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Mit Kindern ändern sich die KonsumprioritätenKAUFVERHALTEN Das Konsumverhalten von Erwachsenen verändert sich dann nachhaltig, wenn aus den klassischen DINKS (double income, no kids) ein Paar mit Kindern wird. Produktprioritäten ändern sich, und auch das Kaufverhalten an sich - speziell bei Frauen - ist vielfach nicht mehr wie zuvor.

VON JUSTYNA L. GRUND*

SobaldeinKind imHaus ist,verändertsichdasKonsumverhal-tenvonFamiliengrundlegend.Einanderer Wagentyp muss her, dieWohnungseinrichtungwirdange-passt und ein kinderfreundlicherUrlaubsortspielteinewichtigeRol-le.DiePrioritätenwerdenneuge-setzt.PlötzlichsindesnichtmehrdiePumpsvon«ManoloBlahnik»,dieFrauunbedingtkaufenmöchte,sondern süsse Elefanten-Schuhe.DerfamilientauglicheVanlöstdasCabrioaboder«degradiert»eszumZweit-oderDrittwagen.DassnunSpielzeug oder Kinderkleidungvermehrtgekauftwerden,liegtaufderHand.Dabeientscheidentrotz«Geiz-ist-geil»wenigereinabsolutgesehen niedriger Preis, sondernvielmehr die Qualität und dasPreis-Leistungs-Verhältnis.

Bekannte BrandsBetrachtet man den Spielwaren-markt, gibt es unter Markenge-sichtspunkten zunächst keinegrossenÜberraschungen:ZudenbekanntestenBrandsgehörenBar-bie,Playmobil,LegoundRavens-burger.BefragtmanEltern,soge-benknapp80Prozentan,imBesitzderbeidenLetzterenzusein.BeiBarbie sind dies immerhin noch39Prozent.WasdieQualitätsein-schätzung betrifft, gibt es grosseDiskrepanzen.Legowirdvonüber81ProzentderBefragtenalsqua-litativhochwertigangegeben,beiBarbiesindesjedochnurrundeinViertel(vordemHintergrundderjüngsten Produktrückrufe wahr-scheinlichbaldnochweniger).

Überschüttete KinderIn vielen Haushalten wissen dieKindervorlauterSpielzeugschongarnichtmehr,womitsiespielensollen.AufFrauenübersetztwärediesder«Ichhabenichtsanzuzie-hen»-Effekt,währendderKleider-schrank aus allen Nähten platzt.StatteinpaarwenigerPuppenundKlötzen wie früher, werden dieKinder von Familie und Freun-

denmitGeschenkenüberschüttet.TrotzgewisserVorbehaltemachenvieleElterndasSpielderWerbungmit.Vielleichtauch,umdenKin-derndieSpielwarenzukaufen,diesieselbergerngehabthätten?DaeinPuppenhausvonderMutter,dort eineCarrera-RennbahnvomVater?Tatsacheist,dassMütterdiewesentlichenProdukteinformatio-nen der Werbung im Fernsehenentnehmen,gefolgtvonFreundenbzw.BekanntenundZeitschriften.MüttersinddabeiintensiveMedi-ennutzer:FastalleMütterschauenFernsehen, vor allem am AbendzurEntspannung–somitalsodie

beste Zeit, um Mütter anzuspre-chen. Und parallel dazu kannFraunochwunderbarine-Shopseinkaufen.

Das Internet als Kaufladen…WoherkommtdieseAffinitätzumOnline-Einkauf? Immerhin einViertel der berufstätigen FrauenhatkeinenSpassmehrbeim«Off-line»-Einkauf.DieGründeliegenauf der Hand: Online kann sichFrauvielZeitnehmen,umindenShopszustöbern.Fürdieberufs-tätigenMütter istdieserZeitfak-torentscheidend.38ProzentderMüttersagen,dassdasEinkaufen

schwieriger geworden sei, seitsieKinderhaben.DasEinkaufenmitKindernimEinzelhandelistanstrengend. Insbesondere dielangen Wartezeiten sowie derunfreundlicheundinkompetenteServicewerdenkritisiert.

Online-Anbieter, welche ei-nenansprechendenundgutstruk-turierten Online-Auftritt bieten,haben gute Chancen, in Zukunftvor allemFrauenalsKundinnenzu gewinnen. Gewinnen werdenauch jeneAnbietermit einer gutausbalanciertenMultikanalstrate-gie.DennauchOnline-Shopperge-henabundzugerneindieStadt,umdastraditionelleEinkaufsver-gnügenmiteinerKaffeepauseab-zurunden.

Einfluss der Mütter auf das EinkaufsverhaltenInderSchweizgibtesinzwischennur etwa 1,4 Kinder pro Frau.Und verständlicherweise habenauchnur40ProzentderAkade-mikerinnenKinder,daes inderSchweizheuteimmernochheisst:entwederKindoderKarriere.

Doch wie wird sich das Ein-kaufsverhalten weiterentwickeln,wennsich inderSchweiznichtsändert? Viele Doppelverdienermüssenheute inderSchweizei-nenhohenPreisfürdieBerufstä-tigkeitzahlen,sofernsieaufexter-neBetreuungangewiesensind:Ei-neKinderkrippekannfürvierTa-gebereitsmit1400bis1500CHFmonatlichzuBucheschlagen,beizweiKindernsindesschnellmehrals2000CHF.NatürlichfallennochSteuernan,dieVerpflegungimGe-schäft,dieReisekosten.Wasbleibtübrig,wenneineFrauca.60000CHF(75000CHFbei100Prozent)

MoreDie meisten Einkäufe des

täglichen Gebrauchs werden von Müttern alleine getätigt. Dazu gehören Lebens- und Körperpfle-gemittel, Geschenkartikel oder Waschmittel. Fast ausschliesslich die Mütter entscheiden darüber, welche Produkte im Einkaufs- wagen landen. Ein interessanter Ansatz zur Steigerung der Ge-burtenrate sind Betreuungsgut-schriften (eine Familie zahlt lohn-unabhängig nur etwa einen Drittel der externen Betreuungskosten). So kann sich das Arbeiten für eine Frau finanziell wieder lohnen - mit entsprechender Wirkung auf die Kaufkraft. Ein Pilotprojekt läuft bereits.> www.ip-deutschland.de

> www.edi.admin.ch/aktuell

Veränderungen im Konsumverhalten durch Kinder

Quelle: Familienanalyse 2005 Gruner & Jahr, München

Urlaub

Versicherungen

Wohnungseinrichtung

Autotyp

Lebensmittel

Sportartikel

Restaurants

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

77%

63%

60%

59%

50%

39%

37%

Kaufen berufstätige Frauen gern ein?

Quelle: TNS Infratest 2006

ja

nein

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

86%

Urteilsbegründung «nein»

Das Einkaufen stresst mich

Schlange stehen

Unfreundliches, inkompetentes Personal

Finde schwer, was ich suche

Mangelnder Service

Öffnungszeiten

79%

14%21%

63%81%

44%40%

35%22%

30%20%

37%20%

12%18%

n Frauen ohne Kindern Frauen mit Kindern

18 MARKETING Marketing & Kommunikation 11/07

verdient?Genau: fastnichts.DerKonsuminderFamiliekannsomitauchnichterhöhtwerden.DerBe-rufderFraubleibteinHobby,umnichtausderBerufswelt«rauszu-fallen». Mit einem tieferen Pen-sum, z.B. 50 Prozent, würde dieFamiliegareinenVerlustmachen,wenndieFrauarbeitengehenwür-de.Fazit:FürvieleFrauen lohntsichdasArbeitenfinanziellnicht.EntwederverzichtetFrauganzaufKinderoderesbleibtbeider«mo-dernen»Ein-Kind-Familie.

Einzelne Branchen könntenviel mehr weibliche Kundschaft– und somit Umsatz – erwarten,wennmehrFraueningutenPositi-onenerwerbstätigwären.EsgibtzuwenigeMütter,dieessicherlaubenkönnten,sichvonihremLohnabundanetwaszuleisten.NurjeneMütter,dieeinenhohenLohnauf-weisenund/oder100Prozentarbei-ten,könnensichdiesenLuxusleis-ten.Nun,waskannmanmachen,damitmehrkonsumiertwird?DieAbgabenüberdenkenunddieVer-einbarkeitvonFamilieundBeruf

fördern(Arbeitgeber).Auchdiede-mografischeEntwicklungderkom-menden Jahre weist auf die Not-wendigkeithin,mehrGeburtenzuhaben,daumausländischeFach-kräfteauch imAuslandvermehrtgeworbenwerdenwird.

Frauen,dietrotzKind/ernar-beitenbzw.Karrieremachenkön-nen und am Schluss auch unterdem Strich Geld im Portemon-naiehaben,werdenalsjungeMüt-ter mehr in Kinderprodukte in-vestieren. Sobald die Kinder ausdemHaussind,wirdderKonsumwieder starkverlagert:Einbesse-resAuto,neueMöbel,teureFerienund weitere AnnehmlichkeitenkommenzumTragen.n

Trend zu Mega Cities prägt das internationale MarketingBUCHTIPP Soeben ist das neue Buch «Innovation Driven Marketing» erschie-nen. Zahlreiche Trends, Untersuchungsergebnisse, Hinweise zu erfolgreichen Marketinginnovationen und Fälle sind enthalten. Beispiel Mega Cities.

Die Entwicklung von MegaCitiessindeinwichtigesBeispiel.Das internationale Marketingwird dadurch geprägt. Genügenin Zukunft wenige Mega Cities,umdieWeltmärktezuerschlies-sen? Welche neuen Geschäfts-möglichkeiten entstehen in die-sen Weltstädten? Es lohnt sich,dieKonsequenzendiesesTrendsdurchzudenken.

In Mega Cities ist alles kon-zentriert (Menschen, Werte undInfrastrukturen) und ihr welt-weiter Einfluss und die globa-leVernetzungsindhoch.Güter-,Finanz- und Informationsströmesind verflochten. Krisen wirkensich beispielsweise auf die glo-balen Finanzmärkte aus. PositivsinddieMegaCitiesderSchlüs-sel zu Märkten (also z.B. Hong-kong als ein Zugang zum chi-nesischen Markt). Es gibt einenTrendzuMegaCities:n DieWeltbevölkerungsteigtzwi-schen 1950 und 2050 von 2 auf9Mrd.Einwohner;derAnteilderStadtbevölkerungvon30Prozentauf60Prozent;dieZahlderBal-lungsräumevon8auf48.n 1950lagen10der15grösstenIndustriestädte in Industrielän-dern; im Jahr 2000 dominiertendie Schwellen- und Entwick-lungsländermit11der15grösstenStädte;nachSchätzungen liegen2015nurnochdreidergrösstenWeltstädteinIndustrieländern.n Die 10 grössten Städte nachWirtschaftskraftbeherbergen2Pro-zentderWeltbevölkerung,erwirt-schaften knapp 20 Prozent desglobalen BIP und liegen alle inIndustrieländern.n DieenormenProblemeindenMegaCitiesderEntwicklungslän-derreichenvonArbeitslosigkeit,Wohnungsmangel, Ernährungs-und Gesundheitsproblemen, un-zureichender Wasser- und Ab-wasserversorgung, überlastetenVerkehrwegenbiszuUmweltver-schmutzungundKriminalität.

In kleinerem Rahmen sindähnliche Entwicklungen in ein-zelnen Ländern zu beobachten;auchhiernimmtderStadtanteilderBevölkerunglaufendzu.Die

Konsequenzensindmannigfaltigfür Mobilität, Freizeit, Kommu-nikation, Energie, Wasser, Um-weltbelastung, Sicherheit (undRisiken) und betreffen verschie-denste Anbieter. In den meistenBereichen entstehen in solchenStädten die grössten Lösungenvon Informationssystemen, Ver-kehrundTransport,Gesundheits-system bis zu Eventhallen undStadien.DieenormeBallungvonMenschen öffnet viele Chancenfür sehr spezialisierte Anbieter,weil indiesenMegaCitiesauchspezifischeNischenbereitsvieleMenschenumfassen.Sobetrach-tet beispielsweise Siemens denMegatrend«MegaCities»fürdenKonzern und seine integriertenLösungenalsbesonderswichtig.

Für die Erschliessung neuerMarktgebieteoderglobalerMärk-te sind die Schlüsselstädte be-sonders relevant.DieseErkennt-nismussdas internationaleundglobale Marketing der meistenAnbieter stark prägen. So ge-wichtetebeispielsweiseBMWmitdemMininahezuausschliesslichSeoul,umdenMarktSüdkoreazuerschliessen.Dabei istzubeach-ten,dasseinMarketinginGross-städtenandersfunktioniertalsinganzen Ländern. Die Communi-

ties spielen wohl in Städ-teneinegrössereRolle.Esgibt auch andere Kommu-nikationsinstrumente. Un-ternehmen brauchen neueInformationssysteme. Soverfolgt beispielsweise dieMünchener Rück den Na-turgefahren-Risikoindexin den Top-10-Städten undim Ruhrgebiet. Der genaueStandort der versichertenObjekte wird geokodiert er-fasstunderlaubtesbeispiels-weiseauch,Terrorrisikenein-zuschätzen.SchliesslichstelltsichdieHerausforderungdesMarketings in Entwicklungs-und Schwellenländern. NeueAnsätzesindgefragt(Prahalad2004). Nestlé eröffnete 2007

imBeiseinvonPräsidentLulaimNordosten Brasiliens eine Fab-rikfürProdukte,diesichanjeneweltweit2,8Mrd.Menschenrich-ten,diewenigerals10DollarproTag verdienen. Damit sind aberdie Herausforderungen für dieLebensbedingungen in solchenStädtennochnichtgelöst.

Zahlreiche EntwicklungenimVerhaltenderKundenundinden Märkten fördern Unterneh-men ständig heraus. Für Anbie-tergiltes,dierelevantenTrendsin Gesellschaft und TechnologiezuerfassenundmitgezieltenLö-sungen im Marketing zu wach-sen.DieHypothese:ErfolgreicheUnternehmenbraucheneineFor-schung&EntwicklungimMarke-ting.NurdannlassensichMarkt-potenzialeausschöpfen.

Vom Trend zur innovativen MarktlösungDas neue Buch richtet sich anProfessionals im Marketing, diein ihren Unternehmen und Ins-titutionen viel bewegen wollen.Sein Stil: substanziell, kurz-weilig,reichhaltig,konzeptionellundkonkret.n

Belz, Christian / Schögel, Marcus / Tomczak, Torsten: Innovation Driven Marketing - Vom Trend zur innovativen Marketinglösung, Wiesbaden: Gabler 2007, 489 S., gebundenISBN 978-3-8349-0282-5, Fr.127.50. Bestellun-gen über www.thexis.ch oder [email protected].

Innovation Driven Marketing - Vom Trend zur innovativen Marke-tinglösung

«Für viele Frauen lohnt sich das Ar-beiten finanziell nicht. Entweder verzichtet Frau auf Kinder oder es bleibt bei der Ein-Kind-Familie.»

* Justyna L. Grund, eidg. dipl.

Betriebswirtschafterin HF,

Team- und Projektleiterin in einer

Unternehmensberatung für

Kommunikation, Zürich

Marketing & Kommunikation 11/07 MARKETING 19


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