Download - International Migration Outlook 2015
OECD INTERNATIONALER MIGRATIONSAUSBLICK UND
HERAUSFORDERUNGEN DER FLÜCHTLINGSKRISE
Dr. Thomas Liebig Leitender ÖkonomAbteilung für internationale Migration22. September 2015
I. OECD Internationaler Migrationsausblick 2015 Trends in der dauerhaften Migration Migration im Gesundheitssektor
II. Flüchtlingsmigration 2015 Asylanträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz im
internationalen Vergleich Herausforderungen Integration von Flüchtlingen
Übersicht
I. OECD Internationaler Migrationsausblick 2015
Dauerhafte Zuwanderung in OECD Staaten war bereits vor der Flüchtlingskrise im Anstieg
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 (e)
3,500,000.0
4,000,000.0
4,500,000.04,145,70
0.0
4,702,000.0
4,422,200.0
4,109,200.0 3,996,30
0.04,008,30
0.04,006,50
0.04,097,60
0.0
4,340,000.0
14%
8%
35%8%
5%
30% ArbeitMitreisende Angehörige von Arbeits-migranten
Familien-nachzug
Humanitäre Mi-gration
Sonstige
Freizügigkeit EU
Entwicklung der Zuwanderung in den OECD-Raum
Zuwanderung nach Migrationskategorien in 2013
76%Freizügigkeit
0,5%Sonstige
6,5% Humanitäre Migration
12% Familiennachzug
DeutschlandGesamt = 468 000
5% Arbeit
OECDGesamt = 4,1 Mio
Deutschland bleibt mit deutlichem Abstand das zweitwichtigste Einwanderungsland in der OECD (in absoluten Zahlen) nach den USA
Weiterer kräftiger Anstieg - vor allem auf Intra-EU- Mobilität zurückzuführen
Voraussichtlich mehr als 500 000 dauerhafte Zuwanderer, Anstieg in allen Kategorien erwartet (intra-EU, Familie, Arbeit, Humanitär).
Voraussichtlich wiederum rund drei Viertel der dauerhaften Neuzuwanderung kamen aus der erweiterten EU
Trends – Dauerhafte Einwanderung nach Deutschland – vorläufige Zahlen 2014
Personenfreizügigkeit im ersten Quartal nicht weiter gestiegen
Anstieg in der Arbeitsmigration aus Drittstaaten
Anstieg in der humanitären Migration hat auch einen Anstieg in der Familienmigration zur Folge
Ca. 300 000 – 350 000 dauerhafte Zuwanderer aus dem Asylsystem (Annahme: 800 000 Asylsuchende, Anerkennungsquote ca. 40%) – in absoluten Zahlen wird humanitäre Zuwanderung voraussichtlich auch 2015 unter der Zuwanderung aus der EU liegen
Pro Kopf hatten viele kleine OECD-Länder in der Vergangenheit eine größere dauerhafte Migration
=> keine Migrations-, sondern eine Flüchtlingskrise!
Trends – Dauerhafte Einwanderung nach Deutschland - erste Trends 2015
• Bei den Männern ist die Beschäftigungsquote von Migranten mittlerweile fast so hoch wie von in Deutschland geborenen Personen (77% vs. 78%) – das ist höher als in Kanada
• Bei den Frauen ist der Abstand nach wie vor erheblich (60% vs. 71%). Allerdings hat sich die Beschäftigungsquote für zugewanderte Frauen in Deutschland in den letzten Jahren deutlich verbessert
• Dies gilt auch für die Schweiz und, in einem geringeren Maße, für Österreich
Stand 4.Quartal 2014
Die Arbeitsmarktintegration der Zuwanderer hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert…
• Deutschland ist das drittgrößte Herkunftsland für Ärzte, die im OECD-Ausland arbeiten – und das viertgrößte für Krankenschwestern
Trends – Migration im Gesundheitssektor
Top 10 Herkunftsländer für im Ausland geborene
Ärzte Krankenschwestern in der OECD
India
China
German
y
United
Kingdo
m
Pakista
n
Philip
pines Ira
nAlg
eria
Roman
ia
Cana
da 0
10 000
20 000
30 000
40 000
2000/01 2010/1186 680 (2010/11)
55 794(200/01)
Philip
pines
India
United
Kingdom
German
y
Jamaic
a
Canad
aNige
ria Haïti
China
Mexico
0
20 000
40 000
60 000
80 000
2000/01 2010/11221 344(2010/11)
110 7742000/01)
• Allerdings wandert auch verstärkt Gesundheitspersonal nach Deutschland ein
• 2010/11 waren 16% (57 210) der in Deutschland tätigen Ärzte im Ausland geboren; in Österreich 17% und in der Schweiz sogar fast 42%
• Hauptherkunftsländer in Deutschland: Rumänien, Griechenland, Österreich, Russische Föderation, Polen
• Häusliche Altenpflege: 11% der Pflegekräfte sind im Ausland geboren (im Vergleich: Österreich 30%, Schweiz 20%, Italien 90%)
Trends – Migration im Gesundheitssektor
• Kanada hat zum 1. Januar 2015 sein Arbeitsmigrationssystem komplett reformiert und auf ein zweistufiges Verfahren umgestellt
• Kandidatenpool, aus dem Arbeitgeber rekrutieren können. Bei Arbeitsangebot erhalten Kandidaten praktisch automatisch eine Aufenthaltsberechtigung
• Australien und Neuseeland haben ähnliche Verfahren
• Evtl. von Interesse für Diskussion in Deutschland zu einer Reform der Zuwanderungsgesetzgebung?
Trends – Migrationspolitik
II. Flüchtlingsmigration 2015
2015 wird ein Rekordjahr für die Asylmigration
0
200000
400000
600000
800000OECD
EU
GermanyDeutschland
Jan-Jul 2014
Jan-Jul 2015
401,333
652,152
269,320
475,604
84,643
173,072
OECD
EU
GermanyDeutsch-land
Zahl der Asylanträge in 1 0001980-2014
2014 vs. 2015:Januar bis Juli
Anträge von syrischen und afghanischen Asylsuchenden sind 2015 stark angestiegen
2013
M01
2013
M03
2013
M05
2013
M07
2013
M09
2013
M11
2014
M01
2014
M03
2014
M05
2014
M07
2014
M09
2014
M11
2015
M01
2015
M03
2015
M050
5000
10000
15000
20000
Syria
Afghanistan
Albania
Eritrea
Iraq
Kosovo
Albanien
OECD
Syrien
Irak
Besonders Asylbewerber aus der Balkanregion sind stark in Deutschland konzentriert
Un-garn22%
Frankreich4%
Schweden3%
Österreich2%
Sonstige 4%
Deutschland 65%
Antragsteller aus der Balkanregion 1. Halbjahr 2015Gesamt = 106 440
Deutsch-land 83%
Frankre-ich4%
Schweden3%
Vere-inigtes
Königreich2%
Belgien1%
Norwegen1%
Sonstige6%
Antragsteller aus Albanien 1. Halbjahr 2015Gesamt = 25 710
Deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Herkunftsländer
22%Sonstige
23%Syrien
16%Albanien
13%Kosovo
6%Serbien
6% Afghanistan
5% Irak
3% Mazedonien3% Eritrea
2% Pakistan
1% Nigeria
Deutschland Jan-Aug 2015Gesamt = 231 302
ÖsterreichJan-Juli 2015Gesamt = 35 604
SchweizJan-Aug 2015Gesamt = 19 668
31%Sonstige
28%Syrien
23%Afghanistan
14%Irak
6% Kosovo 6 % Kosovo
40%Sonstige
18%Syrien
EUJan-Juni 2015Gesamt =399 165
10% Afghanistan
6% Albanien
5% Irak
15%Kosovo
3% Serbien
3% Eritrea
46%Sonstige
38%Eritrea
2% Kosovo
5% Somalia 6% Sri Lanka
6% Afghanistan
7% Syrien
Rund jeder dritte Asylbewerber in 2015 kam nach Deutschland
1. Halbjahr 2013
OECD gesamt =250 000
1. Halbjahr 2014
OECD gesamt =300 000
1. Halbjahr 2015
OECD gesamt =500 000
17%
13%
25%
Deutsch-land
Sonstige OECD Staaten
USA
7% Türkei
6% Vereinigtes Königreich
5% Ungarn
3% Österreich
4% Italien
12% Frankreich
8% Schweden
22%
1% Ungarn
3%
8% Italien
10% Frankre-ich
9% Schweden5% VereinigtesKönigreich
14%USA
9% Türkei
19%Sonstige
OECD Staaten Deutschland
Österreich
31%Deutschland
13%Un-garn
3% GB
11% USA
9%Türkei
11%SonstigeOECD Staaten
5% Österreich 6% Italien
6% Frankreich
5%Schweden
• Pro Kopf gerechnet haben Ungarn, Österreich und Schweden die meisten Asylanträge zu verzeichnen
Asylanträge im Verhältnis zur Einwohnerzahl verdeutlichen die Konzentration auf wenige Länder
Hunga
ry
Austria
Sweden
German
y
Switzer
land
Norway
Belgium
Denmar
k
Greec
e
Nether
lands Ita
ly
Franc
e
Finlan
d
Irelan
d
United
Stat
es
United
King
dom
Canad
a
Austra
lia 0
1 000
2 000
3 000
4 000
7 714 Jan-Jul 2014 Jan-Jul 2015
Erstanträge pro eine Million Einwohner im ersten Halbjahr 2014 und 2015
• In Deutschland: 32% aller Asylbewerber sind unter 18 und 71% sind Männer
• Zum Vergleich in der Türkei: 55% aller temporär aufgenommenen Syrer sind unter 18 (Stand März 2015), knapp unter 50% sind Frauen
=> Familiennachzug wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen!
Asylsuchende nach Alter und Geschlecht
Zeitraum Verfahrensdauer in Monaten
2013 7,22014 7,1– 30.06.2015 5,3
Asylverfahren haben sich verkürzt
Verfahrensdauer (Erst- und Folgeverfahren)
Quelle: Daten des BAMF
• Hinweise auf besseren Ausbildungsstand der Flüchtlinge, aber große Unterschiede
• Die öffentliche Meinung zu Flüchtlingen ist positiver
• Deutschland ist besser vorbereitet: effizientere Asylinfrastruktur und bessere Integrationspolitik
• Besserer Arbeitsmarktzugang: Zwischen Januar und Juni 2015 erhielten beinahe 11 000 Asylbewerber mit weniger als 15 Monaten Aufenthalt eine Arbeitserlaubnis, ca. 6 000 Ablehnungen
• Günstigere Arbeitsmarktlage, veränderte Demographie
• Nicht-humanitäre Immigration ist größtenteils Arbeitsmigration aus EU Ländern (in den 1990ern v.a. Immigration von Aussiedlern, die ebenfalls niedrige Beschäftigungsquote hatten)
• Die Mehrheit der Asylbewerber kommt nicht aus Europa
• Geringere Rückkehraussichten
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Situation Anfang der 1990er und heute - Deutschland
I. Viele Krisen zur gleichen Zeit in der Umgebung von Europa mit geringen Aussichten auf Besserung – nicht nur Syrien, sondern auch Afghanistan, Eritrea und Irak
II. Verschlechterung der Situation in Transitländern bzw. Ländern, die vorübergehend Schutz gewähren
III. Vielzahl an Herkunftsländern und MigrationsmotivenIV. Qualifikations- und Bildungsstand von Asylsuchenden ist breit
gestreutV. Asylsuchende verteilen sich überwiegend auf wenige Länder;
Konzentration auch bei den EinreisepunktenVI. Situation verändert sich schnell (Kommunikationstechnologie und
neue Schlepper-Routen) VII. In vielen europ. Ländern stellt sich die Öffentlichkeit gegen weitere
Migration – auch weite Divergenz in der wirtschaftlichen Lage
Die derzeitige Situation birgt einige spezifische Besonderheiten und Herausforderungen
• Integrationskurse für Flüchtlinge in Skandinavien dauern i.d.R. 2-3 Jahre; Niedrigqualifizierte brauchen länger als andere Flüchtlinge
• Die Integrationsbedürfnisse von Flüchtlingen hängen von ihren Qualifikationen ab – Universallösungen kann es deshalb nicht geben
• Der Integrationsprozess sollte mit einer Bestandsaufnahme der Fähigkeiten beginnen, um Qualifikationen richtig einzuschätzen und zu fördern
• Im Durchschnitt dauerte es in der Vergangenheit in den europäischen Ländern 5-6 Jahre, bis die Mehrheit in Beschäftigung ist. Diese Zeit schwankt jedoch mit Arbeitsmarktlage und Integrationspolitik
• Schnelles Handeln nach der Ankunft: Frühzeitige Integration in Schulsysteme und den Arbeitsmarkt ist für langfristige Integration unabdingbar
• Das Erlernen der Sprache sollte möglichst berufsbezogen sein • Flüchtlinge sollten in Regionen mit guten Jobaussichten angesiedelt werden
– und nicht dort, wo günstiger Wohnraum zur Verfügung steht
Zentrale Erkenntnisse zur Integration von Flüchtlingen aus OECD-Studien
Für weitere Informationen zur Arbeit der OECD im Bereich Migration und Integration:
www.oecd.org/migration