focus eastern europe - musikmarkt, germany

4
Der Osten – ein schlafender Musik-Riese? Wo ist denn bloß Osten? Slowenien ist doch ein Euroland, zählt das überhaupt zum Osten? Bereits an dem Punkt wird es schwierig, Welche Länder gehören zum Osten? Bartek Winczewski, A&R bei Warner Music Poland, zählt neben Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Slowenien, Kroatien, Ungarn auch die drei baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland dazu. „Ausdrücklich nehme ich Russland, Weißrussland und die Ukraine aus“, betont er. Für Michał Warchoł hingegen, dem Digital Distribution Manager der Firma Independent Digital, gehören die letztge- nannten drei mit zu seinem Vertriebsgebiet. Tony Duckworth, General Manager von PIAS Poland und Eastern Europe, hat lediglich die Länder Polen, Tschechien, Slowakei, die drei baltischen Staaten, Kroatien, Slowenien, Un- garn und Rumänien auf seiner Liste. Vladi- mir Kravchenko, Gründer der Colisium-Kon- ferenzen, Music And Media Convention aus dem russischen St. Petersburg, blickt neben den bereits genannten Staaten zusätzlich noch auf Kazakhstan. Obwohl es keine klare Übereinstimmung in der Einschätzung gibt, ist das Marktgebiet „Osten“ in etwa umrissen. Michał Hajduk vom polnischen Instytut Adama Mickie- wicza – eine dem Außenministerium ange- gliederte Einrichtung – und dort für den Mu- sikexport zuständig, weist jedoch darauf hin, dass es „einen einheitlichen östlichen Musik- Wenn über Musik geredet wird, stehen sofort die großen Märkte, die USA, Großbritannien oder Deutschland im Fokus. Und deren große Bands. Aber denkt dabei jemals jemand an den Osten Europas? An die Musikszene dort? Nicht wirklich. Und könnte jemand aus dem Stand drei Musiker oder Bands aus den östlichen Gefilden nennen? Nach langem Nachdenken käme man vielleicht auf die slowenische Band Laibach, die seit langem international unterwegs ist. musikmarkt 03|15 recorded music osteuropa 24

Upload: colisium

Post on 23-Jul-2016

213 views

Category:

Documents


0 download

DESCRIPTION

http://www.musikmarkt.de

TRANSCRIPT

Der Osten – einschlafender Musik-Riese?

Wo ist denn bloß Osten?Slowenien ist doch ein Euroland, zählt dasüberhaupt zum Osten? Bereits an dem Punktwird es schwierig, Welche Länder gehörenzum Osten? Bartek Winczewski, A&R beiWarner Music Poland, zählt neben Polen,Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien,Serbien, Slowenien, Kroatien, Ungarn auchdie drei baltischen Staaten Lettland, Litauenund Estland dazu. „Ausdrücklich nehme ichRussland, Weißrussland und die Ukraine

aus“, betont er. Für Michał Warchoł hingegen,dem Digital Distribution Manager der FirmaIndependent Digital, gehören die letztge-nannten drei mit zu seinem Vertriebsgebiet.Tony Duckworth, General Manager von PIASPoland und Eastern Europe, hat lediglich dieLänder Polen, Tschechien, Slowakei, die dreibaltischen Staaten, Kroatien, Slowenien, Un-garn und Rumänien auf seiner Liste. Vladi-mir Kravchenko, Gründer der Colisium-Kon-ferenzen, Music And Media Convention aus

dem russischen St. Petersburg, blickt nebenden bereits genannten Staaten zusätzlichnoch auf Kazakhstan.Obwohl es keine klare Übereinstimmung inder Einschätzung gibt, ist das Marktgebiet„Osten“ in etwa umrissen. Michał Hajdukvom polnischen Instytut Adama Mickie-wicza – eine dem Außenministerium ange-gliederte Einrichtung – und dort für den Mu-sikexport zuständig, weist jedoch darauf hin,dass es „einen einheitlichen östlichen Musik-

Wenn über Musik geredet wird, stehen sofort die großen Märkte, die USA, Großbritannien oderDeutschland im Fokus. Und deren große Bands. Aber denkt dabei jemals jemand an den OstenEuropas? An die Musikszene dort? Nicht wirklich. Und könnte jemand aus dem Stand drei

Musiker oder Bands aus den östlichen Gefilden nennen? Nach langem Nachdenken käme manvielleicht auf die slowenische Band Laibach, die seit langem international unterwegs ist.

mus

ikmarkt 03|15

recorded music osteuropa

24

markt definitiv nicht gibt. Zu unterschiedlichsind die Voraussetzungen, aber auch die ver-schiedenen Sprachen machen die Kommuni-kation nicht leichter. Und wenn östlicheKünstler auf einen anderen Markt schielen,dann nicht auf den eines anderen östlichenLandes, sondern nach England oder nachDeutschland“.

Die aktuelle MarktlageMärkte leben von aktiven Verkäufen von Mu-sik, welcher Vertriebsweg auch immer dafürgewählt wird. Auch hier zeigen sich die östli-chen Märkte als kaum vergleichbar. Sokommt etwa die Wirtschaft Polens bei einer

Einwohnerzahl von 38,53 Millionen imJahre 2014 auf ein Bruttoinlandsprodukt(BIP) in Höhe von 517,54 Milliarden US-Dollar, während etwa Serbien bei einerEinwohnerzahl von 7,164 Millionen ein

BIP von 42,52 Milliarden Dollar vorwei-sen kann. Es ist nicht einfach, an aussage-

kräftige Zahlen über das östliche Musikbusi-ness heranzukommen. Doch ein Trend istauszumachen, der auch im Westen nicht un-bekannt ist. „Die physischen Verkäufe gehendramatisch zurück“, erklärt Miran Rusjan,Organisator der MENT-Konferenz inLjubljana und Inhaber von Moonlee Records& Booking. „Besonders auffällig ist das im Be-reich des Mainstream-Pop und -Rock. Auchim Osten ist eine Renaissance der Vinyl-Ver-käufe zu spüren. Doch da sind es eher die Al-ternative- und Independent-Bands, die da-von profitieren und die in der Summe mit denCD-Tonträgern stabile Verkäufe erwirtschaf-ten.“Das bestätigt auch Vladimir Kravchenko, derzudem darauf hinweist, dass selbst bekannteMusikergrößen in den jeweiligen Ländern,die Kosten für ihre Plattenproduktionen nurnoch über Einbindung ihrer Fans, sprich überCrowdfunding, decken können. Laut Hand-buch „Musikindustrie in Zahlen 2013“ kämp-fen viele osteuropäische Märkte mit zweistel-ligen Umsatzrückgängen. Ausgenommenvon dieser Entwicklung sind Polen undTschechien, die signifikant zulegen. Das be-stätigt auch Robert Amirian, CEO und A&Rdes polnischen Labels Nextpop. „Trotzdem:Mussten Künstler in Polen in den 1990er-Jah-ren 50 000 Einheiten absetzen, um mit Goldprämiert zu werden, reichen dafür heute15 000“, weiß er. „Eine Platin-Auszeichnungerreichen nur noch Produkte von Künstlernaus den populären TV-Castingshows.“

Die wichtigsten Verkuafsorte„Zunächst ist der Markt in den meisten östli-chen Ländern ein Markt physischer Pro-dukte – in Polen beispielsweise zu etwa 75

Prozent“, weiß Tony Duckworth, „doch dieVerkaufsorte haben sich verändert.“ Einer derwichtigsten Verkaufsorte für Musik sind dieMerchandisingtische nach Konzerten gewor-den, der Verkauf im klassischen Plattenladengeht mehr und mehr zurück. Sie haben sicheher zu Spezialisten-Läden entwickelt, dievon den steigenden Vinyl-Verkäufen profitie-ren. „Junge Leute kaufen aber nicht nur nachKonzerten, sondern auch in Supermärktenund Tankstellen“, fügt Vaidas Stackevičiusan, Direktor der litauischen M.P.3 Agency –Musikverlag und unabhängige Konzertagen-tur inklusive Musikmanagement. „Natürlichsteigen die Zahlen im digitalen Vertrieb, dochfür die baltischen Staaten kann gesagt wer-den, dass der Umsatzrückgang der physi-schen Produkte nichtmehr so gravierend ist,wie in den Jahren zuvor.“Die Verbreitung der digita-len Kanäle und deren Nut-zung ist in den einzelnenLändern sehr unterschied-lich ausgeprägt. In Polenist laut Michał Warchoł be-sonders in den letztenzwei Jahren eine deutlicheEntwicklung im Strea-ming-Bereich zu verzeich-nen. Spotify, Deezer undWiMP oder der polnischeAnbieter Muzo sind dabeivorn. „Doch unsereHaupteinnahmequelle alsdigitaler Vertrieb sind der-zeit Kooperationen mitden großen Mobilfunkan-bietern, wie etwa T-Mobileoder Orange“, sagt er. „FürPolen lässt sich sagen, dassder digitale Musikmarktim ersten Halbjahr 2014 um ca. 20 Prozent zu-gelegt hat, was umgerechnet insgesamt einenUmsatz von etwa 4,8 Millionen Euro bedeutet.Doch muss in diesem Zusammenhang auchdarauf verwiesen werden, dass lediglich 20Prozent der Spotify-Nutzer auch als Käuferauftreten. Doch auch hier ist eine spürbare Be-wegung nach oben zu verzeichnen.“ Strea-ming ist auch in Russland für viele Musikkon-sumenten die erste Wahl. „Nur sind dort an-dere Streaming-Dienste marktführend“, er-klärt Vladimir Kravchenko, „etwa vk.com,Yandex Music oder Zvooq.“ In Slowenien hin-gegen spielt Streaming kaum eine Rolle. „Spo-tify ist hier noch gar nicht am Markt und Dee-zer erst seit ein paar Monaten“, gibt MiranRusjan zu Protokoll. Doch auch illegale Ver-triebswege sind immer noch nicht ver-schwunden. Robert Amirian verweist dabei

auf den polnischen Anbieter Chomikuj.pl.„Dort gewähren sich die Teilnehmer gegensei-tig kostenlosen Zugriff auf die Musikordnerauf ihren Rechnern.“

Szenebesonderheiten undNischenszenenNeben den gängigen Genres Rock und Pop inihren diversen Ausprägungen, die es landauf,landab gibt, finden sich in den östlichen Län-dern spannende Szenebesonderheiten oderNischenszenen. Drei davon sollen hier kurzbeleuchtet werden. In Polen gibt es das Phänomen von „DiscoPolo“. „Musikalisch ist Disco Polo ein Sam-melsurium aus Italodisco und polnischenVolksliedern, die meist zu Hochzeiten oder

Dorffesten gesungen werden“, versucht Mi-chał Warchoł eine Erklärung. „Charakteristi-sches Merkmal ist dabei die ausschließlicheVerwendung der polnischen Sprache. Eigent-lich ist Disco Polo eine Erscheinung der1990er Jahre, doch momentan findet durchdas Internet – vor allem auf YouTube – eineWiederentdeckung statt. Einer der Protago-nisten ist Marcin Millers Band Boys. Die Re-sonanz ist so stark, dass 2015 der Film ‚DiscoPolo’ des Regissuers Maciej Bochniak in dieKinos kommt.“ Faszinierend sind nicht nurdie Umsätze, die laut Robert Amirian drei bissechs Mal höher liegen als die der Main-stream-Musik, sondern auch die Tatsache,dass die Verbreitung nicht nur auf den polni-schen Sprachraum beschränkt bleibt. Interna-tional wird Disco Polo vor allem in Asienwahrgenommen.

| Kenner der osteuropäischen Märkte(v.l.): Michał Hajduk ist beim InstytutAdama Mickiewicza für die Promotion pol-nischer Musik im Ausland verantwortlich.Sein Aufgabengebiet: „Alternative Musicand Jazz Projects“; Tony Duckworth istGeneral Manager von PIAS Poland & Eas-tern Europe; Vladimir Kravchenko ist CEObei Colisium Music and Media Conventionin Russland | Fotos: zvg

mus

ikmarkt 03|15

recorded musicosteuropa

25

Auch für Slowenien kann gesagt werden,dass die dortige Ethno-Folk-Szene mit ihrenVorreitern Modrijani oder Avseniki mindes-tens ebenso strak im Verkauf von Tonträgernist, wie internationale Mainstream-Künstler.Vladimir Kravchenko weist auf das russischePhänomen des Chanson hin. „Das hat mitdem französischen Chanson rein gar nichtsgemein“, stellt er klar, „meist sind das großeBalladen voller Herzschmerz, Leid und dem,was der Westen oft als russsiche Seele be-zeichnet. Wir Russen mögen es einfach,manchmal zu leiden. Und wenn es nur in unddurch unsere Chansons ist.“ Respektabel sindauch die Verkaufsergebnisse der GenresHeavy Metal sowie Hip-Hop.

Festivals und Konferenzen Die Live-Szene, damit auch Festivals, ist inden östlichen Ländern ein großer Faktor imMusikgeschäft. Zu den international bekann-testen gehört sicherlich das „Sziget Festival“in Budapest (siehe Kasten). Genauso bedeu-tend wie die internationalen Festivals sindMusikkonferenzen oder Showcase-Festivals.Auch in dieser Beziehung mausert sich derOsten. „Die derzeit am höchsten angeseheneVeranstaltung dieser Art ist die Tallinn MusicWeek“, sagt Robert Amirian. „Das hängt da-

mit zusammen, dass derestnische Präsident, einausgewiesener Musikfan,von Beginn an die Konfe-renz unterstützt hat.“Diese Kombination ausMusikfestival und Konfe-renz findet in der Zeitvom 25. bis 29. März statt(s. S. 27).

Kreativer OutputDiese Veranstaltungen(vgl. Kasten) haben zumZiel, die westliche Musik-wirtschaft mit dem krea-tiven Output des Ostensvertraut zu machen. Derzu verzeichnende Besu-cherzustrom wächst vonJahr zu Jahr. Ein Schau-fenster für die Musik desOstens ist auch die „Wa-ves Vienna“, die diesesJahr zwischen dem 30.September und dem 4.Oktober stattfindet. „Umden musikalischen Aus-tausch zwischen Ost undWest zu beflügeln, bedarfes natürlich des interna-tionalen Netzwerkens

zwischen Künstlern, Promotern, Verlegernoder Lables“, lässt Michał Hajduk verlauten.„Aber es muss nachhaltig und organisiertpassieren. Auch entsprechende Budgets sindvonnöten. Deshalb haben wir vom InstytutAdama Mickiewicza 2008 in Polen die Initia-tive ,Don’t Panic – We’re From Poland’ ins Le-ben gerufen und polnische Bands und Künst-ler beim Reeperbahn Festival in Hamburg,der South by Southwest (SXSW) im texani-schen Austin, The Great Escape in England,c/o Pop in Köln, Eurosonic Noorderslag imniederländischen Groningen oder beim Pri-mavera Sound in Barcelona unterstützt. Ins-gesamt haben wir in über 30 Events in mehrals 14 Ländern 70 Musikacts eine Plattformvor Ort geboten.“ Darunter waren großartigeEntdeckungen, wie etwa die Elektropop-Band Bokka. Was „Don’t Panic – We’re From Poland“ dains Leben gerufen hat, könnte wegweisendsein für östlichen Musikexportanstrenungen.„Klar muss aber sein, dass Märkte wieDeutschland, Frankreich, England oder dieskandinavischen Länder nur geknackt wer-den können, wenn die Aktivitäten auch über-national koordiniert werden und nachhaltig,mit langem Atem vorgetragen werden“, gibtTony Duckworth zu bedenken.

| Die slowenische Band Laibach (o.) repräsentiert den musikalischen Teil des interdiszipli-nären Kunstkollektivs Neue Slowenische Kunst (NSK); die „Disco Polo“-Legende Boys |Foto: Luka Kase, zvg

mus

ikmarkt 03|15

recorded music osteuropa

26

Franz X.A. Zipperer ist ein deutscher Musik-journalist und Fotograf. Der 62-Jährigeschreibt u.a. für die dpa und die „taz“. Erlebt in Berlin.

autor

Ist der Osten also doch ein Musikmarkt, derPotential für westliche Märkte hat? Und viel-leicht sogar ein schlafender Riese? „Wir ha-ben so viele spannende Künstler, von denendie Welt wissen sollte“, sagt Vladimir Krav-chenko, „und damit meine ich alle östlichenLänder, nicht nur Russland. Vermutlich istdieses Wissen auch die Triebfeder für die Ent-scheidung des Eurosonic Noorderslag. Denn2016 rückt das Showcasefestival erstmals keinLand, sondern eine ganze Region als offiziel-ler Partner in den Fokus, nämlich 13 Länderaus Zentral- und Osteuropa.| Franz X.A. Zipperer

Festivals und Showcase-Events in Osteuropa

Zu den international bekanntesten osteuro-päischen Festivals gehört das „Sziget Fes-tival“ in Budapest. Auf über 60 Bühnenfinden mehr als 1000 Einzelveranstaltungenstatt. Zahlreiche Headliner, darunter RobbieWilliams, Florence + The Machine oder alt-Jpräsentieren sich dieses Jahr zwischen dem10. und 17. August den zu erwartenden400 000 Besuchern.

„Przystanek Woodstock“ findet jährlichAnfang August im polnischen Kostrzyn nadOdrą statt und war mit mehr als 750 000Besuchern 2014 wohl eines der größten Fes-tivals. 2015 findet es vom 30. Juli bis zum 1.August statt. Hier regieren nicht die großenNamen, sondern das Festivalgefühl.

Das größte russische Festival, das „Kubana“, fand bisher an der Schwarz-meerküste in der Nähe von Krasnodar statt.Aufgrund der momentanen geopolitischenSituation findet das „Kubana“ 2015 zwi-schen dem 6. und dem 9. August an der bal-tischen Küste nahe Kaliningrad statt.

Auf großes internationales Interesse stoßenauch die Colisium-Konferenzen, die inMinsk, St. Petersburg (16. bis 19. April), Mos-kau und Kiew stattfinden.

Zwei Konferenzen in Polen machen seit kur-zem ebenfalls von sich reden: die „Co JestGrane – Europejskie Targi Muzyczne“ inWarschau, die Ende November stattfindetund ein noch junges Showcase-Festival mitKonferenz, „Spring Break“ in Poznan, dasvom 23. bis 25 April ins Rennen geht.

Eine weitere neue Initiative ist „Ment“ imslowenischen Ljubljana, die vom 4. bis 6.Februar stattfand.

im überblick

mus

ikmarkt 03|15

recorded musicosteuropa

27

Tallinn callin’!Der Tallinn Music Week (TMW), die dieses Jahr vom 25. bis 29. März stattfindet, liegt die Ideezugrunde, die estnische Musik von Jazz und Folk bis hin zu Punk und Metal einem internationa-len Publikum vorzustellen. Die TMW soll aber auch Tallinn und Estland als kulturtouristischesReiseziel erschließen.

Seit sie 2009 zum ersten Mal stattfand, hatsich die Tallin Music Week (TMW) schnellweiterentwickelt. Zu einer viel beachtetenMischung aus dem größten Club-Festival derbaltisch-nordischen Region und einer Fach-konferenz für die Musikindustrie. Danebenhaben sich Angebote für die breite Öffentlich-keit etabliert, etwa das TMW-City-Stage-Pro-gramm. Kostenlos musizieren Künstler jegli-cher Couleur im kleinen Rahmen in Cafés,Galerien, Theatern oder Buchläden.Daneben gibt es die TMW-Gespräche. Das isteine Serie von Diskussionen zu allgemein in-teressierenden Musikthemen. Und dann istda noch die TMW-Tastes, dabei geht es umdie kulinarischen Genüsse. In einem festival-eigenen Pop-up-Restaurant und in handver-lesenen Restaurants und Cafés gibt es spe-zielle, manchmal sogar musikbezogene Me-nus und weitere kulinarische Angebote. Neuim Beiprogramm sind ein Kunstprogrammund ein Festival von lokalen Hausbrauereien.2015 präsentiert sich das Festival zudem miteiner neuen Website. Ein Highlight ist jedesJahr die Eröffnungsrede des musikaffinen est-nischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves,der auch bekannt dafür ist, dass er mal ebenein PJ Harvey- oder ein Jello-Biafra-Zitat ausdem Hut zaubert.

Baltische BandsWie jedes Jahr wid-met sich das Konfe-renz-Programm ei-ner großen Band-breite von Themen,die von Aspektender lokalen, musik-bezogenen Kultur-politik bis hin globa-len Geschäftsmodel-len im Musikge-schäft reichen. Wasdas Showcase-Pro-gramm der TallinMusic Week betrifft,sind Bands aus demBaltikum erneutzahlreich vertreten.Ein umfassenderer

Eindruck ist wohl nur in Tallinn während derTMW möglich.Besondere Aufmerksamkeit sollte man denBands aus Weißrussland schenken, denn siesind einfach selten zu sehen und zu hören.Verwiesen sei dabei insbesondere auf Tru-betskoy, der Nachfolgeband der legenadärenTruppe Lyapis Trubetskoy, die sowohl mit al-ten Hits als auch mit neuen Kompositionenan den Start geht. Ebenfalls aus Weißrusslandstammen Altanka, die ihren Ethno-Folkrockpräsentieren.

Dänemark im FokusIm Fokus steht dieses Jahr Dänemark undseine Musikszene. „Die große Eröffnungs-party im Von Krahl Theater wird deshalbauch von Music Export Denmark, JazzDan-mark, World Music Denmark und der däni-schen Musikervereinigung Rosa gestaltet“, soTMW-Festivalleiterin Helen Sildna. „Sie stel-len Bands auf die Bühne, wie die zeitgenössi-schen Ethno-Rocker The Sexican, Die Krach-Pop-Truppe Lowly und den Hip-Hop-ActSlowolf. Jazz wird am Eröffnungsabend auchgeboten und zwar von Emil De Waal +Spejderrobot and Rune Funch Picture Music.Mit der siebten Ausgabe hat die Tallinn MusicWeek unter der Führung von Helen Sildna

endgültig ihren Platz im Reigen der großeneuropäischen Musikindustrie-Konferenzenund Showcase-Festivals gefunden. Immerwichtiger wird dabei auch die Präsentationdes kreativen Potentials der östlichen Länder.Hohen Stellenwert bescheinigten der TallinMusic Week kürzlich auch die britischen Zei-tungen „The Guardian“ und „The Observer“,indem sie diese auf die Liste der fünf wich-tigsten Musik-Festivals setzten.| Franz X.A. Zipperer

| Helen Sildna, Festivalleiterin der Tallin Music Week | Foto: TMW

ZahlenBlickt man auf die Tallin Music Week 2014 zu-rück, so haben 227 Künstler aus 21 Ländernauf 34 Bühnen musiziert, davon waren 149Musiker aus Estland. 22 858 Besucher wur-den gezählt, davon 813 Delegierte der Fach-konferenz. Die Webpräsenz der TMWverzeichnete 74 694 Klicks aus 124 Ländern.

Programm

Donnerstag, 26. MärzNachmittags startet das TMW-Restaurant-Festival „Tastes“, abends bieten die Gratis-CityStage-Konzerte Live-Unterhaltung.

Freitag, 27. MärzUm 10 Uhr wird die TMW-Konferenz 2015 offi-ziell mit einer Rede von Estlands PräsidentToomas Hendrik (Foto) eröffnet.

Samstag, 28. MärzKonferenz-Programm von 10 bis 17 Uhr:Sämtliche Panel-Disussionen finden auf Eng-lisch im Nordic Hotel Forum Konferenz-Cen-ter statt.

Mehr Information: www.tmw.ee

Tallin Music Week

im überblick