campus extra

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Forschung im Studium de Ingenieure tüfteln schon früh im Labor. Seite 2 In die weite Welt hinaus tin berichtet von ihrem New-York-Aufenthalt. Seite 6 CAMPUS EXTRA Universität des Saarlandes Ausgabe II/2015 Donnerstag, 19. November 2015 Universität des Saarlandes zählt bundesweit zu den mittelgroßen Hochschulen, sie ist aber im Ver- gleich besonders forschungsstark. Das hat vor kurzem das Förderran- king der Deutschen Forschungsge- meinschaft verdeutlicht. Die Saar- Uni nimmt dort Platz 38 von 210 ge- rankten Universitäten und Fach- hochschulen ein. Dabei ist zu be- achten, dass bei dieser Rangfolge die Größenunterschiede der Hoch- schulen nicht berechnet werden. An der Saar-Uni haben Forscher vor allem in der Informatik hohe Drittmit- telsummen eingeworben, aber auch in der Medizin, den Biowissen- schaften sowie der Materialwissen- schaft und Werkstofftechnik. Sie konnten sich damit im harten natio- nalen und internationalen Wettbe- werb behaupten. Von dieser Forschung profitieren auch die Studentinnen und Studen- ten der Saar-Uni. Sie werden bereits früh in Forschungsprojekte einge- bunden und können in diesem Rah- men ihre Bachelor- und Masterar- beiten schreiben. Einige recher- chieren auch für Buchprojekte oder tragen im Labor mit ihren Analysen zu aktuellen Forschungsfragen bei. Und im Hörsaal lernen die Studen- ten den neuesten Stand auf ihrem Fachgebiet kennen, wenn die Wis- senschaftler von internationalen Konferenzen berichten. Die Universität will sich auch in Zukunft den nationalen Herausfor- derungen in der Forschung stellen. Dies wird jedoch nur möglich sein, wenn der Bund erfolgreiche Exzel- lenzcluster wie das der Saarbrücker Informatik und Computerlinguistik dauerhaft auf eine solide Finanzba- sis stellt und sich noch viel stärker in die Grundfinanzierung der Hoch- schulen einbringt. Ansonsten fallen die Hochschu- len in finanzschwachen Bundeslän- dern aus dem Raster und haben künftig keine Chance mehr, wie im Saarland ein regionales For- schungszentrum mit Wissenschaft- lern aus der ganzen Welt aufzubau- en und dauerhaft zu sichern. Ihr Universitätspräsident Volker Linneweber EDITORIAL Leserinnen, liebe Leser, müssen kommu- nikativ sein Seite 3 graben mysteriö- ses Bauwerk auf dem Cam- pus aus Seite 4 an der Uni Seite 5 Frankreichwissen von der Saar-Uni in den Job Seite 7 macht Schiffe si- cher Seite 8 INHALT Zufall entdeckten drei Cyber- sicherheits-Studenten im ersten Se- mester, dass man in einer von vielen Firmen genutzten Datenbank ohne Kennwort Zugang bekam. Mit dem Gefühl, dass da etwas grundsätz- lich faul ist, gingen sie zu Michael Backes, ihrem Professor für IT-Si- cherheit. Dieser engagierte sie so- fort als studentische Hilfskräfte und ließ sie, angeleitet von Doktoran- den, die gravierende Sicherheitslü- cke genauer untersuchen. „Ein so früher Einstieg in die eigene For- schung ist ungewöhnlich, oft kön- nen Bachelorstudenten aber schon bei Forschungsprojekten mitwir- ken“, sagt Kristina Scherbaum, Ge- schäftsführerin des Exzellenzclus- ters an der Saar-Uni. Im Umfeld der rund 100 Nachwuchsforscher des Clusters sind derzeit etwa 40 Stu- denten als wissenschaftliche Hilfs- kräfte beschäftigt. „Der Einstieg gelingt oft, indem die Studenten kleine Forscher- teams beim Programmieren unter- stützen. Sobald sie sich dann bes- ser im Thema auskennen, geht es auch an die Projektarbeit. Viele schreiben dann ihre Bachelor- und Masterarbeiten in der Arbeitsgrup- pe“, erläutert Scherbaum. So bekä- men sie frühzeitig mit, wie der Wis- senschaftsbetrieb funktioniert und profitierten davon für die eigene Karriere. „In der Saarbrücker Infor- matik ist es nicht ungewöhnlich, dass Masterstudenten auch pub- lizieren und dann zu internationalen Konferenzen reisen, um dort ihre Forschungsergebnisse zu präsen- tieren. Ich habe das als Masterstu- dentin selbst auch so gemacht“, er- innert sich Kristina Scherbaum, die über 3-D-Computermodelle promo- viert hat. Auf den Konferenzen träfe man viele Forscher, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigten und die entsprechend intensiv da- rüber diskutieren könnten. „An der eigenen Uni gibt es meist nur sehr wenige Forscher, die am exakt gleichen Thema arbeiten wie man selbst. Durch Publikationen und Fachkonferenzen lernt man aber schnell weltweit Experten ken- nen und kann sich ganz unkompli- ziert austauschen oder sogar für ei- ne gemeinsame Veröffentlichung zusammenarbeiten“, sagt Scher- baum. Auf den Konferenzen könne man sich so sein eigenes Netzwerk aufbauen. „Das ist auch für Studen- ten interessant, die später in die In- dustrie gehen möchten, aber die neuesten Entwicklungen auf ihrem Gebiet verfolgen wollen“, findet die Clustermanagerin. An der Saar-Uni werden daher viele Studenten auch in anderen Fachrichtungen schon früh an der Forschung beteiligt. Rund 1 200 Studenten haben an der Universität einen Nebenjob als Hilfswissenschaftler, kurz „Hiwi“ genannt. Geschätzt die Hälfte ist darüber in Forschungsprojekte ein- gebunden und das quer durch alle Fächer. Auch an den Forschungseinrich- tungen im Umfeld der Uni, etwa dem Helmholtz-Institut für Pharma- zeutische Forschung oder dem Leibniz-Institut für Neue Materia- lien, werden Studenten als Hiwis beschäftigt oder können dort ihre Abschlussarbeiten schreiben. Weitere Artikel über forschende Studentinnen und Studenten fin- den sich auf den folgenden Seiten von Campus extra. ist an der Saar-Uni nicht ausschließlich Sache der Wissenschaftler. Hier haben bereits Studentinnen und Studenten die Möglichkeit, bei Forschungsprojekten mit anzupacken. Foto: Bellhäuser FORSCHUNG An der Saar-Uni und an Einrichtungen wie dem Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung können bereits Studenten forschen „Sicherheitslücke aufgespürt: Millionen Kundendaten unge- schützt“. Diese Schlagzeile lief bundesweit durch die Medien. Im Mittelpunkt standen drei Saarbrü- cker Studenten, die direkt in die Forschung eingestiegen sind. An der Saar-Uni ist das keine Selten- heit. VON FRIEDERIKE MEYER ZU TITTINGDORF „Informiert euch, nutzt Kontakte und seid offen für Angebote“, empfiehlt Anne Müller-Leist, die als Studien- koordinatorin in den Philosophi- schen Fakultäten weiterhilft. Erstse- mester, so ihre Erfahrung, trauen sich oft nicht zu fragen. „Etwas nicht zu wissen, ist nicht peinlich, son- dern ganz normal, gerade am Anfang. Es gibt viele Infor- mationsangebote, überall gibt es An- sprechpartner, et- wa Studienkoordi- natoren oder Studi- enberater, die ger- ne weiterhelfen. Er- fahrungsgemäß nutzen aber viele das Angebot nicht oder spät“, sagt sie. Gerade, wenn es um Studienor- ganisation geht, sollten Neulinge sich Rat holen. „Es dauert seine Zeit, bis man ein Gefühl dafür ent- wickelt, wie umfangreich etwa eine Klausurvorbereitung ist. Die Stu- denten laden sich oft zu viel auf“, sagt Müller-Leist. Das bestätigt Carolin Cullmann, die ihren Bachelor in Anglistik und Germanistik in der Tasche hat, und jetzt ihren Master macht: „Am An- fang habe ich alles auswendig ge- lernt und schnell gemerkt, dass das bei der Fülle an Stoff gar nicht geht. Erst mit der Zeit ha- be ich rausgefun- den, wie ich das Lernen plane und unterscheide, was wichtig ist und was nicht.“ Sich hierbei früh Hilfe zu holen, kann also Gold wert sein. Diesen Rat gibt auch der Messtechniker Pro- fessor Andreas Schütze: „Die neu- en Studenten sollten die Angebote auch von Asta und Fachschaften nutzen. Von höheren Semestern er- fahren sie schnell, wo Fehler lauern und was sie beachten sollten.“ Überhaupt klappe es gemeinsam besser. „Am besten schließen sich Studenten in kleinen Gruppen zu- sammen – da fällt auch das Lernen leichter.“ „Bei Fragen rund um die Vorle- sung sollte man sich direkt nach der Veranstaltung an die Dozenten wenden“, rät Jura-Professorin An- nemarie Matusche-Beckmann. „Er oder sie wird diese Fragen, die oft auch für andere wichtig sind, gerne beantworten.“ Zum Thema Lernen empfiehlt sie: „Nach meiner Er- fahrung gilt: Je kon- tinuierlicher man lernt, desto besser der Erfolg. Anstelle von riesigen Lerneinheiten, die man doch nicht einhält, ist es besser, sich auf ein kleineres Lernpensum pro Tag einzustellen und das Tag für Tag durchzuhalten.“ Zeitmanagement-Experte Profes- sor Cornelius König sagt hierzu: „Es ist die Umsetzung, auf die es an- kommt. Sätze wie ‚Fast alles dauert länger, als man denkt’ und ‚Lieber etwas früher mit dem Lernen anfan- gen’ sind nicht spektakulär, aber man kann sie nur immer wiederho- len. Was richtig ist, weiß man meist vorher schon, aber trotzdem tut man es nicht.“ Doch was ist im Ernstfall, wenn dem Anfänger dämmert: Das ist der falsche Studiengang? „In jedem Fall einen Termin bei uns ver- einbaren“, sagt Pe- ter Hell von der Stu- dienberatung. „Wer sich sicher ist, dass er dieses Fach nicht weitermachen will, der sollte Veranstaltungen von Fächern besuchen, die ihn interessieren.“ Aber aller Anfang ist schwer. Erst- semester sollten nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. ERSTES SEMESTER Mut! So gelingt der Studienstart Wie Erstsemester den Studienbeginn meistern, erklären erfahrene Studenten und Professoren VON CLAUDIA EHRLICH Schüt- ze. Foto: Zema M.-Beck- mann. Foto: Mack Kö- nig. Foto: Pütz Cull- mann. Foto: ehr Die Zahl der Studenten an der Uni- versität des Saarlandes wird in die- sem Wintersemester bei rund 18 000 liegen. Damit haben sich et- was weniger Studenten in Saarbrü- cken und Homburg eingeschrieben als im vergangenen Jahr. Der leich- te Rückgang der Studentenzahlen ist dem demographischen Wandel im Saarland geschuldet, aber auch dem Abflauen der durch die dop- pelten Abiturjahrgänge ausgelös- ten Bugwelle. Außerdem hat die Universität nach den Vorgaben der Landesregierung weniger Lehr- amtsstudenten zugelassen. Bei Studienanfängern sind wei- terhin besonders beliebt die Studi- enfächer Rechtswissenschaft (332 Erstsemester), Medizin (276), Be- triebswirtschaftslehre (168), Infor- matik (146) und Psychologie (107). Während die Zahl der Studenten aus dem Saarland leicht rückläufig ist, beträgt der Anteil aus anderen Bundesländern und aus dem Aus- land inzwischen mehr als 50 Pro- zent. red Rund 18 000 Studenten im Wintersemester

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Page 1: Campus Extra

Forschung im Studium A������deIngenieure tüfteln schon früh im Labor. Seite 2

In die weite Welt hinaus S�����tin berichtetvon ihrem New-York-Aufenthalt. Seite 6

CAMPUSEXTRA

Z���� ��Universität des SaarlandesAusgabe II/2015Donnerstag, 19. November 2015

d��Universität des Saarlandes zähltbundesweit zu den mittelgroßenHochschulen, sie ist aber im Ver-gleich besonders forschungsstark.Das hat vor kurzem das Förderran-king der Deutschen Forschungsge-meinschaft verdeutlicht. Die Saar-Uni nimmt dort Platz 38 von 210 ge-rankten Universitäten und Fach-hochschulen ein. Dabei ist zu be-achten, dass bei dieser Rangfolgedie Größenunterschiede der Hoch-schulen nicht berechnet werden.An der Saar-Uni haben Forscher vorallem in der Informatik hohe Drittmit-telsummen eingeworben, aberauch in der Medizin, den Biowissen-schaften sowie der Materialwissen-schaft und Werkstofftechnik. Siekonnten sich damit im harten natio-nalen und internationalen Wettbe-werb behaupten.

Von dieser Forschung profitierenauch die Studentinnen und Studen-ten der Saar-Uni. Sie werden bereitsfrüh in Forschungsprojekte einge-bunden und können in diesem Rah-men ihre Bachelor- und Masterar-beiten schreiben. Einige recher-chieren auch für Buchprojekte odertragen im Labor mit ihren Analysenzu aktuellen Forschungsfragen bei.Und im Hörsaal lernen die Studen-ten den neuesten Stand auf ihremFachgebiet kennen, wenn die Wis-senschaftler von internationalenKonferenzen berichten.

Die Universität will sich auch inZukunft den nationalen Herausfor-derungen in der Forschung stellen.Dies wird jedoch nur möglich sein,wenn der Bund erfolgreiche Exzel-lenzcluster wie das der SaarbrückerInformatik und Computerlinguistikdauerhaft auf eine solide Finanzba-sis stellt und sich noch viel stärker indie Grundfinanzierung der Hoch-schulen einbringt.

Ansonsten fallen die Hochschu-len in finanzschwachen Bundeslän-dern aus dem Raster und habenkünftig keine Chance mehr, wie imSaarland ein regionales For-schungszentrum mit Wissenschaft-lern aus der ganzen Welt aufzubau-en und dauerhaft zu sichern.

Ihr Universitätspräsident

Volker Linneweber

EDITORIAL

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Saar-Uni in den Job Seite 7

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INHALT

D*+,-Zufall entdeckten drei Cyber-sicherheits-Studenten im ersten Se-mester, dass man in einer von vielenFirmen genutzten Datenbank ohneKennwort Zugang bekam. Mit demGefühl, dass da etwas grundsätz-lich faul ist, gingen sie zu MichaelBackes, ihrem Professor für IT-Si-

cherheit. Dieser engagierte sie so-fort als studentische Hilfskräfte undließ sie, angeleitet von Doktoran-den, die gravierende Sicherheitslü-cke genauer untersuchen. „Ein sofrüher Einstieg in die eigene For-schung ist ungewöhnlich, oft kön-nen Bachelorstudenten aber schonbei Forschungsprojekten mitwir-ken“, sagt Kristina Scherbaum, Ge-schäftsführerin des Exzellenzclus-ters an der Saar-Uni. Im Umfeld derrund 100 Nachwuchsforscher desClusters sind derzeit etwa 40 Stu-denten als wissenschaftliche Hilfs-kräfte beschäftigt.

„Der Einstieg gelingt oft, indemdie Studenten kleine Forscher-teams beim Programmieren unter-stützen. Sobald sie sich dann bes-ser im Thema auskennen, geht es

auch an die Projektarbeit. Vieleschreiben dann ihre Bachelor- undMasterarbeiten in der Arbeitsgrup-pe“, erläutert Scherbaum. So bekä-men sie frühzeitig mit, wie der Wis-senschaftsbetrieb funktioniert undprofitierten davon für die eigeneKarriere. „In der Saarbrücker Infor-matik ist es nicht ungewöhnlich,dass Masterstudenten auch pub-lizieren und dann zu internationalenKonferenzen reisen, um dort ihreForschungsergebnisse zu präsen-tieren. Ich habe das als Masterstu-dentin selbst auch so gemacht“, er-innert sich Kristina Scherbaum, dieüber 3-D-Computermodelle promo-viert hat. Auf den Konferenzen träfeman viele Forscher, die sich mitähnlichen Themen beschäftigtenund die entsprechend intensiv da-

rüber diskutieren könnten.„An der eigenen Uni gibt es meist

nur sehr wenige Forscher, die amexakt gleichen Thema arbeiten wieman selbst. Durch Publikationenund Fachkonferenzen lernt manaber schnell weltweit Experten ken-nen und kann sich ganz unkompli-ziert austauschen oder sogar für ei-ne gemeinsame Veröffentlichungzusammenarbeiten“, sagt Scher-baum. Auf den Konferenzen könneman sich so sein eigenes Netzwerkaufbauen. „Das ist auch für Studen-ten interessant, die später in die In-dustrie gehen möchten, aber dieneuesten Entwicklungen auf ihremGebiet verfolgen wollen“, findet dieClustermanagerin. An der Saar-Uniwerden daher viele Studenten auchin anderen Fachrichtungen schon

früh an der Forschung beteiligt.Rund 1 200 Studenten haben ander Universität einen Nebenjob alsHilfswissenschaftler, kurz „Hiwi“genannt. Geschätzt die Hälfte istdarüber in Forschungsprojekte ein-gebunden und das quer durch alleFächer.

Auch an den Forschungseinrich-tungen im Umfeld der Uni, etwadem Helmholtz-Institut für Pharma-zeutische Forschung oder demLeibniz-Institut für Neue Materia-lien, werden Studenten als Hiwisbeschäftigt oder können dort ihreAbschlussarbeiten schreiben.

Weitere Artikel über forschendeStudentinnen und Studenten fin-den sich auf den folgenden Seitenvon Campus extra.

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FORSCHUNG

W788 9:;<78:78 <7= >8:<7?@7=B7CE: GH?@:An der Saar-Uni und an Einrichtungen wie dem Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung können bereits Studenten forschen

„Sicherheitslücke aufgespürt:Millionen Kundendaten unge-schützt“. Diese Schlagzeile liefbundesweit durch die Medien. ImMittelpunkt standen drei Saarbrü-cker Studenten, die direkt in dieForschung eingestiegen sind. Ander Saar-Uni ist das keine Selten-heit.

VON FRIEDERIKEMEYER ZU TITTINGDORF

„Informiert euch, nutzt Kontakte undseid offen für Angebote“, empfiehltAnne Müller-Leist, die als Studien-koordinatorin in den Philosophi-schen Fakultäten weiterhilft. Erstse-mester, so ihre Erfahrung, trauensich oft nicht zu fragen. „Etwas nichtzu wissen, ist nicht peinlich, son-

dern ganz normal,gerade am Anfang.Es gibt viele Infor-mationsangebote,überall gibt es An-sprechpartner, et-wa Studienkoordi-natoren oder Studi-enberater, die ger-ne weiterhelfen. Er-fahrungsgemäßnutzen aber viele

das Angebot nicht oder spät“, sagtsie. Gerade, wenn es um Studienor-ganisation geht, sollten Neulingesich Rat holen. „Es dauert seineZeit, bis man ein Gefühl dafür ent-wickelt, wie umfangreich etwa eine

Klausurvorbereitung ist. Die Stu-denten laden sich oft zu viel auf“,sagt Müller-Leist.

Das bestätigt Carolin Cullmann,die ihren Bachelor in Anglistik undGermanistik in der Tasche hat, undjetzt ihren Master macht: „Am An-fang habe ich alles auswendig ge-lernt und schnell gemerkt, dass dasbei der Fülle an Stoff gar nicht geht.

Erst mit der Zeit ha-be ich rausgefun-den, wie ich dasLernen plane undunterscheide, waswichtig ist und wasnicht.“ Sich hierbeifrüh Hilfe zu holen,kann also Gold wertsein. Diesen Ratgibt auch derMesstechniker Pro-

fessor Andreas Schütze: „Die neu-en Studenten sollten die Angeboteauch von Asta und Fachschaftennutzen. Von höheren Semestern er-fahren sie schnell, wo Fehler lauernund was sie beachten sollten.“

Überhaupt klappe es gemeinsambesser. „Am besten schließen sichStudenten in kleinen Gruppen zu-sammen – da fällt auch das Lernenleichter.“

„Bei Fragen rund um die Vorle-sung sollte man sich direkt nach derVeranstaltung an die Dozentenwenden“, rät Jura-Professorin An-nemarie Matusche-Beckmann. „Er

oder sie wird dieseFragen, die oftauch für anderewichtig sind, gernebeantworten.“ ZumThema Lernenempfiehlt sie:„Nach meiner Er-fahrung gilt: Je kon-tinuierlicher manlernt, desto besserder Erfolg. Anstelle

von riesigen Lerneinheiten, die mandoch nicht einhält, ist es besser,sich auf ein kleineres Lernpensumpro Tag einzustellen und das Tagfür Tag durchzuhalten.“

Zeitmanagement-Experte Profes-

sor Cornelius König sagt hierzu: „Esist die Umsetzung, auf die es an-kommt. Sätze wie ‚Fast alles dauertlänger, als man denkt’ und ‚Lieberetwas früher mit dem Lernen anfan-gen’ sind nicht spektakulär, aberman kann sie nur immer wiederho-len. Was richtig ist, weiß man meistvorher schon, aber trotzdem tutman es nicht.“

Doch was ist imErnstfall, wenn demAnfänger dämmert:Das ist der falscheStudiengang? „Injedem Fall einenTermin bei uns ver-einbaren“, sagt Pe-ter Hell von der Stu-dienberatung.„Wer sich sicher ist,dass er dieses

Fach nicht weitermachen will, dersollte Veranstaltungen von Fächernbesuchen, die ihn interessieren.“Aber aller Anfang ist schwer. Erst-semester sollten nicht gleich dieFlinte ins Korn werfen.

ERSTES SEMESTER

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VON CLAUDIA EHRLICH

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Die Zahl der Studenten an der Uni-versität des Saarlandes wird in die-sem Wintersemester bei rund18 000 liegen. Damit haben sich et-was weniger Studenten in Saarbrü-cken und Homburg eingeschriebenals im vergangenen Jahr. Der leich-te Rückgang der Studentenzahlenist dem demographischen Wandelim Saarland geschuldet, aber auchdem Abflauen der durch die dop-pelten Abiturjahrgänge ausgelös-ten Bugwelle. Außerdem hat dieUniversität nach den Vorgaben derLandesregierung weniger Lehr-amtsstudenten zugelassen.

Bei Studienanfängern sind wei-terhin besonders beliebt die Studi-enfächer Rechtswissenschaft (332Erstsemester), Medizin (276), Be-triebswirtschaftslehre (168), Infor-matik (146) und Psychologie (107).Während die Zahl der Studentenaus dem Saarland leicht rückläufigist, beträgt der Anteil aus anderenBundesländern und aus dem Aus-land inzwischen mehr als 50 Pro-zent. red

Rund 18 000Studenten imWintersemester

Page 2: Campus Extra

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Donnerstag, 19. November 2015

wendungen für die Formgedächt-nislegierungen. „Wir forschen anflexiblen Roboterhänden für Ferti-gungsstraßen und an Prothesen,die funktionieren wie menschlicheGliedmaßen. Wir nutzen das Form-gedächtnis auch für neue umwelt-freundliche Kühlsysteme, um Wär-me abzutransportieren“, zählt See-lecke auf.

Das alles sind spannende For-schungsprojekte, auch für jungeForscherinnen und Forscher. „Wirwollen Nachwuchswissenschaftlerfür unsere Forschungen begeisternund ihnen auch die Möglichkeit bie-ten, erste Projekte selbstständig zubearbeiten“, sagt er. Und so arbei-tet in seinem Team eine ganze Rei-he junger Forscher, die aus derganzen Welt herkommen. „Ich binsehr froh darüber, dass ich schonim Studium in dieser Arbeitsgruppeforschen kann“, sagt Julian Kunze.

Sie stapeln Kartons, laden zig Do-sen gleichzeitig auf Paletten, beför-dern sperrige Bleche oder transpor-tieren große Glasscheiben: Vaku-um-Greifer sind heute vielerorts imEinsatz. Die gängigen Systeme ar-beiten mit Druckluft: Sie erzeugeneinen Unterdruck und der Greifersaugt sich fest an die Last, die ertransportieren soll. Es sind tech-nisch diffizile Apparaturen, sie sindschwer und machen recht vielLärm. Der neuartige Sauggreifer,den der Student Julian Kunze entwi-ckelt hat, ist schlicht, leicht, leiseund effizient. Das Geheimnis beruhtauf künstlichen Muskeln: Das sindhauchfeine Drähte aus Nickel-Titan,die eine besondere Eigenschaft ha-ben. „Der Draht zieht sich zusam-men, solange Strom durch ihn fließt.Wie ein Muskel kann er so anspan-nen und wieder entspannen“, er-klärt Julian Kunze.

Formgedächtnis nennen das dieWissenschaftler. Das ist die Spezia-lität von Stefan Seelecke: Der Pro-fessor für Intelligente Materialsyste-me ist einer der weltweit führendenForscher auf dem Gebiet dieserkünstlichen Muskeln. „Das Materialerinnert sich quasi an seine alteForm: Wenn es verformt wird, nimmtes diese anschließend wieder an.Diese Eigenschaft des Nickel-Titan-Drahts beruht darauf, dass sich sei-ne Gitterstruktur umwandelt, wenner erwärmt wird“, erklärt Seelecke.An der Saar-Uni und am Saarbrü-cker Zentrum für Mechatronik undAutomatisierungstechnik entwi-ckeln er und sein Team neue An-

„Auch als Student kann ich hier an-spruchsvolle eigene Projekte bear-beiten, ohne dass jeder Schritt engvorgegeben wäre.“ Er werde geför-dert und gefordert, betont er. „Ichkann das verwirklichen, was michinteressiert. Und ich lerne viele Leu-te aus aller Welt kennen und arbeitemit ihnen zusammen. Weil Profes-sor Seelecke in zahlreichen Projek-ten mit Industriepartnern koope-riert, kann ich auch viele Kontakteaufbauen. Das macht die Arbeit hiersehr spannend, und ich verdienedabei auch noch Geld“, sagt er.

Bei seinem Vakuum-Greifer ist einSaugnapf direkt mit einem Formge-dächtnisdraht verbunden, der ge-zielt und hochpräzise angesteuertwerden kann. Der Draht zieht an derMembran und löst ein Vakuum aus,wenn dieser flach auf einem Gegen-stand liegt. „Damit ist es möglich,nur mit elektrischem Strom ein trag-

fähiges Vakuum zu erzeugen“, er-klärt Julian Kunze. „Das Ganzekommt ohne Druckluft, Gebläse,Pumpen oder Sonstiges aus. Das istplatzsparend, macht das Systemleicht und der CO2-Ausstoß wirdverringert.“ Den Prototypen hat erselbst am Computer entworfen undam 3-D-Drucker des Lehrstuhlsausgedruckt, komplett samt Rah-men und Sauger. „Ich konnte dengesamten Prozess von der Idee biszum Prototyp durchlaufen“, sagt er.

Das Vakuum-Technologie-Unter-nehmen Schmalz hat ihm hierfürden Innovationspreis verliehen, dermit 4 000 Euro und einem Praktikumverbunden war. Der Student arbei-tet nun in Seeleckes Team daran,das System weiter zu optimieren.„Der Prototyp kann schon einige Ki-los heben und sicher festhalten,aber das soll natürlich jetzt noch ge-steigert werden“, sagt er und er-

gänzt: „Die Arbeit macht mir Spaß,auch und gerade wegen der Leutehier. Sie interessieren sich für das,was ich mache, ich habe immer je-manden, den ich ansprechen kann,wenn es ums Fachliche geht. Aberauch vom Persönlichen her ist dasKlima klasse“, sagt Julian Kunze,der in Seeleckes Team Spaß und Er-folg verbinden kann.

INGENIEURWISSENSCHAFT

rC: 9GHs ;8< >=tuvB E?wu8 Cx 9:;<C;x tu=E?w78Neben Bücherlesen und Klausurenschreiben gehört es für angehende Ingenieure zum Alltag, im Labor zu tüfteln, um Probleme zu lösen

y4VXR5 Kunze mit dem Pro-

totyp des Vakuum-Saug-

greifers, den er am Saar-

brücker Zentrum für Me-

chatronik und Automati-

sierungstechnik entwi-

ckelt hat. Der Greifer kann

bereits mehrere Kilo Last

heben und sicher festhal-

ten. Foto: Oliver Dietze

VON CLAUDIA EHRLICH

Leise, leicht und energieeffizientist der Sauggreifer, den der Stu-dent Julian Kunze in der Forscher-gruppe von Stefan Seelecke ent-wickelt hat. Der 24-Jährige, derseinen Master in Systems Engi-neering macht, forscht hier seitdrei Jahren. Über seine Ergebnis-se berichteten bereits Fachmaga-zine, eine Firma zeichnete ihn miteinem Innovationspreis aus.

z{|}~����|��Am Zentrum für Mechatronikund Automatisierungstechnikarbeiten Saar-Uni, Hochschulefür Technik und Wirtschaft sowieIndustriepartner zusammen. Invielen Projekten wird industrie-nah entwickelt und neue Metho-den aus der Forschung in die in-dustrielle Praxis umgesetzt.

www.zema.de

gie“ in Frankfurt hat der 25-Jährigeeine Ausbildung in der Pharmain-dustrie gemacht und in diesem Be-reich auch schon gearbeitet. Seit ei-nem Jahr ist er im Saarland und stu-diert im dritten Semester.

„Durch mein Studium in Saarbrü-cken will ich erfahren, wie an Uni-versitäten und vor allem in der For-

schung gearbeitetwird“, sagt der jun-ge Mann.

Gelegenheit da-zu hat er nicht nuram Lehrstuhl fürSystembiotechno-logie, sondern seitein paar Monatenauch am HIPS. Esist ein Standort desHelmholtz-Zent-

rums für Infektionsforschung unddas erste Forschungsinstitut außer-halb einer Uni, in dem mit öffentli-chen Geldern an neuen pharma-zeutischen Wirkstoffen geforscht

Patrick Haack ist von seinem Mas-terstudium „Biotechnologie“ beiProfessor Christoph Wittmann ander Saar-Uni begeistert – und da-von, dass er eine Stelle als Hiwi imHelmholtz-Institut für Pharmazeuti-sche Forschung Saarland (HIPS)auf dem Campus bekommen hat.Nach seinem Bachelorabschluss in„Pharmazeutischer Biotechnolo-

wird. Vor ein paar Wochen sind alleMitarbeiter in ein neues For-schungsgebäude mit hochmoder-ner technischer Ausstattung umge-zogen. Im obersten Stockwerk, inder Abteilung „Mikrobielle Natur-stoffe“ von Professor Rolf Müller, ar-beitet Haack derzeit neun Stundenpro Woche im Labor.

„Ich extrahiere Myxovalargine,das sind Stoffwechselprodukte vonBodenbakterien, die die Forscherfür viele Untersuchungen brau-chen“, erläutert der Student. Dazuwerden die Bakterien in einem ers-ten Schritt kultiviert, also auf ent-sprechenden Nährlösungen ge-züchtet. Danach werden die produ-zierten Myxovalargine in immer rei-nerer Form aus der Lösung gewon-nen. „Ich nutze chromatographi-sche Methoden, um den Naturstoffvon den anderen Zellbestandteilenzu trennen. Auf diese Weise lerneich die technischen Methoden unddie Geräte kennen, die ich vielleicht

auch für meine Masterarbeit nutzenkann. In der Biotechnologie geht esdarum, Bakterien und andere Mik-

roorganismen als ‚Zellfabriken‘ ar-beiten zu lassen. Sie können Stoffeproduzieren, die sich für vieles nut-

zen lassen, beispielsweise als Phar-mazeutika, Nahrungsergänzungs-mittel oder Pflanzenschutzmittel“,erklärt Patrick Haack.

Einen dieser Aspekte kann er beiseiner Arbeit am HIPS vertiefen:Hier konzentriert man sich darauf,neue Wirkstoffe zu finden und sie fürdie Anwendung am Menschen zuoptimieren. Von den interessantenForschungsthemen erfahren hat erbei einer Vorlesung von ProfessorRolf Müller und Silke Wenzel. „DieVorlesung hat mir gut gefallen undmir kam die Idee, dass ich im HIPSmeine Masterarbeit machen könn-te“, erzählt er. „Also wollte ich se-hen, welche Projekte es hier gibtund habe mich als Hiwi beworben.“Fasziniert ist er vor allem von derdisziplinübergreifenden For-schung: „Hier arbeiten Pharmazeu-ten, Chemiker und Biologen Hand inHand, und man hat hier gute Mög-lichkeiten, alles auszuprobieren,was einen interessiert.“

PHARMAZIE

��� Hiwi in die Arzneimittelforschung hineinschnuppernStudent Patrick Haack arbeitet auf dem Saarbrücker Campus daran mit, nützliche Stoffe aus Bakterien zu gewinnen

�Q0 Anblick solcher Petrischalen ist für Patrick Haack alltäglich. Im Labor des Saar-

brücker Helmholtz-Instituts arbeitet er mit Bakterien. Foto: Michael Ehrhart

VON GERHILD SIEBER

Wie man Bakterien für sich arbei-ten lässt und dadurch neue Arz-neimittel-Wirkstoffe gewinnenkann, erfährt Patrick Haack alswissenschaftliche Hilfskraft, kurzHiwi genannt, am Helmholtz-In-stitut für Pharmazeutische For-schung Saarland (HIPS). DerMasterstudent im Fach „Biotech-nologie“ kann dadurch Inhalte sei-nes Studiums vertiefen und be-kommt einen Einblick, wie For-schung funktioniert.

�R�0X2� �RR2�Foto: Sieber

Wie erwecken haarfeine Drähte Ro-boterhände zum Leben? Wie funk-tionieren künstliche Muskeln? DieseFragen beantworten Professor Ste-fan Seelecke und sein Team vomLehrstuhl für Intelligente Material-systeme in einem Angebot für Schü-ler ab Klasse elf. Seelecke ist einerder führenden Experten für Formge-dächtnislegierungen. Mit seinerGruppe entwickelt er unter ande-rem leichte und flexible Roboter-hände, die mit Menschen gefühlvollHand in Hand arbeiten. In den La-boren der Ingenieure können Schü-ler selbst einen Mini-Roboterarm

bauen und so programmieren, dasser präzise kleine Aufträge ausführt.Dabei verwenden sie Drähte aus Ni-ckel-Titan, die wie Muskeln an- undentspannen. „Sie lernen spielerischdie Arbeit mit dem Formgedächtnis-draht kennen, erhalten einen Ein-blick, was erforderlich ist, um sol-che Systeme zu bauen – und erle-ben, wie spannend Systems Engi-neering und Materialwissenschaftsind“, sagt Professor Seelecke. ehr

Anmeldung per Mail unter: [email protected].

Schüler können die Muskeln von Robotern trainieren

Die Uni bietet in diesem Winterse-mester mehrere öffentliche Ring-vorlesungen an, die sich an ein brei-tes Publikum wenden. Mit einerAusnahme ist der Eintritt frei.

Montags geht es um 19 Uhr imSaarbrücker Rathausfestsaal umdie saarländische Frankreichstrate-gie. „Caesarenwahn. Die Hybris derAutokraten“ lautet das Motto einerweiteren Vortragsreihe, die mit we-nigen Ausnahmen jeweils diens-tags auf dem Uni-Campus stattfin-det. Wissenschaftler verschiedenerDisziplinen schlagen hierbei eineBrücke von der Antike, in der etwa

der römische Kaiser Nero die Figurdes Autokraten symbolisiert, bis indie Gegenwart, in der die Mensch-heit Gefahr läuft, sich der WillkürKünstlicher Intelligenz auszuliefern.

Beide Vorlesungsreihen laufen bisFebruar. Noch bis zum 15. Dezem-ber läuft ebenfalls dienstags dieRingvorlesung „Erfolg in Serie“, beider die Referenten amerikanischeTV-Serien wie „The Shield“ und „TheGood Wife“ näher vorstellen.

Die Vorträge finden im Filmhausin der Mainzerstraße statt. Der Ein-tritt beträgt fünf Euro. Im Haus derZukunft in der Richard-Wagner-Straße beschäftigen sich Forscherjeweils donnerstags um 19 Uhr mitder Bedeutung des Lichts in derWissenschaft. Die Reihe läuft nochbis zum 10. Dezember. löw

Öffentliche Ringvorlesungen in diesem Wintersemesterbefassen sich mit Autokraten, Fernsehserien und Licht

�RX1Q0 Nero ist Teil einer Ringvorlesung

über Autokraten. Foto: dpa

Wie kommen Verträge zustande,wenn der Kühlschrank selbst be-stellt? Wo lauern Gefahren durchHackerangriffe oder beim Herunter-laden von Daten? Ebenso schnellwie sich die Welt um uns herum digi-talisiert und vernetzt, stehen Juris-ten in der Praxis vor neuen Rechts-fragen. „Experten für IT-Recht undIT-Sicherheit sind mehr und mehrgesucht. Bundesweit gibt es nursehr wenige fundierte Ausbildungs-angebote auf diesem Gebiet. Ander Saar-Uni bilden wir den juristi-schen Nachwuchs gezielt aus“,sagt Professor Georg Borges, ge-schäftsführender Direktor des Insti-tuts für Rechtsinformatik.

Das Angebot reicht vom erstenSemester bis zu Promotion und Be-rufseinstieg. Auf zwei Semester an-

gelegt ist derSchwerpunkt „IT-Recht und Rechts-informatik“: DasStudium umfasstVorlesungen undSeminare zu denRechtsfragen vonInternet, Big Dataund Robotik bis hinzur Digitalisierungin Wirtschaft, Ver-

waltung und Justiz. „Auch ein Teildes juristischen Staatsexamenskann im IT-Recht absolviert wer-den“, sagt Borges.

Bereits vom ersten Semester ankönnen Jura-Studenten mitmachenbeim Juristischen InternetprojektSaarbrücken: Seit zwei Jahrzehn-ten ist die Website für Juristen diezentrale Anlaufstelle im Netz rundums IT-Recht.

Als studentische Hilfskraft kön-nen Studenten früh an echter For-schung mitarbeiten. „Am Institut fürRechtsinformatik erforschen wir invielen Projekten die aktuellenRechtsfragen, etwa zur Sicherheitvon Daten in der Cloud, zur Digitali-sierung des Straßenverkehrs oderdie IT-rechtlichen Grundfragen vonIndustrie 4.0“, sagt der IT-Rechts-experte. Über eine Jobbörse ver-mittelt das Institut Praktika und freieStellen im Bereich IT-Recht. ehr

Jura-Studentenspezialisierensich auf IT-Recht

�Q/06 Borges

Foto: Uni

Wer nach dem Abitur noch nicht sorecht weiß, was er studieren soll,kann sich auf dem Study-Finder-Portal der Uni inspirieren lassen.Hier gibt es einen Online-Test, mitdem jeder herausfinden kann, wel-che Fächer seinen Fähigkeiten undNeigungen entsprechen. Anhandder Fragen sollen Schüler etwa er-kennen, ob sie gerne mit anderenMenschen zusammenarbeitenmöchten oder eher als Tüftler im La-bor werkeln wollen. Der Test dauertzirka zehn bis 15 Minuten. red

www.study-finder.de

Erleichterung beider Fachsuche

Page 3: Campus Extra

STUDIUMY[\]^_ `abc[e f^_g[hi jjklmnoe piqbi �Donnerstag, 19. November 2015

Als sich der Informatik-Student Oli-ver Schranz auf einen Programmier-job bewirbt, will er nur etwas Praxis-erfahrung sammeln. Die Tätigkeitam Lehrstuhl für IT-Sicherheit vonProfessor Michael Backes ist dannaber viel mehr als nur ein Job. „Dortdurfte ich schon bald Software pro-grammieren, die für wissenschaftli-che Publikationen benötigt wurde.Das ist etwas ganz anderes, als klei-ne Aufträge bei einer IT-Firma abzu-arbeiten“, sagt Oliver Schranz. Erbekommt hautnah mit, wie die Si-cherheitsforscher Ideen entwi-ckeln, um etwa Webseiten besservor Hackerangriffen zu schützenoder Bilder im Internet nach Ablaufeiner Frist automatisch zu löschen.„Solche neuen Konzepte werdenimmer in Teams aus mehreren Dok-toranden und Masterstudenten undmit Unterstützung von Professor Ba-

ckes erarbeitet“, erzählt Schranz. Damit die Ideen auf internationa-

len Konferenzen akzeptiert werden,müssen die Informatiker nicht nurprogrammieren, sondern die dahin-ter stehenden Konzepte ausführlicherläutern. Auch das passiert imTeam. Schnell wird Oliver Schranzklar, dass er in diesem Umfeld seineBachelorarbeit schreiben will. Eruntersucht dafür das Android-Be-triebssystem, das auf den meistenSmartphones installiert ist. „Ich ha-be analysiert, welche Zugriffsrechteverschiedene Apps auf das Be-triebssystem haben und wie mandiese sinnvoll einschränken kann.Denn oft greifen Apps viele persön-liche Daten ab, die für ihre Funktionkeine Bedeutung haben, aber demAnbieter kommerziellen Nutzenbringen“, erläutert Oliver Schranz.

Er entwickelt ein Konzept, das dieEntwickler einbindet, damit dieseihre Apps von vornherein andersprogrammieren. Damit will er ver-meiden, dass den Apps späterRechte entzogen werden, ohne diesie dann oft nicht mehr richtig funk-tionieren. „Interessanterweise hatGoogle in der Version 6.0 des An-droid-Betriebssystems dann genaudiese Strategie verfolgt. Da lag ichalso ganz richtig mit meiner These“,sagt der heute 23-Jährige.

Direkt im Anschluss an sein Ba-chelorstudium erhält er von Profes-sor Backes das Angebot, als Mas-terstudent bei ihm weiterzuarbeitenund später auch in der IT-Sicher-heitsforschung zu promovieren.„Dadurch wurde ich noch stärker indie Forschungsprojekte eingebun-den und habe nicht nur program-miert, sondern auch eigene Ideen

beigesteuert“, erläutert OliverSchranz. Er erlebt mit, wie dieTeams kurz vor den Abgabetermi-nen für wissenschaftliche Konferen-zen hektisch werden. Auch so man-che Nachtschicht hat er mitge-macht. „Wenn man so eine Frist vorAugen hat, will man die Zeit kom-plett ausnutzen, um das Ergebnisperfekt zu machen. Dann schraubtman noch am Text und ändert daseine oder andere, am Ende wird esmeist stressig“, so der Informatiker.

In den vergangenen Monatendurfte Oliver Schranz gleich zwei re-nommierte Konferenzen für IT-Si-cherheit in den USA besuchen. Beider ‚Usenix Security Conference‘ inWashington konnte er noch mitver-folgen, wie ein Teamkollege die Er-gebnisse vor internationalem Pub-likum vortrug. Bei der zweiten, derCCS in Denver, präsentierte er alsfrischgebackener Doktorand selbstseine Ideen. „Da sich die Informatikso rasant entwickelt, ist es in der IT-Forschung üblich, einzelne Publika-tionen auf Konferenzen später zu ei-ner Doktorarbeit zusammenzufü-gen“, erläutert der Nachwuchsfor-scher.

Er widmet jetzt etwa die Hälfte sei-ner Arbeitszeit der Forschung. Dieübrige Zeit ist er bei der Firma SRTBackes beschäftigt, einer Ausgrün-dung von Professor Backes. „AlsWissenschaftler arbeitet man vielmit Prototypen, die auf Konferenzenund der Computermesse Cebit vor-gestellt werden. Manche Ideen wer-den dann leider eingemottet undnicht weiter verfolgt, weil schon wie-der neue Forschungsprojekte an-stehen“, bedauert Schranz. In derFirma will er nun dazu beitragen,dass vielversprechende Produkteaus der IT-Sicherheitsforschungauch auf den Markt kommen.

�XQ Smartphones sicherer werden, erforscht Oliver Schranz an der Saar-Uni. Er konnte schon als Bachelor-Student bei Forschungsprojekten mitarbeiten. Foto: Oliver Dietze

CYBERSICHERHEIT

�u8 wegen schweigsame NerdsIm Gegensatz zum Klischee kommunizieren Informatiker wie Oliver Schranz an der Saar-Uni viel

VON FRIEDERIKE MEYER ZU TITTINGDORF

„Programmierer als studentischeHilfskraft gesucht.“ Dieser Aus-hang war für Oliver Schranz derEinstieg in die Forschung. Schonbald programmierte er für wissen-schaftliche „Papers“. Als Master-student darf er IT-Konferenzen inden USA besuchen.

„Ich habe analysiert, welche

Zugriffsrechte verschiedene

Apps auf das Betriebssystem

haben und wie man diese

sinnvoll einschränken kann.“

Student Oliver Schranz

Seit diesem Wintersemester bietetdie Saar-Uni den Studiengang Sys-tems Engineering an. Er orientiertsich an den Kernideen von Industrie4.0 und vermittelt wichtige Grundla-gen, um technische Systeme zuentwickeln und zu steuern. Studen-ten lernen zudem, wie sie ein neuesProdukt entwerfen und bis zurMarkteinführung und darüber hi-naus begleiten.

In der Fabrik der Zukunft werdenMaschinen intelligent vernetzt. „Eswird daher nicht mehr ausreichen,ein technisches System nur zu ent-wickeln. Ingenieure müssen auch inder Lage sein, Prozesse von derProduktidee bis zum Recycling zubegleiten“, sagt Matthias Nienhaus,Professor für Antriebstechnik. Aufdiese Herausforderungen wird derStudiengang Systems Engineeringmöglichst umfassend vorbereiten.„Wir haben unser Lehrangebotnoch stärker auf die integriertenSysteme ausgerichtet, die in der In-dustrie eine immer wichtigere Rollespielen“, erklärt Nienhaus.

Bachelorstudenten können unteranderem zwischen den Vertiefun-gen Maschinenbau, Elektrotechnik,Mikrosystemtechnik und integrierteSysteme wählen. „Aufbauend aufdiesen Grundlagen beschäftigen

sie sich dann im Masterstudiumzum Beispiel vertieft mit der Ferti-gungstechnik, Sensorik und An-triebstechnik“, erläutert ProfessorNienhaus. Damit die Absolventenspäter wissen, wie sie ein Produktüber seinen gesamten Lebenszy-klus begleiten, belegen sie auchKurse in den Wirtschaftswissen-

schaften, etwa zumTechnologie- undInnovationsmana-gement.

Zudem werdensie fundiert in dieimmer wichtigerwerdende Soft-waretechnik einge-führt und befassensich mit Themender Materialwis-

senschaft und Werkstofftechnik.„Die Studenten haben vielfältigeMöglichkeiten, studienbegleitendpraktische Erfahrungen in der In-dustrie zu sammeln, etwa im Rah-men eines kooperativen Studiumsoder in einem Forschungsprojekt“,so Nienhaus. Für den Studiengangsollte man neben technischem Inte-resse und logischem Denkvermö-gen auch physikalisches Verständ-nis und gute Kenntnisse in Mathe-matik mitbringen. löw

SYSTEMS ENGINEERING

�������� ������ ����������für Industrie 4.0 aus

�R��3XR1 Nien-

haus. Foto:

Rund 100 Millionen gebrauchteHandys liegen in DeutschlandsSchubladen. Jedes enthält Spurenvon Gold und Silber, etliche GrammKupfer und Seltene Erden. Warumdiese Wertstoffe in den Produkt-kreislauf gehören, lernen Jugendli-che im Schülerlabor der Material-wissenschaft und Werkstofftechnik.Sie zerlegen dort ihre alten Handysund analysieren die Inhaltsstoffe mitHilfe von Magneten, Mikroskopenund Röntgengeräten. Dabei lernensie mehr über Metalle, Kunststoffeund seltene Erden und verstehen,warum das Handyrecycling so auf-wändig ist.

Das Schülerlabor SinnTec be-schäftigt sich mit den „technischenSinnesorganen“, den Sensoren. Ju-

gendliche erfahren dort, wie heutein vielen Alltagsgegenständen Sen-soren eingesetzt werden, ohnedass wir uns dessen bewusst sind.Denn Sensoren sind meist so win-zig, dass man sie nicht sieht. Siestecken nicht nur in Autos, etwa imAirbag. Auch in Handys werdenNeigungssensoren eingesetzt, un-ter anderem um den Bildschirm

passend auszurichten. Am Beispielvon Blutdruckmessgeräten undselbst gelöteten Platinen lernenSchülerinnen und Schüler im Sinn-Tec-Labor den vielfältigen Einsatzder Sensortechnik kennen.

Im Schülerlabor EnerTec geht esum verschiedene Technologien, mitdenen erneuerbare Energien ausSolar- und Windkraftanlagen umge-

wandelt und genutzt werden kön-nen. In Kleingruppen erleben Ju-gendliche hier, wie Energie übertra-gen, umgewandelt und gespeichertwird. An Nachbildungen von Solar-und Windkraftanlagen führen sieVersuche durch und werten die Er-gebnisse am Computer aus.

Noch stärker in die Informatik undSensorik können Schüler außerdemim RoboTec-Labor eintauchen.Dort programmieren die Teilnehmereinfache Bewegungen von Lego-Robotern. Dabei lernen sie auch,wie Tast- und Lichtsensoren zuhandhaben sind. Durch diese las-sen sich die Lego-Roboter so steu-ern, dass sie beispielsweise an ei-ner schwarzen Linie anhalten odereinen Ball wegkicken können.

Neben diesen ingenieurwissen-schaftlich ausgerichteten Schüler-laboren bietet die Saar-Uni Schü-lern und Lehrern auch Experimentein Laboren der Physik, Chemie, Bio-chemie, Umweltgeographie undMolekularen Medizin an. mey

Info: www.saarlab.de

SCHÜLERLABORE

�J� der Suche nach dem Gold im HandyAn der Saar-Uni haben bereits Schüler die Gelegenheit, in die Labore verschiedener Fächer zu blicken

�  Schülerlabor der Materialwissenschaft an der Saar-Uni lernen Schülerinnen und

Schüler, welche wertvollen Stoffe in alten Handys verborgen sind und wie man sie

wieder zurückgewinnen kann. Foto: Oliver Dietze

Selbst experimentieren und dabeiWissenschaft hautnah erleben –das können Jugendliche in rund ei-nem Dutzend Schülerlaboren ander Universität des Saarlandes.Dort erhalten Schüler und Lehrerpraktische Einblicke in moderneForschungstechniken.

Portugal hat in den letzten Jahr-zehnten einen rasanten politischenund gesellschaftlichen Wandel er-lebt: Bis 1974 wurde das Land voneiner Diktatur beherrscht, seit dreiJahrzehnten gehört es zur Europäi-schen Union. Teresa Pinheiro wur-de 1972 in Lissabon geboren. Tag-täglich das Werden der Demokratiein ihrem Heimatland zu erleben, ha-be ihren persönlichen und wissen-schaftlichen Werdegang stark be-einflusst, erzählt die neue Gastpro-fessorin der Saar-Uni. Mit dem Endeder Diktatur und des Kolonialismuskehrten über eine halbe Million por-tugiesischer Siedler aus den afrika-nischen Kolonien zurück und such-ten in der portugiesischen Haupt-stadt Schutz. Andererseits wurdenafrikanische Migranten, die nunnicht mehr die portugiesischeStaatsangehörigkeit besaßen, indie Illegalität abgedrängt. „DieseHerausforderungen haben vor al-lem die Neuankömmlinge schwerbelastet, haben aber dazu beigetra-gen, dass die portugiesische Ge-sellschaft offener, vielfältiger undtoleranter wurde – etwas, was unsheute angesichts der Flüchtlingskri-se zu denken gibt“, sagt Teresa Pin-heiro.

Am 1. Oktober 1990, zwei Tagevor der deutschen Wiedervereini-gung, begann Teresa Pinheiro ander Universität in Lissabon mit demStudium der Germanistik und derportugiesischen Sprache und Lite-ratur (Lusitanistik). 1992 ging sie alseine der ersten Erasmus-Studentenan die Universität zu Köln, und1994, nach dem Abschluss ihresStudiums in Lissabon, wurde sieLektorin für Portugiesisch an derUniversität Bayreuth. Nach der Pro-motion im Fach Kulturwissenschaft-liche Anthropologie wechselte siean das Institut für Europäische Stu-dien der Technischen UniversitätChemnitz, wo sie seit 2004 die Pro-fessur „Kultureller und SozialerWandel“ innehat. Dort arbeitet siean den Instituten für interkulturelleKommunikation und für Europa-Stu-

dien und befasst sich vor allem mitSpanien und Portugal. Ihre weiterenThemen sind Erinnerungskulturenin Portugal sowie die gesellschaftli-chen und politischen Prozesse, diebeim Übergang eines totalitärenRegimes zu einem demokratischenSystem stattfinden. Darüber hinausbeschäftigt sich die Gastprofesso-rin mit den kollektiven Identitäten ih-res Heimatlandes – regionalen, na-tionalen und europäischen Identitä-ten – und den Entwicklungen in Por-tugal seit seinem Eintritt in die Euro-päische Union. Diese Themen wirdsie mit den Studenten in Büchern,Filmen, in der Presse oder in öffent-lichen Monumenten aufspüren –„denn für die Kulturwissenschaftensind all diese Träger der Kultur.“

Mit der Europa-Professur habendie Studenten der Saar-Uni, aberauch eine breitere ÖffentlichkeitGelegenheit, sich mit der Vielfalt Eu-ropas insbesondere im kulturellenBereich vertraut zu machen. Diesgeschieht, indem immer wiederWissenschaftler aus anderen euro-päischen Ländern zu Gast an derSaar-Uni sind. Sie bieten Lehrver-anstaltungen an, die den Studentendie Perspektive ihres Landes aufpolitische, historische, kulturelleund wirtschaftliche Themen vermit-teln. Das Studienangebot richtetsich an Studenten aller Fakultäten.Sie können die Lehrveranstaltun-gen der Europa-Professur in dasZertifikat Europaicum einbringen.Nach Absprache ist auch eine An-erkennung als Studienleistung fürdas Fachstudium möglich.

Parallel bietet das Sprachenzen-trum der Universität des SaarlandesSprachkurse in der jeweiligen Lan-dessprache an.

www.uni-saarland.de/europapro-fessur und www.uni-saarland.de/page/europaprofessur/gast-land.html

EUROPA-PROFESSUR

¡���¢� £��¤���¥ �¢� ����Gastprofessorin aus Portugal

VON GERHILD SIEBER

Im akademischen Jahr 2015/16 istPortugal Gastland der Europa-Professur. Als neue Gastprofesso-rin lehrt Teresa Pinheiro von derTechnischen Universität Chem-nitz in diesem Semester an derSaar-Uni. Zu den Themen, die dieportugiesische Kulturwissen-schaftlerin in Saarbrücken vor-stellt, gehören Erinnerungskultu-ren in Portugal, kollektive Identi-täten sowie Kolonialismus undPostkolonialismus im portugiesi-schen Film.

¦Q0Q1R �X53QX0/ 3R� PQ5 �R5PQV �/0�4§gals von der Diktatur zur Demokratie

hautnah miterlebt. Foto: Sieber

Page 4: Campus Extra

FORSCHUNGY[\]^_ `abc[e f^_g[hi jjklmnoe piqbi ¨

Donnerstag, 19. November 2015

auf diesem Gebiet noch kaum et-was existiert. Im Englischen gibt esbereits Ergebnisse, die wir ergän-zen wollen“, sagt Wiegand. So ge-wann Supercomputer Watson imJahr 2011 im US-Fernsehquiz Jeo-pardy gegen menschliche Gegnerauch bei Fragen, bei denen querge-dacht werden musste. Beim Lösender Aufgaben half Watson übrigenseine Computerlinguistin der Univer-sität des Saarlandes. „Aber davon,Meinung oder gar Ironie zu erken-nen, ist Watson noch weit entfernt“,sagt Wiegand.

Bislang setzt die Forschung hier-bei vor allem auf große Textmen-

Schrecklich, schön, super – hinterdiesen Wörtern steckt mehr: eineWertung. Und überaus doppeldeu-tig können die Begriffe außerdemsein: Schrecklich gut! Ganz schönschwer! Das hat ja super geklappt!– wenn in Wahrheit alles schiefge-laufen ist. Sollen Computer heuteverstehen, was hier zwischen denZeilen steht, sind sie raus. Fangfra-

gen, Wortspiel, Iro-nie, mit denen Men-schen Meinungoder Gefühl rüber-bringen, werden fürden Rechner zumStolperstein. Dasweiß jeder, der sei-nem Handy oderNavi gegenüberschon mal einenironischen Ton an-

geschlagen hat. Auch der verstän-digste Computer bleibt da unge-rührt oder läuft auf Error. „Wörter

und linguistischeRegeln zu kennen,ist eben nicht ge-nug, um hinter denSinn zu schauen.Hier setzen wir an:Wir wollen demComputer die feh-lende Informationgeben, damit erMeinungen in Tex-ten automatisch

identifizieren und analysierenkann“, sagt Michael Wiegand. Derpromovierte Computerlinguistforscht an der Uni des Saarlandesam Lehrstuhl für Sprach- und Sig-nalverarbeitung von Professor Diet-rich Klakow.

„Wir arbeiten mit den SprachenEnglisch und Deutsch. Im Deut-schen besteht großer Bedarf, weil

gen: Analyseprogramme zählenWörter, die mehr verraten. Je nach-dem wie oft „schlecht“ oder „trau-rig“ vorkommen, schätzt der Rech-ner, ob es im Text eher positiv odernegativ zugeht. Wiegand und seineKollegen dagegen betreten Neu-land. „Wir schauen auf den einzel-nen Satz und die Wörter und be-stimmen, wer im Text etwas sagt,das mit Meinung zu tun hat“, erklärtder Forscher.

So ermitteln sie Informationen, diehinter den Wörtern und Sätzen ste-cken, und übersetzen diese für denComputer so, dass er sie erkennenund verarbeiten kann. „Wir erstellen

zuerst von Hand eine Textsamm-lung und schreiben den Wörtern ih-re Bedeutungen zu, hinterlegen al-so etwa dem Wort ‚dumm’, dass eswertend gemeint sein kann. DiesenVorgang automatisieren wir“, erläu-tert Wiegand. Um zu prüfen, ob derComputer von selbst den Sinn rich-tig erfasst, vergleichen sie seine Er-gebnisse mit der von Hand erfass-ten Textsammlung.

An dieser Arbeit sind auch Stu-denten und Doktoranden beteiligtwie Marc Schulder: Er erforscht inseiner Doktorarbeit, wie Computerdie Bedeutung von Sprache verar-beiten. „Ich durchleuchte in diesem

Projekt Wörter daraufhin, wie undwarum sich ihre Bedeutung dreht,sie also verwendet werden, um et-was ganz anderes auszudrücken,wie bei ‚ganz schön schlimm’. Es istbei weitem nicht nur die Vernei-nung, die diesen Effekt bewirkt. Wirwollen herausfinden, bei welchenWörtern das so ist und wie das von-statten geht“, erklärt Marc Schulder.„Es ist ein sehr schönes Thema, ge-rade weil wir hier an den Grundla-gen arbeiten.“

„Unsere Ergebnisse wollen wir alsRessource, also als eine Art Wörter-buch für künftige Forschung zurVerfügung stellen“, sagt MichaelWiegand. Die Arbeit wird von derDeutschen Forschungsgemein-schaft mit 500 000 Euro gefördert,die Hälfte davon fließt an sein Team,die andere Hälfte an Forscher ausHildesheim. Und wer weiß: Viel-leicht antwortet das Navi dem-nächst auf ein genervtes „Na super,jetzt bin ich falsch“: „Ich habe volls-tes Verständnis für Ihre Ironie!“

SPRACHWISSENSCHAFT

©7= ªuxG;:7= Euvv H;?w «¬CE?w78 <78 ­7Cv78 v7E78Sprachtechnologen tragen dazu bei, dass Computer den Sinn von Texten besser verstehen und nicht an Wortwitz scheitern

U/ ®4�Q0 nehmen Sprache sehr wörtlich. Ironie und andere Feinheiten menschlicher Kommunikation zwischen den Zeilen

herauszulesen, ist für sie bisher schier unlösbar. Saarbrücker Forscher möchten das ändern. Foto: spacejunkie/photocase

VON CLAUDIA EHRLICH

Spitzfindiger Spott und doppel-züngige Anspielungen lassen je-den Rechner kalt. Der Computerversteht keine Ironie. MichaelWiegand und sein Team an derSaar-Uni wollen ihm beibringen,wie ein Mensch Meinungen, Stim-mungen und Gefühle aus dem,was wir sagen, herauszulesen.

z{|}~����|��Der heute schon möglicheDialog mit dem Computer be-ruht entscheidend auf der For-schung der Saarbrücker Com-puterlinguisten. Der Campusder Saar-Uni ist eine der Hoch-burgen der Sprachtechnologie.Die Fäden vieler internationalerProjekte laufen hier zusammen.Ein neuer Sonderforschungsbe-reich untersucht die Informati-onsdichte sprachlicher Äuße-rungen. Ein Ziel des Exzellenzclusters„Multimodal Computing and In-teraction“ ist es, Computersys-teme zu bauen, die eine ähnli-che Interaktion mit dem Benut-zer ermöglichen wie vonMensch zu Mensch. Die Computerlinguisten derSaar-Uni arbeiten eng mit demDeutschen Forschungszentrumfür Künstliche Intelligenz undden Max-Planck-Instituten fürInformatik und Software-Syste-me auf dem Campus zusam-men. ehr

�X23RQV Wie-

gand. Foto: ehr

�R02 Schulder

Foto: privat

Im Förderranking der DeutschenForschungsgemeinschaft (DFG)konnte die Saar-Uni Platz 38 voninsgesamt 210 Universitäten undFachhochschulen belegen, die von2011 bis 2013 Fördermittel erhiel-ten. Dabei ist zu beachten, dass dieRangfolge nicht größenbereinigtberechnet wird, so dass die Hoch-schulen mit deutlich mehr Wissen-schaftlern das Drittmittel-Rankinganführen. Wenn man die DFG-För-derung auf die Zahl der Professorenbezieht, landet die Saar-Uni vor al-lem mit der Informatik und Material-wissenschaft bei den Ingenieurwis-senschaften auf Platz 15, in denGeistes- und Sozialwissenschaftenauf Platz 19. Die Lebenswissen-schaften konnten sich in der Ge-samtwertung um drei Plätze aufRang 30 verbessern.

Von 2011 bis 2013 erhielt dieSaar-Uni insgesamt 72,3 MillionenEuro von der DFG. In die Statistikfließen rund 90 Prozent aller öffent-lichen Drittmittel ein. red

Förderrankingzeigt Stärke der Saar-Uni

Mit Schaufel und Spitzhacke habendie Studenten den Waldboden ab-getragen. Danach, sobald Mauer-züge und andere Funde zum Vor-schein kamen, war Feinarbeit not-wendig: „Zerbrochene Ziegel undGefäßscherben haben wir Stück fürStück mit Kelle und Maurerhammerherausgenommen und auf Stempeloder Trittspuren von Tieren unter-sucht“, erzählt Mario Kühn, der imfünften Semester Historisch orien-tierte Kulturwissenschaften stu-diert. Er hat an der diesjährigenLehrgrabung im Fach Vor- undFrühgeschichte teilgenommen –und ist begeistert. „Die drei Wochenwaren körperlich anstrengend,aber total lehrreich. Je mehr wirweggeräumt haben, umso span-nender wurde es“, erzählt der 26-Jährige.

Lange hatte man im Wald östlichdes Campus Überreste einer römi-schen Villa vermutet. Doch nun kamein rätselhafter kellerartiger Raumzum Vorschein. „TonnenschwereSandsteinblöcke sind in zwei Lagenohne Mörtel auf den Felsuntergrundaufgesetzt, und sieben Treppenstu-fen führen auf den Fußboden hinun-ter“, berichtet Professor Rudolf

Echt, der die Grabung mit seinemMitarbeiter Frank Fecht geleitet hat.Für ihn steht fest: „Was wir an römi-

schen Ruinen aus-gegraben haben,entspricht nichtdem für ein römi-sches Landhausüblichen Befund.Beispielsweise ha-ben wir keine Spu-ren gemörtelterZweischalenmau-ern gefunden, wiesie sonst an Villen-

stellen im Saarland dokumentiertsind.“

Ein vergleichbares Souterrain ha-be man vor 60 Jahren in Neuss amNiederrhein ausgegraben; dicht

daneben seien Al-täre und eine Wei-he-Inschrift an denGott Jupiter gefun-den worden. „DasBauwerk auf demCampus könnteebenso dem Kultgedient haben“,vermutet RudolfEcht.

Außer den Stein-blöcken haben die Studenten einSteinpflaster freigelegt, wie es für

eine Platz- oder Straßenbefesti-gung aus römischer Zeit typisch ist.Außerdem fanden sie römischeLeistenziegel, ein größeres Tonge-fäß und viele Geschirrscherben –„darunter spätrömische Funde ausdem dritten bis vierten Jahrhun-dert“, erklärt Echt. Eine leuchtendrote Bodenscherbe stammt von ei-nem Glanztongefäß, wie es die Rö-mer als feineres Essgeschirr be-nutzten. Auf die Innenseite stanztendie Töpfer den Namen ihrer Werk-statt ein: „SIICVNDIN O“. „Der glei-che Stempel wurde bisher erst eineinziges Mal gefunden, nämlich inReims.“

„Es ist toll, wenn man selber eineScherbe findet und gemeinsam mitdem Dozenten analysiert“, erzähltMario Kühn. Nicht nur die Fundstü-cke selbst, sondern auch ihre Lagezueinander mussten die Studenteneinordnen und vermessen – undlernten dabei, wie man die notwen-digen Messgeräte bedient und dieErgebnisse dokumentiert. „WerVor- und Frühgeschichte studiert,hat mit Bodenfunden zu tun undmuss Grabungsberichte verstehenkönnen“, erläutert Professor Echt.„Und dazu muss man selber einmalgegraben und einen Grabungsbe-richt geschrieben haben.“

In ihrem diesjährigen Bericht wer-den die Experten und ihre Studen-ten das Rätsel um die römischenÜberreste nicht vollständig auflö-sen. Was genau die Römer hierherführte, wird wohl erst die nächsteLehrgrabung in zwei Jahren zeigen.In der Zwischenzeit werden dieFundstücke gezeichnet, fotografiertund bestimmt. Mario Kühn wird imRahmen einer Lehrveranstaltungdabei sein.

VOR- UND FRÜHGESCHICHTE

¯°±�²� J³ ´µ±¶·² ¸¹²KK²�±² µº»¼ ¶³³²K µ¶»¼± ½²�¾�±Altertumsforscher vermuten, dass sie auf einen römischen Tempel gestoßen sind

VON GERHILD SIEBER

Drei Wochen lang haben Expertenfür Vor- und Frühgeschichte derSaar-Uni mit sieben ihrer Studen-ten die Ruinen eines römischenBauwerks auf dem Campus freige-legt, die Funde gesichert und alleswissenschaftlich dokumentiert.Doch noch immer erscheinen dieÜberreste mysteriös. Am ehestenlassen sie auf einen Kultbezirk derRömer schließen.

�XQ Studenten Joschua Klein (l.) und Nico Prantner legen das mysteriöse Bauwerk

auf dem Saarbrücker Campus vorsichtig frei. Dessen Zweck haben die Wissen-

schaftler noch nicht enträtseln können. Foto: Sieber

�R0X/ Kühn

Foto: gs

¿4P/VÀ Echt

Foto: Pütz

Anfang April 1815 wird auf der InselSumbawa im heutigen Indonesiender Kurs der Weltgeschichte jäh ge-ändert: Der Vulkan Tambora brichtmit einer Gewalt aus, die heute mitder Sprengkraft von 170 000 Hiro-shima-Bomben verglichen wird.Über Tage zieht sich der Ausbruchhin, bis der zuvor etwa 4 300 Meterhohe Berg sich am 10. April in einerExplosion apokalyptischen Ausma-ßes fast halbiert. Die Asche verdun-kelt die Sonne. Die Katastrophe be-traf nicht nur diesen Teil der Erde.„Rund um den Globus war der Aus-bruch ein einschneidendes Ereig-nis, das die Welt in politische undsoziale Krisen stürzte. Die folgen-den Jahre waren ein weltweiterStresstest“, sagt Professor Wolf-gang Behringer. Ein Buch über sei-ne Forschungen ist soeben erschie-nen: „Tambora und das Jahr ohneSommer“.

Wie in einem Laborexperimenthat der Klimahistoriker die Weltge-schichte der Folgezeit auf ihre Ver-bindung zum Tambora-Ausbruchhin untersucht. „Der Ausbruch istein unkalkulierbarer, von vorheri-gen kulturellen oder sozialen Ent-wicklungen völlig unabhängigerFaktor, mit dem die Gesellschaftumgehen musste und vor dem wirheute genauso unvorbereitet stün-den wie die Menschen damals –möglicherweise mit noch dramati-scheren Folgen“, sagt Behringer.

Im Jahr 1815 selbst zeigen sichdie Auswirkungen noch wenig. „En-de 1815 waren alle Kriege beendet,der russisch-türkische, der eng-lisch-amerikanische ebenso wieauch die napoleonischen. Noch inden Neujahrsansprachen des Jah-reswechsels 1815/16 wurde eupho-

risch ein goldenes Zeitalter gefeiert,das jetzt kommen sollte“, erklärt er.Was folgte, waren extreme Klimaän-derungen. In Asien gab es sintflut-artige Regenfälle mit gewaltigenÜberschwemmungen. In Westeuro-pa und Nordamerika gab es keinenSommer, mancherorts schneite esim Juli. Andernorts herrschte Dürre.Der Winter brachte extreme Kälte.„Es kam zu Missernten, zu Teue-rung und zu Massenarbeitslosig-keit. In Indien trat erstmals die Cho-lera auf, die sich ab 1817 weltweitausbreitete“, sagt er. In Europa lit-ten viele an Mangelkrankheiten.

Die Not führte zu einer Auswan-derungswelle ungekannten Ausma-ßes: Hunderttausende strömtennach Nordamerika. In Russland än-derte sich das Klima zum Besseren,was das Land zum Getreideliefe-ranten Europas machte.

Wo das Klima sich zum Schlech-teren änderte, verschärften sichKonflikte wie unter einem Brenn-glas. In Europa kam es zu Rebellio-nen, politischen Unruhen, Tumul-ten, Massendemonstrationen. Inder Hungerkrise wurden Schuldigegesucht. In Deutschland machteman die Juden verantwortlich. InSüdafrika wurden Hexen verfolgt.

China, das Jahrtausende in sichgeruht hatte, wurde von Geheimge-sellschaften unterwandert, zerfielgesellschaftlich. Demgegenübersteht der Aufstieg Europas, Russ-lands und der USA. In Nordamerikaund Europa brachte der Leidens-druck Positives hervor. Straßen wur-den gebaut, die Verkehrsrevolutionnahm ihren Anfang. Dadurch ka-men große Beschäftigungsprojektein Gang, Sozialreformen wurdenumgesetzt. ehr

GESCHICHTE

Á�� ein Vulkanausbruch die Welt veränderte

Wie spannend ein Physikstudiumist, können Schülerinnen und Schü-ler der Jahrgangsstufen 11 und 12beim „Probestudium Physik“ an derUniversität des Saarlandes heraus-finden. Ab dem 9. Januar wird ihnenan fünf aufeinanderfolgendenSamstagen in Vorlesungen undbeim Experimentieren im Praktikumein Einblick in Studium und For-schung geboten. Dieses Mal drehtsich alles um Schwingungen undWellen und somit um die Grundla-gen vieler Effekte, die in der Naturoder bei technischen Anwendun-gen eine Rolle spielen. Beispiels-weise können sich aufschaukelndeSchwingungen Brücken zum Ein-sturz bringen. Die moderne Nach-richtentechnik hingegen beruht aufder Ausbreitung elektromagneti-scher Wellen wie Licht oder Mik-rowellen. mey

Anmeldung per E-Mail unter: [email protected]

ProbestudiumPhysik im Januar

Page 5: Campus Extra

INTERNATIONALY[\]^_ `abc[e f^_g[hi jjklmnoe piqbi oDonnerstag, 19. November 2015

sam mit einem Team aus Mitstrei-tern begonnen, den gemeinnützi-gen Verein „Refugee Law ClinicSaarbrücken“ aufzubauen. DieSchirmherrschaft hat Bundesjustiz-minister Heiko Maas übernommen.Ziel der Studenten ist es, eine pra-

„Flüchtlinge wissen über ihre Rech-te nicht Bescheid. Außerdem gibtes kaum Anwälte in diesem Rechts-gebiet; es ist unattraktiv, weil sichdamit nicht viel Geld verdienenlässt“, sagt Jana Kirst, die im neun-ten Semester Jura studiert. An Uni-versitäten gibt es bisher kaum eineAusbildung im Migrationsrecht, hat

die 25-jährige Saarländerin beob-achtet. „Der Bedarf an Menschen,die sich im Migrationsrecht ausken-nen, ist riesig, und ich habe be-schlossen, mich da einzubringen.“

Im vergangenen Jahr hat dieNachwuchsjuristin daher gemein-

xisbezogene Ausbildung im Mig-rations- und Asylverfahrensrecht zuetablieren und kostenlose Rechts-beratungen anzubieten. Inzwi-schen gibt es 60 Mitglieder, weitere90 Interessierte stehen im Verteiler.„Die meisten sind Jura-Studentenoder ‚Volljuristen‘, die ihr zweitesStaatsexamen bereits in der Taschehaben“, sagt Jana Kirst, die dasAmt der ersten Vorsitzenden beklei-det. Außerdem sind viele BWL-Stu-denten dabei sowie Leute, dieschon im Berufsleben stehen. Fürdie zukünftige Arbeit wünscht siesich mehr Studenten aus denSprachwissenschaften sowie ausder Psychologie. Aber: „Der Vereinsteht allen offen, jeder darf mitarbei-ten“, betont Kirst.

Die „Refugee Law Clinic Saarbrü-cken“ gehört zu einem bundeswei-ten Netzwerk. Durch die Mitarbeitkönnen die Studenten ihr theoreti-sches Wissen vertiefen und prakti-

sche Erfahrungen sammeln. Dabeisoll die Qualität von Ausbildung undBeratung hoch sein. „Wir bauen hierkeine Spielwiese auf“, betont JanaKirst. Daher wird ein Vereinsbeirataus Volljuristen die aktiven Mitglie-der anleiten und ihnen mit Supervi-sion zur Seite stehen.

Im Zentrum der Ausbildung stehteine Ringvorlesung, die die Rechts-grundlagen des Migrationsrechtsvermittelt und erklärt, wie die Ver-fahren bei deutschen Behördenund vor Gericht ablaufen. Sie ist mitBeginn des Wintersemesters ge-startet. Das Europa-Institut unter-stützt die Initiative sehr und hilft un-ter anderem mit der Bereitstellungvon Räumen und anderer Infra-struktur. „Als Referenten konntenwir Rechtsanwälte, Richter und an-dere Juristen aus der Praxis gewin-nen“, sagt Jana Kirst. Außerdemwird es vertiefende und praktischeLehrveranstaltungen geben, bei-

spielsweise ein Seminar, das inter-kulturelle Kompetenzen vermitteltund den Studenten Einblicke in dieanwaltliche Praxis ermöglicht. AmEnde des Wintersemesters solltendie Studenten einen Wissensgrund-stock besitzen, vertiefende Veran-staltungen soll es jeweils im folgen-den Sommersemester geben.

Mit der Beratung von Flüchtlingenwollen die Initiatoren Anfang kom-menden Jahres beginnen. „Wo dieBeratungen stattfinden, ist nochnicht klar. Auf jeden Fall werden wirsie dort anbieten, wo wir gebrauchtwerden“, sagt Jana Kirst bestimmt.

INITIATIVE

±Jòµ±²µ ºK½´µ¶�¶²K²µ �J�¹¶�ÃJµ½ ¶³ ��Ä�K²»¼±Die Beratungsstellen für Flüchtlinge sind überlaufen, die Hilfesuchenden ratlos – Studenten der Saar-Uni initiieren Unterstützung

VON GERHILD SIEBER

Sie wollen Flüchtlinge und Asylbe-werber bei rechtlichen Fragen be-raten und unterstützen: Die Jura-Studentin Jana Kirst und ihre Mit-streiter haben eine Ausbildung imMigrationsrecht für ihre Kommili-tonen und andere Interessierte or-ganisiert. Mit der Beratung fürFlüchtlinge soll es im kommendenJahr losgehen. Für ihre Aktivitätenhaben sie den gemeinnützigenVerein „Refugee Law Clinic Saar-brücken“ gegründet.

Å�4PQ5�Q5 um Jana Kirst (Mitte) möchten Flüchtlinge ehrenamtlich juristisch unter-

stützen. Dafür haben sie einen Verein gegründet. Foto: Simon Dörrenbächer z{|}~����|�Eine Kick-off-Veranstaltungfindet am 20. November um 17Uhr in Gebäude E2 2, Günter-Hotz-Hörsaal, statt. gs

www.rlc-saar.de

„Ich fühle mich, als wäre ich hundertJahre alt – so viel habe ich gese-hen“, sagt Mohammad Al Saqqa infließendem Englisch. Dabei ist ererst 31. Er wuchs in Damaskus immalerischen Stadtviertel Jarmukauf. Auch seine drei Brüder und dieSchwester bewohnten hier Häusermit ihren Familien. „Damaskus ist ei-ne herrliche Stadt – die ältesteHauptstadt der Welt. Sie ist gleich-zeitig alt und neu und sehr fort-schrittlich, und unsere Universitätist sehr schön“, schwärmt der jungeMann und erzählt weiter: „In Syrienhaben wir vier richtige Jahreszeiten:Im Winter ist es sehr kalt, abseits derKüste kann es sogar Schnee ge-ben. Und im Frühling, vor dem hei-ßen Sommer, blühen Rosen.“

Diese Heimat gibt es nicht mehr,Jarmuk ist inzwischen völlig zer-stört. Al Saqqas Familie rückte zu-sammen und zog in ein kleinesHaus in einer etwas friedlicherenWohngegend. Trotzdem musstensie erleben, wie Verwandte undFreunde einfach verschwandenoder ermordet wurden. „Wir hattenuns angewöhnt, sehr geduldig zusein. Immer sagten wir uns: ‚Morgenist es vorbei’, dann, als das nie ge-schah‚ ‚nächste Woche‘ oder ‚in ei-nem Monat‘“, berichtet Mohammadmit dünner Stimme. Zerstörung undAggression seien überall gewesen.„Niemand von uns konnte wirklichfassen, dass Syrien, das immer einso friedvoller Ort gewesen war, sichso verändern konnte.“

An der Universität von Damaskushatte Mohammad Al Saqqa „Eng-lish Language and Literature“ stu-diert, einen Masterabschluss in

„Language Teaching“ erworben,danach ein zweites Masterstudiumin „Audiovisual Translation“ begon-nen. Drei Jahre lang unterrichtete erEnglisch an seiner Heimatuni und

an der Albaath-Universität in Homs.Für das Bildungsministerium arbei-tete er anschließend als Koordinatorfür englischen Sprachunterrichtund betreute die Lehrerausbildung.

„Wir stellten ein Kursbuch zusam-men und hatten schon acht vonzwölf Einheiten beendet“. Dochdann endete seine Karriere abrupt:„Ich sollte zur Armee eingezogenwerden und entschloss mich zu flie-hen.“ Das war im September 2014.

Zwei Monate war der 31-Jährigeauf der Flucht, bis er am 14. Novem-ber im Aufnahmelager Lebach ein-traf. Über das, was unterwegs ge-schah, berichtet er stockend. Bei-spielsweise darüber, wie er an dersyrisch-türkischen Grenze um einHaar sein Leben verloren hätte,oder über die sieben Tage undNächte, in denen er in einem winzi-gen Boot auf dem Mittelmeer trieb.

Heute, ein Jahr später, arbeitet erals Hiwi und Doktorand bei AstridFellner, Professorin für Nordameri-kanische Literatur- und Kulturwis-senschaft. „Hier im Team fühle ichmich wie in einer Familie“, sagt derjunge Mann und findet endlich einLächeln. Der Zufall war ihm zu Hilfegekommen: In einem Kindergartenbei Saarlouis, in dem Al Saqqa undandere Flüchtlinge untergebrachtwaren, kam er mit einer jungen Frauins Gespräch, die Sprachkurse fürFlüchtlinge anbot. „Wir entdeckten,dass wir im gleichen Bereich stu-diert hatten, denn Ilka Hofmann istDoktorandin bei Professorin Fell-ner“, erzählt er. „In diesem Momentwurde mir klar, dass ich meine aka-demische Laufbahn fortsetzenmuss.“ Kurz darauf saß er zum ers-ten Mal in einem Kolloquium an derSaar-Uni.

Anfang Juni erhielt Mohammad AlSaqqa seine Aufenthaltsgenehmi-gung. Er lieferte seine Zeugnisseund seine Masterarbeit, die er aufeiner Festplatte gespeichert hatte,bei Astrid Fellner ab. Seine Master-arbeit gefiel ihr und er wurde offiziellan der Universität angenommen.Seit August ist er Doktorand amLehrstuhl und hat eine Stelle als wis-senschaftliche Hilfskraft; derzeit ister unter anderem als Übersetzer inder neuen Flüchtlingsinitiative derUni gefragt. Auch das Thema seinerDoktorarbeit steht inzwischen fest:„Ich werde untersuchen, welchesBild von Amerika die Medien imMittleren Osten verbreiten.“ Dennso viel ist für ihn klar: „Die Medienhaben eine große Macht, die Men-schen zu manipulieren.“

FLÜCHTLINGE

Æ©HE Ç7Hx CE: ¬C7 7C87 87;7 ÈHxCvC7ÉSyrischer Flüchtling findet an der Saar-Uni eine neue akademische Heimat

�/3R  RP Al Saqqa arbeitete in Syrien bereits als Koordinator für englischen

Schulunterricht fürs Bildungsministerium. Als er zur Armee eingezogen werden

sollte, floh der 31-Jährige nach Deutschland. Foto: Mohr

VON GERHILD SIEBER

Mohammad Al Saqqa konnte beiseiner Flucht aus Syrien sein Le-ben retten – und eine Festplatte,auf der seine Masterarbeit undseine Zeugnisse gespeichert wa-ren. Der 31-Jährige, der an derUniversität von Damaskus Eng-lisch-Dozent war, hatte Glück:Durch einen Zufall knüpfte erKontakt zur Saar-Uni und konntesein akademisches Leben wiederaufnehmen. Heute ist er Dokto-rand am Lehrstuhl für Nordameri-kanische Literatur- und Kulturwis-senschaft von Astrid Fellner.

Die Grammatik der deutschenSprache, Lese- und Hörverstehensowie mündliche und schriftlicheKommunikation: Diese Fächer ste-hen nun fast ein Jahr lang für dreiFrauen und zehn Männer auf demStundenplan, die als Flüchtlingeaus Syrien und Eritrea kommen.Rund 20 Unterrichtsstunden wö-chentlich umfasst der Deutschun-terricht im Studienkolleg der Saar-Uni. „Wir vermitteln auch akademi-sche Arbeitsmethoden“, erläutertMichael Aulbach, der Leiter desStudienkollegs. „Die Abschlussprü-fung ist anspruchsvoll, aber mach-bar.“ Wer die Sprachprüfung be-steht, darf sich ab dem kommendenWintersemester für ein zulassungs-freies Fach aus dem Bereich derNatur- und Ingenieurwissenschaf-ten an der Saar-Uni einschreiben.

Im Sommer hatte die Saar-Univer-sität ein Programm für Flüchtlingeinitiiert, die gerne ein so genanntesMINT-Fach studieren möchten,aber ihre Hochschulzugangsbe-rechtigung nicht nachweisen kön-nen, weil sie ihre Zeugnisse auf derFlucht verloren haben. „Neben un-serem Wunsch, einen Beitrag zurIntegration der Flüchtlinge zu leis-ten, wollen wir hochqualifizierte Stu-denten und Absolventen im MINT-Bereich gewinnen – und damitFachkräfte für das Saarland“, erläu-tert Universitätspräsident VolkerLinneweber.

In einem Eingangstest AnfangOktober hatten die ersten Flüchtlin-ge Gelegenheit, die für ein MINT-Studium an der Saar-Uni erforderli-chen Vorkenntnisse nachzuweisen.Dabei mussten sie überwiegendmathematische Aufgaben lösen,die dem Niveau des saarländischen

Abiturs entsprachen. Bestandenhaben ihn rund 20 Prozent der ins-gesamt 35 Teilnehmer, weitere 20Prozent besitzen die Grundlagen,den Test nach einem Auffri-schungskurs im zweiten Anlauf zubestehen. Beide Gruppen – insge-samt 13 Teilnehmer – wurden in deneinjährigen Deutschkurs des Studi-enkollegs aufgenommen.

Die Erfolgsquote mag auf denersten Blick niedrig erscheinen,doch Unipräsident Volker Linnewe-ber bewertet das Testergebnis alsbeeindruckend: „Die Teilnehmerhatten nur wenig Zeit für eine Vorbe-reitung. Dass dann trotzdem einigeden Test geschafft haben, finde ichbeachtlich und spricht für die Kom-petenz und Motivation der jungenLeute.“ Zudem seien die Flüchtlingein der Regel ein bis zwei Jahre aufder Flucht gewesen, hinzu kommedie Zeit bis zu ihrer Anerkennung –alles unter extremen Lebensbedin-gungen. „Dass dabei erlernte Inhal-te in den Hintergrund rücken, istleicht nachzuvollziehen“, so Linne-

weber. Die Saar-Uni bietet daher imWintersemester ei-nen Auffrischungs-kurs an, der diewichtigsten The-men des Eingangs-test behandelt unddadurch bereitsBekanntes wiederin Erinnerung rufensoll. Ein weiterer

Eingangstest ist für Februar ge-plant.

Finanziert wird das Programmvon der Universität und Spendenaus der Wirtschaft. Die Universitätbeteiligt sich, indem sie Personal fürdie Entwicklung und Durchführungder Tests bereitstellt und dieDeutschkurse organisiert. Diesewerden mit Spenden aus der In-dustrie finanziert. Eine Reihe saar-ländischer Unternehmen unter-stützt außerdem spezielle Inge-nieursvorlesungen in englischerSprache, die die Flüchtlinge bereitsim ersten Jahr auf das Fachstudiumvorbereiten: beispielsweise bei derAnfängervorlesung „Programmie-ren für Ingenieure“.

Weitere Informationen: www.uni-saarland.de/service/asyl-stud

ANERKENNUNG

��� ermöglicht unbürokratischenHochschulzugang für FlüchtlingeInsgesamt 13 junge Flüchtlingehaben Anfang November am Stu-dienkolleg der Uni einen Deutsch-kurs begonnen. In dem Intensiv-kurs, der durch Spenden aus derWirtschaft finanziert wird, kön-nen sie innerhalb eines Jahres diesprachlichen Voraussetzungen fürein Studium an der Saar-Uni er-werben. Dass sie die notwendigenMathe-Kenntnisse für ein inge-nieurwissenschaftliches Fach mit-bringen, haben sie zuvor bei ei-nem Eingangstest bewiesen.

VON GERHILD SIEBER

ÊT ËX55QÌQÍQ0TFoto: Bellhäuser

Welches Visum benötige ich für ei-nen Forschungsaufenthalt an derSaar-Uni? Wo finde ich Unterstüt-zung bei der Kinderbetreuung? Wiekomme ich schnell zu einer Woh-nung in Uni-Nähe? Solche Fragenbekommen internationale Wissen-schaftler künftig im Welcome Cen-ter der Universität des Saarlandesbeantwortet. Die Service-Einrich-tung hilft insbesondere internatio-nalen Gastwissenschaftlern überdie ersten Einstiegshürden hinweg.

Für Doktoranden und Nach-wuchswissenschaftler, die zum Bei-spiel von China aus einen For-schungsaufenthalt an der Saar-Unifinanziert bekommen, ist es oftschwierig, aus der Ferne schon al-les zu regeln. „Von Visa-Formalitä-ten über die Krankenversicherungbis hin zur Wohnungssuche gibt esviele Kleinigkeiten im Alltag zu klä-ren“, sagt Johannes Abele, Leiterdes International Office der Saar-Uni. Hier stehe das Welcome Cen-

ter als erste Anlaufstelle zur Verfü-gung, um mit qualifiziertem Perso-nal den Neuankömmlingen raschweiterzuhelfen.

Im Welcome Center finden außer-dem auch Studentinnen und Stu-denten, die im Rahmen von Aus-tauschprogrammen nach Saarbrü-cken und Homburg kommen, Unter-stützung bei der Wohnungssuche.„Unsere Erasmus-Studenten sowieunsere Gäste aus Osteuropa odervon unseren außereuropäischen

Partneruniversitäten unterstützenwir bei der Suche nach günstigenWohnungen oder einem Zimmer imStudentenwohnheim. Auch bei derEinschreibung an der Universitätund der Suche nach dem passen-den Deutschkurs helfen wir weiter“,unterstreicht Abele.

Den Studenten steht außerdemdas soziale und kulturelle Pro-gramm des Zentrums für internatio-nale Studierende (ZIS) offen. Auchdie Forscher werden dabei unter-

stützt, schnell Kontakt zu den hiesi-gen Wissenschaftlern zu bekom-men. „Damit versuchen wir, die in-ternationalen Studenten und For-scher rasch zu integrieren, damitsie sich an der Universität des Saar-landes wohlfühlen und gerne wie-derkommen oder sogar in Deutsch-land bleiben“, erklärt der Leiter desInternational Office.

Der Ausbau des neuen WelcomeCenters wird drei Jahre lang von derSantander Bank unterstützt. red

Welcome Center für internationale Wissenschaftler und StudentenDas Abitur noch nicht in der Tasche,aber schon studieren wie ein „ech-ter“ Student? Das Juniorstudium ander Saar-Uni macht dies möglich.Leistungsstarke Schülerinnen undSchüler der Klassenstufen 11 und12 können als Juniorstudenten be-reits Vorlesungen besuchen undPrüfungen ablegen. Nächster Start-termin für das Juniorstudium ist dasWintersemester 2016. red

www.juniorstudium.de

Vorm Abi studieren

Page 6: Campus Extra

INTERNATIONALY[\]^_ `abc[e f^_g[hi jjklmnoe piqbi Î

Donnerstag, 19. November 2015

Das Tor des Penthouse fällt hintermir ins Schloss. Direkt umfängtmich der Straßenlärm der Jay Streetin Dumbo, Brooklyn: Ein Food-Truckparkt rückwärts ein, vom East Riverher dröhnt eine Fähre herüber. Ichschaue auf meine Schuhe hinab:Straßentreter, an den Sohlen leichtabgetragen. Ich schaue weiter anmir hinauf: schwarze Strumpfho-sen, enger Bleistiftrock, Blazer. Ichbin vorbereitet, es kann losgehen.Während ich noch schnell den letz-ten Bissen des Bagels herunter-schlucke, winke ich ein Taxi herbei.

„Zum Solow Tower“, weise ichden Fahrer an. Er nickt und gibtGas, steuert auf die Brooklyn Bridgezu. Denn das bedeutet „zum SolowTower“: raus aus Brooklyn, rein

nach Manhattan, hinein ins Groß-stadtgewimmel. Und heute bedeu-tet es vor allem eins: zu Chanel. Ge-nauer gesagt, zu den Vizepräsiden-ten des bekannten Kosmetikunter-nehmens. Diesen soll ich gemein-sam mit meiner Chefin präsentie-ren, was das Start-up, bei dem ichdrei Monate lang Praktikantin bin,anzubieten hat. Und am besten alleüberzeugen, in das Firmen-Produktzu investieren. Ausgerüstet bin ich:Die Präsentation ist auf dem Lap-top, die Visitenkarten sind in der Ta-sche verstaut, nur die Turnschuhemuss ich noch gegen schickePumps eintauschen.

An der Saar-Uni bin ich im Haupt-fach für den interdisziplinären Ba-chelorstudiengang „English: Lin-guistics, Literatures, and Cultures“eingeschrieben. Sechs Monate ineinem englischsprachigen Landverbringen, dort in die Landeskultureintauchen, mit den Einheimischenkommunizieren und studieren oderarbeiten, das gehört zum Studiumso selbstverständlich dazu wie Se-minare über die Literatur des vikto-rianischen Zeitalters. Statt ein hal-bes Jahr am Stück im Ausland zuverbringen, habe ich die Zeit aufge-

teilt: Die ersten drei Monate ver-brachte ich an der University ofUtah in Salt Lake City, nun geht eswieder in die Staaten – aber diesmalnach New York City. Um genau zusein: nach Dumbo, Brooklyn.

In dem Viertel, das nicht etwanach dem Disney-Elefanten be-nannt ist, sondern für „Down under

the Manhattan Overpass“ steht,sprießen Start-ups schneller ausdem Boden als im Silicon Valley. FürPraktikanten aus dem Ausland eineregelrechte Fundgrube für Chan-cen aller Art. Und in einem der jun-gen Unternehmen bin auch ich un-tergekommen: bei „Map My Beau-

ty“. Und Schönheit ist die Missionder Firma. Jede Frau auf dem Kon-tinent soll sie bekommen: mit neu-ester Technologie, persönlich aufsie zugeschnitten, direkt über ihrSmartphone. Wir basteln an einerApp, die Kosmetik-Looks für jedeNutzerin personalisieren soll. Dazuanalysiert die Technik in der Appdie „Selfies“ der Nutzer: Sie wägtpersönliche Gesichtsmerkmale wiedie Farbe der Haut, der Augen undder Haare gegeneinander ab. Danngibt sie automatisch individuell an-gepasste Make-up-Empfehlungen.Die Produkte dazu kann die Nutze-rin anschließend direkt über dieApp kaufen.

Bevor aber die Applikation imApp-Store an den Start gehen kann,müssen wir erst die US-amerikani-schen Kosmetikmarken dafür ge-winnen, also Deals mit ihnen ab-schließen: mit Dior, mit Estée Lau-der – und mit Chanel. Hierbei helfeich im Praktikum mit. Ich arbeite imBereich Business Development, zuDeutsch: Geschäftsentwicklung.Meistens heißt das für einen Ar-beitstag: Präsentationen für Kun-den erstellen, Kaltakquise betrei-ben, zu Meetings gehen, die App

vorstellen und bewerben. Das heißtaber auch: mit Zahlen jonglieren,nach Statistiken recherchieren, denglobalen Kosmetikmarkt erkunden.Also gänzlich in eine Welt eintau-chen, in der Lippenstift und Rougeregieren und in der Make-up-Künst-ler wie Charlotte Tilbury die Make-up-Welt wochenlang in Atem halten.

Der Alltag in einem Start-up ist he-rausfordernd, er eröffnet aber auchunvorhergesehene Möglichkeiten.Ich darf mich in Bereiche einarbei-ten, die mir in anderen, größerenUnternehmen als Praktikantin ver-schlossen geblieben wären. Ichdarf „pitchen“, kann also selbst dieFirma mit Kurzvorträgen präsentie-ren. Bei den Vizepräsidenten vonChanel übernimmt das meine Che-fin, mächtig aufgeregt bin ich den-noch. Als der Taxifahrer vor einemWolkenkratzer bremst, sehe ich dortschon die Sicherheitskräfte stehen,die gleich prüfen werden, ob ichauch wirklich zu einem Termin mitChanel angemeldet bin. Ich steigeaus, marschiere geradewegs aufdie Security zu – und merke geraderechtzeitig, dass ich immer nochmeine Turnschuhe trage. Der Mannhinter dem Tresen schmunzelt.

yR5R Burnikel hat als Praktikantin bei einem New Yorker Start-up gearbeitet. Dabei konnte sie zum Beispiel Geschäftstermine in der Chefetage des weltberühmten Chanel-Konzerns machen. Foto: privat

AUSLANDSAUFENTHALT

Ïx Ðu8t7=78«:CE?w Ñ7C ªwH87v C8 Ò7¬ Óu=@Auslandssemester im Englisch-Studium: Studentin verbringt drei Monate in New Yorker Start-up

VON JANA BURNIKEL

Ein Auslandsaufenthalt ist fürStudenten der Anglistik und Ame-rikanistik Pflicht. Ein ungewöhnli-ches Praktikum erlebte die Bache-lorstudentin Jana Burnikel, diedrei Monate lang bei einer Kosme-tikfirma in Brooklyn arbeitete. Für„Campus extra“ hat sie ihre Erleb-nisse aufgeschrieben.

Sechs Monate in einem

englischsprachigen Land

verbringen, gehört zum

Studium so selbstverständlich

dazu wie Seminare über die

Literatur des viktorianischen

Zeitalters.

Jana Burnikel

Bei Christian Bur hat alles gepasst.Der Ingenieur hat offenbar den rich-tigen Riecher. „Wie alles gekom-men ist, war unvorhersehbar. Dashätte ich nie so planen können. Ichwar einfach offen und hab zuge-packt, wenn sich mir eine Chancebot“, sagt der 30-jährige Ingenieur.Und Spaß gemacht hat es ihm au-ßerdem. Denn das Thema, das esihm angetan hat, erwies sich nichtnur als spannend, sondern öffneteihm international Türen. Die Rede istvon Sensoren, die kleinste Spurenvon Schadstoffen und Gasen in derLuft aufspüren.

Diese Meisterstücke der Mess-technik sind die Spezialität von Pro-fessor Andreas Schütze von derSaar-Uni. Christian Bur, der bereitsvor dem Abi Juniorstudent in derMechatronik war, forschte währenddes Studiums in Schützes Team anden Gassensorsystemen, die dieLuftqualität in Innenräumen über-wachen oder Schadstoffe in Abga-sen messen. „Sie können einge-setzt werden, um Abgase besser zureinigen, so dass die gefährlichenStickoxide nicht in die Atmosphäregelangen, oder auch um Gebäudezu lüften, wenn die Schadstoffkon-zentration im Innern zu hoch wird“,

erklärt Bur. Seit einem Erasmus-Stu-dienaufenthalt in Linköping forschteBur auch im Team von ProfessorAnita Lloyd Spetz, die neue Gas-sensoren entwickelt. „Ich wusstevorher ehrlich gesagt gar nicht,dass ihre Gruppe zur Weltspitzezählt. Als ich in Schweden an derUni war, hörte ich, dass auch dortan Gassensoren gearbeitet wird,und da habe ich einfach einen Ter-min vereinbart.“ Bingo.

Er brachte so nebenbei die Zu-sammenarbeit der Forscher-Teams

von Schütze und Lloyd Spetz insRollen, die heute in mehreren gro-ßen Forschungsprojekten gegenLuftverschmutzung und für denUmweltschutz kooperieren. „LloydSpetz entwickelt neuartige Gassen-soren und unser Spezialgebiet istes, bestehende Sensoren sensib-ler, selektiver und genauer zu ma-chen, das passt also gut“, sagt And-reas Schütze. Burs Forschungenkamen voran: „Er konnte dazu bei-tragen, Messsysteme wesentlich zuverbessern, sie selektiver und sen-

sitiver zu machen. Seine Ergebnis-se haben weitere Forschungen an-gestoßen und neue Projekte ermög-licht“, sagt Schütze.

47 Veröffentlichungen kann Buraus seiner Zeit am Lehrstuhl vorwei-sen, darunter 14 Artikel in Fachzeit-schriften im Rahmen der Promotion.In 32 Konferenzbeiträgen hat er sei-ne Ergebnisse präsentiert. „Auchauf Hawaii“, sagt Bur, der heute alsEntwicklungsingenieur bei der Kai-serslauterer Firma Wipotec arbeitet.„Ich kann nur jedem empfehlen,während des Studiums ins Auslandzu gehen. Das war für mich einHighlight.“

Im April hat Bur seine deutsch-schwedische Doppelpromotion ab-geschlossen, hat also den Doktorti-tel beider Unis. Ermöglicht hat diesdas DocMASE-Programm, das dieSaar-Uni in den Materialwissen-schaften mit Linköping verbindet.Den mit 2.000 Euro dotierten Mess-technik-Preis des Arbeitskreisesder Hochschullehrer für Messtech-nik gab es obendrauf. „Es war eineunvergesslich schöne Zeit mit tollenErfahrungen.“ Es hat eben alles ge-passt, bei Christian Bur, der ohneZweifel den richtigen Riecher undein Händchen für Timing hat. ehr

DEUTSCH-SCHWEDISCHE DOPPELPROMOTION

Ô¶± ò³ K¶»¼±¶½²µ ¯¶²»¼²K ÕJ ¹²��²K²K ÖJ�±Christian Burs Forschung kann dazu beitragen, Abgase besser zu reinigen und die Luftqualität zu verbessern

U30X1�XR5 Bur entwickelt Sensoren, die die Luftqualität messen. In Schweden ver-

brachte er einige Zeit an der Uni in Linköping. Die Luft dort war super. Foto: privat

Eine Demenzerkrankung ist bishernicht heilbar. Sie lässt sich aberfrühzeitig diagnostizieren, noch be-vor die Demenz eintritt und oft sogarnoch bevor der Betroffene und seinUmfeld Symptome wahrnehmen. Indiesem frühen Stadium sollte dieDemenz durch ein ganzes Bündelvon therapeutischen Maßnahmenverzögert oder sogar verhindertwerden. Tobias Hartmann, Profes-sor für Experimentelle Neurologieder Saar-Uni, stellt diese im Wissen-schaftsforum der Universitätsge-sellschaft am 24. November um 18Uhr (Campus Saarbrücken, Geb. E2.5) vor. In seinem Vortrag wird erdarauf eingehen, welche Rolle Er-nährung und Sport, aber auch Hirn-training und sozialer Austauschspielen. „Eine Untersuchung zurFrühdiagnose einer möglicherwei-se zu erwartenden Demenzerkran-kung ist für viele Personen der ein-zig sinnvolle Weg, sich Gewissheitzu verschaffen. Allerdings darf derPatient weder mit der Diagnose al-leine gelassen noch die anschlie-ßende Therapie versäumt werden“,sagt Hartmann, der auch das Deut-sche Institut für Demenzpräventionleitet. Hier handele es sich um einepräventive Maßnahme, die mög-

lichst früh ergriffen werden sollte. An diesem Punkt setzt der Alzhei-

mer-Forscher zum Beispiel mit ei-nem Programm in Luxemburg an.Es eröffnet jedem betroffenen Bür-ger auf einfachem Weg Beratung,Betreuung und den Zugang zu prä-

ventiven Maßnah-men. „Das Ziel istdabei, die Zahl derNeuerkrankungenzu reduzieren,denn in diesem Sta-dium hat der Betrof-fene noch die besteChance, den Aus-bruch der Demenzherauszögern oderganz zu verhin-

dern“, sagt Hartmann. Bei der vor-beugenden Therapie geht es da-rum, diese Risikofaktoren bei jedemPatienten ganz individuell zu identi-fizieren und dann anzugehen. „Da-bei können Medikamente helfen,aber auch die Umstellung der Er-nährung. Außerdem ist es wichtig,dass sich die Patienten auch kör-perlich, geistig und sozial fit halten“,erläutert Hartmann. mey

www.uni-saarland.de/unigesell-schaft

WISSENSCHAFTSFORUM

��� Wege in derAlzheimer-Therapie

¦/ÍXR1 �R0�§mann. Foto: Uni

Damit Schüler der gymnasialenOberstufe einen Eindruck vom Stu-dienbetrieb und den Anforderun-gen einzelner Fächer erhalten, wur-de das „Schnupperstudium“ einge-richtet. Dabei können Studieninte-ressierte jederzeit ausgewählteLehrveranstaltungen aller Studien-gänge an der Universität des Saar-landes und der Hochschule fürTechnik und Wirtschaft (HTW) be-suchen.

Im Schnupperstudium könnenSchülerinnen und Schüler der gym-nasialen Oberstufe noch währendder Schulzeit erleben, wie zum Bei-spiel ein „echtes“ Biologie-Studiumabläuft, oder welchen Aufgabensich ein „richtiger“ Jura-Student inSeminaren und Übungen stellenmuss. Bis Anfang Februar 2016 ha-ben sie die Möglichkeit, an derSaar-Uni und der HTW Vorlesungenund Veranstaltungen aller Studien-gänge von A wie Altertumswissen-schaften bis Z wie Zahnmedizin zubesuchen. Das Schnupperstudiumist kostenlos und ohne vorherigeAnmeldung möglich. red

www.uni-saarland.de/schnup-perstudium

Schüler könnenins Studiumschnuppern

Mit dem Programm Erasmus+ derEuropäischen Union können Stu-denten, Doktoranden und Dozen-ten der Saar-Universität einen Aus-landsaufenthalt an etwa 230 euro-päischen Partnerhochschulen ab-solvieren.

Nun war die Uni bei der Beantra-gung weiterer Mobilitätsmaßnah-men erfolgreich: Im kommendenakademischen Jahr 2015/16 sindauch Mobilitäten aus und nachRussland sowie nach Armenienmöglich. Hierfür erhält die Saar-UniFördermittel in Höhe von rund80 000 Euro. Bisher waren Aus-tauschprogramme mit Osteuropanur im Rahmen des Programms„Ostpartnerschaften“ des Deut-schen Akademischen Austausch-dienstes (DAAD) möglich. Darüberhinaus weitet sie die Zusammenar-beit mit Russland aus, denn nebenden langjährigen Partneruniversitä-ten (Südliche Föderale Universitätin Rostov am Don und MedizinischeUniversität in Twer) werden zweiweitere Universitäten in das Pro-gramm aufgenommen: die Poly-technische Universität Tomsk unddie Staatliche Universität Novosi-birsk. red

Uni erweitertKooperation mitOsteuropa

Page 7: Campus Extra

KARRIEREY[\]^_ `abc[e f^_g[hi jjklmnoe piqbi ØDonnerstag, 19. November 2015

Um einen Motorblock aus Alumini-um herzustellen, benötigt man nureinige Grundzutaten. Für den Laienklingt das nach einfachem Kochre-zept: Zuerst wird eine Sandmi-schung mit Kunstharz vermischtund in speziellen Formen ausgehär-tet. Aus bis zu 36 einzelnen Sand-formen wird dann ein Kernpaket er-stellt, sozusagen die „Backform“ fürdie Motorkomponenten. „Das ge-schmolzene Aluminium füllt man miteiner Temperatur von über 700Grad Celsius behutsam in dieseForm. Es enthält noch verschiedeneandere Metalle, um die Festigkeitdes Motorblocks zu verbessern.Dieser erstarrt in der gehärtetenSandform als ein kompaktes Bau-teil“, sagt Martin Casper, der beiNemak in Dillingen verschiedene

Produktionslinien betreut. Was einfach klingt, ist in der Pra-

xis ein anspruchsvoller Prozess.„Wie beim Umgang mit Lebensmit-teln sind hier etwa die Temperaturund Zeit, sowie der Kontakt mit denanderen Zutaten oder der Umge-bung wichtig, um ein perfektes Er-gebnis zu erzielen“, ergänzt Cas-per, der selbst an der Saar-Uni Ma-terialwissenschaft undWerkstofftechnik studierthat. Gemeinsam mit seinemKollegen Gerald Klaus, ei-nem promovierten Material-wissenschaftler, erläutert erden Studenten den Produk-tionsprozess. „Bis ein neuerMotor in Serie hergestelltwird, durchläuft das Bauteileine dreijährige Entwick-lungsphase. In dieser Zeitwird das Modell bis zu zwanzig Malzwischen dem Kunden und Nemakhin- und hergeschickt. Wir pflegeneinen besonders engen Kontakt mitdem Kunden, um dessen Wünschezu erfüllen und gleichzeitig die Bau-teile für die Produktion zu optimie-ren“, sagt Gerald Klaus.

Um einwandfreie Motorkompo-nenten zu erhalten, werden die glei-chen Analysemethoden angewen-

det, die die Studenten in den For-schungslaboren der Uni kennenler-nen. „Bei der Qualitätsprüfung spie-len etwa die Röntgenanalyse undMetallographie eine wichtige Rolle.Es wird aber auch die Computerto-mographie eingesetzt, um die Bau-teile auf mögliche Fehler zu untersu-chen“, erklärt Klaus. Auch in der Se-rienherstellung würden die Motor-

komponenten später um-fangreich geprüft. Nur sokönne die Qualität der überzwei Millionen Bauteile, diedas Werk jährlich verlassen,gesichert werden.

Die Studenten zeigen sichbeeindruckt davon, wie sau-ber und modern die Ferti-gungsstraßen in der Alumi-nium-Gießerei aussehen.Selina Dietz imponieren vor

allem die Industrieroboter, die imSekundentakt die Gussform ausverschiedenen Einzelteilen zusam-mensetzen. Die 23-Jährige schreibtzurzeit ihre Masterarbeit bei Nemakund untersucht Methoden, mit de-nen die mechanischen Eigenschaf-ten der Bauteile verbessert werdenkönnen. „Neben Silizium und Kup-fer, von denen die Aluminiumlegie-rung einige Prozent enthält, kom-

men noch weitere Elemente wieStrontium zum Einsatz. Hiervon wer-den nur wenige hundertstel Prozentbenötigt, um die Motorkomponen-ten zum Beispiel noch stabiler zumachen. Meine Aufgabe ist heraus-zufinden, ob man ohne Qualitäts-verlust auch Natrium statt Strontiumzusetzen kann“, erklärt Dietz.

Die Ingenieure bei Nemak betreu-en Bachelor- und Masterarbeiten,um gemeinsam mit den Studentendie Verfahren weiterzuentwickeln.„Nemak mit derzeit rund 1.200 Mit-arbeitern am Standort Dillingen hatallein in den vergangenen zwei Jah-ren mehr als hundert neue Mitarbei-ter eingestellt. Für hochqualifizierteTätigkeiten, für die wir zum BeispielMaterialwissenschaftler benötigen,kann ein Praktikum oder eine Fach-arbeit der Einstieg sein. Wir bekom-men aber auch viele Initiativbewer-bungen, die wir uns genau an-schauen. Spezielle Aufgabenge-biete schreiben wir auch über On-line-Portale aus“, sagt Martin Cas-per. Er empfiehlt den SaarbrückerStudenten, sich um einen Prakti-kumsplatz schon ein halbes Jahr imVoraus zu bewerben.

„Auch wer eine Zeitlang im Aus-land arbeiten will, hat bei Nemak

Möglichkeiten. Das Unternehmengehört zu einem mexikanischenKonzern und hat weltweit 35 Werke,etwa die Hälfte davon in Nordame-rika“, ergänzt Casper. Er schätzt inseinem Beruf, dass dieser auch vielmit Kommunikation zu tun. Die Ab-stimmung zwischen Entwicklern,Gießerei-Mitarbeitern und den Kun-den reizt auch die MasterstudentinSelina Dietz. Sie kann sich gut vor-stellen, nach ihrem Abschluss ander Saar-Uni in der Automobilindus-trie zu arbeiten.

INGENIEURBERUF

�u8 der Kunst, Motorblöcke zu gießenStudenten der Materialwissenschaft lernen bei Nemak in Dillingen den Gießereiprozess kennen

VON FRIEDERIKE MEYER ZU TITTINGDORF

Welche Karrierechancen saarlän-dische Firmen bieten, wissen Uni-Absolventen oft nicht so genau.Studenten der Materialwissen-schaft besuchten daher Nemak inDillingen und staunten, wie an-spruchsvoll die Herstellung derMotorkomponenten ist.

z{|}~����|�Den Firmenbesuch organi-sierten Studenten der Material-wissenschaft und Werkstoff-technik, die sich in der regiona-len Nachwuchsgruppe derDeutschen Gesellschaft für Ma-terialkunde, der „Jung-DGMSaarbrücken“, für ihr Fachge-biet engagieren. Sie bieten Ex-kursionen, Vorträge und Work-shops an, um Universität und In-dustrie besser zu vernetzen.

https://www.facebook.com/jungdgm.sb

ÅQVX5R DietzFoto: privat

Eine frühe Leidenschaft für Lkw-Reifen kann man Aline Ditzler nichtnachsagen. Die Saarländerin kann-te das Reifenwerk in Homburg zwaraus ihrer Kindheit in Kirkel. Dass sieheute dort die Kommunikation koor-diniert, verdankt sie aber einer Rei-he von glücklichen Zufällen undauch ihrer eigenen Zielstrebigkeit.„Mir war schon in der Schule klar,dass ich etwas mit Bezug zu Frank-reich machen wollte“, sagt Ditzler.Im Bachelorstudium lernt sie Politik,Wirtschaft, Kultur und Gesellschaftder beiden Nachbarländer kennen,ein Studienjahr in Metz gehört auchdazu. „Dieser Studiengang war vonder Bandbreite her genau das, wasich mir gewünscht habe. Ich habedort auch viel darüber gelernt, wieman am besten über die Grenzenhinweg kommuniziert“, erzählt AlineDitzler.

Mit Michelin hatte sie erstmals be-reits im Studium zu tun. Ihr Pflicht-praktikum absolvierte sie in derDeutschlandzentrale des Reifen-herstellers in Karlsruhe. „Bei einemBewerberseminar der Deutsch-Französischen Hochschule hatteich den Personalchef des Reifen-herstellers aus dem Werk Homburgkennengelernt, der mir den Tipp fürdas Praktikum in der Kommunikati-

onsabteilung gab“, erläutert Ditzler. Für ihren Master wechselt die Stu-

dentin dann nach Frankfurt/Oder,um eine weitere Grenzregion ken-nenzulernen und mit „EuropeanStudies“ ihren Horizont zu erwei-tern. Von dort knüpft sie Kontaktezum „Public Affairs“-Büro von Mi-chelin in Berlin und erhält die Mög-lichkeit, als Werkstudentin ihre Mas-terarbeit zu schreiben. „Ich habe

dort untersucht, welche Nichtregie-rungsorganisationen für das Netz-werk von Michelin interessant seinkönnten“, erklärt die heute 27-Jäh-rige. Als sie ihre Masterarbeit fastbeendet hat, wird die Stelle für Kom-munikation in Homburg ausge-schrieben. Das Vorstellungsge-spräch im Juli 2014 ist dann fast einHeimspiel und wird zum Volltreffer.„Im Werk Homburg sind rund 1 400Mitarbeiter beschäftigt, knapp dieHälfte kommt aus Frankreich. Da isttäglich interkulturelle Kommunikati-on gefragt“, stellt Aline Ditzler fest.

Sie weiß die unterschiedliche He-rangehensweise zu schätzen: „WirDeutsche sind oft pragmatisch undhaben immer gleich einen genauenPlan im Kopf. Das muss aber nichtimmer unbedingt der richtige Wegsein. Die Franzosen empfinde ichals kreativer, sie bereichern Be-sprechungen oft mit neuen Ideen“,findet die Unternehmensspreche-rin. Dass sie täglich Französisch re-den kann, macht ihr viel Spaß. Dafällt es dann auch nicht so ins Ge-wicht, dass die Hauptprodukteziemlich technisch sind: „Bei tiefer-gehenden technischen Fragen ha-be ich glücklicherweise kompeten-te Kollegen, die mir weiterhelfen“,so Ditzler.

DOPPELABSCHLUSS

ÙK´µÕ¾�¶�»¼Ú±Jö²µ Û´K²µ ¹²¶ Ô¶»¼²�¶µ òK ܺ��±K²��²KDie Absolventin Aline Ditzler ist für die Öffentlichkeitsarbeit des Reifenherstellers in Homburg zuständig

VON FRIEDERIKEMEYER ZU TITTINGDORF

Für Frankreich hat sich Aline Ditz-ler schon immer interessiert. Ander Saar-Uni wählte sie „Deutsch-französischen Studien“. Seit ei-nem Jahr ist sie beim Reifenher-steller Michelin in Homburg fürdie Kommunikation zuständig.

�30Q Frankreichkenntnisse, die sie an der Saar-Uni vertiefen konnte, erleichtertenAline Ditzler den Einstieg in den Job bei Michelin. Foto: Michelin

Zur Ballnacht in festlichem Ambien-te laden die saarländischen Hoch-schulen alle Tanzbegeisterten amSamstag, dem 23. Januar 2016, indie Saarbrücker Congresshalle ein.Zwei Live-Bands werden in denTanzsälen verschiedene Musikrich-tungen anbieten. Außerdem legt DJMatte im Foyer bis tief in die Nachtinternationale Party- und Tanzmusikauf.

Der Winterball lockt jedes Jahrnicht nur Studenten, Wissenschaft-ler und Mitarbeiter der Hochschulenan, sondern bietet allen Tanzfansaus der Region ein stilvolles Am-biente. Bei der festlichen Ballnachtkommen auch „Nichttänzer“ auf ihreKosten, da man durch die Foyersflanieren und sich in lockerer Atmo-sphäre mit anderen Ballgästen un-terhalten kann.

Für den öffentlichen Winterballstartet Anfang Dezember an ver-schiedenen Vorverkaufsstellen undim Internet der Ticketverkauf. Auchim Unishop im Campus Center wer-den Tisch- und Flanierkarten ange-boten.

www.uni-saarland.de/winterball

Winterball dersaarländischenHochschulen

Die Mediennutzung hat sich in denvergangenen Jahren stark verän-dert. Während Zeitungen und Zeit-schriften um Abonnenten kämpfen,erfahren Newsportale im Internethohen Zuspruch. Die Leser klickensich dort durch die Inhalte und wäh-len aus, was sie persönlich interes-siert. Was ihnen gefällt, „liken“ undteilen sie und leiten es über die so-zialen Netzwerke an viele hundertLeser weiter.

Auf diese sich wandelnden Kon-sumgewohnheiten stellt sich dieSaar-Uni mit dem neuen Web-Ma-gazin „campus“ ein. Auf der interak-tiven Online-Plattform werden künf-tig Reportagen, Interviews und Ser-vicethemen rund um die Universitätveröffentlicht. Das Presseteam be-reitet dafür aktuelle Forschungs-und Studienthemen, Porträts vonWissenschaftlern und Studentensowie die Serviceangebote journa-listisch auf.

Das Web-Magazin, das die ge-druckten Uni-Magazine „campus“und „magazin forschung“ ersetzt,wird die dort bewährten Rubrikenbeibehalten. Unter den Stichpunk-ten Studium, Forschung, Uni-Le-ben, Karriere und Menschen wer-den die Reportagen und Interviewserscheinen. Für Studenten wird es

viele Service-Themen geben, etwazum Hochschulsport, Auslandsstu-dium oder Semesterstart. Außer-dem stellt das Presseteam die Kar-rierewege von Absolventen derSaar-Uni vor, um Abiturienten dieStudienwahl zu erleichtern.

Thematisch passend werden dieBeiträge mit Fotostrecken, Videosund Medienberichten verknüpft.Die Leserinnen und Leser könnendie Beiträge über die sozialen Netz-werke teilen, kommentieren undweiter empfehlen. Das Online-Por-tal passt sich dabei automatischden verschiedenen Bildschirmgrö-ßen von Laptops, Tablets undSmartphones an. Wer regelmäßigüber neue Artikel informiert werdenmöchte, kann den wöchentlichenNewsletter abonnieren. Leser, dieauf der campus-Plattform ein eige-nes Benutzerkonto erstellen, kön-nen zusätzlich auswählen, welcheInformationen sie wie oft erhaltenmöchten.

Die Uni-Pressestelle verwirklichtdas Web-Magazin gemeinsam mitder Firma Neocosmo, die im Starter-zentrum der Universität ihren Sitzhat. mey

Webseite: campus.uni-saar-land.de

INFO-PLATTFORM

���Ý��¢��Þ� startet Internet-Magazin „campus“

Eine neue App zeigt zeitnah alle ak-tuellen Staus auf Autobahnen undBundesstraßen an. Informatiker umJohannes Berdin und AndreasMohr haben das Miniprogramm ent-wickelt, das die Daten des Deut-schen Verkehrsfunks nutzt. „Radio-sender aktualisieren ihre Verkehrs-nachrichten im Schnitt alle zehn Mi-nuten, wir hingegen alle zwei Minu-ten, sodass wir schneller mitteilenkönnen, dass ein Stau entstandenist“, sagt Johannes Berdin.

Auch gegenüber herkömmlichenNavigationssystemen habe dasneue Angebot Vorteile, erläutertBerdin: „Die herkömmlichen Syste-me erstellen lediglich Verkehrs-prognosen, die sie mithilfe derFunkdaten ihrer Nutzer errechnen.“Sie können etwa angeben, dass derVerkehr dicht ist, wenn viele ihrerNutzer in einer Tempo-100-Zonenur 60 Stundenkilometer schnellfahren. Ob es einen Stau gibt, ge-ben die Systeme nicht an.

Johannes Berdin und AndreasMohr haben ihr Unternehmen app-timists 2012 im Starterzentrum derUni gegründet.

www.staumobilapp.de

Saarbrücker Appmeldet Staus undNavi-Prognosen

Einen Motorblock zu gießen, ist keine einfache Aufgabe. Über die Komplexität des gesamten Prozesses können sich Studenten der Saar-Uni im Dillinger Nemak-Werk ein Bild machen. Foto: Nemak

Page 8: Campus Extra

KARRIEREY[\]^_ `abc[e f^_g[hi jjklmnoe piqbi ß

Donnerstag, 19. November 2015

IMPRESSUM

àá Jahrgang, Ausgabe II/2015Erscheinungsweise: halbjährlich

Herausgeber: Der Präsident der Universität desSaarlandes, Campus, D-66123 Saarbrücken

Redaktion: Friederike Meyer zu Tittingdorf(V.i.S.d.P.), Claudia Ehrlich, Melanie Löw, ThorstenMohr, Gerhild Sieber

Anzeigen regional: Alexander Grimmer

Anzeigen national: Patrick Strerath

Verlag und Druck: Saarbrücker Zeitung Verlag undDruckerei GmbH, 66103 Saarbrücken

„Campus extra“ ist eine Fremdbeilage derSaarbrücker Zeitung und des PfälzischenMerkur.

In diesem Studienjahr werden ander Universität des Saarlandes 152Studentinnen und Studenten mit ei-nem Deutschlandstipendium von300 Euro pro Monat gefördert. Dassind rund 50 Stipendienempfängermehr als im vergangenen Förder-zeitraum.

Dass das Deutschlandstipendi-um – anders als oft kritisiert – ein In-strument der Elitenförderung ist,stimmt im Fall der Saar-Uni nicht: 45Prozent der Stipendienempfängerstammen aus Nicht-Akademiker-Haushalten, im Bundesschnitt sindes 23 Prozent. red

Deutschland-stipendien für152 Studenten

schnappt sich ein anderer die Idee.Doch einen Patentanwalt einzu-schalten, ist nicht billig. „An der Unihaben wir vom Zertifikat Patent- undInnovationsschutz gelesen. Wir fin-den es spannend, die Dinge ausverschiedenen Perspektiven zu be-trachten und so haben wir be-schlossen, uns die Kenntnisseselbst anzueignen“, sagt Limba-cher, der inzwischen sein erstesStaatsexamen hinter sich hat. „Auf

gung beim Öffnen soll die Vermi-schung in Gang kommen“, erklärtEsra Limbacher.

Nach etlichen Versuchen hat esgeklappt. Der Prototyp war entwi-ckelt. „Dreht man den Verschluss,fließt die eine Komponente, dieoben getrennt aufbewahrt wird,nach unten“, sagt Philipp Adamidis.Das sieht nicht nur gut aus, sondernist auch vielseitig einsetzbar: Wasbei Mix-, Energy- und Bio-Geträn-ken funktioniert, klappt auch beiArznei oder Kosmetik. „Es muss kei-ne Flasche sein, es geht auch beianderen Behältern. Bei Wirkstoffenoder Vitaminen, die erst kurz vorGebrauch gemischt werden dürfen,kann unser System ebenso einge-setzt werden wie bei Haarfärbemit-teln“, sagt Limbacher. Zwar existie-ren bereits Vermischungssysteme.„Bei den heute gängigen muss abererst etwas eingestochen, gedrückt,gezogen oder andersherum ge-dreht werden. Dabei fallen oft Teileder Vorrichtung in die Flasche undverunreinigen die Flüssigkeit. Dasist bei unserer Erfindung anders“,ergänzt Adamidis.

Und nun? Jetzt galt es Fehler zuvermeiden. Wer eine Erfindungmacht, muss sie schützen, sonst

Wenn eine farbige Flüssigkeit in ei-ne andere fließt, kann das sehr äs-thetisch aussehen. Bevor sich bei-de vermischen, schwebt die eineanmutig wirbelnd in der anderen,ganz ähnlich wie in einer Lavalam-pe. Diesen Effekt hatten der Jura-Student Esra Limbacher und derBWL-Student Philipp Adamidis vorAugen, als sie an ihrem Vermi-schungs-Mechanismus tüftelten.Mit dabei war auch Lukas Adami-dis, der an der Saar-Uni Musikma-nagement studiert hat. Gemeinsa-mes Ziel: „Nur durch die Drehbewe-

diese Weise konnten wir Neues ler-nen und gleich am praktischen Bei-spiel anwenden“, erläutert Adami-dis. Das Zertifikat, das die Saar-Unianbietet, wendet sich nicht nur anErfinder, sondern an Studenten,Doktoranden und Wissenschaftleraller Fächer, an Uni-Mitarbeiter wiean Gasthörer. „In der Arbeitsweltwird Know-how über den Schutzgeistigen Eigentums immer wichti-ger. Unternehmen suchen Mitarbei-

ter mit solchem Wissen. Bundesweitgibt es aber nur sehr wenige Aus-bildungsmöglichkeiten. Unser Zer-tifikat ist einmalig“, sagt Jura-Pro-fessor Stephan Weth, der das Zerti-fikat auch ab diesem Wintersemes-ter wieder mit seinen Kollegen Ro-land Michael Beckmann, MichaelMartinek sowie der Patentverwer-tungsagentur der saarländischenHochschulen anbietet.

„In zwei Semestern vermitteln wirmit unseren Lehrstuhl-Teams pra-xisnah Kenntnisse über Schutz-rechte und Gespür für Fallstrickeund rechtliche Probleme: etwa woRisiken lauern, Schutzrechte zu ver-letzen oder wie man eine Innovationabsichert“, sagt Weth.

Die drei Erfinder haben ihre Ent-wicklung geschützt. „Wir habenselbst die Patentrecherche ge-macht, ob unser System eine Neu-heit ist, und die Patentschrift ver-fasst. Wie das geht, das haben wirbeim Zertifikat gelernt“, erzählt EsraLimbacher. Dass eine Idee brillantist, reicht nicht, man muss sie auchschützen: Es ist eben auch hier dieMischung, die es macht.

www.uni-saarland.de/patent-und-innovationsschutz

PATENTSCHUTZ

ⶲ Ô¶�»¼Jµ½ ³´»¼±ã�Wie sie eine gute Idee schützen lassen können, haben zwei Erfinder an der Saar-Uni gelernt

ä10R Limbacher präsentiert den Prototyp der Vermischungsflasche. Foto: ehr

VON CLAUDIA EHRLICH

Esra Limbacher und Philipp Ada-midis haben den Dreh raus: DieStudenten haben eine Vermi-schungsmethode erfunden, beider zwei getrennt aufbewahrteFlüssigkeiten beim Aufdrehen derFlasche effektvoll vermischt wer-den. Vom Energy-Drink bis zurArznei reicht der potenzielleMarkt. Damit nicht ein anderer ih-re Idee vermarktet, haben sie siegeschützt. Wie sie dabei allesrichtig machen, haben sie an derUni beim Zertifikat Patent- und In-novationsschutz gelernt.

Als Horst Brünnet aus Saarwellin-gen die Mittlere Reife abschloss,hätte er sich kaum vorstellen kön-nen, dass er eines Tages die Ent-wicklungsabteilung einer mittel-ständischen Firma im Saarland lei-ten wird. Er wählte zuerst den Wegan die Fachoberschule und studier-te dann an der HTW Saar Sensor-

technik. „Schon imDiplomstudium warmir klar, dass ichgerne forschenmöchte und eineDoktorarbeitschreiben will. Ummeine Chancen zuerhöhen, wählte icheinen englisch-sprachigen Masteran der Fachhoch-

schule Karlsruhe“, sagt Brünnet. Miteinem sehr guten Abschluss stieger bei Bosch in Homburg ein, umerst einmal Industrieerfahrung zusammeln. „Ich hatte aber immer imHinterkopf, noch zu promovieren.Über meinen FH-Professor erfuhrich, dass an der Saar-Uni ein Lehr-stuhl für Fertigungstechnik neu be-setzt wurde. Und wie es der Zufallwollte, wurde mein Abteilungsleiterbei Bosch, Dirk Bähre, auf dieseProfessur berufen“, erklärt HorstBrünnet.

Der junge Ingenieur nutzte dieChance und wechselte mit seinemChef nach Saarbrücken. Dort konn-te er die Grundlagen eines Themaserforschen, das er bei der FirmaBosch schon in der Anwendungkennengelernt hatte. „Wenn Kraft-stoff in moderne Dieselmotoren ein-gespritzt wird, müssen die Bauteileenormen Druck aushalten. Den-noch will man dafür möglichst leich-te Materialien verwenden. Um bei-de Anforderungen unter einen Hutzu bekommen, setzt man die Bau-teile einmal unter extrem hohenDruck und verformt damit die Hohl-körper“, erläutert Horst Brünnet.Durch die Verformung wird in denMaterialien eine Eigenspannung er-zeugt. „An der Universität haben wirberechnet, wie sich die einmal ver-formten Bauteile bei der Weiterver-arbeitung verhalten. Durch die Si-mulation der Verformung konntendie einzelnen Fertigungsschritte

besser aufeinander abgestimmtwerden", sagt Brünnet.

Die wissenschaftliche Herange-hensweise hat den Ingenieur be-sonders fasziniert, aber auch dieKombination von Kenntnissen ausder Mechanik, Elektronik und Infor-matik, die jetzt ganz ähnlich im neu-en Studiengang Systems Enginee-ring an der Saar-Uni gelehrt wer-den. Noch bevor Brünnet vor einemJahr die Promotion beendet hatte,kam die Zusage für seine heutigeTätigkeit, die Leitung der Entwick-lungsabteilung bei der Firma Schal-

ler in Blieskastel. „Das lief typischsaarländisch: Der Betriebsleiterkannte mich vom FH-Studium underzählte mir, dass sie diese Positionbesetzen möchten. Ich schaute mirdas Unternehmen an und war sofortbegeistert, denn etwa ein Viertel derrund 60 Mitarbeiter in Blieskastel istin der Entwicklung tätig. Dabei gehtes vor allem um Sicherheitsfragenrund um mit Diesel oder Gas betrie-bene Motoren“, sagt Brünnet. Beieinem Bauteil für Schiffsmotoren,dem Ölnebeldetektor, ist die FirmaWeltmarktführer, denn kein Contai-

nerschiff oder Kreuzfahrtdampferdarf ohne zugelassenes Motor-schutzsystem auf See. „Währenddes Dauerbetriebs dieser Hochleis-tungs-Dieselmotoren kann sich Öl-nebel bilden. Im Extremfall führt daszu einer Explosion der Motoren“, er-läutert Brünnet. Das Sicherheitssys-tem registriert sofort, wenn solch einÖlnebel entsteht, und schaltet beiGefahr die Schiffsmotoren ab.„Dass solch eine Firma von Blies-kastel aus die Welt beliefert, war mirals gebürtiger Saarländer völligneu“, ergänzt Brünnet.

SICHERHEITSTECHNIK

©HxC: @7C8 9?wCtt C8 <C7 å;t: tvC7B:Uni-Absolvent Horst Brünnet entwickelt Sicherheitssysteme für Schiffsmotoren

�5 Kreuzfahrtschiffen und Containerschiffen müssen Motorschutzsysteme zwingend eingebaut sein. Einer der führenden An-

bieter solcher Systeme ist die Firma Schaller in Blieskastel, wo Horst Brünnet heute arbeitet. Foto: Mohr

VON FRIEDERIKEMEYER ZU TITTINGDORF

Horst Brünnet hatte schon an derFH den Traum, eine Doktorarbeitzu schreiben. Durch Beharrlich-keit und einen glücklichen Zufallkam er an die Saar-Uni und pro-movierte in der Fertigungstech-nik. Heute ist er Entwicklungschefder Firma Schaller in Blieskastel.

�/01� Brünnet

Foto: privat

„Wenn du den Abschluss in der Ta-sche hast, steht dir die Welt offen.“Das hat wohl jeder Student schonmal gehört oder sich vielleichtselbst gesagt. Je näher das Endedes Studiums rückt, desto mehrdrängt sich aber ins Bewusstsein,wie wenig konkret das ist. Zu dem„Ach, das ergibt sich dann schon“gesellt sich ein „Was wird aus mir?“.Ein Blick in Stellenanzeigen, die„mehrjährige Praxiserfahrung“,„strategische Kompetenz“ und„Lust auf Herausforderung“ verlan-gen, beruhigt da nicht wirklich.

„Einen Job bekommen laut aktu-ellen Statistiken alle Uniabsolven-ten früher oder später, da muss mansich weniger Gedanken machen.Die richtige Frage, die sich Studen-ten stellen sollten, ist: Bekomme ichdie Stelle, die ich will“, sagt JensKrück, der bei der Kontaktstelle fürWissens- und Technologietransferder Saar-Uni zuständig ist für dieKooperation von Wissenschaft undUnternehmen.

Gemeinsam mit Miriam Bilke-Per-kams, die sich um alle Fragen rundum Praktikum und Karriereplanungkümmert, zeichnet er verantwortlichfür den Karriereservice, den dieSaar-Uni für Studenten, Absolven-ten und Doktoranden weiter aus-baut. Denn diese können viel tun,um die Weichen für ihr Leben nachder Uni zu stellen. Also: Raus ausder abstrakten Ungewissheit! „Werseinen Traumjob finden will, solltefrüh aktiv werden. Wir halten eineVielzahl von Angeboten bereit“,sagt Miriam Bilke.

Da gibt es etwa die Praktikums-börse: Hier finden Studenten nebenPraktika und Nebentätigkeiten vonregional bis international auch Be-triebe, die Themen für Abschlussar-beiten anbieten. „Praktische Erfah-rungen gehören heute dazu. Stu-denten erhalten so nicht nur eineVorstellung vom späteren Beruf. Sieknüpfen Kontakte und bauen ihrpersönliches Netzwerk auf. Unter-nehmen stellen oft Absolventen ein,die sie von Praktikum oder Neben-job her kennen“, erklärt sie.

Damit Praktikanten nicht nur anKaffeemaschine und Kopierer ste-hen, hat Bilke ein Auge auf die Qua-lität der Praktika: „Wir befragen dieStudenten im Anschluss und rea-gieren, wenn sie keine guten Erfah-

rungen machen.“ Für Absolventengibt es eine Karrierebörse mit Stel-lenangeboten. Eine frühe Gelegen-heit zur Tuchfühlung bieten auchUnternehmensbesuche: Firmen öff-nen ihre Türen oder sie kommen andie Uni und informieren, was siekünftigen Mitarbeitern bieten undvon diesen erwarten.

Eine Erfahrung der besonderenArt ist das so genannte Job Shado-wing: „Ein Student begleitet – wieein Schatten – einen Praktiker an ei-nem Arbeitstag“, klärt Bilke auf.Ganz praktisch wird es bei kosten-losen Workshops und Seminaren,die mit Firmen, Kammern und Ver-bänden organisiert werden: Von

Business-Kniggebis Bewerbertrai-ning reicht das Re-pertoire. Hier kön-nen Interessiertelernen, wie sie ihreStärken analysie-ren oder Fettnäpf-chen beim Vorstel-lungsgespräch ausdem Weg gehen.Auch die Scheer

GmbH bietet solche Trainings an:„Uns ist daran gelegen, Studentenauf das Leben nach der Uni vorzu-bereiten. Dabei nutzen wir zugleichdie Chance, die Scheer GmbH als

Arbeitgeber insSpiel zu bringen.Wir knüpfen Kon-takte zu potenziel-len Mitarbeiternund informieren,dass wir nicht nurBWLer und Infor-matiker suchen,sondern auch Ab-solventen andererFächer wie Inge-

nieure oder Mathematiker“, sagtStefan Schaus, bei Scheer zustän-dig für Recruiting. „Das Interessevon Studenten wie Unternehmen istgroß. Die Anmeldezahlen steigen“,ergänzt Jens Krück. Es lohnt sich al-so, sich für die Karriere-Newsletteranzumelden, denn: Wer vorbereitetist, dem steht die Welt offen. ehr

www.facebook.com/saaru-ni.praktikumsboerse

KARRIERESERVICE

æ��¢ ��¢ ��� ����ç�¢¢¤��� èrein in die PraxisWie sammle ich im Studium Pra-xiserfahrung? Wie bereite ichmich auf den Berufsstart vor? Wiekomme ich mit Firmen in Kontakt?Studenten und Absolventen, diesich solche Fragen stellen, solltendie Angebote des Career Centersund der Kontaktstelle für Wis-sens- und Technologietransfer derSaar-Uni im Blick haben.

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kams. Foto: Uni

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Foto: KWT

éQX  Start in die Karriere kann ein Prak-

tikum eine große Hilfe für erste Firmen-

kontakte sein. Foto: Michael Ehrhart