I
__________________________________________________________________
CHANCEN UND PROBLEME DES MEDIATIONS-VERFAHRENS NACH DEM NEUEN VwVG
MASTERARBEIT IM VERWALTUNGSRECHT
vorgelegt von
Morris Knecht / Studentennummer 03-211-026 Landstrasse 5
5425 Schneisingen
Bachelor of Law, 10. Semester
eingereicht bei
Prof. Dr. Thomas Fleiner Professor der Rechtswissenschaftlichen Fakultät
der Universität Freiburg i.Ue
Probearbeit begonnen am 10. März 2008
Probearbeit eingereicht am 25. März 2008
_________________________________________________________________
I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................... I Literaturverzeichnis .................................................................................................. III Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................ VI I. Einleitung............................................................................................................. 1
II. Mediationsverfahren ........................................................................................... 2
1. Mediation im Allgemeinen ................................................................................. 2
1.1 Begriff der Mediation ................................................................................. 2
1.2. Der Mediator.............................................................................................. 3
1.3 Voraussetzungen und Grundsätze der Mediation...................................... 4
1.4 Exkurs zur Mediation in den USA.............................................................. 5
2. Das Mediationsverfahren in der Verwaltung...................................................... 6
2.1 Eingang mediativer Verfahren ins Verwaltungsrecht ................................. 6
2.2 Trend zu mediativen Verfahren im Verwaltungsrecht ................................ 6
2.3 Der mediative Ansatz ................................................................................ 8
2.3.1 Einsatzfelder für Mediationsverfahren im Verwaltungsrecht................ 9
2.3.2 Die Doppelrolle der Behörde im Mediationsverfahren......................... 9
2.4 Das Mediationsverfahren im neuen Art. 33b VwVG ................................ 10
III. Chancen des Mediationsverfahrens................................................................ 12
1. Allgemeines ..................................................................................................... 12
2. Im Verwaltungsrecht........................................................................................ 13
2.1 Allgemeiner Überblick.............................................................................. 13
2.2 Qualität und Effizienz in Bezug zur Aufgabenerfüllung............................ 14
2.3 In Bezug zum neuen Art. 33b VwVG ....................................................... 15
3. Zwischenfazit................................................................................................... 15
IV. Probleme des Mediationsverfahrens............................................................... 16
1. Allgemeines ..................................................................................................... 16
2. Im Verwaltungsrecht........................................................................................ 17
2.1 Allgemein................................................................................................. 17
2.2 Die Mediation im Spannungsverhältnis zum Legalitätsprinzip................. 17
2.2.1 Grundlage und Funktion des Legalitätsprinzip .................................. 17
2.2.2 Inhalt und Teilgehalte ........................................................................ 18
2.2.3 Spannungsfeld in Bezug zum Mediationsverfahren .......................... 19
II
2.3 Konflikt in Bezug zum Art. 33b VwVG ..................................................... 20
3. Zwischenfazit................................................................................................... 22
V. Analyse und Schlussbemerkungen................................................................. 23
III
Literaturverzeichnis
Die angeführten Autoren werden, wo nicht anders angegeben, mit ihren Namen und
mit der Seitenzahl oder der Randnote der Fundstelle zitiert. BÖSCH PETER
Gericht und Mediation, in: Justizia, Die Schweizer
Richterzeitung, 2006/2, S. 1 – 21.
BREIDENBACH STEPHAN Mediation: Struktur, Chancen und Risiken von Ver-
mittlung im Konflikt, Köln 1995. BROHM WINFRIED
Beschleunigung der Verwaltungsverfahren – Straf-
fung oder konsensuales Verwaltungshandeln, in:
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, 1991, S. 1025
– 1033.
(zit. BROHM, Verwaltungsrecht.)
DERSELBE Alternativen zum einseitigen hoheitlichen Verwal-
tungshandeln, in: Hoffmann - Riem Wolfgang /
Schmidt - Assmann Eberhard (Hrsg.), Konfliktbewäl-
tigung durch Verhandlungen, Baden-Baden 1990,
S. 253 – 258.
(zit. BROHM, Alternativen.)
DUVE CHRISTIAN Ausbildung zum Mediator, in: Henssler Martin / Koch
Martin (Hrsg.), Mediation, Köln 2000, S. 153 – 184. GOTTWALD WALTHER
Mediation in den USA – ein Wegweiser, in: Henssler
Martin / Koch Martin (Hrsg.), Mediation, Köln 2000,
S. 185 – 224. GUY - ECABERT CHRISTINE
La juridicisation du règlement amiable des conflits
administratifs en droit fédéral, in: LeGes, 2005, S. 97
– 114.
(zit. GUY - ECABERT, LeGes.)
IV
DIESELBE
Procédure administrative et médiation, Zürich usw.
2002.
(zit. GUY – ECABERT, Procédure.)
HÄFELIN ULRICH /
MÜLLER GEORG /
UHLMANN FELIX
Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich usw.
2006.
HOLZNAGEL BERND /
RAMSAUER ULRICH
Mediation im Verwaltungsrecht, in: Haft Fritjof / Von
Schlieffen Katharina (Hrsg.), Handbuch Mediation,
München 2002. HÖSLI PETER
Möglichkeiten und Grenzen der Verfahrensbe-
schleunigung durch informelles-kooperatives Verwal-
tungshandeln, Zürich 2002.
MÄCHLER AUGUST
Vertrag und Verwaltungsrechtspflege, Zürich usw.
2005.
MEIER ISAAK Mediation und Möglichkeiten ihrer Förderung durch
den Gesetzgeber, in: Recht, 2004, S. 1 – 8.
PFISTERER THOMAS Einigung und Mediation, Übersicht über die aktuelle
Bundesgesetzgebung, in: AJP, Lachen 2008, S. 3 –
17.
(zit. PFISTERER, AJP.) DERSELBE
Verhandeln und Konsens im Verwaltungs- und ins-
besondere im Umweltrecht, in: URP, Zürich 2005,
S. 99 – 125.
(zit. PFISTERER, URP.)
V
DERSELBE
Über Konsens und Mediationslösungen im öffentli-
chen Recht, in: ZSR, 1. Heft, Halbband II, Basel
2002, S.177 – 279.
(zit. PFISTERER, ZSR.)
DERSELBE Grundsätze zur Verwendung von Konsens- und Me-
diationslösungen, in: Pfisterer Thomas (Hrsg.), Kon-
sens und Mediation im Verwaltungsbereich, Zürich
2004.
(zit. PFISTERER, Grundsätze.)
DERSELBE Praxishilfe zur Erarbeitung von Konsens- und Media-
tionslösungen im Verwaltungsbereich, in: Pfisterer
Thomas (Hrsg.), Konsens und Mediation im Verwal-
tungsbereich, Zürich 2004.
(zit. PFISTERER, Praxishilfe.)
PREUSSNER MATHIAS Mediation im öffentlichen Recht, in: Henssler Martin /
Koch Martin (Hrsg.), Mediation, Köln 2000, S. 405 –
441. SCHNEIDER ULRICH
Legalitätsprinzip und finales Recht, Diss. Bern 2001.
SIEGWART KARINE Einführung in die Begriffe und Arten der Mediation,
in: Pfisterer Thomas (Hrsg.), Konsens und Mediation
im Verwaltungshandeln, Zürich 2004.
STEINER ROLF / NABHOLZ
ANDREAS
Ombuds – Mediation, Zürich usw. 2003.
TSCHANNEN PIERRE / Z
IMMERLI ULRICH
Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Bern 2005.
VI
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
AJP Aktuelle Juristische Praxis (Lachen)
Art. Artikel
Aufl. Auflage
BBl Bundesblatt
BGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundes-
gerichts
BR Bundesrat
BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18. April 1999 (SR 101)
bzw. beziehungsweise
d.h. das heisst
Diss. Dissertation
E. Erwägung
f. und folgende
ff. und fortfolgende
Hrsg. Herausgeber
Kap. Kapitel
LeGes LeGes – Gesetzgebung und Evaluation, Mitteilungsblatt der Schweiz.
Gesellschaft für Gesetzgebung und der Schweiz. Evaluationsgesell-
schaft (Bern)
N Randnote
Rz Randziffer
S. Seite
SR Systematische Sammlung des Bundesrechts
u.a. unter anderem
usw. und so weiter
URP Umweltrecht in der Praxis (Zürich)
USA United States of America
vgl. vergleiche
VwVG Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968
VII
(SR 172.021)
z.B. zum Beispiel
Ziff. Ziffer
zit. Zitiert
ZSR Zeitschrift für Schweizerisches Recht (Basel)
1
I. Einleitung Aufgrund des Vorschlags der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats wurde im
Rahmen der Totalrevision der Bundesrechtspflege eine Regelung für das Verwal-
tungsverfahren vorgesehen, die gütliche Einigungen und ein Mediationsverfahren er-
möglichen. Dabei wurde vom Bundesrat in seiner Antwort zur einfachen parlamentari-
schen Anfrage von Nationalrat Jean-Michel Cina vom 27. August 2003 die Möglichkeit
favorisiert, einvernehmliche Lösungen zu erzielen, die effizient, Streit vermeidend und
Kosten privilegierend wirken. Als erhebliche Entlastung für Gerichte und Behörden der
Rechtspflege sind solche Verfahren der einvernehmlichen Konfliktlösung auch bei den
betroffenen Parteien beliebter, da nicht selten eine höhere Akzeptanz der getroffenen
Lösung gegenüber einem hoheitlich gefällten Urteil besteht. Nichts desto trotz hat der
BR aber auch darauf hingewiesen, dass das Legalitätsprinzip von einem Mediations-
verfahren unberührt bleiben müsse. Weiter ist in verschiedenen Teilen des Bundes-
verwaltungsrechts aufgrund mangelnden Verhandlungsspielraums ein Mediationsver-
fahren nicht als zweckmäßige Lösung anzusehen. So setzt z.B. auch das Gebot der
Rechtsgleichheit einer gütlichen Einigung zusätzlich gewisse Schranken.1 Dass dabei
weiterer Klärungsbedarf bestand und weiterhin besteht, ist offensichtlich. Dessen un-
geachtet wurde der oben erwähnte Vorschlag ohne parlamentarische Beratung am
17. Juni 2005 in Art. 33b VwVG verankert und ist per 1. Januar 2007 in Kraft getre-
ten.2
Unbenommen bleiben dabei aber die Fragen, welche effektiven Chancen und Prob-
leme, neben den bereits vorgenannten, das Mediationsverfahren des neuen VwVG
begründen bzw. verursachen kann.
Dementsprechend befasst sich diese Arbeit in einem ersten Teil mit dem Mediations-
verfahren an und für sich, sowie seiner Grundlage im Verwaltungsverfahren. Darauf
aufbauend werden im Hauptteil die möglichen Chancen einzeln und entsprechend den
plausiblen Problemen derart abgehandelt, dass in der nachfolgenden Analyse eine
kurze Bewertung derselben vorgenommen werden kann.
Es ist jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, einen Anspruch auf Vollständig-
keit zu erheben, so dass auf grundlegende Chancen und Probleme fokussiert werden
muss.
1 Curia Vista – Geschäftsdatenbank, Einfache Anfrage (03.1067) von Jean-Michel Cina, Antwort des
Bundesrates vom 27.08.2003. 2 Vgl. Parlamentarische Initiative (05.442 s) von Carlo Schmid-Sutter zur Aufhebung von Art. 33b
VwVG, Bericht der Kommission für Rechtsfragen vom 2. Juli 2007.
2
II. Mediationsverfahren
1. Mediation im Allgemeinen
1.1 Begriff der Mediation
Für die spätere Ausarbeitung von Chancen und Problemen des Mediationsverfahrens
nach dem neuen VwVG ist es ratsam, das mediative Verfahren in allgemeinem Rah-
men genauer anzusehen und die daraus resultierenden definitorischen Ansätze als
Verständnisbasis zu begreifen. Dabei eröffnet der Blick in verschiedene Gesetze
zwar, dass der Begriff „Mediation“ bereits eine gewisse Verbreitung gefunden hat, er
jedoch von diesen selbst nicht erklärt wird.3 Dementsprechend muss für die begrifflich
exaktere Fassung einerseits auf die Botschaften zu den entsprechenden Gesetzestex-
ten und aber andererseits auf die zugehörige weiter gefasste Fachliteratur zurückge-
griffen werden.
In der Botschaft über die Änderung des ZGB vom 15. November 1995 wird unter dem
Begriff der Mediation ein freiwilliges Verfahren der Problemregelung, das konsens-
und dialogorientiert ist, verstanden. Ausserdem wird die Konfliktlösung in der Form
einer eigenverantwortlichen Vereinbarung angestrebt, welche den Beizug einer ver-
mittelnden Person vorsieht, die unabhängig und somit auch neutral auftritt.4 Davon
ausgehend ist festzuhalten, dass es sich also um ein alternatives Verfahren zur Streit-
beilegung handelt, unter der Mithilfe eines parteilosen Dritten, der als Vermittler fun-
giert.
Als begriffliche Erweiterung dazu ist die Charakterisierung der Mediation von MEIER
hervorzuheben, indem er sie zusätzlich als umfassende Konfliktlösung begreift, wel-
che sich durch „Offenheit bezüglich Parteien, Gegenstand, Hintergründe, Lösung und
Verfahren“ kennzeichnet.5 Dies impliziert, dass an einer Mediation mehrere Parteien
beteiligt sein können und nicht nur von bilateralen Konflikten ausgegangen werden
muss, sowie dass die Verfahrensgestaltung verschiedenster Natur sein kann. Ande-
rerseits stellt BÖSCH in seiner Umschreibung der Mediation ihr als Abgrenzung das
Gerichtsverfahren gegenüber, in welchem die Parteien nicht selber über die eigenen
Möglichkeiten und Resultate bestimmen können. Im Umkehrschluss, die Mediation
3 PFISTERER, AJP, S. 9. 4 Vgl. BBl 1996 I 152; vgl. ebenso PFISTERER, ZSR, S. 169 ff. insbesondere S. 199 ff; SIEGWART, S. 20
und STEINER / NABHOLZ, S. 17. 5 MEIER, S. 1.
3
gerade das aber ermöglicht und offensichtlich die Konfliktlösung auf aussergerichtli-
chem Weg erreicht werden soll.6
Diesen Ausführungen folgend kann man als eigentliches Ziel der Mediation also eine
Lösung erkennen, die durch das gemeinsame Verhandeln der Parteien gefunden wird.
D.h. im Endeffekt, dass sie freiwillig für ihre Auseinandersetzung eine eigenständige
Regelung treffen.7
Die kommunikative Orientierung an den Prinzipien von Freiwilligkeit, Dialog und Kon-
sens bilden hierzu das eigentliche Fundament der mediativen Konfrontation. Wobei
die prägenden Komponenten für den Konfliktlösungsprozess gegenseitiges Verstehen
und Verständnis sein müssen, um eine gerechte und faire Einigung erzielen zu kön-
nen. So verstanden, ist das Mediationsverfahren auf konsensorientiertes Handeln
ausgerichtet, um Raum für kreative Lösungen zu bieten.8
Zentral hierbei ist für die Mediation, dass neben den beteiligten Parteien eine weitere
Person die besondere Unterstützung für die Verhandlungen übernimmt.9 Damit also
eine gewisse Effektivität sichergestellt werden kann, wird daher zur Leitung der Ge-
spräche eine neutrale Person benötigt, deren Unabhängigkeit ihren Vermittlungsstatus
legitimiert. Diese Drittperson wird entsprechend dem Verfahren und ihrer Stellung
nach Mediator10 genannt und nachfolgend in Ziffer 1.2 genauer behandelt.
1.2. Der Mediator
Der Mediator hat mit der Leitung des Verfahrens die Aufgabe, unter Verwendung be-
sonderer Verhandlungsmethoden und Fragetechniken die Kommunikation zwischen
den Parteien zu ermöglichen und dadurch gegenseitiges Vertrauen und Verständnis
für eine einvernehmliche Regelung zu schaffen.11 Er soll also im Prozess der Prob-
lemlösung mit den Parteien die Gespräche so führen, dass ihr Verhalten eine sachli-
che Streitbeilegung ermöglicht. Ihm selber kommt aber weder eine Entscheidungsbe-
fugnis noch –kompetenz zu.
Mitunter hat er gerade deshalb die Pflicht, zu intervenieren, wenn das Verfahren vom
angestrebten Ziel abdriftet. Dabei muss jedoch seine absolute Neutralität gewahrt
6 Vgl. BÖSCH, Rz 9. 7 Vgl. DUVE, N 31; SIEGWART, S. 15 f. 8 MEIER, S. 1 f.; SIEGWART, S. 20. 9 GUY - ECABERT, Procédure, S. 17 f. 10 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit gilt in diesem Text die männliche Bezeichnung auch für das
weibliche Geschlecht. 11 STEINER / NABHOLZ, S. 17; vgl. auch GUY - ECABERT, Procédure, S. 21 und PFISTERER, ZSR, S. 213.
4
bleiben. Er darf daher in keinem Fall zugunsten einer Seite Partei ergreift, weil sonst
eine faire und gerechte Einigung verunmöglicht wird.12
Im Kern geht es für den Mediator aber vielmehr darum, die oftmals subjektive Wahr-
nehmung der Parteien auf die Konfliktsituation so zu verändern, dass sie nicht nur für
sich selber, sondern auch für die gegnerische Partei Lösungen entdecken.13
Da der soeben angedeutete Spagat zwischen steuernder Verhandlungsleitung und
Förderung eigenverantwortlichen Regelungen der Parteien unter Wahrung der eige-
nen Objektivität und Unabhängigkeit nicht einfach zu bewerkstelligen ist, wird ersicht-
lich, dass die Ausübung dieser Aufgabe unbedingt nach einer sachkundigen Person
verlangt. Hierzu wäre die förderlichste Basisausbildung ein Verhandlungstraining, wel-
ches auf den Grundsätzen des „Harvard Konzept“14 aufbaut. Es bleibt aber jedem un-
benommen, sich entsprechend seinen Verhandlungsfähigkeiten auch ohne weiterfüh-
rende Ausbildung als Mediator anzubieten. Jedoch sollte er sich dabei seiner Rolle als
parteiloser Unterstützer der Verhandlungen und den damit verbundenen Anforderun-
gen im Mediationsverfahren bewusst sein.15
1.3 Voraussetzungen und Grundsätze der Mediation
Wie schon in der begrifflichen Fassung der Mediation als Konfliktlösungsverfahren
unter Ziffer 1.1 erkennbar wurde, müssen für die erfolgreiche Durchführung eines sol-
chen Einigungsprozesses gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, sowie bestimmte
Grundsätze beachtet werden.
Als wichtigste Grundlage für das Mediationsverfahren steht am Anfang die eigentliche
Möglichkeit, überhaupt verhandeln zu können. D.h. nur wenn das vorliegende Prob-
lem der betroffenen Parteien auch einen bestimmten Spielraum zur Lösungserzielung
anbietet, kann darüber gesprochen werden. Dazu kommt der Grundsatz der Freiwillig-
keit, welcher neben der fakultativen Teilnahme von Parteien und Mediator am Verfah-
ren denselben auch den jederzeitigen Ausstieg zugesteht. Würde darauf verzichtet,
wäre es kaum möglich, wirksame Gespräche zu etablieren und dementsprechend ei-
ne erfolgreiche Lösung zu erreichen. Dies, weil nur wenn alle Beteiligten ein hinrei-
chendes Interesse an einer einvernehmlichen aufweisen, auch ein Dialog geführt bzw.
ein Konsens gefunden werden kann.16
12 Vgl. BÖSCH, Rz 13; und MEIER, S. 3 f. 13 STEINER / NABHOLZ, S. 18. 14 Damit wird das Verhandlungskonzept von FISCHER ROGER / URY WILLIAM in „Getting to Yes“ bezeich-
net, welches als deutsche Übersetzung den Titel „Das Harvard Konzept“ trägt. 15 Vgl. DUVE, N 40. 16 BÖSCH, Rz 12; SIEGWART, S. 20.
5
Darüber hinaus ist als Grundsatz zu beachten, dass jegliche Informationen in Zusam-
menhang mit dem Mediationsverfahren als vertraulich zu behandeln sind, so dass sie
ohne Bewilligung der betroffenen Parteien nicht weiter gegeben werden können. Folg-
lich muss dabei auch beachtet werden, dass der Mediator bei einem allfälligen daran
anschliessenden Verfahren nicht als Auskunftsperson oder gar Parteivertreter auftre-
ten darf.17 Dem Rechnung tragend, statuiert der Vorentwurf für die neue Zivilprozess-
ordnung das Recht des Mediators, nicht als Zeuge aussagen oder anderweitig im Be-
weisverfahren mitzuwirken zu müssen.18
Als weitere Voraussetzung ist die Eigenverantwortung bzw. Mitbestimmung der betei-
ligten Parteien zu nennen, welche den gesamten Prozess der Mediation und die Lö-
sung des vorliegenden Konflikts beschlägt. Demgemäss sind die Parteien für den Ver-
fahrenseintritt, dessen Fortgang bzw. Gegenstand und Schluss zuständig und
bestimmen darüber hinaus selber, welche Konfliktpunkte für sie zentral sind. Es ergibt
sich hierbei, dass der Mediator nur den formellen Teil der Gespräche gestaltet.19
1.4 Exkurs zur Mediation in den USA
Die „Alternative Dispute Resolution“ (ADR) wurde Ende der Sechziger Jahre des letz-
ten Jahrhunderts in den USA zu einer richtigen Bewegung. Eine der fünf darunter
subsumierten Alternativen zum Gerichtsverfahren bildet die Mediation.20 Die dabei
gesammelten Erfahrungen in Gestaltung und Abhaltung von mediativen Prozessen
hat den USA nicht nur durch deren vielseitigen Einsatz eine gewisse Vorreiterrolle
gesichert, als vielmehr auch die Verbreitung der Mediation in anderen Ländern geför-
dert. Bis aber die Mediation ihren Weg nach Europa und insbesondere in die Schweiz
gefunden hatte, benötigte es zusätzliche essentielle Erfahrungen in der Anwendung
dieses Verfahrens, die neben den USA vor allem in Australien, Japan und Kanada
gemacht wurden.21
Aufgrund der bereits langen Tradition der ADR in den USA sind sie aus deren Rechts-
kultur kaum weg zu denken und es verwundert deshalb wenig, dass die Diskussion
über Pro und Kontra dieser Konfliktlösungen als beendet gilt. Im Gegenteil geht es
heute mehr um Fragen der Praxis, wie z.B. einheitliche Regelungen für Verfahren der
Mediation gefunden werden können, oder aber nach welchen Kriterien und Standards
die Ausbildung von Mediatoren gestaltet werden soll. Vorrangig ist immer noch die
17 BÖSCH, Rz 15; vgl. dazu ausführlicher BREIDENBACH, S. 169 ff. 18 MEIER, S. 5; vgl. dazu Art. 157 Abs. 1 lit. c VE zur neuen Zivilprozessordnung. 19 Vgl. PFISTERER, ZSR, S. 228; und präziser BÖSCH, Rz 14. 20 BREIDENBACH, S. 11; BROHM, Verwaltungsrecht, S. 1031. 21 Vgl. PFISTERER, AJP, S. 4.
6
Suche nach weiteren Einsatzfeldern und Möglichkeiten für die Mediation, damit diese
gewinnbringend eingesetzt werden kann. Zurzeit hat die USA ein zweiteiliges System,
bei welchem zwischen privaten und gerichtlichen ADR-Verfahren unterschieden wird,
wobei letztere den Anstoss gaben für entsprechende Private.22 Die Weiterentwicklun-
gen werden auch für den vermehrten bzw. breiteren Einsatz im schweizerischen
Recht wegweisend sein. Dementsprechend ist die Beobachtung von Erfahrungen und
Lehren im Ausland auch in Zukunft wichtig.
2. Das Mediationsverfahren in der Verwaltung
2.1 Eingang mediativer Verfahren ins Verwaltungsrecht
Entgegen der Annahme, die Verwaltung handle nur einseitig hoheitlich, kann klar fest-
gestellt werden, dass verschiedene mediative Verfahren bereits ihren festen Platz im
Alltag der rechtsanwendenden Behörden haben. Es ist indes für die richtige Einord-
nung von Vorteil, die besondere Lage dieser Streitbeilegungsprozesse zu erläutern.
Aufbauend auf dem Prinzip der Konkordanz ist die Schweizer Demokratie in ihrem
politischen System stark geprägt durch den Grundsatz des Konsenses. Es zeigt sich
gerade dabei in den Strukturen des Bundesstaates, dass die föderative und direkt
demokratische Ausrichtung zwischen den vielen verschiedenen beteiligten Parteien zu
vermitteln sucht. Dass es sich hierbei um einen der wichtigsten Grundpfeiler des
Schweizerischen Staatsverständnisses handelt, begünstigt dementsprechend kon-
sensual- und dialogorientierte Verfahren zusätzlich. Es ist so auch nicht weiter ver-
wunderlich, dass sich bereits einige Verfahren zur Konfliktlösung in den Gesetzen auf
allen Ebenen wieder finden. Der dem zugrunde liegende Gedanke der Vermittlung
und Verhandlung ist indes derselbe der Mediation. Beispiele für diese Grundhaltung
finden wir insbesondere in der Bundesverfassung und im Bundesrecht.23.Der An-
spruch auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 29 BV) gehört hier auch dazu und spiegelt indi-
rekt den angesprochenen Gedanken wieder. Weitergeführt und untermauert wird dies
durch konsensuales bzw. informelles Handeln der Verwaltung.
2.2 Trend zu mediativen Verfahren im Verwaltungsrecht
Ein eigentlicher Trend hin zur etablierten Vermittlungstätigkeit zwischen Behörden und
Privaten zeigt sich durch neu geschaffene Institutionen wie z.B. „runde Tische“ oder
aber Ethikkommissionen. Dabei wird oftmals ein Konsens angestrebt, der sich durch
22 GOTTWALD, S. 187 ff. 23 Vgl. Art. 28 Abs. 2 BV, Art. 44 Abs. 3 BV sowie das Vernehmlassungsverfahren in Art. 147 BV.
7
Zusammenarbeit in Verhandlungen auszeichnet und am Ende eine gemeinsam ge-
fundene Lösung ermöglicht. Dies stellt somit bereits eine qualifizierte Form der Koope-
ration dar und macht den Gehalt einer Mediationslösung aus.24 Neben den vorge-
nannten Formen erfahren viele weitere Arten von einvernehmlicher Streitbeilegung in
allen Bereichen des Rechts, so auch im Verwaltungsrecht, einen regelrechten Auf-
schwung.25
Dieser Trend besteht jedoch noch nicht sehr lange. Es ist der älteren Rechtslehre der
schweizerischen Verwaltung zu entnehmen, dass man sich vehement gegen Ver-
handlungen zwischen Privaten und Staat auf Augenhöhe wehrte. Insbesondere wenn
es sich um öffentliche Angelegenheiten handelte. Als Grund dafür wurde zumeist das
öffentliche Recht mit seinem zwingenden Charakter angeführt, welches in dieser
Konstellation keine Übereinkommen zwischen Vertretern der hoheitlichen Gewalt und
Privatpersonen zulasse. Hierbei wurde vom Prinzip der engen Verbindung von Ver-
waltung und dem von ihr anzuwendenden Gesetz ausgegangen, wobei folglich keine
Verträge zwischen Privaten und Verwaltungsbehörden zuzulassen wären, ausser die-
se wären explizit vorgesehen.26 Gleichermassen lehnte das Bundesgericht in Anleh-
nung an die herrschende Lehre solche Verhandlungen bzw. Verträge ab.27 Die dabei
angeführten Vorbehalte bezogen sich vor allem auf die Unvereinbarkeit mit dem Lega-
litätsprinzip, den ausgehebelten Rechtsschutz Privater und die gefährdete Rechts-
gleichheit.28
Diese frühere Betrachtungsweise vom Staat als Machthaber und dem Privaten als
Untertan hat sich mit der Zeit enorm geändert. Der Staat, heute immer mehr als
Dienstleistungserbringer für den Bürger angesehen, kann mit Privaten Verbindlichkei-
ten eingehen, ohne dabei seine hoheitlich Autorität einzubüssen. Hilfreich war die An-
sicht, dass sich die zunehmend komplexeren Aufgaben häufig nur zufrieden stellend
erledigen lassen, wenn Staat und Bürger gemeinsame Lösungen dafür suchen.29
Dementsprechend wären einige Probleme heutzutage kaum mehr durch den Einsatz
klassischer Zwangsmittel lösbar, um für die Gleichartigkeit von Verhalten und Willen
der Bürger zu sorgen. Demgegenüber hat sich vielmehr der Gedanke herausgebildet,
dass vom Staat Dynamik und Flexibilität gefordert wird und deshalb Verträge bzw.
Verhandlungen im öffentlichen Recht grundsätzlich zulässig sein müssen. Dies wird
24 Vgl. SIEGWART, S. 20 f. 25 Vgl. GUY - ECABERT, LeGes, S. 97. 26 HÖSLI, S. 130 f. 27 Vgl. dazu BGE 41 II 299, 314. 28 Auf diese Punkte ist unter Kap. IV, Probleme des Mediationsverfahrens, genauer einzugehen. 29 Vgl. PREUSSNER, S. 428; und HÖSLI, S. 131.
8
nun überall dort, von Rechtssprechung und Lehre anerkannt, wo immer das Gesetz es
gestattet oder einen gewissen Spielraum dazu bietet.30
Die erhebliche Variabilität der aktuellen Industriegesellschaft stellt immer neue Her-
ausforderungen an die Verwaltung und ihre Behörden. Diese Zeichen der Zeit fordern
deshalb, dass vorgenanntes Handeln der Verwaltung der Individualisierung der Priva-
ten, jedoch auch den diesen zuwiderlaufenden Anforderungen des Sozialstaates
Rechnung trägt.31 Weiter wird der Forderung nach mehr Kooperation zwischen Be-
hörden und betroffenen Bürgern in tatsächlichen Verwaltungsfällen durch deren Betei-
ligung entsprochen.32 Es kann also nicht verwundern, dass die Verwaltung zusehends
an ihre Grenzen bezüglich Effektivität und der Fähigkeit zur Einflussnahme gerät. Ins-
besondere treten immer mehr Problemfälle auf, bei denen positives Recht oder aber
das Verfahrensrecht überfordert werden. Nicht zuletzt auch deshalb muss die Verwal-
tung für annehmbare und adäquate Entscheidungen auf die Betroffenen zurückgreifen
und diese am Entscheidungsprozess teilhaben lassen. Um also ihre Aufgabe zu erfül-
len, soll die Verwaltung dann und wann auf einen Teil ihrer Überordnung gegenüber
den Privaten verzichten, damit eine Konsenslösung eventuell sogar schneller und
passender möglich wird.33
2.3 Der mediative Ansatz
Gegenstand dieses Ansatzes ist die vorgenannte Grundlage, dass Betroffene sich
nicht nur prozessual verteidigen, sondern auch als Beteiligte am Verhandlungstisch
mitwirken. Da dies einen geradewegs ungleichen in einen eher gleich geordneten Be-
ziehungsstatus überführt, kann man von einem Wandel der Gehorsamskultur spre-
chen. Der Weg führt zu einem funktionalen Dienstleistungsverständnis des Staates
und zu einer Partnerschaft von Verwaltung und Bürger. Es soll dabei das „normale“
Verfahren durch Mediation ergänzt und die Chance eröffnet werden, konsensuale Lö-
sungen zu erreichen.34 In Bezug dazu ist das allgemeine informelle Verwaltungshan-
deln als Ausgangspunkt zu nennen. Es soll anstatt durch Verfügung oder verwaltungs-
rechtlichen Vertrag, ein Ziel erreicht werden unter der Verwendung von „Tathandlun-
gen“, die rechtlich nicht vorgesehen sind.35 Dadurch entfaltet informelles Verwal-
tungshandeln zwar keine unmittelbaren Rechtswirkungen, jedoch schafft es koopera-
30 HÖSLI, S. 131 f. 31 BROHM, Alternativen, S. 253. 32 MÄCHLER, S. 79. 33 PFISTERER, Grundsätze, S. 111 f. 34 PFISTERER, Grundsätze, S. 112 f. 35 HÄFELIN / MÜLLER S. 156 ff.
9
tive und flexible „Handlungsformen mit faktischer Bindungswirkung“. Als Beispiele
hierfür stehen etwa Vorverhandlungen, Absprachen sowie die Mediation. Gleichwohl
stösst die Verwaltung im formellen, wie informellen Handeln, auf Konfliktsituationen,
wobei vor allem das Recht im formellen Rahmen Konfliktlösungswege vorsieht, die
eine Drittperson zur Entscheidung vorsehen. Indes ist die Verwaltung vermehrt darin
bestrebt, schon in der Phase vor der Konfliktbildung die einzelnen Interessen von Be-
troffenen zu erfassen und zu berücksichtigen, damit diese inhaltlich an den Entschei-
den beteiligt sind. Dies ist im formellen wie auch informellen Verwaltungshandeln
möglich.36
2.3.1 Einsatzfelder für Mediationsverfahren im Verwaltungsrecht
Für den Einsatz von Mediation und solchen Verfahren bietet das Verwaltungsrecht
reichhaltige Möglichkeiten. Vor allem dort, wo der Ausgleich von Interessenkonflikten
eine starke Bindung zwischen Bürger und Verwaltung rechtfertigt, ist auch der Einsatz
von Vermittlungsverfahren denkbar. Besonders kommt dies in Betracht, wenn mehre-
re Personen in unterschiedlichen Rollen und vielfältigster Interessen vertreten sind.37
In Bezug zum Verfahren der Mediation können auch Fälle gegeben sein, bei denen
dem Mediator eine zusätzliche besondere Stellung zukommt, da für den Konfliktlö-
sungsprozess spezifisches Fachwissen gefragt ist, oder aber um die Behörde von
dieser Aufgabe zu entlasten.38 Die möglichen Einsatzfelder für mediative Verfahren
bei öffentlich-rechtlichen Auseinandersetzungen ergeben sich so aus dem Sinn und
Zweck ihrer Methodik. Jedoch sollen zur Illustration einzelne Felder aufgezeigt wer-
den. Es sind dies vor allem folgende Beispiele: Grossprojekte bzw. Vielparteien-
Konflikte im Umwelt-, Bau-, Schul- Sozial und Gesundheitsrecht.39
2.3.2 Die Doppelrolle der Behörde im Mediationsverfahren
Bei Verhandlungen sind die beteiligten Parteien tendenziell auf ihre Interessen und
Bedürfnisse fokussiert. Es geht darum, für sich selber ein möglichst annehmbares Re-
sultat zu erzielen, ungeachtet der Interessen und Rechte von Dritten. Das gilt für die
involvierte Behörde genauso, da sie nicht nur Partei, sondern auch „Regulatorin“ und
dementsprechend auch „Spielverderberin“ ist. Dies besonders, weil sie gemäss ihrer
Doppelrolle neben konkreten öffentliche Interessen oder gegenwärtigen Projekten
36 SIEGWART, S. 19. 37 HOLZNAGEL / RAMSAUER S. 1126 f. 38 PFISTERER, AJP, S. 10. 39 PREUSSNER, S. 432 ff.
10
auch permanent die Allgemeinheit und die generelle Ordnung zu vertreten hat.40 Das
heisst, dass die Behörde sowohl als Verhandlungspartner wie auch als Oberaufsicht
zu fungieren hat, damit die Ansprüche des demokratischen Rechtsstaats gewahrt
bleiben.41
Die Verwaltung hat so dann die Aufgabe, dem vorgegebenen Verfahrensrecht zu fol-
gen, dabei wird während des mediativen Verfahrens über den Inhalt der Einigung ver-
handelt. Hierbei werden die konsens- und dialogorientierten Gespräche wie bereits
erwähnt von einem Mediator geführt. Sollte man in diesen Verhandlungen zu einer
einvernehmlichen Lösung gelangen, bildet diese in der Folge die Grundlage für den zu
fällenden Entscheid durch die Behörde. Bei einer so gefundenen Vereinbarung im
Mediationsverfahren besteht die Pflicht der Verwaltung, das Resultat auf seine Recht-
mässigkeit zu überprüfen. Auch dahingehend, ob das vom Recht vorgegebene ord-
nungsgemässe Verfahren eingehalten wurde. Dieser unveräusserbare „Kern“ der
Verantwortung der Behörde wird als Letztverantwortung der Verwaltung bezeichnet,
da sie diese auch nicht an einen eingesetzten Mediator delegieren darf.42 Es obliegt
somit der Verwaltung, die getroffene Vereinbarung in einen Entscheid bzw. Verfügung
zu überführen und diesbezüglich nachzubessern, sofern es erforderlich ist.43 Auf die
Ausgangslage zurückkommend, kann somit festgehalten werden, dass die Behörde
gestützt auf ihre Pflicht der Rechtsanwendung und -beachtung im Mediationsverfah-
ren keine einfache Aufgabe zu erfüllen hat, als Partei und gleichzeitig Letztverantwort-
liche.
2.4 Das Mediationsverfahren im neuen Art. 33b VwVG
Gütliche Einigungen zwischen den betroffenen Parteien werden schon seit langer Zeit
von Beschwerdeinstanzen angestrebt. Zumeist geschieht dies im informellen Rahmen
durch die führenden oder initialisierenden Personen des Verfahrens. Dabei wird zwi-
schen den Parteien mittels Verhandlungen ein Vergleich herbeigeführt, welcher in der
Folge entweder die angefochtene Verfügung der Vorinstanz ändert (inklusive dem
Rückzug des Rechtsmittels) oder in den Entscheid der Beschwerdeinstanz überführt
wird.44
40 PFISTERER, ZSR, S. 208 f.41 PFISTERER, ZSR, S. 231 f.42 PFISTERER, ZSR, S. 209 f.; vgl. insbesondere auch PFISTERER, URP, S. 110 f. 43 Vgl. Botschaft über die Änderung des ZGB vom 15. November 1995, S. 153 f. 44 HÄFELIN / MÜLLER, N 1810a.
11
Durch die Revision vom 17. Juni 2005 des VwVG ist der Art. 33b45 neu eingeführt
worden. Er postuliert die Möglichkeit der Mediation und die der gütlichen Einigung im
Verwaltungsverfahren46 und regelt somit deren rechtlichen Rahmen. Demnach kann
das Verfahren durch die Behörde im Einverständnis mit den betroffenen Parteien sis-
tiert werden, damit dieselben sich über den Inhalt der Verfügung einigen können. Dar-
in soll eingeschlossen werden, dass sich die Parteien über die Kostenverteilung eini-
gen und auf Rechtsmittel verzichten. Zur Begünstigung einer Einigung ist es der Be-
hörde möglich, eine neutrale, fachkundige natürliche Person als Mediator einzusetzen.
Diese Möglichkeit stellt keine Verpflichtung für die Behörde dar. Wie bei den Voraus-
setzungen und Grundsätzen der Mediation (vgl. Kap. II Ziff. 1.3) schon erwähnt, be-
ruht dies auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, um eine gemeinsame Lösung zu favorisie-
ren.47 In seiner Aufgabe ist der Mediator einzig an den erhaltenen Auftrag (durch die
Behörde) und das Gesetz gebunden. Dabei ist es ihm erlaubt, Beweise anzunehmen.
Erfordert der Streitbeilegungsprozess jedoch Gutachten von Sachverständigen oder
Einvernahmen von Zeugen, benötigt er vorher von der Behörde eine Ermächtigung.
Auch weil das im Hinblick auf die Kosten eine gewichtige Rolle spielen kann.
Wenn die Verhandlungen zu einer Einigung führen, wird diese von der Behörde zum
Inhalt ihrer Verfügung gemacht, ausser sie widerspricht Bundesrecht oder ist unan-
gemessen. Hierbei wird es deutlich, dass also kein Vergleich am Ende steht, denn
vielmehr eine Verfügung der Beschwerdeinstanz. Dem folgend entzieht sich der
Streitgegenstand den Dispositionen der Parteien. Einzig können sie aber eine Verein-
barung treffen, welche einen gemeinsamen Antrag an die Beschwerdeinstanz zum
Erlass einer Verfügung enthält.48 Die zwischen den Parteien getroffene Einigung wird
durch die Verfügung ins öffentliche Recht überführt.49 Im Endeffekt ist also die Verfü-
gung Grundlage für Rechte und Pflichten, die durch sie entstehen und nicht die getrof-
fene Einigung der beteiligten Parteien. Das Resultat des Konfliktlösungsprozesses ist
somit erst dann rechtsverbindlich, wenn es zum Inhalt des hoheitlichen Aktes der Ver-
waltung wird. Die Behörde ist dabei an die Vorgaben von Art. 49 VwVG gebunden.
Dem folgend muss die Verfügung das Bundesrecht wahren, Ermessensfehler aus-
45 Eingefügt durch Anhang Ziff. 10 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, in Kraft seit 1.
Januar 2007 (SR 173.32). 46 Es handelt sich dabei um Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden der ersten Instanz bzw.
Verfügungen, die auf eine Beschwerde hin zu erledigen sind. 47 Vgl. dazu Art. 33b Abs. 6 VwVG, wonach die jederzeitige Aufhebung der Sistierung des Verfahrens
aufgrund der Willenserklärung einer Partei möglich ist. 48 Entspricht der Antrag den Anforderungen des Art. 49 VwVG, muss die Beschwerdeinstanz dem An-
trag entsprechen. 49 HÄFELIN / MÜLLER, N 1810c; vgl. Art. 33b VwVG; GUY-ECABERT, LeGes, S. 107 f.
12
schliessen, den Sachverhalt vollumfänglich und richtig erfassen und eine angemessen
Einigung vorsehen.50
Vom Gesetzgeber nicht näher definiert worden ist, in welcher Form oder zu welchem
Zeitpunkt ein Mediationsverfahren stattfinden kann respektive soll. Es stellt sich somit
die Frage, inwiefern er dies nicht regeln wollte. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass
die Form des Verfahrens sowie die Inhalte der einzelnen Verhandlungsphasen wäh-
rend der Mediation zu recht nicht geregelt wurden, um adäquat auf den jeweiligen
Konflikt reagieren zu können und dementsprechend möglichst viele konsens- und dia-
logorientiere Streitbeilegungsprozesse zu begünstigen. In Bezug auf den Zeitpunkt
der Sistierung des Verfahrens für ein Mediationsverfahren muss gleichfalls kein weite-
rer Regelungsbedarf festgestellt werden, jedoch ist es nicht nur von Vorteil, sondern
gar immanent, so früh als irgend möglich beginnen zu können, um eine einvernehmli-
che Einigung überhaupt noch erzielbar zu machen.51
Als gesetzliche Grundlage ist der Art. 33b VwVG für ein Mediationsverfahren eine
sinnvolle Legitimation, da dadurch Klarheit bezüglich deren möglichen Verwendung
besteht und die Massstäbe der behördlichen Kontrolle gewahrt werden.52 Gerade be-
züglich des Einsatzes einer solchen Mediation existiert nach wie vor die Frage, ob sie
überhaupt zulässig ist, dahingehend dass ein unauflösbarer Widerspruch zum Legali-
tätsprinzip besteht oder bestehen könnte. Heute ist zwar konsensuales Handeln der
Verwaltung nicht mehr umstritten und die Lehre anerkennt die Zulässigkeit von media-
tiven Verfahren, wo vom Gesetz ein ausreichender Verhandlungsspielraum gegeben
wird, jedoch kann dies nicht darüber hinweg täuschen, dass eine gesetzliche Grund-
lage in diesem Spannungsfeld selber entschärfend wirkt.53
III. Chancen des Mediationsverfahrens
1. Allgemeines
Durch mediative Verfahren lassen sich Konflikte meistens rascher, effektiver und auf-
wandneutraler lösen als bei einem gerichtlichen Vorgehen. Da die beteiligten Parteien
selber über Umfang und Regelmässigkeit der Verhandlungen entscheiden, sind Fris-
ten oftmals ausser Acht zu lassen. Weiter besteht dabei auch kein Aufwand, der in
50 Vgl. Art. 49 VwVG. 51 Vgl. dazu ausführlich PFISTERER, Praxishilfe, S. 141 f. 52 PFISTERER, AJP, S. 11; GUY-ECABERT, LeGes, S. 102 f; vgl. auch HOLZNAGEL/RAMSAUER S. 1130 f. 53 Darauf ist in Kap. IV, Ziff. 2.2.3 genauer einzugehen.
13
Relation zum Streitwert zu verstehen ist, wie es etwa in einem Gerichtsverfahren der
Fall sein kann. Dementsprechend können kostengünstigere Lösungen gefunden wer-
den.
Die Beteiligung der betroffenen Parteien über das bloss prozessuale Verteidigen ihrer
Interessen hinaus, ermöglicht beständigere und tragfähigere Einigungen als wenn
diese von einem entscheidungsbefugten Dritten (z.B. Richter) gefällt würden.54 Gera-
de dabei darf der oft positive Einfluss des gemeinsamen Streitbeilegungsprozesses
durch einen unabhängigen Mediator nicht unterschätzt werden. Es können so häufig
erstaunliche Lösungen durch die Mediation zu Tage gefördert werden. Dies aufgrund
der höheren Schonung zwischenmenschlicher Beziehungen, welche im Umfeld von
Vertrauen und gemeinsamer Eröffnung der Bedürfnisse unterstützt wird. Zusätzlich
trägt der Umstand auch dazu bei, dass nicht ein Schuldiger gesucht wird, als vielmehr
eine einvernehmliche Einigung, welche die unterschiedlichen Interessen und Bedürf-
nisse aller Beteiligten gleich berücksichtigt.55
2. Im Verwaltungsrecht
2.1 Allgemeiner Überblick
Die Verwaltung sieht sich durch die rasanten technischen und gesellschaftlichen Ent-
wicklungen vermehrt mit zunehmend komplexen Themengebieten konfrontiert, denen
gegenüber sie kaum mehr im Stande ist Schritt zu halten. Gleichwohl muss sie ihre
Aufgaben erfüllen und dabei möglichst dem Einzelfall gerecht werdende Lösungen
finden. Dazu kann es hilfreich sein die betroffenen Parteien einzuladen sich bei der
Entscheidungsfindung zu beteiligen. Es ist mitunter der Faktor Zeit welcher hier be-
wusst klein gehalten werden kann, für die Behörde wie auch für Private. Zusätzliche
ist zu vermerken, dass langfristige Streitigkeiten (wie sie für gewisse Gerichtsverfah-
ren fast schon typisch sind) eher vermieden werden können. Der damit verbundene
Aufwand zeigt sich insbesondere in den anfallenden Kosten und wirkt privilegierend
auf sie.
Weiterführend ist es durch geleitete Gespräche wesentliche einfacher die Positionen
der Konfliktbeteiligten festzustellen und sie lassen sich dabei auch besser belegen.56
Eine Steigerung der Akzeptanz gegenüber so gefundenen Regelungen ist nicht ver-
54 Vgl. MÄCHLER, S. 84. 55 Vgl. PFISTERER, Praxishilfe, S. 137. 56 Vgl. MÄCHLER, S. 82 ff.
14
wunderlich. Demgemäss können Mediationsverfahren auch gegenüber zukünftigen
Streitigkeiten vermeidend wirken.57
2.2 Qualität und Effizienz in Bezug zur Aufgabenerfüllung
Für die Aufgabenerfüllung der Verwaltung ist der konsensuale Einbezug von beteilig-
ten Privaten umso bedeutsamer, je grösser ihr Beitrag sein kann und je stärker die
Behörde auf ihre Unterstützung angewiesen ist. Hierbei hängen die versteckten
Chancen eines Mediationsverfahrens auch davon ab, inwiefern die Beteiligten an
Sachverstand, Kreativität und Personen- bzw. Sachnähe zur Entstehung zusätzlicher
Alternativen und zur Sicherung der späteren Umsetzbarkeit beitragen können. Gerade
bei Vorhaben oder Projekten die komplex, risikobeladen, neuartig und „breiter“ sind
als herkömmliche, welche im ordentlichen Verfahren keine Probleme für die Verwal-
tung darstellen. Nicht zu vergessen ist, dass der Einbezug von Privaten die Akzeptanz
fördert, was auch die Vermeidung von nachfolgenden Rechtsmittelverfahren sowie die
Umsetzung des Vorhabens begünstigen. Diese Integration von Konflikten birgt dann
eine besonders grosse Chance zur Streitvermeidung und einvernehmlichen Lösungs-
findung, wenn alle Beteiligen an einen Tisch geholt und der Konflikt im gesamten Un-
fang behandelt wird.
Das Vorgehen nach konsensualen Gesichtspunkten steigert insofern die Effizienz der
Verwaltung je besser die Kosten-Nutzen Relation, oder genauer gesagt, je kleiner der
zeitliche und finanzielle Aufwand gehalten wird. Dabei kann die Behörde auch ihre
eigene Unsicherheit, Entscheidungslast und Verantwortung reduzieren, ohne aber die
Letztverantwortung und die Gewährleistungsrolle zu verlieren. 58
In Bezug zur Entlastung der Gerichte und Behörden der Rechtspflege kann die Chan-
ce eines Mediationsverfahrens darin bestehen, dass vorgenannte komplexe und sehr
umfangreiche Fälle nicht mehr zu jahrelangen Rechtsstreiten führen und stattdessen
durch Konfliktlösungsprozesse verkürzt werden. Dabei soll man sich aber darüber im
Klaren sein, dass diese Handlungsweise keineswegs auch entlastend auf die Verwal-
tung wirken muss. Da der zusätzliche Aufwand an sach- und fachkundigen Personal
entsprechend der Entlastung von Gerichten und Rechtspflegebehörden ansteigt.
Nichts desto trotz werden die zu machenden Erfahrungen zeigen, ob diesbezüglich
57 Vgl. PFISTERER, ZSR, S. 196. 58 Vgl. PFISTERER, ZSR, S.271.
15
tatsächliche Aufwandminderungen bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung in diesem
Sinne möglich sind.
2.3 In Bezug zum neuen Art. 33b VwVG
Im Bereich des Bundesverwaltungsrechts steht der Einsatz von Mediationsverfahren
überall da im Vordergrund, wo ein relativ weiter Spielraum für eine konsensuale Eini-
gung zur Verfügung steht. Wie schon erwähnt, also bei den Fällen in welchen der Ge-
setzgeber das Ermessen der Verwaltung weit bzw. gross gehalten hat und einer ei-
gentlichen abschliessenden Regelung nicht gefolgt ist.
Weiter ist der mediative Ansatz besonders bei Verfahren zu berücksichtigen, die sich
durch eine grosse Zahl an betroffenen Privaten oder aber Behörden auszeichnen. Als
Beispiele sind sicherlich nationale Vorhaben in Bezug zu Umweltprojekten und Bau-
vorhaben, ab einer gewissen Grösse oder Intensität, zu nennen.59
So gesehen sind die Chancen nach dem Mediationsverfahren des neuen VwVG sehr
gross. Da sich in den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zeigt, dass der
Gesetzgeber vermehrt von sehr engen Regelungen abstand nehmen muss, damit die
Gesetze im Sog der fortschreitenden Globalisierung nicht allzu schnell überholt wer-
den und die Komplexität der durch die Verwaltung zu erfüllenden Aufgaben gleichsam
ansteigt.
Die vorbehandelten allgemeinen Chancen eines Mediationsverfahrens im Verwal-
tungsrecht gelten gleichermassen für das in Art. 33b VwVG vorgesehene und sind
dementsprechend zu berücksichtigen.
3. Zwischenfazit
Es wurde deutlich, dass die Chancen eines Mediationsverfahrens insbesondere für
die Verwaltung von Bedeutung sein können, wenn sie ihre Aufgaben bestmöglich er-
füllen will. Den gesteigerten Ansprüchen der heutigen Zeit kann im Rahmen von me-
diativen Verfahren adäquater begegnet und die Risiko- sowie Verantwortungsvertei-
lung angepasst vorgenommen werden. Die Kosten-Nutzen Analyse ist gleichermas-
sen interessant für die Behörde, sowie sie auch durch den Einsatz von Mediation zu-
sätzlich die Akzeptanz von Entscheidungen steigern und weitere Konflikte vermindern
kann. Durch die Beteiligung der betroffenen Parteien besteht die Möglichkeit, dass
Vorhaben und Projekte effizienter umgesetzt und deren Planung vereinfacht wird, da
59 SIEGWART, S. 24 f.
16
das gemeinsame Interesse an einer Lösung, auch die vorhandenen Fähigkeiten zu
bündeln vermag.
IV. Probleme des Mediationsverfahrens
1. Allgemeines
Die relevanten Probleme eines Mediationsverfahrens im Allgemeinen sind in deren
Anlage zu finden. Dementsprechend kann man grundsätzlich den Ausführungen zu
Chancen mediativer Verfahren folgend, diese im negativen Blickwinkel verstehen. Es
wäre aber viel zu einfach anzunehmen, dass Kosten-Nutzenvorteile durch Zeiterspar-
nisse60, im umgekehrten Fall allein das Feld möglicher Probleme eines Mediationsver-
fahrens beschlagen können. Viel eher muss nicht nur die Anlage mediativer Konflikt-
lösungsprozesse angesehen werden, sondern zusätzlich die Erfüllbarkeit ihrer Grund-
voraussetzungen für deren Einsatz. In der Folge soll kurz ein Überblick ermöglicht
werden zur Vervollständigung dieses Einstiegs in den Themenkreis Probleme.
Konsensprozesse sind nur sinnvoll wenn die Umstände eine Verhandlungslösung er-
lauben. Dabei kann nur eine Verhandlungsbasis gegründet auf ausreichend intensive
Gemeinsamkeiten hilfreich sein. Fehlt sie, ist es problematisch entweder entspre-
chendes Interesse an einer einvernehmlichen Lösung zu generieren oder solides Ver-
trauen für Verhandlungen zu erwecken. Auf der persönlichen Ebene, muss für Ver-
handlungen mit erfolgreichem Abschluss, der Mut bestehen Gespräche einzugehen,
Mitverantwortung zu tragen und der Wille sich durch das Ergebnis binden zu lassen.
Dieser notwendige Mut kann verloren gehen, wenn nicht ein Machtgleichgewicht ge-
schaffen wird, so dass auf Augenhöhe verhandelt werden kann.61 Das wiederum ist
die Aufgabe des Mediators welcher die Gespräche, deren Kultur und Fortgang zu ent-
wickeln hat.
Als weitere Problematik kann sich die Nicht-Verhandelbarkeit herausstellen. Da die im
Interesse einer erforderlichen Ordnung gesetzten rechtlichen Grenzen unantastbar
sind. Zumindest für die Verwaltung, welche durch ihre Letztverantwortlichkeit an sie
gebunden bleibt.62
60 Vgl. Kap. III, Ziff. 2.1. 61 PFISTERER, ZSR, S. 272. 62 PFISTERER, ZSR, S. 272 f.
17
2. Im Verwaltungsrecht
2.1 Allgemein
Die Probleme im Verwaltungsrecht für mediative Verfahren betreffen vorrangig den
Grundsatz der Gesetzmässigkeit, welcher nachfolgend in Ziff. 2.2 genauer angegan-
gen wird. Weiter werden zusätzlich das Rechtsgleichheitsgebot, sowie Verhältnismäs-
sigkeitsprinzip und Aspekte des Vertrauensschutzes als Einreden angeführt.63
Insbesondere aber besteht im Verwaltungsrecht eine gewisse Hürde für die Mediation
darin, dass nur da einvernehmliche Konfliktlösungen durch informell-kooperatives
Vorgehen möglich sind, wo auch ein gewisser Ermessensspielraum im Gesetz zuer-
kannt wurde. Also überall dort, wo der Gesetzgeber in einer gewissen Frage darauf
verzichtet hat diese abschliessend zu regeln und demgemäss der Verwaltung einen
bestimmten Freiraum in Bezug zur Rechtsanwendung zugesteht. Dabei wird die Be-
rücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall ermöglicht, d.h. die Entschei-
dung gewinnt an Gerechtigkeit und Billigkeit.64 Fehlt dieser Ermessensspielraum sind
aber einvernehmliche Lösungen durch ein Mediationsverfahren unsinnig, da keine
Verhandlungsbasis für einen gemeinsam gefundenen Konsens existiert.
Es ist dahingehend aber klar festzustellen, dass die vorgenannten Gründe für Beden-
ken dem informell-kooperativen Vorgehen der Verwaltung gegenüber eigentliche
Schranken setzen, jedoch diesem Handeln keine prinzipielle Unzulässigkeit attestie-
ren können. Dem Argument, dass gesetzliche Vorgaben dabei nicht sofort umgesetzt
werden, vermag selber noch nicht die grundsätzliche Zulässigkeit zu zerstören. Gera-
de hierbei muss erst der Inhalt einer informellen Vereinbarung bestehen, damit er auf
seine Rechtmässigkeit geprüft werden kann. So gesehen ist die reine Möglichkeit von
zulässigen informellen Einigungen noch kein Freilos für irgendwie geartetes Verwal-
tungshandeln.65
2.2 Die Mediation im Spannungsverhältnis zum Legalitätsprinzip
2.2.1 Grundlage und Funktion des Legalitätsprinzip
Gemäss dem in Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung verankerten Legalitätsprinzip bil-
det das Recht Grundlage und Schranke für staatliches Handeln. Das Legalitätsprinzip
63 HÖSLI, S. 134. 64 Vgl. HÄFELIN / MÜLLER, N 428b ff. 65 HÖSLI, S. 134.
18
bindet den Staat an die Rechtsordnung.66 Als tragender Verfassungsgrundsatz erfüllt
es sowohl rechtstaatliche und als auch demokratische Aufgaben. So trägt es einer-
seits dem demokratischen Anliegen der Sicherung der staatsrechtlichen Zuständig-
keitsordnung Rechnung, andererseits verlangt es nach einem rechtsgleichen, bere-
chenbaren und voraussehbaren staatlichen Handeln.67
Während früher das Legalitätsprinzip ausschliesslich in der Eingriffsverwaltung An-
wendung gefunden hatte, haben tatsächliche Entwicklungen, insbesondere die wach-
sende Bedeutung der Leistungsverwaltung, dazu geführt, dass das Bundesgericht in
BGE 103 Ia 369 ff., Wäffler, den Anwendungsbereich des Legalitätsprinzips auf die
Leistungsverwaltung ausgedehnt hat und somit auch die staatlichen Entscheidungen
über wirtschaftliche und soziale Leistungen nicht mehr ausschliesslich dem Ermessen
der Verwaltung überlassen, sondern an die Grundsätze der Gesetzmässigkeit gebun-
den hat..68
2.2.2 Inhalt und Teilgehalte
Das Legalitätsprinzip setzt sich aus zwei Teilgehalten, dem „Vorrang des Gesetzes“
und dem „Vorbehalt des Gesetzes“, zusammen.69
Nach dem Prinzip des Vorrangs des Gesetzes darf die staatliche Tätigkeit nicht gegen
das geltende Recht verstossen. Der Staat muss im Rahmen und Einklang mit der
Rechtsordnung handeln.70
Das Prinzip des Vorbehalts des Gesetzes dagegen besagt, dass Rechte und Pflichten
nur gestützt auf einen Rechtssatz begründet werden können. Das Gesetzesvorbe-
haltsprinzip wird von der neueren Lehre weiter aufgegliedert in das „Erfordernis des
Rechtssatzes“ und das „Erfordernis der Gesetzesform. 71
Das Erfordernis des Rechtssatzes verlangt, dass ein staatlicher Akt sich auf eine ma-
teriellgesetzliche Grundlage stützen muss. Diese muss hinreichend bestimmt und vom
zuständigen Organ erlassen worden sein.72 Dabei können alle Rechtssätze73 unge-
achtet ihrer Stellung in der Normenhierarchie als materielle gesetzliche Grundlage
66 HÄFELIN / MÜLLER, N 368; TSCHANNEN / ZIMMERLI, N 1. 67 BGE 123 I 1 E. 2b S. 3 f.; BGE 130 I 1 E. 3.1 S. 5. 68 BGE 103 Ia 369 E. 5 und 6 S. 380 ff. Seither ständige Rechtsprechung, z.B. bestätigt in BGE 118 Ia
46 E. 5b S. 61 f. Vgl. auch HÄFELIN / MÜLLER, N 413 ff.; TSCHANNEN / ZIMMERLI, N 14 f. 69 HÄFELIN / MÜLLER, N 379.70 HÄFELIN / MÜLLER, N 379 ff.71 TSCHANNEN / ZIMMERLI, N 5 ff; SCHNEIDER S. 12 f.72 BGE 123 I 1 E. 2b S. 3; vgl. auch HÄFELIN / MÜLLER, N 381 f.; TSCHANNEN / ZIMMERLI, N 22. 73 Zur Legaldefinition des Begriffs des „Rechtssatzes“ vgl. Art. 22 Abs. 4 ParlG.
19
herbeigezogen werden, denn das Erfordernis des Rechtssatzes dient insbesondere
der Erfüllung von rechtsstaatlichen Anliegen.74
Die demokratische Funktion des Legalitätsprinzips findet hingegen vor allem im Erfor-
dernis der Gesetzesform ihren Ausdruck. Dieses bestimmt, dass gewisse Rechtsnor-
men in einem qualifizierten Rechtsverfahren, welches eine hohe demokratische Legi-
timation geniesst, d.h. direktdemokratisch unter Mitwirkung des Volkes oder repräsen-
tativ vom Parlament, erlassen werden müssen.75 Die Anforderungen an die Rechts-
grundlage sind hier also strenger als beim Erfordernis des Rechtssatzes, wo irgendei-
ne Rechtsnorm unabhängig von ihrer Rechtsetzungsstufe genügt.76
2.2.3 Spannungsfeld in Bezug zum Mediationsverfahren
Die Zulässigkeit konsensualen Verhaltens der Verwaltung ist in der heutigen Zeit un-
umstritten, wichtig ist dabei aber, dass sie gleichwohl an ihre öffentliche Aufgabe und
das damit vertretene öffentliche Interesse gebunden bleibt. So hat die Verwaltung
auch die verfassungsmässig zugesicherten Rechte zu achten und in ihrer Rechtsan-
wendung keine ungleiche oder willkürliche Auferlegung von Rechten und Pflichten zu
tätigen.77 Damit wird klar, dass durch Mediation erzielte Einigungen den Rahmen des
Grundsatzes der Gesetzmässigkeit nicht sprengen dürfen. Solange also das Resultat
der Verhandlungen in diesen Grenzen bewegt, kann die Regelung der Konfliktsituati-
on insbesondere auch einvernehmlich getroffen werden.78
Zu beachten ist demnach, dass aufgrund des Gebots der Gesetzmässigkeit die Be-
hörde in ihrer abschliessenden Verfügung nur ein Mediationsergebnis aufnehmen
darf, welches sich konform zum Bundesrecht verhält. Dies ist dann nicht der Fall,
wenn entweder Gesetzesrecht bzw. Grundrechte verletzt werden, oder ein Ermes-
sensfehler vorliegt, der Sachverhalt nicht vollumfänglich oder richtig ermittelt wurde,
sowie die getroffene Einigung unangemessen ist.79 Nur wenn keine Probleme wäh-
rend der erschöpfenden Prüfung dieser Hürden entstehen, kann die Einigung in eine
Verfügung überführt werden, welche dann ihrerseits rechtsverbindlich wirkt. In diesem
Falle kann man davon ausgehen, dass zur Überführung eine eigentliche Verpflichtung
besteht. Diese Kontrolle des Inhalts der Mediationsresultate verbleibt unumstösslich
74 HÄFELIN / MÜLLER, N 383. 75 Gesetz im formellen Sinn. 76 HÄFELIN / MÜLLER, N 393 f. 77 Vgl. MÄCHLER, S. 119. 78 GUY- ECABERT, LeGes, S. 99; vgl. HOLZNAGEL/RAMSAUER S. 1128. 79 Vgl. Art. 49 VwVG.
20
bei der Behörde.80 Ihr Einfluss muss beibehalten werden, ungeachtet der durchgeführ-
ten Mediation. Das wiederum wird durch das Prinzip der Freiwilligkeit geschützt, da
die Verwaltung jederzeit die Verhandlungen beenden, d.h. das ordentliche Verfahren
weiterführen kann und so die Oberhand behält.
Das postulierte Spannungsfeld zwischen Mediation und Legalitätsprinzip kann aber
durch die vorhergehenden Ausführungen nicht weiter verstärkt, denn vielmehr aufge-
löst werden. Der scheinbar offene Widerspruch der Mediation zum Legalitätsprinzip,
gesehen im Grundsatz der Gesetzmässigkeit und dem zwingenden Charakter des
öffentlichen Rechts, löst sich unter dem Einwand auf, dass zwischen ihnen eine Ver-
einbarkeit besteht, sofern das Legalitätsprinzip als Schranke für mediative Verfahren
fungiert. So kann das Mediationsverfahren an und für sich (gerade durch seine subsi-
diäre Anlage) den Grundsatz der Gesetzmässigkeit nicht verdrängen. 81 Es bestehen
so dann auch keine rechtsbefreiten Räume wo willkürliche Lösungen einem Mediati-
onsverfahren entspringen können. Dies wird nur schon dadurch gewährleistet, dass
Verwaltung und Mediator sich nicht durch subjektive Interessen leiten lassen dürfen
und entsprechend ihrem Auftrag zu handeln haben. Die Bemühungen müssen also
von allen beteiligten Parteien in Richtung rechtmässiger Einigung durch gleich gela-
gertes Verfahren gehen.82
2.3 Konflikt in Bezug zum Art. 33b VwVG
Das vorgängig erörterte Spannungsverhältnis setzt sich auch im Mediationsverfahren
des Art. 33b VwVG fort. Insbesondere in Bezug zur Rechtssicherheit und der Rechts-
gleichheit, da gerade in einem solchen mediativen Verfahren gefundene Einigungen
sehr beliebig und subjektiv erscheinen werden. Dies gestützt auch auf den Umstand,
dass dieser Artikel der Mediation und einvernehmlicher Lösungen erst seit Januar
2007 in Kraft gesetzt ist. Über die zukünftigen Erfahrungen können nur sehr unpräzise
Aussagen getroffen werden, was hier dazu führt es deshalb zu unterlassen.
Zurückkommend auf die Ausgangsfrage, in der dieser neue Artikel vielleicht selbst
den Grundsatz der Gesetzmässigkeit und dessen Anwendung von Amtes wegen ver-
hindern könnte, muss festgehalten werden, dass hierbei kein eigentliches Novum Ein-
gang ins öffentliche Recht gefunden hat. Vielmehr wurde damit im Verfahrensrecht
80 Vgl. Art. 33b Abs. 1 VwVG. 81 Vgl. Parlamentarische Initiative (05.442 s) von Carlo Schmid-Sutter zur Aufhebung von Art. 33b
VwVG. 82 PFISTERER, URP, S.112 f.
21
ausdrücklich eingebettet, was bereits zuvor durch lex specialis oder im informellen
Rahmen zulässig war. Es ändert trotzdem nichts daran, dass auch für Mediationsver-
fahren des Art. 33b VwVG die gleichen Anforderungen bezüglich zu findenden Eini-
gungen bestehen, wie sie unter dem vorhergehenden Abschnitt erläutert wurden. D.h.
auch sie müssen sich innerhalb des erlaubten Spielraums bewegen.83 Daneben sind
das Recht und die Grundsätze der Verfassung in Bezug zum Verwaltungshandeln zu
berücksichtigen. Die demokratischen Strukturen ergänzen die von der erzielten Eini-
gung verlangten Voraussetzungen und bewirken, dass die Verantwortung staatlich
bleibt sowie das Legalitätsprinzip nicht durch Mediation verdrängt werden kann. Die
Mediation strebt indes auch keine alternative Rechtsordnung an, als nur „eine Garan-
tie verfahrensrechtlicher Kommunikation im öffentlichen Bereich zu sein“.84
Um noch einen tieferen Einblick in diese Problematik zu erhalten, lohnt es sich die
Herkunft sowie die um diesen Artikel entstandene Kritik genauer zu erörtern. Deshalb
soll dies hier noch angefügt werden.
Der Art. 33b VwVG war im Entwurf zur Totalrevision der Bundesrechtspflege noch gar
nicht enthalten. Deshalb weisst die entsprechende Botschaft auch keine weiterführen-
den Überlegungen dazu auf. Gleiches ist für die zugehörigen Berichte und zusätzli-
chen Botschaften zu vermerken. Er wurde erst nach einem Antrag eines Ständerates
durch die vorberatende Kommission eingebunden. Dementsprechend ist es nicht ver-
wunderlich, dass er auch keineswegs im Rahmen der parlamentarischen Beratung
eingehender Besprochen wurde. Seine Einbettung im Anhang (Ziff. 10) des Verwal-
tungsgerichtsgesetzes hat dabei sicherlich auch eine Rolle gespielt, da er neben wei-
teren 150 Anpassungen von Bundeserlassen zu besprechen war.
Eigentliche Kritik von Parlamentariern wurde demgemäss erst nach seiner Verab-
schiedung geübt. Insbesondere an der Tatsache, dass er erhebliche Auswirkungen
auf die Behörden und ihre Stellung haben werde. Daher hätte eine ausführlichere De-
batte im Parlament stattfinden müssen. Dies nicht zu letzt auch deshalb, weil das so
verankerte Mediationsverfahren dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit widerspreche
und mit diesem unvereinbar sei.
83 MÄCHLER, S. 69 ff.; PFISTERER, Grundsätze, S. 110 ff. 84 SIEGWART, S. 23.
22
Weitere Befürchtungen sahen die Möglichkeit darin begründet das Recht als Grundla-
ge jeglichen Verwaltungshandeln verwässert werden könnte und die vorrangige Stel-
lung von Behörden in diesem Verfahren gefährdet sei.85
Hier zeigt sich aber, dass der Art. 33b VwVG eben gerade diesen Vorbehalten Rech-
nung trägt. Er sieht für ein solches Mediationsverfahren vor, dass es erst eröffnet wer-
den kann, wenn alle beteiligten Parteien der Sistierung des ordentlichen Verfahrens
auch zustimmen. Da die Parteien jedoch jederzeit durch Aufhebung der Sistierung das
ordentliche Verfahren wieder Aktivieren können, kann nicht von einer Verwässerung
des Rechts bzw. gefährdeten Vorrangstellung die Rede sein. Gleichermassen verhält
es sich beim Abschluss der Mediation durch Vereinbarung, welche durch die Behörde
überführt (nach Kontrolle und positiver Prüfung) und in Form eines hoheitlichen Aktes
als Verfügung ergeht, vorausgesetzt die gegenseitige Zustimmung bestand für die
gefundene Einigung.86
3. Zwischenfazit
Leider sind viele Bereiche des Verwaltungsrechts für Mediationsverfahren nicht ge-
eignet, da es ihnen an Ermessens- respektive an Verhandlungsspielraum fehlt. Ein
sinnvolles konsensuales Verfahren setzt aber genau dieses Voraus. Beispiele dafür
lassen sich überall finden, wo vom Gesetzgeber abschliessende Regelungen getrof-
fen wurden.87
Zusätzliche ist klar geworden, dass informelles - kooperatives Verwaltungshandeln
zulässig ist, sofern es sich an den entsprechenden gesetzlichen Rahmen hält. Dies-
bezüglich werden den mediativen Verfahren Schranken gesetzt welche sie zwar nicht
Verunmöglichen, jedoch so ins Lichte des rechtsstaatlichen Handelns rücken, dass sie
ihrem Grundsatz der gleichberechtigten Verhandlungspartner nur bis zur Überführung
in eine Verfügung durch die beteiligte Behörde wahren kann. So werden Zugeständ-
nisse der Verwaltung unter hoheitliche Kontrolle zum Schutze der Verhältnismässig-
keit bzw. der Rechtsgleichheit gestellt, damit keine willkürlichen Entscheide erlassen
und hoheitliche Akte nicht durch Vereinbarungen ersetzt werden. Jedoch wird wäh-
rend der Kontrolle des Inhalts der Konfliktlösung durch die beteiligte Behörde, den
anderen Parteien die Möglichkeit genommen, sich im Falle von notwenigen Anpas-
sungen zur Erfüllung der rechtlichen Schranken zu beteiligen.
85 Vgl. PFISTERER, AJP, S. 13; und Parlamentarische Initiative (05.442 s) von Carlo Schmid-Sutter zur Aufhebung von Art. 33b VwVG.
86 PFISTERER, AJP, S. 11 f. 87 Z.B. für Gesetze die verwaltungspolizeilichen Ursprungs sind und gerade keine Flexibilität vorsehen
sollen.
23
V. Analyse und Schlussbemerkungen Es wurde in den Kapiteln III und IV die relevanten Chancen und Probleme des Media-
tionsverfahrens nach dem neuen VwVG erläutert. Dabei sind einige Dinge klar gewor-
den, die in dieser kurzen Analyse nochmals aufgegriffen werden sollen.
Die Chancen eines Mediationsverfahrens können für die Verwaltung von Bedeutung
sein, wenn sie die ihr übertragenen Aufgaben so gut als möglich erfüllen will. Den
teilweise enormen Ansprüchen kann im Rahmen der Mediation meist adäquater be-
gegnet und daneben die Verantwortung sowie das Risiko besser verteilt werden. In
Bezug zu einer Kosten-Nutzen Analyse kann man sagen, dass die Ansicht des Bun-
desrates88 wie in der Einleitung (vgl. Kap. I) erwähnt, vielleicht doch etwas zu optimis-
tisch ausfällt. Jedoch bei einem sinnvollen Einsatz der Mediation hier deutliche Quali-
tätssteigerungen in der Aufgabenerfüllung der Verwaltung zu erwarten sind. Die grös-
sere Akzeptanz, der in mediativen Verfahren gefunden Entscheidungen, kann Konflik-
te vermindern oder nahezu auflösen. Im Zentrum steht dabei das Interesse aller be-
troffenen Parteien, da sie durch ein Mediationsverfahren beteiligt werden können und
somit eine breite Abstützung des Resultats garantieren. Zusätzlich tragen sie durch
fach- und sachkundige Unterstützung zu höherer Effizienz des Konfliktlösungsprozes-
ses bei. Gerade im Anwendungsbereich des VwVG kann dies von besonderer Bedeu-
tung sein, da weit reichende und grosse Projekte bzw. Vorhaben für ein solches Me-
diationsverfahren in Frage kommen.
Auf der Seite der Probleme ist in erster Linie fest zu halten, dass sich Legalitätsprinzip
und Mediationsverfahren nicht gegenseitig ausschliessen. Genauso wenig werden
durch solche Verfahren die Rechtssicher- und Rechtsgleichheit gefährdet, da die Ver-
waltung jederzeit an die Schranken des Rechts gebunden bleibt. Sie ist und bleibt in
jedem Falle die Letztverantwortliche. Diese Schranken werden gebildet durch die vor-
genannten gefährdeten Gründe und garantieren in ihrer Funktion, dass zwar per Me-
diation einvernehmliche Lösungen zwischen Privaten und Behörden getroffen werden
können, diese aber zumindest den Anforderungen des demokratischen Rechtsstaates
genügen müssen.
Abschliessend bleibt noch der Hinweis auf zwei weitere Funktionen des Art. 33b
VwVG zu machen. Er kann sich zum einen nur dann im Verwaltungsrecht legitimieren,
wenn anzuwendende gesetzliche Grundlagen auch dementsprechend ausreichende
Ermessensspielräume für Mediationsverfahren gewähren. Zum anderen stellt er eine
88 Curia Vista – Geschäftsdatenbank, Einfache Anfrage (03.1067) von Jean-Michel Cina, Antwort des Bundesrates vom 27.08.2003.
24
sehr sinnvolle rechtliche Grundlage dar, weil dadurch Klarheit bezüglich deren mögli-
chen Verwendung besteht und die Massstäbe der behördlichen Kontrolle gewahrt
werden.89
Schneisingen, den 25. März 2008
Morris Knecht
89 PFISTERER, AJP, S. 11; GUY-ECABERT, LeGes, S. 102 f; HOLZNAGEL/RAMSAUER S. 1130 f.