Was ist ein Journal Club?
Dozenten:
Dr. Patrick Jahn
Anja Schmidt
Katrin Wedler
Workshop UKH Pflegetag 2015:
Inhalt der Folien:
PD Dr. Gero Langer
… immer auf dem Laufenden bleiben
… neue Blickpunkte
im tgl. Berufsleben schaffen
… den Überblick behalten
… Wo geht es lang?
… Wo kann/könnte es lang gehen?
… gemeinsam mit den
Wissenschaftlern diskutieren
wir kritisch aktuelle
wissenschaftliche
Veröffentlichungen mit dem
Ziel, die Integration von
Forschungsergebnissen in die
pflegerische Praxis zu
fördern.
.
Schlagworte Pflegeexperten
Journal Club ist für mich…
…die Entschlüsselung eines
Buches mit sieben Siegeln.
Der »Journal Club« am UKH: Ziele und Organisation
• Regelmäßige Treffen zur Vorstellung und kritischen
Diskussion aktueller wissenschaftlicher Veröffentlichungen
• Ziel: durch Entwicklung kritisch-reflexiver Kompetenzen die
Integration von Forschungsergebnissen in die pflegerische
Praxis zu fördern
• Unter Leitung der Stabsstelle Pflegeforschung in Kooperation
mit dem Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften:
Dr. Patrick Jahn Katrin Wedler Anja Schmidt PD Dr. Gero Langer
Der »Journal Club« am UKH: Ablauf
Initiale Schulungsphase (6 Module á 3 Stunden):
– Evidence-based Practice
– Literaturrecherche
– Kritische Beurteilung von Interventionsstudien
– Kritische Beurteilung von Systematischen Übersichtsarbeiten
und Meta-Analysen
– Kritische Beurteilung von Leitlinien
Regelmäßige Treffen
– Themen werden von Mitgliedern abwechselnd ausgewählt
– Aktuelle Publikation wird vorgestellt und diskutiert
Frage
Wie viele Pflegefachartikel sind 2014 in der
größten internationalen Datenbank
erschienen?
A = 4.865
B = 12.649
C = 32.324
Frage
Wie viele Pflegefachartikel sind 2014 in der
größten internationalen Datenbank
erschienen?
A = 4.865
B = 12.649
C = 32.324
§2 Abs. 1 SGB V
§2 Abs. 4 SGB V
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen
Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen
Fortschritt zu berücksichtigen.
Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben
darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und
wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in
Anspruch genommen werden.
Wie wirksam,
wirtschaftlich und
notwendig sind die in der
Praxis tatsächlich
durchgeführten
therapeutischen
Interventionen?
Das alltägliche Dilemma?!
Schüler bei Praxisanleitung:
»Der Dekubitus ist sauber – mit was verbinde ich ihn
jetzt am besten?«
Praxisanleiterin zu Schüler:
»In dieser Phase der Wundheilung empfiehlt sich ein
Hydrokolloidverband.«
Am nächsten Tag…
Krankenschwester zu Schüler:
»Warum ist da ein Hydrokolloidverband? Wir nehmen
immer Mullkompressen mit Kochsalzlösung für die
Behandlung von Dekubitus. Das hat sich seit Jahren
bewährt und ist viel billiger.«
»Insulin kann unbedenklich durch die Kleidung injiziert werden.«
Fleming, D. R., Jacober, S. J., Vandenberg, M. A., Fitzgerald, J. T., &
Grunberger, G. (1997). The safety of injecting insulin through clothing.
Diabetes Care, 20(3), 244-247.
RCT mit cross-over-Design, N=50, insulinpflichtiger Diabetes mellitus,
Beobachter verblindet, 20 Wochen Beobachtungsdauer (nach 10 Wochen
cross-over)
Vergleich s.c. Injektion mit Hautdesinfektion vs.
sc. Injektion durch Kleidung (eine Schicht, verschiedene Stoffarten wie
Nylon oder Jeans)
Follow-up 84%; Alter 41 Jahre (23-63 Jahre), 50% Frauen, 80% DM I, mittlere
Diabetes-Dauer 14 Jahre (1-33 Jahre)
Ca. 13.720 Injektionen im Studienzeitraum
Keine Rötungen, Verhärtungen oder Abszesse an der Injektionsstelle in beiden
Gruppen
HbA1c und Leukocyten in beiden Gruppen vergleichbar
Kleinere Probleme: Bluttropfen auf Kleidung
Vorteile: Zeitersparnis, Bequemlichkeit
»Rektale Suppositorien werden am besten
mit dem stumpfen Ende zuerst eingeführt.«
Abd-el-Maeboud, K. H., el-Naggar, T., el-Hawi, E. M., Mahmoud, S. A., & Abd-
el-Hay, S. (1991). Rectal suppository: commonsense and mode of insertion.
Lancet, 338(8770), 798-800.
CCT, N=100
98% der Teilnehmer fanden es einfacher,
das stumpfe Ende zuerst einzuführen
Sphincter transportiert Zäpfchen
selbständig weiter, keine Nachführung
in Analkanal nötig
»Knielange Kompressionsstrümpfe wirken genauso gut wie
oberschenkellange Strümpfe zur Thromboseprophylaxe.«
Sajid, M. S., Tai, N. R., Goli, G., Morris, R. W., Baker, D. M. &
Hamilton, G. (2006). Knee versus thigh length graduated
compression stockings for prevention of deep venous
thrombosis: a systematic review. Eur J Vasc Endovasc Surg,
32(6), 730-736.
Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse, 14 RCTs
Keine statistisch signifikanten Unterschiede
Knielange Strümpfe bieten Vorteile in Bezug auf Compliance und
Kosten
Die Methode »Evidence-based Practice« …
…ist die sinnvolle Integration der derzeit besten
wissenschaftlichen Belege in die Praxis
• verwendet möglichst aktuelle Forschungsergebnisse von sehr
hoher Qualität (»externe Evidence«)
• nutzt das vorhandene Wissen und die praktischen
Erfahrungen der Therapeuten (»interne Evidence«)
• berücksichtigt Wünsche und Vorstellungen des individuellen
Patienten
• beachtet die Strukturen der Einrichtung und deren
Ressourcen
Die Methode »Evidence-based Practice«
Formulierung einer Fragestellung, zum Beispiel
nach dem PIKE-Schema
– Patient
– Intervention
– Kontrollintervention(en)
– Ergebnismaß
Fragestellung sollte präzise und beantwortbar
formuliert sein
Fragestellung
Problem: vorhandene Dekubitusrisikoskalen besitzen
nur begrenzte prädiktive Validität
Auftragsklärung: Pflegende schätzen Dekubitusrisiko
ein
Fragestellung: Pflegebedürftige: Patienten ohne bestehenden Dekubitus
Intervention: keine Dekubitusprophylaxe bis Dekubitus 1.
Grades (persistierende Rötung)
Kontrollintervention: Dekubitusprophylaxe bei Braden-
Score <17
Ergebnismaß: Dekubitusinzidenz (Grad 2-4)
Wirkt sich bei Patienten ohne bestehenden Dekubitus
eine Dekubitusprophylaxe erst ab einem Dekubitus 1.
Grades anstatt bei einem Braden-Score <17 auf die
Dekubitusinzidenz aus?
Risikoassessment Dekubitus
Die Methode »Evidence-based Practice«
Probieren Sie es doch gleich mal aus:
Überlegen Sie sich ein Problem, das mit einer
Interventionsstudie untersucht werden könnte, und
– benennen Sie die 4 Elemente einer Frage nach dem
PIKE-Schema:
• Patient
• Intervention
• Kontrollintervention
• Ergebnismaß
– formulieren Sie eine beantwortbare Frage.
Die Methode »Evidence-based Practice«
Suche in Medline über Pubmed (http://www.pubmed.com/)
Vanderwee, K., Grypdonck, M. & Defloor, T. (2007): Non-blanchable
erythema as an indicator for the need for pressure ulcer prevention: a
randomized-controlled trial. Journal of Clinical Nursing 16 (2), 325–335.
Literaturrecherche
Die Methode »Evidence-based Practice«
Die Methode »Evidence-based Practice«
Auftragsklärung Fragestellung Literaturrecherche
Kritische Beurteilung
Glaubwürdigkeit
– Forschungsdesign passend?
– Methode konsequent angewandt?
– Bias minimiert?
Aussagekraft
– Ergebnisse kein Zufall?
– Ergebnisse ausreichend präzise?
Anwendbarkeit
– Übertragbarkeit auf meine pflegerische Praxis?
– Kosten-Nutzen-Relation?
Die Methode »Evidence-based Practice«
Kritische Beurteilung
Kritische Beurteilung
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Die Methode »Evidence-based Practice«
Kritische Beurteilung: Ergebnisse
Dekubitusprophylaxe: IG 16% vs. KG 32% (p<0,001)
Dekubitusinzidenz: IG 6,8% vs. KG 6,7%
Signifikant weniger Patienten benötigen eine spezielle
Dekubitusprophylaxe wenn die Prophylaxe solange
hinausgezögert wird, bis ein Dekubitus 1. Grades
entstanden ist
Diese Patienten entwickelten nicht mehr Dekubitus (2.-4.
Grades) als die Patienten, die mit Standard-
Risikoassessmentskalen eingeschätzt wurden
Die Methode »Evidence-based Practice«
Die Methode »Evidence-based Practice«
Auftragsklärung Fragestellung Literaturrecherche
Kritische Beurteilung
Implementierung und Adaptation
Die Methode »Evidence-based Practice«
Auftragsklärung Fragestellung Literaturrecherche
Kritische Beurteilung
Implementierung und Adaptation
Evaluation
Zeitpunkt der Wundabdeckung
Frühe palliative Begleitung
Langzeitinsuline im Vergleich
Aktuell beurteilte Arbeiten aus dem Journal Club
Ideensammlung
Wie können die Ergebnisse des Journal Clubs in
Ihre tägliche Arbeit umgesetzt werden?
Lassen Sie uns gemeinsam
Ideen sammeln zum Vorgehen!
Literaturempfehlungen
Behrens, J. & Langer, G. (2010): Evidence-based Nursing and Caring.
Methoden und Ethik der Pflegepraxis und Versorgungsforschung.
2., überarb. Aufl. Bern: Hans Huber.
DiCenso, A., Guyatt, G. & Ciliska, D. (2005): Evidence-Based Nursing.
A Guide to Clinical Practice. Philadelphia: Elsevier Mosby.
Greenhalgh, T. (2000). Einführung in die Evidence-based Medicine.
Kritische Beurteilung klinischer Studien als Basis rationaler
Medizin. Bern: Verlag Hans Huber.
Guyatt, G. & Rennie, D. (Ed.) (2008): Users’ Guides to the Medical
Literature. A Manual for Evidence-Based Clinical Practice. (4th
ed.) Chicago: AMA.
Kunz, R., Ollenschläger, G. & Raspe, H. (2007): Lehrbuch Evidenz-
basierte Medizin in Klinik und Praxis. 2. Aufl. Köln: Deutscher
Ärzte-Verlag.
Sackett, D. L., Strauss, S. E., Richardson, W. S., Rosenberg, W. &
Haynes, R. B. (2010). Evidence-Based Medicine. How to Practice
and Teach It. (4th ed.) London: Churchill Livingstone.