahrens und Kolja Sandmann, 5. Klasse
Seiten 20-21
Interview mit Sascha Mamczak und Martina Vogl (Heyne fliegt)
Es ist Dein Planet! Ideen gegen den Irrsinn
von Jannes Krüer und Johan Walser, 7. Klasse
Seiten 22-23
Interview mit Gina Mayer (Ravensburger)
Der magische Blumenladen. Ein Geheimnis kommt selten allein.
von Marie Braun und Emilia Wendland, 5. Klasse
Seiten 24-25
Interview mit Annette Pehnt (Hanser)
Alle für Anuka.
von Lilith Ehrsam und Leonie Klare, 5. Klasse
Seiten 26-27
Interview mit Antje Herden (Fischer KJB)
Anton und Marlene und die tatsächlichen Tatsachen.
von Anja Mielke und Sina Cobbers, 6. Klasse
Seite 28
Interview mit Ulrike Rylance (dtv junior)
Mein Mathe-Desaster oder der lange Weg zum ersten Kuss.
von Danica Dessin, Isabel Giese und Diana Grytsak, 6. Klasse
Seiten 29-30
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Interviews über Jugendbücher
Interview mit Stephanie Gessner (Magellan)
Lil April. Mein Leben und andere Missgeschicke.
von Marie Lemke, Nina Lucke und Leonie Ehling, 5./6. Klasse
Seiten 31-33
Interview mit Mehrnousch Zaeri-Esfahani (Peter Hammer)
33 Bogen und ein Teehaus
von Yara Leben, 8.Klasse
Seiten 34-35
Interview mit Claudia Schreiber (Hanser)
Solo für Clara
von Amelie Link und Anna Telgen, 8. Klasse
Seiten 36-37
Interview mit Helen Maslin (Chicken House) – Englisch
Darkmere Summer
von Sophie Frieling und Rebekka Kroenert, 10. Klasse
Seiten 38-40
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Interview mit Sven Völker von Lilith Ehrsam und Leonie Klare, 5. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Wie erklärt man Schmerz? Wie sieht er aus? Der kleine
Malo muss sich regelmäßig im Krankenhaus
schmerzhaften Untersuchungen unterziehen. Sein Vater
begleitet ihn dabei. Auf einer der gemeinsamen Fahrten
hören sie sich im Autoradio »King of Pain« von Sting an.
Und so findet Malo Worte für das, was er erdulden muss.
Sven Völker, der Vater von Malo, übersetzt die Wörter in
Bilder von hoher grafischer Konsequenz. So entstand ein
besonderes Bilderbuch, das zugleich berührt und fasziniert.
© LIN 2016. Interview mit Sven Völker.
Lilith: Konnte Ihr Sohn sich mit drei Jahren schon so
gut ausdrücken?
Sven Völker: Als er krank wurde, mussten wir sehr
oft ins Krankenhaus. Er hatte eine sehr komplizierte
Krankheit, die man auch nicht so einfach heilen
kann. Da gehen die Nieren langsam kaputt und mit 3
½ Jahren war er natürlich noch ganz klein, ein
Kindergartenkind und konnte sich noch nicht so
richtig ausdrücken.
Das mit dem Buch fing viel später an. Wir waren be-
stimmt drei oder vier Jahre jede Woche im
Krankenhaus. Einmal drei Wochen am Stück - da
musste ich dann mit ihm im Zimmer schlafen und wir
waren wirklich ganz erprobte Krankenhausbesucher.
Als er dann etwa sieben Jahre alt war, also gerade in
die erste oder zweite Klasse ging, da fing es an, dass
wir wirklich regelmäßig drei, vier Mal in der Woche
für mehrere Stunden dort sein mussten und das war
natürlich nervig und da fing eigentlich erst die
Geschichte mit dem Buch an.
Als er dann so sieben war und ich ihn immer von der
Schule mit dem Auto abgeholt habe, um ihn dann ins
Krankenhaus zu fahren, sagte ich: „Komm wir fahren
ins Krankenhaus“, woraufhin er natürlich
geantwortet hat: „Papa ich habe keine Lust ins
Krankenhaus zu fahren." Damit es ein bisschen
lustiger wurde, haben wir im Auto immer laut Musik
angemacht und haben - weil uns ja keiner hören
konnte -, ganz laut und natürlich falsch mitgesungen.
Meistens haben wir natürlich deutsche Lieder
gesungen.
Sven Völker: Da ist heute ein kleiner schwarzer Fleck auf der Sonne. NordSüd Verlag August 2015. 44 Seiten.
Ab 7 Jahren.
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Leonie: Bloß der Text von „Kind of Pain“ ist ja
englisch.
Sven Völker: Genau.
Leonie: Und da Sie ja Deutscher sind und Ihr Sohn
wahrscheinlich auch deutsch aufgewachsen ist,
wundert es uns, dass er mit drei Jahren bereits so
gut Englisch verstanden hat.
Sven Völker: Nee, er hat es nicht verstanden.
Plötzlich lief dieses englische Lied. Das kannte ich
aus meiner eigenen Jungend, das war ja mehr meine
Zeit, ist ja schon ein bisschen älteres Lied. Er fragte
mich: „Papa, was heißt denn das?“, weil er es nicht
verstanden hat, weil alles andere was wir immer
gesungen haben, natürlich auf Deutsch war. Ich
antwortete ihm, dass das „König der Schmerzen“
heißt.
Daraufhin kam es wie aus der Pistole geschossen:
„Du Papa, das bin ja ich“ und dann war er auf einmal
ganz elektrisiert irgendwie. "Das ist ja ein Lied über
mich - über einen der sich nicht von seinen
Schmerzen ärgern lässt, sondern der König der
Schmerzen ist."
Das war für mich total überraschend, total positiv. Er
hat es überhaupt nicht negativ gesehen, er hat es
ganz natürlich für sich verstanden.
Das Lied geht ja ein bisschen um Liebe. Das ist ja ein
ganz anderer Sinn. Als Sting, der Sänger, das Lied
damals geschrieben hat, hat er etwas ganz Anderes
damit gemeint. Aber für Malo war es eben genau
seine Geschichte. Es war sein Dilemma, in dem er
gerade steckte und das fand ich faszinierend. Das
Komische war, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt ja
kein Kinderbuchautor gewesen bin. Ich habe vorher
nie illustriert.
Also ich bin zwar Grafikdesigner, habe ganz früher
Logos und Bücher gemacht, aber ich habe nie ein
Kinderbuch gemacht.
Am selben Abend habe ich mich hingesetzt und
angefangen, das Buch zu illustrieren. Es dauerte
dann ein bisschen, dann hat er, irgendwann hat er
dann seine Bilder bekommen.
Leonie: Wie fand Ihr Sohn das Buch eigentlich und
wie findet er es jetzt, es ist ja über ihn?
Sven Völker: Es war für ihn natürlich erst mal
aufregend, toll und auch komisch. Wir haben auch
überlegt, ob wir den Jungen in dem Buch so nennen
wie ihn. Wir hätten
ihn ja auch anders nennen können. Aber irgendwie
dachten wir dann, dass es eigentlich toll und ganz
einzigartig ist. Also wenn man krank ist, ist es blöd,
richtig blöd und das ist das Letzte, was man will.
Aber andererseits gehört es ja auch so zu einem
dazu. So wie mir die roten Haare gehören. Die
konnte ich in meiner ganzen Kindheit nicht
loswerden, obwohl sie mich damit auch geärgert
haben. Aber das sind so Dinge, die gehören zu dir.
Irgendwie wollte er dann auch, dass das sein Buch
wird.
Lilith: Und wie alt ist Ihr Sohn jetzt?
Sven Völker: Der wird jetzt zehn, nächste Woche.
Der ist schon ganz schön groß geworden.
Leonie: Also, das Buch ist ja über ein ziemlich
trauriges Thema. Für welches Alter schätzen Sie das
Buch jetzt selber ein?
Sven Völker: Ich glaube, dass das Buch wirklich für
alle funktioniert. Ich denke, es funktioniert für ganz
Kleine, die noch nicht mal lesen, die wirklich klein
sind, drei Jahre vielleicht, und das Thema kennen
lernen.
Ganz wichtig bei dem Buch ist, dass man mit
Schmerzen zu tun hat.
Am besten funktioniert es für fünf- bis acht-Jährige,
mit denen man wirklich über das Thema sprechen
kann. Das habe ich auch in meinen ganzen Lesungen
und in den Workshops gemerkt.
Ich glaube es funktioniert aber auch für Erwachsene.
Es ist ja ein bisschen wie visuelle Poesie. Die Bilder
sind ganz einfach, doch man kann ganz viel in sie
hineindenken. Außerdem gibt es ganz viele Sting-
Fans die das Buch toll finden. Die das Lied schon
immer kennen und die sich freuen, dass es nun dazu
ein Buch gibt.
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Man kann das Buch nicht lesen und denken, das ist
aber spannend und dann ist man irgendwann am
Ende. Es ist ein Buch, in dem man sich selbst ein
bisschen entdecken und über das man nachdenken
kann. Die Bilder bestehen ja nur aus Dreiecken und
das ist ein bisschen wie bei Bauklötzchen.
Leonie: Welche Gefühle wollten Sie denn damit
ausdrücken, eher schöne? Welche Gefühle soll
danach der Leser haben?
Sven Völker: Also erst mal geht es natürlich um das
Gefühl des Schmerzes. Erst mal geht darum, dass,
wenn ihr beim Arzt eine Spritze bekommt und eine
blöde Untersuchung habt, die ihr nicht gerne mögt,
dann tut das weh. Dieser Schmerz, der ist so eine
Sache, da kann man vielleicht auch die Zähne
zusammenbeißen, wenn man ein bisschen tapfer ist.
Aber die Angst ist das Problem. Meistens hat man
ganz viel Angst. Damit die Angst ein bisschen kleiner
wird, kann man über den Schmerz sprechen, weil
Kinder meistens nicht so viel Erfahrung mit
Schmerzen haben.
Als Erwachsener hat man schon vieles einmal erlebt
und irgendwie weiß man ein bisschen wie das so ist,
wenn man sich ein Bein bricht. Zuerst tut es sehr,
sehr weh, irgendwann juckt es dann nach drei
Wochen.
Es ist so blöd einen Gips zu haben, aber wenn man
ein Kind ist, dann weiß man das ja nicht. Man weiß
noch nicht, wie das ist und darum ist es so wichtig,
darüber zu sprechen. Also als Kinder, oder als
Erwachsene, es geht ja auch um Erwachsene, dass
sie über ihre Gefühle, aber besonders natürlich über
die blöden Gefühle, also die Schmerzen, auch
sprechen können. So ist es ja auch beim Arzt. Er
fängt dann an genau zu erklären, was er macht. Das
macht er natürlich auch, damit man als Kind ein
bisschen die Angst davor verliert. Und die Gefühle,
die dann der Leser darüber entwickelt, ich glaube,
die sind ganz unterschiedlich. Ich wollte nicht, dass
die Angst vorherrscht. Ich wollte auch kein
schwarz/weißes Bilderbuch machen und ich wollte
kein trauriges Buch machen. Das war natürlich nicht
so einfach. Natürlich wäre es leichter, ein trauriges
Buch zu dem Thema zu machen, aber dadurch, dass
ich ja nun die Dreiecke hatte und die diese Spitzen
haben, die tun ja auch schon weh beim Angucken,
hat das ja schon funktioniert.
Leonie: Ja, eigentlich am Anfang, da war es so ein
bisschen ungewohnt, denn normalerweise
bestehen Bilder ja auch viel aus runden
Gegenständen und hier sind es nur Dreiecke, aber
es war auch ganz schön.
Sven Völker: Am Anfang war es ja gar kein Buch. Es
war am Anfang eigentlich nur ein Bild, oder mehrere
Bilder für die Wände im Zimmer meines Sohnes. Es
sollte eigentlich bei ihm zu Hause hängen und ihn so
ein bisschen einfach ermuntern. An mehr habe ich
dabei eigentlich gar nicht gedacht. Aber ich fand es
dann irgendwann einfach so toll, dass ich es dann
noch mal ausgedruckt und per Paket zu Sting nach
New York geschickt habe. Der ist ja nun ein ganz
berühmter Musiker, der kriegt ja viel Post und liest
die auch alle nicht, deswegen habe ich auch gar
nicht erwartet, dass er das liest und sieht. Dann kam
aber irgendwann eine E-Mail, dass er total begeistert
ist, dass er das super findet. Der Song ist ja schon
über 30 Jahre alt und er fände es toll, wenn wir ein
Buch daraus machen. Dann hatte ich natürlich ein
Problem, die Bilder allein sind ja noch kein Buch,
man muss natürlich auch ein bisschen die Geschichte
erzählen.
Da muss man überlegen, für wen ist das denn
überhaupt? Wie Ihr ja auch gefragt habt. Ist es für
kleine Kinder, ist es für große Kinder, ist es gar nicht
für Kinder?
Doch so, wie es geworden ist, passt es irgendwie für
alle.
Lilith: Danke für das Interview.
Sven Völker lebt und arbeitet als Gestalter, Autor und
Künstler in Berlin. Er studierte an der Hochschule für
Künste in Bremen sowie der Middlesex University in
London und lehrte als Professor an deutschen
Kunsthochschulen in Karlsruhe und Halle.
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Interview mit Martin Baltscheit
von Vivienne Pieper und Cosima Schultze-Motel,
5. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Du hast immer genug Zeit, um glücklich zu sein: Als
Wildschwein und Fuchs unerwartet Zeugen werden, wie
eine bezaubernde Eintagsfliege schlüpft, haben sie ein
Problem: wer bringt ihr bloß bei, dass sie nur einen Tag zu
leben hat? Kurzerhand behaupten sie, der Fuchs sei
derjenige, der bald sterben müsse. Die hübsche Fliege hat
gleich eine Idee und verkündet: Dann müsse eben das
ganze Leben in einen Tag hinein, mitsamt dem großen
Glück!
Cosima: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dass
sich der Fuchs beim Schule spielen so blöd anstellt?
Martin Baltscheit: Wir haben alle gelernt, dass der
Fuchs schlau ist, der Löwe alles kann und die Gans
dumm ist. Es macht Spaß, das zu verdrehen. Wenn
der Fuchs in der Schule sitzt und etwas nicht weiß,
ist das lustig. Außerdem soll es bedeuten: Trau Dich!
Wenn’s daneben geht, ist es nicht schlimm.
Vivienne: Warum haben Sie den Fuchs und das
Wildschwein als Waldtiere ausgewählt?
Martin Baltscheit: Die Geschichte ist nicht von mir,
sondern von einem elfjährigen Mädchen, Anna. Die
Mutter hat mir die Geschichte erzählt, da habe ich
gedacht, die Geschichte ist so toll. Der Fuchs und das
Wildschwein trauen sich nicht, der Eintagsfliege zu
sagen, dass sie nur noch einen Tag zu leben hat. Ich
habe Anna gefragt, ob ich ein Theaterstück daraus
machen darf. Ich hatte das Stück gleich im Kopf und
musste es nur aufschreiben. Es war sehr erfolgreich
und wurde in Deutschland auf 30 Bühnen gespielt,
außerdem mittlerweile in England, Polen und sogar
Indien. Irgendwann wollte ich ein Buch daraus
machen. Dafür bin ich zum Dressler-Verlag gegangen.
Cosima: Sind Sie zufrieden mit „Nur ein Tag“?
Martin Baltscheit: Ja sehr. Ich durfte es aber nicht
selbst illustrieren. Der Verlag hat gesagt: „Deine
Illustrationen sind immer so düster. Lass das mal ein
Mädchen machen!“ Da hatte ich ein Mädchen im
Sinn, die Wiebke, die sehr lustig illustriert. Ich frag
mal zurück: Wie haben Euch denn die Bilder
gefallen?
Vivienne: Gut, die Fliege ist so süß!
MB: Es ist so lustig illustriert und ich war so glücklich,
dass ich es nicht selbst illustriert habe, sondern die
Wiebke. Ich bin sehr zufrieden.
Vivienne: Wieso gibt es gute und schlechte
Eintagsfliegen?
Martin Baltscheit: Stell Dir vor, Du freust dich auf
einen Sonnentag und willst schwimmen gehen, und
Du wachst auf und es regnet in Strömen. Das
Schwimmbad ist geschlossen, und Du hast dich aber
gefreut, schon den ganzen Tag. Jetzt hast Du zwei
Martin Baltscheit: Nur ein Tag. Dressler Januar 2016. 112 Seiten.
Ab 6 Jahren.
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Möglichkeiten: Du kannst weinen,
zusammenbrechen, mit den Füßen auf den Boden
stampfen, mit den Fäusten gegen die Wand
trommeln und schlechte Laune haben den ganzen
Tag und am Abend sagen: „Ich hatte den ganzen Tag
schlechte Laune“! Oder Du sagst: „O.K., heute geht
es nicht, vielleicht morgen. Was mache ich jetzt?
Jetzt mache ich etwas Tolles.“ Du kannst zu Hause
bleiben, kannst ein Spiel spielen, Kuchen backen,
aber bei der Arbeit stören, kannst der Mama helfen,
Freunde einladen, Kakao trinken oder Comics lesen.
Der Mensch hat immer zwei Möglichkeiten, auf
etwas Überraschen-des zu reagieren. Eine gut und
eine schlecht gelaunte. Die eine Fliege nimmt die gut
gelaunte, die andere ist griesgrämig, zählt die Zeit
rückwärts und denkt nur an das Schlimme. Wenn
etwas nicht so läuft, mach was draus!
Cosima: Haben Sie außer „Nur ein Tag“ noch andere
Bücher geschrieben?
Martin Baltscheit: Ja. Ich bin immer überzeugt, dass
das aktuelle Buch wahnsinnig wichtig, neu und
aufregend ist. Es gibt gute Bücher und Schätzchen.
„Nur ein Tag“ ist ein Schatz. Oder „Der Löwe, der
nicht schreiben konnte“. „Der Fuchs, der den
Verstand verlor“ ist auch großartig.
Vivienne: Wie ist die Anna auf die Eintagsfliege
gekommen?
Martin Baltscheit: Ich weiß es nicht. Sie hatte einen
genialen Moment, ich durfte ihn haben.
Cosima: Was machen Sie sonst noch so?
Martin Baltscheit: Ich habe vier Kinder, zwei Töchter
und zwei Söhne, die nehmen viel Zeit in Anspruch.
Sonst mache ich noch Hörbücher, Hörspiele, und ich
habe einen Film gemacht. „Nur ein Tag“ als Kinofilm.
Der ist aber nicht so niedlich wie das Buch. Es ist kein
Trickfilm, sondern er ist mit Menschen gemacht.
Cosima: Können Sie ein Buch empfehlen?
Martin Baltscheit: Ihr meint von jemand anderem?
Ja, „Mucker und Rosine“ von Kristina Andres.
Cosima und Vivienne: Danke für das Interview!
Martin Baltscheit, geboren 1965 in Düsseldorf,
studierte Kommunikationsdesign und ist Illustrator,
Sprecher, Buch-, Hörspiel- und Theaterautor. Für seine
Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise, darunter bereits
zweimal die Auszeichnung „Bestes Kinder- und
Jugendhörbuch des Jahres“.
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Interview mit Rieke Patwardhan
von Liz Fiebak, Johanna Fink und Karoline Krauter,
6. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Fräulein Schmalzbrot und Billie Ballonfahrer sind
Schwestern. Fräulein Schmalzbrot ist die große
Schwester, Billie Ballonfahrer die kleine. Die beiden sind
sehr verschieden und können sich oft gar nicht leiden.
Doch meistens sind sie unzertrennlich. Denn eigentlich
ist es ja ganz schön, so eine Schwester zu haben und
damit eine Verbündete gegen die seltsamen
Vorstellungen der Erwachsenen. So erleben die beiden
jede Menge lustige Abenteuer, in denen sich jedes
Geschwisterkind wiederfinden kann.
Johanna: Wie sind Sie auf die Idee zu dem Buch
gekommen?
Rieke Patwardhan: Ich glaube, es hat tatsächlich
auch etwas damit zu tun, dass ich Geschwister habe.
Die Sachen, über die ich schreibe, haben viel mehr
mit meinen Geschwistern zu tun. Aber tatsächlich
habe ich angefangen, diese Geschichte zu schreiben,
als ich auch zwei Töchter hatte, und die haben auch
einen Altersabstand von fünf Jahren. Und ich habe
mich halt gefragt, wie das für meine ältere Tochter
war, auf einmal so ein kleines Geschwisterchen zu
haben. Die sind dann ja manchmal auch wütend auf
einen. Nicht? Da habe ich gedacht, ich schreib eine
Geschichte darüber, vielleicht kann ich mich dann
besser da rein fühlen.
Johanna: Und wie sind Sie auf die Namen
gekommen?
Rieke Patwardhan: Das waren tatsächlich Namen,
die ich so ähnlich für meine Kinder gehabt habe. Ein
bisschen anders, also nicht Fräulein Schmalzbrot,
sondern Frau Schmidt-Schmalzbrot und eben auch
nicht Billie Ballonfahrer, sondern der Name meiner
zweiten Tochter und Ballonfahrer. Und inzwischen
sage ich das nicht mehr, das hat jetzt nichts mehr
mit denen zu tun. Die mögen das auch gar nicht so
gern, wenn immer alle Leute sagen, seid ihr das
nicht?
Liz: War Ihre Ältere auch eifersüchtig, als die
Jüngere gekommen ist?
Rieke Patwardhan: Ja, ein bisschen. Also ich glaube, das kann viel schlimmer passieren. Aber ich weiß, dass sie dann manchmal auch so Sachen zu mir gesagt wie du Arschloch und so. Und ja, das hat mich dann halt auch interessiert. Ich habe gedacht, was geht denn eigentlich in ihr so vor. Ich wusste damals von Eltern, dass die ganz oft gesagt haben, wenn sie das zweite Kind kriegen, ist das so, als wäre das erste ganz anders. Aber irgendwie habe ich mir immer gedacht, es ist ja auch für das erste Kind so, als hätte es neue Eltern bekommen, weil die Eltern oft gestresst sind und irgendwie … ich weiß nicht, habt ihr kleine Geschwister zufällig oder überhaupt Geschwister? (Interviewer nicken zustimmend? Okay, ja auf jeden Fall, dann kann man sich da ja vielleicht so ein bisschen rein denken, oder? Ja, dass die Eltern sich eben auch verändern, je nachdem,
Rieke Patwardhan: Fräulein Schmalzbrot und Billie Ballonfahrer. Knesebeck August 2015. 112 Seiten. Ab 5 Jahren.
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was in deren Leben gerade so passiert. Und da ist es dann ja eigentlich auch kein Wunder, dass die Kinder dann auf einmal so sind.
© LIN 2016. Interview mit Rieke Patwardhan
Karo: Wie viele Bücher haben Sie geschrieben?
Rieke Patwardhan: Also das ist das erste, das ich
veröffentlicht habe. Ich schreibe jetzt gerade an
einer Fortsetzung dafür. Und zwischenzeitlich habe
ich einen Bilderbuchtext aufgeschrieben und ich
schreibe immer so an verschiedenen Sachen parallel,
muss ich sagen, an Texten. Dann gibt es noch so eine
andere Geschichte, die ein bisschen so auf dieses
aktuelle Thema Flucht geht, das werde ich
wahrscheinlich dann schreiben, wenn ich den
zweiten Schmalzbrot-Teil zu Ende geschrieben habe.
Aber veröffentlicht habe ich bisher nur das hier.
Karo: Heißt der zweite Teil genauso wie der Erste?
Rieke Patwardhan: Ich weiß noch gar nicht, wie der
heißen wird, ehrlich gesagt. Es ist nämlich tatsächlich
so, das entscheide gar nicht ich. Sondern da hat die
Entscheidung der Verlag, und bis jetzt hat das noch
so eine Art, das nennt man Arbeitstitel, da heißt das
Fräulein Schmalzbrot Zwei. Aber das wird nicht so
heißen, wenn das dann verkauft wird.
Liz: Warum haben Sie sich für den Verlag
entschieden?
Rieke Patwardhan: Ah, tatsächlich ist das so: ich
habe eine Agentin, die verkauft sozusagen die
Geschichten oder die Bücher für mich. Und die
bietet das einfach ganz vielen Verlagen an und sagt,
hier guck mal, ich habe hier eine neue Autorin, und
der Knesebeck-Verlag hat dann gesagt, wir würden
das gerne machen. Und ja, ich war dann damit aber
auch sehr glücklich, muss ich sagen, weil ich finde,
dass die sehr, sehr schöne Bücher machen. Und es
war dann für mich zum Beispiel auch ganz wichtig,
dass die gesagt haben, ich darf mitentscheiden, wer
das illustriert, das war mir total wichtig.
Karo: Und das Ergebnis finden Sie schön?
Rieke Patwardhan: Ja, ich finde es schön, ja. Am
Anfang war es ein bisschen schwierig, ehrlich gesagt,
weil ich eine ganz andere Vorstellung hatte. Also ich
habe die Illustratorin tatsächlich mit ausgesucht,
aber das, was ich von ihr kannte, die Bilder waren
ganz anders, und ich habe mir das irgendwie nicht so
comichaft vorgestellt. Es ist ja so ein bisschen
comichaft. Und als ich dann die ersten Illustrationen
gesehen habe, die waren noch in Schwarzweiß, noch
gar nicht mit Farbe. Und das war so total anders als
ich das erwartet habe. Und da habe ich echt
gedacht, oh mein Gott, was wird das und ja, ich war
schon so ein bisschen kurz davor zu sagen, nur über
meine Leiche, das geht nicht. Aber dann habe ich das
zum Glück auch noch mal ein paar Freunden gezeigt,
zum Beispiel meiner Tochter, die Große, die hat das
gesehen, sie war da elf, und sie fand das ganz toll.
Sie sagte, sie findet das super. Und dann habe ich
gedacht, na ja gut, letztendlich sollen das ja auch
Kinder mögen, nicht? Nicht nur ich. Das wäre
jedenfalls sinnvoll, wenn das Kinder mögen. Und
dann so langsam, langsam habe ich sie mir
angeguckt, und als sie dann fertig wurden, fand ich
sie schon viel besser, und jetzt finde ich sie
eigentlich richtig gut, weil man sie gut
wiedererkennt.
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© LIN 2016. Interview mit Rieke Patwardhan
Liz: Haben Sie sich ausgedacht, dass Fräulein
Schmalzbrot sich so auffällig kleidet?
Rieke Patwardhan: Nein, das habe ich nicht, das hat
sich die Illustratorin ausgedacht. Und ich finde, das
hat sie irgendwie witzig gemacht. Ich weiß nicht, ob
ihr findet, dass das zu ihr passt? (Zustimmung) Und
ich wäre da von alleine nicht drauf gekommen, aber
ich bin ja auch keine Illustratorin, aber ich meine,
Fräulein Schmalzbrot ist ja auch so ein bisschen
speziell, die ist ja auch so ein bisschen eigen.
Insofern, finde ich, passt das gut.
Liz: Hatten Ihre Kinder auch so etwas, womit sie
immer am liebsten gespielt haben? Weil die beiden
haben ja jetzt ihre Einhörner…
Rieke Patwardhan: Ja, die Einhörner sind tatsächlich
auch von meinen Kindern. Meine Kinder spielen ganz
viel, oder haben gespielt, jetzt inzwischen ist die
Große schon zwölf, da ist das nicht mehr ganz so
doll. Die haben ganz viel gespielt mit Schleichtieren,
die kennt ihr doch bestimmt. Die haben fast nie mit
Puppen gespielt, aber die haben viel miteinander
gespielt, obwohl sie ja den großen Altersunterschied
haben. Aber mit diesen Schleichtieren haben sie sich
so richtige Welten erschaffen, das kommt auch so
ein bisschen in dem Buch vor, dass sie so Herden
haben und die haben so eine Funktion und der darf
dies und der darf das nicht und das habe ich so ein
bisschen von meinen Kindern übernommen.
Einhörner haben da auch so eine gewisse Rolle
gespielt. Jetzt nicht so extrem wie in dem Buch, nur
das Lustige ist, immer, wenn ich von Einhörnern
geschrieben habe, habe ich natürlich an die
Schleichtiere gedacht, und ich habe natürlich
überhaupt nicht daran gedacht, dass Nina Duleck
das anders zeichnen würde, größere Stofftiere, so
Kuscheltiere…
Julia: Sind denn Ihre Kinder auch Ihre Testleser?
Rieke Patwardhan: Nein, die kriegen sie zu hören,
aber nicht als erstes, überhaupt nicht als erstes. Ich
würde sie auch nicht allzu sehr reinreden lassen.
Also die mögen das schon, aber die sind jetzt nicht
so die Riesensuperfans von meinen Geschichten,
oder so. Ich glaube, es ist für sie auch ein bisschen
schwierig, weil doch so oft gedacht wird, sie sind
das. Ich weiß, das sind sie nicht, aber alle anderen
denken natürlich so. Also ich zeige das lange
niemandem und dann habe ich so eine Gruppe von
Freunden, gerade bei den ersten Geschichten, die
das gelesen haben.
Liz: Und wollten Sie Autorin werden oder kam das
plötzlich, dass Sie jetzt geschrieben haben?
Rieke Patwardhan: Ja, so ein bisschen beides. Also
ich habe schon als Kind wahnsinnig viel gelesen,
habe auch als Kind, habe immer schon viel
geschrieben, habe immer, immer geschrieben, aber
ich habe nie so daran gedacht, also ich glaube, ich
habe als Kind manchmal so davon geträumt, aber
später habe ich ehrlich gedacht, ich weiß nicht, und
ich habe dann ja auch wirklich genügend anderes zu
tun gehabt. Und die Geschichten habe ich
tatsächlich wirklich ehrlich erst mal nur so für mich
geschrieben. Und dann habe ich es mal Freunden
gezeigt und dann war das dieses Typische, das hört
man ja häufiger, dass dann irgendwelche Leute
gesagt haben, das ist ja einfach zu schade, wenn du
das nur in der Schublade hast, ich glaube, das finden
vielleicht auch andere schön. Und dann habe ich
nochmal darüber nachgedacht und dann irgendwann
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habe ich gedacht, ja, dann schicke ich das halt mal
an eine Agentin und dachte, es wäre ja schön, wenn
sie sagt, ja, ich glaube, Sie könnten mal irgendwann
einmal schreiben. Und dass die dann aber sagt, ich
fand das echt gut, wir würden Sie gerne unter
Vertrag nehmen, das war natürlich toll. Also so ein
bisschen bin ich da auch einfach reingerutscht.
Liz: Und wollen Sie jetzt dabeibleiben, dass Sie
mehr so Bücher für Jüngere schreiben oder wollen
Sie auch mal Bücher für Jugendliche schreiben?
Rieke Patwardhan: Ich würde gern beides machen.
Ich mag gern unterschiedliche Sachen machen. Ich
habe jetzt, wie gesagt, auch einen Bilderbuchtext,
der ist jetzt noch nicht erschienen, aber das bringt
zum Beispiel auch total Spaß. Weil, ganz kurze Texte
finde ich auch total schön, je kürzer, desto mehr hat
man ja auch die Kontrolle darüber, dass wirklich
jedes Wort da ist, wo man es haben will.
Karo: Wollen Sie vielleicht auch mal Fantasy
schreiben oder einen Krimi?
Rieke Patwardhan: Also, Fantasy weiß ich nicht …
Also Krimi könnte ich mir total gut vorstellen, damit
habe ich auch vor Jahren mal angefangen, aber für
Erwachsene. Aber Fantasy, ich weiß nicht, ich bin
jetzt nicht so selbst so ein Fantasyfan, aber ich hab
neulich mal gedacht, was ich bei Fantasy total cool
finde, ist, man kann wirklich alles geschehen lassen
kann, also sich wirklich jedes Naturgesetz ausdenken
kann. Insofern kann ich das nicht so genau sagen,
vielleicht finde ich das irgendwann einmal spannend.
Karo: Möchten Sie denn noch viele Bücher
schreiben?
Rieke Patwardhan: Ich glaube schon, ja. Was mir nur
wichtig ist, ich habe auch gern genug Zeit dafür, ich
möchte lieber wenige gute Bücher schreiben als
viele nicht so gute. Ja, das ist so.
Julia: Dann bedanken wir uns für das schöne
Interview.
Rieke Patwardhan, aufgewachsen in Schleswig-
Holstein, kletterte als Kind oft auf Bäume, um dort alle
Bücher zu lesen, die sie ihren großen Schwestern
entwenden konnte. Nach einigen geisteswissen-
schaftlichen Versuchen und einem Psychologiestudium
arbeitete die gelernte Buchhändlerin zunächst als
Lehrbeauftragte an der Universität, bevor sie anfing,
selbst Geschichten zu schreiben, die nun wiederum
Kinder auf Bäumen lesen können. Sie lebt mit ihrem
Mann und zwei Töchtern in Hamburg.
© LIN 2016. Interview mit Rieke Patwardhan
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Interview mit Alice Gabathuler
von Jonah Lehmann und Sophia Lahner, 6. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
© LIN 2016. Interview mit Alice Gabathuler.
Leons Sommerträume platzen, als sein Vater den
gemeinsamen Männer-Campingurlaub über den Haufen
wirft und stattdessen mit seiner neuen Flamme und
deren nervigen Kindern ins Kinderhotel will. Kurz
entschlossen weidet Leon sein Sparschwein Klaus-Dieter
aus und kauft sich ein Ticket nach Hinter-Oberdorf.
Dorthin hat sich nämlich Onkel Mike aka Gängsta X
zurückgezogen, um ein neues Album zu schreiben und
aufzunehmen. Blöd nur, dass Onkel Mike gerade in einer
absoluten Sinnkrise steckt und auch kreativ so gar
nichts aufs Papier kriegen will. Aber Leon wäre nicht
Leon, wenn ihm da keine Lösung einfallen würde. Und
so wird es ganz schnell ziemlich verrückt. Ihr riesiges
Abenteuer beginnt für Leon und Onkel Mike nämlich
ausgerechnet mit einer Pfanne!
LIN-Reporter: Wie schreiben Sie Ihre Bücher, am
Stück oder Szene für Szene?
Alice Gabathuler: Ich schreibe meine Bücher – weil
ich Chaotin bin – von vorne nach hinten. Ich weiß
nämlich am Anfang noch nicht, was am Ende
passiert.
LIN-Reporter: Finden Sie es nicht lästig, immer nur
Bücher zu schreiben?
Alice Gabathuler: Schaut mal, ich darf mit euch
sprechen. Ich habe viele Lesungen bei mir in der
Schweiz. Ich finde es gar nicht lästig. Aber wenn ich
mal keine Lust habe, schreibe ich mal drei Tage nicht.
LIN-Reporter: Spielen Sie ein Instrument? In „Ich,
Onkel Mike und Plan A“ geht es ja viel um Musik…
Alice Gabathuler: Ja, ganz schlecht E-Gitarre. Ein
Riesentraum von mir.
LIN-Reporter: Welcher Typ Mensch sind Sie am
ehesten?
Alice Gabathuler: Ich bin der Onkel Mike. Furchtbar
schusselig, chaotisch, unaufgeräumt.
LIN-Reporter: Wie haben Sie mit dem Buch
angefangen?
Alice Gabathuler:
Ich, Onkel Mike und Plan A. arsEdition März 2016.
160 Seiten. Ab 10 Jahren.
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Alice Gabathuler: Das ging vor vielen Jahren los. Weil
ich Musik so gerne man, wollte ich über einen
Musiker schreiben. Ich hatte zuerst eine Geschichte
nur über ‚Gängsta Rap‘. Aber weil er irgendwann out
wurde, musste ich mir eine ganz neue Geschichte
einfallen lassen.
LIN-Reporter: Gab es etwas, das Sie angeregt hat?
Alice Gabathuler: Auf jeden Fall die Musik. Und ich
mag freche Kinder.
LIN-Reporter: Was bedeutet Ihnen die Musik?
Alice Gabathuler: Es gäbe meine Bücher nicht ohne
die Musik. Ich wäre eigentlich lieber in einer Band.
Aber ich bin unmusikalisch. Seit fünf Büchern arbeite
ich immer mit einer Band zusammen, die mir dazu
einen Song schreibt.
LIN-Reporter: Geht es in allen Ihren Büchern um
Musik?
Alice Gabathuler: Ja, bis auf eines. Das war aber
dadurch, dass es ohne Musik war, langweilig.
LIN-Reporter: Vielen Dank für das tolle Interview.
Alice Gabathuler: Danke ebenfalls.
Alice Gabathuler ist 1961 in der Schweiz geboren, im St. Galler Rheintal aufgewachsen und immer noch dort wohnhaft. Sie war unter anderem Radiomoderatorin, Werbetexterin und Lehrerin und führte im Team mit ihrer Co-Partnerin fünfzehn Jahre lang eine private Sprachschule. Seit 2009 ist sie hauptberuflich Autorin. Sie schreibt für Kinder und Jugendliche. Ihre Geschichten kann man lesen und manchmal auch im Radio hören. 2014 hat sie den Hansjörg-Martin Preis für den besten deutschsprachigen Jugendkrimi erhalten.
© LIN 2016. Interview mit Alice Gabathuler.
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Interview mit Katja Frixe
von Julian Stojilikovic und Florian Spielmann,
6. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Zwei Weltmeister im Quatschmachen. Doofe Nachbarn, große Schwestern - vor den Zwillingen Rocco und Pepe und ihren Scherzen ist eigentlich niemand sicher. Denn die beiden sind frech, laut und die absoluten Meister im Austüfteln von Quatsch, Mist und Unsinn. Klar, dass sie sofort im Verdacht stehen, als Schildkröte Tiffy verschwindet. Dabei waren Rocco und Pepe da doch gerade damit beschäftigt, das Sachkunde-Skelett zu entführen
Florian: Was war die Inspiration für das Buch?
Katja Frixe: Das war eine lustige Begebenheit, als ich schwanger war mit Zwillingen habe ich immer gedacht, dass es zwei Jungen werden und habe sie mir wie Rocco und Pepe vorgestellt. Julian: Haben Ihre Zwillinge das Buch gelesen oder vorgelesen bekommen? Katja Frixe: Nein, die beiden sind noch zu klein. Florian: Wieso haben Sie diesen Verlag gewählt? Katja Frixe: Naja, da hat man meistens gar nicht so viel Einfluss drauf. Denn es gibt natürlich viele Autoren und viele wollen auch, dass ihr Buch veröffentlicht wird und dann hat man gar nicht so die Wahl, aber ich habe eine Literaturagentin und die hat dann mein Buch verschiedenen Verlagen geschickt. Der Dressler Verlag fand das gut und wollte es gerne veröffentlichen. Julian: Wie sind Sie auf die Namen Rocco und Pepe gekommen? Katja Frixe: Ja, die sind mir einfach in den Sinn gekommen, das kann ich gar nicht so erklären. Florian: War es Ihr erstes Buch? Katja Frixe: Ja, das war mein erstes Buch.
Julian: Wie lange haben Sie von der Grundidee bis zum fertigen Buch gebraucht? Katja Frixe: Das ist auch immer schwierig, weil man nie so lange an einer Sache sitzt. Man schreibt ein bisschen, dann macht man wieder etwas Anderes. Also insgesamt hat es etwa ein Jahr gedauert. Florian: Planen Sie weitere Bücher? Katja Frixe: Ja. Julian: Gab es Momente, in denen Sie gar keine Lust aufs Schreiben hatten? Katja Frixe: Ja, die gibt es immer mal, wenn einem nichts einfällt? Florian: Wie sind Sie Schriftstellerin geworden? Katja Frixe: Ich habe früher auch selbst in einem Verlag gearbeitet und selber mit den Autoren Bücher entwickelt. Irgendwann hat dann eben diese Literaturagentin, die ich kenne, gesagt: Willst Du nicht mal selber Bücher schreiben.
Katja Frixe: Rocco & Pepe. Rette sich wer kann!
Dressler Juli 2015 112 Seiten.
Ab 8 Jahren.
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Julian: Warum haben Sie sich nicht für ein anderes Genre entschieden, z.B. Fantasy? Katja Frixe: Also im Fantasy-Genre wäre ich glaube ich gar nicht gut, weil man sich da halt auskennen muss und wissen muss, was es jetzt schon für Bücher gibt. Und man sollte eine ganz starke Fantasie haben. Florian: Welche Ausbildung haben Sie? Katja Frixe: Ich habe Pädagogik studiert und dann habe ich ganz lange im Verlag gearbeitet. Julian: Hatten Sie früher Lieblingsfächer? Katja Frixe: Ja, Deutsch war eines davon. Julian: Haben Sie als Kind viel gelesen? Katja Frixe: Ja, aber auch nicht ganz so viel. Julian: Welches Genre haben Sie gern gelesen? Katja Frixe: Ja, eben typische Mädchenbücher. Julian: Hatten Sie Figuren als Vorbild? Katja Frixe: Ja, wenn man Kinderbücher schreibt, ist das meistens Astrid Lindgren. Julian: Haben Sie als Kind auch so viel Quatsch gemacht? Katja Frixe: Nee, ich war eher brav, aber mein Bruder hat viel Quatsch gemacht. Julian: Warum haben Sie sich ausgerechnet Jungen in den Hauptrollen ausgesucht? Katja Frixe: Ich weiß auch nicht, aber es gibt ja so viele Bücher, wo Mädchen die Hauptrolle spielen und ich wollte eben mal etwas Anderes ausprobieren. Florian: Vielen Dank für das nette Interview! Julian: Herzlichen Dank Frau Frixe.
Katja Frixe studierte Erziehungswissenschaften und arbeitete mehrere Jahre als Lektorin in verschiedenen Kinder- und Jugendbuchverlagen, bevor sie sich als Autorin und Übersetzerin selbständig machte. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Zwillingstöchtern in Braunschweig.
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Interview mit Birgit Hasselbusch und Stefan Grothoff
von Hannes Röger und Malte Röger, 5. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Ein Fall. Ein Team – Anpfiff für die Sneakers! Lena und
Luis können es kaum glauben: Sie mischen als
Nachwuchsreporter bei ihrer Schülerwebsite mit und
haben einen Interviewtermin mit dem aktuellen Liga-
Torschützenkönig, der gerade vom Bundestrainer in den
Kader für die Europameisterschaft berufen wurde.
Während Luis am Trainingsgelände fleißig filmt, erfährt
Lena, dass das Interview ausfallen muss, weil der
Fußballer angeblich verletzt ist. Enttäuscht ziehen die
jungen Reporter ab. Als sie allerdings wenig später in
der Schule das gedrehte Material sichten, sind sie baff,
was Luis zufällig vor die Linse bekommen hat!
LIN-Reporter: Haben Sie die Gestaltung des Covers beeinflusst?
Birgit Hasselbusch: Beim Cover ist es so, dass es eine Abteilung dafür gibt, die nur dieses Cover gestaltet und dann kriegt man das zugeschickt und
kann sich das angucken und sagen, „Finde ich gut“ oder „Man könnte vielleicht da oder da ein bisschen drauf achten“.
Stefan Grothoff: Ja, beim Leichtathlet waren am Schuh kleine Aschebrocken dran, das haben wir begradigen lassen.
LIN-Reporter: Wie kommen Sie auf Ihre Ideen?
Stefan Grothoff: Das ist immer unterschiedlich.
LIN-Reporter: Haben Sie Lieblingsorte, an denen Sie zu Ihren Ideen kommen?
Birgit Hasselbusch: Wenn ich meinen Sohn zum Fußball fahre, sitzen hinten drei Jungen in Eurem Alter, und da höre ich ihnen zu, was sie so reden. Das ist so ein Ort, an dem ich Ideen schöpfe.
Stefan Grothoff: Auf dem Klo. Da sitzt man und hat seine Ruhe, und da fällt mir etwas ein. Und im Café, ich trinke sehr gerne Kaffee, deswegen bin ich da sehr oft und beim Warten fällt mir meistens etwas ein. Der Rest kommt vom Beruf, da wir beide Journalisten sind.
LIN-Reporter: Wie kamen Sie auf die Idee Bücher zu schreiben?
Birgit Hasselbusch: Ich habe in vielen Ländern gewohnt und habe mich gefragt, was der Unterschied zu Deutschland ist. Darüber habe ich ein Buch geschrieben, das hieß „Kinder aus aller Welt“, und es war sehr schön, deswegen habe ich beschlossen, mehr Bücher zu schreiben.
Stefan Grothoff: Birgit war der Ansicht, dass ich das kann und wollte, dass ich es auch mal versuche. Aber ich hatte großen Respekt davor. Deswegen habe ich geübt und mir ist es auch gelungen.
LIN-Reporter: Können Sie vom Bücherschreiben leben?
Birgit Hasselbusch/ Stefan Grothoff: Die Sneakers und das Torgeheimnis. (Band 1) Die Sneakers und der Supersprinter. (Band 2) Thienemann Februar 2016. 160 Seiten. Ab 10 Jahren.
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Birgit Hasselbusch: Wir sind ja auch noch Journalisten, und das sind unsere Berufe. Mit Bücherschreiben verdient man auch schon Geld, aber mit Kinderbüchern nicht so viel wie mit Erwachsenen-büchern.
Stefan Grothoff: Man muss jetzt versuchen, bekannt zu werden oder viele Bücher zu verkaufen. Ich kann davon nicht leben und sie (Birgit Hasselbusch) ist nur zu höflich.
LIN-Reporter: Wie kommen Sie auf die Namen für die Charaktere im Buch?
Stefan Grothoff: Das ist schwierig, weil die Namen kurz sein müssen. Und man muss auch moderne Namen nehmen.
Birgit Hasselbusch: Lena und Luis fangen ja mit „L“ an und das kann man schnell aussprechen.
LIN-Reporter: Was bedeutet Profilerin?
Stefan Grothoff: Das ist jemand bei der Polizei, der nach einem Verbrechen sagt, wenn der Täter das und das gemacht hat, muss es ein junger Mann sein.
© LIN 2016. Interview mit Birgit Hasselbusch und Stefan Grothoff.
Birgit Hasselbusch ist Buchautorin, Moderatorin und Journalistin. Sie lebt in Hamburg. Schon von klein auf wollte sie unbedingt Sportreporterin werden. Ihren Traum hat sie sich schließlich erfüllt und arbeitete für Radio Plus Monte Carlo und Eurosport. Einmal versemmelte sie vor Aufregung ein Interview mit dem großen Pelé – seitdem weiß sie, dass man auch Promis am besten wie ganz normalen Menschen gegenübertritt. Stefan Grothoff arbeitet als Sportjournalist und Fußball-Kommentator für Hörfunk und TV. Seit seiner Jugend ist er fasziniert von Stadien und den Zehntausenden von Zuschauern, die sich in den 90 Minuten zwischen An- und Abpfiff in ein einziges großes, leidendes wie jubelndes Wesen verwandeln. Außerdem unterrichtet Stefan Grothoff an Medien-
Akademien und berät Unternehmen und Agenturen.
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Interview mit Boris Koch
von Lia-Sofie Ahrens und Kolja Sandmann, 5.
Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Seit ein kleines Kaninchen vor vierhundert Jahren das
Städtchen Niederrhode gerettet hat, findet zum
Andenken jährlich das Große Kaninchenrennen statt.
Auch Tim darf wie alle Zehnjährigen daran teilnehmen.
Doch plötzlich steckt er im Schlamassel seines Lebens –
denn er kommt wieder einmal zu spät und zieht so
ausgerechnet das dreibeinige Kaninchen aus dem
Lostopf! Als Tim sich dann auch noch mit seinem besten
Freund Carsten zerstreitet, Ärger mit dem schlimmsten
Rüpel der Schule kriegt und mit seinem lahmen
Kaninchen zum Gespött der ganzen Stadt wird, scheint
alles verloren. Aber Tim gibt nicht auf. In dem
zugezogenen Pascal und der kämpferischen Lissy findet
er neue Freunde, und gemeinsam beschließen die drei
Außenseiter, allen Vorurteilen und Widrigkeiten die
Stirn zu bieten. Ein unerhört genialer Plan nimmt
Gestalt an … Versprochen: Dieses Kaninchenrennen
wird niemand je wieder vergessen!
Lia: Wie sind Sie auf die Überschrift gekommen?
Boris Koch: Eigentlich sollte es "Die Kaninchenkriege" heißen. Daraus wurde dann "Der Kampf im Dorf'. Dies war etwas kürzer. Der Verlag empfahl, dass das Buch "Das Kaninchenrennen" heißen sollte.
Kolja: Hatten Sie selber mal Kaninchen?
Boris Koch: Ich hatte selber Kaninchen mit 7-8-9 Jahren. Danach hatte ich keine mehr. Die Kaninchen sind dann immer durch den Garten gerannt.
Lia: Wie sind Sie auf die Idee des Buches gekommen?
Boris Koch: Weil ich selber Kaninchen hatte. Und ein Freund hatte ein dreibeiniges Kaninchen und es war nicht immer das letzte Kaninchen am Futternapf. Außerdem bin ich ein großer Sportfan.
Kolja: Wissen Sie, ob es auch in Wirklichkeit Kaninchenrennen gibt?
Boris Koch: Ja, aber nicht wie im Buch. Sie springen über Hürden. Es ist kein Parcour. Im Buch läuft das Tier alleine. Dies gibt es nur sehr selten.
Lia: Wie lange haben Sie an diesem Buch geschrieben?
Boris Koch: Ungefähr ein halbes bis ein Jahr.
Kolja: "Warum haben Sie das Buch so geschrieben, dass bei der „Beschnupperung" nur „Blackbird'' zu "Tim" schaut?"
Boris Koch: Dies habe ich mit Absicht gemacht. Es sollte aber auch etwas Zufall sein. Und er sollte auch eher neugierig sein.
Boris Koch: Das Kaninchenrennen.
Heyne fliegt Oktober 2014. 336 Seiten.
Ab 10 Jahren.
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Lia: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie das Buch ausgestellt haben?
Boris Koch: Natürlich ist es schön. Ich freue mich auf jedes Buch, welches der Verlag herausbringt.
Kolja: Gab es die Menschen im Buch auch in Wirklichkeit?
Boris Koch: Nein! In Büchern sind die Menschen nur erdacht, aber die Personen haben bestimmte Eigen-schaften.
Lia: Warum haben Sie gerade diesen Verlag gewählt oder durften Sie sich den Verlag aussuchen?
Boris Koch: Mein erstes Buch ist 2007 im Heyne Verlag erschienen. Seitdem bin ich bei diesem Verlag. Ich habe mit dem Verlag gesprochen.
Lia: Wie konnten Sie den Klappentext machen?
Boris Koch: Dies hat der Verlag gemacht.
Lia: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen Bücher zu schreiben?
Boris Koch: Ich war nicht gut genug für Fußball oder Musik. Ich habe beides versucht, aber es fehlt das Talent. Außerdem habe ich früher Gedichte geschrieben.
Lia und Kolja: Vielen Dank!
Boris Koch, Jahrgang 1973, wuchs auf dem Land südlich
von Augsburg auf, studierte Alte Geschichte und Neuere
Deutsche Literatur in München und lebt heute als freier
Autor in Berlin. Er ist Mitveranstalter der phantastischen
Lesereihe Das StirnhirnhinterZimmer.
Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören Der Drachen-
flüsterer, die Fantasy-Parodie Die Anderen und der mit
dem Hansjörg-Martin-Preis ausgezeichnete Jugendkrimi
Feuer im Blut. Sein realistischer Jugendroman Vier Beutel
Asche wurde von der Deutschen Akademie für Kinder-
und Jugendliteratur als Jugendbuch des Monats April
2013 ausgezeichnet.
© LIN 2016. Interview mit Boris Koch.
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Interview mit Sascha Mamczak und Martina Vogl
von Jannes Krüer und Johan Walter, 7. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Eigentlich kann sich doch jeder von uns eine andere, bessere Welt vorstellen: eine Welt, in der wir mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen so schonend umgehen, dass die jungen Menschen von heute eine lebenswerte Zukunft haben werden. Die Frage ist nur: Warum geschieht nicht, was sich jeder vorstellen kann? Wer oder was hindert uns daran? Und welche Möglichkeiten gibt es, sich dem Irrsinn entgegenzustellen, den wir mit unserem Planeten veran-stalten?
LIN-Reporter: Wie sind sie auf die Idee gekommen das Buch „Es ist dein Planet“ zu schreiben?
Sascha Mamczak: Wir sind schon länger im Umwelt-bereich tätig und hatten dann die Idee ein Buch zu schreiben, in dem die Jugendlichen sich entscheiden
können, etwas für die Umwelt zu tun oder es zu lassen.
© LIN 2016. Interview mit Sascha Mamczak und Martina Vogl.
LIN-Reporter: Haben sie eine Lieblingsfigur im Buch?
Martina Vogl: Meine Lieblingsfigur ist Marie, weil sie mit ihren Zeichnungen immer mehrere Ebenen auf einmal erzählt.
Sascha Mamczak: Mein Favorit ist Paul. Er bringt alles ins Rollen. Außerdem mag ich seine Art zu argumentieren.
LIN-Reporter: Wie sind sie auf die Idee gekommen eine Figur wie Marie in ihrem Buch auftreten zu lassen?
Martina Vogl: Das Vorbild für Marie ist meine Tochter, sie zeichnet leidenschaftlich gern. Wir wollten eine andere Perspektive einbringen.
LIN-Reporter: Haben sie früher Jugendliteratur oder Erwachsenliteratur geschrieben?
Martina Vogl: „Es ist dein Planet“ ist mein erstes Buch, ein Experiment.
Sascha Mamczak: Für mich ist es auch mein erstes Buch in der Kinder- und Jugendliteratur, aber ich habe schon für Erwachsene geschrieben, eins über die Reise zum Mars, ein anderes über die Zukunft.
Sascha Mamczak und Martina Vogl: Es ist dein Planet. Ideen gegen den Irrsinn. Heyne fliegt September 2015 224 Seiten. Ab 12 Jahren.
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LIN-Reporter: Wie schreibt man zusammen ein Buch?
Sascha Mamczak: Jeder hat sein eigenes Konzept. Wir haben es so gemacht: Einer schreibt das 1. Kapitel, nachdem er das Kapitel geschrieben hat, gibt er (sie) seine Fassung dem anderen und der korrigiert es. Nachdem er (sie) es korrigiert hat, gibt er (sie) es dem anderen zurück. So entsteht nach und nach eine Geschichte.
LIN-Reporter: Haben sie das Gefühl, dass die Menschen ihr Bewusstsein ändern, umweltbewusster werden?
Sascha Mamczak: Nur ungefähr 5% kaufen Bioprodukte oder leben vegetarisch. Wo sind die anderen? Wie erreicht man sie?
LIN-Reporter: Mit ihrem Buch sind Sie auf einem guten Weg, diese Menschen zu erreichen. Vielen Dank für das Gespräch.
© LIN 2016. Interview mit Sascha Mamczak und Martina Vogl.
Sascha Mamczak, Jahrgang 1970, studierte Politische Wissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Öffentliches Recht in München und Edinburgh und arbeitet heute als Autor, Lektor und Herausgeber in München. Zuletzt ist von ihm das Buch "Die Zukunft - Eine Einführung" erschienen.
Martina Vogl, 1975 geboren, hat Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in München studiert und anschließend viele Jahre als Lektorin im Heyne Verlag gearbeitet, bevor sie sich selbstständig machte. Mittlerweile ist sie freie und beratende Lektorin und Mitbegründerin einer Schreibwerkstätte für Kinder und Jugendliche. Sie lebt mit ihren zwei Töchtern in München.
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Interview mit Gina Mayer
von Marie Braun und Emilia Wendland, 5. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Für die neunjährige Violet gibt es keinen schöneren Ort auf der Welt als Tante Abigails Blumenladen. Dort duftet es so herrlich – nach Veilchen, Rosen und Geheimnissen! Wieso bloß kommen immer wieder Leute in den Laden, flüstern mit Abigail und gehen ohne eine einzige Blume, dafür aber mit einem Lächeln auf den Lippen? Hat das etwa mit dem uralten magischen Blumenbuch zu tun, das Violet eines Tages findet?
Emilia: Was haben Sie als erstes geschrieben? Romane oder Kinderbücher?
Gina Mayer: Beides zusammen. Eigentlich habe ich mit Kinderbüchern angefangen, aber dafür habe ich keinen Verlag gefunden, die wollten mich alle nicht. Und irgendwann, als ich dann so viele Absagen für meine Kinderbücher bekommen habe, dachte ich, jetzt reicht es, jetzt schreib ich mal was für Erwachsene. Das hat dann direkt geklappt und als ich dann mein erstes, erschienenes, Buch für Erwachsene hatte, hat mich auch eine Lektorin angerufen. Sie hat zu mir gesagt, dass sie da noch ein Manuskript von mir gefunden hat, ein Jungendbuch, und sie hat mich gefragt ob ich das nicht noch mal richtig schreiben will. Und so kommt es, dass ich beides schreibe, immer abwechselnd; für Kinder und für Erwachsene
Marie: Wie hieß ihr erstes Buch?
Gina Mayer: Mein erstes Buch hieß: „Die Protestantin“. Das gibt es auch immer noch.
Emilia: Wie lange ist es her, dass es erschienen ist?
Gina Mayer: Das ist zehn Jahre her.
Emilia: Woher stammt das Rezept für die Bonbons?
Gina Mayer: Das Rezept für die Bonbons hat sich eigentlich die Lektorin ausgedacht. Dann haben wir es beide ausprobiert und das klebt ganz schön!
Marie: Wie kamen sie auf die Idee mit den feuerroten Locken von Violett & Abigail?
Gina Mayer: Ich habe das Buch ein bisschen für meine Nichte geschrieben. Jetzt ist sie neun Jahre alt, aber damals als wir anfingen darüber nachzudenken war sie sieben Jahre alt. Sie hat rote Locken und da habe ich sie immer vor mir gesehen.
Emilia: Haben Blumen für sie eine besondere Bedeutung?
Gina Mayer: Ja, weil ich einen ganz großen Garten habe. Leider ist mein Garten voller Unkraut und Schnecken sind da auch ganz viele. Aber mein Haus ist auch immer voller Blumen.
Gina Mayer: Der magische Blumenladen. Ein Geheimnis
kommt selten allein. Ravensburger Februar 2016
144 Seiten.
Ab 8 Jahren.
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Marie: Wie kamen sie auf die Idee mit Jack & Zack?
Gina Mayer: Die sind einfach aufgetaucht in meinen Gedanken.
Emilia: Was ist eigentlich mit Lord Nelson?
Gina Mayer: Lord Nelson ist ja ein bisschen mysteriös, der hat einfach eine Verbindung zu der Abigail.
Emilia: Was war der Hintergrund für das Buch?
Gina Mayer: Der Hintergrund ist einfach, dass ich ein Buch schreiben wollte, das etwas mit Blumen zu tun hat.
Emilia und Marie: Vielen Dank für das Interview.
Gina Mayer studierte Grafik-Design und arbeitete als Werbetexterin, bevor sie mit dem Bücherschreiben begann. Inzwischen hat sie viele Romanen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht. Ihre Werke wurden unter anderem für den Deutsch-Französischen Jugend-literaturpreis und den Hansjörg-Martin-Preis nominiert und mit dem Leipziger Lesekompass ausgezeichnet. Für das Konzept zur Reihe „Der magische Blumenladen“ erhielt die Autorin den Förderpreis NRW. Gina Mayer lebt mit ihrer Familie in Düsseldorf
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Interview mit Annette Pehnt
von Lilith Ehrsam und Leonie Klare, 5. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Wir, Leonie Klare und Lilith Ehrsam, beide 10 Jahre alt, durften als ein Teil der AG Leseratten von der Literaturinitiative im März 2016 zur Leipziger Buchmesse fahren. Dort haben wir verschiedene Interviews mit Autoren geführt. Dies ist nun das Interview mit Annette Pehnt zu ihrem Buch „Alle für Anuka“. Es geht um Kinderarmut, aber auch um Zusammenhalt unter Freunden:
Wie jedes Jahr verbringt Philip die Ferien im PalmenClub. Dort ist es herrlich. Und er sieht Anuka wieder! Doch die elfjährige muss jeden Tag früh aufstehen, ihre Brüder wecken und zur Arbeit gehen. Denn sie gehört zu denen, die Urlaubern wie Philips Familie ihre Ferien erst so angenehm machen. Jetzt ist aber ihr kleiner Bruder Stefane krank und Anuka ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Arbeit, bei der sie pünktlich zu erscheinen hat, und dem fiebernden Stefane. Als dann auch noch Valencia, die ihr hilft, ihre Arbeit verliert, ist klar: Das lassen sich die Kinder nicht gefallen! Ein Buch über Armut und Ungerechtigkeit – aber auch darüber, was Freundschaft und Solidarität bewirken können.
Lilith: Wie alt ist Anuka in dem Buch?
Annette Pehnt: Das habe ich ja nicht genau verraten. Was glaubt ihr denn?
Leonie und Lilith: Wahrscheinlich so zwischen 10 und 11 Jahren.
Annette Pehnt: Genauso hatte ich es mir auch gedacht.
Leonie: Und in welchem Land spielt die Geschichte, also wo liegt der Palmenclub?
Annette Pehnt: Da habt ihr wohl ganz genau gelesen und gemerkt, dass ich das nicht sage.
Lilith: Wir dachten in Tunesien oder Marokko.
Annette Pehnt: Genau, irgendwo in Afrika, es könnte aber auch Griechenland sein. Ich wollte das die Kinder, die das Buch lesen, sich selbst Gedanken darüber machen können.
Lilith: Wie und wo entstand die Idee für das Buch?
Annette Pehnt: Da muss ich etwas genauer erzählen. Das kam so, dass ich früher selbst mal mit meiner Oma in einem Palmenclub war und mir das dort auch richtig viel Spaß gemacht hat. Aber da gab es auch so Mädchen wie Anuka, die alles saubergemacht haben. Doch damals war mir das noch gar nicht wirklich bewusst. Dann ist mir das neulich wieder eingefallen und ich habe darüber nachgedacht, wie diese „Schönmacherrinnen“ dort leben. Und am Ende wurde ein Buch draus.
Leonie: Gibt es „Anuka“ wirklich?
Annette Pehnt: Nein, die habe ich mir ausgedacht. Aber ich wollte, dass man denkt, sie wäre echt.
Annette Pehnt: Alle für Anuka.
Hanser Februar 2016 144 Seiten.
Ab 10 Jahren.
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Lilith: Und warum haben Sie sich gerade eine ziemlich unbeliebte und unsportliche Hauptperson ausgedacht?
Annette Pehnt: Naja, es sind ja nicht alle Kinder nur Superstars. Und ich wollte halt eine Hauptfigur, die nicht der totale Superheld ist, sondern ein ganz normales Kind, und dann habe ich mir den Philip ausgedacht. Und in diesem Fall ist es für ihn ja besonders wichtig, dass er in einer Sache mal richtig gut helfen kann.
Leonie: Und was steht für Sie im Buch mehr im Vordergrund, der Zusammenhalt unter Freunden, oder die Kinderarbeit?
Annette Pehnt: Eigentlich so ein Gemisch von allem. Also, es sollte jetzt nicht nur die Botschaft sein, Kinderarbeit muss weg, sondern ich wollte einfach von den Kindern erzählen. Und dazu gehört ja auch, dass man sich zusammentut, und auch etwas dagegen tun kann. Aber auch der Blick darauf, dass es halt Kinder gibt, die ganz anders leben und ganz andere Sachen machen müssen.
Lilith: Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet?
Annette Pehnt: Also, ich habe eigentlich ganz schön lang gebraucht, obwohl es ja gar nicht so dick ist. Weil es so schwierig war, die Geschichte richtig gut zu erzählen. Zuerst habe ich nämlich nur von Anuka erzählt, und zwischendrin ist mir aufgefallen, dass es gut wäre, wenn auch noch ein deutsches Kind dabei ist. Ich wollte auch, dass sich Kinder, die dieses Buch lesen, vorstellen können, wie ist das denn so, wenn man dorthin reist.
Leonie: Wie kamen Sie eigentlich auf den Namen Anuka?
Annette Pehnt: „Zuerst hieß das Mädchen Atrika, aber dann hat mein Verlag gesagt, dass das fast so aussieht, wie „Alle für Afrika“, und dass so Kinder auf falsche Gedanken kommen könnten.
Lilith: Wie sieht denn Ihr Alltag aus?
Annette Pehnt: Also morgens, wenn meine Kinder in der Schule sind, sitze ich am Schreibtisch und schreibe.
Leonie: Schreiben Sie nur Kinderbücher, oder auch Romane für Erwachsene?
Annette Pehnt: „Ich schreibe beides, angefangen habe ich mit Romanen und dann, als meine Kinder auf die Welt kamen, habe ich angefangen, Kinderbücher zu schreiben.“
Lilith: Und was macht Ihnen mehr Spaß zu schreiben?
Annette Pehnt: Ich glaube, ich bin froh, dass ich beides machen kann. Und es ist ganz verschieden. Wenn ich ein Kinderbuch schreibe, stelle ich mir schon vor, wie ich es meinen Kindern vorlese. Wenn ich aber ein Buch für Erwachsene schreibe, schreibe ich einfach.
Lilith und Leonie: Danke für das Interview.
Annette Pehnt, 1967 geboren in Köln, studierte und arbeitete in Irland, Schottland, Australien und den USA. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie in Freiburg. 2001 veröffentlichte sie ihren ersten Roman; seither erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, u.a. 2012 den Hermann-Hesse-Literaturpreis. Ihr Kinderbuch „Rabea und Marli“ wurde mit dem Kinderbuchpreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Nach ihrem ersten Buch bei Hanser Der Bärbeiß (2013) erschien 2015 die Fortsetzung: Der Bärbeiß - Herrlich miese Tage, beide illustriert von Jutta Bauer. 2016 folgte das ebenfalls von Jutta Bauer illustrierte Kinderbuch Alle für Anuka.
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Interview mit Antje Herden
von Anja Mielke und Sina Cobbers, 6. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Die Weltretter wider Willen erleben ihr zweites
Abenteuer! Gerade erst sind sie aus dem Universum
der Unwahrscheinlichkeiten zurückgekehrt und haben
noch ordentlich Jet-, pardon, Galaxylag, da erwarten
Anton und Marlene schon die nächsten
unwahrscheinlichen Ereignisse. Vergleichsweise
harmlos: ein Geldautomat, der mehr Geld ausspuckt,
als er fassen kann. Schon gefährlicher: das ständige
Gefühl, beobachtet zu werden. Alarmierend: Immer
mehr Kinder verschwinden, aber niemand scheint
sich dafür zu interessieren. Unwahrscheinlich, dass es
da einen Zusammenhang gibt? Anton und Marlene
machen ihrem Ruf als Weltretter alle Ehre und
kommen den tatsächlichen Tatsachen auf die Spur.
LIN:Reporter: Wie sind Sie auf den Titel
gekommen?
Antje Herden: Die Titel hat meine Lektorin gemacht,
nicht ich. Das erste Buch heißt Anton und Marlene
und die wahrscheinlichen Unwahrscheinlichkeiten,
es geht ja um die wahrscheinlich gewordenen
Unwahrscheinlichkeiten. Das zweite Buch spielt bei
Anton und Marlene in der realen Welt. Also die
tatsächlichen Tatsachen.
LIN-Reporter: Wussten Sie als Sie das erste Buch
geschrieben habe schon, dass noch weitere Bücher
folgen würden?
Antje Herden: Nein. Aber der Verlag fand das ganze
so gut, dass sie gesagt haben: daraus wollen wir
mehrere Bücher machen.
LIN--Reporter: Wie sind Sie darauf gekommen, dass
Marlene immer propellert?
Antje Herden: Das habe ich selber immer gemacht.
LIN-Reporter: Wie schreiben Sie Ihre Bücher? In
einem Rutsch, mit Hilfe von Stichpunkten...?
Antje Herden: Die Ideen entwickeln sich meist, wenn
ich nicht schreibe. Bis ich sie aufschreiben kann habe
ich sie oft schon wieder vergessen.
LIN-Reporter: Wie lange brauchen Sie denn so für
ein Buch?
Antje Herden: Ich bin froh, wenn ich ein halbes Jahr
Zeit habe, aber es kann auch schneller gehen.
LIN-Reporter: Wie sind Sie auf Ihren Verlag
gekommen?
Antje Herden: Meine Agentin hat das gemacht. Ich
schicke Ihr meine Geschichte, sie schaut sich die an,
und dann überlegt sie, welcher Verlag diese
Geschichte schön finden könnte.
Antje Herden, geboren 1971, reiste nach dem Abitur zwei Jahre lang um die Welt. Es folgten ein Architekturstudium und weitere Auslandsaufenthalte. Im Anschluss machte sie sich als Redakteurin und als Schriftstellerin selbständig. Heute lebt sie mit ihren beiden Kindern in Darmstadt.
Antje Herden: Anton und Marlene und die tatsächlichen Tatsachen.
Fischer KJB Februar 2016 256 Seiten.
Ab 10 Jahren.
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Interview mit Ulrike Rylance
von Danica Dessin, Isabel Giese und Diana Grytsak,
6. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Das 7. Schuljahr fängt vielversprechend an: Lilly darf
den offiziellen Schulblog verfassen. Doch die Sache
entpuppt sich schnell als ziemlich öde. Denn was
wirklich wichtig ist, hat im Schulblog nichts verloren.
Darum verfasst sie zusätzlich diese streng geheime
Version, in der zum Beispiel steht, wer die Hotlist bei
den Jungen anführt (Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen
Hendrik und Freddy) oder wie man lästige Verehrer
loswird und sich gleichzeitig an blöden Zicken rächt.
Nichts als die Wahrheit eben!
Diana: Ihr Buch ist sozusagen ein Tagebuch. Wie
sind Sie auf die Idee gekommen, dass es ein
Tagebuch ist? Lieben Sie es mehr, so etwas zu
schreiben?
Ulrike Rylance: Eigentlich war die Idee nicht so
sehr die von einem Tagebuch, sondern mehr, dass
es eine offizielle Version von irgendetwas gibt und
dann sozusagen noch eine heimliche Version. Und
das Heimliche macht man dann wahrscheinlich
eher in einem Tagebuch, als dass man es
woanders aufschreibt. Und wenn man das so in
einem Tagebuch aufschreibt, dann kann man auch
so schön in die Gedanken von den Leuten
reingucken, deswegen mag ich das eigentlich auch
sehr.
Isabel: Wieso ist Lilly in der 7. Klasse und nicht in
einer anderen Klassenstufe?
R.: Naja, ich dachte, ich wollte auch mal was für
Mädchen in der 7. Klasse schreiben. Es gibt immer
viele Bücher so für Teenager ab 15, 16 und es gibt
auch immer viele Bücher für kleinere Mädchen,
aber 7. Klasse, ich weiß nicht, da gibt es nicht so
viel.
Diana: In diesem Buch hier gibt es immer ganz
viele Bilder und Kritzeleien. Haben Sie das auch
so bestimmt? Wollten Sie, dass das so ist?
Ulrike Rylance: Ja, ich mache das so, wenn ich
schreibe, dann schreibe ich so etwas schon immer
in den Text rein. Ich mache dann zum Beispiel so
ein Kästchen und schreibe dann dazu, das muss im
Kästchen stehen. Oder manchmal schreibe ich
dann auch dazu, hier muss ein Bild von Freddy hin
oder das muss auf ein extra Blatt, hier. Das ist
dann für die, die das illustriert, dann hat die schon
ein paar Ideen, wie die das machen soll. Aber wie
sie das dann im Endeffekt macht, das ist dann ihre
Sache.
Diana: Schreiben Sie auch andere Bücher oder
nur diese Tagebücher? Schreiben Sie auch
richtige Romane oder Fantasy?
Ulrike Rylance: Mein Mathe-Desaster oder der lange Weg zum ersten
Kuss. dtv junir Februar 2016
176 Seiten. Ab 11 Jahren.
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Ulrike Rylance: Ja, ich schreibe eigentlich ziemlich
viel. Für Kinder kennt ihr vielleicht das Buch Penny
Peppa, das ist für kleinere Kinder, dann schreib ich
auch für Teenager ab 14 Krimis, und dann schreib
ich auch noch für Erwachsene, das sind Romane.
Diana: Seit wann schreiben Sie denn schon
Bücher?
Ulrike Rylance: Ungefähr seit 10 Jahren. Aber
eigentlich schon, seit ich ein Kind war. Das ist dann
aber natürlich noch nicht gedruckt worden, Gott
sei Dank.
Diana: Können Sie sich noch an Ihr allererstes
Buch erinnern, das Sie geschrieben haben?
Worum ging es da?
Ulrike Rylance: Das allererste Buch, das ich
geschrieben habe, ist niemals gedruckt worden.
Das hieß „Viva Las Vegas“ und handelte von einem
kleinen Mädchen, das ihren Vater in Las Vegas
sucht. Das ist nicht gedruckt worden, aber dafür
wurde mir gesagt, dass es schön geschrieben ist.
Sie haben mich gefragt: Können Sie vielleicht noch
etwas Anderes schreiben, was auch in einem
ähnlichen Stil geschrieben ist? Das habe ich dann
gemacht und das ist gedruckt worden.
Diana: Was mir gleich aufgefallen ist, als ich das
Buch in die Hand genommen habe: es ist rosa.
Warum ist dieses Buch rosa? Haben Sie das extra
so gewollt?
Ulrike Rylance: Was das Buch für ein Cover
bekommt, darauf habe ich gar keinen, da habe ich
nichts zu sagen, das macht immer der Verlag. Da
sagen die dann, das muss rosa sein, damit man
weiß, dass es für Mädchen ist, obwohl ja eigentlich
Mädchen in dem Alter gar nicht mehr unbedingt
rosa mögen, also es hätte auch blau oder gelb sein
können.
Danica: Ich fand das Buch lustig geschrieben, mit
der Liste, das fand ich cool. Haben Sie früher auch
eine Liebesliste gemacht?
Ulrike Rylance: Ja, das habe ich gemacht. Sie war
vielleicht nicht so lang, aber wir haben dann
immer aufgeschrieben, wer so wen liebt und wer
zurück geliebt wird und wer keine Chance hat und
wer vielleicht eine Chance hat.
Diana: Haben Sie Kinder und haben das Buch
deshalb geschrieben?
Ulrike Rylance: Ja, ich habe 2 Kinder, aber ich habe
es nicht unbedingt deswegen geschrieben.
Diana: Wie verdient man Geld mit dem Schreiben
von Büchern?
Ulrike Rylance: Da gibt es so ein Prinzip. Man
bekommt zum Beispiel für ein Buch 5000 Euro.
Dann gucken die vom Verlag, wie oft dieses Buch
verkauft wird. Und dann bekommt man für jedes
Buch Prozente. Und manchmal wird das Buch
übersetzt, dann bekommt man auch noch Geld
dafür.
Alle: Danke für das Interview.
Ulrike Rylance, geboren 1968, studierte Anglistik und Germanistik in Leipzig und London. Sie arbeitete während des Studiums als Assistant Teacher in Wales und in Manchester. Nach dem Studium lebte sie zehn Jahre in London und arbeitete als Deutschlehrerin für Kinder und Erwachsene. 2001 zog sie mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern nach Seattle, USA. Mittlerweile hat sie zahlreiche Kinderbücher, Jugendkrimis und Frauenromane verfasst.
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Interview mit Stephanie Gessner
von Marie Lemke, 5. Klasse, Nina Lucke und Leonie
Ehling, 6. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
In Lils Familie ist das Chaos Dauerzustand: Fünf Geschwister, ein Hund, ein Au-pair-Mädchen und zwei schusselige Erziehungsberechtigte bean-spruchen Lils Rund-um-die-Uhr-Aufmerksamkeit. Dabei hätte sie genug eigenen Kram, um den sie sich kümmern müsste – nicht zuletzt den interessanten neuen Nachbarjungen von gegenüber. Als dann aber ihr Vater anfängt, sich sehr merkwürdig zu verhalten, ist Lil plötzlich doch ganz froh, kein Einzelkind zu sein…
Marie: Ist Ihnen die Idee zu diesem Buch ganz
plötzlich gekommen oder haben sie lange darüber
nachgedacht?
Stephanie Gessner: Ich schreibe ja schon länger,
auch Geschichten für Erwachsene. Und ich habe zwei
Töchter, die sind genauso alt wie Ihr: eine ist 14 und
die andere ist 12 Jahre alt. Als meine ältere Tochter
11 Jahre alt war, sagte sie: „Nie schreibst Du für uns.“
Darüber habe ich ein paar Tage nachgedacht und
festgestellt, dass sie Recht hat. Ich sollte das auf
jeden Fall machen, solange meine Töchter meine
Geschichten noch als Kinder lesen können.
Dann habe ich mich hingesetzt und mir die
Geschichte ausgedacht.
Nina: Ist die Geschichte von Lil April real, komplett
fiktiv oder sind einige Teile real?
Stephanie Gessner: Ich würde eigentlich sagen, sie
ist vollkommen fiktiv. Aber Teile der Charaktere oder
der Handlung habe ich in irgendeiner Form auch
selbst erlebt. Da ich aus einer großen Familie
stamme und viele Geschwister habe, also genauso
wie Lil, war es dann ganz einfach, sich die Geschichte
auszudenken. Aber im Grunde ist Lil nicht wie meine
Kinder und schon gar nicht wie ich. Die Geschichte
ist ein Mischmasch aus selbst erlebtem und völlig
frei erfundenem.
Leonie: Haben sie beim Schreiben auch längere
Pausen gemacht oder aber die Geschichte
hintereinander weg geschrieben?
Stephanie Gessner: Ich habe die Geschichte in einem
Rutsch geschrieben, da ich ja hauptberuflich auch
noch als Texterin arbeite. Ich habe mir vier Wochen
Zeit gegeben, in denen ich dann aber auch wirklich
an jedem Tag - auch samstags und sonntags -
durchgeschrieben habe.
Als das Manuskript fertig war, habe ich erst richtig
angefangen, es zu überarbeiten. Der erste Verlag,
dem ich es schickt habe, hat es zurückgeschickt und
Stephanie Gessner: Lil April. Mein Leben und andere Missgeschicke Magellan Januar 2016 288 Seiten. Ab 11 Jahren.
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hat gesagt: „Es ist schon gut, aber noch nicht gut
genug.“ Dann ging das so weiter und es hat etwas
gedauert. Ich habe es mindestens noch dreimal
überarbeitet.
Leonie: Das Ende hätte man beim Lesen gar nicht
erwartet. War das schon am Anfang so geplant,
oder hat sich das während des Schreibens erst so
ergeben?
Stephanie Gessner: Das Ende hat sich eigentlich erst
ab der Mitte abgezeichnet. Es war erst anders
geplant. Dann aber – das passiert mir immer wieder
beim Schreiben – dann verselbständigt es sich. Und
dann merke ich, dass ich so nicht weiterschreiben
kann. Ich schreibe ich es sozusagen dann so, wie
meine Figuren es machen würden.
Marie: Wird es weitere Teile des Buches geben?
Stephanie Gessner: Es wird auf jeden Fall einen
zweiten Teil geben, den schreibe ich gerade. Ich bin
mitten drin und da fliegen gerade die Fetzen. Der
zweite Teil wird im Januar 2017 kommen.
Leonie: Können wir vielleicht schon erfahren,
worum es im zweiten Teil geht?
Stephanie Gessner: Also es geht in jedem Fall mit
den schon bekannten Figuren weiter und es geht
auch mit Dennis weiter, aber unter anderen
Bedingungen: es wird ganz schön kriseln. Einen ganz
wichtigen Part werden Helli und Diego einnehmen
und es wird außerdem noch ein paar Neue an der
Schule geben. Die Haupthandlung wird auch dieses
Mal an der Schule stattfinden.
Marie: Und wie soll der zweite Teil der Geschichte
heißen?
Stephanie Gessner: Ich kann es noch nicht sagen, das
weiß ich noch nicht. Bisher läuft es unter dem
Arbeitstitel „Lil II“.
Nina: Denken Sie, es wird noch einen dritten oder
vierten Teil von Lil April geben?
Stephanie Gessner: Ich habe auf jeden Fall Ideen für
vier Teile. So habe ich mir das überlegt. Nun muss
man mal schauen: Wenn Band I und II gut bei den
Lesern ankommen, dann wird es auch noch Band III
geben.
Nina: Haben Sie eine Lieblingsfigur im Buch oder
mögen Sie alle?
Stephanie Gessner: Ich mag wirklich alle. Manchmal,
wenn z. B. ein kleineres Geschwisterkind nicht so gut
wegkommt, dann tut mir das richtig leid. Aber
Geschwisterkinder sind nun mal auch nervig. Ich mag
eigentlich alle gleich gern. Aber am nächsten ist mir
natürlich die Lil.
Marie: Verdienen Sie als Autorin Ihr Geld oder ist
das nur Ihr Hobby?
Stephanie Gessner: Ich arbeite als Autorin, aber
mein Geld verdiene ich als Texterin. Das heißt, ich
scheibe für Firmen Broschüren. Das ist aber keine
Schriftstellerei. Lil ist mein zweites Standbein, aber
das macht mir viel mehr Spaß. Wenn es nach mir
ginge, würde ich nur noch das tun.
Leonie: Wie ist Ihnen die Idee mit den griechischen
Götternamen gekommen?
Stephanie Gessner: Der Vater sollte so ein bisschen
verpeilt sein - und wo könnte der denn am besten
reinpassen? So ein Uniprofessor, das wäre gut. Und
dann habe ich überlegt, welches Fach er vielleicht
unterrichten könnte: Da kam ich auf Archäologie und
dann auf Griechenland. Und so kam mir die Idee mit
den Götternamen. Es sollte einfach etwas sein, das
ein bisschen hängenbleibt und sich von der Masse
abhebt.
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Marie: Zeichnen Sie auch so gerne wie Lil und
illustrieren sie Ihre Bücher selbst
Stephanie Gessner: Überhaupt nicht, ich kann
überhaupt nicht zeichnen. Aber in meinem näheren
Umfeld gibt es ein Mädchen, das so gut wie Lil
zeichnen kann. Sie war ein bisschen das Vorbild für
Lil.
Alle: Das war es dann auch schon. Vielen Dank für
das Interview.
Uns hat das Buch sehr gut gefallen und wir würden
uns freuen, wenn es noch mehr Teile gibt.
Stephanie Gessner: Es freut mich, dass es Euch
gefallen hat, und ich freue mich, wenn ihr das
weitersagt.
Stephanie Gessner wuchs in einem kleinen Dorf in der Nähe von Limburg auf. Als Jüngste von sechs Geschwistern lernte sie früh, gute Verstecke zu finden, zum Beispiel für Süßigkeiten – und für ihr Tagebuch. Sie hat Literaturwissenschaft studiert, eine Zeit lang Reiseberichte für Zeitschriften geschrieben und arbeitet heute als Texterin. Nebenbei schreibt sie Romane und Kurzgeschichten. Sie lebt mit ihrer Familie in Mainz.
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Interview mit Mehrnousch Zaeri-Esfahani
von Yara Leben, 8. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Die kleine Mehrnousch erlebt mit ihren drei Geschwistern eine privilegierte Kindheit in der schönen Stadt Isfahan im Iran der 70er Jahre - bis Ayatollah Chomeini an die Macht kommt, die Menschen aller Freiheiten beraubt und in den Krieg führt. Mehrnouschs Familie flieht über die Türkei nach Berlin und es beginnt eine Odyssee durch viele Flüchtlingsheime. Poetisch und doch einfach erzählt die Autorin aus der Perspektive des Mädchens von damals. Von schrecklichen und traurigen, aber auch von heiteren Erlebnissen in dieser Zeit. Von den Nöten der Sprach- und Heimatlosigkeit und von der Freude des Ankommens.
Yara: Am Anfang des Buches fanden Sie die
Revolution ja aufregend, wie meinen Sie das?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Ja das war halt mal
etwas Neues und als Kind war das für mich ein Spiel.
Ich habe nicht verstanden, dass es so ernst war.
Allerdings habe ich mitbekommen, dass meine
Brüder die Schule schwänzen durften. Und die
Erwachsenen waren auf den Straßen und haben
gebrüllt und Krach gemacht. Und wir Kinder durften
mitmachen, wir durften auch laut sein. Du musst
wissen, die Perser machen aus allem ein Fest.
Deswegen war das auch sehr aufregend für mich.“
Yara: Am Anfang des Buches erklärt Ihnen ja Ihre
Oma wer Ayatollah Chomeini ist und bezeichnet ihn
als weisen Mann, wie schnell ist diese Meinung
gekippt?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Diese Meinung ist ganz
schnell gekippt, also er ist an die Macht gekommen
und dann hat sich alles geändert. Wir Kinder haben
dann ja auch mitbekommen, dass das kein Spaß
mehr ist. Unsere Eltern haben ja auch nichts davon
vor uns geheim gehalten, sie haben alles offen vor
uns besprochen.
Yara: Mögen Sie immer noch so gerne Katzen?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: *lacht* Natürlich!
Yara: Wie sind Sie auf den Titel des Buches
gekommen?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Das ist eine meiner
Lieblingsbrücken im Iran gewesen. Und ich hatte gar
keine Ahnung wie ich dieses Buch nennen sollte,
dann habe ich das meinen Bruder erzählt. Er kann
ganz gut Titel finden und er hat mir das dann
vorgeschlagen.
Yara: Wie lange haben Sie gebraucht um das Buch
zu schreiben?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: 33 Bogen und ein Teehaus
Peter Hammer Januar 2016 148 Seiten.
Ab 12 Jahren.
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Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Drei Jahre, aber das war
auch mein erstes Buch und ich habe am Anfang auch
ganz viel falsch gemacht. Da hat mir meine Agentin
dann ganz viel geholfen und mich auch berichtigt
und mir gesagt wie ich das machen muss.
Yara: In dem einem riesigen Flüchtlingsheim wollte
ja ein Junge Ihre Mutter angreifen. Wie haben Sie
danach reagiert und haben Sie auch schon den
Ernst der Lage verstanden?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Ja, in diesem
Flüchtlingsheim gab es sehr viel Gewalt und
deswegen wussten wir, dass es jede Zeit Ernst sein
kann. Mein Mann hat mir gesagt, ich solle die Stelle
nicht nehmen, aber jetzt ist es eine der wichtigsten
Stellen in dem Buch.
Yara: Sie haben ja sehr oft das Puppenspiel im
KaDeWe besucht. Was hat Sie daran so fasziniert?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Das wusste ich als Kind
selber nicht, aber im Nachhinein ist mir
klargeworden, dass die Puppe ja das gleiche gemacht
hat wie wir. Sie hat alles aufgegeben, um frei zu sein,
also das gleiche was wir auch gemacht haben.
Yara: Als Sie in Westdeutschland angekommen sind
und niemand auf den Straßen war, was haben Sie
dort gedacht?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Wir haben gedacht die
Deutschen sind verrückt, also wir konnten uns das
überhaupt nichts erklären. Ich habe das erst zwanzig
Jahre später erfahren als ich in unsere Akte geschaut
habe.
Yara: Sie haben sich im KaDeWe ja zwei Schlümpfe
gekauft ...
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Warte mal kurz. Geht zu
ihrer Tasche und holt die zwei Schlümpfe heraus. Ja,
wir konnten unser Glück gar nicht fassen. In diesem
Moment dachte ich, jetzt wird alles gut!
Und ich habe mal im Internet geschaut, wie viel die
Kosten. Ein Schlumpf kostet heute 30 Euro.
Yara: Am Anfang jeder Etappe haben Sie immer
einen Fluss beschrieben. Was wollten Sie damit
ausdrücken?
Mehrnousch Zaeri-Esfahani: Bei meinen Recherchen
bin ich immer wieder auf Flüsse gestoßen. Und ein
Fluss bedeutet auch Freiheit. Er fließt ein ganzes
Leben und das kannst du auch nicht aufhalten.
Entweder kannst du dich bequem reinsetzen und mit
dem Strom mit schwimmen oder du kannst dagegen
schwimmen oder du kannst sagen, ich will nicht das
der Fluss sich bewegt. Dagegen schwimmen oder
stehen bleiben funktioniert nicht. Du wirst nur müde
und bis ich dieses Buch geschrieben habe, wollte ich
gegen den Strom schwimmen oder das Wasser
aufhalten. Erst als ich akzeptiert habe, dass ich das
nicht kann, hatte ich die Kraft dieses Buch zu
schreiben.
© LIN 2016. Interview mit Mehrnousch Zaeri-Esfahani.
Mehrnousch Zaeri-Esfahani, geboren 1974 in Isfahan/ Iran, floh 1985 mit ihrer Familie nach Deutschland. Sie wuchs in Heidelberg auf, studierte Sozialpädagogik in Freiburg und ist seit 1999 in der Flüchtlingsarbeit tätig. Sie war Vorsitzende des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg und ist seit 2014 Referentin für ehrenamtliche Flüchtlingsbegleitung. 2002 gewann sie den Demokratiepreis des Deutschen Bundestages, 2012 erhielt sie den Innovationspreis der Diakonie Baden für den Aufbau eines kostenlosen Dolmetscher-Pools. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe.
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Interview mit Claudia Schreiber
von Amelie Link und Anna Telgen, 8. Klasse (Aufnahme und Niederschrift)
Mit fünf sitzt Clara zum ersten Mal am Klavier. Eigentlich soll sie nur das Instrument kennenlernen, doch Clara zeigt eine außergewöhnliche musikalische Neugier und Begabung. Bald erhält sie professionellen Musikunterricht und verbringt jede freie Minute am Flügel. Sie weiß, dass sie es mit Fleiß, Disziplin und ihrer großen Liebe zur Musik zur Konzertpianistin schaffen könnte. Doch sie ahnt nicht, wie sehr ihr die vielen Reisen, der Neid und die Intrigen ihrer Konkurrentinnen sowie der Verzicht auf ein normales Leben zu schaffen machen. Dennoch lässt Clara sich nicht entmutigen und kämpft entschlossen für ihre Ziele, bis ihr großer Traum von einer Karriere als Solistin greifbar nahe ist …
LIN-Reporter: Wie kamen Sie auf die Idee, Bücher zu schreiben?
Claudia Schreiber: Ich hatte in Moskau eine Kolumne über meine Arbeit im Radio und die fanden einige Leute so toll, dass sie ein Buch daraus machten. Und dieses Gefühl, ein Buch mit meinem Namen drauf, das war viel besser als alles davor. Und dann dachte ich, versuchst du es nochmal.
LIN-Reporter: Was war Ihr erstes Buch?
Claudia Schreiber: Es hieß: „Moskau ist anders". Darin ging es um die ganzen verrückten Dinge, die ich Moskau, wo ich damals wohnte, erlebt habe.
LIN-Reporter: Wer glauben Sie ist Ihre Leserschaft bzw. An wen wendet sich Ihr Buch?
Claudia Schreiber: An jeden, der gerne liest. Ich schreibe aber grundsätzlich gerne leicht. Die Zielgruppe in „Ein Solo für Clara" ist vielleicht durch dieses Mädchen markiert, ich habe aber den Eindruck, dass das auch Ältere lesen können.
LIN-Reporter: Spielen Sie ein Instrument oder haben Sie eines gespielt?
Claudia Schreiber: Klavier und Geige. Deshalb kommen die auch vor, da kenne ich mich aus.
LIN-Reporter: Wie kamen Ihnen die Ideen für dieses Buch?
Claudia Schreiber: Ich habe Menschen kennen gelernt, die so gut spielen. Das hat mich sehr beeindruckt. wie sie sich an einem Punkt festbeißen, wie schon junge Menschen so gut spielen. Das fasziniert mich.
LIN-Reporter: Gibt es im echten Leben Vorbilder für Ihre Figuren?
Claudia Schreiber: Ja. Ich finde man kann nur ein gutes Buch schreiben, wenn man sich vorher informiert. Deshalb führe ich vorher auch immer viele Interviews. und als Autor kann man ja auch überall die eigenen Freunde verstecken.
Claudia Schreiber: Solo für Claudia. Hanser Februar 2016 272 Seiten. Ab 12 Jahren.
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LIN-Reporter: Wird Clara Shunichi jemals wieder-sehen?
Claudia Schreiber: Nein.
LIN-Reporter: Wird es einen zweiten Teil geben?
Claudia Schreiber: Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber das mache ich eher selten.
LIN-Reporter: Mögen sie klassische Musik?
Claudia Schreiber: Sehr gern. Sehr, sehr gern. Ich liebe das. Und besonders klassische Musik.
LIN-Reporter: Wie haben Sie sich über die im Buch vorkommenden Stücke informiert?
Claudia Schreiber: Das sind viele meiner Lieblings-stücke. Die habe ich viel gehört, als ich in Moskau lebte. Da hat ein Besuch im Konzertsaal, bei den ganz großen Künstlern, nach deren Wende umgerechnet 2 Dollar gekostet. Da war ich dann jede Woche da.
LIN-Reporter: Haben Sie dadurch auch eine besondere Bindung zu dem Buch?
Claudia Schreiber: Ja, das ist sozusagen mein Best-of-Playlist.
LIN-Reporter: Waren Ihre Eltern auch so locker wie Claras?
Claudia Schreiber: Nein, ich liebe sie natürlich, aber meine Eltern schreibe ich mir dann immer selber in die Bücher.
LIN-Reporter: War Ihre Großmutter für Sie auch so eine „Freundin" wie Claras Großmutter für sie?
Claudia Schreiber: Neeee. Das war eine ganz andere Art, eine ganz andere Generation.
LIN-Reporter: Wenn Sie einen Titel für eine Rezension zu Ihrem Buch schreiben müssten, wie würde der lauten?
Claudia Schreiber: Hmmm... Wäre ich unverschämt würde ich natürlich schreiben „Das beste Buch aller Zeiten". Aber so fällt mir gar nichts ein.
LIN-Reporter: Was für Bücher lesen Sie am liebsten?
Claudia Schreiber: Familiengeschichten, Bücher von John Erwin, weil der so schrille und verrückte Dinge macht und auch aus anderen Ländern sehr gern und im Urlaub am Liebsten Bücher in denen man sich richtig festkrallt.
Claudia Schreiber, 1958 geboren, war Redakteurin, Reporterin und Moderatorin für den SWF und das ZDF, bevor sie Romane, Sach- und Kinderbücher schrieb. Ihre Texte wurden fürs Theater, TV und Kino adaptiert. 2004 erschien ihr Kinderbuchdebüt Sultan und Kotzbrocken bei Hanser. 2014 folgte mit Sultan und Kotzbrocken in einer Welt ohne Kissen die Fortsetzung der Geschichte. Ihr Bestseller-Roman Emmas Glück wurde 2005 u. a. mit Jürgen Vogel und Jördis Triebel verfilmt. Gemeinsam mit Yayo Kawamura realisierte sie das Bilderbuchprojekt Ich, Luisa, Königin der ganzen Welt (2015). 2016 folgte ihr Jugendbuch Solo für Clara. Claudia Schreiber wurde u. a. mit dem »Journalisten-preis Entwicklungspolitik« des Bundespräsidenten ausgezeichnet. Sie lebt in Köln.
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Interview mit Helen Maslin
von Rebekka Kroenert und Sophie Frieling, 10.
Klasse (Aufnahme und Niederschrift in englisch)
Der Plan war: Sommer, Sonne – und Leo. Schließlich hat Kate seine Einladung auf das alte Schloss nur angenommen, damit sie Zeit mit ihm verbringen kann. Doch seit sie und Leos Freunde in Darkmere sind, ist die Stimmung seltsam. Trotz der idyllischen Umgebung kommen die dunkelsten Seiten in ihnen zum Vorschein. Ist das Schloss wirklich verflucht? Kate fängt an zu recherchieren und stößt dabei auf das Tagebuch von Elinor. Ein Mädchen, das 1825 voller Hoffnung nach Darkmere kam. Und dort die Hölle auf Erden erlebte ...
ACHTUNG: SPOILERWARNUNG!
LIN-Reporter: Why did you name Dan, Hat-Man-Dan?
Helen Maslin: I don’t know either. When I was at school it was a stupid nickname that a lot of the boys gave each other, but I liked it. But he had a hat. I know there are boys that do get very attached to their hats. I think you can almost hide under them. It is just more interesting, I guess. My editor said you can’t just call him Dan. But I’ve noticed that I do tend to have hats. I think in the historical timeline there are hats that get blown away and someone catches it. I don’t know why but it’s obviously an interest that I have. Some things are things you know you have to write about like tunnels and romance and – hats. They pop up in things and I’m not sure why. Obviously, I do have a hat thing.
LIN-Reporter: Did you intend to create the characters Elinor and Kate so similar?
Helen Maslin: Yes, very similar. Both are kind of like me, but they were different because they lived at different times. Elinor wasn’t allowed to be brave and make her own decisions. I was interested in how the modern one was just allowed to be more confident. Kate, she was just allowed to make her
own choices and hopefully made more sensible choices. She could say ‘no’. And I think Elinor, what happened to her, shaped who she was. Did you have a favourite?
LIN-Reporter: Elinor.
Helen Maslin: Did you just felt sorry for her?
LIN-Reporter: Yes, her character spoke more to us. In the beginning of the book, Kate was so annoying and when the chapters were out of Elinor’s point of view, we were like: Okay, I like her more. Kate was always hiding the ‘nerdy’ side of herself.
Helen Maslin: She was pretending, I think. She had quite a hard home life. Hopefully she’s nicer at the end. (smiles)
LIN-Reporter: To be honest, we really liked Elinor more at the beginning of the book but at the end we really liked Kate because we shipped (to ship: really wanting two persons together) her with Jackson.
Helen Maslin: Darkmere Summer.
Chicken House Februar 2016 400 Seiten.
Ab 14 Jahren.
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Helen Maslin: I liked the fact that he liked her a lot more. He picked her, I think and she was too busy trying to fit in and hide who she really was and there was a nice guy who liked her all along and she didn’t have to pretend to be someone else.
LIN-Reporter: We were really happy when she ended up with Jackson. When she was trying to get with Leo, we were like: Please, don’t!
Helen Maslin: Leo was kind of based on somebody I knew. Horribly, really, and he wasn’t even that good looking but he had sort of this charisma and he was very confident and it is attractive, I think, if you’ve got a lot of confidence yourself.
LIN-Reporter: A problem for us was that he always acted so brave and was like: I shouldn’t do it, so I will do it.
Helen Maslin: I really enjoyed writing him. The bad characters were a lot more fun to write.
LIN-Reporter: Most of the time, the bad characters speak more to us because they have this special personality.
Helen Maslin: I do wonder what it says about me that I liked writing them so much.
LIN-Reporter: Well, you really did a great job at writing them. And while reading, we always asked ourselves if you believe in ghosts. It’s a huge topic in the book.
Helen Maslin: I’d really like to but I don’t. I’ve never seen anything, but if it was 2 o’clock in the morning, if we were in a castle, I might believe a little bit more if there were noises. I would love to see one, I think. But then I think, I would regret it.
LIN-Reporter: Do you think that Leo could be a ghost too, someday?
Helen Maslin: This is a good idea. Would you like to write that story? He’s just the type, isn’t he? I wanted him to come to a bad end. He probably deserved it. Is that a time turner?
(Talking about Harry Potter for a few minutes)
LIN-Reporter: Did Harry Potter inspire you to write the book, because there are also ghosts in it?
Helen Maslin: Well, I don’t think my style’s anything like J.K. Rowling’s but she’s one of my favourite authors. I couldn’t have been a writer if I hadn’t read her books first. We’ve got the Warner Brother Studios close to us and we go as a family a few times in a year and there are the pictures of J.K. Rowling on the boards and the quotes and honestly, my throat gets tight and my eyes get a little teary. When the first copy of my book came, I took it there for a visit. I never thought, I could write a book and then there’s one with my name on it and I do feel like telling young people: Just go and do it!
LIN-Reporter: Do you believe that all young people always drink alcohol and are constantly high and on drugs?
Helen Maslin: No, not at all. I’ve got my own children, so I hope not. There was a phase when I did it, some people tried it some people didn’t. There are teenagers who are far more grown up than I probably am now and we did very stupid things. I didn’t write for teenagers because I think that would be bigheaded. I just wrote for what I would have liked when I was that age. Because if I gave them enough to drink and drugs, they’d see spooky things and wouldn’t be so sure if it’s real or not.
LIN-Reporter: Do you identify yourself with any of the characters?
Helen Maslin: I think the two girls are probably the most like me. Kate is more like me because I was very unsure when I was a teenager and quite shy and tried to hide it. Probably the evil sister as well. I would have liked to be braver and cooler and I was possibly telling myself: just stop pretending and be braver. That’s what I’d like people to take away from it.
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LIN-Reporter: How would you describe the relationship between Leo and Jackson?
Helen Maslin: I think, Jackson was actually the only person he liked. He didn’t show it, but he was quite jealous and wanted to spoil things for Jackson. I think he liked boys a lot more than girls. He liked having a gang around him, which looks up to him. And I think it’s hard for guys to stop being ‘lads’ and settle down with girls. Leo just wanted to keep with his gang forever and he didn’t want them to go off with girls. But I think Jackson was actually the only person he listened to.
LIN-Reporter: Is Beano gay or not?
Helen Maslin: Turns out he was. I didn’t know in the beginning but I liked the fact that Leo was kind of charismatic and boys and girls liked him and I think poor Beano was desperately trying to be like him.
LIN-Reporter: Do you believe they actually mourned Leo? Or do you think they were kind of relieved?
Helen Maslin: I think they were shocked and upset, but hopefully they were able to break away a little bit more because they copied him even though they had enough of all the smoking and drinking. It was probably for the best.
LIN-Reporter: Do Elinor and Nick meet again?
Helen Maslin: You can decide. I kind of think she probably got away with it. But I like not knowing it, because it’s history.
LIN-Reporter: Thank you for your time and answering our questions.
Helen Maslin: You’re welcome, thank you for asking!
Helen Maslin lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Cheltenham. Sie hat Englisch, Geschichte und Kunstgeschichte studiert – was auch immer noch ihre größten Interessen sind. An der Grundschule ihrer Kinder leitet sie einen Kunstklub. Das macht zwar Spaß, ist aber immer sehr chaotisch. Am liebsten mag Helen knallbunt gefärbte Haare, Peter Lorres Stimme, den Duft eines neuen Buches, Roy Lichtensteins Kunst, Nettigkeit und Kuchen.