der öffentliche sektor: ein gesuchter arbeitgeber für eine … · 2014-03-10 · • auch wenn...
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Der öffentliche Sektor: ein gesuchter Arbeitgeber
für eine nachhaltige Organisation?
Christoph Lucks,
Stellvertretender Leiter des Personalamts des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg
Die Herausforderungen der Mitarbeiterwerbung und –bindung für den
öffentlichen Dienst der Zukunft am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg
2 Worüber reden wir?
Die Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH)
Senats -
kanzlei
Personal-
amt
Senat der Freien und Hansestadt Hamburg (Landesregierung und oberste Verwaltungsbehörde)
Senat der Freien und Hansestadt Hamburg (Landesregierung und oberste Verwaltungsbehörde)
Senatsämter Senatsämter
Rechnungshof Rechnungshof
Hamb . Datenschutzb . Hamb . Datenschutzb .
Fachbehörden Fachbehörden
JB BWVI BSU BASFI KB BWF BSB BIS Finanz -
behörde
Bezirksämter Bezirksämter
Altona Eims -
büttel
Hamburg -
Nord Wandsbek
Hamburg -
Mitte
Berge -
dorf Harburg
Hamb . Verfassungsgericht Hamb . Verfassungsgericht
BGV
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3 Worüber reden wir?
Die Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH)
In den nächsten acht Jahren wird fast ein Viertel der Beschäftigten der
hamburgischen Verwaltung (rd. 15.000 Personen von derzeit rd. 68.000)
altersbedingt ausscheiden
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4 Warum ist das Thema Arbeitgeberattraktivität ein Thema für die
hamburgische Verwaltung?
Unter den Beschäftigungsberufen der FHH ist eine Reihe von Berufen, für die heute
bereits ein Mangel besteht,
z.B.
technische Berufe (z. B. Architekten, Bauingenieure). Hier scheiden bis 2020
Beschäftigte mit einem Beschäftigungsvolumen von 750 Vollkräften aus.
Soziale Berufe (Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Erzieherinnen und
Erzieher): hier scheiden bis 2020 Beschäftigte mit einem Beschäftigungsvolumen
von 815 Vollkräften aus.
Ärztinnen und Ärzte: Rekrutierungsprobleme sind in allen Bereichen des
Öffentlichen Dienstes in- und außerhalb Hamburgs erkennbar.
Außerdem: Der öffentliche Dienst ist auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, die
nicht in erster Linie von dem Wunsch nach einem sicheren Arbeitsplatz motiviert werden,
sondern gemeinwohlorientiert arbeiten möchten und das öffentliche Gemeinwesen aktiv
gestalten wollen.
Schwindende Rekrutierungspotenziale im Bereich der ausgebildeten
Fachkräfte
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1. Herausforderungen der Mitarbeiterwerbung
Unsere Rahmenbedingungen
Die sog. Schuldenbremse ist nicht nur in der Verfassung der Bundesrepublik,
sondern seit 2012 auch in der hamburgischen Verfassung verankert.
Auch wenn wir insgesamt zur Einhaltung der Schuldenbremse unseren
Personalbestand bis 2020 um jährlich 250 Vollkräfte zu reduzieren*, stellen wir
weiter extern ein – wenn auch auf reduziertem Niveau.
2012 wurden 1.025 Stellen erfolgreich ausgeschrieben (Personalmanagementbericht
2013, S.54), 443 Personen wurden extern eingestellt.
Weiterhin werden in der hamburgischen Verwaltung jährlich mehr als 600
Nachwuchskräfte für Ausbildungen in der allgemeinen Verwaltung, in der Justiz-
und Steuerverwaltung sowie bei Polizei, Feuerwehr und Strafvollzug eingestellt
(und übernommen).
*mit Ausnahme der Lehrkräfte, des Polizeivollzugs, der Feuerwehr und der Beschäftigten
an den Hochschulen
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2. Was motiviert eine Bewerberin/ einen Bewerber, in den
öffentlichen Dienst zu treten?
Was macht die Arbeit in der FHH interessant?
• Vielfältige Tätigkeiten Wechsel der Arbeitsplatzes, Verbleib beim
selben Arbeitgeber
• Sinn in der Arbeit sehen (Gemeinwohlorientierung – „public service
motivation“)
• Viele Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten
• Sichere Arbeitsplätze
• Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Beruf und Familie
• Flexible Arbeitszeiten
• …und Kindernotfallbetreuung, job-ticket, Sonderkonditionen bei
Fitnessanbietern…
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Recruiting Trends der Unternehmen – Themen der FHH*
* Quelle: Recruiting Trends 2013 – Empirische Untersuchung aus den Top 1000-Unternehmen aus Deutschland
Recruiting Trends der Bundesrepublik und die FHH
TOP-3 Themen in Unternehmen
(unternehmensübergreifend
• Demografischer Wandel
• Fachkräftemangel
• Gesetzliche Rahmenbedingungen
TOP-3 Schlüsselherausforderungen
in Unternehmen (intern)
• Mitarbeiterbindung
• Employer Branding
• Internes Employer Branding
Themen für die hamburgische
Verwaltung
• Demografischer Wandel
• Fachkräftemangel
• Die FHH als attraktiven Arbeitgeber positionieren
Recruiting-Praxis der Unternehmen
Ausschreibungen
• 90% veröffentlichen ihre Stellen auf eigenen
Unternehmens-Websites
• 69 % veröffentlichen in Internet-Stellenbörsen
• 27,4% suchen bei der Bundesagentur für Arbeit
• Bei gut 20% aller Stellen fordern die Firmen ihre
MA auf, geeignete Kandidatinnen und
Kandidaten in ihren Netzwerken zu empfehlen
• 18,4% schreiben in Printmedien aus
• 16,6% schreiben in Sozialen Medien aus
Einstellungen
• 30% der Einstellungen gehen auf die eigenen
Unternehmens-Websites zurück
• Knapp 40% der Einstellungen gehen auf
Anzeigen in Internet-Stellenbörsen zurück
• 4,5% der Einstellungen erfolgen auf Vermittlung
der Bundesagentur für Arbeit
• 8,3 % gehen auf MA-Empfehlungen zurück
• 11% der Einstellungen gehen auf Printmedien
zurück
• 3,1 % gehen auf Sozialen Medien zurück
3. Neue Instrumente der Mitarbeiterwerbung
• Ziel muss es sein, auf dem Arbeitsmarkt auf gleichem Niveau wie andere große
Arbeitgeber präsent und mit einem guten Arbeitgeberimage vertreten zu sein.
• Hier bieten sich vor allem das Internet und der Einsatz sozialer Medien an.
• Bei der Auswahl der sozialen Medien sind diejenigen relevant, die die
zielgruppengerechte Information, Kommunikation und Vernetzung fördern und
eine große Reichweite haben. Im Einsatz sind zum Beispiel XING (FHH nutzt dies als
einer der ersten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes), Facebook und YouTube.
• Über den Auftritt im Sozialen Netzwerk XING nutzt die FHH dieses Netzwerk
inzwischen verstärkt zu Marketingzwecken und zur Personalrekrutierung.
1.200 Beschäftigte der FHH sind Mitglied auf XING.
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3. Instrumente der Mitarbeiterwebung
Der Auftritt des Arbeitgebers FHH im Internet http://www.hamburg.de/arbeitgeber-portraet
FHH Profil bei XING (hier August 2013)
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3. Neue Instrumente der Mitarbeiterwerbung
Beispiel XING: eingesetzte Module
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3. Neue Instrumente der Mitarbeiterwerbung
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4. Wie kann das Interesse geweckt werden?
• Vielfältiger Marketing-Mix: Internet, Flyer, Plakate, Werbung in allen Kundenbereichen der
Stadt, Berufsorientierung in Schulen, Auftritt auf relevanten Messen, U- und S-Bahn-Werbung,
Produktion und Einsatz von Videos in relevanten Portalen und auf Veranstaltungen,
Printmedien, Angebot von Praktika
• Kooperationen als unverzichtbares Element, z. B. Zusammenarbeit mit
Qualifizierungsträgern, Zugang zu Eltern, die für die berufliche Orientierung ihrer Kinder eine
große Rolle spielen, Gewinnung von Lehrerinnen und Lehrern für Berufsorientierung als
Multiplikatoren; Mitwirkung engagierter Nachwuchskräfte an Veranstaltungen, Messen, im
Internet (Kurzbiographien), in Printmedien, auf Plakaten, etc.
• Beispiel: Kampagne „Wir sind Hamburg! Bist
Du dabei?“ Bevölkerungsanteil mit
Migrationshintergrund in Hamburg rd. 30%; in
2012 lag der Einstellungsanteil von
Auszubildenden mit Migrationshintergrund bei
17,3% (2006 = 5,2%); die Kampagne umfasst in
der Zwischenzeit jährlich rund 600 Ausbildungs-
und Studienplätze der Polizei und Feuerwehr,
der Allgemeinen Verwaltung sowie der Justiz und
Steuerverwaltung
Werbung in den Printmedien und im Internet
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4. Wie kann das Interesse geweckt werden?
Beispiel: Mit dem virtuellen Berufsorientierungsspiel und SelfAssessment
Verfahren „C!YOU – Start learning@hamburg“ nutzt Hamburg seit 2007 ein preisgekröntes
Personalmarketinginstrument, das junge Menschen zielgruppengerecht über die Möglichkeiten einer
Bewerbung und Beschäftigung bei der Stadt informiert und die Zahl qualifizierter Bewerbungen deutlich
gesteigert sowie einen erheblichen Rückgang nicht qualifizierter Bewerbungen bewirkt hat.
In einem „Ausbildungsblog Allgemeine Verwaltung“ berichten Auszubildende aus Theorie und Praxis; ca.
10 Autorinnen und Autoren; seit 2011 online;
Online-Bewerbung Allgemeine Verwaltung: Bewerberinnen und Bewerber nutzen bereits zu 50% diesen
Weg einer Bewerbung; seit 2010 online
Video Auswahlverfahren Allgemeine Verwaltung; erläutert auf anschauliche Weise den
Bewerbungsprozess von der Bewerbung bis zur Einstellung
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C!You: Ausbildungsmöglichkeiten anonym, spielerisch und
interaktiv im Internet…
http://www.cyou-startlearning.hamburg.de
4. Wie kann das Interesse geweckt werden?
Erleben Sie unsere
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5. Wie können Personen geworben werden, die dem
öffentlichen Dienst fern sind?
• Professionelles Personalmarketing
Ausrichtung aller Aktivitäten am sog. „Employer Promise“: Öffentlichkeitsarbeit mit
Benennung der Rahmenbedingungen, der Standortfaktoren und des
Perspektivenreichtums, z. B. der Arbeitsplatzsicherheit und der attraktiven
Aufgabenvielfalt: „Wer und wie groß sind wir?“, „Zu welchen Werten stehen wir?“,
„Welche Rahmenbedingungen bieten wir?“; in der Auswahl der Werbebotschaften
Akzentuierung je nach Zielgruppe: z. B. Männer, Frauen, Personen mit
Migrationshintergrund, Jugendliche, Führungskräfte)
• Professionelle Personalauswahl
Transparente, faire und gleichzeitig anspruchsvolle Gestaltung der Auswahlverfahren
(Erstkontakt mit den Bewerberinnen und Bewerbern; „Visitenkarte“ mit nicht
unerheblichen Multiplikatoreffekten), zügiger Ablauf, klare Entscheidungen
• Wichtig: Stimmen vermitteltes Image und Arbeitsrealität nicht überein, ist dies
kontraproduktiv. Vorsicht mit Versprechungen (z.B. Übernahme, verantwortungsvolle
Tätigkeiten, familienfreundliche Arbeitsbedingungen), die nicht gehalten werden können.
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6. Wie kann ein ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis erreicht werden?
Ziel
Der Senat hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Anzahl
weiblicher Führungskräfte in der hamburgischen Verwaltung
insbesondere in den Spitzenfunktionen kontinuierlich zu
steigern. (vgl. Arbeitsprogramm des Senats vom 10.05.2011, S. 19)
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6. Wie kann ein ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis erreicht werden?
Ausgangslage
• Anteil von Frauen in der hamburgischen Verwaltung nimmt stetig zu
• Frauenanteil ist von 49,5 % (2006) auf 53,6 % im Jahr 2012 gestiegen (Vollkräfte: Frauen- und
Männeranteil sind im Jahr 2012 ausgeglichen)
Statistischer Personalbestand (Personalmanagementbericht 2013, S. 12)
Stand 31.12.2012
Statistischer Personalbestand
m w m w m w m w
Summe aller
Beschäftigungsverhältnisse 50,5% 49,5% 48,3% 51,7% 46,4% 53,6% -4,1% 4,1%
Vollkräfte 54,7% 45,3% 52,4% 47,6% 50,0% 50,0% -4,7% 4,7%
2006 2009 2012 Differenz 2006-2012
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6. Wie kann ein ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis erreicht werden?
Berufliche Entwicklung:
• Auch wenn insgesamt mehr Frauen als Männer im hamburgischen
öffentlichen Dienst arbeiten, sind die Frauen nicht entsprechend in den
höherrangigen Bezahlungsgruppen vertreten (ihr Anteil an den
Führungskräften insgesamt beträgt rd. 38 %).
Verteilung von Frauen und Männern nach Bezahlungsgruppen im höheren Dienst (ohne
Lehrkräfte). Die Zahlen in den Klammern geben Werte 2009 an. (PMB 2013, S. 23)
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6. Wie kann ein ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis erreicht werden?
Maßnahmen zur Erreichung eines ausgeglichen Geschlechterverhältnisses in allen
Verwaltungsbereichen (Auswahl)
• Veranstaltungsreihe des Personalamtes für weibliche Führungskräfte in den beiden
oberen Verwaltungsebenen
• Mentoring-Programme zur Förderung von weiblichen Führungsnachwuchs in einzelnen
Behörden
• Professionalisierung der Personalauswahl in Richtung diskriminierungsfreier
Verfahren (bspw. Leitfaden Auswahlverfahren und ZAF-Fortbildungsangebot)
• Workshops und Informationen zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch
gezielt für Väter in einzelnen Behörden (BSB, JB)
• Teilnahme einzelner Behörden am Audit Beruf und Familie
• Novellierung des Gleichstellungsgesetzes
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6. Wie kann ein ausgeglichenes
Geschlechterverhältnis erreicht werden?
Geplante Novellierung des Gleichstellungsgesetzes:
Überarbeitung des Gesetzes entsprechend den Grundsätzen des Gender Mainstreaming,
das heißt
Entwicklung weg von reiner Frauenförderung hin zur Förderung des
„unterrepräsentierten Geschlechts“
So können auch Männer bspw. in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind,
gezielt gefördert werden.
Eine Förderung von Frauen in Spitzenfunktionen ist dadurch weiterhin gegeben.
Frauen und Männern ist ein gleicher Zugang zur Erwerbs- und zur Familienarbeit
zu ermöglichen.
Somit wenden sich alle Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf (beispielsweise Arbeitszeitflexibilisierungen und Beurlaubungen)
auch speziell an Männer, die bei der Inanspruchnahme dieser Leistungen zu
unterstützen sind.
Angedacht: Zielvorgaben für Geschlechteranteile in den Gleichstellungplänen der
Dienststellen
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Schlussfolgerungen
• Der öffentliche Dienst ist ein attraktiver Arbeitgeber, der spannende und
vielfältige Aufgaben bietet und die Möglichkeit eröffnet, die
Rahmenbedingungen für ein funktionierendes Gemeinwesen aktiv mit zu
gestalten und weiterzuentwickeln.
• Die vielfältigen Möglichkeiten und Angebote, Familie und Beruf zu
vereinbaren, und seine Offenheit für Menschen unterschiedlicher sozialer
und ethnischer Herkunft unterstreichen seine Attraktivität.
• Aber: Wer sich auch als öffentlicher Arbeitgeber heute nicht mit seiner
Attraktivität für Bewerberinnen und Bewerber auseinandersetzt, seine
positiven Merkmale offensiv und über vielfältigen Medieneinsatz
herausstellt und aktiv wird, wird in Zukunft im Wettbewerb um gute Köpfe
nicht bestehen können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!