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1 SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015 EXZESS Die Verbandszeitschrift des Jugendwerks der AWO AUSGABE 1/2015 Schwerpunkt: Gemeinsam gegen Rassismus JUGENDWERK DER AWO Verbandsentwicklung - eine Perspektive für Jugendwerke und AWO Gemeinsam nach vorne denken! Neues Grundsatzprogramm der AWO Das sind wir Das Landesjugendwerk MeckPomm! Aktiv vor Ort Anerkennungstag für Freiwilligendienstleistende in Schleswig-Holstein & Pfingstjugendwerkstreffen 2015 Aus dem Bundesjugendwerk Neue Referentin für Verbandsentwicklung Das Jugendwerk-Tatoo SpEZial Bundesjugend- werkstreffen 2015

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Schwerpunktthema: Gemeinsam gegen Rassismus Die Exzess ist die Verbandszeitschrift des Jugendwerks der AWO, dem eigenständigen Jugendverband der Arbeiterwohlfahrt. Die Zeitschrift kann im kostenlosen Abo unter [email protected] bestellt werden.

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1SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

-

EXZESSDie Verbandszeitschrift des Jugendwerks der AWO

AUSGABE 1/2015

Schwerpunkt: Gemeinsam gegen Rassismus

JUGENDWERK DER AWO

Verbandsentwicklung - eine Perspektive für Jugendwerke und AWO

Gemeinsam nach vorne denken! Neues Grundsatzprogramm der AWO

Das sind wir Das Landesjugendwerk MeckPomm!

Aktiv vor Ort Anerkennungstag für Freiwilligendienstleistende in Schleswig-Holstein & Pfingstjugendwerkstreffen 2015

Aus dem Bundesjugendwerk Neue Referentin für Verbandsentwicklung

Das Jugendwerk-Tatoo

SpEZial Bundesjugend-

werkstreffen 2015

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Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Jugendwerk(l)er- innen und Jugendwerk(l)er,

aus aktuellem Anlass beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe der Exzess schwerpunktmäßig mit dem Thema Antirassismus. Nicht nur vor dem Hinter-grund unserer Geschichte ist es eine Schande, dass ge-flüchtete Menschen, die oftmals traumatisiert sind und unseren Schutz brauchen, dem Hass und der Gewalt radi-kaler Kräfte und Bewegungen ausgeliefert sind. Als Ju-gendwerk der AWO setzen wir uns für eine Gesellschaft ein, in der sich alle Menschen frei und willkommen fühlen. Sei es über die Beschäftigung mit Symbolen der rechten Szene wie im „Parcours gegen Rechts“ des BJW Westliches West-falen, über Antirassismusprojekte, wie es das LJW Thürin-gen verfolgt, oder mit Gedenkstättenarbeit – als Jugend-verband haben wir viele Möglichkeiten, uns für dieses Ziel stark zu machen und junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Dies sollten wir auch weiterhin und ver-stärkt tun.

Natürlich findet Ihr auch Berichte über unser erfolgreiches Bundesjugendwerkstreffen, das im Mai am Bodensee mit einer Rekordzahl von ca. 450 Teilnehmenden stattfand. Auch hier möchten wir uns noch einmal herzlich bei allen Teilnehmenden und insbesondere bei den fleißigen "Hel-ferle" aus Baden und Württemberg bedanken.

Mit unserer neuen Referentin Mareike Alscher kommt zu-dem frischer Wind in das Bundesjugendwerk. Ihre Vorstel-lung findet Ihr ebenfalls in dieser Ausgabe, ebenso wie ein Überblick zu aktuellen Entwicklungen in ihrem Arbeitsfeld, der Verbandsentwicklung.

Wir wünschen Euch im Namen des Bundesjugendwerks viel Spaß bei Euren Sommerfreizeiten und freuen uns auf die danach weitergehende inhaltliche Arbeit mit Euch in den Arbeitskreisen im Herbst. Y�Y�Y

Eure Euer

Impressum Exzess Verbandszeitschrift des Jugendwerks der AWO, Ausgabe 1/2015, Auflage: 2500, Preis: 1,- Euro

Herausgabe, Gesamtherstellung und Vertrieb: Bundesjugendwerk der AWO e.V.

Redaktionsanschrift und Kontaktdaten:Bundesjugendwerk der AWO e.V.Markgrafenstraße 1110969 BerlinTel: 030 - 259272852, Fax: 030 - 259272860Mail: [email protected]

Redaktion: Aylin Koc, Katrin Riedel (V.i.S.d.P.)

Redaktionsbeirat: Ronny Bätz, Anna Pfeiffer

Redaktionelle Mitarbeit: Jan Sörnsen, Tomik Leusbrock,Mareike Alscher

Layout: Lubica Rosenberger, www.designbonn.de

Druck: Heider Druck GmbH, Bergisch Gladbach

Bildrechte: Klaus Neubauer/ BJW Niederrhein (S.6), BJW West-liches Westfalen (S. 10 und 11), BuJW (S. 18 und 40), LJW Thüringen (S. 12), LJW Brandenburg (S. 26 und 27), LJW Mecklenburg-Vorpommern (S. 32 und 33), LJW Schleswig-Holstein (S. 34 – 37), AWO Bundes-verband (S. 19, 30 und 31), Erik Marquardt (S. 14 und 15), Gregor Schwind/ Katrin Riedel (S. 20 – 23), Mareike Alscher (S. 38), Matze Ulrich (S. 39); fo: spuno (Titel), okalinichenko (S. 4 oben), JiSign (S. 4 und 5), drubig-photo (S.7), freepik.com (S. 8 und 9), Robert Kneschke (S. 29)

fo: fotolia.de, BuJW: Bundesjugendwerk, LJW: Landesju-gendwerk, BJW: Bezirksjugendwerk

Gefördert mit Mitteln des BMFSFJ. Alle Rechte liegen beim Bundesjugendwerk der AWO. Der Abdruck und die Vervielfältigung des Inhalts (auch auszugsweise) ist nur mit schriftlicher Genehmigung gestattet.

IMPRESSUM/VORWORT

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3INHALT

Jugendwerk gegen Pegiga und Co – für eine solidarische Gesellschaft

Was Jugendverbände gegen Rassismus tun (können)

Entlarvt – Interaktiver Parcours gegen Rechts

Der Kampf gegen Rassismus in Thüringen

Bündnis „Dass Auschwitz nie wieder sei!“

„Über den Tag hinaus“ - gemeinsame Erinnerungskultur von AWO und Jugendwerk aktiv gestalten

AWO gegen Rassismus – AWO für Vielfalt

Nach dem Regen kommt der Sonnenschein – Bundesjugendwerkstreffen 2015

Fotoseiten zum Bundesjugendwerkstreffen

Bei Freunden zu Gast, im Jugendwerk zu Haus

Von der Spree zum Bodensee – von Brandenburg „ab in den Süden“

Verbandsentwicklung – eine Perspektive für Jugendwerke und AWO

Gemeinsam nach vorne denken! - Neues Grundsatzprogramm der AWO

Das sind wir Das Landesjugendwerk MeckPomm!

Aktiv vor Ort Anerkennungstag für Freiwilligendienstleistende

Aktiv vor Ort Pfingstjugendwerkstreffen 2015

Aus dem Bundesjugendwerk Die neue Referentin für Verbandsentwicklung stellt sich vor: Mareike Alscher

Das Jugendwerk-Tatoo

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SCHWERPUNKT: GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

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In Deutschland waren seit Ende 2014 je-den Montag tausende Menschen auf den Straßen. Diese Zunahme an öffent-

lichem, zivilgesellschaftlichem Wirken vieler Bürgerinnen und Bürger sollten wir als ein Zeichen zunehmenden politischen Interes-ses gutheißen – oder?

Nein! Wir sagen: Hier wurde und wird gegen Menschen demonstriert und gehetzt! Das bereitet uns große Sorge!

2014 waren laut UNO Flüchtlingshilfe welt-weit ca. 51 Millionen Menschen durch ge-walttätige und kriegerische Auseinanderset-zungen, Unterdrückung oder politische Ver-folgung gezwungen, ihre Heimat zu verlas-sen. Sie sind nun darauf angewiesen Zu-flucht zu finden, um sich aus dem Nichts ein sicheres, neues Leben aufzubauen.

Angst haben nicht nur diejenigen, die ohne Existenzgrundlage in einem fremden Land versuchen ihr Leben neu zu ordnen, sondern auch viele Menschen, die befürchten, dass sich mit steigenden Flüchtlingszahlen ihre eigenen Lebensbedingungen verschlechtern werden. Dies sind nicht nur Menschen in prekären sozialen Lagen oder unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, sondern ins-besondere bürgerliche Bevölkerungsschich-ten. In kapitalistischen Industrienationen bangen viele um ihre soziale Absicherung und Zukunft. (...) Als Antwort auf komplexe Zusammenhänge und persönliche Ängste scheint es leicht, sich eines Sündenbocks zu bedienen. Dieses gefährliche Phänomen müsste uns allen aus der deutschen Ge-schichte erschreckend bekannt vorkommen!

Jetzt, wie auch zu Beginn des Nationalsozia-lismus, versuchen radikale Kräfte, Parteien und Bewegungen diese diffusen Ängste und Vorurteile weiter zu schüren, um sie für ihre Zwecke zu nutzen. Politisch wird Verunsiche-rungen und Ängsten, besonders in Kommu-nen mit geringen finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen, oft nur unzurei-chend begegnet. Gern greifen dies Gruppie-

4GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Jugendwerk gegen Pegida

und Co – für eine solidarische

Gesellschaft! (gekürzte Fassung)

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GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

rungen, wie seit Ende 2014 „Pegida“ (Patrio-tische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes), auf und vertreten mit islam- und fremdenfeindlichen Parolen vermeint-lich einen großen Bevölkerungsanteil.

Auch wenn die Anzahl direkter Unterstützer*- innen gering ist und in den meisten Teilen Deutschlands die Zahl der montäglichen Gegendemonstranten weit größer war, treibt die stete Unterscheidung von Menschen in „wir“ und „die“ einen Keil in die Gesellschaft und projiziert globale politische und wirt-schaftliche Problemlagen auf einzelne Grup-pen von Menschen.

Das Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt setzt sich für eine solidarische Gesellschaft ein, in der jeder Mensch willkommen ist und alle Menschen die gleichen unangreifbaren Rechte haben. (...)

Wir wollen, zusammen mit der Gesellschaft:

��dass alle Menschen, die Zuflucht suchen, bedingungslos willkommen geheißen wer-den,

��dass alle zu einer anerkennenden, wert-schätzenden Willkommenskultur beitra-gen,

��dass für Aufklärung und den Abbau von Vorurteilen in der Gesellschaft gesorgt wird,

��dass Hindernisse und Ungerechtigkeiten gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchen-den politisch und zivilgesellschaftlich ab-gebaut werden und

��dass aktiv gesellschaftlichen Strömungen, welche Menschen in Kategorien wie Bes-ser und Schlechter einteilen und ausgren-zen, entgegengewirkt wird.

Wir stellen uns gegen jegliche Formen von Gewalt! (...)

Wir wollen nicht nur, wir handeln auch:

Bundesweit ist das Jugendwerk der Arbeiter-wohlfahrt in vielen Bereichen aktiv, die Soli-darität fördern und junge Menschen darin stärken, sich selbstbewusst und emanzipiert in unsere Gesellschaft einzubringen. Mit un-seren freizeitpädagogischen Maßnahmen und außerschulischen Bildungsangeboten erreichen wir Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus verschiedensten Milieus und tragen so dazu bei, dass Vielfalt endlich zur Normalität wird. Aber auch mit gezielten Projekten in Flüchtlings- und Asyleinrich-tungen tragen wir aktiv dazu bei, dass sich JEDER Mensch willkommen fühlt und die Chance erhält sich ein sicheres, menschen-würdiges Leben aufzubauen.

Hoch die internationale Solidarität! Y�Y�Y

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6GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Rassistisches Gedankengut lauert in vielen Köpfen. Bisweilen führt es zu gewaltsamen menschenfeindlichen

Handlungen, wie es die Zunahme rechtsex-tremer Straftaten im Allgemeinen und die Mordserie des sogenannten Nationalsozia-listischen Untergrunds (NSU) im Speziellen zeigt. Doch darf man sich nicht der Vorstel-lung hingeben, Rassismus wäre das Problem einiger weniger ewig gestriger Fanatiker*in-nen. Extreme Formen rassistischen Denkens und Handelns funktionieren nicht ohne ei-nen Nährboden, der bis in die sogenannte Mitte der Gesellschaft hinein reicht. Einige von denen, die ihre rassistischen State-ments gerne mit einem „Ich bin kein Nazi, aber…“ einleiten, trugen rassistische Parolen einen ganzen Winter lang als selbsternannte „Patriotische Europäer gegen die Islamisie-

rung des Abendlandes“ (Pegida) in die Öf-fentlichkeit. Viele der rassistischen und men-schenfeindlichen Ansichten, die in Dresden wöchentlich von bis zu 25.000 Menschen vertreten wurden, werden von weit mehr Menschen als den hier demonstrierenden geteilt. Es ist diese Grundstimmung in groß-en Teilen der Bevölkerung, die Diskriminie-rung, Ausgrenzung und Gewalt den Weg eb-net - sei es durch bewusstes Wegsehen, Bil-ligen und Unterstützen oder aktive Täter-schaft.

Rassismus als Thema für Jugendverbände

Rassismus ist auch ein Thema für Jugend-verbände: Zum einen bestimmen die Interes-sen der eigenen Mitglieder maßgeblich die

Bundesjugendwerkskonferenz 2012 – Ein Bericht der GastgeberInnen

Georg Förster und Ansgar Drücker (IDA e.V.)

Was Jugendverbände gegen Rassismus tun (können)

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7GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Georg Förster und Ansgar Drücker (IDA e.V.)

Was Jugendverbände gegen Rassismus tun (können)

Inhalte und Aktivitäten. Auch in Jugendver-bänden sind Menschen Mitglied, die von rassistisch motivierter Diskriminierung be-troffen sind. Schon deswegen ist es selbst-verständlich auch ein Auftrag der Jugendver-bände, sich dieser Thematik anzunehmen. Zum anderen ist es angesichts der weiten Verbreitung rassistischer Ansichten, wie sie zum Beispiel von Pegida vertreten wurden, anzunehmen, dass auch innerhalb der Ju-gendverbände derartige Ansichten zu finden sind. So gibt es also nicht nur mögliche Opfer von Diskriminierung innerhalb der eigenen Organisationen, sondern auch Mitglieder, die selbst diskriminieren oder zumindest Diskri-minierungen billigen.

Wir arbeiten mit einem Rassismusbegriff, der nicht erst dann greift, wenn es zu einer expliziten Abwertung und einer offenen Feindlichkeit gegenüber Menschen aufgrund ihrer Zuordnung zu einer bestimmten kultu-rell oder ethnisch definierten Gruppe kommt. Rassistische Gedanken sind weit verbreitet, oft subtil und häufig unbewusst. Daher geht es nicht darum, Menschen aufgrund rassisti-scher Denkstrukturen an einen moralischen Pranger zu stellen, sondern um die kritische Auseinandersetzung mit rassistischen Sicht-weisen – auch mit den eigenen, die man vielleicht noch nicht als solche erkannt hat.

Wir sehen vier grundsätzliche Ansätze, wie in einem Jugendverband wie dem Jugendwerk der AWO dem Thema Rassismus begegnet werden kann:

Gelebte Diversität als Gegenentwurf

In der Sozialpsychologie wird Kontakt als der entscheidende Faktor zur Bekämpfung von Vorurteilen diskutiert. Damit dieser Kontakt funktioniert, braucht es förderliche Rahmen-bedingungen. So sollte eine Begegnung mit Vertreter*innen einer benachteiligten oder

ausgegrenzten Gruppe in einer kooperativen und wertschätzenden Atmosphäre auf Au-genhöhe stattfinden. Es kann förderlich sein, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen, um im gemeinsamen Tun Grenzen in den Köpfen zu überwinden.

Zu einem tatsächlichen Abbau von Vorurtei-len kann es jedoch nur dann kommen, wenn im Jugendverband selbst ein gewisses Maß an Diversität vorhanden ist – wenn sich hier also die Vielfalt der Gesellschaft widerspie-gelt und junge Menschen innerhalb des Ver-bandes unabhängig von möglichen tren-nenden Faktoren ganz selbstverständlich miteinander in Kontakt kommen. Um dies zu erreichen, ist eine selbstkritische Betrach-tung der eigenen Mitgliederstruktur notwen-dig. Es genügt nicht, sich Vielfalt und Tole-ranz auf die Fahnen zu schreiben, um tat-sächliche Diversität innerhalb der aktiven Mitgliedschaft erlebbar zu machen. Notwen-dig sind konkrete Konzepte, wie sich ein Ju-gendverband auch Menschen gegenüber öffnen und sie aktiv einbinden kann, die bisher eher eine theoretische als eine reale Zielgruppe sind. Grundlage dafür ist eine in-tensive Auseinandersetzung mit der eigenen Organisationskultur und den bestehenden

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8GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Schwellen, die Menschen außerhalb der tra-ditionellen Zielgruppe den Zugang erschwe-ren oder den Verband für sie unattraktiv er-scheinen lassen. Zudem ist es wichtig, Multiplikator*innen entsprechend zu schu-len und für eine diversitätsbewusste Pädago-gik zu sensibilisieren, um tatsächlich einen wertschätzenden Umgang mit Unterschied-lichkeit zu fördern. Dies sollte im Rahmen von JuLeiCa-Schulungen standardmäßig ver-mittelt werden.

Explizite Thematisierung von Rassismuskritik und Diversitätsbewusstsein in der BildungsarbeitRassismuskritik und Diversitätsbewusstsein sollten nicht nur Thema in der Ausbildung von Multiplikator*innen sein oder im Rah-men von Seminaren mit theoretischem Schwerpunkt behandelt werden. Jugendver-bände sind eine wichtige außerschulische Bildungs- und Sozialisationsinstanz und ha-ben daher eine gute Chance, junge Men-schen für diese Themen zu sensibilisieren und Räume zu schaffen, sich mit ihnen aus-einanderzusetzen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema kann auch spielerisch erfol-gen, zum Beispiel auf Ferienfahrten.

Partizipation als Prävention gegen rassistische Sünden-bock-Weltanschauungen

Betrachtet man die Aussagen von Pegida-Anhänger*innen etwas genauer, so zeigte sich häufig, dass rassistische Aussagen von einer allgemeinen Unzufriedenheit mit dem, was „die da oben“ so tun, begleitet wurden. Immer wieder wurden eigene Sorgen auf fragwürdige Art und Weise mit Einwanderung und Flucht in Verbindung gebracht. Hinter diesen für Rechtspopulismus typischen Denkstrukturen steckt der Versuch, einen Sündenbock für die eigenen Probleme zu

finden. Diese liegen jedoch nicht darin be-gründet, dass 2014 in Deutschland 200.000 Asylanträge gestellt wurden, was nur einem Flüchtling auf 400 Menschen in Deutsch-land entspricht. Dennoch wird der vermeint-liche „Flüchtlingsstrom“ zu einer Projektions-fläche für allerlei Probleme und Unzufrieden-heiten. Die Wahrscheinlichkeit einer derarti-gen Betrachtung ist deutlich erhöht, wenn eigene Ressourcen und Erfahrungen fehlen, um mit den eigenen Problemen konstruktiv umzugehen.

Eine wesentliche Funktion von Jugendver-bänden wie dem Jugendwerk der AWO ist es, eine Plattform und ein Lernfeld für Partizipa-tion zu sein. Hier können junge Menschen lernen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erken-nen und zu artikulieren, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, Entschei-dungsprozesse zu verstehen und Einfluss auf sie zu nehmen. Je früher Menschen die-se Kompetenzen entwickeln, desto geringer ist das Risiko, sich von allzu einfachen Erklä-rungsmustern und verkürzter Systemkritik leiten zu lassen. Wie wichtig die Rolle der Jugendverbände bei der Vermittlung dieser Kompetenzen ist, zeigt eine aktuelle Umfra-ge des Instituts für Demoskopie Allensbach, nach der das Verständnis politischer Zusam-menhänge als Erziehungsziel der Eltern nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Da zudem das Schulsystem häufig mehr auf das Funktionieren junger Menschen als zukünf-tige Arbeitnehmer*innen als auf eine Erzie-hung zu mündigen und selbstbewussten Persönlichkeiten ausgerichtet ist, kommt der außerschulischen Bildung, insbesondere in Jugendverbänden, eine besonders wichtige Rolle zu.

Politische Forderungen

Jugendverbände wirken nicht nur nach in-nen, sondern auch nach außen. Als poli-tische Interessenvertretungen junger Men-

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9GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

schen ist es ihre Aufgabe, die Interessen ih-rer Mitglieder zu bündeln und gegenüber politischen Entscheidungsträger*innen und der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Dazu kann auch ein Eintreten für eine offene Ge-sellschaft mit möglichst wenig Rassismus und Diskriminierung gehören sowie Engage-ment für gerechte Teilhabechancen für alle Kinder und Jugendlichen.

Der Einsatz für die Interessen und die Rech-te junger Menschen umfasst auch das Enga-gement für Betroffene von institutionellem Rassismus und anderen Diskriminierungser-fahrungen. Zu den Kompetenzen von Ju-gendverbänden gehört es, nicht nur über sie, sondern auch mit ihnen zu sprechen und ih-nen selbst eine Stimme zur Vertretung ihrer Interessen zu geben. Diese direkte Interes-senvertretung kann in den Jugendverbänden noch stärker genutzt und gefördert werden.

Schließlich hat das Jugendwerk der AWO die Möglichkeit in vorhandenen Bündnissen mit-zuwirken, sich an Projekten und Kampagnen zu beteiligen oder eigene Projekte und Akti-onen zu konzipieren und durchzuführen. Gerade die aktuelle Diskussion über die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik und die zunehmende Anzahl von Geflüchte-ten im eigenen Umfeld bieten sehr aktuelle Ansatzpunkte für ein Engagement für und vor allem mit Geflüchteten.

All diese Möglichkeiten setzen für das Ju-gendwerk der AWO wie für jeden anderen Jugendverband voraus, sich auf die Kernauf-gaben der Jugendverbandsarbeit zu besin-nen. Das gemeinsame Streiten für und Arbei-ten an einer toleranteren und solidarische-ren Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Diskriminierung ist eine der wichtigen Aufga-ben politischer Jugendverbände. Jugendver-bände, die nicht nur Freizeitmaßnahmen or-ganisieren, sondern sich als Plattformen für Bildungsprozesse und als politische Interes-

sensvertretung verstehen, müssen neue Ideen und Visionen entwickeln und diese mit Nachdruck auf eine häufig sehr einge-fahrene politische Agenda setzen.

Um Rassismus entgegenzutreten, braucht es mehr als die Einsicht, dass Rassismus etwas Schlechtes ist. Es braucht eine inten-sive Auseinandersetzung damit, woher rassi-stische Denkweisen kommen, wie insbeson-dere institutioneller Rassismus funktioniert und wirkt sowie kluge und mutige Konzepte, wie eine tolerantere und solidarischere Ge-sellschaft möglich sein kann. Auch das Ju-gendwerk der AWO ist hier gefragt! Y�Y�Y

Informationen zu IDA e.V.:

Das Informations- und Dokumentations-zentrum für Antirassismusarbeit (IDA e.V., www.idaev.de) ist das Dienstleistungszen-trum der Jugendverbände für die Themen-felder (Anti-)Rassismus, Rechtsextremis-mus, Migration, Interkulturalität und Di-versität. Das Bundesjugendwerk der AWO ist Mitglied des bundesweit tätigen Ver-eins mit Sitz in Düsseldorf.

Die Autoren:

Georg Förster ist Vorsitzender des IDA e.V. und ehemaliger Bundes-vorsitzender des Jugend-werks der AWO.

Ansgar Drücker ist Geschäftsführer des IDA e.V.

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10GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Christina Pottmeyer & Victoria Wildförster (BJW Westliches Westfalen)

Wir, das Bezirksjugendwerk der AWO Westliches Westfalen, bie-ten im Rahmen der Projekte für

weiterführende Schulen den interaktiven Par-cours gegen Rechts an. Entstanden ist dieser im Jahre 2008, als Felix Ludwig ein Prakti-kum in unserer Geschäftsstelle absolvierte. In Zusammenarbeit mit unserer Bildungsre-ferentin Jenny Curstein und einem Team aus weiteren Ehrenamtlichen wurden vier ver-schiedene Stationen entwickelt, die über die rechte Szene aufklären sollen. Der Parcours wird ständig überarbeitet, um aktuelle Ent-wicklungen zu berücksichtigen. Zielgruppe sind vor allem Schüler*innen ab dem 9. Jahrgang und darüber hinaus auch interes-sierte Gliederungen. Der Parcours wurde aber auch schon mehrmals während eines Schulfestes durchgeführt.

Mit unserem Parcours wollen wir Kindern und Jugendlichen (und auch Erwachsenen) ein Gespür für die rechte Szene und deren Gedankengut mit auf den Weg geben. Grund-sätzlich bieten wir den Parcours im Rahmen eines kompletten Seminartages an. Von Schulen wird jedoch vorwiegend die kürzere Variante bevorzugt. Ein kompletter Durch-gang dauert ca. 90 Minuten, variiert aller-dings je nach Diskussionsbedarf der Teilneh- mer*innen. Begleitet wird ein Parcoursein-satz von mindestens zwei ehrenamtlichen Jugendwerker*innen.

Die einzelnen Stationen beschäftigen sich mit vier verschiedenen Themenbereichen:

Bei der 1. Station werden die Teilnehmer*- innen über Symbole und (Zahlen-)Codes der

ENTLARVT – INTERAKTIVER PARCOURS GEGEN RECHTS

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11GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

rechten Szene aufgeklärt. Hierbei wird deut-lich, dass auch Symbole ohne einen direkten rechten Hintergrund von der rechtsextremen Szene genutzt werden.

Im Fokus der 2. Station stehen Kleidung und Bekleidungsmarken, die häufig von Mitglie-dern der rechten Szene getragen werden. Mit Hilfe der (teilweise selbst erstellten) Klei-dungs- und Schmuckstücke sowie Buttons soll über dieses Thema informiert und der Blick dafür geschärft werden.

Anschließend beschäftigt sich die 3. Station mit rechtem Gedankengut in Musik, (Schüler*-innen)Zeitungen und anderen Veröffentli-chungen. Zu Beginn werden die Vorstellungen der Teilnehmer*innen von ,,rechter Musik‘‘ abgefragt und danach, u.a. mittels der ,,Schul-

hof-CD‘‘, überprüft. Gerade an dieser Station wird deutlich, wie vielfältig die Musikstile der rechten Szene sind und wie subtil diese ver-sucht, (junge) Menschen für sich zu gewin-nen.

Abschließend werden bei der 4. Station ge-meinsam rechte Parolen besprochen und Ar-gumente dagegen erarbeitet. Insbesondere hier werden die Teilnehmer*innen für ver-deckte ,,rechte Werbung‘‘, z.B. auf Facebook, sensibilisiert.

Bei Interesse an einem Parcourseinsatz könnt ihr uns gerne unter [email protected] anschreiben oder über unsere Facebookseite www.facebook.com/bjwww Kontakt zu uns aufnehmen. Y�Y�Y

ENTLARVT – INTERAKTIVER PARCOURS GEGEN RECHTS

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12GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Ein Themenschwerpunkt, welcher uns nicht nur zu Mikroprojekten und Akti-onen motiviert, sondern der auch in

der Arbeit der Hauptamtlichen, Ehrenamt-lichen, Referent*innen und Teamer*innen eine tragende Rolle spielt, ist das Kämpfen gegen Rassismus in jeder Form.

In Thüringen, wo sich ebenfalls ein Pegida-Ableger gründete, welcher mit rassistischen und fremdenfeindlichen Parolen durch die Städte zieht, fühlen wir uns als antifaschi-stische Kraft verpflichtet, Demokratie för-dernde und Toleranz stärkende Elemente in jedes unserer Arbeitsfelder einfließen zu lassen – und zusammen mit vielen Freund*-innen gegen den braunen Mob auf die Stra-ße zu gehen, um die JW-Fahne zu schwenken.

An den anderen Tagen bleibt dann genug Zeit, um sich zu überlegen, wie mensch in Thüringen ein friedliches und antirassis-tisches Zusammenleben und eine wahre Willkom-menskultur für Geflüchtete schaffen kann.

Hierzu finden immer wie-der Kooperation des Ju-gendwerks statt. So veran-stalteten wir im letzten Jahr an einer Schule zusammen mit „Spirit of Football“ die Aktion „Vor dem Ball sind alle gleich“, bei der die Kinder über den Sport an das Themenfeld herangeführt wurden. Dank der Begeiste-

rung der Schüler*innen, die einen ganzen Tagen lang kickten und über Vorurteile und Ausgrenzung sprachen, findet dieses Jahr das Ganze über zwei Tage lang statt.

Welche Projekte gab es noch? - Eine kleine Auswahl:

K.U.R.T. – Kulturell vielfältiges Und Respektvolles Miteinan-der in Thüringen

Hier gibt’s internationale Jugendbewe-gungen und außerschulische Seminare mit Denkanstößen zum Themenfeld. Außerdem findet der Austausch zu gegenwärtigen ge-sellschaftlichen Werten automatisch statt.

KuBuNa – Kunter-bunter Nachmittag

Hinter dem fantasievollen Namen verbirgt sich ein AK aus Ehrenamtlichen des Lan-desjugenwerks und des Orts-jugendwerks Erfurt, der sich gründete, um den Kindern in den Gemeinschaftsunter-künften am Rande der Stadt alle zwei Wochen einen schö-nen Nachmittag zu bereiten. Wir basteln, malen, kicken, lachen und ziehen auf den

Spielplatz. Außerdem zeigen wir den Ge-flüchteten Möglichkeiten zur Freizeitgestal-tung und haben uns an dem Aufruf einer Fahrradsammelaktion beteiligt.

Der Kampf gegen Rassismus in Thüringen Henry Ulrich (LJW Thüringen)

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13GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Demokratie leben!

Mit unserem Projekt „Demokratie leben!“ wollen wir auf kreative Art und Weise aktiv gegen Vorurteile, Diskriminierung, Ausgren-zung sowie rassistische menschenverach-tende Einstellungen vorgehen und uns für ein demokratisches Verständnis und tole-rantes, weltoffenes Miteinander stark ma-chen. Bestandteile aller Aktionen, Seminare, Workshops und Bildungsfahrten sind immer eine intensive inhaltliche Auseinanderset-zung und Reflexion kombiniert mit dem praktischen Erleben und Verstehen. Ein be-sonderes Merkmal des Projektes ist die Of-fenheit der Angebotsstruktur, um flexibel an die Bedarfs- und Interessenlagen der ver-schiedenen Zielgruppen anknüpfen zu kön-nen. Mögliche Angebote sind: jugendkultu-relle Workshops (z.B. Graffiti, Musik, Street-art, Kreativworkshops, Schmuckdesign, Fo-tografie, Liedermaching, Jonglage, Break-dance, etc.), thematische Ferienfreizeiten, Unterstützung von thematischen Kampa-gnen, Vorträge/Diskussionsabende.

Das Projekt von „Zusammen-halt durch Teilhabe“ – ZukunftsChancen

Unter neuem Titel wirkt das Projekt des Lan-desverbandes und des Landesjugendwerks in den Jahren 2015/2016 wieder in Thürin-gen. Nachdem zwei Jahre zur Sensibilisie-rung und verbandsinternen Auseinanderset-zung zum Themenfeld "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" gearbeitet wurde (Exzess 1/2013 S. 8/9) wird nun daran ge-setzt, die Ergebnisse aus landesweiten Kon-ferenzen auch an der Basis in den Orts- und Kreisverbänden weiterhin zu bearbeiten. Das Projekt veranstaltet hierzu beteiligungs-orientierte Formate, um nach der Zukunfts-fähigkeit der einzelnen noch autark agie-renden Kreisverbänden und deren Ortsver-bänden zu schauen. Hier stehen Themen wie Kommunikation, Transparenz und Vernet-

zung auf dem Tagesplan. Zudem werden bis Ende 2016 in den einzelnen Kreisverbänden Menschen ausgebildet, die sich für die Ver-bandsentwicklung engagieren. Angedacht ist es, hier auch kleine Projekte vor Ort anzure-gen.

KulturKlatsch – Wenn Kulturen aufeinander treffen

Hinter dem Titel steckt ein Methodenkoffer mit fertigem ZIM und eigens produziertem Film zum Thema: Auseinandersetzung zu ge-genseitigen Vorurteilen der Generationen. Die Idee ist es, möglichst junge und nicht mehr so junge Menschen zusammenkom-men zu lassen und einen gemeinsamen Nachmittag mit diesem Koffer zu gestalten. Ideal dafür sind Kooperationen mit Begeg-nungsstätten und Jugendhäusern oder Schu-len. Inhalte und Dauer können individuell an die Gruppe angepasst werden – das Ende ist hierbei offen und kann bis zum Einstieg in den Themenkomplex Rassismus und Antidis-kriminierung bearbeitet werden. Das Material kann fast kostenlos beim Projekt „Zukunfts-Chancen“ ausgeliehen werden.

Was ist demnächst geplant?

„Meine (Neue) Welt“ - Fotoworkshop und Fotoausstellung

An drei Wochenenden treffen sich junge Geflüchtete aus der Suhler Erstaufnahme-stelle mit interessierten Jugendlichen, um sich gemeinsam im Medium der Fotografie auszuprobieren und Fotos zu schießen, wel-che dann in einer Ausstellung präsentiert werden. Y�Y�Y

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14GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Am 27. Januar 2015 jährte sich zum 70. Mal der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz

durch die Rote Armee.

Anlässlich dieses Jahrestages gründete sich das Bündnis »Dass Auschwitz nie wieder sei!«, bestehend aus DGB-Jugend, Jusos in der SPD, Grüne Jugend, Linksjugend [´solid], Naturfreundejugend, Jugendwerk der AWO, Sozialistische Jugend - Die Falken, Bund der deutschen katholischen Jugend, Arbeitsge-meinschaft Evangelische Jugend, DIDF-Ju-gend und Österreichische Gewerkschaftsju-gend.

Alle Bündnispartner setzen sich aktiv gegen jegliche Form von Diskriminierung ein. Viel-fach hat die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit inner-halb der Verbände und Organisationen Tradi-tion – zum Beispiel in Form von Gedenkstät-tenfahrten.

Ziel des Bündnisses war und ist es, histo-risches Wissen zu vermitteln, gemeinsam ein starkes politisches Zeichen zu setzen und Lehren aus „Auschwitz“ für die Gegen-wart zu ziehen. Außerdem geht es darum, sich mit dem Thema Erinnerungspolitik und Gedenkpädagogik auseinandersetzen, sich über Verbandsgrenzen hinweg dazu aus-zutauschen und Impulse für die pädago-gische Arbeit zu geben.

Der Besuch der Gedenkstätte in Auschwitz sowie des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, an dessen Mahnmal ei-ne gemeinsame Gedenkzeremonie statt-fand, standen im Rahmen der großen Bünd-nisfahrt im Juni 2015 im Mittelpunkt. Zum Programm gehörten außerdem der Besuch des ehemals jüdischen Viertels in Krakau und die Auseinandersetzung mit dem Thema „Vernichtung durch Arbeit“ anhand des Bei-spiels Auschwitz-Monowitz. Zusätzlich gab es ein vielfältiges Workshopangebot für eine

Dass Auschwitz nie wieder sei! Bündnis aus Jugendorganisationen gedenkt gemeinsam den Opfern des Nationalsozialismus in Krakau und AuschwitzKatrin Riedel (Bundesjugendwerk)

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vertiefende Auseinandersetzung. Besonders berührt hat viele Anwesende das Zeitzeu-gengespräch mit Esther Bejarano. Sie über-lebte Auschwitz und gibt uns mit auf den Weg: „Ihr tragt keine Schuld an dem, was passiert ist. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr darüber nichts wissen wollt!“

Alle Bündsnispartner stellten Teamer*innen aus den eigenen Reihen, die einzelne Grup-pen von Teilnehmenden während der Fahrt begleiteten. Dafür wurden sie im Vorfeld in-tensiv geschult. Alle Teilnehmer*innen be-suchten außerdem vor der Fahrt ein Vorbe-reitungsseminar, das von den Teamer*innen geleitet wurde. So wurden vor der Fahrt un-terschiedliche Wissensstände ausgeglichen, eine vertrauensvolle Gruppendynamik ge-schaffen und bestmöglich auf die kommen-den Eindrücke eingestimmt.

Bei der Vielzahl an Bündnispartnern mit ih-ren ihnen eigenen Verbandskulturen und unterschiedlichem Umgang mit dem Thema – plus der Beteiligung von fast 1000 jungen Menschen - war dieses Projekt eine Mam-mutleistung. Unser ganz besonderer Dank gilt an dieser Stelle der DGB-Jugend, insbe-sondere Mirjam Blumenthal, Stefanie Profus und Nina Weiland, ohne deren riesiges En-gagement das Ganze nicht möglich gewesen wäre.

Viele intensive Eindrücke, Gespräche und Begegnungen nehmen wir mit. Sie beflügeln uns darin, die wichtige Arbeit des Erinnerns und Gedenkens fortzusetzen und zu intensi-vieren. Und auch für die gemeinsame Arbeit des Bündnisses war dies hoffentlich erst der Beginn.

Nikole Krökel (LJW Sachsen-Anhalt):

"Eine Gedenkstättenfahrt mit fast 1000 Teilneh-mer* innen durchzuführen ist eine logistische und orga-nisatorische Meisterleistung. Ich bin sehr glücklich darüber, dass alles so rei-bungslos funktioniert hat, daher nochmals vielen Dank an alle Organisator*innen, Helfer*innen und Teilnehmenden! Der Aus-tausch mit Menschen aus anderen Verbän-den war eine große Bereicherung für mich. Gerade in unserer Bezugsgruppe herrschte eine lebendige Vielfalt und doch zeigte sich, dass wir auch über Verbandsgrenzen hinaus sehr ähnliche Ansichten und Ziele haben. Aufgrund des engen Zeitplans kamen mir allerdings viele inhaltliche Dinge zu kurz. Während der Führungen wurde mir klar, wie intensiv ich mich bereits 2013 bei einer Ge-denkstättenfahrt des LJW Sachsen-Anhalt mit dem Ort Auschwitz und seiner Geschich-te auseinandersetzen konnte. Es bestärkt mich darin, meine Erfahrungen anderen Menschen mitzugeben und die Gedenkstät-tenarbeit als ein Kernthema unserer Arbeit weiter voranzutreiben."

Jenny Curstein (BJW Westliches Westfalen):

„Ich bin froh, dass ich dabei sein konnte. Stadtführung und Schindler-Museum waren kurz-weilig und wissenswert, Auschwitz erschreckend und einprägsam, das Zeitzeu-

gin-Gespräch beeindruckend. Es war au-ßerdem sehr schön, andere Men-

schen aus dem Jugendwerk und an-deren Verbänden kennen zu lernen. Danke an alle ehren- und haupt-amtlichen Kräfte, die diese Fahrt durch ihren Einsatz möglich ge-macht haben!“

GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

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16GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Alexandra Protze (LJW Westliches Westfalen):

„Die Bündnisfahrt war für mich eine sehr tiefgründige Erfah-rung, bei der die Themen Ge-denken und Erinnern eine große Rolle gespielt haben. Geschichte zu erleben und ei-

gene Impression gewinnen zu können, hinterlässt deutlich größe-

re und intensivere Eindrücke und Spuren, als nur von ihr zu lesen. Auch das miterlebte Zeitzeugengespräch hat mir wieder einmal bestätigt, dass wir gute und genau die rich-tige Arbeit im Jugendwerk leisten. Jungen Menschen die deutsche Geschichte näher zu bringen im Rahmen von Gedenkstätten-fahrten und Präventions- sowie Aufklärungs-arbeit zu leisten, wie z.B. mit unserem Par-cours gegen Rechts (s. Seite 10 und 11 in dieser Ausgabe), ist zwar nur ein kleiner, aber wichtiger gesellschaftlicher Beitrag, „dass Auschwitz nie wieder sei!“.

Nicky Hannig (Bundesjugendwerk und LJW Nordrhein-Westfalen):

„Ich bin froh, Teil dieses starken Bündnisses mit verschiedensten Vertreter*innen linker Verbände gewesen zu sein! Krakau mit sei-nem lebendigen studentischen Leben und viele tolle Menschen aus befreundeten Ver-bänden kennenzulernen, hat dieser Fahrt - neben den zentralen, sehr bewegenden und unfassbar schrecklichen Einblicken in die

Massenmorde der Nationalsozi-alisten in Auschwitz und

Birkenau - auch eine le-bendige und positiv stimmende Seite gege-ben.

All die jungen engagier-ten Menschen dieser Bünd-

nisfahrt sind Teil verschiedener Organisati-onen, die mindestens in einem gesellschaft-lichen Thema das gleiche Ziel haben: Dass Auschwitz nie wieder sei! Die Zeitzeugin Es-ther Bejarano hat es für mich auf den Punkt gebracht: „Ich vertraue euch, dass ihr alle dafür sorgt, dass so etwas nie wieder ge-schehen kann!“ Danke, Esther, für dein Ver-trauen – das tun wir gern, indem wir Gesell-schaft mitgestalten und Menschenfeinden die Stirn bieten!

Wenn ich die Frage beantworten soll, was ich aus dieser Fahrt mitnehme, dann ist es Fol-gendes: Bewegende, erschreckende – un-vorstellbare Bilder! Viele Begegnungen mit spannenden, sehr unterschiedlichen Men-schen! Dass Polnisch eine sehr schöne Spra-che ist! Das Erinnern und Gedenken an die vielen Opfer des Nazi-Regimes! Motivation, mich weiterhin für die Rechte ALLER Men-schen einzusetzen!“

Murielle Bühlmeyer (BJW Ostwestfalen-Lippe):

„Ich habe für mich das Fazit gezogen, dass ich es grundsätzlich gut fin-de in einem Bündnis mit anderen Jugendverbän-den zu arbeiten, sich aus-zutauschen und an bestimm-ten Stellen gemeinsam Position zu beziehen. Wenn aber die Qualität und die Intensität der Arbeit nicht leiden soll, sind 1000 Menschen im Rahmen einer Fahrt wie der im Juni meines Erachtens zu viel.“ Y�Y�Y

Weiterführende Infos und Bilder auf dem Bündnis-Blog unter http://70yllf.de.vu, bei Facebook in der Gruppe #70yllf und auf flickr.com

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17GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Am 19. April 2015 fanden in der Ge-denkstätte Sachsenhausen/Orani-enburg die zentralen „Feierlich-

keiten“ zum 70. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers Sach-senhausen statt. Zahlreiche Mitglieder und Funktionäre der AWO waren zwischen 1936 und 1945 im KZ Sachsenhausen inhaftiert, viele sind gefoltert und ermordet worden. Ihnen gedachten Vertreter*innen der AWO und des Jugendwerks in einer eigenen Ge-denkstunde und anschließender Kranznie-derlegung am AWO-Mahnmal im ehemaligen Kommandanturgarten. Im Anschluss nah-men alle an der zentralen Gedenkveranstal-tung der Stiftung Brandenburgische Gedenk-stätten und des Landtages Brandenburg teil.

In der bewegenden Veranstaltung schilder-ten Roger Bordage (Präsident des Internatio-nalen Sachsenhausen Komitees) und Saul Oren (ebenfalls Überlebender des KZ Sach-senhausen) ihre Erlebnisse im Konzentrati-onslager und appellierten im Sinne des Ver-mächtnisses der KZ-Überlebenden von 2009: „Die letzten Augenzeugen wenden sich an Deutschland, an alle europäischen Staaten und die internationale Gemein-schaft, die menschliche Gabe der Erinne-rung und des Gedenkens auch in der Zu-kunft zu bewahren und zu würdigen. Wir bit-ten die jungen Menschen, unseren Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine ge-rechte, friedliche und tolerante Welt fortzu-

führen – eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sol-len.“

Ergänzend richteten Dietmar Woidke (Mini-sterpräsident des Landes Brandenburgs) und Frank-Walter Steinmeier (Bundesmini-ster des Auswärtigen) das Wort an die 160 Überlebenden und alle weiteren Teilneh-mer* innen. Steinmeier äußerte sich besorgt über aktuelle antisemitische und rassis- tische Vorfälle und mahnte „die Erinnerung hat kein Verfallsdatum!“ In Gedenken an alle im Konzentrationslager inhaftierten und ge-töteten Menschen legten Sophie Felte (Vor-sitzende Bundesjugendwerk der AWO), Wil-helm Schmidt (Vorsitzender AWO-Bundes-präsidium) und Michael Scheffler (stv. Vorsit-zender AWO-Bundespräsidium) ebenfalls ei-nen Kranz am zentralen Gedenkort „Station Z“ nieder.1

Zahlreiche Mitglieder des Jugendwerks fuh-ren anlässlich des 70. Befreiungstages2 des Konzentrations- und Vernichtungslagers Au-schwitz, Auschwitz-Birkenau und Auschwitz-Monowitz vom 17.06.-21.06. nach Polen, um dort als Vertreter*innen des Bündnisses „Dass Auschwitz nie wieder sei!“ zu geden-ken (wie in dieser Ausgabe auf den Seiten 14-16 berichtet). Ziel des Bündnisses war und ist die aktive Auseinandersetzung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten, ei-

„ÜBER DEN TAG HINAUS“ – gemeinsame Erinnerungskultur von AWO und Jugendwerk aktiv gestaltenMaike Eckel (AWO-Bundesverband)

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ner zeitgemäßen Erinnerungs- und Gedenk-pädagogik und nicht zuletzt, ein Zeichen für eine demokratische und antifaschistische Gesellschaft zu setzen.

Alle jungen und auch äl-teren Menschen in Ju-gendwerk und AWO tra-gen die Verantwortung dafür, dass die Mahnung an die „Unmenschlich-keiten“ von 1933-1945 und die Erinnerung an die Opfer des Nazi-Re-gimes lebendig bleibt. Fraglich ist, wie gemein-sam über eine „tradierte Verpflichtung der Erinne-rung“ an Jahrestagen diese Verantwortung wahrgenommen werden kann. Der AWO-Bundes-verband hat die Auseinandersetzung und Aufarbeitung der eigenen Geschichte prio-risiert. Bis zum 100-jährigen Verbandsjubilä-um in 2019 werden u.a. die AWO-Bestände weiter erschlossen sowie die Veröffentli-chung einer umfassenden Publikation zur Verbandsgeschichte vorbereitet. Weiterhin werden im Rahmen des vierjährigen AWO-Verbandsprojekts „Verband stärken“ Semi-narbausteine und Materialien zum Thema „Werte, Leitbild und Geschichte der AWO“

entwickelt. Nicht nur die bei der AWO-Bun-deskonferenz 2012 gefassten Beschlüsse 2.4.-125 „AWO gegen Rassismus und Rechts-extremismus und Neofaschismus“ sowie

2.4.-126 „Wir schauen hin! – AWO gegen Ras-sismus“3 bieten zahl-reiche Schnittmengen zu den Zielen des Bünd-nisses „Dass Auschwitz nie wieder sei!“

Die Ergebnisse der 1. Gemeinsamen Konfe-renz von AWO und Ju-gendwerk im November 2014 sowie die Überar-beitung des AWO-Grund-satzprogramms bieten weitere Möglichkeiten zur Entwicklung gemein-samer Konzepte und Po-

sitionen für die Erinnerungsarbeit und Ge-denkpädagogik - ganz im Sinne Marie Jucha-czs: „So freudig und gern wir alle in der Ge-genwart stehen sollen, um darin das unsere zu tun, so wichtig ist es auch, immer wieder zurückzuschauen, die Gegenwart an der Vergangenheit zu prüfen und sich an dem, was gut daran war, neu zu orientieren. Nicht, um in der Vergangenheit zu beharren, son-dern immer wieder, um erneut für die Zu-kunft bereit zu sein.“4 Y�Y�Y

1 Das KZ Sachsenhausen in Oranienburg lag 30 Km nördlich von Berlin und wurde auch als „Konzentrationslager der Reichshauptstadt“ bezeichnet. In Oranienburg befand sich ebenfalls die sogenannte Inspektion der Konzentrations-lager (IKL), also die Verwaltungszentrale aller Konzentrationslager. Von 1936-1945 waren in Sachsenhausen mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zunächst wurden vorwiegend politische Gegner der Nazis verhaftet/eingesperrt, später auch andere von den Nazis als „minderwertig eingestufte“ Menschen.

2 Die Häftlinge des Konzentrations- und Vernichtungslagers wurden am 27. Januar 1945 befreit. Der 27. Januar gilt somit als internationaler Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus.

3� 'LH�%HVFKO�VVH�VLQG�LQ�GHU�.DWHJRULH�Å9HUEDQGVSROLWLN´�]X�ÀQGHQ�XQWHU��KWWS���EXNR�����DZR�RUJ�VWDUWVHLWH��

4 Marie Juchacz war von 1919-1933 „Bundesvorsitzende“ der AWO und gilt als Gründerin des Verbandes.

18GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

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19GEMEINSAM GEGEN RASSISMUS

Die AWO und das Jugendwerk der AWO beteiligten sich auch in diesem Jahr mit verschie-

denen regionalen Aktionen vom 16. - 29. März 2015 an den Internationa-len Wochen gegen Rassismus, um ein Zeichen zu setzen.

Studien belegen, dass Vorurteile ge-genüber Einwanderinnen und Einwan-derern nicht nur am rechten Rand zu finden sind, sondern dass rechtsex-treme Einstellungsmuster bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinreichen. Dies ist mehr als besorgniserregend. Neben rechtspopulistischen Demons-trationen und Aufmärschen, die mit dumpfen Parolen öffentlichkeitswirk-sam für Schlagzeilen sorgten, stehen auch fremdenfeindliche Gewalt - wie kürzlich Brandanschläge auf Asylbe-werber*innenheime in Meißen und Lübeck - weiterhin auf der Tagesord-nung.

Nicht nur auf Grund dieser alamie-renden Entwicklungen ist es notwen-diger denn je, Rassismusfragen zu thematisieren. Ziel unserer aktuellen Postkartenaktion „AWO gegen Rassis-mus – AWO für Vielfalt!“ ist es, alle Menschen für das Thema „Alltagsras-sismus“ zu sensibilisieren und deut-lich zu machen, dass Rassismus in der AWO, dem Jugendwerk und in keinem demokratischen Raum Platz hat. Y�Y�Y

Eine gemeinsame Aktion mit demEine gemeinsame Aktion mit dem

AWO gegen Rassismus –AWO FÜR VIELFALT!

Weitere Informationen zur Postkartenakton über www.awo.org

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Aus allen Teilen Deutschlands kamen im Mai diesen Jahres 450 ehrenamt-lich aktive Menschen aus dem Ju-

gendwerk der AWO in Gaienhofen am Boden-see zusammen – nach dreißig Jahren wieder eine Großveranstaltung des Bundesjugend-werks in Baden-Württemberg und mit so vie-len Personen wie noch nie zuvor. Alle zwei Jahre trifft sich das Jugendwerk zum Bundes-jugendwerkstreffen, dem größten Event auf Bundesebene, um sich zu vernetzen, Ver-bandsthemen zu diskutieren, aktiv zu sein und miteinander einige tolle Tage zu verbrin-gen.

Wie sehr sich die Mitglieder der Jugendwerke darauf freuten, war an einem Countdown im Internet abzulesen, bei dem viele ihre Teil-nahme mit einem Bild ankündigten. Organi-siert wird das Treffen jedes Mal von einer anderen Jugendwerksgliederung. Dieses Mal wurde die Veranstaltung zum ersten gemein-samen Großprojekt der Jugendwerke in Ba-den und Württemberg, deren Zusammenar-beit beim letzten Bundestreffen in Kiel neu belebt wurde. Seither haben die Jugend-werke beider „Länder“ näher zueinander ge-funden und das Ergebnis dieser Freund-schaft: Die Jugendwerke richteten gemein-sam das Treffen aus.

Malerisch liegt das Gelände des AWO Kreis-verbandes Konstanz am grünen und süd-lichsten Ende der Bundesrepublik mit Blick auf den Bodensee hinüber zur Schweiz. Die AWO stellte es freundschaftlich zur Verfü-gung.

Nach dem Regen kommt der Sonnen- schein – Bundesjugendwerkstreffen 2015 in Gaienhofen am BodenseeBundesjugendwerk und BJW Württemberg

20SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

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Nachdem die Nachbar*innen auf dem anlie-genden Campingplatz „vorgewarnt“ waren und mehr als 70 fleißige „Helferle“ mit ver-einter Kraft ein kleines Zeltdorf aus dem Boden gestampft hatten, konnten die Ju-gendwerks-Gruppen aus Nah und Fern kom-men und ihre Zelte aufschlagen. Am Don-nerstagabend fiel mit der Eröffnungsveran-staltung und der Begrüßung durch die Bun-desvorsitzenden, Sophie Felte und Markus Adler, der Startschuss für die kommenden Tage. Im Anschluss konnte man freiwillig am geplanten Großgruppenspiel Totto-Lotto teil-nehmen und so den ersten Abend mit viel Gelächter und Spaß beenden.

Aber schon am nächsten Tag hieß es tapfer sein: Petrus prüfte die Geduld der Angerei-sten und ließ den ganzen Freitag lang unge-mütlichen Niesel nieder. Der Regen verwan-delte den kompletten Zeltplatz in eine mat-schige und schlammige Landschaft und sorgte für original Woodstock-Feeling. Dies konnte aber die Stimmung nicht trüben und die Party am Abend rundete das Festival-Bild ab. Doch nach dem Regen kommt bekannt-lich der Sonnenschein: Einen Tag später war der Blick wieder frei für die schöne Umge-bung und den blauen Himmel. Die zahl-reichen Workshops und Aktivitäten machten umso mehr Spaß – darunter Diskussionen zu Themen wie „Werte leben“ oder „Quali-tätsstandards von Jugendwerksreisen“, Kre-ativangebote wie „T-Shirts gestalten“ und „Fotografieren“, die traditionellen Sporttur-

niere, Ausflüge in die Umgebung und natür-lich abendliche Feierstunden bis tief in die Nacht.

Am Abschlussabend begeisterten die Mäd-chen und Jungen vom Kinderzirkus Fitze Fatze vom AWO Ortsverein Geislingen das Publikum mit Clownerien und atemberau-bender Akrobatik. Bei einer anschließenden Versteigerung kamen über 1300 Euro zu-sammen, die zum einen Fitze Fatze zugute-kommen und zum anderen jungen Flüchtlin-gen die Möglichkeit bieten, auch an dem folgenden Bundestreffen teilzunehmen.

Das Bundesjugendwerk der AWO bedankt sich herzlich bei allen „Helferle“ und Teilneh-menden, deren unermüdlicher Einsatz das diesjährige Bundesjugendwerkstreffen zu einem vollen Erfolg und unvergesslichen Er-lebnis gemacht haben. Wir freuten uns au-ßerdem sehr über den Besuch und die Grußworte unserer Freund*innen Lisi Maier und Tobi Köck aus dem Vorstand des Deut-schen Bundesjugendrings, Nils Opitz-Leif-heit, AWO Bundespräsidium und Vorsitzen-der AWO Württemberg, Reinhard Zedler, Ge-schäftsführer AWO Konstanz, sowie Wilfried Pfeiffer, Vorsitzender AWO Baden. Auch Wolf-gang Stadler, Vorsitzender des AWO Bundes-verbandes sowie Dorothee Schlegel, MdB, reisten eigens aus Berlin an und beehrten das Bundesjugendwerkstreffen mit ihrem Besuch. Y�Y�Y

SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

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SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

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24SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

Tiesch (LJW Schleswig-Holstein): „Mein Highlight war, neben der 24-stündigen Autofahrt und dem wirklich wunderschönen Gelän-de, vor allem das Wiedersehen vieler bekannter Gesichter, zu denen ich durch die liebevolle Programmgestaltung noch einige neue Bekanntschaften hinzufügen konnte. Danke an Baden, Württemberg, Baden-Württemberg, das Bundesjugendwerk, allen Beteiligten, die ich jetzt vergessen habe und natürlich an Motan!"

Dominic (LJW Berlin): „Das Bundestreffen 2015 war ein Highlight an sich. Vor allem der Besuch der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dorothee Schlegel hat für mich einen besonderen Akzent gesetzt, da es das Interesse der Politik an unserer Arbeit und der Gemein-schaft im Jugendwerk widerspiegelt. Das macht mich stolz.“

Alle zwei Jahre über Himmelfahrt, das ist ja schon lange Tradition, treffen sich alle Gliederungen zum großen

Wiedersehen, inhaltlichen Austausch UND vor allem, um eine gute, spaßige Zeit zu ha-ben: Juhu endlich Bundestreffen! Neben der Bundesjugendwerkskonferenz ist es das Großereignis im Jugendwerk.

Dieses Jahr hat es uns an den wunderschö-nen Bodensee verschlagen. Dafür möchte ich natürlich allen beteiligten Jugendwerken und ihren Helferle danken, die das über-haupt möglich gemacht haben. Allen voran

den Jugendwerken Baden und Württemberg mit ihren jeweiligen Vorsitzenden Oli und Franzi. Vielen Dank für die unvergessliche Zeit bei Euch, bei Freunden.

Was es nicht alles gab… zahlreiche Work-shops, Ausflüge, Lagerfeuer, Party und die obligatorischen Sportturniere im Fußball und Volleyball.

Ich weiß gar nicht, was DAS Highlight eigent-lich war? Vielleicht Motan, ohne den wir wohl kein warmes Wasser gehabt hätten?

Bei Freunden zu Gast, im Jugendwerk zu Haus - Das Bundesjugend- werkstreffen am Bodensee Ronny Bätz (Bundesjugendwerk)

An dieser Stelle ein paar Eindrücke und Highlights von Teilnehmenden:

Linda (BJW Ostwestfalen-Lippe): „Auch, wenn natürlich viele interes-sante Workshops angeboten wurden, war mein Highlight, so viele tolle Menschen getroffen und kennengelernt zu haben.“

s geht zamme Baden

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Malina (LJW Berlin): „Das Beste waren natürlich die vielen tollen Menschen und die gute Laune vor Ort. Man merkt, dass es Men-schen sind, die etwas zu geben haben und sozial engagiert sind. Das Camp am See war auch super, von den vielen Angeboten und dem leckeren Essen, das es immer gab, mal ganz zu schweigen.“

Vladi (KJW Essen): „Ein traumhaftes Erlebnis mit perfekter Nähe zum Bodensee. Sogar der Regen schaffte es nicht, den kleinen Camping-urlaub in der Natur mit verschiedenen Freizeitangeboten aus der Ruhe zu bringen. Insgesamt ein super Treffen, welches vor allem eine gute Möglichkeit bietet, neue Jugendwerk(l)er*innen kennenzulernen.“

Justin (KJW Essen): „Die Fahrt nach Stein am Rhein in der Schweiz war ein schönes Erlebnis. Das historische Dorf fällt besonders durch seinen bur-gähnlichen Aufbau und die wundervoll bemalten Fassaden der Häuser auf. Rund um das zentral gelegene Rathaus erschließt sich der Marktplatz mit Brunnen. Neben einer schönen Kirche und einem Klostermuseum hat Stein am Rhein zahlreiche kleine Geschäfte und Gassen zu bieten. Auf der Brücke über den Rhein kann man den Blick in alle Richtungen erschließen und auch die Promenade mit ihren Stegen spricht für sich. Mir persönlich haben die historischen Fassadenmalereien, welche teilweise original aus dem 15. Jahrhundert erhalten sind, besonders gefallen. Die Geschichte des Dorfes und auch andere Erzählungen konnte man nachvollziehen. Es war wirklich schön und ist unbedingt weiter zu empfehlen.“

Pascal (BJW Unterfranken): „Unterfrankens Highlights: Trotz teils schlechtem Wetter konnte beim Programm keine miese Laune aufkommen. Der Start gelang mit dem Länderspiel. Dieser gute Auftakt zog sich auch durch die Feiern an den folgenden Abenden. Abgerundet wurde das Ganze bestens durch die wunderschöne Location mit Bademöglichkeit. Alles in allem top".

Selbst Gäste wie der Vorsitzende des AWO Bundesverbandes, Lisi Maier als DBJR-Vor-sitzende oder Tobi Köck, ebenfalls im DBJR-Vorstand, ließen es sich nicht nehmen, um beim großen Familientreffen zu sehen, was das Jugendwerk eigentlich so in seiner „Frei-zeit“ macht.

Einziger Wermutstropfen war für mich das Wetter am Freitag: Regen ohne Ende. Aber hey: Die örtlichen Schuhgeschäfte bringen gerne ihre Gummistiefel an die Frau oder GHQ�0DQQ��ʃ

Nun ist es leider wieder vorbei und ich freue mich schon auf das nächste Bundestreffen in zwei Jahren und darauf, alle wiederzuse-hen. Ich finde die Möglichkeit, sich fernab von Konferenz, Ausschüssen, Arbeitskreisen und Seminaren mit anderen Menschen aus verschiedenen Jugendwerken auszutau-schen, Spaß zu haben und neue Leute ken-nenzulernen einfach super. Und wer weiß, vielleicht sind dadurch Württemberg und Baden näher zusammengerückt?

Aber eins ist klar: Das Jugendwerk geht gern zamme baden! Y�Y�Y

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SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

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Das Himmelfahrtswochenende be-gann früh. Um fünf Uhr aufgestan-den, ein Bus, sieben Personen und

knapp 800 Kilometer vor uns. Doch die Vor-freude überwog und nachdem uns das erste Gesicht im dunkelblauen T-Shirt in Gaienho-fen freudestrahlend die Richtung wies („Ihr müsst bis zum roten Haus und dann rechts!“), war die lange Fahrt schnell verges-sen. Das schwere Gepäck auf den Rücken geschnallt, wagten wir den ersten Blick auf das Gelände: eine schmale Rasenfläche in malerischer Kulisse direkt am Bodensee; wir waren also angekommen im Helferle-Para-dies.

Zelt um Zelt füllte sich bis zum Abend die Rasenfläche und viele Begrüßungen und Umarmungen später waren wir schließlich im Hauptzelt zum Eröffnungsabend. Dort zeigte sich das Ausmaß der verrückten Jugendwerk(l)er*innen in Quantität und Qualität. Das Zelt war gerammelt voll, es war bunt und laut, bis Matze aus dem ehema-ligen Bundesvorstand die Bühne betrat. Er

erklärte kurz die Entstehungsgeschichte sei-nes Geschenks und enthüllte dann sein ein-zigartiges Jugendwerk-Tatoo. Die Menge stand Kopf; da ist jemand für immer mit dem Jugendwerk verbunden. Der gelungene Auf-takt wurde anschließend durch ein paar lus-tige Spiele mit den Gliederungen ergänzt. Am Ende des Tages wartete die wohlver-diente Isomatte.

Der Freitag begann nass mit einem hek-tischen Frühstück und dem Versuch, abzu-sprechen, wer jetzt unseren Workshop „Luft-ballontiere basteln“ überhaupt anleiten kann. Zu zweit standen wir am Ende 20 hochmotivierten Bastler*innen gegenüber, die wissbegierig unsere Worte aufnahmen. Schnell stellten sie das fest, was uns auch bei unseren ersten Versuchen klar wurde: „Das ist gar nicht so schwer!“ Kurz darauf war die Kreativität nicht mehr aufzuhalten und alle fingen an, abstraktere Tierformen zu kreieren. Der Spaß ist uns wohl anzuse-hen.

Von der Spree zum Bodensee - Von Brandenburg „ab in den Süden“ - Martin Zühlke (LJW Brandenburg)

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SPEZIAL: BUNDESJUGENDWERKSTREFFEN 2015

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Der Nachmittag zwischen Matsch und Dau-erregen gestaltete sich informativ und mit angeregten Diskussionen über Medien-macht und deren Verbreitung. Ein gut struk-turiertes, leider zu kurzes Seminar. Und plötzlich war es auch schon Abend und wir fanden uns in einem Jugendclub wieder. Ei-ne schöne Bandbreite an Musik durch wech-selnde DJs ließ einen Teil der Menge bis zum Ende durchhalten. Am Zeltplatz angekom-men war noch lange nicht Schluss. Die After-showparty im Hauptzelt wurde durch eine wunderbare Bühnenshow eines Mannes mit unsichtbarem Klavier und einzigartiger Stim-me geprägt. Vielen Dank für so viel Enthusi-asmus, es war köstlich.

Der Samstag begann zäh. Die Frage nach Wiederholung des Luftballonworkshops überraschte, wurde aber dankend von uns angenommen. Und so bastelten wir mit den Jüngsten noch viele bunte Tiere, bis das Mit-tagessen nahte. An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön und ein großer Respekt an die Küchen-Crew. Es war sehr lecker und ihr

wart immer geduldig mit den verwirrten und häufig verspäteten Helfer*innen.

„Wo machen wir jetzt mit? Und wo ist der Platz?“, der Nachmittag wurde also dem Fußball gewidmet. Der „SV Garry Gurke“ zeigte, dass Berlin-Brandenburg trotz hoher Frauenquote den eingespielten Teams aus Baden-Württemberg und Essen nicht das Wasser reichen konnte. Beeindruckt wurden wir aber erst am Abend bei den Kunst- stücken der jungen Zirkusartist*innen, und so fand das schöne Wochenende einen wür-digen Abschluss.

Im Vorfeld hatten wir das Treffen mit dem Motto „Wer erleben möchte, was Jugend-werk ist, sollte hier nicht fehlen“ beworben und wir sollten Recht behalten. Das schöne Gefühl von Gemeinschaft kann ein ohrenbe-täubender Durchlauferhitzer namens Motan nur verstärken. Am Ende gilt es nur noch al-len Herlferle Danke zu sagen. War schön bei euch. Y�Y�Y

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Worum es geht

Verbandsentwicklung – ein etwas sper-riges Wort, aber mit Potential: Der ge-naue Blick zeigt, dass es sich um ein

zukunftsweisendes und anspruchsvolles Pro-jekt handelt. Verbandsentwicklung meint einen Organisationswandel rational, partizipativ und wertegebunden zu gestalten. Mehr noch: Es geht um Veränderungen in den eigenen Organi-sationsstrukturen, damit die ideelle und poli-tische Ausrichtung des Verbands nicht an Prä-gekraft verliert. Doch was genau bedeutet das für die Jugendwerke und das Bundesjugend-werk der AWO?

Damit Verbandsentwicklung greifbar wird, hat das Bundesjugendwerk innerhalb der Kommis-sion „Junge Menschen aktiv in der AWO“ (JMai-dA) hierfür Ziele erarbeitet. JMaidA ist eine pari-tätisch durch Jugendwerk(l)er*innen und AWO-Mitglieder besetzte Kommission. Insgesamt sind sieben Ziele aus der ersten gemeinsamen Konferenz von Jugendwerken und AWO als Emp-fehlung abgeleitet worden, an denen sich die Verbandsentwicklung orientieren kann. Diese Ziele wurden vom Vorstand des Bundesjugend-werks und vom Präsidium der AWO als verbind-liche Arbeitsgrundlage für den Verbandsent-wicklungsprozess beschlossen. Damit ist eine wichtige Idee angesprochen: Verbandsentwick-

lung ist ein gemeinsames Vorhaben von Ju-gendwerken und AWO-Gliederungen. Es geht darum, sich gegenseitig mit den je eigenen Ressourcen zu stärken, damit beide Verbände zukunftsfähig bleiben. Bei dieser Zusammenar-beit setzt das Bundesjugendwerk auf eine leb-hafte, streitbare und auf Augenhöhe stattfin-dende Diskussionskultur, die zwischen Gliede-rungen, in Ausschüssen und Arbeitskreisen so-wie auf Konferenzen und anderen Veranstal-tungen stattfinden kann. Zu den Zielen zählen (1) die Intensivierung der Auseinandersetzung mit gemeinsamen Werten, Themen und über-greifenden Handlungsfeldern, (2) die Schaffung von Angeboten für die Zielgruppe Ü-30 durch die AWO, (3) die Erreichung einer gegenseitigen Öffnung von AWO- und JWs-Strukturen, (4) der Ausbau einer gemeinsamen Öffentlichkeitsar-beit zwischen Jugendwerken und AWO, (5) die Sicherstellung der Finanzierung und Eigenstän-digkeit von Jugendwerken, (6) die Ermöglichung von Übergänge von FSJler-/BFDler*innen in JWs- und AWO-Strukturen und (7) die Entwick-lung gemeinsamer (Qualitäts-) Standards bei Kinder- und Jugendreisen.

Zusammenarbeit mit der AWO

Der AWO Bundesverband hat für den Verbands-entwicklungsprozess das fünf Jahre angelegte

Verbandsentwicklung - eine Perspektive für Jugendwerke und AWOMareike Alscher und Jan Sörnsen (Bundesjugendwerk)

JUGENDWERK UND VERBANDSENTWICKLUNG

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und Verbandsentwicklung

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Arbeitsprogramm „Stärkung des Mitgliederver-bandes“ auf den Weg gebracht, in das die Ziele einfließen. Das Programm enthält eine Vielzahl von Maßnahmen und Projekten, die mehrheit-lich darauf ausgerichtet sind, die AWO einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und das Engagement in der AWO zu stärken. Ein zentrales Vorhaben ist hierbei, die Zusammen-arbeit mit den Jugendwerken auszubauen.

Es geht also darum, verschiedene Aktivitäten zur Stärkung der Mitgliederverbände gemein-schaftlich anzugehen, so dass beide Verbände davon profitieren können. Sämtliche Aktivitäten, die der Verbandsentwicklung dienen, sind des-halb den Zielen unterzuordnen und durch wei-tere Ideen, die ihrer Erreichung dienen, zu er-gänzen. Um dies zu erreichen, arbeitet die Ge-schäftsstelle des Bundesjugendwerks bereits mit einzelnen Abteilungen des AWO Bundesver-bandes zusammen. Konkret ist beispielsweise die Zusammenarbeit bei den geplanten Engage-mentprojekten gemeint, die das Arbeitspro-gramm enthält. Ein solches Projekt ist „AWO Youth Changemaker City“. In dem Projekt geht es um die Förderung von freiwilligem Engage-ment, indem jungen Menschen über eine Mikro-finanzierung die Möglichkeit zur Entwicklung und Durchführung eigener Engagementvorha-ben gegeben wird.

Ein weiteres zentrales Projekt ist die Neuaufla-ge des Grundsatzprogramms der AWO. Unter einem breiten Beteiligungsprozess von Mitglie-dern und Engagierten, zu denen auch die Jugendwerk(l)er*innen zählen, werden hierfür die sozialpolitischen Themen der AWO überar-beitet. Das Bundesjugendwerk setzt sich dafür ein, dass die Jugendwerke ausreichend Beteili-gungsmöglichkeiten erhalten und über diese informiert werden. Es gilt einen Beteiligungspro-zess zu organisieren, der auch dazu dient, das Ziel einer Intensivierung der Auseinanderset-zung mit gemeinsamen Werten, Themen und übergreifenden Handlungsfeldern (1) praktisch anzugehen.

Konzept Verbandsentwicklung

Um die Ziele mit Leben zu füllen, entwickelt das Bundesjugendwerk innerhalb von JMaidA und in Abstimmung mit dem Bundesverband der AWO ein gemeinsames Verbandsentwicklungskon-zept. Für jedes einzelne Ziel enthält das Kon-zept konkrete Handlungsfelder und -empfeh-lungen, die für Jugendwerke und AWO-Gliede-rungen vor Ort zur Zielerreichung genutzt wer-den können. Es handelt sich dabei um Anre-gungen, mit denen sich die Vereinsstrukturen im Sinne der Verbandsentwicklungsidee bei Bedarf eigenständig verändern lassen.

Für die Erarbeitung der Handlungsempfeh-lungen wird auf Ideen der gemeinsamen Konfe-renz zurückgegriffen. Auch die Anknüpfungs-punkte aus dem genannten Arbeitsprogramm fließen mit ein. Verschiedene Aspekte der Ver-bandsentwicklung, die für die Jugendwerke und die AWO relevant sind, werden zusammengetra-gen, so dass sich auch Themen wie das Vor-standscoaching in dem Konzept wiederfinden. Sobald das Konzept im Entwurf vorliegt, soll es allen relevanten Jugendwerks- und AWO-Gre-mien zur Diskussion vorgestellt werden. In Zu-kunft dient es der Beratung und Stärkung der Jugendwerksarbeit unter aktiver Einbeziehung von AWO-Gliederungen. Wichtig dabei ist, dass es sich bei dem Ganzen um einen Prozess han-delt, der vor Ort stattfindet und mit den Vor-schlägen im Konzept nicht abgeschlossen ist.

Sämtliche Strategien, die auf der Bundesebene zur Verbandsentwicklung erarbeitet werden, lassen sich also nur mit Leben füllen, wenn diese von den Gliederungen mitgetragen, eigen-ständig umgesetzt und weiter entwickelt wer-den. Verbandsentwicklung funktioniert nur, wenn alle daran Beteiligten hierin einen Sinn erkennen und sich aktiv einbringen. Das Bun-desjugendwerk legt deshalb sehr viel Wert auf einen transparenten und dialogorientierten Ar-beitsprozess. Es sieht seine Rolle darin, den Jugendwerken zukünftig mit möglichen Hilfe-stellungen zur Seite zu stehen. Y�Y�Y

JUGENDWERK UND VERBANDSENTWICKLUNG

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Wer auf das Titelblatt des gültigen Grundsatzprogramms der Arbei-terwohlfahrt schaut, dem schwirrt

wohl folgende Frage durch den Kopf: „Was war denn sonst noch im Jahr 1998?“, denn da wurde das Programm beschlossen. Eine kleine Erinnerungshilfe: 1998 wurde Frank-reich Fußballweltmeister und das Eis in dem Sommer kaufte man noch mit der Deut-schen Mark. Schnell wird einem klar: Die Welt hat sich weitergedreht! Auch deshalb wurde auf der Bundeskonferenz der Arbeiter-wohlfahrt 2012 beschlossen, das Dokument zu überarbeiten. Jetzt gilt es, die drängenden Fragen und Herausforderungen unserer Zeit einzuordnen, um anschließend handfeste Antworten für die Zukunft zu geben.

Zukunft mit der Zukunft gestalten: Das Jugendwerk ist dabei

Mit der Erarbeitung des neuen Grundsatz-programms werden zwei Ziele verfolgt: Er-

stens geht es darum, sich auf Grundlage unseres Fachwissens zu überlegen, wie eine soziale Gesellschaft von morgen aussehen kann. Eine Gesellschaft also, die im Kern sozial gerechter ist als heute. Wir wollen ge-nau überlegen, wofür wir uns in Zukunft ein-setzen wollen.

Das zweite Ziel betrifft die Art und Weise, wie wir das machen. Als demokratische Organi-sation ist für uns klar gewesen, dass das nur ein demokratischer Prozess sein kann. Er wird deshalb Beteiligung ermöglichen und transparent gestaltet sein.

Fest steht auch: Es ist ein Gewinn und eine Chance, die spezifische Sicht des Jugend-werks der Arbeiterwohlfahrt dabei mit an Bord zu haben. Deshalb sind nicht nur zwei Vertreter*innen des Jugendwerks in der Grundsatzkommission, sondern das Jugend-werk wird an verschiedenen Stellen in den Prozess mit einbezogen.

Gemeinsam nach vorne denken! Neues Grundsatzprogramm der AWOMarius Mühlhausen (AWO-Bundesverband)

NEUES GRUNDSATZPROGRAMM DER AWO

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Wer eine Welt, eine Gesellschaft von morgen beschreiben will, der ist gut beraten, die Be-dürfnisse der Jungen zu achten und entspre-chende Forderungen an Politik, Gesellschaft und sich selbst zu formulieren. Diesem Rat folgt der Prozess.

Unterschiede anerkennen, Gemeinsamkeiten verdeutlichen

Ein Blick in das Grundsatzprogramm des Ju-gendwerks zeigt, dass die gemeinsamen Werte und die gemeinsame Auffassung, dass nur eine sozial gerechte Gesellschaft eine gute ist, ausreichend Grundlage schaf-fen für die gemeinsame Debatte. Sicherlich: An der einen oder anderen Stelle mag es unterschiedliche Meinungen und Haltungen geben – aber das kann, das darf und das muss auch so sein. Umso spannender ist es, in den nächsten Jahren zu diskutieren. Im Austausch miteinander steckt der Gewinn für alle.

Den Werten Füße geben

Solidarität, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Toleranz – diese Werte bilden unser Fundament. Dennoch müssen wir ihnen pas-sende Schuhe für die Reise in die Zukunft anziehen. Dabei ist der Austausch mit jun-gen Leuten zielführend. Wir sind aufgefor-dert zu beschreiben, was unsere Werte heu-te noch leisten können. Dass sie nicht an

Aktualität verloren haben, zeigt auch die jüngste Ausgabe der Exzess mit dem Schwer-punkt „Flucht und Asyl“. Schnell kommt einem beim Lesen der Gedanke, dass der Wert der Solidarität heute internationaler denn je ausbuchstabiert werden muss. Er kann nicht an der deutschen Grenze halt machen. Welche konkreten Botschaften und Forderungen daraus für uns folgen müssen, darüber werden wir sprechen.

Die Homepage: informieren, mitdiskutieren, wissen, wo wir stehen

Das neue Grundsatzprogramm soll kurz vor dem hundertjährigen Jubiläum der AWO im Jahr 2018 verabschiedet werden. So besteht ausreichend Zeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Ein erster, zentraler Eckpfeiler ist dabei die Sozialkonferenz am 27. Februar 2016 in Koblenz, wo auch Jugendwerk(l)er*-innen mit dabei sein werden.

Genauso ist auf der neuen Homepage zum Prozess ausreichend Raum für Diskussi-onen. Jeder ist dort eingeladen, mitzuma-chen. Genauso kann man hier die Positionen der Arbeiterwohlfahrt und des Jugendwerks herunterladen oder den Stand des Prozesses nachvollziehen. Die Seite ist abrufbar unter: www.grundsatzprogramm.awo.org. Die Zu-kunft beginnt jetzt: Viel Spaß beim Mitma-chen. Y�Y�Y

NEUES GRUNDSATZPROGRAMM DER AWO

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DAS SIND WIR

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Das Landesjugendwerk MeckPomm!Heike Kempcke (LJW Mecklenburg-Vorpommern)

DAS SIND WIR

Ja, Ihr habt richtig gelesen. Auch wenn man uns auf Bundesebene nicht so oft sieht, uns gibt es wirklich!!! Und wir ro-

cken den Norden.

Unser Kalender ist immer voll gepackt mit Veranstaltungen und Angeboten. Insgesamt haben wir im vergangenen Jahr 62 mehrtä-gige Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene organisiert und durchgeführt. Dabei reichte die Angebotspa-lette von spannenden Workshops und ab-wechslungsreichen Seminaren über erleb-nisreiche Ferienfreizeiten bis hin zu gemein-samen Ideenaustäuschen, kreativen Arbei-ten und unvergesslichen Ausflügen. Unser persönliches Highlight war dabei unser Musi-calprojekt. Von März bis Oktober 2014 entwi-ckelten wir mit circa 40 Kindern ein selbst ausgedachtes Musical. Vom Bühnenbild und Kostümen über die Geschichte und Musik des Musicals bis hin zur Suche nach einer

geeigneten Location für die Aufführung orga-nisierten die Kinder und Jugendlichen alles selbst. Am Ende ist ein großartiges Musical entstanden, das zweimal erfolgreich aufge-führt wurde.

In diesem Jahr drehen sich bei uns viele Ak-tionen rund um das Thema „Zirkus“. Am er-sten Maiwochenende gab es für Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren einen fantastischen Zirkusworkshop. In einem großen Zirkuszelt in Rostock konnten die Kinder und Jugend-lichen in die Welt des Zirkus eintau-chen und zum Abschluss ihr Können vor-führen. Im Sommer füh-ren wir ein Zir-

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33DAS SIND WIR

kusferiencamp am Meer durch. Aber auch Jugendgruppenleiterschulungen, interes-sante Seminare, internationale Austausche und die Teilnahme an Gremiensitzungen stehen wieder auf dem Plan.

Unser Verbandsliebling ist und bleibt jedoch unsere Mobile Kinderakademie. Mit einem Kleinbus bepackt mit Kisten, die Mitmachex-perimente und viel Material zum Entdecken,

Ausprobieren und Forschen enthalten, fahren ehren-

amtliche junge Men-schen in verschie-dene Einrichtungen in ganz Mecklen-burg-Vorpommern und forschen und experimentieren

mit Kindern im Alter von fünf bis 12 Jah-

ren. Gerne werden wir auch zu diversen Festen ein-

geladen und sind eine beliebte Alternative zum üblichen Kinderschminken.

Wir haben noch viele neue Ideen, die wir in den kommenden Monaten umsetzen möchten. Zum Beispiel haben wir gerade einen Antrag bei der Akti-on Mensch eingereicht, um eine spannende Idee verwirklichen zu können. Wir möchten mit möglichst vielen Kindern und Jugendlichen einen Film dre-

hen, in dem sie ihre Le-benslagen reflektieren

und diese auf kreative Art und Weise sicht-

bar machen. Auf die-ser Grundlage möchten wir mit (politischen) Verant-wortlichen darüber disku-tieren und uns auch stär-ker als Interessenvertre-tung für Kinder, Jugendli-

che und junge Er-wachsene im Land Meck-lenburg-Vorpommern positionieren. Drückt uns also die Daumen!

Unser Vorstand besteht zur Zeit aus sieben Leuten, die von zwei Revisorinnen unter-stützt werden. In unserer Geschäftsstelle arbeitet eine hauptamtliche Mitarbeiterin. Aufgrund dieser dünnen Personaldecke und des „total bescheuerten“ Fördermodells, das Masse statt Klasse belohnt, bleibt jedoch

leider immer etwas auf der Stre-cke, unter anderem die

Nachwuchsförderung und die Vernetzung

auf Bundesebene. Deshalb haben wir uns ver- bandsintern ge-rade für das Jahr 2015 und 2016

die Nachwuchs-gewinnung für die

Vorstands- und Ver-bandsarbeit auf die

Fahnen geschrieben. Des-halb unterstützen wir auch die Ima-

gekampagne des AWO Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern mit verschie-denen Aktionen im Land. Y�Y�Y

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AKTIV VOR ORT

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Beim ersten landesweiten Anerken-nungstag am 24. April 2015 be-dankte sich das Landesjugendwerk

der AWO Schleswig-Holstein e.V. bei sei-nen derzeit fast 300 Freiwilligendienstlei-stenden für deren Engagement, das oft über die normale Arbeitszeit hinaus reicht. Mit ihrer Tatkraft, ihrem Ideenreichtum und nachhaltigen Wirken bereichern die FSJler*innen und BFDler*innen Jahr für Jahr die Arbeit in den Einrichtungen der AWO und den angeschlossenen Einrich-tungen anderer Träger.

„Allzu oft geht der Dank für die Arbeit im All-tag unter. Wir wollten mit diesem Tag zeigen, dass das Engagement der Freiwilligen nicht selbstverständlich ist. Ziel des ersten Aner-kennungstages war es also, die Freiwilligen-dienstleistenden mit all ihren Stärken und Kompetenzen in den Mittelpunkt zu stellen“, erklärt Helga Creutz-Stallbaum, Geschäfts-führerin des Landesjugendwerks. Der Tag begann mit einer durch das Landesjugend-werk organisierten Sternfahrt aus allen Tei-

len Schleswig-Holsteins – so wurden diejeni-gen, die sonst beispielsweise für andere Fahrdienst leisten oder ihre Fahrten selbst organisieren, auch einmal selbst chauffiert. In der Kammerhalle auf dem Rendsburger Messegelände erwartete die Teilnehmer*- innen ab 15 Uhr ein buntes Programm, das die Freiwilligen auch selbst mitgestaltet ha-ben.

Bereits während der Einführungs- und Zwi-schenseminare, die Teil des Freiwilligen-dienstes sind, haben die Teilnehmer*innen selbstständig Projekte zum Thema „Wir be-wegen was“ erarbeitet, die sie am 24. April öffentlich präsentiert haben. Den feierlichen Abschluss fand die Veranstaltung gegen 18 Uhr in einem gemeinsamen jugendwerksge-treuem Schlemmen vieler Köstlichkeiten, nachdem die Freiwilligen auch wieder nach Hause gebracht wurden. „Uns ist es wichtig, dass die Teilnehmer* innen sich an diesem Tag einfach mal umsorgt fühlen und nichts organisieren müssen. Gleichzeitig dürfen sie

ANERKENNUNGSTAGfür FreiwilligendienstleistendeTobias Buth (LJW Schleswig-Holstein)

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35AKTIV VOR ORT

in ihren Präsentationen zeigen, was sie alles drauf haben“, betont Johanna Welzel, erste Vorsitzende des Landesjugendwerks und selbst ehemalige Absolventin eines Freiwilli-gen Sozialen Jahres (FSJ).

Jedes Jahr engagieren sich bei uns rund 300 Freiwillige im FSJ und BFD (Bundesfreiwilli-gendienst). Für ein kleines Taschengeld er-möglichen sie in ihren Einsatzstellen zusätz-liche Angebote, bringen neue Anregungen mit und tragen frischen Wind in die Einrich-tungen. Im Gegenzug erlangen sie Einblicke in das Berufsfeld der Sozialen Arbeit und damit berufliche Orientierung. Sie erweitern ihre Kompetenzen, erleben das Gefühl, ge-braucht zu werden und erfahren dadurch oftmals eine immense Selbstwertsteigerung. Zusätzlich zur praktischen Arbeit in den Ein-satzstellen tauschen sich die Freiwilligen in ihren Seminartagen miteinander aus. Hier-bei profitieren beide Seiten von der genera-

tionenübergreifenden Zusammenarbeit und dem Gedankenaustausch zwischen Men-schen aus teilweise sehr unterschiedlichen Bildungs- und Lebenszusammenhängen. Y�

Y�Y

Informationen zum Landesjugendwerk der AWO Schleswig-Holstein e.V.:

Das Landesjugendwerk der AWO Schleswig-Holstein e.V. ist ein eigenständiger, po-litisch und konfessionell unabhängiger Jugendverband. Neben der Organisation von Ferienfreizeiten, der verbandlichen Jugendbildungsarbeit und der politischen Inte-ressenvertretung ist das Jugendwerk auch für die inhaltliche wie organisatorische Ausgestaltung der Freiwilligendienste zuständig. Ganz bewusst hat die Arbeiterwohl-fahrt in Schleswig-Holstein diesen Bereich an das Jugendwerk übertragen. Die im Freiwilligendienst engagierten Mitglieder des Jugendwerkes sind zwischen 18 und 30 Jahren und orientieren sich somit in der Gestaltung der Bildungsangebote eng an den Bedürfnissen und Interessen der Freiwilligen. Unterstützt vom Know-How der hauptamtlichen Mitarbeiter*innen entsteht ein ganz besonderes Bildungsange-bot. In dessen Zentrum stehen zum einen die gelungene Zusammenarbeit von Freiwilligen, Ehren- und Hauptamtlichen, zum anderen ein außergewöhnlich breites Seminarangebot, weitreichende Partizipationsmöglichkeiten sowie viele verschie-dene Arbeitsfelder – verteilt über ganz Schleswig-Holstein.

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AKTIV VOR ORT

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Geschichte:

Knapp drei Jahre ist es her, als sich den beiden Jugendwerken aus Schleswig-Holstein und dem West-

lichen Westfalen die Gelegenheit bot, sich gemeinsam am langen Pfingstwochenende zu treffen. Das Bezirksjugendwerk WW konn-te seinen traditionellen Platz auf der schö-nen Insel Norderney für das Jahr 2014 leider nicht buchen und somit kamen wir ins Ge-spräch. Verschiedene Ferienplätze an den Küsten Schleswig-Holsteins wurden gesucht und angefragt, doch leider ohne Erfolg. Mit dem in Schleswig-Holstein traditionellen Pfingstplatz in Lütjensee sollte also der Platz des Aufeinandertreffens festgelegt sein...

Nach Wochen der Vorbereitung im westfä-lischen sowie im maritimen Bereich der

Bundesrepublik und intensiven Gesprächen untereinander war es nun endlich soweit. Circa 120 Jugendwerk(l)er*innen verbrach-ten vom 06. bis 09. Juni 2014 ein wunder-schönes Wochenende unter dem Thema "Wild Wild West - Der Schatz am Lütjensee".

2015:Schnell war der Entschluss da, im kommen-den Jahr 2015 wieder zusammen das Pfingstwochenende mit beiden Jugendwer-ken zu gestalten und zu erleben. Viele Jugendwerker(l)*innen nutzten dieses Wo-chenende als Wiedersehensmöglichkeit für und mit anderen, als Erholungsphase, um neue Menschen, Aktivitäten oder Workshops mitzuerleben, oder um sich einfach treiben zu lassen. Die Thematik für 2015 sollte lau-ten: Krieg und Frieden - Make Love not War.

Pfingstjugendwerkstreffen 2015Tobias Buth (LJW Schleswig-Holstein)

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Während sich Schleswig-Holstein um den Platz, Workshops und Kühlwagen kümmerte, planten, bastelten und schufen die West-lichen Westfalen traditionsbewusst eine her-vorragende - nahezu perfekte - Dekoration zum Thema, so dass es am Anreisetag des Vortrupps bereits wie eine bunte Mischung aus Kriegsgebiet und Woodstock aussah. Am Freitag wurden alle Teilnehmer*innen von fröhlichen Menschen mit einem tollen Begrü-ßungstäschchen (Pfingstzeitung, weiße Fah-ne, Bastelkraniche, Regenbogen-Süßig-keiten,...) begrüßt und konnten sich dann in einem der zahlreichen Großzelte einquartie-ren.

Auf dem Wochenend-Programm standen ne-ben verschiedenen Workshops (Hängemat-ten bauen, Fingertwist, T-Shirt drucken und/ oder batiken, Geocachen, Upcycling, Filzen, Poetry Slam und Erstellen einer Foto-Love-Story) auch das von vielen ersehnte Fußball- sowie Volleyballturnier auf dem Plan. So wie wir es kennen, konnten wir wieder Jugendwerk(l)er*innen aus Hamburg begrü-ßen, welche zum Volleyballturnier kamen. Wo wir gerade dabei sind: Auch der Bundes-vorstand des Jugendwerks war dieses Jahr mit fünf Menschen zu Gast.

Die Abende wurden musikalisch begleitet von dem DJ-Team Think Twice, der Band Elvis Dies Tomorrow und der Band Falling Gravity. Nach beziehungsweise während des norma-len Programms gab es noch eine Live-Per-

cussions-Band, welche den Alltag im "Wood-stockCamp" bis zum abendlichen Lagerfeuer begleitete.

Abgeschlossen wurde das ganze Wochenen-de mit einem Bunten Abend am Sonntag. Verschiedenste Spiele, die Verabschiedung des nun ja ehemaligen S-H Bildungsrefe-renten und die Auktion von den schönen Dekorationsgegenständen und den geschaf-fenen Werken des Wochenendes waren die drei Hauptprogrammpunkte des Abends. Das eingenommene Geld wird verschie-denen Flüchtlingsprogrammen / -aktionen zugute kommen.

Persönliche Worte des Autors:

Diese Veranstaltung ist durch die Koopera-tion zwischen S-H und WW nun eindeutig noch schöner geworden. Traditionelles mischt sich mit neuem Kreativen. Verände-rungen bewirken Entwicklung. Für mich ist klar, dass ich diese Kooperation gerne wei-terführen möchte. Ganz, ganz großen Dank an Stefan, Dominik, Christina, Jenny, Alex, Vici, Marian, Felix aus WW und Oskar, Johan-na, Maurice, Annika, Helga, Basti, Tiesch, Ann-Kathrin und Tobi aus S-H für ein so tolles gelungenes Projekt.

Hoffentlich sehen wir uns alle in einem Jahr wieder und können vielleicht noch mehr Jugendwerk(l)er*innen beim Pfingsttreffen begrüßen?! Y�Y�Y

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Aus dem Bundesjugendwerk

AUS DEM BUNDESJUGENDWERK

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Liebe Jugend- werk(l)er*innen, liebe Hauptamtler*innen,

an dieser Stelle möchte ich mich Euch gerne kurz vor-stellen als Mareike und als

neue Referentin für Verbandsent-wicklung beim Bundesjugendwerk.

Ich bin Diplom-Soziologin und habe nach meinem Abschluss an der Freien Universität Berlin angefangen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Ber-lin für Sozialforschung (WZB) in der Projekt-gruppe Zivilengagement zu arbeiten. Meine Forschungsschwerpunkte lagen in den Be-reichen freiwilliges Engagement, gemeinnüt-zige Organisationen und Zivilgesellschaft. Zuletzt bearbeitete ich das Projekt „Jugendli-che in zivilgesellschaftlichen Organisation-en“. Ich wollte herausfinden, ob gemeinnüt-zige Organisationen ein Nachwuchsproblem haben und klären, wie sie damit umgehen. Die Ergebnisse zum Thema Jugend und zivil-gesellschaftliche Organisationen wurden dann von verschiedenen Vereinen und Ver-bänden immer wieder nachgefragt. Auch aus diesem Grund entstand der Wunsch, selbst in die Praxis zu gehen – am liebsten in einen Bereich, der mit Jugend und Engagement zu tun hat.

Als Referentin für Verbandsentwicklung kann ich mir nun gut vorstellen, auf die eine oder andere Idee aus meiner Forschung zurück-zugreifen. Ich habe oft zu hören bekommen, dass sich die Jugend heute einfach nicht mehr so richtig engagieren will. Und ich habe immer gesagt: Das stimmt nicht, keine Zahl zeigt das! Ihr Engagement hat sich nur ver-

ändert und Organisationen wie Vereine müs-sen auch selber reflektieren, wie offen sie überhaupt gegenüber der Jugend sind.

Dass ich nun beim Bundesjugendwerk arbei-ten kann, freut mich sehr, weil ich von der individuellen und gesellschaftlichen Bedeu-tung des Engagements junger Menschen überzeugt bin. Ich fühle mich den Werten des Jugendwerks persönlich verbunden und bringe für die Idee der Selbstorganisation eine Leidenschaft mit. Ein bekannter Sozio-loge hat mal gefragt: „Stellen Sie sich vor, bei allen Vereinen würde das Licht ausgehen – was würde passieren?“ Es wäre nicht nur dunkel in Deutschland, es würde massen-weise an sozialen Unterstützungsangeboten und an allerlei kulturellen, sport- und um-weltbezogenen sowie politischen Aktivitäten fehlen – ich denke, es würde hierzulande um ein vielfaches eigennütziger zugehen und: Das will ich nicht. Deshalb ist es mir ein be-sonderes Anliegen die Jugendwerke der AW0 bei ihrem Engagement zu unterstützen.

An dieser Stelle will ich mich ganz herzlich für die Möglichkeit zur Mitarbeit beim Bun-desjugendwerk bedanken. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit allen Haupt- und Ehrenamtler*innen im Verband und auf viele Gespräche, Ideen, Phantasien und Taten mit Euch!

Es wäre prima, viele von Euch in den näch-sten Wochen und Monaten kennenzulernen oder wiederzusehen.

Bis bald! Mareike Y�Y�Y

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39DAS JUGENDWERK-TATTOO

Am 6. Mai, kurz vor dem Bundestref-fen, war es soweit: Das Gewinnermo-tiv des Tattoo-Malwettbewerbs wurde

mir unter die Haut gestochen. Aus einigen Einsendungen hatte ich die Qual der Wahl. Es gab gute Ideen, verrückte Ideen und ein Motiv, das für mich deutlich am schönsten war. Und mit diesem ging es nun Mittwocha-bend nach der Arbeit zum Tätowierer meines Vertrauens. Nach kurzen Modifikationen surrte die Maschine los und es ging ans Ein-gemachte. Die ersten 90 Minuten waren gut auszuhalten, danach gab es noch mal für etwa 45 Minuten Aua. Als die letzten Schat-tierungen erledigt waren, war ich sehr er-leichtert; nicht nur, weil mein Arm inzwischen dringend Feierabend machen wollte, son-dern auch, weil ich vom Ergebnis wirklich überzeugt war. So konnte ich nicht ohne Stolz das vermutlich erste JW-Tattoo auf dem Bundestreffen am Bodensee präsentieren.

Ein großer Dank geht an alle, die mich auf der BuKo 2014 mit diesem sehr herausfor-dernden Abschiedsgeschenk überrascht ha-ben. Dazu ein Dank an alle, die sich Gedan-ken über das Motiv gemacht und am Mal-wettbewerb teilgenommen haben und Dan-ke an den großartigen Denis Meister von Aloha Tattoo, der ein tolles Motiv so umge-setzt hat, dass ich mich nun ständig freue, wenn ich meinen rechten Arm ansehe!

In den letzten Wochen wurde ich recht häufig gefragt, was um alles in der Welt mich gerit-ten hätte, mir das Logo eines Jugendver-bandes tätowieren zu lassen. Ich sei schließ-lich nicht ewig jung und wer weiß schon, ob

ich in 30 Jahren immer noch dahinter stehe, was das Jugendwerk so ausmacht. Das kann ich sehr leicht beantworten: Zum einen be-gleitet und prägt mich das Jugendwerk der AWO bereits mein halbes Leben. Ohne das Jugendwerk wäre ich sicher ein anderer Mat-ze mit anderem Freundeskreis, anderen Ein-stellungen und nicht zuletzt einem anderen Beruf. Nach dem Ende meiner aktiven Zeit ist es für mich wirklich sehr schön, nicht nur in Gedanken und auf Bildern an all die schö-nen Jahre zurückzudenken, sondern es auch als Symbol täglich auf meiner Haut zu sehen. Zum anderen sind die Werte des Jugend-werks und die Leute, die hinter diesen Wer-ten stehen, schlicht saugut! Freiheit, Gleich-heit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz sind Werte, die ich niemals vergessen möch-te und ebensowenig möchte ich die Leute vergessen, die diese Worte mit Bedeutung gefüllt haben, sie gelebt haben und mich daran teilhaben ließen. Darum ist es eigent-lich nur konsequent, das Symbol, das all das mit zwei Großbuchstaben definiert, immer bei mir zu tragen. Y�Y�Y�

TattooDas Jugendwerk-TattooMatze Ulrich (ehem. Bundesjugendwerk)

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EXZESSTermine 201518. - 19. September Infobörse Jugendreisen

18. - 20. September AK Ferienfahrten

18. - 20 September AK Freiwilligendienste

alle in Lüneburg

02. - 04. Okrober AK Gender

AK Medienpädagogik

AK Politische Partizipation

AK Nachhaltigkeit

alle in Bielefeld

02. November Hauptamtlichentagung in Stuttgart

06. - 08. November Bundesjugendwerks- ausschuss in Weimar

Im Falle einer Katastrophe braucht die betroffene Bevölkerung vor Ort schnelleUnterstützung. Deshalb finanzieren wir Nothilfeprojekte vor, so fließt schon Geld, bevor dieersten Spenden bei uns eingehen. Ihre Spende macht uns unabhängig und ermöglicht Hilfe –schnell und unbürokratisch.

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