brigitte hannig, heft 4
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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Schri f ten
zurF rOh en K in d he it
Brigitte Hannig
Natruper StraBe 11
49170 Hagen a. T . W.
Fan 05401/347186
Fax 05401/347187
www.auctoritasverlag.de
(
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I
Unruhiqe Kinder-
schlaf lose Nachte
Die Sieben Schritte zur Veranderung
B rig itte H a n n ig
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Unruhige Kinder - schlaflose Nachte
D ass k le ine K in de r w en ig sch la fe n u nd vie l w ein en, h at sich in de n le tzte n
2 0 Ja hren zu ein em w eit verb re ite te n P ha no rn en e ntw ick elt. E ltern s in d d adu rch
O be rm Od et u nd g ere izt u nd su che n oft verzw eife lt na ch » he iB en Tipps«.
u m d ie S itu atio n z u v erb es se rn .
D ie se k le in e B ro sc hO re w ird Ih ne n d ie se n » he iB en T ip p« n ic ht v erm it te ln ,
a ber in de n A usfO hru ng en ein en n eue n, e rw eite rten B lick a uf d ie g rbB ere n
Z us amm en ha ng e d er S ch la fs tb ru ng en e rrn oq hc he n, E in e k in dtic he S ch la f-
stbrung ist nur in einem ganzheitlichen Zusam menhang zu betra chten und
zu behande ln .
N ebe n de n H in weise n a uf die ve rb org en en U rsa che n ze lg en »D ie S ie ben
5 ch rit te z ur veranderunq« a uc h e ine A lte rn ative zu d er u mstritte ne n S ch la f-
th era pie na ch F arb er (U SA ) a uf, d ie d urch de n B estse lle r » Jed es K in d ka nn
sch la fe n le rne n« b eka nnt g ew orde n is t.
M it d ie se m E lte rn brie f rn oc hte rch a ufm erk sa me n E lte rn e in e n eu e M bg lic hk eit
a ufze ige n, ihre m K i nd z u e l nem ve rb es serte n S ch la f zu ve rh elfen u n d sich
se ibe r zu m ehr R uh e.
U nru hig e K in de r-s ch la flo se N ac hte
D ie S ie be n S ch ri tt e z ur V er an de ru nq
S ch ri ft en z ur F rO h en K in dh ei t
1 Ausgabe 2000
2 . A us ga be 2 00 3 (U be ra rb eit et )
3 . A us ga be 2 00 5 (O be ra rb eit et)
Unruh ige K inder- s ch la flo se Nach te
Warum schlafen immer mehr Kinder immer weniger?
Und warum sind immer mehr junge Eltern
schon nach wenigen Wochen oder Monaten
des Zusammenlebens mit ihrem Babyenttauscht.
erschbpft und ausgelaugt?
Siefuhlen sich ubertordert und allein gelassen,
sie sind entnervt und verzweifelt und stellen ihreelterliche Kompetenz in Frage.
Wie konnte das geschehen?
Hier erhalten Sieeinige interessante Informationen
uber die Schlafstbrungen im Baby- und Kleinkindalter
unduber die Sieben Schritte zur veranrierunq.
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Vorwort
Liebe Eltern,
vielleicht gehbren auch Sie zu den Geplagten, die jede Nacht mehrmals
aufstehen und em Kind besanftiqen, mit ihm spielen oder esherum-
tragen rnussen und halten nun meine BroschOre in der Hand. Dann
muss ich Sie gleich auf die »Risiken und Nebenwirkungen« jeglicher
Erziehungsratgeber hinwe.sen.
Wir ai le suchen sosehr die Hil fe tr n AuBen und hoffen auf den» heiBen
Tipp«, der uns das Leben wieder vereinfacht. Doch so einfach »funktio-
nieren « weder Ihr Kind nach Sie.Wi r ai le reagieren mit unseren GefOhlen
auf das, was uns im Kontakt mit anderen oder in unseren Gedanken
begegnet. Soreagiert a lso auch Ihr Kind mit Weinen, Unruhe, Abwehr
und Schlafstbrungen auf das, was ihm jetzt oder fruher begegnet ist.
Oas Kind reagiert mit seinen GefOhlen auf die Atmosphere, in der es
sich gerade befindet.
Das Kind rnochte uns aufmerksam machen
Wenn das Kind in der Vergangenheit - in der Schwangerschaft, bei der
Geburt oder auch rr n laufe der ersten Lebenszeit - belastende Situatio-
nen erlebt hat, so kllngt die in ihm erzeugte angst liche oder gestresste
Stimmung noch lange nach und macht ihm zu schaffen. Esreagiert
immer mit Anspannung auf Unruhe, Zeitdruck, auBerl ichem und inner-
lichem Stressder Eltern oder der Betreuungspersonen. Wahrend salcher
Erlebnisse kontrahiert die Bindungsfahigkeit aller Beteiligten und das
Kind »fallt aus dem sicheren Netz«. Dies ist sehr stressauslbsend und
beanqstiqend fOr das Kind.
Wenn also ein Kind ein »schwier iges Verhalten« zeigt , v iel weint und
schlecht schlaft, so heiSt das nicht, dassdas Kind schwierig ist. Vielmehr
drOckt esmit seinen Emationen seine Befindlichkeit aus, die gerade
(oder langerfristig) durch belastende Urnstande beeintrechtlqt ist.
Eszeigt mit seinem Verhalten, dass esauf vergangenen oder aktuellen
Stress, auf Sorgen oder einer Beziehungsnot der Eltern reagiert.
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Srekonnen sich sicher vorste l len, dass fu r erne sol ch komp le xe S it ua ti on
k ein » he ils er T ip p« a u sr eic ht. V ie lm eh r e rw a rte t e in e s olc he S itu a tio n
e in e umfa ss en de u nd s eh r in div id ue lle B etr ac htu ng u nd V er an de ru nq ,
wen n S ie Ih r Z ie l d er r uh ig er en Na ch te e rr eic he n wolle n.
Sie und Ih r Kind brauchen individuelle UnterstOtzung
In d ie se r B ro sc hO re h ab e ic h g a nz a llg emein z u d en n ic ht e rfO llte n
B edOr fn is se n d er K in de r S te llu ng g en ommen u nd s ie be n S ch ntte z ur
v er an de ru nq d er S ch la fs itu atio n a ufg ez eig t. D oc h, w ie g es ag t: g an z
allgemein.
J edes K in d i st m it s ei nem Wesen, sei ne r Geschr ch te , s ei nen E rl ebni ssen
u nd s ein er A rt, m it d en E rle br us se n umzug eh en , m it s ein er E lte rn -K in d-
B ez ie hu ng u nd s ein en W un sc he n a ns L eb en e in ma lig u nd b ed arf fu r
s ic h u nd s ein e S itu atio n i m m er d er in div id ue lle n B etra ch tu ng . D es ha lb
k an n e in e s olc he B ro sc hO re n ur e in u nv ollk ommen es A ng eb ot s ein ,Z us amme nh an ge n eu d arz us te lle n u nd e vtl. n eu z u o rd ne n.
G era de b ei d en im A nh an g g es ch ild erte n w eite re n U rs ac he n d er S ch la f-
s to ru nq k an n e s n otw en dig s em , s ic h B era tu ng u nd p ers on lic he H ilfe
z u h ole n. M a nc hr na l rst auch erne t he rapeu ti sche Behandl ung ode r
Unte rs tO tz un g n otwen dig , um a us d em K re is la uf d er d ur chwa ch te n
Na ch te u nd d er A ns pa n nu ng h er au sz ufin de n.
B itte h ole n S ie skh H ilfe , w en n S ie n ic ht m eh r w eite r w is se n o de r d as
GefOhl h ab en , d as s erne Beh an dlu ng b el Ih ne n o de r Ih rem K in d h ilfr eic h
ist. H oren S ie a uf Ihr H erz und tun S ie da s, w as Ihnen und Ihrem K indg ut tu t.
S owOn sc he ic h Ih ne n, d as s S ie m it Hitfe d ie se r S ch rift n eu e Wege fin de n
u nd s ch on b ald w ie de r s ch on c T ag e u n d ruhrqe Nach te m i te inande r
e r leben werden .
Brigitte Hannig
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Liebe Eltern,
S ie s ic h n iema ls vorge st el lt h a tt en .
Jede Nacht r nu ssen S ie fOn fma l
a ufs te he n, u m Ih re m B ab y d en
S ch nu lle r z u g eb en . e in p aa r
SchlOckchen Teeanzubi et en ode r
e s z um w ie de rh olte n M a l a nz u-le ge n. d am it e s e nd lic h w ie de r
e in schl af t. So an st re ngend ha tt en
S ie s ic h d as Zus ammen le be n m it
I hr em Baby n ich t vo rg es te ll t.
S ie h a be n s ic h v olle r F re ud e a uf
d ie Geb ur t v or be re ite t, K ur se
b es uc ht, B uc he r g ele se n u nd
la ng e G es pra ch e m it d er H eb -
amme g efO hrt. S ieW h ite n s ic h
gew appnet fur da s Leben m itd em Neu ge bo re ne n u nd s ah en
d er E rweit er un g d er F amilie m it
F re ud e u nd d en z u e rwa rte nd en
KOmmernl ssen m it Zu ve rs ic ht e nt -
gegen G erO stet m it d em im
Saug l ingsp flegeku rs ve rm i tt el tem
W is se n, a ng ele ite t u nd b er ate n
d ur ch d ie b etr eu en de He bamme ,
beqlertet v on d er K ur sle ite rin d es
Babymassage ku rses und derM u tt er -Kmd -G ruppen l ei te ri n ,
Wh ite n S ie s ic h z uv er sic htlic h u nd
va ll guten M utes. S ie w aren nun
s or gfa ltig v or be re ite t u nd e rwa r-
te te n em fr ie dlic he s u nd h armo -
n is ches Zusammen le ben m it
I hr em Baby .
Was lasst Eltern50 verzweifeln?
Doc h w ie s ch ne ll w urd en S ie d a nn
v on d er h ar te n Rea lita t emq eh olt.
S chon nach kur ze r Ze it e ntwi ckel te
d as K in d V er ha lt en sweis en , d ie
Das Baby schreit viel und5chlaft wenig.
Imme r w ie de r m eld et s ic h Ih r
B ab y m it la ute m G es ch re i u nd
w ill h eru mg etra ge n w erd en . E s
s ch la ft q ru nd sa tz lic h n ur a uf d em
A rm und/o der a n der B rust ein,
und oftm als a uch nur, w enn die
M utte r z us atz lic h a uf d em G ym -
nastrkball w ip pt, d en S ta u bs au ge r
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o de r d en F on la ufe n la ss t o de r d er
V a te r u nu nte rb ro ch en d ie S pi elu hr
aufzieht.
W enn da s K ind da nn unter muhe-
v olle r u nd z eitr au be nd er Z uwen -
d un g e nd lic h e in ge sc hla fe n is t,
w ird es oft n ac h w en ig en M in u-
ten w ie der w ach, ka um da ss die
E lte rn e s v o rs ic htig in s ein B ett-
c he n g ele gt h a be n. E s erwa ch t,
s ch re it e rb a rr nlic h, u nd d as g an ze
S pie l k an n v on v orn e b eg in ne n ...
U nd da s b r s z u z eh nm al in e in er
Nacht.
So lc he E rl ebni sse t re ib en d ie
E lte rn s ch ne ll a n d en R an d d er
E rs ch 6p fu ng u nd a n d ie G re nz en
ih re s g ute n W ille ns . S ie h a be n
n ac h ih rem E rmes se n a lle s g et an .
was fur e in e l ie be vo ll e K in de r-
b etre uu ng w ic htig is t, u nd d en -
n oc h s in d ih re B emOh un ge n e r-
fa lg lo s. S ch on n ac h w en ig en d er-
a rtig en M is se rfo lg en fUhle n s ic h
d ie E lt er n qere. zt u nd ohn rn ach ti q
u nd s pO re n a ile d az u q eh or en de n
St resssym p ta me .
Warum will das Kind nichtschlafen?
D ie se F ra ge s te lle n s ic h d ie v er -
z we fe lte n E lte rn . A be r a uc h d ie
8
bet re uenden und beg le it enden
P er so ne n, w ie G ro Be lte rn , Heb -
ammen, Kinderarzte, Pekip-
G ruppenl ei te ri nnen usw . s te hen
ra ti os vo r d ie sem P robl em .
G ro Be lte rn u nd d ie Heb ammen ,
d ie s ch on la ng e J ah re im B e-
r ufs le be n s te he n, k 6n ne n s ic h
n oc h g ut a n Zeit en e rin ne rn ,
wo S a ug lin ge u nd K le in kin de r
a be nd s in s B ettc he n g ele gt wur -
d en und m argens m unter und
a us ge sc hla fe n e rwa ch te n u nd
a u f a us ge ru hte E lte rn tr afe n.
We r d as Ze it ge schehen au fme rk -
s am b eo ba ch te te , b em erk te in
d en le tz te n zwe i J ah rz eh nte n a uf-
fa lle nd e V er an de ru ng en in d ie se r
H in sic ht. N ic ht n ur , d as s d ie k le i-
n en K in de r w en ig er u nd s ch le ch -
t er s ch la fe n, s ie s in d un ruhi ge r
u nd spi el un lu st ig er g ewa rden,
s ie w ein en m eh r u nd la nq er, a ls
d er A nla ss e s e rw ar te n lie Be u nd
b rin ge n d ie E lte rn immer otter an
i hre p sych is chen und phys is chen
Grenzen.
Tauschen sich Fa ch le ute m it d er
G ro Be lte rn ge ne ra tio n ir n Ge-
s pr ac h a us . w ir d d ie se B eo ba ch -
tu ng imme r w ie de r bestatiqt. In
s ta ti st is chen Aussagen dagegen
ta uc ht d ie se s P ha no rn en g ar n ic hta uf. D as kommt w ahl einfa ch
daher, d as s e s k aum a lte re V er -
g le ichsda ten g ib t. Einschlaqiqe
Un te rs uc hu ng en wa re n v or J ah r-
zehnt en n icht notiq. weir d as Pro-
blem nicht bestand.
Was sagt die Statistik
dazu?
D ie S ta tis tik en n a ch F a rb er
(1985), Wolke (1994) u nd K a st-
Z ah n u nd M org en ro th (» Je de s
K in d k a nn s ch la fe n le rn en «, 1995)
z eig en n ur d en Is t- Zu sta n d d er
le tz te n J a hr ze hn te a uf. We nn
b etr offe ne E lte rn d ar in le se n.
da ss un A lter von 6 -7 Monaten
nu r 38 % der K in de r dur ch schl a-
fe n, a ls o 6 2 % der K in de r d ie se r
Altersstufe eben n ich t durch-
s ch la fe n. mag s ie d as v ie ll ei ch t
b er uh iq en u nd tr os te n: S ie h a be n
k ein e xa tis ch es P ra b lemk in d u nd
te ile n ih r L eid m it v ie le n a nd er en
E lte rn . We nn s ie e rfa hr en , d as s
61% d er Zweija h rig en n oc h im-
m er n ic ht d urc hs ch la fe n, m eh r a ls
e in D ritte l d er 6-7 Mona te a lte n
K in de r u nd e in V ie rte l d er z we i
ja hre a lte n K in de r n ac hts z we i-
o de r m eh rm als w a ch w erd en ,
fU hle n s ic h d ie b etr offe ne n E lte rn
dadu rch v ie llei ch t en tlastet .
A uc h w en n d as n ac htlic he A uf-
w achen una ngen ehm und krafte-
z eh re nd is t, h ab en s ie d oc h d as
trostliche GefOh l, d as s e s s ic h b ei
d em u nte rb ro ch en en S ch la f ih re r
K in der um e twas Schi ck sa ls be -
dmqtes u nd Norma le s h an de lt.
W ir mOss en u ns a n d ie se r S te lle
a lle rd in gs fr ag en , o b e in Z us ta nd
tatsachtlch s ch on d es ha lb n orma l
und gesund ist, w eil er der Z u-
s tand der Mehrhe it ist.
Wie haben sich die Schlaf-
gewohnheiten qeandert?
Zur B ea ntwo rtu ng d ie se r F ra g e
b le ib t u ns d er B lic k in v er ga n ge ne
Zeite n u nd in a nd er e K ultu re n
r nc ht e rs pa rt. E s k an n a ls emp i-
r is ch ge sl cher t g el te n , d a ss
B ab ys u nd K le in kin de r n oc h v or
zwei b is d re i J ah rz eh nte n e in v oll-
k ommen ande re s Schl af ve rh a lt en
9
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hatten als heute. Dies kann lanq-
jshriqer Berufserfahrung von
Faehleuten wie Hebammen, Kin-
derkrankenschwestern, Kinder-
qartnerinnen usw. und Gespra-
chen mit der altsren Generation
entnommen werden.
Eine weitere Bestatigung finden
wrr in anderen Kulturen, insbeson-
dere in solchen, die noch in relat i-
ver Armut und/oderwesentlieh
naturnaher leben als wir. Das
heiBt, dass das Phanornen der
schlaf losen und unruhiqen Sauq-
linge nur in unserer westlichen
hochzivilisierten Welt zu frnden ist.
Schlafstorungen im
Sauqlinqs- und Kleinkind-alter
Das Problem »Schlafstorungen im
Sauqhnqsalter« existierte auch in
unserer Gesellschaft bis in die
10
siebziger Jahre hinein nicht oder
nur vereinzelt und ist in weniger
entw.ckelten Kulturen bisher nicht
bekannt. Daraus folgt, dass es
mit unserer Zeit und unserer Kultur
in Zusammenhang stehen muss.
Doeh was sind die tatsachlichen
Ursachen?
Die herk6mmlichen und welt ver-
breiteten BegrOndungen, wie
sie in dem Buch »Jedes Kind
kann schlafen lernen« vertreten
werden, berufen sich auf die Zu-
sammenhange des Aufwachens
mit den Traumphasen (REM) und
erklarsn esmit dem so genannten
Nachtschreek oder Alotraurnen.Ein weiterer Grund fUr das
Schreien sei die beim gelegent-
l ichen Aufwachen vom Kind ver-
andert vorgefundene Umgebung,
wenn das Baby z. B.an der Brust
eingeschlafen war und sieh nun
allein im Bettchen wiederfin-
det. Ole Verfasser meinen, dies
mOsseeme Desorientierung
hervorrufen, die das Baby voll-
ends erwachen und weinen
lasst. Eltern fOgen noch das Zah-
nen als BegrOndung fur die
haufigen nachtlkhen St6rungen
hinzu.
Auch fruher
traurnten Kinder ...
Nun wird sieher niemand bestrei-
ten, dass aueh fruher die Kinder
gelegentlich schlecht traumten,
REM-Phasen hatten und Zahns
bekamen. Aber esist Oberliefert,dass sie tratzdem einigerma13en
gut weiterschliefen. (Auf die ver-
andert vorgefundene Umgebung
komme ich noch zu spreehen.)
Der Schlaf mit seinen verschiede-
nen Phasen hat sich also rucht ver-
andert, sondern die Bedmqunqen,
unter denen er stattf indet bzw.
nicht stattfinden kann.
Wahrend esin der Vergangenheiteher ubl ich war, ein Baby oder
klemkinc abends ins Bett zu legen
und morgens ausgeschlafen wie-
der herauszuholen, ist esheute die
Norm, dassselbst gr6Bere Kinder
nachts einmal oder 6fterwach
werden und haufig anstrengen-
de, zert- und nervenraubende
Zeremonien ben6tigen, um wie-
der zur Ruhe zu kommen.
Was ist eine Schlafstorunq?
Ole Frage, wann es sich um eine
Schlafstbrung handelt und wel-
ches Verhalten noeh » normal « ist,
bewegt Eltern wie Faehleute.
Oblicherweise wird eine Antwort
auf diese Frage mit Statistiken
darOber untermauert, wie lange
Kinder unterschied lichen Alters
erfahrungsgema13 schlafen Diese
Zahlen aber beschreiben - wie
schon gesagt -Iediglich den Ist-
Zustand und lassen die Frage
nach dem Soll-Zustand unbeant-
wortet. Der Ist-Zustand aber ist
beeinflusst von den gesellschaft-l ichen Bedingungen, in denen die
Kinder leben. Ersagt niehts dar-
uber aus, wieviel Schlaf die Kin-
der wirklich brauchen. Die
beobachtete Schlafmenge - die
heutzutage eindeutig geringer
und qualitativ schlechter als noch
vo r einigen Jahrzehnten ISt-
mit der optimalen Schlafmenge
gieichzusetzen, ware ebenso ko-
misch, wie aus der statistisch er-
rechneten Menge des taqhchen
Zuckerkonsums auf dessen Ge-
sundheitswert zu schlie13en.
Meine Oberlegungen dagegen
gehen nicht von der beobach-
11
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teten »Norrn« aus. sondern von
dem, was die biologisch-physio-
logische Natur des Menschen vor-
gegeben hat. Und die Natur hat
nun einmal vorgesehen, dass der
Mensch nachts schlaft und tags
aktiv ist.
Wann kannein Kind
durchschlafen?
Wirwissen aus den mOndlichen
Oberlieferungen, dass die Babys
frOher schon von der 1. bis 12.
Lebenswoche an regelmaBig
durchschliefen_ Wie die Eltern
die Kinder dazu bewegten, durch-
zuschlafen ~ narnlich indem sle
sie einige Nachte durchschreien
lieBen ~ ist heute vollkommen
indiskutabel und 5 0 1 1 auch hier
nicht naher erbrtert werden. Das
Ergebnis sollte uns allerdings trotz-
dem interessieren. Denn die Babys
schliefen tatsachlich frOher durch.
Das heiBt, sie waren dazu also
durchaus fahig.
Und das ist der eigentlich interes-
sante Punkt.
Die alte Methode, einem Baby das
Durchschlafen anzutraineren. war
wirklich hart und unangemessen
und wird deshalb von den heuti-
gen Eltern auch nicht mehr ange-
12
wendet. Samit haben wir natOrlich
auch nicht mehr dieses Erqebrus
der frOh durchschlafenden Kinder.
Wir dOrfen heutzutage den Babys
ruhig etwas mehr Zeit lassen, sich
an eine durchgehende Nachtruhe
zu gewbhnen. Ich halts esdurch-
aus noch fur angemessen, wenn
sich ganzjunge Sauqlinqe zwei-
mal, etwas altere einmal nachts
melden, damit ihr Hunger qestil lt
werde. Nach einigen Wochen
oder Monaten wird das Hunger-
gefOhl scowacher und der Ge-
wohnheitseffekt starker, so dass
das Kind jetzt lernen mOsste, auf
die Mahlzeit und die schbne Ge-
wohnhert zugunsten des Schlafes
zu verzichten, um dann im Alter
von 6 bis 12 Monaten weitest-
gehend durchzuschlafen.
Auch 8abys konnen es ...
Diese Entwicklung ist In der Natur
des Kindes veranlagt. Aile Kinder
der vergangenen Jahrhunderte
und anderer Kulturen haben es
bewiesen. Unterbrechungen. die
darOber hinausgehen, waren dann
als Schlafstbrung zu bezeichnen.
Wobei in leichteren Fallen der
Begriff »Storunq« nur als eine
Stbrung der Nachtruhe zu verste-
hen rst, wah rend er in schwereren
Fallen durchaus eine Pathologie
benennt.
Esgibt unterschiedliche
Schlafstorunqen
Ganz sicher hat esschon immer
Kinder gegeben, die nachts aus
irgendeinem Grund aufwachten.
Doch handelte essich hierbei
eher um Einzelfelle. die durch die
individ uelle Persbnlichkeit des
Kindes und die jeweilige Situation
bedingt waren. In den letzten
zwei Jahrzehnten hat sich die frOh-
kindliche Schlafst6rung jedoch zu
einem regelrechten Massenphano-
men mit noch immer zunehmen-
der Tendenz entwkkelt.
In meiner Beratungspraxis sehe
ich Sauglinge und Kleinkinder mit
unterschrcdlknsten Ursachen fur
Schlafstbrungen. Ein haufiqer
Grund ist in den gesellschaftll.chen
Bedingungen zu finden, unter
denen unsere kleinen Kinder
heute aufwachsen und die ich im
Fol.genden ausfUhrlicher erbrtern
werde. Diese HintergrOnde sind
ganz allgemein 90ltig und daher
fUr fast jedes Kind zutreffend.
Individuelle Grunde
Daneben gibt esaber auch indivi-
duel le GrOnde, die an die Person
des Kindes gebunden Sind. Darauf
komme ich im letzten Teildieser
BroschOre zu sprechen. Bei den
Gesprachen mit den Eltern ist es
von entscheidender Bedeutung
herauszufinden, auf welcher
Ebene das Problem angesiedelt ist.
um eine individuel le Beratung zu
ermbglichen. Anderenfalls fOgt
sich eine Empfehlung nur in die
endlose Reihe anderer gut ge-
rnemter, aber oft nutzloser und
pauschaler Ratschlage ein, die die
Eltern irn Laufe ihrer Leidenskar-
riere zu hbren oder zu lesen be-
kamen.
13
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Die Lebensumstande
als Ursachen der Schlaf-
storunqen
Dieseswichtige Thema mochte
ich zuerst besprechen, weil da-
von jedes Kind betroffen ist , das
In unsere moderne Kultur hinein-
geboren wird. Es besteht ein
direkter Zusammenhang zwischen
den weit verbreiteten Schlaf-
storungen und den Lebensum-
standen unserer Zivil isation. in
denen die Kinder aufwachsen.
Dies bedarf naturlich einer
Erklarunq.
Wenn wir den Blick auf vergan-
gene Jahrhunderte und auf an-
dere Kulturen r ichten, wird sicht-
bar, dass die kleinen Kinder seit
Menschengedenken in vollkom-
men anderen verhaltrussen auf-
gewachsen sind als heute. Seit
jeher lebten die Kinder in einem
fest struktunerten Farnihenqe-
fOge, das nach festen hierar-
chischen Gesetzen geregelt war.
Dazu qehorte, dass sich Kinder
einzuordnen und den Alteren
unterzuordnen hatten Von den
Jungen wurde Achtung vor den
Alten erwartet. Ole Alteren be-
saBen den Junqeren gegenuber
Autoritat.
14
Rhythmus und Rituale
Der gesamte Alltag war durch
feststehende Riten und Gebrau-
che, durch Rhythmus und Struktur
gekennzeichnet und in ein intuiti-
ves, traditionsgebundenes Han-
deln eingebettet. Der Tagesab-lauf der Eltern war qeprsqt durch
die einzig wirklich wichtige Tariq-
keit des l.ebens dem Erwirtschaf-
ten des Lebensunterhaltes. Aus-
nahmen blldeten nur die Feste
im Jahreslauf, die aber ebenfalls
aile an Rituale und Traditionen
gebunden waren. Reichtum und
Luxus waren fOr die einfachen
Menschen nicht zu erlangen.
ExtrawOnsche entstanden gar
nicht erst , aus Mangel an Gele-
genheit Unter salchen ader ahn-
lichen Urnstanden wuchsen aile
K inder dieser Welt auf, in der Re-
gel in emer graBen Geschwister-
schar, ohne dass die Eltern dem
einzelnen Kind besonders viel
Zeit wrdmen konnten. Die deut-
l ich wahrnehmbare Struktur des
Elternhauses oder der Sippe bot
einen sicheren Schutz vor unguten
Einfussen. erm6glichte im Tages-
ablauf Ruhe und Andacht, unge-
stbrten Schlaf und kreatives Spiel
der K inder und war auf allen Ebe-
nen des Handelns eingebettet in
die reliqiosen Hintergrunde des
Volkes.
Tradition und Struktur
Die Eltern, seiber von diesen ewiggOltigen Gesetzrnafsiqke.ten ge-
tragen. gaben die Strukturen tra-
dinonsqernaf an ihre Kinder wei-
ter, welche dadurch ebenso linter
gesicherten und geordneten 8e-
dingungen aufwuchsen und ge-
diehen. Dassdieses » Konzept«
aufging, ist daran zu erkennen,
dass es Ober viele Jahrtausende
funknonierte. Das heiBt, dassdas
Zusammenleben zwischen Eltern
und Kinder insotern gelang, als
die Kinder fOr ihre Zukunft lebens-
tOcht ig wurden, fur s ich seiber
und ihre Mitmenschen sorgen
und die Tradition des Volkes fort-
fUhren konnten.
Diessicherte den Bestand der
Menschheit bis Indas 20. Jahr-
hundert. Mit Beginn der Industria-
l isieru ng begann - erst allrnah-
lich und seit den 68er Jahren mit
Vehemenz - der Wandel in der
Erziehung.
Die veranderte Elternschaft
Die Familienhierachie, in der jedes
Familienmitglied seinen ange-
stammten Platz hatte, und die
Familienstruktur losten sich auf.
Die Partnerschaftlichkeit zwischen
Eltern und Kinder wurde als einIdeal propagiert. Nun fragten
Eltern die Kinder nach ihren WOn-
schen und lieBen sie mitentschei-
den. Dadurch, dass Kinder jetzt
qleichberechtrqte Partner waren,
ver!oren sie automatisch den Halt
und den Schutz, denn sie mussten
Entscheidungen treffen und
mitdenken, start s ich - im Urver-
trauen, dass die Eltern esschon
richtig machen - anlehnen zu kon-
nen. Hne ungeheure Schwerarbeit
fOr em Kind, das noch nicht die
Lebensreife hat, eine Entscheidung
auf ihr FOrund Wider zu uberpru-
fen Ole ureigenste el terl iche Auf-
gabe, zu erkennen, was richtrc
und was falsch tst, wurde nun auf
die Kinder Obertragen und uber-
fordert sie seitdem hoffnungslos.
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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Das ubertorderte Kleinkind
Diese so genannte freilassende
Erziehung fuhrte auch zu einem
Leben fast ohne Grenzen und
Rhythmus vom ersten Lebenstag
an. Das Kind soli entschetden.
wann es wieder essen will undwann wieder Schlafenszeit ist, ob
es lieber auf den Arm mochte oder
l ieber auf die Krabbeldecke. Es
werden ihm keine Vorgaben ge-
macht, denn essoi l sich »frei« ent-
wickeln. Furein kleines Kind, wel-
ches das Leben in der graBen Welt
noch als unbekannt empfindet,
bedeutet dies aber eine absolute
Orientierungslosigkeit. Esist mit
dem Vertrauen zur Welt gekom-
men, dass die Eltern ihm den Weg
zeigen. und nun muss esseiber
wissen und entscheiden, was es
noch nicht wissen und entschei-
den kann. Diese Oberforderung
lost ungeheuren Stress bei den
Kindern aus, mit allen dazu-
qeboriqen psychosomatischen
Symptomen und Beschwerden.
16
Das Kind im Mittelpunkt
der Familie
Durch die gennge Kinderzahl
einer heutrqen Familie und das
Verschwinden der Familienhier-
aehie hat auch eine vsranderunq
der Stellung des Kindes stattge-funden. Jahrtausendelang waren
die Eltern der Mittelpunkt der Fa-
mil ie und hatten dadurch eine
gesunde Autori tat. Nun steht aus
hoch idealisierten Grunden das
(Wunsch-)Kind im Mittelpunkt
und die Eltern verwenden mehr
Aufmerksamkeit auf das Gedei-
hen ihres Kindes alsauf das der
Paarbeziehung. Das hat fatale
Foigen, denn in dem MaBe, wie
das Kind dadurch Llberbetreut
wird, verkOmmert die Beziehung
und damit die Grundlage der Fa-
milie. Nach den GesetzmaBigkei-
ten, die in den systemischen Fa-
milienordnungen sichtbar werden,
hatjedes Mitglied seinen angebo-
renen Platz innerhalb der Farnilie
oder des Systems, und demnach
qehort ein Kind, sinnbi ldlich gese-
hen, allenfal ls neb en die Eltern,
aber niemals in den Mittelpunkt.
Der falsche Platz
Dieser Platz macht krank, weil es
der falsche Platz ist. 50 wie eineZimmerpflanze, obwohl mit LIebe
qewassert und gedOngt auch
nicht gedeiht, wenn sie am tal-
schen Platz steht. 1mMrttelpunkt
stehend, wird ein Kind automa-
tisch uberbetreut. Ein uberbe-
treutes Kind muss aber, ebenso
wie ein vernachlassiqtes Kind,
verhaltensauffalliqkeuen ent-
wickeln. weil das M aB der Zu-
wendung nicht stimmt. Durch
das ObergroBe MaB an Zuwen-
dung und die idealisierte Idee
der konsequenten Frustvermei-
dung in der modern en Erziehung
werden den Kindern fast aile
WOnsche umgehend erfOllt
Dies ist zwar gut gemeint, aber
dadurch verlieren die Kinder die
Moglichkeit, Frusttoleranz und
Konfliktfahigkeit zu entwickeln.
Und das ist eme erhebliche Beein-
trachtigung ihrer Pers6nlichkeits-
entwicklung.
Durch psychologisch begrOndete
Verallgemeinerungen in der Pada-
gogik, wie z.B. die konsequente
Frustvermeidung fUr seehsches
Wohlbefinden und das un ref Ie k -
t ierte 5treben nach Erzlehungs-
idealen, wie die »freie« Personhch-
keitsentwicklung. Durchsetzungs-
verrnoqen. starker Wille usw. sind
weitere Grunde hinzugekommen,
die Eltern heute so verunsichern.
Von fuhrsnden Elternzertschriften
werden diese Paralen einer moder-
nen Erziehung verkautstcrdernd
an die Eltern weitergegeben. aber
diese wissen dann nicht, wie sie
die hochgesteckten Ideale in die
Tat umsetzen konnen.
Hohe Ziele -Ieere Worte
So bleiben nur leere 5chlagworte
ubriq. die zwar jeder benutzt, die
aber keinen Bezug mehr zum Er-
ziehungsalltag haben. Aile Eltern
wunschen sich zum Beispiel em
Kind mit einem starken Willen,
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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a be r s ie w iss en n ic ht, d as s d ie
Ob li che rwe is e v er te il te n Ra t-
schlaqe z um Err ei chen dieses Zie-
le s - u . a . d as K in d frO hz eitig rnrt-
entscheiden zu la sse n - o ft da s
Gegen te i l he rvo r ru f en .
Es i s t I hnen rucht meh r bewus st ,
d as s d ie K in de r v om e rste n T ag
a n d er F Oh ru ng d urc h e in e lie be -
vol le, b indungssichere Autoritat
b edU rfe n, d am it d a s e rwOns ch te
E r zi ehungs zi el e rr ei ch t we rden
kann.
ReizOberflutung
Z u d en b ish er ge na nn te n V er-
a nd er un ge n, d ie s ch on v ollk om -
m en a us re ic he n, e in em K in d d as
Ve rtra u en u nd carnit d en S ch la f
zu ra ub en , komme n n och weitere.
entwicklunqsqeschrdrtlich absolut
n eu e P ha nome ne . D ie se s in d d ie
M ob ilita t, d ie p erm an en te R eiz -
Ob erflu tu ng u nd d ie fr uh e In te lle k-
18
tu alis ie ru ng . W a hre nd - b ed in gt
d ur ch d ie d ama lig e L eb en sa rt-
n oc h v or J ah rz eh nte n e in B ab y in
Beschau li chke it he ranwachsen
kon nte , w ird e s h eu te sch on im
A lter von einer W oche m it in den
S up erm arkt g en omme n, fa hrt m it
s ee hs W oc he n m it In den »U rl aub«u nd e rle bt ta gllc h H un de rte v on
w e ch se ln de n u nd u nb ek an nte n
E in drO ck en . D az u k omm t n oe h
di e al s erst rebenswer t e rach tet e
fr Oh e F br de ru ng d er S in ne sw a hr -
n ehmu ng in d en B ab yk urs en , w el-
c he eben fa ll s e ine Obe rf or de rung
der S inne da rst e ll t.
K ein V olk d er W elt h at je se in e
Sauglinge »bespelt«. A il e K inder
d urfte n e in fa eh n ur in R uh e da be i
s ein , s ie d ur fte n a n sc ha ue n, w a s
d ie E lte rn u nd Ge sc hw is te r ta te n,
urn spa ter, wenn die Zeit ge-
kom men wa r, irn S pie l G leiches
z u tu n.
Die haltlose Gesellschaft
Diese beschr iebenen rnassiven
Ver an de ru ng en h a be n zu einer
in ne re n Ver un sic he ru ng d er F am i-
lie n g efU hrt u nd e rs ch we re n d ie
E ntw ic klu ng d er K in de r s eh r. E in
s chw erwie ge nd er , a b er k aumbea ch te te r G ru nd d ie se r g es ell-
s eh aftlic he n H a ltlo sig ke it is t in d er
U n ve rb in dlic hk eit g eg enObe r d en
hoheren ge is ti gen Gese tzmaBig -
k e it en z u f inden . J e »z iv il is ie rt er «
e in V olk ls t. d es to w en ig er s in d d ie
g eis tig en Ge se tzm aB ig ke ite n b e-
k an nt, n ac h d en en d er M en sch ,
d ie W elt u nd d as U niv ers um qe-
o rd ne t s in d. D ie U n ke nn tn is dieser
Gese tzm aB ig ke ite n s etz t s ie a b er
rucht a uBe r K ra ft. S ie wirken im -
me r, u na b ha n qu ; v er n Bewu ss t-
s ei ns zust and des Be tr a ch te rs . Und
da , wo der M ensch sieh - und sei
e s a u s U nw is se nh eit - g eg en d ie se
ew ig gO ltig en g eis tig en Ge se tz e
wende t, en ts teh t Z e rs tb rung.
Die Ur-Gesetze sindimmer gOltig
E in es d ie se r v ie le n Ge se tz e b e-
s ag t, d a ss d ie K in de r ih re n E lte rn
fo lg en u nd n icht u mg eke hrt, d ass
E lte rn ih re n K ln de rn s o la ng e vor-
a us ge he n u nd Ih ne n a uB ere s u nd
inneres Wachs tum errnoqlichen,
b is d ie se d ie v ol le Ve ra n two rt ung
fur s ic h s e ibe r Obe rnehmen kon-
n en . (U nd d as 1St e rs t n ac h d er
P ub er ta t d er Fal!.) Ein werteres
Gese tz is t d ie L eh re v om r ec hte n
M a B u nd vom re eh te n Z eitp un kt,
w elc he s e be nfa lls n ic ht o hn e n e-
g ative A us wirk un g a uf d ie K in de r
rqnoriert w erd en k an n.
Mangel an Sicherheit
Dur eh d ie se Aus fOh ru ng en w ir d
deutlich. i n we lc h um fa s sendem
A usma B s ic h d ie W e lt fur unsere
K in de r v era nd ert h at S ie w erd en ,
o bw ohl in nig ge lie bt u nd m it
Z uw end un g Ober sc hO tte t, ih re r
S ie he rh eit b er au bt. D a s K in d e r-
w a rte t, in s ein er E rb su bs ta n z m it
j ah rt ausendea lt ern . i n tu i ti vem
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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W is se n u be r d ie se Ge se tzmaB lg -
k e it en a usgest at te t, d ie E r fO ll ung
s ein er G ru nd be dO rfn is se n ac h
B in du ng , S ic he rh eit u nd FOhr un g
d urc h d ie E lte rn . N un m us s e s e rle -
b en , w ie s ch on in s ein er fr Oh es te n
l .ebens ze rt d ie s er Schu tz b ro c ke lt ,
w ie es v om ersten Ta g a n a uf FO h-
r un g u nd O rie ntie ru ng v er zic hte n
u nd s ta tt d ess en s eib er s ag en
m us s, w as e s d en n m bc hte .
D ie s is t v ollk omm en g eg en d ie
N atu r d es K ind es, u nd e s m u ss
e in en h oh en P re is f ur d ie se v on
ihm n ic ht g ew ollte » Fre in eit« z ah -
len.
Das Kind zahlt
einen hohen Preis
D ie S ch la fs tb ru ng is t n eb en a ll-
g ememe r U nz ufrie de nh eit, v er -
starkter Unruhe, »unerklarlichen«
Schreiat tacken, Spielunlust un d
E ss st6 ru ng en , n eb en d er w e it
verbreiteten fruh kindlichen
A gg re ssiv ita t u nd n eb en B ez ie -
h un gs stb ru ng en n ur erne de r
A usw irku ng en . D ie ser M an ge l a n
S ic he rh eit, d er d ur ch d en Ve rlu st
e ine r s .c her en B indung en ts teh t,
lo st In d em K in d e in e O rie ntie -
r un gs lo sig ke it a us , d ie s ein U rv er -
20
tra ue n sc ha diq en u nd d ie B ez ie -
h un g ZWis ch en E lte rn u nd K in d
e rh eb llc h b ela ste n k an n.
Nun kann niem and da s Ra d d er
Ge sc hic hte z urOc kd re he n u nd T ra -
ditionen w ie de r b ele be n, d ie d ie
h eu tig en E lte rn n ic ht m eh r w olle n
En tw ic klungs ges ch ic ht li che VO f-
g a ng e s in d, s o d er E rz ie hu ng s-
w is sensc haf tl er P ro f. We rne r
L au ff vo n d er Universitat Ham-
b urg , e vo lu tio ns be din gt u nd d a-
h er u numk eh rb ar. T ro tz dem mO s-
s en a ile E rz ie he nd en d ara n a r-
b eite n - rucht aus Uberho lt en, tra-
d itio ne lle n G rU nd en -, s on de rn in
vo lle m B ew uss ts ein d er N atu r d es
K in de s, s ein e W elt w ie de r n ac h
s e inen e lement ar en G rundbedUr f-
n is se n z u g es ta lte n, um ihrn erne
ganzhe it li che Persbn li chke it sen t-
w ic klu ng z u e rm oo hc he n. D arin
lie gt d ie Zukunft des K indes .
Die Behandlung der
Schlafstorung.
Demnac h b er uh t e in e um fa ss en de
»Behand lung« e ine r Schl af st 6r ung
auf e ine r bewuss ten Neuausr ic h-
tun g d er Le be nsu msta nde d er b e-
tro ffe ne n F am ilie u nd d es K in de s.
In d em M aB e, w ie d ie E ltern die
I hnen zus tehende Fuhr unqsr ol le
Ob er ne hmen u nd m it lie be vo lle r
Autoritat f O r 5 ic her he it s or gen ,
in dem sie ih re n K in de rn R eg eln ,
R hy thmu s, R uh e, G re nz en u nd
H alt g eb en u nd s ich s eib er al s
M itte lp un kt d er F amilie a n se he n,
in dem MaBe kann das K ind Ge-
b org en he it e mp fin de n. D an n e rst
W hit e s s ic h g es chOtz t u nd k an n
s ic h e in em w oh ltu en de n 5 ch la f
anvertrauen.
Was brauchen Kinder
wirklich?
W ir mO ss en w ie de r e in B ew us st-
sein d afO r e ntw ick eln , w ie w ir d ie
W elt de r kle .ne n K in der so g e-
stalten konnen, d a ss ih ne n e in
unges tb rt es k 6r pe rl ic hes , s ee-
l is ches und ge ls tl ge s Wachs tum
errnoqlicht w rrd. D azu b ed arf e s
d er lie be vo lle n. h a lt- u nd ord-
nunggebenden Autcritat de r
E lte rn , d ie e in W is se n Ober d er en
G ru nd be dO rfn is se h ab en . D ie
K inder b ra uchen Or ien ti er ung
un d Skherher t , g ew on ne n a us
R eg eln , R h ythmus , G re nz en , K on -
s eq ue nz u nd e in er s ic he re n B in -
d un g. 5 ie b ra uc he n d as E rle be n
vo n G re nze n d urc h d ie E in sc hra n-
kung von Raum und Zeit und bei
d er E rfU llu ng ih re r m a te rie l le n
Wunsche und PseudobedOr fn is se .
5 ie b ra uch en d en re ch te n P la tz in
d er F am ilie , u nd d ie se r ist fO r s ie
n ic h t de r M it te lpunk t.
S re b ra uch en die Z um utun g vo n
F ru stra tio ne n u nd K ns en , um m it
H ilfe d er E lte rn d er en Bewalti-
g un g z u e rle rn en . D az u g eh 6rt
d as D ur ch le be n a lle r m ens ch lic he n
G efO hle . a uch d es K umm ers u nd
d er T ra ue r In d er h alte nd en K ra ft
d er E lte rn . S ie b ra uc he n ih r indivi-
d ue lle s T empo in d er E ntw lc klu ng
u nd d ie B eru cks ic htig un g d er
L er ng es etz e. S ie b ra uc he n S ch utz
v or R e izOber flu tu ng u nd fr Oh e r
In te lle ktu a lis ie ru ng u nd e in e g e-
su nd e u nd a usg ew oge ne E rn ah -
rung.
D en m nere n H alt fin de n d ie K in-
d er d urc h d as E rle be n d er h 6h e-
ren ge is ti gen Gesetzrnafnqkeiten.
d ie s ie irn H an de ln d er E lte rn u nd
im K on ta kt zu r N atu r sp Ore n ken-
nen.
21
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DurchfOhrung im Alltag
W ie k on ne n w ir rn es e G e da nk en
im p ra ktis ch en A llta g , d er A lte rs -
s tu fe des K in de s angemessen,
umsetzen?
D ie E lt er n m i. ls sen w is sen , d a ss
sie vom ersten T ag a n dem K ind
d ie R eg eln v org eb en u nd e s nicht
fra ge n s olle n, w as d en n je tz t a ls
nachstes a n d er R eih e is t. D urc h
d ie Fes tlegung vo n Essens-und
Schl af en sze it en , n a tO r li ch au f d ie
md iv id ue ll en , a lt er sbed in gt en Be -
dOr fn isse des K indes abges timmt,
kcnnen d ie E l te rn ihre liebevolle
Autoritat z eig en u nd s ic h d em
K in d da mit s pO rba r m achen D as
W is se n O be r d ie R an go rd nu ng d er
G r u nd be dO rfn is se - w ie ic h sre In
meinem 2. El te rnb r ie f »So rgende
MO tte r - n erv en de K in de r « be -
s ch rie be n h ab e - w ird Ih ne n da-
b ei d en ROc ke n starken u nd ih ne n
errnoqlkhen. au srer chend Re -
g eln , R hy th mu s u nd R itu ale e in -
zufUh ren. E lt er n mOssen w is sen.
d a ss das BedO r fn is n ach S iche r-
h eit v or ra ng ig er im K in d v er an la gt
1S ta ls d as BedO r fn is n ach L ie be .
E rs t w en n d as K in d s ic h s ic he r
fu hlt, ka nn es a uch die Liebe
s pO re n. Den B a by s u nd K le in kin -
d ern g en Og en d H alt d urc h d ie
22
e lte rlic he FOhr un g z u g eb en , b e-
d eu te t a be r a uc h, d as s E lte rn b e-
r eit s ein mOss en , in w ic htig en S i-
tua tionen gegen den W unsch
ihres Kindes zu handeln und
seine Iranen In K au f z u n ehme n.
Grenzen setzen lost oft
Tranen aus
Da zu mOss en s ie w is se n, d a ss
Bedurtnisbefriediqunq un d
Wuns ch er fO llu ng zwe t v olh q v er -
s ch ie dene Ange le genhe it en s in d.
E in BedO r fn is i st a u f d a s ger ic ht et ,
w as der M ensch beda rf, um sich
a ls M en sc h z u entwickeln Ein
Wunsch h in gegen sntspnnqt z. B .
a us d em GefOhl, e tw a s bes.tzen
z u w olle n. J ed er k an n s ic h aller-
d in gs d en ke n, d as s e in M e ns ch
a uch ohne neues A uto oder be -
s timmte n M od ea rtik eln e in
M en sc h s em k an n u nd d as s s ic h
e in K ind a uch ohne E is u nd G um -
rni ba r chen zu e in er Pe rson li ch ke it
e n tw ic ke ln w ir d.
Zum E rl ernen von Konf li kt fa h ig -
k elt u nd F ru stt ole ra nz mu ss d em
K in d z ug em ute t w erd en , a uf d ie
E rfO llu ng v on WOns ch en z u v er -
z ic ht en . D ie d abe i e nt st ehenden
Ir an en s in d d rin ge nd n otwen dig
z ur V er ar be itu ng d es F ru ste s. D ie s
habe ich au sfOh rl ic h i n me in em
3. E lte rn br ie f »Wut, G es ch re i u nd
T ra ne n« d ar ge le gt. D er d ab ei v or -
h andene see il sche Schme rz so li te
vo n den E lt er n l ie be vo ll a u fg ef an -
g en w erden, ohne da ss sie z. B .
von dem G ebot - »Ich mochte,
d as s d u je tz t im B ettc he n b'eibst«
-abgehen.
Deutliche Grenzgebung istOrientierung fur die Seele
D ie G re nz ge bu ng m us s im fruhe-
s te n B ab ya lte r n oe h a uf d er re in
korperlkhen Ebene statt f inden.
D a d ie n eu ge bo re ne n K in de r
n oc h e in e g ro Be A ng st v or d er
We ite d er We lt h a be n, b en otiq en
s ie e in e Dec ke o de r ern Tuc h, in
d as s ie e in gew ic ke lt we rden
In a lle n K ultu re n w urd en d ie N eu -
g eb or en en fe st umhOllt, w eil d ie
E lt er n i nt ui ti v von der s chO tzenden
u nd h alte nd en W ir ku ng wus ste n.
In d en wen ig er z iv ilis ie rte n u nd
a uc h in d en o stlic he n ta nd ern w ird
d ie s au ch heu te noeh t rad it io n el l
p ra ktiz ie rt, u nd d ort s in d - a lle r-
d in gs a uc h a us a nd er en G rUn de n-
unruhiqe u nd s ch la fg es tb rte B a by s
so gut w ie unbeka nnt. F Or uns ist
e s r no qlic h, d em S au glin g m it e i-
n er Wo lld ec ke u nd e ng a n lie ge n-
d en Ha nd tu ch ro lle n im Bettc he n
qenuqend woh lv ertra ute E ng e z u
qebcn Das g ib t th m Sicherheit
u nd O ne ntie ru ng , n immt d ie Un-
ruh e a us de n B ew egungen und
h a lt ih n qleichzettio schon warm.
Das erfullt die e lementarsten
G rundbedUrf ni sse und verhi lf t
d em B ab y z u e in em ru hig en
S ch la f. D a rO be r h in a us k an n d a s
L eb en r uh ig g es ta lte t wer de n
d ur ch s elte ne O rtswe ch se l ( nu r
e in S ch la fp la tz s ta tt f u n f versdue-
d en e) . e xtr em wen ig S pie lz eu g,
kame zusatzliche Beschallung
du rch ba tt er ie bet ri ebene Mobi le s
u sw . Dagegen ist de r »Larm« de r
Geschwisterkinder rrnrner will-
kommen.
Die Hilfe fur das Kind
Wenn sich bei dem B aby a us d en
g en an nte n G ru nd en S ch la fp ro -
b leme e ntw ic ke lt h ab en , b en btig t
23
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 13/34
esdie Bewusstheit und volle un-
terstOtzung seiner Eltern, um wie-
der vertrauensvoll schlafen zu
k6nnen. Das Wort }Schlafenler~
nen- finde reb hier absolut unpas-
send, weil es den Blick auf die
tatsachlichen Begebenheiten ver-
stellt. Das Kind hat das Schlafen
nicht verlernt (. .. und brauchte es
auch noch nie zu lernen l), sondern
es kann der urnstande wegen
und aus No nicht mehr schlafen.
Die Eltern mOssenjetzt also die
Umstande andern und ihr Kind in
der Ubergangsphase begleiten.
Hat ein Kind schon monatelang
Erfahrungen der Desorientierung
gemacht, dann 1S t sein Urver-
trauen schon so irri tiert, dass es
die neuen Vorgaben seiner Eltern
nicht ohne weiteres annehmen
kann und sich mit verzweifeltem
Geschrei dagegen wehren wird.
Da ist eswichtrq, dasses sich in
naher Beqlertunq der Eltern erst
einrnal tuchtig ausweint, um seine
Verzweiflung, seine Verletzung,
seine Trauer und Wut uber die an-
strengende Vergangenheit auszu-
drOcken, denn erst dan ac h kann
es das Neue annehmen und den
Eltern vertrauen. Die Oberga nqs-
phase kann eiruqe Tage dauern,
und in dieser Zeit sollte
24
das Kind mit seinem
5chmerz ru c h t alleine blei~
ben. Denn die vorangegangene
Orientierungslosigkeit hat das Ver-
trauen des Kindes schon erheblich
durcheinander gebracht. und
durch das Alleme-weinen-Iassen
wOrde diese Desorientierung zu-
satzlich verstarkt.
Die »Schlaftherapie«
Ole Schlaftherapie nach Ferber-
durch das oben genannte Buch
»Jedes Kind kann schlafen lernen«
welt verbreitet - ist heute fast
al len Eltern und Fachleuten be-
kannt. Ole Verfasser haben einen
verhaItenstherapeutisch en Hinte r-
qrund, sie gehen davon aus, dass
das Kind ein anderes Verhalten
erlernen muss. Nach Meinung der
Autoren Annette Kast-Zahn und
Hartmut Morgenroth entwickelt
das Kind eine Schlafstorunq durch
falsche Gewohnheiten, wie z : B.
auf dem Arm und an der Brust ein-
zuschlafen.
Nach ihren Ausfuhrunqen be-
merkt das Baby dann nach dem
Ablegen in den REM-Phasen die
veranderte Umgebung, sein In-
st inkt schlaqt Alarm und esist
wieder wach. Die 5chlaftherapie
5 0 1 1 ihm diese falsche Angewohn-
heit wieder abgew6hnen, indem
die Eltern ihr Kind nun alleine im
Bettchen emschlafen lassen, und
In ein- bis rnehrrnlnunqen Abstan-
den zu dem wernenden Kind
gehen, um eszu tr6sten und ihm
ihre Zuwendung, aber auch ihre
Konsequenz zu zeigen. Andere
Hintsrqrunde der Schlafstorungen
als die unangebrachte Gewohn-
heit, der Nachtschreck und die
unzureichenden Rrtuale werden
nicht besprochen.
Das Kindund sein Verhalten
Da das Kind nur auf sein Verhalten
hin betrachtet wird, 1Stmeines
Erachtens dieser Ansatz nicht ge-
eignet, die HintergrOnde zu ver-
stehen und zuverandern. Dies
erklart auch, warum in vielen Fal-
len die Schlaftherapie tatsschlkh
nicht ausreicht, das Problem zu be-
seitigen. Denn hier wird - wie so
oft - das Symptom behandelt und
nicht die Ursache. Oftmals kommt
es durch die Therapie sagar zu ei-
ner Symptomverlagerung, weil
das Kind jetzt ern anderes Ventil
fur seine Not benotiqt. Beruht die
Schlafst6rung allerdings tatsach-
hch nur auf einer unguten Ange-
wohnheit und auf der verandert
vorgefundenen Umgebung beim
nachtl ichen Aufwachen, so hat
sie innerhalb wemgerTage gute
Erfolge zu verzeichnen. 50 ist auch
die unterschiedliche Bewertung
der Eltern zu verstehen, die von
»total begeistert« bis »tief ge~
schockt Ober die Reaktion des
Kmdes« variiert.
Wenn 51em6chten, k6nnen Sie
irn Internet zu diesem Thema
unter www.amazon.de.bei
einem Verlag weitere Informatio-
nen finden.
25
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 14/34
Kritische Anmerkungen
Allerdings findet die Schlafthera-
pie auch bei einem Gelingen nicht
meine Zusnrnrnunq. Wie meinen
AusfOhrungen zu entnehmen ist,
l iegen meist tiefere GrLinde vor,
wenn ein Kind nicht schlafen
kann. Die von den Autoren fur
eine Schlafstbrung verantwortlich
gemachte veranderte Umgebung
beim nachtl ichen Aufwachen ist
meines Erachtens nur ein uner-
heblicher Teilbereich dieser Pro-
blematik. Das Einschlafen an Mut-
ters Brust hal te ich rucht nur fur
auBerst behaglich und selbstver-
standl ich, es ist auch in der Natur
des Kindes und seiner Mutter ver-
anlagt. Aile Volker diese Welt
fUhren es uns vor.
Babys, die s r c h durch eine bin-
dungssichere und fuhrence Mut-
ter gehalten fUhlen, werden durch
den unerwarteten Umgebungs-
wechsel niemals beunruhigt. Aller-
d ings ist zu beobachten, dass auf
verunsichcrte, haltlose Kinder die
zusetzliche korperlkhe Abwesen-
heit der Mutter tatsachlich alar-
mierend und bedrohlich wrrkt.
26
Die Angst der Mutter
Nach den Beabachtungen vieler
Hebammen haben Mutter inzwt-
schen eine regelrechte Angst
davor entwickelt, ihr Baby konnte
an der Brust einschlafen. Sie
scheuen sich davor- angeregt
durch das Such - das Naturhchste
zu tun. was es gibt: Ihr Baby mit
ins Bett zu nehmen ader es nach
dem Stillen in tiefer Behaqlichkeit
an ihrem Herzen ruhen zu lassen.
Sover lieren Mutter noch mehr den
Kontakt zu ihrer inneren Stimme,
die darauf dr ingt, dasssie ihr
neugeborenes Baby zu sich neh-
men. Sokommt zu den bisher
aufqefuhrten gesellschaftlich
bedingten Belastungen eine
weitere, schwerwiegende Verun-
sieherung der Mutter hinzu, die
dem ~ durch die genannten Sach-
verhalte - sowieso schon eher
zaghaft stattfindenden Bindungs-
aufbau zusatzlich im Wege steht.
Die Not des Kindes wirdnicht gesehen
Wenn die Ursachen in individuel-
len Ereignissen zu suchen Sind,
dann benotiqt das Baby-wie ich
spater noch erlautere - intensivste
und vveiterfuhrende Betreuung.
Hat sich eine Sttirung aufgrund
der »modernen« halt losen Le-
benssituation der Familie ent-
wickel t, dann muss diese ver-
andert werden. Weder im ersten
nach irn zweiten Faile geht die
Schlaftherapie auf die inneren
Nbte des Kindes und die eigent-
l iche Ursache der Stbrung ein.
Das Kind kann seine E ltern n ich t
sp 0 re n Iwenn diese, wie emp-
fahlen, den Raum verlassen, um in
mehrrninutiqen Abstanden zu-
rGckzukehren, um eszu streicheln.
Bitte stellen Sie sich eine Situation
vor, in der Sie entsetzliche Sorgen
oder einen tiefen Kummer haben
und dies dringend und verzweifelt
Ihrem Partner mitteilen wollen.
Ihre Traren f lieBen, Sie sind er-
schOttert. Und Ihr heber Partner
kommt aile zehn Minuten zu Ih-
nen, streichelt Ihnen Oberdie
Wange und teilt Ihnen freundlich
mit , dass er doch da ist . Konnen
Siesich da qetrostet oder in Ihrem
Leid verstanden fuhlen?
Trost und Korperkontakt
Ein weinendes Baby braucht zum
Trost innigen Kbrperkontakt, weil
esden Trost sanst gar rurht emp-
finden kann. Hiermit ist nicht das
sanfte Streicheln uber den Kopf
gemeint, sondern das Fest-in-
den-Arm-nehmen und Ans-Herz-
drucken. Indiesem Alter kann
das Kind den Trost nu r so auf-
nehmen. Je fester, lanqer anhal-
tend und groBflachiger der Kor-
perkontakt ist, desto starker wird
er aIsTrost empfu ngen. Dieser
echte Trost darf n icht mit dem
heute ublichen » Beruhigen « ver-
wechseltwerden. Beim Beruhigen
versuchen die Eltern. ihr Kind wie-
der mit al len zur Ver iOgung ste-
henden Mrtteln r u h i 9 zu bekom-
men, wahrend beim Trbsten sich
das Kind erst einmal von Herzen
laut und heftig ausweinen
d a rf, weil die Eltern seine Gefuhle
respektieren. Dresen notwendigen
Trost bekommt das Kind bei der
Veriahrensweise der »Schlafthera-
pre« rucht, Esmuss, abwohl s ich
die Eltern ihrn immer wieder ein-
mal kurz zuwenden, mit seinem
Schmerz Ober die als Chaos emp-
fundene Desorientierung alleine
zurechtkommen. Manche Babys
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 15/34
schatfen das, andere stehen nach
der Anwendu ng - wie vielfach
berichtet wird - unter einem psy-
chischen Schock.
Schreienlassen
wieder »in« ?
Das Schreienlassen, die zu Recht
kritisierte Erziehungsmethode der
Verga ngenheit, war jah rzeh rrte-
lang fast zum Tabu geworden.
Wohlmeinende Eltern wollten
ihrem Baby ))SO etwas« niemals
antun. Nun, aus Verzweiflung Ober
die nachtlrchen Stbrungen, ge-
winnt das Schreienlassen wieder
Terrain, diesrnal allerdmgs psy-
chologisch abqes ichert und in
kleinen Happrhen empfohlen.
Doch wo ist der Unterschied?
Jedes Sichentfernen der Eltern in
Stresssituationen bedeutet fur das
Baby ein Alleingelassenwerden in
seinern Schmerz, und da es noch
kein ZeitgefUhl hat, sind die zehn
Minuten bis zu ihrem Wiederer-
scheinen eine Unendlichkeit
voller Unverstandnis, Angst und
Einsamkeit.
28
Die Auszeit
Das Schreienlassen der Vergan-
genheit und das Schreienlassen
in der verhaltenstherapeutisch
begrOndeten »Auszsit« finden
immer unter momentaner Isolie-
rung des Kindes statt. Dies fOhrt
nicht zur ernouonalen Entlastung
des Kindes, sondern lost zusatzli-
chen Kummer Oberdas Alleinsein,
Selbstzweifel und evtl, Minderwer-
tigkeitsgefOhle aus . Das kann auch
f ur d a s »padaqcq is ch empfon-
lene« Ausgrenzen bei spaterern
unerwOnschtem Verhalten gelten,
Da stellt sich natOrlich die Frage,
weshalb die GroB- und UrgroB-
eltern keine »bleibenoen Scha-
den« in Form von LebensuntUch-
tigkeit davongetragen haben,
denn in diesen Generationen
mussten hierzulande notgedrun-
gen aile 8abys bis zum Durch-
schlafen durchschreien, das war
damals so Sitte. Wenn Siesich
jedoch noch einmal die Lebens-
bedingungen der damaligen Kin-
der vor Augen fOhren, wird klar,
dass sieaber in ein enorm star-
kes Sicherheitsnetz von Regeln,
Geboten, Verboten, Rhythmus
und Autori tat einqebunden wa~
ren. Dies starkte die Kinder so
nachhaltig, dass sie die unange-
nehmen und schmerzhaften Sei-
ten des Lebens wesentlich besser
verkraften konnten.
Schreien lassen
wieder »out« l
Ich wOrde das Schreienlassen nie-
mals propagieren. Abgesehen
davon, dass es eine schreckliche
Erfahrung fur ein Baby ist, allein
soweinen zu rnussen, fehlt dieses
sichere Netz und die Kinder haben
allein schon an der kaum noch
fOhlbaren FOhrung schwer zu tra-
gen. Die wahrend der Schlafthe-
rapie empfohlene »Abwesennet-
der Eltern hat einen weiteren be-
denklichen Aspekt. Wenn sich die
Schlafstorung durch das Fehlen
der fuhrer-den und haltenden
Autoritat entwickelt hat, dann
besteht fur das Kind ein enormes
Defizit an Halt und elterlicher
FOhrung. Und nun muss eserle-
ben, dass ihm noch der Restan
Halt genommen wird, weil die
Eltern den Raum verlassen und es
als Leidtragender die Auswirkun-
gen der elterlichen Unsicherheit
allein tragen muss, wahrend die
»verursacher« rucht anwesend
sind.
Die heilende elterliche
Autoritat
Wenn die Eltern dagegen nun
die Verantwortung Obernehmen
und sich dem Problem und seinen
Ursachen stellen, k6nnen sie
gemeinsam mit dem Kind die
Wende herbeifOhren. Sie konnen
ihre hebevolle Autoritat zeigen
und qleichzeitic durch echten
Trost und »Aktives Zuhbren « den
berechtigten Schmerz des Kindes
Ober die vergangene Haltlosigkeit
auffangen. Das »Aktive Zuhoren«
ist eine besonders wirkungsvolle
Gesprachstechnik, mit deren Hilfe
Sie den SchlOssel zur Seele Ihres
Kindes finden und seinem Kum-
mer und Schmerz verstandnisvoll
begegnen k6nnen. Das »Aktive
Zuhoren« stammt ursprOnglich
aus dem Konzept der Famillenkon-
ferenz von Thomas Gordon. Ich
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 16/34
habe esfur Kinder im vorsprach-
l ichen Alter modifiziert und wende
es ab dem ersten Lebenstag an.
(In der Literaturliste habe ich die
Bucher mit einem * versehen, in
deren Beisprelen diese Gesprachs-
technik im Ansatz praktiseh vor-
gestellt wird.) Die Krnder finden
dureh diese UnterstOtzung einen
sieheren Zugang zu ihren Emotio-
nen, was siewiederum naehhal-
tiq in ihrer Entwicklung starkt. 1m
sicheren Auffangen der starken
GefOhle haben die Eltern die Mbg-
l iehkeit, in ihrer Kompetenz zu
wachsen. Das Kind aber fUhlt sieh
verstanden und bekommt damit,
was esso nbtig braueht.
Was kbnnen Eltern tun?
leh mbchte Ihnen, l iebe Eltern, nun
neue Wege aufzeigen, die Ihnen
und Ihrem Kind weiterhelfen. Sie
haben schon alles probiert, was
Ihnen geraten wurde. Sie haben
30
aus Not Ihr Kind »sehreien las-
sen«. sie haben es monatelang
»herumgetragen«, sie haben
schon mehrmals erfolglos die
» Sehlaftherapie« ausprobiert
oder eseben aus Ihren Bedenken
heraus nicht getan. Doch was
nun?
leh mbchte Ihnen einen Weg zei-
gen, der die emotionale Befind-
lichkeit des Kindes berucksichtiqt
und gleiehzeitig Ihre elterliche
Kompetenz festigt.
Zu Begrnn merner praktisehen
Ausfuhrunqen muss ich erst ein-
mal verdeutliehen, dass esohne
Tranen nicht gel ingen wird, eine
Anderung herbeizufuhren. Naeh
dem, was Sie bis hierhrn gelesen
haben, ist Ihnen das sicherl.ch
schon bewusst geworden. Ihr
Baby hat viele, viele Grunde, sieh
naehts sozu verhalten wie esdas
tut. Und es geht ihm - genauso
wie Ihnen - nicht gut damit. Also
muss esweinen, um seine Befind-
lichkert mitzuteilen. 1mGrunde
ware das fOr Sie ebenfalls wichtiq,
aber Eltern meinen immer, tapfer
sein zu mUssen.
Die veranderunq
Wenn Sle nun beginnen wollen,
skh und Ihrem Kind zu helfen,
ware das der erste Punkt, den Sie
andern kbnnen: Ihr Kind darf jetzt
weinen, ohne dass Sreperma-
nent versuehen, es- mit welchen
Mitteln auch immer- vom Weinen
abzuhalten. Weil lhr Kind aber
seine Grunde hat, so bitter lich zu
weinen, und well es darUber so
sehr trauert, wutend, verletzt oder
enttauscht ist. braueht es In diesen
leidvollen Momenten dringend
seine Eltern, die ihm helfen zu er~
tragen, was jetzt zu ertragen ist.
Wenn zutr iff t, was ich bisher aus-
gefOhrt habe, dassSie durch Ihr
Handeln oder Nich handeln un-
bewusst zu der Entstehung der
Sehlafproblemati k beigetragen
haben, braueht das Kind Ihren
Beistand erst recht. Esbraucht
Eltern, die sich dem Problem stel-
len, die - ohne sieh Sehuldvor-
wUrfe zu machen - bedauern,was
gewesen ist. Die jetzt die Verant-
wortung und die Fuhrung uber-
nehmen und das Familiengefuge
Wieder Ins Gleichqewicht bringen.
Und die ihrem Instinkt folgen und
ihr weinendes, bekurnrnertes Kind
an ihr Herz drUcken.
Das ist dasWichtigste
Nun werden Sie vielleicht einwen-
den, dass Sie doch genauso han-
deln; Sienehmen Ihr Kind immer
auf den Arm, wenn esweint.
Dazu muss ich anmerken, dass
es groBe Unterschiede zwischen
Weinen lassen und Weinen lassen
gibt.
Norrnalerwetse wenden wir uns
dem Kind sofort zu und versuehen,
das Weinen so schnell w.e mbg-
lich zu beenden. Bei dem Entlas-
tungsweinen, von dem hier nun
die Rede .st, wird dem Kind Gele-
qenhert gegeben, sich in Ruhe-
und im Arm der Eltern - auszuwei-
nen, b.s die Tranen von alleine
versiegen, weil der Kummer ver-
gangen ist. Wahrenddessen wird
das Kind getrbstet und eswird
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 17/34
ihm - mit Hilfe des »Aktiven Zu-
hbrens« -Immer wieder bestatiqt,
dass es Grund zum Welnen hat
und dies ausfOhrlich tun dart Dies
ist die intenswste Form der elter-
l ichen Zuwendung. Wenn Sie bts-
her mit Ihrem Kind nachts gewan-
dert sind, um es wieder zur Ruhe
zu bringen, so hat skh das Kind
an das Wandern gewbhnt und
meint, dieses ware richtig. Nun
wandern Sie rucht mehr mit ihm
durch das Wohnzimmer, sondern
setzen oder legen sich mit ihm hin
und geben ihm das einzig wirkl ieh
Wichtige, was Sie haben: Sieh
seiber. Zum Trost brauchen Kinder
nur die aufmerksame Anwesen-
he;t der Eltern, sonst nichts!
Ungehindertes Weinen
Sobald das Kind spurt, dass sein
Einschlafprogramm nicht wie ge-
wohnt verlauft, werden evtl. seine
lang angestauten Tranen heraus-
brechen. Eswird jetzt weinen, weil
esdesorientiert ist. Wieso macht
die Mama heute alles anders? Es
wird weinen, weil durch die nun
fehlende Ablenkung die Tranen
zum ersten Mal un ge hi n d e r t
fliefien kbnnen. Eswird weinen,
32
weil es merkt, was in der Vergan-
genheit so verwirrend war. Eswird
weinen, weil sem 5chmerz Ober
die bisher ertragene FOhrungs-
losrqkeit spOrbar wird. Eswird
weinen, weil es seine Eltern fur
die Versaurnnisse »verantwort-
h c h - macht. Eswird weinen, weil
esden Eltern deswegen bose ist
und well essich so sehr gewOnscht
hatte, sich bei ihnen geborgen zu
fuhlen. Eswird weinen, weil sein
Leben bisher so anstrengend war,
weil es alles seiber entscheidcn
musste, und eswird weinen, weil
ihm das alles zu viet ist.
Dieser Kummer wird aus dem Kind
herausbrechen, wenn esnun im
Arm oder in der Nahe von Vater
oder Mutter bleiben und endlich
sagen darf, was es auf dem Her-
zen hat.
Wie dringend braucht das Kind
nun seine Eltern. Wie dringend
braucht esden Ausgleich fur die
orientierungslose Vergangenheit,
wie dringend das Mitgefuhl we-
gen seiner Situation. Wie drin-
gend braucht esstarke Herzen,
die seinen Kummer auffangen.
Denn wenn da niemand ware.
der zuhort und Anteil nimmt,
wurde das Kind sich auch nicht
mitteilen konnen.
Schuldqefuhle und
Bedauern
Was das Kind In diesen Momen-
ten nicht braucht, sind Eltern, die
sich fOr dasVergangene scharner
oder schuldig fuhlen. Denn das
schwacht die Eltern. Und welches
Kind will schon schwache Eltern?
Was gewesen ist, ist vorbei.
Das fuhlen auch die Kinder. leh
habe noch kein nachtragendes
Kind gesehen. NatOrlich kann es
Ihnen leid tun, 51ekbnnen bedau-
ern, dass Sie es nicht besser ge-
wusst haben, Sie kbnnen sich mit
Ihrem Partner oder mit Freunden
darOber unterhalten und 5ie ken-
nen auch dem Kind sagen: »Das
tut rnir leid, ich habe es rurht an-
ders gewusst. Aber jetzt will ich
den Ausqlerch schaffen und dir
helfen. Jetzt kannst du fuhlen.
dass du sichere Eltern hast, die
auf dich aufpassen.« Damit uber-
nehmen Sie- ohne zermOrbende
SchuldgefOhle - die Verantwor-
tung fOr das Vergangene und das
Zukunftiqe, Hrer gewinnen Eltern
die Autontat zuruck. die Ihnen zu-
steht und die die Kinder so drin-
gend brauchen.
Eine praktische Anieitung
Ich schlldere zunachst die ersten
Schrit te zur Umwandlung der
Situation. In den ersten Tage be-
finden Sie sich in der Obergangs-
phase vorn altenin das neue
Muster.
DafOr brauchen Sie Zeit.
Oberfordern Sie sich nicht mit
einem Tempo, das nieht zu Ihnen
passt. Wie Ihnen vielleicht schon
aufgefallen 1St.haben die wenig-
sten 5chlafstbrungen etwas mit
der Nacht zu tun. Die Ursachen
der angelernten und aus Not ent-
standenen Muster der aufwa-
chenden Kinder sind irn Tages-
geschehen und In der Bindunqs-
qualitat zu suchen. Deshalb ken-
nen 5ie auch mit der Neuorientie-
rung tagsOber beginnen. Dasist
leichter und entlastet Ihre sowieso
schon angeg riffenen Nerven.
33
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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Umdenken lernen
Zuer st s ol lt en S ie s ic h d a rau f ein-
s te lle n, d as s S ie u nd Ih r K in d d as
We in en le rn en durten. Das i st
e in e g ro Be Ums te llu ng , d ie n oc h
n ic hts m it d en nachtlichen Schlaf-
un terbrechunge n zu tu n ha t, und
sich trotzdem schon oft na ch e in
b is zwe i T a ge n in d ie se r H in sic ht
p os itrv b em erk ba r m a ch t. D a zu is t
e s s i nn vo ll , s ic h Ober d as b is he r
Ge le sene ver ti ef e nde Geda nken
z u m ac he n, a uf d ie in ne re S timme
zu horc hen (»K ann ich m ir da s m it
m ein em K in d v ors te lle n ...?«) un d
s ic h m it Ih re m P artn er z u b es pre -
c he n. D en n g era de am A nfa ng
b rau chen S ie d ie Un te rs tO tzung
I hres Pa rt ne rs b zw . I hr er Pa rt ne ri n,
u m z u e in em b efrie dig en de n E r-
g eb nis z u k omme n. S ie d Orfe n
n icht verge ssen , d a ss S ie sert Ta -
gen, W ochen oder M ona ten » die
N erven b la nk« ha ben und a uf
d en g er eiz te n u nd b ez ie hu ng s-
b ela ste nd en K ommen ta r » Je tz t
g ib ih m d oc h e nd lic h d en S ch nu l-
ler! « gerne ve rz ic ht en moch te n .
Das Auswe in en la s sen sol lt e a ls o
im E in ve rs ta ndrus bei de r E lt er n-
d ie e in an de r u nte rs tU tz en - s ta tt-
fi nd en . A us na hme n s in d n atn rh ch
im mer m oqlich, z. B . w e nn der
34
Va te r in e in er k la re n A bs pr ac he
» de n E rz ie hu ng sk ram« d er M u tte r
uberlasst.
Der erste Schritt
Be id e r n ach s te n Ge le genhei t, In
der S ie I hr K in d normal erwei se
gerne ab le nken wurden. sammeln
Ste nun den M ut, m it Ihrem K ind
d urc h d ie K ris e z u g eh en u nd
nehm en jetzt A bsc hied von dem
b eu nr uh ig en de n Ged an ke n, S ie
wa ren dur ch I hre I nkompet en z
» sc hu ld « a n d en T ra n en Ih re s K in -
des. Nehmen S re Ih r B ab y in d en
A rm , s od a ss e sw ie b eir n S tille n
Ihnen m it dem ga nzen K erper zu-
gewandt rst oder ha lten es- w enn
es s chon g ra Ber ist - a uf dem
SchoB ode r In Ih re r N a he . S pa -
te ste ns je tz t lo se n s ic h b eim K in d
s ch on d ie e rs te n T ra ne n. E s is t
e in en M om en t la ng irritie rt, w eil
e s d ie n eu e S itu atio n r uc ht e in -
s ch atz en k a nn u nd d ie b ek a nn te n
A ble nk un ge n v ermis st. S ie n eh -
m en lhr K ind in Ihr H erz und sta r-
k en s ic h s eib er , in dem S ie r uh ig
a tm en und a uch de n eig enen
Ge fOh le n Raum geben.
OasKind gibt die
Verantwortung wieder ab
J
1
J
So b le iben Sie bei ei nande r, b is
d ie s ta rk en Emo tio ne n w ie de r a b-
fla chen, de nn erst da nn gibt da s
K in d d ie V era ntw ortu ng a b, e s
g ib t s ic h jetzt - nach Oberwindung
de r seehschen S chme rz en - g an z
in d ie fu rs or qh ch en Ha nd e s etn er
E lt er n. Wah rend d ie se r weni gen
M in ute n h at d as K in d s ein e
Schl eu sen schon we it g ebf fn et
u nd w eint seine n K ummer und
s ein e T ra rie n la u ts ta rk u nd v er -
zwe ife lt h in a us . J e l a ute r u nd
[amme rlic he r e swe i n t, d es to meh r
e rw ac ht in Ih ne n th r elterlicher
b es chOtz en de r In stin kt u nd Ih r
M it ge fO hl. Z eig en S ie e s Ih rem
K in d, d en n n ur 5 0 i st d er K umme r
fu r b eid e z u e rtr ag en .
Auch Eltern dOrfen weinen
O ft s in d d ab ei d ie E lte rn e be n-
f a ll s d en Tranen n ah e. D en n a uc h
s ie h ab en in d en v er ga n ge ne n
Wochen ge li tt en . SI€ Sind be -
s tO rz t d a ru be r. d as s ih r K in d s o
viel K ummer ha ben ka nn und
d as s d ie V er ga ng en he it s o s chwe r
w ar fur da s Kind, obw ohl sie es
50 l iebevo ll be treuten .
S ie me rk en v ie lle ic ht je tz t e rs t d en
g a nz en D ru ck d er p sy ch is ch en
Be ia s tu ng, d en das Zusammen-
leben m it dem K ind bisher m it sich
brachte.
Ic h b eo ba ch te immer W ie de r,
d as s d ie K in de r u m s o b es se r in
d ie E ntla 5 tu ng k om rn en , je e he r
a uc h d ie E lte rn ih re n K umm er
lo sla ss en . U nd d as g eh t o ft m it
Ir an en am b es te n. S ie b ra u ch en
a ls o n ic ht ta pfe r z u s ein . E s is t
k ein e S chwa ch e. z u wein en .
1mGegen te d, e s 1St mutig , s ic h
s ein en Ge fOhle n z u s te lle n. E s
tu t a lle n K in de rn g ut, d ie E lte rn
s o a uth en tis ch u nd e hrlic h z u e r-
leben.
35
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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Was empfindet Ihr Kind
dabei?
Wenn 51enun so bei lhrem Kind
si tzen oder l iegen und esohne
ablenkende Aktivitaten durch Ihr
Da-5eln betreuen, wird sein Wei-
nen mnerhalb von Sekunden oderMinuten sehr heftig. Dies mag Sie
irn ersten Moment erschrecken,
es spncht aber nur dafur, dass Ihr
Kind jetzt die Gelegenheit nutzt,
sich richtlg grOndlich auszuwei-
nen. Oftmals kommen »ural te«
KOmmernisse mit ans Taqeslid-t.
Jemehr sich Ih r Kind in sein Wei-
nen »h inei nsteigert «, je kraftvoller
esseine Not ausdruckt, desto
schneller ist die Situation auch
wieder beendet Denn aile Men-
schen wemen wirkhch nur so
lange, wr e sie Kummer im Herzen
spOren.
36
Der Kummer muss raus Wut und Trauer vergehen
Um den aufgestauten Kummer
zu verarbeiten. braucht das Kind
jetzt den sicheren Halt der Eltern
und die uneinqeschrankte Erlaub-
rus zu wemen.
Dureh den hervorbrechendenZorn, durch die Trauer, durch das
Verletztsein is t das Kind in diesem
Moment manchmal nicht gut auf
seine Eltern zu sprechen. Aus sei-
ner Sicht sind Sie evtl »die Obel-
tater«. die es die Verunsicherung
in der Vergangenheit erleben
lieBen. Deshalb wehrt das k.no
sich naeh Kraften gegen diese
Erneuerung. Doeh gerade jetzt, in
diesem emotionellen Erregungs-
zustand braueht das Kind das
Dabei-Sein der Eltern.
Ais Alternative b atte n S ie nur
die Moqhchkeit, wieder »naeh-
zugeben«, damit essich rucht
mehr 50 aufregt. Das bedeutet
aber fO r das Kind, dass esseine
Tranen wieder mit In den rnor-
gigen Tag nehmen und auf den
Beistand seiner Eltern verzichten
muss.
1stdie Wut oder die Trauer aus-
qedruckt. kommt das Kind schnel l
in einen zufriedenen Entspan-
nungszustand Esbleibt jetzt
gerne bei Mama oder Papa. Die
Steifheit, das Durchbiegen, seineAbwehr haben sich aufgelbst.
Eswird immer entspannter,
schluchzt noeh hin und wieder
auf. Oftmals schlaft das Kind dann
ein, oder hat - manehmal zum
ersten Mal- intensiven Bltekkon-
takt mit den Eltern. IrrtOmlich
wird oft angenommen, das K ind
schliefe vor Erschbpfung ein, da-
bei ist esdie Entspannung, die es
jetzt zur Ruhe kommen lasst.
Die Eltern, die so mutig diesen
Weg mit dem Kind gegangen
sind, werden durch den intensi-
ven Kontakt zu ihm reich belohnt.
Vielleicht ist esschon lange her,
dass Sie Ihr K ind so innig im Arm
hielten, ohne dasses Sie ab-
wehrte, schr.e oder sich weq -
drehte. Sie haben nun das Ge-
fOhl, ihm richt ig nahe zu sein,seinen Blick erwidern zu kbnnen
und seine Botschaft zu verstehen.
» .. . bis die Liebe wieder
flieBt. «
Der trennende Sehmerz rs t auf-
gelbst und »dre Liebe kann wie-
der flieBen« (Jirina Prekop). Auf
diesen Augenbliek haben Sieso
lange gewartet. Jetzt kann das
Kind das Neue annehmen. Es
kann nun lernen, das alte - durch
Verunsicherung verursachte-
Muster loszulassen und srch ver-
trauensvoll dem Neuen - der F0h-
rung der Eltern - anzuvertrauen.
51ewerden merken, wre gut Ihnen
und Ihrem Kind diese Erneuerung
tut.
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Altes geht - Neues kommt
50 eine »Krise« dauert - je nach
Alter und Temperament des Kin-
des und der Grofie des Kummers-
zwischen zehn und zwanzig Mi-
nuten Das sind sicher sehr aufre-
gende Minuten fOr Sie, weil Sie es
noch nicht gewohnt sind, so vrele
Tranen zuzulassen und sich dem
Kind so eindeutig zu zeigen. Wenn
51edie erste Situation erfolgreich
beendet haben, werden Sie mer-
ken, wie entspannt Ihr Kind ist,
wie Sie selber- bei al len Fragen,
die noch offen sind - sich nun si-
chererfOhlen. Sie brauchen nun
keine kraftezehrenden und ner-
venden Ablenkunqsmanover mehr
zu inszenieren. wenn Ihr Kind
wei nt, sondern Sie nehmen es ein-
fach in den Arm oder bleiben in
se.ner Nahe und lassen essich aus-
weinen. Daswirkt oft Wunder.
Sowohl auf das Wohlbefinden
Ihres Kindes, als auch auf lhre
Kraftreserven und Ihre Sicherheit
im Umgang mit dem weinenden
Kind. Wenn Sie das im All tag
mehrmals praktiziert haben, wird
Ihr Kind tagsOber schon viel weni-
ger wemen und schreien, und
nachts wird es -obwohl dies In
der Obergangsphase noch nicht
38
unmittelbar beabsichtigt war-
schon wesentlich besser und ent-
spannter schlafen.
Der zweite Schritt
Nach diesen guten Erfahrungen
konnen Sie bald die zweite Phase
der Umstellung in Angrif f nehmen.
Jetzt betreuen Sie lhr Kind 50,
wenn es nachts wach wird und
herumgetragen werden will.
Suchen Sie sich einen Zeitpuokt
dazu aus, an dem Siewissen, dass
Sie am nachsten Tag rucht sehr
gefordert werden oder Sie Ent-
lastung oder Aussicht auf ein
Mittagsschlafchen haben. Denn
einige Nachte mOssen Sie in diese
intensive Zuwendung mvcstieren.
ehe Sie wieder besser schlafen
konnen. Selbst wenn Siejetzt in-
nerl ich aufstbhnen - »Noch mehr
Nachte ohne Schlaf! « - 50 sollten
Sie nicht vergessen, wie nerven-
aufreibend die Zeit bis hierher war
und wie vlel unfruehtbare Anstren-
gungen 5ie bis jetzt unternommen
haben. Nun kommt es auf drei
weitere Nachte auch nicht mehr
an Viel leicht haben Sieja auch mit
Ihrem Kind im ersten 5chrit t schon
50 gute Erfahrung angesammelt,
dass aus der befOrchteten durch-
wachten Naeht nur zwei anstren-
gende halbe Stunden werden, bis
Ihr Kmd wieder weiterschlaft.
Dasschaffen Sie schon. Und thr
Kind auch. Allerdings wird Ihr Kind
noch einmal r ichtiq zornig oder
verzweifelt sein, wenn esmerkt,
dassjetzt auch naehts die neuen
Regeln gelten sollen. Eswrrd nicht
mehr bespielt , es wird rucht mehr
abgelenkt, es bekommt keinen
»Beruhigungsschnuller« mehr,
sondern nu r noch die Mama oder
den Papa. Esbekommt das Wieh-
tigste, was es auf der Welt gibt,
die aufmerksame Anwesenheit
deutlicher und liebevoller Eltern.
Klarheit und Trost
Das Kind bekommt Klarheit durch
sichere Eltern, und damit Trost und
Onentierung. Und trotzdem ist
das ein schmerzhafter Vorgang.
Auch jetzt muss das Kind noch
einmal die GefOhle der Haltlosig-
keit, die Trauer darOber, den Zorn
auf die Eltern fOhlen und ausle-
ben, ehe essich auf das Neue, auf
die FOhrung durch die Eltern, ein-
lassen kann. Das dauert lange
und tut Ihm weh. Aber eshatja
seine Eltern, die bei ihm sind.
Wenn Sie das begleitete Wemen
in der Nacht mehrere Male durch-
gefOhrt haben, wird sich die
Schlafsituatron schon sehr ver-
bessert haben. vielleicht wird Ihr
Baby nur noch zweimal statt zehn-
malwach.
Sicher machen 51esieh jetzt schon
Gedanken, wie es denn nun wet -
tergehen 5 0 1 1 . Denn ein Kind jede
Nacht so begleiten zu mOssen,
ware wie vom Regen in die Traufe
zu kommen. Doeh haben Sie Ge-
duld.
Ihr Problem ist Wochen, Monate
oder jahre alt, das kbnnen Sie und
Ihr Kind nicht in drei Tagen unge-
schehen machen.Helfen Sie Ihrem
Kind beirn nachsten Schritt.
Der dritte Schritt
Inzwischen weiB das Kind schon
genau, wie esseinen Tranen
freren Lauf lassen kann, esweiB,
dass die Eltern jetzt den Ton an-
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5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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geben und rucht Nacht fur Nacht
mit ihm herumwandern wol len.
Aber es braucht noch immer Ihre
Hil fe und esl ieqt ja evtl. auch
noeh immer ungewoll t im Eltern-
bett. Und das mbchten Sieaueh
noeh andern.
Der nacnste Schrit l ware nun, Ihr
Kind In sein Bettehen zu legen und
ihm zu helfen, dieses zu akzep-
tieren. NatOrlich ist sofort das
Geschre: wieder graB, denn das
will es nun aueh wieder nieht. Jetzt
findet die intensive Art der Be-
treuung im Bettchen statt. Wieder
kommen Not und Verzweiflung in
ihm hoeh, wenn es merkt, dass
die Eltern anderes wollen, als es
gewohnt ist. Und doeh muss es
jetzt l iegen bleiben, wol len Sieje
das Ziel einer geruhsamen Naeht
erreiehen. Sie halten wahrenddes-
sen seine Schultern, die Hande
oder sein K6pfchen mit deut-
lieher, sicherer BerOhrung.
Siewerden sicherer
Ruhig und sieher k6nnen Sie es
jetzt tun, denn Siewissen nun um
die Wichtigkeit Ihrer Handlung.
Nur so kann Ihr K ind von Ihnen
lernen. Ihre Hande mOssen Kraft
40
und Sicherheit ausstrahlen, wenn
Sie lhr Kind im Bettchen berOhren.
Zartliches Streicheln - wie so oft
empfohlen - ist hier wirklich fehl
am Platze. Stellen Sie sich vor, Sie
hatten gerade em aufregendes
Erlebnis gehabt, Sie kochen vor
Arger und Ihre Freundin wurde
Ihnen liebevoll die Wange
streicheln. Danach waren Sie
erst recht wOtend. Ein wutender
Mensch will nicht qestreichelt
werden, er wil l wOtend sein! Aber
er wil l aueh, dass man estrotz-
dem mit ihm aushalt, dass man
bei ihm bleibt, bis der Arger wie-
der verflogen ist. Danach kann
man wieder zusammen laehen.
Und so kbnnen Sie Ihrem Kind in
dieser Situation helfen: Bleiben
Sie bei ihm und horen 5ie ZU, was
es zu sagen hat. Horen 5ie seinen
berechtigten Beschwerden zu.BerOhren Sie esweiter fest, damit
es Sie spuren kann. Halten Sie
es, damit esweiB, Mama und
Papa l ieben mich, auch wenn ich
fast p!atze vor Wut und Enttau-
schung und unskherheit. Halten
Sie es, damit esSiedeutlich spuren
kann. Esbraueht diese BerOhrung
sehr.
Tageder Veranderung
Dureh die Tageder Obung, die Sie
schon hinter sieh haben, kommt
Ihr K ind schon bald in eine Ent-
lastunq und kann sich dem Ein-
schlafen zuwenden. Jetzt k6nnen
Sie Ihre Hande lockerer auflegen,
denn es braucht in diesem Mo-
ment nicht mehr sovlel Hil fe. Blei-
ben 5ie bei Ihrem Kind, reden Sie
mit ihm Oberdiese schweren Lern-
prozesse und ze.qen 5ie ihm aueh
die eigene Betraffenheit.
Das tut gut.
Bald wird lhr Kind einschlafen. Aus
Liebe zu ihm und aus Achtung vor
der von Ihnen gemeinsam geleiste-
ten Arbeit bleiben Sie noch eine
Welle bei ihm, schicken ihrn l iebe
Gedanken in den Schlaf nach und
freuen sich Ober das hUbsche,
entspannte Gesichtchen, seine
sch6nen Haare, Ober die kleinenFingerehen. Esist Ihr Kind, und es
ist einrnal iq. Die Liebe zu ihm gibt
Ihnen Kraft und Freude fur den
nachsten Tag.
Diesen dritten Schrrtt der Umge-
w6hnung prskt iz ieren Sie nach
Ihrem GefOhl und in Ihrem Tempo
sooft , wie Sie esfOr n6tig halten.
Esgeht Ihnen jetzt taqlich besser
und Ihr Kind sehlaft wesentlich
mehr und ruhiger als je zuvor.
Bald konnen Sie den nachsten
Schritt tun.
Der vierte Schritt
Ihr Kind und Sie haben jetzt schon
eine Menge gelernt. Sie haben
Sieherheit gewonnen, wie Sie mit
den Tranen Ihres Kindes umgehen
konnen. Sie fuhlen sieh kompe-
tenter, Ihre Ohnmacht dem klei-
nen Schreihals gegenOber hat
nachgelassen oder ist verschwun-
den. Das Kind weiB, woran es ist.
Eskann seine GefOhle aus-
drucken, esWhit s.ch verstanden.
Esfuhlt sich in schwierigen Pha-
sen seines Lebens von den Eltern
gut begleitet. Dies alles schafft
Vertrauen.
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Und Vertrauen ist die wichtigste
Voraussetzung fur ein ausge-
gi ichenes Miteinander und die
Grundlage fur Gehorsam.
Dies ist eventuel l neu fur Sie. Viel-
leicht haben Sie noch nicht dar-
Ober nachgedacht, was Gehor-
sam eigentlich ist. Viele Eltern
halten Gehorsam ja auch fur alt-
modisch und erwarten ihn gar
nicht von ihren Kindern. DasWort
Gehorsam 1Stn unserem Sprach-
gebrauch negativ besetzt und
wird leicht mit GefUglgkelt oder
UnterwOrflgkeit verwechselt. Und
wer wil l das schon von seinen
Kindem verlangen?
lrn Wort Gehorsam steckt jedoch
das Wort »horen«. Em Kind hort
also, was die Eltern zu rhm sagen
und leistet dem Gesagten Folge.
Ein anderes Wort fur Gehorsam
ist auch »Folqen«. Ailerdings kann
em Kind nur dann den Eltern tol-
gen, wenn es- aus hundertfacher
sicherer Erfahrung -weiG, dass
die Eltern esfOhren. Wenn eser-
fahren hat, dass die Eltern konse-
quent sind und ihren Worten auch
Taten folgen lassen. Dassdas so
ist, muss das Kind immer wieder
neu erfahren, sonst schenkt es
den Eltern keinen Glauben und
folgt Ihnen nicht.
42
GlaubwOrdigkeit und
Gehorsam
Der Gehorsam der Kinder hat
also mit der Glaubwurdigkeit der
Eltern zu tun. Wenn ein Kind den
Eltern glauben kann, dass diese
tun, was sie gesagt haben, dann
wird es folgen Wenn ein Kind
den Eltern keinen Glauben
schenkt, wei l diese durch ihre In-
konsequenz ihm gezeigt haben,
dass sie anders handeln als sie
reden, dann folgt das Kind den
Eltern natOrlich nieht. Warum
sollte esauch?
Wenn Siealso jetzt den nachsten
Sehritt der Umgew6hnung gehen
wollen, wird sich zeigen, wie weit
Ihr Kmd Ihnen und Ihren Worten
schon vertraut. Wie weit haben
Siesich in den ietzten Tagen oder
Wochen giaubwOrdig verhalten?
Wie weit kann Ihr Kind Ihnen fol-
gen?
Wenn Sie diesen Schritt beginnen
wollen, haben Sie und Ihr Kind
schon die Erfahrung gemacht,
dass esin seinem Bettchen blei-
ben muss, und das Kind hat es-
zwar noch mit Ihrer Hilfe - akzep-
t iert. Wenn Sieden Zeitpunkt fur
gekommen halten, reduzieren Sie
Ihre Hil fe. Sie helfen Ihrem Kind
nun nicht mehr mit lhren Handen,
sondern mit Ihren Worten. Dies
konnen wohlwo!lende Worte
sein, wie: »Ja,mein Schatz, ich
weiB, esfallt drr noch schwer.
Bit te blei b jetzt Iiegen. Kom rn, leg
dich hin, ich passe auf, dass du es
schaffst. «
Helfende Worte
Vielleicht ben6tigen 5ie Ihre Hance
zwischendurch, der Deutlichkeit
wegen. Wenn Ihre Emotionen ein-
mal aufwallen, darf esauch ruluq
ein Donnerwetter sein: »Nein, ich
habe gesagt, liegenblelben! «
DasspOren Sieseiber, welcher
Ton fOr Sie, Ihr Kind und die rno-
mentane Situation angebracht ist.
N U r Wirkung mOssen IhreWorte
zeiqen, sonst waren Sie nieht
deutl ich genug. Dann mOssen Sie
eventuell nochmals nachhelfen,
indem Sie Ihr Kind wieder kurz
und deutl ich berOhren. Ihr Kind
will wissen, wie ernst es Ihnen mit
den Worten ist.
Sokonnen SleIhre Hilfe nach und
nach trnmer weiter reduzieren, bis
Ihre Handlunqen so giaubwOrdlg
geworden Sind, dass das Kind
auf jeden Fail liegen bleibt. Nach
einigen so durchlebten 5ituatio-
nen konnen die begleitenden
Worte auch schon aus der Entfer-
nung kommen und trotzdem Wir-
kung zeigen. Denn Siewollen ja
nicht die nachsten Wochen neben
dem Bettchen lhres Kindes sitzen
und aufpassen, ob esaueh wirk-
lich liegen bleibt.
Der to nfte Schritt
Der nachste Sehrit t ware nun, die
Entfernung zu vergr6Bern, aber
welter Ihr Kind im BlICkzu haben
und es, wenn n6tig, zu begleiten.
Damit Sie nicht rrn abgedunkelten
Zimmer auf dem Stuhl vor sich hin
warten - denn das ware nur eine
neue Art der Abha ngiqkeit - kon-
nen Siein dieser Zeit etwas Sinn-
valles tun. Kinder Heben es, wenn
Eltern sinnvolle Dinge tun.
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Nutzen Sie die Zeit, bis Ihr Kind
einschlaft, sonst bekommt die'
Situation einen Kontrollcharakter.
Oamit fuhlt sich niemand wohl.
Vielleicht raurnen Sie die Wickel-
kommode auf, gieBen die Blumen
oder sortieren die KinderbOcher.
Oasmuss eh alles gemacht wer-
den, warum nicht jetzt? Oas lenkt
Ihre Gedanken ab und Ihr Kind
Whit sich wohl, wenn die Mama
noch etwas »herurnkrarnt«. Oas
hat fast jedes Kind gerne. Sol lte Ihr
Kind eswahrenddessen »waqen«,
das elterliche Gebot zu missachten
und sich z.B. hinzusetzen, sind Sie
wie der Bli tz bei ihm und signalisie-
ren ihm beim Hinlegen: »lrrturn.
mein Schatz, liegenbleiben, esist
Schlafenszeitt « 0a s d arf qua s i
nur eine halbe Sekunde
d au ern. Spatestens dann ist Ihr
Kind tief beeindruekt von Ihrer
Oeutlichkeit . Auch wenn esnoch
einmal kurz schimpft, es wird zu-
frieden sein und bald einschlafen.
Bald konnen Sie Ihre weiteren
sinnvollen Aktivitaten auch auBer-
halb des Zimmers durchfuhren
Erzahlen Sie leise im Selbstge-
sprach, was Sie tun: »Ich geh' mal
.Ins Bad und hole frische Hand-
tucher«. » leh raurne noch eben
die Spulmaschine em, dann
44
komm ich noch einmal wieder«
konnen begleitende Worte sein.
Sofuhlt sich Ihr Kind elngehLillt
durch Ihre Anwesenheit, esfOhlt
sich jederzeit verstanden, be-
kommt die FOhrung, die es
braucht und kann nun so viel
Vertrauen entwickeln, dass es
endlich, endlich (wieder) schlafen
kann.
Bald ist esgeschafft
Wenn Sie die Umstel lung bis hier-
her in Ihrem Tempo geschafft ha-
ben, stehen Sie kurz vor dem Ziel.
Ineinigen Tagen legen Sie Ihr
Kind abends ins Bettchen und
konnen schon zehn Minuten spa-
ter tief durchatmen, weil es
sehlatt! Ooch bis dahin mOssen
Sie weiter am Thema bleiben. Ihr
Kind ist noch immer in Hab-Acht-
Stellung, ob die neue Regelung
~o
o
jetzt wirklich gOltig ist, oder ob es
nieht doch irgendwo wieder durch
erne kleine LOckeentweichen
kann. Alte Muster haben - aueh
fOr uns - einen verfOhrerisehen
Charakter. Siewissen selbst, wie
schnell man in eine alte Struktur
zurOckrutscht (Denken Sie nur an
Ihre letzte Diat oder an das Rau-
chen.) Jetzt kommt also die Zeit
der Gewohnung und Versiche-
rung Das Kind braucht viele Tage,bis das Neue sich ihm zuverlassig
einqeprsqt hat und esden Eltern
ohne Zweifel vertraut.
Der sechste Schritt
Inder Phase der Vert lefung ent-
wickelt sich genau das Vertrauen
In die elterliche FOhrung und In
das Leben, das vorher so bruchig
geworden war und zur Entstehung
der Schlafst6rung beigetragen
hat. Dlese Phase ist enorm wlch-
tig und stellt die Welchen fur die
weitere Art des Zusammenlebens
von Eltern und Kind. Je mehr Ver-
trauen das Kind in die FOhrung
der Eltern legen kann, desto mehr
kann es entspannen. Eine innereRuhe kehrt (wieder) ein. OasKind
kann (wieder) kindhches Verhal-
ten annehmen, eskann sieh (wie-
der) fallen lassen, sich anlehnen
bei den starken Eltern und die Ver-
antwortung fur sein Leben diesen
(wieder) zurOckgeben. Welch eine
Erlelchterung!
Oeshalb braucht das Kind In die-
ser Phase der Urnqewohnunq die
taqliche Bestatigung, dass die
Eltern zuverlassiq sind, dass sie
tun, was sie sagen. Esbraucht die
immer wiederkehrende Erfahrung,dass die Eltern Gutes tun mit
dem, was sie tun. Esbraueht die
Gewissnert, dass die Eltern die
Verantwortung tragen und ihr
Wissen einsetzen, um ihrem Kind
Gutes zu tun. Esbraueht die ErfOI-
lung seiner Bed 0 rf ni sse, nicht
seiner WOnsche. (Siehe dazu auch
meinen Elternbrief Nr. 2.) Mit je-
dem Tag, an dem das Kind dieseserleben kann, wachst sein Ver-
trauen, in oreser Welt und bel sei-
nen Eltern gut aufgehoben zu
sem Geborgenheit entsteht. Um
Ihrem Kind dieses zu vermitteln,
haben Sie taqlich viele, vrele Gele-
genheiten,
Esgeht um die Zukunft
Denn was wOrde es nOtzen, wenn
Sie abends Ihr Kind konsequent
ins Bettchen brachten, und tags-
Ober inkcnsequent nur nach s e r -
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nen WOnschen und Launen han-
delten? Das ware wie emWech-
selbad, das Kind konnte esganz
sicher rucht verstehen und nur
weiter mit Verunsicherung darauf
reagieren. Sie merken, liebe
Eltern, dass auch hier wieder die
»Hauptarbeit « im Tagesgesche-
hen zu bewaltiqen ist. Und genau
das 1Stdas Positive Denn wenn
Sie sich noch einmal die allgemei-
nen Ursachen der Schlafst6rung InErinnerung rufen, dann wissen
Sie, dass hier- im tag lichen Zu-
sammenleben - die Veranderunq
stattfinden muss. Die verande-
rung im Allgemeinen ist wichtig
fur die zukOnftige Entwicklung
Ihres Kindes, nicht ob esjetzt
~o
endlich durchschlaft oder mcht.
Die Kinder wurden jahrelang mit
46
wenig Schlaf auskommen, wie
aber wirkte eine jahrelanqe Orien-
tierunqslosiqkeit und Oberfor-
derung auf ihre seelisch-geistige
Entwicklung? Das ist doch die
eigentliche Frage.
Hier wird Ihnen vielleicht noch ein-
mal deutl ich, warum diese vcran-
derung der Schlafsituationen so
notwendig ist. Nicht nur. um Ihre
Nerven zu schonen. Nein, es geht
um die Entwicklung Ihres Kindes!
Der siebte Schritt
Nun kann Ihr Kind schon wesent-
lich besser schlafen. Zu emer an-
gemessenen Zeit bringen Sie Ihr
Kind ins Bettchen, und es wird
bald einschlafen. Endlich haben
Siewieder Zeit fur sich und die
Partnerschaft. Aile Familienmit-
qlreder k6nnen aufatmen. Nun
wollen Sie naturhch auch, dasses
50 bleibt. Wle k6nnen Sie dazu
beitragen?
Durch lhre tagliche liebevolle Kon-
sequenz selbst in kleinen Erzie-
huncssituauonen hat Ihr Kind
schon viet Vertrauen In Ihre elter-
Iiche FOhrung entwickel n ken nen.
Esnimmt wesentlich will iger Re-
geln, Gebote und Grenzen an,
entwickelt mehr Freude beim tag-
lichen Spiel und ist ausgeglichen
und zufrieden. Durch die Einfuh-
rung von Rhythmus und Ritualen
k6nnen 5ie diesen Zustand dauer-
haft stabil iseren. In meinem zwei-
ten Elternbrief habe IChdarauf
hingewiesen, dass das BedOrfnis
nach Rhythmus und Ritualen zu
den GrundbedOrfnissen des Men-
schen zahlt, Die Befriedigung die-
ses Bedurfnisses rst daher von ent-
scheidender Bedeutung fur die
wertere seehsch-qeistrqe Entwick-
lung Ihres Kindes.
Rhythmus
Oft wird irrturnlich der Rhythmus
im Tagesablauf- gerade bel der
Betreuung von Babys- mit einem
Vier-Stunden-Rhythmus gleichge-
setzt. Man meint dann, das Baby
solie nun wieder, wie vor Jahr-
zehnten, aile vier Stunden qefut
tert werden. Abgesehen davon,
dass diese Zeitemteilung voll-
kommen unnatOrlich ist, wollen
die Eltern heute zu Recht mdividu-
eller mit ihren Kindern umgehen.
Ich meine dagegen mit Rhythmus
ernen durchstrukturierten, gere-
gelten Tagesablauf, bei dem jeden
Tag zur gleichen Stunde das Glei-
che passiert. Also jeden Tag zur
gleichen Zeit frOhstDcken, zur
gleichen Zeit Mittagsschlatchen
halten, zur qlerchen Zeit einkau-
fen, auf den Spielplatz gehen usw.
Und - das ist das Wichtigste Ober-
haupt - jeden Tag zur gleichen Zeit
das Kind ins Bettchen bringen.
Dieser Rhythmus lst ganz indivi-
duell auf die Famil ie, auf die Situa-
tion und das Alter des Kindes ab-
stimmbar, sodass keine starren
Regeln entstehen, der sich aile
Eltern unterwerfen rnussten. Aber
- bei aller Flexibi li tat - die qewahl-
ten Zeiten rnussen bis auf berech-
tiqte Ausnahmen etngehalten
werden, denn sonst besteht kein
Rhythmus mehr.
Diese ubersichthche Zeitstruktur
desTagesablaufes vermittelt
Ihrem Kind ein Hochstrnafl an
Sicherheit, weil es irnrner welG,
was jetzt als nachstes geschieht.
Rhythmus hat emen starkenden
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Einfluss auf die Organfunktionen
und auf das seelische Wohlbefin-
den. Kinder, die im Rhythmus le-
ben, sind leicht an ihrer Zufrieden-
heit zu erkennen. Rhythmus ver-
hil ft dem Kind, seine innere Mitte
(wieder) zu finden, und aus die-
ser inneren Mitte heraus kann es
in Ruhe spielen, kornrnuruzieren,
essen und - vor allen Dingen -
schlafen. Sie sehen also, Hebe
Eltern, Rhythmus hat eine durch-
gehend wohltuende und stabih-
sierende Wirkung. Erist dringend
notwendig fOr die Entwicklung
Ihres Kindes und darf ihm nicht
vorenthalten werden.
Rituale
Mit den Ritualen verhalt essich
wie mit dem Rhythmus. Auch hier-
bei handelt essich um ein Grund-
bedurfrus des Kindes, welches
betriediqt werden muss. Rituale
werden von Kindern schnell er-
kannt und nach kurzer Gewoh-
nung sogar von ihnen eingefor-
dert, wenn sie einmal ausbleiben.
Sie geben dem Kind groBe Si-
cherheit, indem sie Unsicheres
aus dem Geschehen nehmen
und esdurch Vertrautes ersetzen.
Gerade beim Schlafenlegen ist
48
dies von entscheidender Bedeu-
tung. Denn wenn abends noch
viel Ungewohntes passiert, wird
das Kind eher munter als mUde.
Selbst neue Marchen sind in die-
sem Sinne aufregend und musser
erst einmal verarbeitet werden.
Deshalb ist eswichnq. dem klei-
nen Kind jeden Abend die gleiche
Geschichte zu erzahlen, das qlei-
che Lied zu srnqen, das gleiche
Gebet zu sprechen. Bises nach
Wochen oder Monaten genug
davan gehbrt hat und offen 1Stur
neue Abenteuer. Auch wenn Sie
das fur langweil ig halten, Ihr Kind
hat dieses BedOrfnis. Jede Ab-
wandlung des Ablaufs zerstort
das Ritual. Darnrt ware sofort
seine Wirkung verloren. Ein Ritual
5011 also durch seine Gleichforrniq-
keit orientierend auf das Kind ein-
wirken und ihm dadurch Sicher-
heit geben. Wenn das Ritual
schon und liebevoll gestaltet
wird, macht esdas Kind obendrein
noch zufrieden und glUcklich_
Esfreut sich Ober das Geschehen,
freut sich Ober das Zusammensein
mit Papa und Mama, freut sich
Uber die Freude, die sie an ein-
ander haben. Das sind wunder-
bare Vorrausetzungen fOr ein
friedliches Miteinander und emen
geruhsamen Schlaf
Darauf haben Sieso lange
gewartet
51ewerden nun viel Zeit, Kraft
und Liebe in diese Prozesseder
Veranderung investieren. Vieles
ist Ihnen neu bewusst geworden
und manches sehen Sre jetzt viet-
leicht mit anderen Augen. Zu Be-
ginn dieser AusfOhrungen - als
5ie die Grunde der 5chlafproble-
matik noch eher im Fehlen der
» richtigen ((Technik sahen - war
Ihnen eventuell noch nicht be-
wusst, dass eine »Behandlung«
der Schlafs1brung eme Neuaus-
richtung lhres Zusammenlebens
mit dem Kind varaussetzt. Ich
haffe, dass ich Ihnen mit dieserBroschOre die Zusammenhange
verdeutlichen kannte, so dass
dann eine veranderunq zum
Wahle der ganzen Farnihe. der
Paarbeziehung und des Kindes
stattfinden kann. Denn wie lange
haben Sieauf diesen Moment ge-
wartet, endlich (wieder) ein Fami-
l ienleben fOhren zu kbnnen, in
dem Sienicht mehr abhanqiq Sind
von den Einschlafzeiten Ihres Kin-
des. Wie lange haben Sie darauf
gewartet. Ihr Kind abends ins
Bettchen zu legen und esmargens
ausgeruht wieder herausnehmen
zu konnen. Wie lange haben Sie
darauf gewartet, endlich wieder
Zeit- und Lust-fOr die Paarbe-
ziehung zu haben. Nun kann es
bald soweit sein.
Die Sieben Schritte der
Veranderunq
Liebe Eltern,
weil diese AusfOhrungen viel
Raum emqenornrnen haben,
mbchte ich Ihnen zum besseren
Oberbl ick noch einmal eine Zu-
sammenfassung der Sieben
Schritte der geben.
Ich stel le in KUrze dar, wie Sie
durch elnelanqfristioe Neuonen-
tierung Ihrer Lebensumstande von
der schwer gestbrten Nachtruhe
Ihres Kindes - und natOrlich der
eigenen - zu einem gesunden,
erholsamen Schlaf finden kbnnen.
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Der erste Schritt ist das
Umdenken.
Das Kind wird durch die Uber-
nahme der Fuhrung durch die
Eltern von Stress entlastet und hat
die Mbglichkeit, sich bei Bedarf
jederzeit bei den Eltern aUSlU-
weinen. Das Kind wird taqsuber
in Krisen begleitet, bis sich auch
der emotionale Stau der Vergan-
genheit qelost hat. Dies kann, je
nach Starke und Sicherheit der
Eltern und je nach Temperament
des Kindes und der Menge seiner
Veru nsicheru ngen zwischen 1-2
Tage und 1-2 Wochen dauern.
Indieser Zeit lernen die Eltern, die
Ursachen der Schlafstbrung als
ein Signal ihres Kindes zu sehen
Sie begreifen, dass es unerfOllte
BedOrfnisse hat und konnen mit
50
den Iranen ihres Kindes anneh-
mend umgehen. Das Kind erlernt
in dieser Phase, dass esmit Hilfe
seiner Eltern mit den KOmmer-
nissen des Lebens fertig werden
kann und dass es in seinen Eltern
starke Beglelter fOr sein Leben
hat.
Der zweite Schritt ist die
Umsetzung.
Das bisher Erlernte wird auf die
abendlichen oder nachtlkhsn
Situationen Obertragen. Jetzt wird
das Kind zu seiner Entlastung
beim Einschlafen oder beim
nachtlichen Aufwachen durch die
Krise gefOhrt. Aile Schlichtungs-
versuche und BeruhigungsmaB-
nahmen, die vom Kind bisher
gefordert wurden, werden nun
durch das Dabei-bleiben und die
elterlichen Vorgaben ersetzt. Auch
hier ist die Dauer Ihres Einsatzes
wieder sehr unterschiedlich lang.
In dieser Phase erlernen die
Eltern, ihre eigenen Vorgabenwichtig zu nehmen und umzuset-
zen, was sie seiber fur r ichlig hal-
ten. Das ist ein wichtiger Schri tt ,
die eigene Autoritat (wieder) zu
spOren. Das Kind lernt nun, Vater
und Mutter als t rbstende und
fOhrende Eltern zu erkennen und
sich ihnen ohne weitere Ablen-
kung anzuvertrauen.
Der dritte Schritt ist die
Umstellung.
Das Kind soli jetzt mit Hilfe der
Eltern lernen, im eigenen Bett-
chen einzuschlafen und dart auch
- auBer fOr die Stillmahlzeit - die
ganze Nacht zu bleiben. Ole Eltern
begleiten das Kind, wahrend es
im Bettchen liegen bleibt. 5011das
Baby qleichzeltio von der un-
passenden Angewohnheit des
Dauernuckelns an Mutters Brust
entwbhnt werden, mOssen der
zweite und dritte Schritt von der
Mutter durchgefOhrt werden.
Absti llen kann nur die Mutter,
nicht der Vater.
Denn die Mutter hat durch den
Umstand, dasssie ihrem Baby bei
jeder Gelegenheit die Brust gege-
ben hat, zu der Irr itat ion beiqetra-
gen. Deshalb muss auch sie - in-
dem siesich jetzt dem Problem
stel lt und die Verantwortung dafOr
traqt - eine veranderunq herbei-
fuhren.
Die Eltern lemen in dieser Phase
liebevolle Konsequenz zu zeigen
und das Kind zu trbsten, obwohl
I
sieseiber durch ihr Gebot die »Ver-
ursacher« von Tranen Sind. Sie ler-
nen, Vertrauen in das Kind zuent-
wickeln, dass es diese Schwierig-
keit merstern wird und um viele
gute Erfahrungen bereichert wird.
Das Kind lernt in dieser Phase,die
Veranderung anzunehmen und
die Eltern als eindeutig wahrzu-
nehmen.
Der vierte Schritt ist die
VertrauensbiIdung.
Mit ihren helfenden Worten be-
gleiten die Eltern das Kind durch
diese Phase, bis die Autoritat und
das erneuerte Bindungsangebot
der Eltern so glaubwOrdig rs t und
das Kind sich soweitqestarkt und
sicher Whit, dass es den Worten
51
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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d er E lte rn v ertra ut u nd lie ge n-
b le ib t. J e na ch Du rc hse tz ungs ve r-
rn oq en d er E lte rn u nd d em W id er-
s ta nd d es K in de s d au ert d er
v ie rte S ch ritt e in b is z we i S itu a tio -
n en o de r emiq e T ag e. In d ie se r
Z eit s ch ule n d ie E lte rn ih re A u to -
rita t u nd G la ub wO rd ig ke it u nd
m ac he n d ie E rfa hru ng d er e ig e-
n en S ta rke , d ie sie n ich t - w ie o ft
b efO rc hte t - z ur U n te rd rO c ku ng ,
so nd ern zu m W oh le d es K in de s
e in se tz en . D ad urc h le rn t d as K in d,
s ic h g an z a uf s ein e E lte rn z u v er-
la sse n. D as q ib t ih m d ie R uh e, In
de r es ba ld e in s ch la ft .
Der fOnfte Schritt ist dieVersicherung.
D as E rle rn te k an n z Og ig u nd s ic he r
a ng ew en de t w erd en , d ie S ch la -
f ens ze it en begi nnen wesen tl ic h
frO he r, d as H in le ge n n imm t w en i-
g er Z eit in A nsp ru ch . D ie E lte rn u n-
te rstu tze n ih r K in d n ur n och ve r-
e in ze lt m it W orte n o de r e in em
deu tlic he n H a nd gr iff. D ie se Ph as ek an n e in b is m eh re re T ag e d au ern .
A uc h is t e s m 6g lic h, d as s d a s
K in d in a lte V e rh a lte ns we is en » zu -
r uc kfa llt« u nd d ie v or he rg eh en de n
Schr it te z u s e ine r v e rs ic her unq
S2
n oc h e inm al e rle be n rnochte. Oft
r eic ht d a nn s ch on e in e e inm alig e
» vv re de rh clu nq «. u nd d as K in d
h at d ie O rie ntie ru ng w ie de r, d ie
e s b e nb tig t. A U5 d ie sem G ru nd
is t e s r no qlic h, d a ss d ie se Ph as e
e tw as la ng er d au ert, s ie k an n a be ra uch in ern, z we i T a ge n b ee nd et
sein.
O le E lte rn s in d n un s ch on s o s ic he r,
d ass ih re W orte o de r ih re A us-
s tra hlu ng a uch a us d em N eb en -
zim me r w irke n. D er A bsta nd zu m
K in d is t v er gr bB e rt, d a s Ve rtr au en
in d ie e ig en e A uto rita t is t v orh an -
d en u nd u be rtra qt sich a uf d as
K in d. D as K in d W h it srch dadurchs o s ic he r, d a ss e s s c ho n b a ld v er -
t ra uens vo ll e in s ch la fen k a nn .
Der sechste Schritt ist dieVertiefung.
H ie rh er g eh bre n d au erh aft a ile
v e rt ra uens b il denden MaBnah-
men w ie lie be vo lle K o ns eq ue nz ,
a ktiv es Z uh bre n, R eg eln u nd G e-
b ote . D az u g eh 6rt d ie K rise nb e-
g le itu ng im A lita g, d am it sich d as
K ind j ede rz e it v on be la s tenden
G efu hle n b efre ie n k an n. D urc h
d ie s e immer w ieder keh renden
E rfa h ru ng en d es H a lte s fu r K 6 rp er ,
S ee le u nd G eist ko mm t d as K in d
in e inen Ent spannungszust and ,
d er ihm em fr ie dv olle s M item an -
d er m it s ein en E lte rn , Ge sc hw is -
te rn u nd S pie lk am era de n e rm bg -
lic ht u nd ihm e in en g es un de n,e rho ls amen Schl af s chenk t.
D ie se M aB na hm en kb nn en S ie
a uch sch on zu B eg in n Ih re s U m-
d en ke ns a ls V e rs ta rk er m it e in be -
z ie he n u nd s ie s ollte n n ic ht e n-
d en , b ev or d ie K in de r d ie V era nt-
w ortu ng fu r ih r L eb en s eib er tra -
g en ko nn en . D ie E lte rn le rn en in
d ie se r Z eit g la ub wO rd ig u nd z u-
v er la ss iq z u s em , d ie FOhr un g u ndd ie V era ntw ortu ng In a lle n F ra ge n
de s Zusarnrner-setns m it ih rem
K in d zu O be rn eh me n u nd ih re
e lte rlic he Kompete nz n ic ht m ehr
in F ra ge z u s te lle n. D as K in d m a ch t
d ad urc h d ie E rfa hru ng d er G eb or-
g en he it, e s w ir d konftiktfahiq, le -
bens tOch ti g und se lb s tbewus st .
Der siebte Schritt ist die
Ritualisierung.
R itu a le im T a ge sg es ch eh en u nd
be im Schl af engehen be fr ie d igen
d a s tie f v er an ke rte B e dO rfn is d es
K ln de s n a ch S ic he rh eit u nd O rie n-
tie ru ng . R itu ale m a ch en s ein L e-
ben Obe rs cha uba r , v o rhe rs ehba r
u nd s ic he r. G e pa a rt m it R h ythmus
g eb en d ie R itu ale d em K in d S i-
ch erhert im A llta g - d ie b este V or-
a u ss etz un g fO r g ute n, e rh ols amen
S ch la f. E s wir d in s ein en in ne re nS tr uk tu re n g efe stig t u nd s pu rt
d ad urc h H alt in s ein em GefO hls -
le be n u nd in d er B ezie hu ng zu
s ein en E lte rn . A u f d ie se w e rtv ol-
le n H e lfe r in d er E rz ie hu ng s ollte n
S ie zu m W oh le d es K in de s ru e
mehr verz ich ten .
D ie E lte rn le rn en d ad urc h imm er
m ehr die - a nfa ngs noch unbe-
k an nte n u nd d ah er n ic ht b ea ch te -te n - B edOrfn is se d es K in de s z u
r es pe ktie re n u nd z u e rfO lle n ( sie he
E lte rn br ie f N r. 2 ). D ie s g elin gt n ur ,
w e nn s ie ih re e lte rlic he FOhr un gs -
r olle g a nz b ew u ss t Ob er ne hmen
53
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 28/34
und auch dann irn Rhythmus und
beim Ritual bleiben, wenn das
Kind dagegen manchmal pro-
testiert.
Das Kinderlebt durch den struktu-
rierten Tages- und Nachtablauf
die 5icherheit und Orientierung,
die es ben6tigt, um sich bei sei-
nen Eltern rundum geborgen zufOhlen _So unbelastet kann es
seelisch gedeihen und sich voller
Freude der Welt zuwenden.
Grunde suchen und
beachten
5icher haben Sie, liebe Eltern,
schon bemerkt, dass 5ie mit die-ser BroschOre kein Patentrezept
fur ruhige Nachte in die Hand be-
kommen haben. Der Mensch-
und auch das Kind, das nicht
schlafen kann - ist nun einmal
kein simpel funktionierender Ao-
parat, bei dem ein Knopfdruck
qenuqen wOrde, damit er anders
oder besser funktioniert So ver-
fOhrerisch es auch sein mag, mitemer praktischen »Gebrauchsan-
weisung« das Kind zu einem ande-
ren Verhalten zu bewegen, es
ginge vol lkommen am Ziel vorbei.
Es ist nun gerade nicht so - wie
54
das verhaItenstherapeuti 5che
Konzept uns vermitteln will- dass
die Kinder mit ihrem »st6renden«
Verhalten die Eltern nur provozre-
ren und argern wollen oder dass
sie sich »falsches: Verhalten an-
trairuert haben. Nein, esist so,
dassdie Kinder mit ihren unpas-
senden Verhaltensweisen den
Eltern spiegeln, dass etwas nicht
in Ordnung 1St.Dieses »Etwas«
kann in der Erziehung zu suehensein, es kann sich In der Bezie-
hung bemerkbar machen, esist
m6glich, dass das Kind darauf
aufmerksam machen muss, dass
essich - bei aller Zuwendung-
nicht richtig verstanden Whit Der
Grund kann aber auch in farni lien-
systemischen Zusammenhangen
zu finden sein oder kann in be-
lastenden, frOheren Erlebnissenseinen Ursprung haben.
Aber ganz sieher 1Stein Grund
vorhanden. Und zwar unabhangig
davon, ob wir diesen Grund er-
kennen oder nicht.
Die Signale ernst nehmen
Diese Signa Iedes Kindes ernst zu
nehmen und nach den Ursachen
zu forschen ist die vorrangige Auf-
gabe der Eltern und einer guten
Beratung. Hier ist weder den EI-
tern noch dem Kind mit Pausehal-
ratschlaqen gedient, weil dabeidie Botsehaft des Kindes unge-
hart bliebe. Wenn die Botschaf-
ten des Kindes aber nieht »erhort«
sondern »abtrainiert- werden,
muss esstatt dessen an anderer
Stelle um so heftiger revoltieren.
In diesen AusWhrungen geht esin
erster Linie um die Auswirkungen
der EinflOsseder kulturbedingt
veranderten Erzlehung_ Um deren
destruktiven Wirkungen wieder
aufzuheben, ist dringend eineBewusstsel nsveranderu ng der
Erziehenden notwendig. Dazu
m6chte icMmit meinen Elternbrie-
fen beitragen. Denn nur durch ein
neues, erweitertes Bewusstsein
haben wir die Mbgiichkeit, die so
destabihs.erer-den und person-
lichkeitsschwachenden Einfi Osse
unserer Welt auf ihre empfind-
samsten Bewohner - die Kinder-
aufzuhalten oder umzuwandeln.
Bewusstseinsbildung aber ist
harte Arbeit an sich seiber und
nicht durch das Lesen eines Bu-ches mit Patentratsehlagen zu
erlangen.
Die Arbeit der Eltern an
sich seiber
Dureh das Erlernen oder Wieder-
beleben der liebevoll-konsequen-
ten und bindungsorientierten Er-ziehung werden die Eltern immer
wieder an ihre eigenen Grenzen
gefOhrt. Immer wieder werden
51esich ins Bewusstsein ruten,
warum 5ie so handeln rnusscn.
Immer wieder lasst die Aufmerk-
samkeit nach und 51elassen so
manches aus Bequernlkhkeit
durehgehen. Urn dauernd »am
Ball « zu bleiben brauehen 5ieeine groBe Portion Konsequenz
sich seiber gegenuber. Denn nur
dadurch kann gelingen, was ge-
lingen 5 0 1 1 . Dureh eine konse-
quente Haltung und durch die Ein-
55
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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f uh runq e ine r i rn rne rwah renden
G le ic hfo rm ig ke it, d ie s ic h in
R h ythmus u nd R itu ale n a us drOc kt,
w ird den E ltern em hohes M aB a n
Se lb stb ew us sts ein a b ve rla ng t. E in
T he ma , da s a nfa ng s w eg en se i-
n er U nb eq uemlic hk eit e he r a uf
h eftig e A ble hn un g sto Bt a ls B e-
g eis te ru ng h er vo rr uft, a b er b eim
w eite re n Z us amm en le be n m it
d em K in d a ls u ne rla ss lich a ng e-
s eh en w erd en m us s. A ile E lte rn ,
d ie sich b ew usst m it e in er zu -
k un fts we is en de n E rz ie hu ng ih re r
K in de r a us ein an de rs etz en w ol-
le n, w e rd en d ie N o tw en dig ke it
de r Arbett a n s ic h s eib er k en ne n
un d schatzen lernen.
S6
L iebe E l te rn ,
g an z sic he r h ab e ic h Ih ne n h ie rm it
ke in en » be qu em en « R atg eb er a n
d ie H an d g eg eb en . T ro tzd em h offe
rch, da ss ic h Sie m it m eine n A us-
fOhrungen unterstutzen konnte,
Ih re w e rtv olle A rb eit, d ie Sie im
2 4-S tu nd en -D ie ns t a n Ih re n K in -
dern leisten, h a lt- u nd b in du ng s-
sta r ke n d e i n zu s e tz e n ,
Z um W ah le Ih res K in de s u nd se i-
ne r Zukun f t.
In d ie sem S in ne wOns ch e rchIh ne n v ie t K ra ft, v ie t L ie be u nd
e in a ffe ne s H e rz .
Brigitte Hannig
Anhang
»Echte« Schlafhindernisse
Liebe Htcrn,
irn Anhang rnochte ic h S ie n oc h
a uf w eite re G rO nd e d er S ch la f-
st6 ru ng en a ufm erks am m ac he n,damit Sie be i d er S uche n ach d en
U r sa c hen I hr er un ruh igen Nachte
d ie se n ic ht a uBe r A ch t la ss en .
D en n w as konnte v or li egen, wenn
e s I hn en a uc h m it d ie se n S ie be n
S ch ritte n d er V er an de ru ng n ic ht
g elin gt. Ih re m K in d u nd Ih ne n zu
e ine r ungestO rt en Na ch tr uhe zu
verhelfen?
W ie ich zu B egm n m einer A us-fOhrungen erwahnt habe, qibt es
n oc h in div id ue lle G rOnde fur die
Schl afl os ig ke it de r K inder . D ie se
s in d in g an z a nd ere n B ere ic he n
a ls d en b is he r b es pro ch en en z u
s uc he n. E s is t du rc ha us mbg ii ch ,
d as s S i e I hr L eb en m it Ih rem K in d
so e in gerich tet h abe n, w ie ich e s
i n d ie se r B ros chOre emp feh le .
U nd tro tzde m ka nn Ih r K ind n ich ts ch la fe n. D a nn is t e s n otw en dig ,
s ic h d ie S itu atio n Ih re s Kmd es u nd
d ie E rle bn is se im b is he rig en Ve r-
la uf s ein es L eb en s e inma l n ah er z u
b etr ac hte n. V le lle ic ht s in d d ie Ur-
s a chen i n ga nz i nd iv iduell en -
e be n n ur a uf Ih r K in d zu tre ffe nd en
- G ru nd en zu find en . 1m F oige n-
d en mb ch te ic h Ih ne n b eh ilflic h
se in , d iese vers teckte r lieqenden
G ru nc e h era us zu fin de n u nd n ac hw irk sa m en H ilfe n zu s uc he n.
Weitere Ursachen der
Schlafstoru ngen
W ir h ab en in u ns ere r K ultu r sert
z we i b is d re i J ah rz eh rr te n e xtr em
v ie le S ch re ib ab ys u nd K in de r m it
a u ff al li qe rn Schl af ve rha lt en , s o-
d as s m a n sic h fra ge n m us s, w asu ns er e K in de r b ei ihrer Ankunft
a uf d er E rd e u nd In i h re r e rst en
L eb en sz eit e rle be n. F oig en w ir
d ie se r d ra nq en de n F ra ge b is zud en g eis tig en U rs pru nq en d es
M en sc he n, s o w ird sic h d ara us
zwangsl au fi g e ine g rundl egende
u nd la ng st fa llig e E rn eu eru ng d es
qeburtshilflicben und padaqoqi -
57
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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s ch en D en ke ns u nd H an de ln s e r-
g eb en . D ie se is t d rin ge nd n otwe n-
d ig , u m e in e w eite re B ela stu ng d er
K inde r abzuwenden .
D ie i nd iv id ue lle n G rOnd e fO r
Schl af st br ungen im Kleinkindalter
un d fu r dasexzessive Schreren
s in d b ei B ab ys o ftm als d ie g le i-
c he n. D as K in d d rO ck t s ein e N otn ur a nd ers a us
Bevo r S ie s ic h angemessene H il fe
h ole n k bn ne n, mOss en S ie meh r
O be r d ie w eite re n m 6g lic he n U r-
s ac he n d er S ch la fs tb ru ng en w is -
sen.
Individuelle GrOnde
Neb en d en S ch la fs t6 ru ng en , d ie-w le da rgestellt- durch die
heu te p ra k ti zi er te Lebensf orm
v eru rs ac ht w erd en , g ib t e s n oc h
s olc he S tb ru ng en , d ie a uf schkk-
sa lh a ft en E re ig ni ssen ode r i nd iv i-
d ue lle n E rle bn is se n im L eb en d es
k le in en K in de s beruhen .
N a ch d en For sc hu ng en d er le tz te n
2 0 J ah re u nd m ein en e ig en en
lang jah r igen Beobach tungenk bn ne n S ch la fs tb ru ng en - w ie
eben au ch das e xze ss ive Schrei en
b ei B a by s - a us ge lb st wer de n
durch.
58
o p os ttr auma tis ch e S tb ru ng en ,
e nt st anden du rch t ra umat is che
E rl ebni sse des K in de s wah -
r en d d er S chwa n ge rs ch aft, d er
G eb ur t o de r d an ac h
o B indungsst 6rungen zw is chen
M utter und K ind
a Interaktionstbrungen
o Dre i-Mona ts-Ko li ken
o d as K is s- Sy nd rom
o e in e anqs tl ic he Pe rsbn lr ch kei ts -
s tr uk tu r d es K in de s
o e in e ti efg eh en de B ez ie hu ng s
k ri se der E lt er n.
J e n a ch d er in div id ue lle n U rs ac hed er S tb ru ng b ed arf e s e in er b e-
s on de re n In te rv en tio n, d am it d em
K ind - und den E lte rn - n achha ltig
g eh olfe n w erd en k an n.
I
H ie r is t w e de r m it d en O blic he n
E rz ie hunqsvor schl aqen »Je tz t l as s
ih n d oc h ma l s ch re ie n! « n oc h m it
d em we itv er br eite te n »He rum-
tra ge n« o de r d en in d ie se r B ro -
s chO re besp ro chenen »S ie ben
Schritten« n ac hh a ltig A bh ilfe z u
scha ff en , we ll d ie e ig ent li ch en
Ursachen dabe i unbe rOcks ich tigt
b le ib en . D a s b ed eu te t a be r n ic ht,
d as s d as b is he r Ges a gte a ls
Grundlage fur das Zusammen-leben m it den K in dern nicht w e-
s en tlic h w are . D a e s s ic h um
g rund sa t zl ic he Be lange I hres K in -
des handel t, is t e s a u f je de n F all
a uf d ie B efr te dig un g s ein es B e-
durfnisses nach elterliche FOh-
ru ng , n ac h R hy th mu s u nd in ne -
re m H a lt a ng ew ie se n_ Um s o
meh r, je e rs chwe re nd er d ie z u-
s st zl ic hen Be la s tu ngen wa reno de r s in d, d en en d as K in d a us ge -
setzt rst.
Hier ist besondere Hilfe
angesagt
A uc h d ie e rw a h nt e » S ch la ft he ra -
p ie « b ie te t in d ie se n F a lle n wie-
d er n ur e in en re ch t h ilflo se n A n-satz. m it d em wed er e in e M utte r-
K i nd -l n te ra kuonsst orunq au fg e -
h ob en o de r d ie A ng stlic hk er t d es
K in de s pos it iv b eei nf lu ss t we rden
kann.
W ir mOss en u ns d a he r d rin ge nd
m it d en e ig en tl ic hen H in te rg rOn -
den d ie se r P rob lema ti k b ef a ssen .
1mFoig en de n b er ic hte ic h Ob er
d ie versch iedenen mir bisher
b ek an nte n U rs ac he n d er S ch la f-
s tb ru ng en im in div id ue lle n B e-
reich.
Posttraumatische
St6rungen
Wah rend der Schwange rs cha ft ,
d er G eb urt u nd d er Z eit d an ac h
k an n e s d urc h b es on de re Um-
stande zu Traumat is ierungen
k ommen . E in T ra um a ist eine
see li sche E rs chO tt erung ode r e inS ch oc k D ie E rle bn is se u nd G e-
fO hle u ng eb or en er o de r n eu ge -
b or en er K in de r s in d d ur ch zahlrei-
( he Be ri ch te und E ri nne rungen
v on M en sc he n b ek an nt, d ie s ic h
59
fur
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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anjene Zeiten ennnern oder s re
»wiedererlebt haben«, und die
uber ihre Erlebnisse im Mutterleib
authentisch und oft uoerprufbar
berichten.
Schwer wiegende
Erlebnisse
So kenne ich viele Berichte von
Menschen, die bel der Geburt
traumatisiert wurden und dies in
Thera piestu nden authentisch
wieder erlebten. Nicht geheilte
Traumatisierungen kbnnen noch
nach Jahren die Ursache dafur
sein, dass selbst grbBere Kinder
unerklerlkhe Iobsuchtsanfal.ehaben, oft regelrechte Ausraster
oder nachtlkhe Alptraume be-
kommen, die nur im Zusammen-
hang mit dem frOheren Ereignis
verstanden werden konnen. Oft
liegt bel Klndern das traumatische
Erelgnis wenig verdeckt rr n Unter-
bewusstsein und wird durch eine
- an sich harmlose, jetzt aber als
bedrohlich empfundene - Stress-situation wieder aktiviert. Ais
GrUnde fur die Traumatisierung
sind GefUhle der Angst, Panik,
verzweiflunq wahrend der Geburt
ebenso zu nennen wie schwere
60
korperliche Beeintrachtigungen
durch intubation, Operation und
schmerzhafte Untersuchungen
und Trennungen nach der Geburt.
Eine weitere wesentliche Kompo-
nente des Schocks ist die Blockie-
rung der Energiestrdme, die nor-
malerweise als »Lebensenergie«
ungehindert durch einen gesun-den Korper pulsieren. Sie werden
durch das 5chockerlebnis im
freien Fluss beeintrachtiqt, esent-
stehen Energieblockaden. Blei-
ben d.ese unbehandelt, manifes-
tieren sie sich weiter. Das Baby
fuhlt sich dann auBerst unbehag-
l ich in seinem Kbrper, was esmit
seinen Bewegungen, seiner Mi-
mik, seinern anqstlichen Blick undseinem Geschrei mitteilt. Ein typi-
sches Schreikind, das sich nun
auch nicht mehr vertrauensvoll in
den Schlaf fallen lassen kann.
Hier ist dringend eine therapeu-
tische Behandlung notwendig.
Beziehungsst6rungen
zwischen Mutter und Kind
Dieses Thema, hebe Eltern, soli Sie
nicht erschrecken. Skher den ken
Sie gleich: »Das kann bei uns nicht
sein! « Denn Siehaben Ihr Babyja
Ihr Kind. Doch bei der Beschafti-
gung mit dieser Thematik wer-
den Siemerken, dass hier ganz
andere Zusammenhange beste-
hen, als man allgemein annimmt.
Eine Beziehungsstorung muss
nicht durch fehlende Liebe entste-
hen. 1mGegenteil- ich erlebe
sehr oft, dass auch bei fursorqlkhbetreuten Kindem liebevoller
Eltern eine solche Stbrung vorl ie-
gen kann. Esl iegt also kein Ver-
saurnnis Ihrerseits vor. Um auch
hier Hilfe fur Ihr Baby zu finden,
mOssen Sie sich neuen Gedanken
bffnen.
AuBer und neben den bereits er-
wahnten fruhkindlichcn Traumati-
sierungen gibt esauch anderevcrqanqe. die zu einem Bezie-
hungsabbruch fOhren kbnnen.
Schon wahrend del' Schwanger-
schaft oder der Geburt kann sich
eine Beziehungsstbrung mani-
festieren. Oft ist die Ursache in
einer belasteten Lebenssituation
der Mutter zu suchen, s re kann
aber auch in von Mutter und Kind
als traumatisch empfundenen Er-
eignissen heqen. Dazu kbnnen z. B.
eine Narkose, Ohnmachtsanfalle
oder Krelslaufversagen in der
Schwangerschaft, situationsbe-dingte Panik der Mutter und inva-
sive Eingriffe ins Geburtsgesche-
hen gehbren.
Der Kontakt bricht ab
Z. B.bei einer Narkose oder einem
Ohnmachtsanfall empfindet das
Ungeborene die Mutter als nichtmehr anwesend. Sie ist fur das
Kind rucht mehr spurbar. Das kann
in dem Baby,fur das die Mutter
noch das Leben bedeutet, eine
extreme Angstreaktion auslbsen.
In manchen Fallen reiBt die »qei-
stige Nabelschnur«, der Bezie-
hungsfaden, und das Kind, wel-
ches das Vertrauen in den zuver-
lassiqen Schutz durch die Mutterdadurch einbullt, zieht sich in sich
selbst zuruck. Nach seinem Emp-
finden psychisch allein gelassen,
traqt das Kind noch seater an der
Last seines Kummers, ist fUr Zu-
61
w endungen n ieht m ehr offen und In Da vid Ch ambe rla in s B uc h ga b oder gibt, von denen S ie d en a nd ers o de r s pa te r a ls e s n a eh s ei-
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
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k an n a us E in samk eit u nd A ng st
zu m »Schre ik ind « wer de n o de r
a nd ere 5 ym ptome , w ie S ch la f-
s tb rungen oder B l iekkon tak tve r-
weiqerurq zeigen.
E be ns o v er ha lt e s s ic h b ei d en
h eu te s o w e it v erb re ite te n E in -
g riffe n in s Geb ur ts ge sc he he n. D a s
K in d kann d iagno st is e he E in gr if fe
a ls B ed ro hu ng emp fm de n u nd
e nts pr ec he nd m it e in em S ch oc k
da rau f r eag ie re n. D ie se vorqanqe
b ela ste n d as K in d u nd k bn ne nv or la ute r S tr es s z u e in em Bez ie -
h un gs a bb ru ch zwis ch en Mu tt er
un d K ind fuhren. W ird da s N eu-
g eb or en e a us d rin ge nd en med iz i-
n is ch en G ru nd en o de r a us L eic ht-
fe rtig ke it - d az u g eh bre n a uc h a ile
o rg an is ato ris eh en G ru nd e - n ac h
der G eb urt von der M utter ge-
tre nn t, k an n d as K in d d ie s a ls
A ll ei ngel as senwe rden, a ls Bezi e-hungsabbruch ernpftnden un d
e be nfa lls m it e me r S tb ru ng d er
H inw endung zur M utter und der
momen tanen E in sehrankung
se ines Urver trauens reagieren.
62
»Wo ra n B ab ys s ic h e rin ne rn « is t
d ies e ind rucksvol l gesch ilde r t.
5 ie m erk en , e s q ib t G ru nd e g en ug ,
a nh alte nd z u s ch re ie n o de r a us
A ng st u nd V er un sic he ru ng n ic ht
m eh r s ch la fe n z u k bn ne n. In d ie -
sem Fa ll s ol lt en S ie s ic h f acht he ra -
p eut is che H il fe hol en .
Um ga ng m it e in em B ab y h atte n
a bs eh au en k bn ne n. W a hre nd d ie
K in de r fru he r m it e me r g ro Be n
Geschwis terscha r au fgewaehsen
s in d, w o Ih ne n d ie B etre uu ng d er
k le ine ren Geschwister jahre lang
e ine Se lbs tve rs tand li chkei t wa r ,
h ab en E lte rn h eu tz uta ge o ft z umerste n M ale ein B aby im A rm . S ie
s in d g ute E lte rn , a ue h w en n S ie
v ie ll ei eh t u nqeub t s in d.
1 m Ba by s in d g an z b es timmte V er-
h a lt en swe isen und b .o lo qi sch
b ed in gte E rw artu ng en a n d ie
E lte rn v er an la gt. D ie Na tu r h at
E lt er n und Babys norma le rwe ise
b es te ns a us ge sta tte t. d am it s ie
z uv er la ss .q m ite in an de r in d enfur das Baby Oberlebenswich tigen
K on ta kt tre te n k on ne n, U nte r
e in er I nt er a kt io nsst brung ver st eh t
m a n e in e S tb ru ng in d ie se rwec h-
sel se rt iq en Bezi ehunq . Daswech -
se lse i tige, aufe inanderbezogene
H an de ln is t d a nn a us d en v er-
seh ie dens te n Ursaehen rucht mehr
fe in a ufe in an de r a bg es timmt. S o
k ommt e s s oz us ag en s ta nc io z u»M is sver st andrnssen« Das Baby
sende t S ig na le zur Kont ak tau f-
n ahme a us , e sw ill s ein e B efin d-
lic hk eit o de r s ein B ed ur fn is m it-
te ile n, u nd d ie E lte rn r ea g ie re n
Intera kti0nssto ru n9 e n
Manc he n E lte rn q elin qt e s r u ch t
e in de utig , d ie S ig na le ih re s B a -
b ys z u e nts ch lO ss eln u nd a uf
se in e Bo tseha ft en zu reag ie re n.
So kom mt es h in und w ieder zu
» verstandlqu ngsschwier ig ke it en «
z wis ch en E lte rn u nd K in d. A ue hh ie r q ib t e s k e in en Zwe ife l d ara n,
d as s s ic h d ie E lte rn d em B ab y lie -
b ev ol! z uwen de n. B itte s ue he n
S ie n ic ht d ie » Sc hu ld « b ei s ic h.
D as b ed rO ck t n ur u nn 6tig u nd
la hr nt S ie e he r, a ls d as s e s I hn en
u nd Ih re m B ab y w e ite rh ilft. A k-
zept ie re n 51edi e Ta ts a che , d a ss
e s i n u ns er er Z eit w e nig V or bild er
63
ne r b io log isehen Veran lagung
erw artet. S o h at da s B aby da s
G efu hl, n ic ht n ch tiq b el d en E lte rn
»anzukommen«. E s ver su ch t sei n
M b glic he s, d oc h o hn e d en e rh off-
te n E rfo lg . D ie F ru str atio n is t g ro B,
w eil d as B ab y in d ie sem M om en t
o hn e d en fO r s ein e S ic he rh eit n ot-w en dig en in ne re n K on ta kt z ur
Bezugsperson 1S t.Langf rl s tlg w i rd
d as K in d in s ein en G efO hle n d a-
d ur ch s o t ie f v er un sic he rt, d a ss e s
s ic h n ic ht e nts pa nn t d em S ch la f
a nv er tr au en k an n, s on de rn s ta n-
d ig in Ha b-Ac ht- Ste llu ng b le ib en
m us s, u rn z u s eh en , o b d ie E lte rn
n oe h d a s in d.
Drei-Monats-Koliken
J a, e s g i bt s ie ta tsach lkh , die
be rueht ig ten Dre i-Mona ts-Kol i-
k en . A lle rd in gs s in d s ie la ng e
nieht 50 h a ufiq . w ie kmderarzte
u nd g ep la gte E lte rn g la u be n.
M a n m us s h ie r u nte rs ch eid en z wi-
s ch en B la hu nq en u nd K olik en .
B lahunqen ha t wah rs chem li chje de s B ab y e in - b is m eh rm als am
Ta g. B ei K olik en d ag eg en le id et
d as K in d s tu nd en la ng a n a nh al-
te nd s ta rk en S chme rz en . G ep ei-
n ig te E lte rn w is se n. d as swe de r
Blahunqstropfchen noch Krauter- gezeigt, dass die Krampfe tm auch graBe Schwierigkeiten beim
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 33/34
tees, weder Zapfchen noch Einrei-
bungen, weder Hombopathie
noch Allopathie die Ursachen be-
seitigen oder die Symptome lan~
gerfrist ig lindern konncn. Ohne
Zweifel ist dies ein Leiden, das
die 8abys und rhre Eltern heftig
qualt. Auch hier sind die eiqent-lichen HintergrOnde weitgehend
unbekannt. Die ganglge Diagnose
»Unreife des Verdauungstraktes«
kann man getrost als hilflosen
Erklarunqsversuch betrachten,
denn dieses Phanornen ist nur in
unserem hochzivilisierten Kultur-
kreis bekannt. Und warum sollten
afrikanische Neugeborene einen
reiferen Darmtrakt haben als mit-teleuropaische Kinder?
Da dieses Problem des Dauer-
schreiens heutzutage auffallend
after auftr it t als noch vor zwanzig
Jahren, suchen Eltern wie Fach-
leute nach Ursachen. Oftmals feh-
len schlOssige Erklarunqen. weil
das Kind rucht in seiner energeti-
schen Ganzheit gesehen wird.
Was liegt da naher, als an Bauch-schmerzen zu den ken und prakti-
scherweise gleich die passenden
Trbpfchen zu verabreichen.
Die Erfahrungen und Forschungen
der letzten Jahre haben auch hier
64
Bauch auf die bereits erwahnten
Blockierungen im Energiefluss
zurOckzufOhren sind, die durchjede Form von korperlichen und
seelischen Stress ausgelbst wer-
den kbnnen. Aus diesen Zusarn-
rnennanqen erqibt sich wiederurn
die dringliche Behandlungsbe-
dOrftigkeit.
Das KISS-Syndrom
Seit einigen Jahren ist auch das
KISS-Syndrom ~ die Kopfgelenk-
induzierte-Syrnrnetriestorunq -
bekannt geworden. Eshandelt
sich hierbei um eine wahreno der
Geburt hervorgerufene laterale
Verschiebung der oberen Halswir-
bel, die starke 5chmerzen oder
zumindest ein starkes, dauerhaf-
tes Unwohlsein verursacht, zueiner Asymmetrie der Muskulatur
fOhrt und dringend behandelt
werden muss. Dieskann, neben
vielen anderen Symptomen einer
Koordinationsstorunq, dem Kind
Schlafenlegen bereiten. Aller-
dings lauft die Diagnose» KISS-
Syndrom« schon wieder Gefahr-
ahnlich wie auch die Drei-Monats-
Koliken - zu einer einleuchtenden
Erkiarunq fur aile mbglichen Sto-
rungen zu werden, deren Ursa-
chen eigentlich im seelisch-geisti-gen Bereich zu finden waren.
Hinweise auf das KIS5-5yndrom
konnen standiqe Unruhe, sofor-
tiges Weinen berm Ablegen des
Kindes, bevorzugte Haltung des
K6pfchens in eine Richtung auch
nach der 6. Lebenswoche und erne
beqmnende Gesichtsasymmetrie
sein. Bit te lassen 5ie Ihr Kind im
Verdachtsfall von einem Facharztuntersuchen und behandeln.
D ie Per s6nlic hkeit des
Kindes
Entgegen der jahrzehntealten An-
nahme der Psychologie, ein Kind
wOrde in seinen Eigenschaften
hauptsachlich von der Umwelt undseinen Erfahrungen qepraqt. gibt
es heute schon gut fundiertes
Wissen darOber, dass das Kind
als ausgebildete Personlichkeit
zur Welt kommt und die ihm eige-
eigenschaften mitbringt. So kann
ein Kind auch angstlich und zu-
rOckhaitend sein, ohne dass es
besondere angsterregende Um-
stande erlebt haben muss. Dann
ist die Angstlichkeit und Zuruck-
haltung ein Teilseiner Personlich-
keitsstruktur, wie bei anderen
Kindern die Frbhlichkeit und
Unbeschwertheit, das Draufqan-
gertum oder die Nachdenklichkeit.
All dies ist angeboren und hat wie
aile anderen Wesensmerkmale
seine Daseinsberechtigung wie
seine Licht- und 5chattenseiten.
Hier benotiqt das Kind vier Halt
und vertrauensfbrdernde Interven-
t ionen. Dazu habe ich in meinen
BroschOren Ober das Weinen der
kleinen Kinder viele Anregungen
gegeben, wie man auch einem
zaghaften Kind den ROckenstar-ken und es konfliktfahig und
lebenstOchtig werden lassen
kann.
65
Beziehungskrisen einer unterschiedlichen Behand-
5/10/2018 Brigitte Hannig, Heft 4 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/brigitte-hannig-heft-4 34/34
der Eltern
Beziehungskrisen, Trennungen,
»Patchwork-Fam ilien ({,geplante
oder vallzagene Scheidungen
sind fUr Kinder, gleich welchen
Alters, extrem belastend. Auch
das kann man ohne Bewertungannehmen. Es ware wenig sinn-
vall, dieses Thema auszublen-
den, denn solche Ereignisse kon-
nen dem Kind die Ruhe und das
Vertrauen nehmen, in dieser Welt
gut und sicher aufgehoben zu
sem Aber auch hier konnen die
Beteillgten das Beste daraus
machen und sich therapeutische
UntersOtzung holen.
Wo finden Sie Hilfe?
Liebe Eltern, mit diesen letzten
AusfOhrungen habe ieh Ihnen ver-
deutlicht, dass das Schlafproblem
Ihres Kindes sehr verschiedene
Ursachen haben kann, die aile
66
lung bedOrfen. Die einzelnen
Hilfsangebote und Therapiembg-
l.chkeiten hier darzustellen, wOrde
den Rahmen dieser BroschOre
aber sprengen.
Bitte wenden Sie sich an Ihre
Hebamme, die Ihnen vielleicht
weiterhelfen kann. ErkundigenSie sich nach geeigneten Scranio-
Sakral-Therapeuten, klassischen
Hombopathen und ganzheitlich
orientierten Therapeuten und
Medizinern.
Wenn Sie das GefOhl haben, »hier
st immt was nicht«. dann suchen
Sie Hilfe. Lassen Sie sich rucht
abspeisen mit der Bemerkung»das harte meiner auch«
Gerne kbnnen Sie auch - mit
2,30 € in Briefmarken fur Porto
und Kopien - eme Liste der Hilfs-
und Therapiembglichkeiten bei
mir anfordern oder unter meiner
alten Praxisnummer021 021
399532 erne persbnliche Bera-
tung meiner Mitarbeiter in erhal-ten.
leh wOnsche Ihnen alles Gute fOr
Sieund Ihr Kind.
Btiqttte Hannig