gorilla 01 2013 low
DESCRIPTION
ZGF GORILLA ist das Mitgliedermagazin der Zoologischen Gesellschaft FrankfurtTRANSCRIPT
Die ZGF entwickelt sich
Die Frankfurter Organisation ist im-
mer stärker international vernetzt
Der Wolf im Schakalspelz
Genetische Untersuchungen fördern
neue Art ans Tageslicht
24 ZGF DIALOG
24 Buchtipps
24 Leserbriefe
25 Dank an die Spender
Herausgeber
Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V.
Bernhard-Grzimek-Allee 1, 60316 Frankfurt
T: (069) 94 34 46 0 Fax (069) 43 93 48
I: www.zgf.de
Redaktion
Dipl.-Biol. Dagmar Andres-Brümmer,
Zoologische Gesellschaft Frankfurt
T: (069) 94 34 46 11
F: (069) 43 93 48
Mit Beiträgen von
Dr. Christof Schenck, Dagmar Andres-Brümmer, Katharina Hensen,
Dr. Stefan Stadler, Claudia Carda-Döring, Michael Brombacher,
Christine Kurrle sowie namentlich gekenn zeichneten Autorinnen
und Autoren.
Fotos: alle Bilder ZGF, sofern nicht anders angegeben.
Titelfoto: Fotofeeling / OKAPIA
Gestaltung: atelier himmelbraun, Frankfurt am Main
Lektorat: Maria Ullmann
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Auflage: 5.500 Exemplare
Druck: Hassmüller Graphische Betriebe, Frankfurt,
gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
ISSN: 1863-1789
ZGF GORILLA ist die Mitgliederzeitschrift der Zoologischen
Gesellschaft Frankfurt von 1858 e. V. Der Bezugspreis ist
im Mitglieds beitrag enthalten.
© ZGF 2013, Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet
IMPRESSUM DANKE
Wir danken unseren Freunden, Spendern und Sponsoren, ohne
die wir unsere Naturschutzarbeit nicht in dem Maße um setzen
könnten, wie wir es heute tun.
8
16 18
www.facebook.com/Frankfurt.Zoological.Society
WWW.ZGF.DE
03 EDITORIAL
10 SCHWERPUNKT:
DIE ZGF-STRATEGIE 2020
10 Auf alten und neuen Wegen:
die ZGF-Strategie 2020
16 ZGF Programmschwerpunkte 2013
04 AKTUELLES WELTWEIT
Neues aus unseren Projekten, von unseren
Partnern und rund um die ZGF-Projektgebiete
26 AUS DEM ZOO FRANKFURT
26 Aktuelles
27 Veränderungen im Tierbestand
18 AUS DEN PROJEKTEN
18 Äthiopien: Ein Wolf im Schakalspelz
27
2 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
INHALT 01/ 2013
Mit der Serengeti und dem Selous in Ostafrika, dem Manu- und
Purus-Nationalpark am Rande des Amazonasbeckens, ehemaligen
Truppenübungsplätzen in Deutschland und dem Bukit-Tigapuluh
Nationalpark im Zentrum der indomalayischen Regenwälder wollen
wir die wichtigsten, schönsten und artenreichsten Gebiete schützen.
Wir legen den Schwerpunkt auf Wildnisge-
biete, die unsere Hilfe bitter nötig haben, die
aber auch Chancen haben, in einer Welt mit
immer mehr Menschen, Straßen und Sied-
lungen zu bestehen.
Wir scheuen uns nicht, auch in schwierigsten
Regionen zu operieren, wie im Osten der Re-
publik Kongo. Doch setzen wir auch nicht
alles auf eine Karte und haben auch einige
Projekte im Programm, die geringe Risiken
aufweisen. Unser roter Faden heißt Biodi-
versität und Wildnis. Wir konzentrieren uns
auf Wälder, Feuchtgebiete, Grasländer und
Bergregionen. Unsere Mitarbeiter sind die
Handwerker vor Ort. Unterwegs mit dem
Geländewagen, zu Fuß, mit dem Boot, dem Flugzeug, oder auch auf
Pferderücken. Vor allem sind wir aber eins: Wir sind Berater und
Ausbilder in den Projektländern. Wir versuchen Schätze weltweiter
Bedeutung zu erhalten, so dass auch die Menschen vor Ort letztend-
lich davon profitieren.
Bei der Vernichtung von Lebensräumen zählt jede Stunde, bei der
Rettung jeder Euro. Nur mit der Hilfe unserer Freunde, Förderer und
Mitglieder werden wir in der Lage sein, das ambitionierte Programm
durchzuführen und vor allem längerfristig die Arbeit vor Ort zu
finanzieren.
Wir zählen auf Sie!
Im 155. Jahr ihres Bestehens hat sich die Zoologische
Gesellschaft Frankfurt ein ambitioniertes Programm geschultert. Nie
zuvor haben wir so viele Mittel für den Naturschutz eingeplant. Auf
vier Kontinenten werden wir alles tun, was in unserer Macht steht,
um herausragende Wildnisgebiete und Naturschätze zu bewahren.
Angesichts enormer Herausforderungen,
aber auch besonderer Chancen, möchten wir
jetzt gezielt in ein moderates Wachstum der
Organisation investieren. Ziel ist eine mög-
lichst perfekte, aber dennoch kleine Ver-
waltung. Bei der Verwendung von Spenden,
Mitgliedsbeiträgen, Erbschaften und Dritt-
mitteln staatlicher Geber gelten für uns
höchste Anforderungen.
Mit größtem Nachdruck stellen wir uns der
Welle der Wilderei auf Elefanten und Nashör-
ner entgegen. Wir werden Ranger ausrüsten,
Posten bauen, Fahrzeuge besorgen und auch
neue Technologien zur Überwachung großer,
unzugänglicher Landschaften einsetzen. Wir wollen neue Partner-
schaften schließen, um gemeinsam die Ausrottung dieser charisma-
tischen Tiere zu verhindern.
Mit dem Aufbau von Gemeindebanken, die nur ökologisch vertret-
bare Geschäftsmodelle finanzieren, fördern wir eine nachhaltige Ent-
wicklung in den Siedlungen an den Parkgrenzen. Dies ist auch das
Ziel der zahlreichen Umweltbildungsprogramme und der Entwick-
lung eines angepassten Tourismus. Für Orang-Utans auf Sumatra,
Languren in Vietnam, Riesenotter in Peru, Saigas in Kasachstan,
Wisente in Weißrussland, Wildkatzen in Deutschland, Gorillas im
Kongo oder Schimpansen in Tansania führen wir spezielle Schutz-
programme durch.
Dr. Christof Schenck, Geschäft sführer der
Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder und Freunde,
Unser roter Faden heißt
Biodiversität und Wildnis.
Auf vier Kontinenten
werden wir alles tun, was
in unserer Macht steht, um
herausragende Wildnis-
gebiete und Naturschätze
zu bewahren.
3ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
EDITORIAL
KASACHSTAN
Riesiges Schutzgebiet für die Saiga-AntilopeKasachstan richtet das neue Schutzgebiet
„Altyn Dala“ ein, es umfasst 500.000 Hektar
an natürlichen Steppen- und Halbwüstenöko-
systemen.
In Kasachstan gibt es schier endlose Gras-
länder, durch die – ähnlich wie in der
afrikanischen Savanne – Säugetiere im Jah-
resrhythmus wandern. Hauptsächlich sind
dies die Saiga-Antilopen (Saiga tatarica).
Anfang der 1990er Jahre gab es dort noch
fast eine halbe Million Saiga-Antilopen,
2003 war die Art nahezu verschwunden –
fast vollständig ausgerottet durch Wilderei.
Intensive Naturschutzbemühungen, seit fast
10 Jahren unterstützt durch die ZGF, haben
den Bestand langsam wieder steigen lassen.
Dass die kasachische Regierung vor wenigen
Wochen grünes Licht gegeben hat für ein
riesiges neues Schutzgebiet, das den Lebens-
raum der Saiga abdeckt, ist ein großer Erfolg
für den Naturschutz. Am 26. November 2012
hat die Regierung Kasachstans offiziell die
Verträge für das neue Schutzgebiet „Altyn
Dala“ unterzeichnet. Zu den bereits be-
stehenden Schutzgebieten in der ZGF-
Projektregion ist somit ein großes Stück
Steppenlebensraum hinzugekommen. „Al-
tyn Dala“ ist besonders für die stark gefähr-
dete Saiga-Antilope von großer Bedeutung,
da die Tiere dieses Gebiet zum Kalben und
als Sommerweide nutzen. Das neu ausge-
wiesene Schutzgebiet spielt somit eine ent-
scheidende Rolle für die Bewahrung dieser
Art. Der vollständige Name des Schutzge-
biets lautet Staatliches Naturreservat „Altyn
Dala“; es besteht aus drei Teilstücken, die
insgesamt 489.766 Hektar umfassen. Hier
gibt es Feuchtgebiete, die wichtige Brutge-
biete für die bedrohten Krauskopfpelikane
und Weißkopfruderenten, aber auch Rastge-
biete für den extrem seltenen Schneekranich
sowie für Zwerg- und Rothalsgänse sind.
Geprägt ist das Gebiet jedoch vor allem
durch die Steppenlandschaften, die bisher
im nationalen Schutzgebietssystem und auch
international nur wenig vertreten waren. Die
Schutzgebietskategorie „Staatliches Natur-
reservat“ gestattet in Kasachstan nur Öko-
tourismus, Forschung und traditionellen
Landbau in Maßen, und das nur außerhalb
einer großen Kernzone, in der es keinerlei
menschliche Einflussnahme geben darf.
Erfolg für die Naturschutzinitiative Altyn Dala
Die Schaffung dieses Naturreservats wurde
maßgeblich von der ZGF initiiert, unterstützt
und ist ein großer Schritt vorwärts für die
TRAINING IN PERU
Ende 2012 haben sich die ZGF, die Gesell-
schaft für Internationale Zusammenarbeit
GIZ und die peruanische Schutzgebietsbe-
hörde SERNANP zusammengeschlossen,
um ein Netzwerk für die Aus- und Weiter-
bildung des Personals der Schutzgebiete in
Peru aufzubauen. Peru hat 77 geschützte Ge-
biete mit insgesamt 22 Millionen Hektar, die
von 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
überwacht werden. Die ZGF unterstützt die
Ausbildung der Parkmitarbeiter seit 2002.
Im neuen Netzwerk sind außerdem dabei:
USAID/Perú Bosques, CIMA-Cordillera
Azul, DRIS/Desarrollo Rural Sustentable,
Wildlife Conservation Society-WCS, Peace
Corps of the USA und die Universidad Na-
cional Agraria La Molina.
Ú www.sernanp.gob.pe/sernanp/noticia.
jsp?ID=1263
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ZGF
Astana
Kostanay
Karaganda
Zhezkasgan
Almaty
Kasachstangeschützte Zone
Staatliches Naturrreservat Altyn Dala
Naturreservat
ADCI-Projektgebiet
Seen
Zakaznik (Schutzgebiet mit Naturschutzmanagement)
Zapovednik (höchste Schutzkategorie, Naturschutzgebiet)
PROJEKTGEBIET VON ADCI MIT SCHUTZGEBIETEN
0 100 200 300 400 km
4 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AKTUELLES WELTWEIT
GALÁPAGOS
Vier Jahre Haft für Leguan-Schmuggel Im letzten Sommer war der Deutsche Dirk
Bender auf Galápagos verhaftet worden,
nachdem in seinem Gepäck vier lebende
Landleguane entdeckt worden waren.
Anfang Februar verkündete das erste Straf-
gericht von Galápagos das Urteil im Prozess
gegen Bender, der sehr zügig nach dessen
Verhaftung eingeleitet worden war. Vier
Jahre wird der deutsche Schmuggler nun im
Gefängnis von Guayaquil auf dem ecuadori-
anischen Festland absitzen müssen. Darüber
hinaus muss er dem Galápagos Nationalpark
den entstandenen Schaden ersetzen.
Galápagos hatte Wert darauf gelegt, den
Prozess und auch das Urteil möglichst weit
VIETNAMS PRIMATEN
Das Vietnamese Journal of Primatology ist
eine wahre Fundgrube für alle, die sich
für die seltenen Affen Vietnams interes-
sieren. Die neue Ausgabe enthält sehr spe-
zielle wissenschaftliche Studien, etwa über
die vergleichende Schädelmorphologie von
Kleideraffen, aber auch ausführliche Be-
richte über das ZGF-Projekt zur Wieder-
ansiedlung von Delacour Languren im Van
Long Schutzgebiet und das Son Tra Douc
Langur Research and Conservation Project
der ZGF. Die Ausgabe 1/2012 finden Sie
online unter
Ú www.zgf.de (unter Publikationen)
Altyn Dala Conservation Initiative (ADCI),
die vom Komitee für Forst und Jagd des ka-
sachischen Landwirtschaftsministeriums
(CFH) initiiert worden war und vom Ent-
wicklungsprogramm der UN (UNDP) und
internationalen Partnern unterstützt wird.
Partner und Unterstützer von ADCI sind die
Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF)
und die Royal Society for the Protection of
Birds (RSPB). Die Altyn Dala Conservation
Initiative wird umgesetzt von der Associa-
tion for the Conservation of Biodiversity of
Kazakhstan (ACBK) und zielt darauf ab, ein
Netzwerk effektiver Schutzgebiete in Zen-
tralkasachstan zu schaffen, zum Schutz der
Steppen- und Halbwüstenökosysteme mit
der Saiga-Antilope als Schlüsselart.
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publik zu machen, um klar zu demonstrie-
ren, dass der Schmuggel bedrohter Arten
kein Kavaliersdelikt ist und dass die Straf-
verfolgung auf den Inseln zuverlässig funk-
tioniert. Die Behörden hatten daher direkt
den vollen Namen des 32-jährigen veröffent-
licht und auch darauf hingewiesen, dass die-
ser bereits wegen Leguanschmuggels auf den
Fischdi-Inseln verurteilt worden war.
Die geschmuggelten Leguane der Art Cono-
lophus subcristatus werden von der IUCN als
gefährdet eingestuft und stehen auf Anhang
II des internationalen Artenschutzabkom-
mens CITES.
Das neue Schutzgebiet sichert vor allem
die Gebiete, in denen die Jungtiere der Saiga
geboren werden.
Vier Landleguane hatte der Deutsche geschmuggelt, dafür erhielt er nun vier Jahre Haft in einem
Gefängnis in Ecuador.
5ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AKTUELLES WELTWEIT
WEISSRUSSLAND
Ein Wildnis-Freilandlabor Die Republik Weißrussland hat 2011 die
Kernzone des Nationalparks Belovezhkaya
Pushcha auf 57.000 Hektar erweitert und
Jagd, Wildfütterung sowie Holznutzung dort
komplett eingestellt. Ende September 2012
organisierte die ZGF zusammen mit Part-
nern in Weißrussland einen ersten Projekt-
planungsworkshop, im Nationalparkzentrum
von Belovezhkaya Pushcha in Kamenyukij
(„Pushcha“ steht übersetzt für „dichter
Wald“). Dabei wurde ein Arbeitsplan für die
kommenden fünf Jahre vereinbart.
Im Vordergrund steht die Verbesserung des
Wasserhaushaltes, um das Wasser wieder
länger im Bialowieza-Wald zu halten und so-
mit die Wuchsbedingungen für den natür-
lichen Wald zu verbessern. Der Umgang mit
den großen Säugern wie Wisent, aber auch
dem Rotwild im Park soll auf Dauer natür-
licher werden. Anhand von Studien wird
in den kommenden Monaten die natürli-
che Tragfähigkeit des Parks für die Popu-
lationen der beiden Arten bestimmt, um
dann entscheiden zu können, wie mit „über-
schüssigem“ Wild umzugehen ist. Schon
jetzt wandern Wisente aus dem Park in an-
grenzende Felder und sorgen für erhebliche
Schäden in der Landwirtschaft.
Das Einstellen der Nutzung, gekoppelt
mit einer möglichen Zunahme von nassen
Standorten, wird die Verteilung der Huftiere
ändern, aber auch das Verhalten von Räu-
bern wie dem Wolf. In diesem großflächigen
Waldgebiet entsteht damit ein riesiges Frei-
landlabor, auf dem der Einfluss dieser Ver-
änderungen auf das Wild, aber auch die
natürliche Entwicklung und Regeneration
des Waldes untersucht werden kann.
Der Nationalpark Belovezhkaya Pushcha ist
aufgrund seiner Großflächigkeit und Un-
zerschnittenheit ein Wildnisgebiet von eu-
ropäischer Bedeutung. Sein Reichtum an
Arten und Lebensräumen ist nicht annä-
hernd beschrieben. Die ZGF und die Natio-
nalparkverwaltung werden den gemeinsam
entwickelten Arbeitsplan zusammen mit
anderen Partnern und Förderern nun um-
setzen. Dieses Projekt wird von Lufthansa
sowie der gemeinnützigen Stiftung Freunde
des Tieres unterstützt.
AUSGEZEICHNETE ARBEIT
Die ehrenamtlichen Naturschutzbotschafter
von ZGF und Zoo Frankfurt, die seit nun-
mehr sechs Jahren große und kleine Zoobe-
sucher an Infomobilen für den Naturschutz
begeistern, wurden ausgezeichnet. 2013
dürfen sie sich offiziell als „Projekt der UN-
Dekade Biologische Vielfalt“ des Zentrums
für Umweltkommunikation der Deutschen
Bundesstiftung Umwelt bezeichnen. Herz-
lichen Glückwunsch!
Ú www.naturschutz-botschafter.de
VON FORT IKOMA NACH BERLIN
ZGF-Mitarbeiterin Florentina Julius aus Fort
Ikoma wird Afrika beim „Future of Natural
Resources“-Gipfeltreffen in Berlin im Sep-
tember 2013 repräsentieren. Im Rahmen
einer von der Heinrich-Böll-Stiftung ge-
förderten Tagung in Nairobi, wurde sie als
Stellvertreterin der Jugend Tansanias aus-
gewählt. Florentina arbeitet am Aufbau der
„Community Conservation Banks“ in den
Dörfern des Serengeti Ökosystems.
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Die Lebensbedingungen für die Wisente im weißrussischen Belovezhkaya Pushcha
sollen zukünftig natürlicher werden.
6 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AKTUELLES WELTWEIT
DR KONGO
Gefährliche Zeiten in VirungaDer Osten der Demokratischen Republik
Kongo wurde in den vergangenen Monaten
erneut zum Kriegsgebiet, nachdem die Re-
bellengruppe „M23“ Teile von Ost-Kivu und
des Virunga-Nationalparks besetzt hatte.
Hiervon war auch der Mikeno-Sektor, in
dem die Berggorillas leben, betroffen. Nach
einer unruhigen Anfangsphase schien sich
die Lage zunächst wieder etwas zu stabilisie-
ren, die Rebellen zeigten sich durchaus am
Schutz der Berggorillas interessiert und wa-
ren zur Kooperation mit dem Nationalpark
bis zu einem gewissen Grad bereit. Auch das
ZGF-Projektteam konnte ab September 2012
wieder vorsichtige Versuche unternehmen,
die Arbeit im Park wiederaufzunehmen.
Doch Mitte November eskalierte die Situ-
ation erneut, als „M23“ einen Vormarsch
auf die Provinzhauptstadt Goma begann.
Rund um Goma und Virunga entbrannten
Kämpfe zwischen dem kongolesischen Mili-
tär, den „M23“ sowie weiteren Gruppen. In-
mitten dieses Kampfgeschehens befand sich
das ZGF-Team mit Projektleiterin Alison
Mollon in Rumangabo, dem Hauptquar-
tier des Nationalparks. Durch die Kämpfe
war Alison Mollon und ihren vier kongole-
sischen Kollegen der Weg nach Goma und
ins sicherere Gisenyi auf ruandischer Seite
versperrt. Zusammen mit den wenigen
verbliebenen Nationalpark-Rangern ver-
schanzten sie sich so gut es ging im ICCN-
Hauptquartier, während sie über mehrere
Tage hinweg Gefechtsfeuer und Bomben-
einschläge in der unmittelbaren Umgebung
hörten. In permanentem Telefonkontakt mit
den UN-Truppen in Goma sowie der Deut-
schen Botschaft in Kinshasa suchten Alison
Mollon sowie Afrika-Programmleiter Robert
Muir nach einer Evakuierungsmöglichkeit.
Nach drei Tagen schließlich konnte das Team
von einer Eskorte der UN-Friedenstruppe
zunächst in deren mobiles Einsatzlager in
Katale gebracht werden.
Glücklicherweise gelang es, vor allem Dank
des deutschen Botschafters in Kinshasa,
Alison Mollon nach Uganda zu bringen.
Unsere vier kongolesischen Kollegen ent-
schlossen sich, Katale mit einem UN-Kon-
voi Richtung Goma zu verlassen, um zu
ihren Familien zu gelangen. Am 20. Novem-
ber schließlich fiel Goma in die Hände der
„M23“ und die Kämpfe zwischen den ein-
zelnen Bürgerkriegsparteien halten weiter
an. Die politische Situation im Ostkongo
bleibt weiterhin unsicher, so dass unsere
Projektarbeit für den Virunga-Nationalpark
im Moment nur in Form von Nothilfe-Maß-
nahmen erfolgen kann.
ICH SEH ETWAS ...
Ist das ein Zipfel von einem Löwenschwanz?
Oder ist es nur Gras, was sich da bewegt? Auf
www.snapshotserengeti.org haben Löwen-
forscher Craig Packer und seine Kollegen
von der University of Minnesota Millionen
von Schnappschüssen online gestellt, die
sie mit ihren insgesamt 225 bewegungs-
gesteuerten Kamerafallen in der Serengeti
aufgenommen haben. Da es den Wissen-
schaftlern unmöglich ist, all die Bilder aus-
zuwerten, bitten sie die Internetgemeinde
um Mithilfe. Auf „snapshotserengeti“ kann
jeder mithelfen und ein Bild nach dem an-
deren anschauen und vermerken, was darauf
zu sehen ist – ein fressendes Gnu, drei faule
Löwen, der Hintern eines Zebras oder eben
auch nichts. Man sollte sich allerdings vorse-
hen: Die Webseite macht süchtig, denn man
hofft mit dem nächsten Bild stets auf den
Superschnappschuss zwischen all den Gras-
Fotos. Also, noch eins. Und noch eins.
Ú www.snapshotserengeti.org
JUNGE TIERFOTOGRAFEN AUFGEPASST!
Ab sofort können sich Kinder im Alter von
neun bis dreizehn Jahren für einen Fotokurs
im Zoo Frankfurt bewerben. Vom 24.-26.
Mai 2013 werden zwölf Kinder zusammen
mit einem professionellen Fotografen Tiere
beobachten, verstehen lernen und natürlich
fotografieren! Die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer des Kurses werden aus allen Be-
werbungen ausgelost. Bewerbungsschluss ist
der 1. Mai 2013. Alle Infos unter:
Ú www.naturschutz-botschafter.de
Tausende von Familien leben in provisorischen Flüchtlingscamps, denn die Situation in der Region
Kivu ist weiterhin instabil und die Sicherheitslage bleibt angespannt.
7ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AKTUELLES WELTWEIT
FRANKFURT
Schubert-Preis für Elsabe und Hugo van der Westhuizen
SIMBABWE
Wilderer akzeptieren keine Grenzen
Seit mehr als 15 Jahren stellen die West-
huizens ihr Leben in den Dienst des Natur-
schutzes in Afrika, auch wenn das hieß, jahre-
lang mit ihren Kindern im Zelt mitten im Busch
zu leben. Mitte November wurden sie für ihr
Engagement mit dem Bruno H. Schubert-
Preis ausgezeichnet.
Im Auftrag der ZGF waren Hugo und Elsabe
van der Westhuizens zunächst für viele Jahre
im North Luangwa Nationalpark in Sambia,
sind jetzt im Gonarezhou Nationalpark in
Simbabwe tätig – beides entlegene Wildnis-
gebiete von immenser Schönheit und enor-
mer Bedeutung für den Naturschutz und die
Erhaltung bedrohter Arten, etwa der Nashör-
ner. Gemeinsam mit den Parkbehörden der
jeweiligen Länder und in Zusammenarbeit
mit der lokalen Bevölkerung versuchen die
Westhuizens, diese großartigen Gebiete für
die Zukunft zu sichern. Das erfordert neben
all ihrem fachlichen Können auch die Bereit-
schaft, mit der Familie weit abseits jeglichen
Komforts zu leben.
Die beiden Südafrikaner haben großen An-
teil daran, dass das Spitzmaulnashorn in
North Luangwa wieder heimisch wurde
und die Wiederansiedlung dieser charisma-
tischen Tierart zu einem nationalen Symbol
für den Naturschutz in Sambia geworden
ist. Auch in Simbabwe, wo sie seit 2007 mit
ihren beiden Töchtern leben und arbeiten,
haben sie für den Schutz des Gonarezhou
Ökosystems viel erreicht. Innerhalb der
letzten fünf Jahre bauten sie beispielsweise
wieder ein funktionierendes, effektives
Parkmanagement auf. Jetzt gibt es wieder
eine einsatzfähige, motivierte Rangertruppe,
deren Patrouillenarbeit mittlerweile um
Die zunehmende Elefantenwilderei erreicht
nun auch das ZGF-Projektgebiet im Gona-
rezhou-Nationalpark in Simbabwe. In den
vergangenen Monaten wurden vermehrt
Elefanten, aber auch zahlreiche andere Wild-
tiere in Gonarezhou erschossen oder vergif-
tet. Eigentlich gehört die gesamte Region
zur „Greater Limpopo Transfrontier Conser-
vation Area“, einem grenzüberschreitenden
Schutzgebietskomplex in Südafrika, Sim-
babwe und Mosambik. Doch ausgerechnet
das mosambikanische Gebiet, das direkt an
den Gonarezhou Nationalpark grenzt, besitzt
keinerlei offiziellen Schutzstatus. Dort gibt es
aufgrund jahrzehntelanger Bejagung kaum
noch Wildtiere, so dass nun das wildtier-
und vor allem elefantenreiche Gonarezhou
zunehmend ins Visier der Wilderer rückt.
Da die Grenze nur unzureichend überwacht
wird, ist den kriminellen Banden Tür und
Tor geöffnet. Eine funktionierende Straf-
verfolgung gibt es für den illegalen Wild-
tierhandel in Mosambik nicht. Zusätzlich
verlocken die hohen Preise für Wildtierpro-
200 % heraufgesetzt werden konnte. Ermu-
tigende Fortschritte zum Schutz dieses ein-
zigartigen Parks.
dukte, wie Elfenbein und Rhinozeroshorn,
immer mehr Wilderer, Zwischenhändler
und korrupte Beamten, sich an dem profit-
versprechenden Geschäft zu beteiligen. Der
Hafen von Maputo gilt mittlerweile als einer
der wichtigsten Umschlagplätze für illegale
Wildtierprodukte aus dem südlichen Afrika.
Regional begrenzte Sicherungsmaßnahmen
in Gonarezhou können die Wilderei nicht
ausreichend eindämmen, hier ist eine
grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf
verschiedensten Ebenen erforderlich. Er-
freulicherweise kann die ZGF dank einer fi-
nanziellen Förderung der Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ge-
nau da ansetzen. Mit den Mitteln werden
nicht nur zusätzliche Rangerposten an der
Grenze aufgebaut, sondern es wird vor allem
die Vernetzung der zuständigen Behörden
und Organisationen aus allen drei Ländern
verbessert.
Gonarezhou Nationalpark in Simbabwe.
Preisträger Elsabe van der Westhuizen und ihr
Mann Hugo erhalten die Urkunde zum Schubert-
Preis von Laudator Prof. Dr. Manfred Niekisch.
8 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AKTUELLES WELTWEIT
Für das Projekt Naturschutzbotschafter und für die Verwaltung in
der ZGF-Geschäftsstelle in Frankfurt suchen wir ab März 2013
eine / einen Freiwillige / n im Bundesfreiwilligendienst (Bufdi)
Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V. (ZGF) ist eine
international agierende Naturschutzorganisation mit Sitz in Frankfurt
am Main. Ziel aller unserer Projekte ist der Schutz großer, wichtiger
Wildnisgebiete. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt im östlichen
Afrika, umfangreiche Programme gibt es auch in Europa, Südamerika
und Südostasien.
Das Projekt Naturschutzbotschafter ist ein Kooperationsprojekt der
ZGF und des Zoo Frankfurt. Die Naturschutzbotschafter sind eine
Gruppe von momentan ca.40 Ehrenamtlichen, die die Zoobesucher
über bedrohte Tierarten und ihre Lebensräume informieren und auf
Naturschutzprojekte der ZGF aufmerksam machen.
Wir wünschen uns idealerweise einen Einsatz
für mindestens 12 Monate.
Bewerbungen bitte an:
Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Bernhard-Grzimek-Allee 1
60316 Frankfurt
oder per E-Mail:
www.zgf.de
www.naturschutz-botschafter.de
IHRE AUFGABEN
Unterstützung der Projektleitung im Projekt
Naturschutzbotschafter in allen Tätigkeitsfeldern
Mithilfe bei der Koordination der Ehrenamtlichen
Unterstützung des Sekretariats der Geschäftsstelle
(Präsenzkraft, Telefondienst) und der allgemeinen
Verwaltung nach Absprache
Mitarbeit bei der Vorbereitung von Veranstaltungen
Unterstützung in Aufbau und Pflege der
Bilddatenbank der ZGF
UNSERE ANFORDERUNGEN
PC Kenntnisse (MS Office, Internet)
Bereitschaft zur gelegentlichen Mitarbeit
an Wochenenden und Abenden
Freundlicher Umgang mit Mitgliedern und
Partnern der ZGF
Freude am Umgang mit Kindern und anderen
Zoobesuchern
Bereitschaft zum selbständigen Arbeiten
WIR BIETEN
Ein aufgeschlossenes, motiviertes Team
Interessante und vielfältige Aufgabengebiete
Intensive Einarbeitung
Taschengeld in Höhe von 300 €
RMV-Ticket
Zahlung der kompletten Sozialversicherung
Einsatzort ist der Zoo Frankfurt und die
Geschäftsstelle der ZGF im Zoo Frankfurt
9ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
ANZEIGE
Was hat der Einkauf im Supermarkt mit der Ausrichtung eines
Unternehmens zu tun? Beidem liegt eine Strategie zugrunde.
Anstatt wahllos durch die Gänge zu streifen und hier und dort
etwas in den Einkaufswagen zu legen, ist es viel sinnvoller, anhand
einer Einkaufsliste und mit möglichst kurzen Wegen, die Zutaten für
die nächsten Mahlzeiten zusammenzutragen. Eine Strategie ist das
Anstreben eines Ziels unter Berücksichtigung der verfügbaren Mit-
tel. Sie ist eine Antwort auf eine Herausforderung. Strategien kenn-
zeichnen unser Leben, sie entscheiden über Gedeih oder Verderb in
Politik und Wirtschaft, in Unternehmen genauso wie in Staaten. Eine
Strategie heißt auch, dass man sich fokussieren muss, konkrete Ziele
benennt, Wege dorthin aufzeigt, Indikatoren bestimmt, die anzeigen,
ob man seine Ziele auch erreicht; und natürlich muss man eine Stra-
tegie überprüfen und mitunter anpassen.
Eine Strategie ist also unglaublich wichtig. Ganz besonders für eine
international tätige Naturschutzorganisation wie die Zoologische
Gesellschaft Frankfurt. Die Herausforderungen im Naturschutz
sind geradezu grenzenlos: Noch nie gab es auf diesem Planeten so
viele Menschen, noch nie wurden Lebensräume so grundsätzlich
durch das Wirken einer einzigen Art – uns Menschen – verändert.
Die Prognosen zum Bevölkerungswachstum, dem Verlust arten-
reicher Ökosysteme und den Veränderungen des Weltklimas zeigen
eine weitere Verschärfung der Probleme. Der Schutz der biolo-
gischen Vielfalt und des Klimas sind weltumspannende Kernaufga-
ben. Und so vielfältig die Nöte und Aufgaben sind, so mannigfaltig
sind auch die Lösungswege. Nur mit einer klugen Strategie findet
man einen effizienten Weg durch das Labyrinth der Herausforde-
rungen und Möglichkeiten.
Wie die ZGF ihre Strategie bis zum Ende dieses Jahrzehnts festgelegt
hat, erläutert Geschäftsführer Dr. Christof Schenck im Gespräch.
Die ZGF stellt sich mit einer angepassten Strategie und der Ausrichtung auf ihre Stärken und Besonderheiten den enormen Herausforderungenbeim Schutz biodiversitäts-reicher Wildnisgebiete.
11ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
ZGF-GORILLA: In früheren Jahren förderte die ZGF sehr viel
mehr Projekte als heute, aber dafür waren die klein und über
die Welt verstreut. Seit 2001 folgt sie einer Strategie. Warum?
Dr. Christof Schenck: Bis ins Jahr 2000 war die ZGF ganz anders
aufgestellt, als sie das heute ist: eine kleine Organisation mit einer
Handvoll Mitarbeitern in Frankfurt und einigen wenigen enga-
gierten Einzelkämpfern draußen in der Welt. Die Projektförderung
wurde mehr oder weniger aus dem Bauch heraus und nach Gefühl
entschieden. Das heißt nicht, dass das schlecht war, aber es war nicht
zwingend effektiv. Im Jahr 2001 hatte die ZGF daher erstmalig eine
eigene Naturschutzstrategie entwickelt und in den Folgejahren sehr
erfolgreich umgesetzt. Die Anzahl der Projekte ist heute zwar gerin-
ger – aber die Wirkung, die wir draußen in den Projektgebieten er-
zielen, ist um ein Vielfaches gestiegen.
Was war der Kern dieser Strategie?
Zum einen haben wir uns auf bestimmte Ökosysteme konzentriert,
nämlich Savannen, Wälder, Feuchtgebiete und montane Gebiete.
Das bedeutet, marine Projekte oder Projekte in den Polargebieten
kommen für uns nicht infrage. Nicht, weil sie nicht wichtig wären,
sondern weil man nicht alles machen kann und sich auf seine Kern-
kompetenzen konzentrieren muss. Zum anderen haben wir uns geo-
grafisch fokussiert, z.B. wurden vereinzelte Projekte in Mittelamerika
langsam runtergefahren oder an andere Träger übergeben.
Und das alles hat die ZGF jetzt nochmal auf den Prüfstand
gestellt?
Genau. Nach zehn Jahren stand eine Generalüberprüfung an. Sind
wir noch auf dem richtigen Weg? Arbeiten wir in den richtigen Re-
gionen? Gleichzeitig wollten wir den strategischen Ansatz auch auf
die Organisation an sich ausdehnen. „Fit for business“ heißt das in
der Sprache der Unternehmensentwickler, d.h. wie muss ein Unter-
nehmen, eine Institution aufgestellt sein, um die Ziele zu erreichen,
die man sich selbst ins Stammbuch geschrieben hat?
Wer hat diese Strategieentwicklung vorgenommen bzw.
diesen Prozess begleitet?
Ende 2011 überprüfte und diskutierte eine Gruppe von Mitarbeitern
der ZGF gemeinsam mit externen Experten die bisherige Strategie in
einem mehrtägigen Workshop und entwickelte den Rahmen für die
ZGF-Strategie 2020. Darüber hinaus gibt es eine Steuerungsgruppe,
bestehend aus 12 Referats-, Programm- und Projektleitern. Diese
übernahm in mehreren Sitzungen die Detailarbeit. In unserem
größten Einsatzgebiet, in Ostafrika, erfolgte in einer weiteren um-
fangreichen Tagung die Anpassung des dortigen Naturschutzpro-
gramms. Schließlich wurde die Strategie in den Vorstandssitzungen
vorgestellt und diskutiert und in der Mitgliederversammlung im
vergangenen September präsentiert.
Dr. Christof Schenck (50) ist seit dem Jahr 2000 Geschäft sführer
der ZGF. Er hat die Organisation in den letzten zehn Jahren,
gemeinsam mit dem Vorstand, stark ausgebaut und neu aufgestellt.
Schenck hat in Tübingen und Freiburg Biologie studiert und in
München promoviert. Anfang der 90er-Jahre forschte er gemein-
sam mit seiner Frau, Dr. Elke Staib, in Peru an Riesenottern und
begründete damit das heutige große Peru-Programm der ZGF.
Seit 1996 ist Christof Schenck bei der ZGF in Frankfurt tätig.
12 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
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Die Biodiversität schwindet dramatisch
In der naturschutzfachlichen Ausrichtung heißen für die ZGF die
beiden Schlüsselwörter Biodiversität und Wildnis. Die Konzentra-
tion auf den Schutz biodiversitätsreicher Regionen wird heute welt-
umspannend als Kernaufgabe angesehen. Wir brauchen die Vielfalt
an Genen, Arten und Ökosystemen für unser eigenes Überleben.
Mehr als drei Viertel aller Arten konzentrieren sich auf 20 Prozent
der Erdoberfläche. Die Tropenzone ist dabei von höchster Bedeu-
tung. Wenn Zeit und finanzielle Ressourcen knapp sind, und Kon-
flikte zwischen Nutzung und Schutz dramatisch zunehmen, dann
ist es geradezu zwingend, dass man sich auf besonders artenreiche
Regionen – auf die Schatzkammern – konzentriert.
Obwohl sich heute fast alle Staaten im Rahmen der Biodiversi-
tätskonvention der Erhaltung der biologischen Vielfalt verpflich-
tet haben, und die meisten Naturschutzorganisationen dies als ihre
Hauptaufgabe betrachten, ist der Schwund an Biodiversität weiter
dramatisch. Fast die Hälfte aller untersuchten Tier- und Pflanzen-
arten ist vom Aussterben bedroht, und jedes Jahr wird die Rote
Liste der bedrohten Arten länger. Biodiversität ist also nicht nur
immens wichtig, sie ist auch weiterhin akut bedroht. Das Engage-
ment dafür ist über jeden Zweifel erhaben.
ZGF-Engagement in biodiversitätsreichen Regionen
Die ZGF wird weiter in biodiversitätsreichen Gebieten in Mit-
tel- und Osteuropa, in Ostafrika, im zentralen Südamerika und in
Südostasien aktiv sein. Mit dieser Auswahl knüpft die ZGF an ihr
langjähriges Engagement an, baut auf vorhandene Netzwerke, ver-
teilt Risiken und kann zum Schutz sehr unterschiedlicher Artenge-
meinschaften und Landschaften beitragen. Bei den Lebensräumen
liegt der Schwerpunkt auf den großen Graslandschaften, den Wäl-
dern, den Feuchtgebieten und den Gebirgen. In Europa wird das
Programm deutlich fokussiert. Wildnisentwicklung in Deutsch-
land und der Schutz ursprünglicher Lebensräume auf dem Balkan,
in der Ukraine, in Belarus und Kasachstan sind die Schwerpunkte.
In Ostafrika sind Tansania, die Demokratische Republik Kongo,
Sambia, Simbabwe und Äthiopien weiter unsere Projektländer. In
Südostasien wird das Flächenengagement nicht weiter ausgedehnt,
die erfolgreichen Projekte in Indonesien und Vietnam werden aber
weiter fortgeführt. Ein klares Bekenntnis zur Expansion gibt es für
Südamerika. Neben dem großen Programm in Peru und einem be-
ginnenden Engagement in Guyana sollen weitere neue Projekte
entwickelt werden, denn nirgends sonst gibt es noch so große, so
unberührte und so artenreiche Lebensräume wie in Südamerika.
SCHWERPUNKT 1: BIODIVERSITÄT
13ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
Die ZGF stellt Biodiversität und Wildnis ins Zentrum ihrer
Naturschutzstrategie. Das tun andere auch. Was ist daran
also besonders?
Das ist richtig, auch andere Naturschutzorganisationen haben die
Erhaltung der Biodiversität und Wildnis als Ziel. Doch kaum eine
Organisation hat dies so konsequent und ausschließlich festgelegt,
wie die ZGF. Kulturlandschaften, singuläre Wiederansiedlungs-
projekte, Verbesserung von Nutzungsformen in der Land- und
Forstwirtschaft, Umweltschutz, Kampagnen oder die Entwicklung
umweltfreundlicher Konsumgüter – all dies sind nicht unsere The-
men, wie wichtig sie auch sein mögen.
Heißt das, Biodiversität und Wildnis sind die einzigen
Kriterien für die Projekte?
Nein. Da es bei unserem Einsatz auch um Effizienz geht, fließen
in die Projektauswahl und Prioritätensetzung noch weitere Krite-
rien ein, z.B. die Möglichkeit zur Sicherung eines Gebiets, Dring-
lichkeit und Gelegenheit. Die ZGF-Präsenz im Land ist wichtig, die
politische Situation sowie die Beziehungen zu den Naturschutzbe-
hörden. Und wie bei einer Vermögensanlage ist es sinnvoll, nicht
alles auf eine Karte zu setzen und das Portfolio ausreichend divers
zu halten, allerdings ohne sich zu verzetteln. Die ZGF scheut sich aber
nicht davor, in schwierigsten und mitunter gefährlichen Regionen
aktiv zu werden.
Die ZGF ist bekannt dafür, direkt vor Ort und an der Basis zu
arbeiten. Bleibt das so?
Ja. Unsere Mitarbeiter sind als „Handwerker“ vor Ort tätig. Meist
leben sie selbst in den Schutzgebieten oder in unmittelbarer Nähe,
egal wie schwierig die Bedingungen dafür auch sein mögen. Die Na-
turschutzbehörden des Landes sind unsere wichtigsten Partner. Wir
konzentrieren uns auf die Einrichtung von neuen Schutzgebieten
oder die Verbesserung bestehender – vorzugsweise Nationalparke
und Weltnaturerbegebiete.
Ist dieses Engagement denn langfristig?
Für die meisten Akteure im Naturschutz ist inzwischen klar, dass
es einen langen Atem und viele Jahre braucht, um Erfolg zu haben.
Wir gehen mit unserer neuen Strategie noch einen Schritt weiter:
Für eine kleine Zahl weltweit bedeutender Landschaften und Schutz-
gebiete streben wir eine Dauerpräsenz an. Da der Umgang mit Le-
bensräumen und Schutzgebieten letztendlich von politischen
Entscheidungen abhängt, und diese sich völlig unvorhersehbar ent-
wickeln können, sind mitunter selbst die besten, bekanntesten und
lukrativsten Schutzgebiete plötzlich gefährdet. Ohne eine Dauerprä-
senz vor Ort werden solche Entwicklungen zu spät erkannt, oder es
fehlen das Netzwerk und das Vertrauen, erfolgreich aktiv zu werden.
Für welche Gebiete verpflichtet sich die ZGF denn auf ewig?
Untrennbar bleibt die ZGF der Serengeti verbunden, aber auch an-
dere, weltweit herausragende Schutzgebiete, wie der Selous in Tan-
sania, Virunga im Kongo, Manú in Peru oder Bukit Tigapuluh in
Indonesien gehören zu unseren Kernlandschaften.
Und was ist mit dem Schutz von Arten?
Dem spezifischen Schutz einzelner Arten widmen wir in uns, sofern
es sich um Schlüsselarten mit besonderer Bedeutung handelt und
der Artenschutz mit dem Flächenschutz verknüpft ist.
All das wird die ZGF aber nicht mit einem kleinen Team tun
können. Wie sieht denn die Entwicklung der Organisation
als solches aus?
Da die Herausforderungen im Naturschutz dramatisch steigen und
wir uns im letzten Jahrzehnt eine starke Basis aus erfahrenen Ex-
perten, einem umfangreichen Netzwerk und einer guten Reputation
aufgebaut haben, enthält die Strategie 2020 auch das Bekenntnis zum
Wachstum der Organisation. Dabei gilt es jedoch, bisherige Stärken,
wie die Motivation und die Verbundenheit der Mitarbeiter, sowie die
Flexibilität nicht zu gefährden.
Was heißt das konkret?
In der Zentrale der ZGF in Frankfurt soll das Wachstum gezielt
in den Bereichen Fundraising, Öffentlichkeitsarbeit und bei der
Finanzadministration erfolgen. Die Gewinnung neuer Förderer, die
Stärkung unserer Internetauftritte und Verbesserung bei der Ab-
wicklung komplexer Drittmittelprojekte sind Inhalte dieses strate-
gischen Wachstums. Die Zentrale der ZGF ist schwerpunktmäßig
eine Serviceeinheit für die Naturschutzprojekte. Die Devise für ihr
Wachstum lautet: so klein wie möglich, so schlagkräftig wie nötig.
Wie kaum einer anderen Naturschutzorganisation ist es uns gelun-
gen, die Verwaltungsstrukturen klein zu halten und in mehr als 20
Ländern einen starken Einfluss vor Ort zu etablieren.
Woher kommt das Geld für die Entwicklung der Organisation
sowie die Naturschutzprojekte?
Eine Steigerung bei den wichtigsten Einnahmen – d.h. Spenden,
Nachlässe, Kapitalerträge – und die Beibehaltung der Diversifizie-
rung der Einnahmequellen sind die Voraussetzung dafür, dass wir
wachsen können. Und das ist für den Naturschutz immens wich-
tig. Unsere Förderstiftung „Hilfe für die bedrohte Tierwelt“ sowie
die Eleonore-Beck-Stiftung sind tragende Säulen bei der dauer-
haften Bereitstellung der Basisfinanzierung. Mit einem geschickten
Management der Rücklagen kann es uns gelingen, auch in Zeiten
rückläufiger Einnahmen, den Projekten ausreichend Planungssi-
cherheit zu geben.
Seit ein paar Jahren gibt es auch in den USA eine
Organisation, die mit der ZGF eng verknüpft ist. Warum?
„Grzimek’s Help for Threatened Wildlife“ (GHFTW) ist eine gemein-
nützige Organisation nach amerikanischem Recht, die darauf abzielt,
langfristige Partnerschaften mit privaten und öffentlichen Gebern in
den USA zu entwickeln, um gemeinsam mit der ZGF Projekte zum
Schutz biodiversitätsreicher Wildnisgebiete zu realisieren. Parallel zu
den Entwicklungen in Frankfurt wird daher in den USA die befreun-
dete Organisation GHFTW gestärkt und entwickelt.
Vielen Dank für das Gespräch.
14 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
SCHWERPUNKT 2: WILDNIS
Klares Bekenntnis zur Wildnis
Während Biodiversitätsschutz eine anerkannte Aufgabe der
Weltgemeinschaft ist, sieht es beim Thema Wildnis anders aus.
In Europa gibt es kaum noch Wildnis und hier versuchen Natur-
schützer mit einem großen Pflegeaufwand, Landschaften in
einem historischen, kulturell bedingten Zustand zu halten. Auf
fast allen Kontinenten gibt es Nationalparke, eigentlich die Herz-
stücke schlechthin für den Schutz von Wildnis. Doch oft leben
Menschen in den Parks, wird dort Vieh gehalten, gejagt und so-
gar Ackerbau betrieben. Eine „nachhaltige“ Nutzung wird häufig
akzeptiert und für manche Schutzgebiete sogar als unabdingbar
angesehen. Von manchen Seiten wird sogar angezweifelt, ob es
überhaupt Schutzgebiete ohne Menschen geben muss.
Die ZGF bekennt sich klar zur Wildnis. Darunter verstehen wir
große, weitgehend intakte Gebiete, in denen natürliche Prozesse
ohne das Eingreifen von Menschen ablaufen. Damit sind Wildnis-
gebiete ein fundamentaler Bestandteil bei der Erhaltung der Biodi-
versität, die ja den Schutz von ganzen Ökosystemen miteinschließt.
Zudem sind Wildnisgebiete wichtige Referenzflächen für unser ei-
genes Tun, sie sind Puffer im Klimawandel und sie sind besonders
attraktiv für einen angepassten Naturtourismus, mit dem dann wie-
derum auch Mittel zum Unterhalt der Gebiete generiert werden kön-
nen. Wildnis heißt: Natur ohne uns, für uns. Wildnisschutz ist der
am stärksten selbstlose und gemeinnützige Ansatz im Naturschutz.
Wildnis sichert Lebensräume für Tiere und Pflanzen, die selbst nicht
für ihre Rechte einstehen können und sie erhält den Menschen der
Zukunft Handlungsoptionen. Wer sich dem Schutz von Wildnis ver-
schreibt, stellt Nachhaltigkeit in das Zentrum des Handelns.
Der Wildnis-Ansatz der ZGF für ihre Projekte
Wildnis sollte möglichst groß sein. Während im wildnisarmen und
dichtbesiedelten Deutschland Flächen von mehr als 1.000 Hektar
bereits attraktiv sein können, sind dies in Asien Flächen von 10
bis 100.000 Hektar. In Südamerika und Afrika liegt die Messlatte
dafür deutlich höher, und besonders attraktive Flächen umfassen
mehr als eine halbe Million Hektar. Eine ähnliche Abstufung gibt
es beim Naturzustand: In Mitteleuropa können Wildnisentwick-
lungsgebiete, wie z.B. ehemalige Truppenübungsplätze, bereits
interessant sein, während in den anderen Regionen noch weitge-
hend intakte Naturlandschaften im Fokus stehen. Wildnis sollte
möglichst frei vom Wirken des Menschen sein. Doch solche Ge-
biete gibt es kaum. So müssen Siedlungsdichte und der Einfluss
der Menschen betrachtet werden. Unkontaktierte Waldindianer in
den peruanischen Nationalparks haben keinen negativen Einfluss
auf die Biodiversität oder die Wildnis – sie sind ein Teil davon.
Äthiopische Bauern mit ihren großen Viehherden in den empfind-
lichen Nationalparken der afroalpinen Zone jedoch schon. Wie bei
der Wildnisentwicklung gilt es, die Perspektive für Schutzgebiete
zu beurteilen. Gibt es Chancen, dass die Menschen die Schutzge-
biete freiwillig verlassen und außerhalb besser geeignete Lebensbe-
dingungen finden? Die Grundformel zur Priorisierung ist einfach:
Je größer, je artenreicher, je intakter, je weniger vom Menschen be-
einflusst, desto besser.
15ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
1
GUYANA
KANUKU MOUNTAINSDie „Kooperative Republik Guyana“ erwacht
gerade aus einem Dornröschenschlaf, dem sie
noch fast 80 % natürliche Bewaldung und eine
sehr geringe Bevölkerungsdichte verdankt.
Der politische Wille zum Waldschutz bietet
eine vielversprechende Gelegenheit, die noch
großfl ächig vorhandenen Primärwälder lang-
fristig zu erhalten.
1
PERU
VON DEN ANDEN ZUM AMAZONASDas Regenwaldschutzprogramm Ost-Anden
unterstützt die peruanische Naturschutzbehörde
SERNANP beim Management von Schutzge-
bieten im Regierungsbezirk Madre de Dios.
Im Fokus stehen die aneinandergrenzenden
Schutzgebiete Manu, Alto Purus und Meganto-
ni. Aber auch das Tambopata-Reservat und der
Bahuaja Sonene Nationalpark erhalten Hilfen
von der ZGF.
2
BRASILIEN
CANTAO-SCHUTZGEBIETDas staatliche Regenwaldschutzgebiet Cantao
(Cantao State Park) liegt am südöstlichen Rand
des Amazonasgebiets in Brasilien. Mit gut
90.000 Hektar ist Cantao ein wichtiger Bestand-
teil in einem System von mehreren Schutz-
gebieten mit insgesamt mehr als 2 Millionen
Hektar, das ein Bollwerk gegen die von Süden
sich ausweitende intensive Landwirtschaft
bilden soll. Die ZGF unterstützt den Park
mit zusätzlichen Rangern.
3
2
3
DEUTSCHLAND
WALD UND WILDNISSeit 2012 konzentriert sich die ZGF in ihrer
Arbeit in Europa und Deutschland verstärkt
auf Regionen mit großen und vergleichsweise
intakten natürlichen Ökosystemen.
In Deutschland liegt der Fokus auf den großen
Wildnisgebieten in Brandenburg sowie der
Hohen Schrecke in Th üringen. Lobbyarbeit für
die Wildnis sowie für weitere Nationalparks
gehört zu unserem Deutschlandschwerpunkt.
2013 wird die ZGF sich fast vollständig aus
Projekten zurückziehen, die dem Schutz von
Kulturlandschaft en dienen.
1
WEISSRUSSLAND
BELOVEZHSKAYA PUSHCHA Der ausgedehnte Waldkomplex von Bialowieza
(polnische Seite) bzw. Belovezhskaya Pushcha
(weißrussische Seite) ist eines der größten und
bedeutendsten Tiefl and-Mischwaldgebiete
Europas. Die ZGF unterstützt die National-
parkverwaltung auf der weißrussischen Seite
beim Schutz des Gebietes und bei wissen-
schaft lichen Untersuchungen.
2
1
ZGF PROGRAMMSCHWERPUNKTE 2013INSGESAMT IST DIE ZGF AKTUELL IN 18 LÄNDERN ENGAGIERT UND BETREIBT BZW.
FÖRDERT IN DIESEM JAHR 44 PROJEKTE UND PROGRAMME MIT EINER GESAMTSUMME
VON 12,8 MIO. EURO (EIGENMITTEL UND DRITTMITTEL).
AUF DIESER KARTE STELLEN WIR IHNEN DIE GROSSEN PROGRAMME
BZW. DIE NEUEN PROJEKTE KURZ VOR.
UKRAINE
SCHUTZ DER POLESIEDie Flüsse Pripyat und Desna bilden Europas
größtes natürliches Flussauensystem, die
Region beherbergt mehrere Millionen Hektar
Waldfl ächen und riesige Moorgebiete. Unser
Ziel ist die Förderung und Entwicklung eines
Schutzgebietssystems im ukrainischen Teil des
Polesie-Feuchtwaldgebiets.
3
RUMÄNIEN
WILDNIS IN DEN KARPATENDie bewaldeten Teile der Karpaten, vor allem
in der Ukraine, der Slowakei sowie in Rumä-
nien, gehören neben den Regionen Bialowieza
und Polesie zu den größten zusammenhän-
genden Urwaldgebieten Europas. Unser Ziel
ist der dauerhaft e Schutz von 60.000 Hektar
Naturwaldfl ächen in und um den Königstein
(Piatra Craiului) Nationalpark in Rumänien.
4
MAZEDONIEN
OSOGOVODas Osogovo-Gebirge ist für Wildtiere ein
wichtiger Kreuzungspunkt auf ihren West-Ost-
und Nord-Süd-Verbreitungswegen. Daher gilt
das Osogovo-Gebirge zwischen Mazedonien
und Bulgarien biogeografi sch als besonderer
Baustein im sogenannten Balkan Green Belt.
Das Gebiet soll als grenzüberschreitendes
Biosphärenreservat geschützt werden.
5
16 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
1
1
2
INDONESIEN
DIE ORANG-UTANS VON BUKIT TIGAPULUHDas Bukit Tigapuluh Landscape Conservation
Programme umfasst mittlerweile mehr als
die Wiederansiedlung von Orang-Utans.
Doch längst ist der Schutz der letzten großen
zusammenhängenden Tiefl andregenwälder
auf Sumatra das Hauptanliegen des Programms
geworden. Denn ohne sie gibt es keinen
Lebensraum für Orang-Utans, Tiger oder
Wald-Elefanten.
1
ALBANIEN
PRESPA NATIONALPARK Ziel ist die Entwicklung des Nationalpark
Prespa und die Schaff ung eines grenzüber-
schreitenden Biosphärenreservates. Die ZGF
unterstützt im Rahmen eines großen KfW-
Projektes die Parkverwaltung bei der Ausbil-
dung ihrer Mitarbeiter, mit Ausrüstung und
bei der Entwicklung der Infrastruktur.
6
2
4
5
3
2
43
5
6
7
KASACHSTAN
ALTYN DALA STEPPE / SAIGA-SCHUTZZiel des Projektes ist der Schutz und die
Wiederherstellung der Steppen- und Halb-
wüstenökosysteme Zentralkasachstans zur
Wiederbelebung der „Serengeti Zentralasiens“
in einem großfl ächigen Netzwerk von Schutz-
gebieten. Das heißt beispielsweise: Wir stärken
die neuen Schutzgebiete Irgiz Turgai und Altyn
Dala durch den Kauf von Fahrzeugen und den
Aufb au von Rangerposten. Darüber hinaus
wollen wir mehr über die Wanderungen der
Saiga-Antilope erfahren, um Empfehlungen für
neue Schutzgebiete im Überwinterungsgebiet
geben zu können sowie den Kampf gegen die
Wilderei zu verbessern.
7
DR KONGO
VIRUNGA, MAIKO UND UPEMBASeit den 1950er-Jahren unterstützt die ZGF
den Virunga Nationalpark. Trotz der aktuell
schwierigen Lage wird sie weiterhin der kongo-
lesischen Parkbehörde ICCN zur Seite stehen
mit dem Bau von Rangerposten, Schulen oder
Ausrüstung für die Ranger. Auch im Maiko und
im Upemba Nationalpark steht die praktische
Hilfestellung für ICCN beim Park-Management
im Vordergrund.
1
SAMBIA
NASHÖRNER IN NORTH LUANGWANorth Luangwa ist eins der größten Wildnis-
gebiete Afrika. Dort hat die ZGF über mehrere
Jahre erfolgreich das Spitzmaulnashorn wieder
angesiedelt. Jetzt gilt es, gemeinsam mit der
Parkbehörde ZAWA aber auch unter Einbe-
ziehung der umliegenden Gemeinden den
Schutz des gesamten Parks auszubauen und
zu festigen.
2
SIMBABWE
GONAREZHOU NATIONALPARK Gonarezhou ist Teil des grenzüberschreitenden
Great Limpopo Transfrontier Parks und bietet
somit die Gelegenheit, ein wichtiges Stück
Wildnis in einem großen Komplex von Schutz-
gebieten zu entwickeln und zu bewahren.
3
VIETNAM
PRIMATENSCHUTZDas Engagement der ZGF wird sich ab 2013
zum Schutz des Kon Ka Kinh Nationalparks hin
verlagern. Das etablierte Endangered Primate
Rescue Centre im Cuc Phoung Nationalpark
wird künft ig federführend vom Zoo Leipzig
übernommen.
2
TANSANIA
SERENGETI, SELOUS UND MEHRDer Schutz der Serengeti wird stets eine Kern-
aufgabe der ZGF in Ostafrika sein. Diesem
Park hat sie sich für immer verschrieben.
Hinzu kommt seit 2012 ein großes Projekt
zum Schutz des Selous Game Reserve.
Ebenso gefördert wird ein Programm zum
Schutz des Mahale Nationalparks sowie eine
Reihe von Projekten zum kommunalen Natur-
schutz (Community-based Conservation).
4
ÄTHIOPIEN
AFROALPINES HOCHLANDIm Bale Mountains Nationalpark sowie in
den afroalpinen Regionen weiter im Norden
steht für die ZGF der Schutz der natürlichen
Ressourcen des Parks im Vordergrund.
Gemeinsam mit den Menschen, die auf diese
Ressourcen angewiesen sind, entwickeln wir
Strategien zum Schutz der Naturgebiete.
5
17ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
SCHWERPUNKTTHEMA | DIE ZGF-STRATEGIE 2020
Jahrhundertelang streiften Goldschakale in den trockenen Wüstengebieten und Gebirgs-
regionen im Norden Afrikas umher. Mit ihrem goldgelben Fell sahen sie zweifellos wie
Schakale aus, und sie verhielten sich auch so, denn sie lebten in Rudeln. In den letzten
Jahren wurden jedoch mehrfach einzelne Schakale mit langen Beinen, einer dunkleren
Fellfärbung und großen Pfoten gesichtet - eine Beschreibung, die wesentlich mehr auf
einen Wolf hindeutete. 2011 wurde ein Bericht veröffentlicht, der mithilfe einer DNA-Analyse
bestätigte, was Einheimische und offenbar auch die alten Ägypter längst gewusst hatten:
Afrika hat eine eigene Version des Wolfes. Jetzt gilt es, so viel wie möglich über diese
geheimnisvolle Art herauszufinden. Cheryl Lyn Dybas berichtet über den Wolf, der sich
vor aller Augen Jahrhunderte lang versteckt gehalten hat.
EIN WOLF IM SCHAKALSPELZ
18 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AUS DEN PROJEKTEN | ÄTHIOPIEN
W ir schreiben das Jahr 2494 vor Chri-
stus, Ägyptens fünfte Dynastie. Eine
Prozession bahnt sich ihren Weg zu
einem Sonnentempel, wo die Zeremonien
des Sedfestes, das im 30. Regierungsjahr des
Pharaos abgehalten wird, beginnen sollen.
Bei dieser Zusammenkunft wird die Macht
des Herrschers erneuert. Er wird von zwei
Wächtern begrüßt, die Kopfbedeckungen
und Tierschwänze aus Fell tragen, von dem
die Ägypter glauben, dass es das Fell eines
Wolfes ist. Die Wächter stellen die Gott-
heiten Anubis und Wepwawet dar.
Anubis und sein weniger bekannter „Zwil-
ling“ Wepwawet waren die Wächter der
Grenze zwischen Leben und Tod, einer
Grenze, die nach altem ägyptischen Glau-
ben nur von hundeartigen Gottheiten über-
quert werden konnte. Sie waren die „Öffner
der Wege“: Anubis Richtung Süden, Wepwa-
wet Richtung Norden. Europäische Ägypto-
logen bezeichnen Anubis und Wepwawet als
„Schakalgötter“, benannt nach den Ägyp-
tischen Schakalen, die nachts in der Nähe
von Friedhöfen Jagd auf Nagetiere machten.
Aber waren Anubis und Wepwawet wirklich
Schakale? Oder könnten die Götter auch
Wölfe gewesen sein? Die alten Ägypter waren
sich hier sicher.
„In Anbetracht der Tatsache, dass zwei so
wichtige Teilnehmer an einem solch be-
deutenden Fest wie dem Sedfest Wolfspelze
und Wolfskappen trugen, erscheint es unan-
gebracht, den Ägyptern zu unterstellen, sie
hätten den Begriff ‚Wolf ‘ falsch gebraucht“,
schreibt Michael Rice in seinem Buch Swifter
than the Arrow: the golden hunting hounds of
ancient Egypt. Was die alten Ägypter längst
wussten und wir nicht – zumindest nicht bis
vor Kurzem – ist, dass Wepwawet und Anu-
bis Wölfe im Schakalspelz waren.
JAHRTAUSENDE SPÄTER ...
Aristoteles war der erste Europäer, der über
Wölfe in Ägypten schrieb. Er erwähnte, dass
diese Wölfe deutlich kleiner seien als die, die
es in Griechenland gab. Mitte des 19. Jahr-
hunderts bezeichnete der deutsche Ägyp-
tologe Georg Ebers den Wolf als eins der
heiligen Tiere Ägyptens. Auch er war der
Ansicht, dass es sich hier um einen kleine-
ren Wolf als den Europäischen Wolf han-
delte. Und er merkte an, dass der Name
der altägyptischen Stadt Lykopolis über-
setzt „Stadt des Wolfes“ bedeute. Etwas spä-
ter wies der Biologe Thomas Huxley darauf
hin, dass die Ägyptischen Schakale in Äthi-
opien (eine Unterart des Goldschakals) ver-
dächtig wie ein Wolf aussehen würden. „Das
Gleiche haben auch Biologen im 20. Jahr-
hundert festgestellt, als sie die Größen von
Schakalschädeln miteinander verglichen“,
sagt Claudio Sillero-Zubiri, Ökologe und
stellvertretender Direktor der WildCRU-
Gruppe (Wildlife Conservation Research
Unit) der Zoologischen Abteilung an der
Universität Oxford. Dennoch sei die wissen-
schaftliche Klassifizierung des Ägyptischen
Von Cheryl Lyn Dybas
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Der berühmte ägyptische Gott Anubis wird
als Schakalgott bezeichnet. Für die alten Ägypter
hingegen war er ein Wolf, kein Schakal.
19ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AUS DEN PROJEKTEN | ÄTHIOPIEN
Schakals nicht geändert worden, so Sillero-
Zubiri: „Er gilt weiterhin als eine Unterart
des Goldschakals, wenn auch mit einem
Fragezeichen.“
Wepwawet und Anubis tauchten aus ihrer
Unterwelt immer wieder auf. Bei Feldar-
beiten in Äthiopien bemerkten Biologen
von den Universitäten in Addis Abeba und
Oslo, dass sich bestimmte Goldschakale in
ihrem Aussehen von anderen unterschieden.
„Sie waren größer, schlanker und hatten
manchmal eine weißliche Fellfärbung“, er-
klärt Nils Stenseth, Evolutionsökologe an der
Universität Oslo in Norwegen. Die Wissen-
schaftler sammelten Kotproben, um eine
DNA-Analyse durchführen zu können. Die
Proben, darunter auch solche von „gewöhn-
lich aussehenden“ Goldschakalen, wurden
an Stenseths Labor geschickt. „Sprachlos
vor Aufregung“, so Sillero-Zubiri, waren
die Osloer Wissenschaftler, als sie ihn und
seine Kollegen anriefen: Bei den Proben
vom Ägyptischen Schakal schien es sich um
Wolfs-DNA zu handeln.
„Die DNA-Proben des
Ägyptischen Schakals
sprachen für einen Wolf,
doch es gab keine
Übereinstimmungen in
der Gen-Datenbank.“
Doch es gab keine Übereinstimmung mit
Daten aus der GenBank, dem weltweit größ-
ten Verzeichnis genetischer Sequenzen. „Wir
konnten es kaum glauben, dass wir Wolfs-
DNA gefunden hatten, zu der es keine ein-
zige Übereinstimmung mit DNA in der
GenBank gab“, erzählt Eli Rueness, Gene-
tiker an der Universität Oslo. „Wir hatten,
ohne es zu ahnen, den genetischen Nachweis
für eine kryptische Caniden-Art gefunden
[d.h. eine Art, die innerhalb einer anderen
Art verborgen ist], die aussieht wie ein Gold-
schakal, aber dessen genetische Sequenz et-
was anderes sagt“, bemerkt Sillero-Zubiri. In
einer 2011 erschienenen Veröffentlichung
geben Rueness, Stenseth, Sillero-Zubiri und
Afework Bekele von der Universität in Addis
Abeba und weitere Biologen die Neuigkeiten
bekannt: Der Ägyptische Schakal ist eigent-
lich ein Wolf.
„Es scheint, dass der Ägyptische Schakal
dringend einen neuen Namen braucht“, sagt
Sillero-Zubiri. „Seine Einzigartigkeit recht-
fertigt es, ihn in „Afrikanischer Wolf “ um-
zubenennen.“ Canis aureus lupaster ist
tatsächlich der einzige Wolf auf dem afrika-
nischen Kontinent. Viele Biologen vertre-
ten die Ansicht, dass sein wissenschaftlicher
Name in Canis lupus lupaster geändert werden
sollte, in Anlehnung an den Wolf Canis lupus.
Die Entdeckung deutet darauf hin, dass be-
reits vor drei Millionen Jahren Vorfah-
ren des Wolfes in Afrika beheimatet waren.
Spannend: Der Goldschakal (Canis aureus) ist weit verbreitet. Immer mehr Untersuchungen zeigen
jedoch plötzlich, dass sich hinter einigen bislang für Goldschakale gehaltenen Individuen offenbar
Canis aureus lupaster versteckt. 2011 wurde Canis aureus lupaster anhand seiner DNA von Ägypten
bis ins Hochland von Äthiopien nachgewiesen, 2012 dann sogar bis weit in den Westen Afrikas.
Auch in Algerien, Mali und im Senegal kommt der Afrikanische Wolf vor.
Selten, aber immer wieder wurden vom Senegal bis nach Äthiopien Individuen des vermeintlichen
Goldschakals gesehen, die optisch eher wie ein Wolf aussahen als wie ein Schakal. Jetzt konnte
anhand der mitochondrialen DNA von einigen solcher Tiere nachgewiesen werden, dass sie in der
Tat genetisch sehr nahe mit dem Wolf (Canis lupus) verwandt sind, näher als mit dem Goldschakal.
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20 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AUS DEN PROJEKTEN | ÄTHIOPIEB
Von dort aus verbreiteten sich die Caniden
auf der nördlichen Halbkugel und wurden
schließlich zu dem uns bekannten Wolf, wie
er im Norden der USA und in Kanada lebt.
„Wir wissen nun, dass es zu Zeiten der al-
ten Ägypter, und bereits lange zuvor, tat-
sächlich Wölfe in Afrika gab“, sagt Stenseth.
Lupaster sieht aus wie ein großer, schwarz-
gelb gefärbter Hund. Er hat einen bürsten-
artigen Schwanz, dessen Haare an der Spitze
schwarz gefärbt sind. Vom Kopf bis zum
Schwanzansatz und von den Schultern bis
zu den Hüften erstreckt sich eine Mähne aus
langem, drahtigem Fell mit schwarzen Haar-
spitzen. Der Goldschakal ist kleiner als lupa-
ster, mit weichem, hellem Fell. Goldschakale
sind soziale Tiere: Ein Elternpaar wird oft
von seinen Nachkommen begleitet, und ge-
legentlich schließen sich erwachsene Tiere
für die Jagd zu Gruppen zusammen. Ihr Ruf
ist kurz nach Einbruch der Dunkelheit oder
kurz vor der Morgendämmerung zu hören.
Es ist ein langes, klägliches Heulen, gefolgt
von einem dreifachen Bellen. Im Gegen-
satz dazu ist lupaster eher ein Einzelgänger.
Ein nachtaktives Tier, das gelegentlich bei
Sonnenuntergang flüchtig gesehen werden
kann, wenn es aus Höhlen, Felsspalten oder
Grabstätten herauskommt. Ob diese Tiere
heulen, ist bislang unbekannt.
„Man dachte,
der Wolf sei maximal
bis auf den Sinai
verbreitet – aber nicht
auf dem afrikanischen
Kontinent.“
Weitere genetische Analysen haben zudem
ergeben, dass es eine Verbindung gibt zwi-
schen den lupaster-Proben aus Äthiopien
und den genetischen Sequenzen von Tie-
ren, die 2.500 Kilometer weiter nördlich,
in Ägypten, gefunden wurden. „Die Ergeb-
nisse belegen eindeutig, dass lupaster auch in
Ägypten vorkommt“, erklärt Sillero-Zubiri.
Der Wolf, den wir aus der nördlichen Hemis-
phäre kennen, ist bis zur Halbinsel Sinai ver-
breitet. Bislang ging man jedoch davon aus,
dass er auf dem afrikanischen Kontinent
nicht vorkommt. Nun glauben Stenseth,
Sillero-Zubiri und weitere Wissenschaft-
ler, dass lupaster nicht nur im Wüstensand
Ägyptens und in den Gebirgszügen Äthi-
opiens umherstreift, sondern dass es sich
bei einigen der Goldschakale, die bis nach
Kenia und noch weiter in den Süden Afri-
kas verbreitet sind, in Wirklichkeit um
Wölfe handeln könnte. Inzwischen wurde
lupaster vom Norden Ägyptens bis hin zum
äthiopischen Hochland nachgewiesen. „Da
er in solch unterschiedlichen Ökosystemen
lebt, gehen wir davon aus, dass er sich von
verschiedenen Beutetieren ernährt“, sagt
Stenseth. Eine Studie zeigt, dass er haupt-
sächlich Nagetiere frisst; doch auch Insekten
und Vögel gehören zu seiner Beute, wodurch
er auch außerhalb von Wüsten- und Berg-
regionen gut zurechtkommt.
„Wenn wir mit genetischen Methoden –
selbst bei gut erforschten Arten wie dem
Wolf – näher hinschauen, werden wir über
diese Tiere noch sehr viel lernen“, erklärt der
Biologe und Wolfsexperte Rolf Peterson von
der Technischen Universität Michigan in den
USA. „Was wir noch vor 10 Jahren über die
Biogeografie des Wolfes in Afrika und Nord-
amerika angenommen haben, wurde auf
den Kopf gestellt.“ Peterson ist sich sicher,
dass die jüngsten Erkenntnisse noch nicht
das Ende der Geschichte sind. Und die Ent-
deckung der wahren Identität von lupaster
bringt Licht in eine unerforschte Region un-
serer Erde: Die afroalpine Flora und Fauna,
eine Ansammlung von Arten, die sich relativ
isoliert in den Hochland-Regionen am Horn
von Afrika entwickelt hat.
EIN EINSAMER WOLF IN EINEM ATEMBERAUBEND SCHÖNEN LAND
Für lupaster kommt seine Entdeckung kei-
nen Augenblick zu früh. Zwar werden
Goldschakale von der Weltnaturschutzor-
ganisation (International Union for Con-
servation of Nature, IUCN) als eine „nicht
gefährdete Art“ eingestuft, doch lupaster
Wolf
Canis lupus
Indischer Wolf
C. lupus pallipes
Ägyptischer Schakal / Afrikanischer Wolf
C. aureus lupaster
Himalaya-Wolf
C. lupus chanco
Goldschakal (Indien)
C. aureus
Goldschakal (Kenia)
C. aureus
Kojote
C. latrans
Äthiopischer Wolf
C. simensis
Schabrackenschakal
C. mesomelas
Streifenschakal
C. adustus
Rothund (Asiatischer Wildhund)
Cuon alpinus
Afrikanischer Wildhund
Lycaon pictus
Dieser Stammbaum zeigt die Verwandtschaftsbeziehungen sämtlicher wolfsähnlicher wilder Caniden.
Der Ägyptische Schakal, der besser in Afrikanischer Wolf umbenannt werden sollte, aber bislang noch
nicht offi ziell klassifi ziert wurde, gehört zu einem Artenkomplex, d.h. einer Gruppe nahe verwandter
Arten. In diesem Fall handelt es sich um den Artenkomplex Wolf (Canis lupus). Wie die Abbildung zeigt,
sind die nächsten Verwandten des Afrikanischen Wolfes der Indische Wolf, der Himalaya-Wolf sowie
der uns bekannte Wolf.
VERWANDT MIT DEN WÖLFEN
ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013 21
AUS DEN PROJEKTEN | ÄTHIOPIEN
untergang vielleicht einen heimlichen Blick
auf lupaster werfen“, verrät Karen Lauren-
son, Ökologin und Veterinärin der ZGF in
Äthiopien. Sie hat schon einmal ein Tier ge-
sehen, das in der Abenddämmerung wie aus
dem Nichts auftauchte und ebenso schnell
wieder verschwunden war. „Ich glaube, ich
habe ihn sogar schon einmal gefangen, aber
ich wusste damals nicht, was es war.“
Laurenson befürchtet, dass der Wolf schnel-
ler ausgestorben sein könnte, als wir ihn er-
forschen können. „Goldschakale und andere
Caniden sind besonders anfällig für Tollwut,
Staupe und andere Krankheiten. Bei einer
Population, die vielleicht – vielleicht aber
auch nicht – nur sehr klein ist, besteht die
Möglichkeit, dass sie für immer verschwin-
det, ehe wir uns versehen haben.“ Kleine
Populationen bergen die Gefahr von Inzucht
und können aufgrund von Krankheiten in
kürzester Zeit aussterben. „Wir wissen nicht,
wie viele dieser Wölfe es noch gibt“, erklärt
Laurenson. „Sie mögen in Afrika weit ver-
breitet sein, aber gibt es sie auch in nen-
nenswerter Anzahl oder kommen sie nur
vereinzelt in bestimmten Gebieten vor, mit
nur einigen wenigen Tieren an einem Ort?
Um ihre Zukunft zu sichern, ist es zwingend
notwendig, dass wir das herausfinden.“
LUPASTER VERSUS HOMO SAPIENS?
Krankheiten und Inzucht sind nicht die
einzigen Herausforderungen, denen lupa-
ster gegenübersteht. Die Geheimnisse die-
ser rätselhaften Art aufzudecken, könnte
auch Nachteile haben. Besonders wenn die-
ser Wolf, wie der Goldschakal, in der Nähe
von Menschen lebt und Lämmer und andere
Nutztiere zu seiner Beute gehören.
Die Schafe in den hoch gelegenen Gebie-
ten wie der Guassa-Region fressen eine sehr
wertvolle natürliche Ressource: das Festuca-
Gras. Für die Bewohner von Menz ist die-
ses Gras „Brot und Butter“ und einer der
Hauptgründe für den Schutz des Gebiets.
Es wird für Hausdächer sowie für die Her-
stellung von Kleidung und Haushaltsgegen-
ständen verwendet. Das Gras wird auch auf
entfernteren Märkten in Addis Abeba und
anderen Städten verkauft. Das meiste Vieh,
könnte sehr viel seltener sein. Wissenschaft-
ler und Naturschützer müssen nun unbe-
dingt herausfinden, in welchen Gebieten
sich dieser Wolf aufhält und wie viele es von
seiner Art gibt“, erklärt Stenseth. Der Schlüs-
sel hierzu könnte das Menz-Guassa-Schutz-
gebiet im Hochland von Äthiopien sein.
In dieser Region, in der kleine Büsche und
Sträucher an montanen Steilhängen her-
vorsprießen, wurde lupaster bisher am häu-
figsten gesichtet. Zu seinen Lieblingsplätzen
gehört auch das 260 Kilometer nordöstlich
von Addis Abeba in der Region Menz-Gera
Midir gelegene Schutzgebiet Guassa Com-
munity Conservation Area (GCCA). „Das
Schutzgebiet Guassa ist eines der unbe-
rührtesten und entlegensten Naturwunder
des äthiopischen Hochlands“, sagt Zelealem
Tefera, Wissenschaftler und Projektleiter der
Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF)
für ebendieses Gebiet.
Verwaltet wird das Guassa-Schutzgebiet von
den umliegenden Gemeinden als ein ge-
meinschaftliches Ressourcennutzungsge-
biet. Dieses Nutzungsprinzip geht zurück
bis ins 17. Jahrhundert und ist eine der äl-
testen Methoden für Naturschutzmanage-
ment in den Ländern südlich der Sahara.
Die Guassa-Gemeinden leben in landwirt-
schaftlichen Genossenschaften, sogenannten
kebeles. Um alternative Einkommensmög-
lichkeiten für diese Gemeinden zu schaffen
und um das Management der GCCA zu un-
terstützen, fördern die äthiopische Regierung
und die ZGF den Ökotourismus in dieser Re-
gion. Das hat beispielsweise zur Errichtung
der Guassa Community Lodge und von ein-
fachen Campingplätzen geführt. Hier haben
Urlauber die Möglichkeit, ein traditionelles
Dorf in der Region Menz zu erleben oder
steile Hänge hinaufzuwandern, um nach den
seltenen Tier- und Pflanzenarten des Guassa-
Plateaus Ausschau zu halten. Viele der hier
vorkommenden Säugetiere sind endemisch,
d.h. sie sind nur in Äthiopien zu finden, bei-
spielsweise der Blutbrustpavian (Dschelada)
oder der Abyssinische Hase.
„Die Art könnte für immer
verschwinden noch bevor
wir Gelegenheit hatten,
sie zu erforschen.“
Leoparden, Servale, Zibetkatzen, Ägyptische
Mungos, Tüpfelhyänen und viele andere
Tierarten teilen sich diese Gebirgswüste. Im
letzten Licht der Abenddämmerung weilt
vielleicht auch Wepwawet unter ihnen. „Aus
dem Augenwinkel kann man bei Sonnen-
43
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. et
al. (
2011);
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. (2012)
VERBREITUNGSGEBIET DES GOLDSCHAKALS (CANIS AUREUS)
Die Punkte a und b markieren Fundorte von Canis aureua lupaster 2011, an den Punkten 1-4 wurde
der Nachweis für lupaster 2012 erbracht.
22 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AUS DEN PROJEKTEN | ÄTHIOPIEN
das regelmäßig im Hochland grast, kommt
aus den umliegenden Dörfern. Während
Dürrezeiten jedoch bringen auch Viehhalter
aus weiter entfernten Dörfern ihre Schaf-
herden nach Guassa, wo diese in proviso-
rischen Pferchen gehalten werden. Und
genau da liegt der potenzielle Konflikt.
„Meine Großmutter hat mir von den Wölfen
erzählt, die ihr Vieh gestohlen haben“, ist
die Reaktion eines Äthiopiers auf die Ent-
deckung von lupaster. „Ich habe sie immer
wieder gefragt, ob sie sich sicher sei, dass
sie nicht vielleicht eine Hyäne, einen Hund,
einen Schakal oder einen Fuchs gesehen
hatte, doch sie hat stets beteuert: Es war ein
Wolf ... Sie sagte, dass Wölfe einst sehr ver-
breitet waren, doch dass sie schon seit Jahr-
zehnten keinen Wolf mehr gesehen habe. Ich
habe viele solche Behauptungen gehört.“
Der Goldschakal könne eine Plage sein und
greife Haustiere, darunter Schafe und Ziegen,
an, klagt ein anderer Äthiopier. „Warum
sollte dieser Wolf anders sein?“, fragt er
ironisch. Auch wenn der Goldschakal ein
ganz anderes Tier ist als lupaster, sind sich
die Wissenschaftler darin einig, dass dieser
Punkt weitere Untersuchungen erfordert.
Das Hochland der Menz-Guassa-Region be-
steht zu mehr als 80 Prozent aus erodierten
Hängen, die eine wachsende Bevölkerung
versorgen. Viehhaltung ist ein wichtiger
Bestandteil der Landwirtschaft in der
Guassa-Region und im gesamten Norden
Äthiopiens, und je unzuverlässiger der Er-
trag aus dem Getreideanbau wird, desto
größer wird die Rolle der Viehhaltung. Wo
immer es Vieh gibt, könnte auch lupaster
sein. „Wir wissen so wenig über diese Unter-
art“, sagt Sillero-Zubiri. „Wer weiß, ob und
wann er Schafe reißt? Noch ist er für uns nur
ein Schatten am Bergrücken.“
„Zum Glück nennen ihn die Menschen hier
den ‚Nomaden-Schakal‘ und setzen ihn
nicht mit den geläufigeren Schakalen gleich,
denen sie vorwerfen, ihre Lämmer zu tö-
ten“, bemerkt Zelealem Tefera. Seine Heim-
lichkeit könnte also die Rettung für lupaster
sein. Laut Tefera wächst unter den Bewoh-
nern von Regionen wie Guassa immer mehr
das Verständnis, dass der Wolf ein nationales
Erbe ist und dass er durch den Ökotouris-
mus möglicherweise eine ebenso wichtige
Einnahmequelle darstellen könnte wie das
Festuca-Gras.
Die Amerikanerin Cheryl Lyn Dybas ist
Journalistin und schreibt unter anderem
für Africa Geographic.
Literatur:
Eli Knispel Rueness, Maria Gulbrandsen Asmyhr, Claudio Sillero-Zubiri, David W.
Macdonald, Afework Bekele, Anagaw Atickem, and Nils Chr. Stenseth (2011): The Cryp-
tic African Wolf: Canis aureus lupaster Is Not a Golden Jackal and Is Not Endemic to
Egypt. PLoS One 2011; 6(1): e16385. doi: 10.1371/journal.pone.0016385
Philippe Gaubert, Cécile Bloch, Slim Benyacoub, Adnan Abdelhamid, Paolo Pagani,
Chabi Adéyèmi Marc Sylvestre Djagoun, Arnaud Couloux and Sylvain Dufour (2012):
Reviving the African Wolf Canis lupus lupaster in North and West Africa: A Mitochond-
rial Lineage Ranging More than 6,000 km Wide.
PLoS One 2012; 7(8): e42740. doi: 10.1371/journal.pone.0042740
Blutbrustpaviane sind im Hochland von Guassa ein häufi ger Anblick - den Afrikanischen Wolf zu sehen, ist hingegen wenigen vergönnt.
23ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AUS DEN PROJEKTEN | ÄTHIOPIEN
Ich habe den Gorilla 4/2012 erst am
12.11.2012 erhalten. Darin verweisen Sie
aber auf einen Fernsehbeitrag im ZDF am
11.11. Keiner konnte den Beitrag also sehen!
Gisela Moewes, Reichshof-Heienbach
TV TIPP VERPASST
GORILLA 4/2012
Eigentlich müsste Ihrer Textredaktion aufge-
fallen sein, dass es im Beitrag über Fredrick
Selous, den „kühnen Namensgeber“ des Se-
lous Parks in Tansania, etwas mehr kritische
Distanz gebraucht hätte. Es braucht keine
Laudatio für einen Menschen, der „sein Leben
der Großwildjagd gewidmet“ hat. Was sollen
solche Zitate: „binnen weniger Jahre hatte
er mehr Wild erlegt als andere Jäger seiner
Zeit…“ „von Kleinasien bis Alaska schoss er
imposante Tiere…“ „allein für das Londoner
Museum schoss er 19 Löwen und zwölf
Nashörner…“ Bravo! Großartig !!!
Mir ist durchaus bewusst, dass die Einnah-
men aus der so genannten Trophäenjagd
teilweise zum Überleben von Wildschutz-
gebieten beitragen. Aber eine Naturschutz -
und Tierschutzorganisation wie die ZGF
sollte zu keiner Zeit Zweifel aufkommen
lassen, dass sie diesem Vergnügen – also
dem killing for fun – das keinerlei ethische
Berechtigung hat, grundsätzlich ablehnend
gegenüber stehen muss. Leider kann ich
mich nicht erinnern, hier etwas mit wün-
schenswerter Deutlichkeit im ZGF Gorilla
gelesen zu haben.
Dr. Bernd Schiffer, per E-Mail
KEINE LAUDATIO FÜR JÄGER
GORILLA 4/2012
Anmerkung der Redaktion:
Der ZGF-Gorilla erscheint nur viermal im Jahr,
das macht es leider oft schwierig, Fernseh-
termine anzukündigen, da uns diese Termine
meist erst sehr kurzfristig bekannt sind. Somit
sind wir immer wieder in dem Dilemma, das
Risiko einzugehen, dass eine Ankündigung
zu spät kommt – oder den Termin eben gar
nicht anzukündigen. Auf unserer Webseite und
Facebook-Seite erfahren Sie jedoch rechtzeitig
von bevorstehenden Sendungen.
Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Bernhard-Grzimek-Allee 1
60316 Frankfurt am Main
E-Mail: [email protected]
Bitte geben Sie Ihren Namen und Ihre Adresse
mit an, denn anonyme Zuschriften werden von
uns nicht veröffentlicht. Auch behalten wir uns
vor, lange Zuschriften sinngemäß zu kürzen.
Möchten Sie Kritik, Lob oder Anregungen zum
ZGF-Gorilla loswerden? Scheiben Sie uns:
Axel Gomille
INDIEN. IM LAND DER TIGER UND TEMPELGebunden, 30 x 24 cm , 160 Seiten,
169 lackierte Abbildungen, 1 Karte,
Verlag: Tecklenborg, 2012
ISBN 978-3-939172-92-5
Preis: 38,50 €
Mein Lieblingstier ist der Tiger. Seine
Schönheit und Anmut gehen mir einfach
unter die Haut. Wie gerne würde ich nach
Indien reisen, um diese große Katze in ih-
rem natürlichen Lebensraum zu beobach-
ten. Das wünsche ich mir schon eine Weile,
aber seit ich Axel Gomilles neues Buch
„Indien. Im Land der Tiger und Tempel“
gelesen habe, ist mein Fernweh so groß wie
nie zuvor. Dabei ist „gelesen“ eigentlich das
falsche Wort: Ich habe das Buch angeschaut.
Immer wieder habe ich es durchgeblättert
und habe die großartigen Bilder bestaunt.
Von Tigern, natürlich, die so nah sind, dass
man problemlos die einzelnen Haare in
ihrem Fell erkennen kann. Aber auch von
Lippenbären, Rothunden, Elefanten, Dach-
schildkröten, Panzernashörnern und Kra-
nichen. Von Kindern und Gläubigen und
wunderschönen Palästen und Tempeln.
Jedes Mal, wenn ich das Buch aufschlage,
nehme ich mir fest vor, endlich einmal die
Texte zu lesen – Axel Gomille ist Diplom-
Biologe, ZDF-Redakteur und hat bei seinen
Indienreisen bestimmt jede Menge Lesens-
wertes erlebt – bisher vergebens. Ich schaffe
es einfach nicht, mich von den wunder-
schönen Bildern loszureißen.
Katharina Hensen
LESERBRIEFEBUCHTIPPS
24 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
ZGF DIALOG
FÜR DIE ORANG-UTANSFÜR DEN NASHORNSCHUTZ FÜR DIE BERGGORILLAS
DANKE!Viele Mitglieder und Freunde der ZGF tragen mit ihren ganz persönlichen Spendenaktionen zu unserer Naturschutzarbeit bei. An dieser Stelle stellen wir Ihnen regelmäßig ausgewählte private Spendenaktionen vor.
Eine Gruppe von Schülerinnen und Schü-
lern des Ludwig-Thoma-Gymnasiums in
Prien am Chiemsee fotografierte im vergan-
genen Jahr fleißig die heimische Naturum-
gebung. Die Bilder entstanden im Rahmen
eines von der Schule initiierten Projekts,
das sich zum Ziel gesetzt hatte, die Natur-
landschaften rund um die 11 europäischen
Partnerschulen des Ludwig-Thoma-Gym-
nasiums zu erforschen und die Erfahrungen
gegenseitig auszutauschen. Ihre Bilder prä-
sentierten die Schüler schließlich bei ei-
ner öffentlichen Vernissage und sammelten
dabei 133 Euro Spenden für das Orang-
Utan-Schutzprogramm der ZGF in Bukit
Tigapuluh.
Jeder von uns hat Dinge, die er oder sie ei-
gentlich gar nicht (mehr) braucht. Warum
diese also nicht zu Geld machen für einen
guten Zweck? Die beiden ehrenamtlichen
Naturschutzbotschafter Carl Scherrer und
Karl-Heinz Iba nutzten die Weihnachtsfeier
der Naturschutzbotschafter im Zoo Frank-
furt, um Geld für das Berggorilla-Projekt
zu sammeln. Bei Glühwein und Plätzchen
versteigerten sie diverse Fachbücher, ein
Mikroskop, ein Spektiv sowie ein paar wun-
derschönen Afrika-Aufnahmen. Als schö-
nen Abschluss des Jahres 2012 brachten
Carl Scherrer und seine Kolleginnen und
Kollegen 260 Euro in der Versteigerung zu-
sammen.
Anlässlich seines 50. Geburtstags spendete
Frank Gerhold, der seit vielen Jahren ZGF-
Mitglied ist, für den Nashornschutz. Als
langjähriger Afrika-Fan besucht er fast je-
des Jahr Nationalparks in Afrika. An seinem
runden Geburtstag verzichtete er auf Ge-
schenke und bat stattdessen um eine Spende
für die Nashornschutzprojekte der ZGF: Es
kamen stolze 1000 Euro zusammen. „Ich
weiß als Mitglied, dass das Geld bei der ZGF
gut aufgehoben ist und ich wünsche mir, dass
die Nashörner nicht aussterben. Ich möchte
gerne auf meinen Reisen noch Nashörner in
freier Wildbahn sehen, um mich an ihnen zu
erfreuen. Afrika ohne Nashörner wäre für
mich undenkbar.“
Frank Gerhold wollte lieber den Nashornschutz
fördern als Geburtstagsgeschenke bekommen.
Schülerinnen und Schüler aus Prien sammelten während
einer Vernissage für die Orang-Utans.
17.411 €aus Anlass-Spenden zusammen.
Ganz herzlichen Dank allen Engagierten!
2012 kamen insgesamt
Carl Scherrer und Karl-Heinz Iba versteigerten Hausrat auf der Weihnachtsfeier.
2 6 0 € 1 3 3 €0 0 0 €1
25ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
ZGF DIALOG
JAHRESBILANZ:
2012 – ein Blick zurückMit 2012 verabschiedet sich ein kunter-
buntes Zoojahr, das geprägt war von den
Bauarbeiten am neuen Eingang und an der
Bärenanlage, einem wahren Baby-Boom im
Frühsommer – aber auch von Abschieden.
Etwa von den beiden Tigerjungen ASIM und
TARU, die nun in Frankreich und Heidelberg
leben und von Schuhschnabel MAUSI, die im
März verstarb. Dem Einbruch der Erdbauten
im Erdmännchen-Gehege fielen im Oktober
sechs der beliebten Tiere zum Opfer.
Ein großes Bauprojekt, etwas abseits der
Öffentlichkeit, jedoch für die internen Ab-
läufe im Zoo von enormer Bedeutung,
nahm 2012 Gestalt an: Der Neubau von
Quarantäne und Absonderung auf dem
Wirtschaftshof steht kurz vor dem Richt-
fest. Neben Neubauten standen 2012 auch
Sanierungsarbeiten auf dem Programm.
Anlässlich des 25. Todestages von Bernhard
Grzimek wurde zum Beispiel das Grzimek-
Camp renoviert und erweitert, finanziert
von der ZGF. Seit dem Sommer werden
die Camp-Besucher dort von einer lebens-
großen Löwin mit Jungen begrüßt, die der
Künstler Johannes Große mit der Ketten-
säge aus einem Eschenstamm fertigte. Das
Camp verbreitet seitdem noch mehr Savan-
nen-Flair und begeistert damit Jung und Alt
auf dem „Kurztrip“ in die Serengeti.
Weniger begeistert von ihrem Umfeld waren
offenbar die Pelikane. Sie verabschiedeten
sich im Frühjahr von ihrem Weiher am Exo-
tarium und siedelten kurzerhand und völ-
lig selbstständig auf den großen Weiher um.
Dort bereicherten sie das Bild den Sommer
über, zogen jedoch mit einsetzendem Frost
wieder auf ihren kleinen Weiher um, denn
dieser wird mit warmem Wasser aus dem
Exotarium gespeist und friert nicht zu.
Ebenfalls in seine angestammte Behausung
kehrte Tigerkater IBAN zurück. Im Juli
war seine neunmonatige Warschau-Reise
im Dienste des Artenschutzes beendet. Der
Aufenthalt in Polen war von großem Er-
folg gekrönt: Drei Jungtiere gingen aus dem
kurzen Intermezzo mit der dortigen Tiger-
dame RATU hervor. Nun ist IBAN im Kat-
zendschungel wieder mit Partnerin MALEA
vereint. Mit einem besonders freudigen Er-
eignis endete das Jahr 2012: Orang-Utan-
Dame ROSA brachte Ende November ihr
viertes Jungtier zur Welt.
Heimkehrer: Tigerkater Iban
Gekonnt: die Löwen-Skulptur wird mit der
Kettensäge gefertigt
AUSBLICK AUF 2013
Wahrhaft auf Hochtouren laufen die Vorbe-
reitungen für die Eröffnung der neuen Bären-
anlage und des neuen Eingangs im Frühjahr
2013: Der Innenausbau ist in vollem Gange
ebenso wie die Neugestaltung des Zoovor-
platzes. Durch den Bauzaun können bereits
die üppigen Neupflanzungen im und um das
Bärengehege herum bestaunt werden. Eifrig
trainieren die Tierpfleger mit den Nashör-
nern KALUSHO und TSORORO das Be-
treten der Transportkisten, denn die beiden
Tiere sollen zur Arterhaltung im Frühsom-
mer nach Afrika übersiedeln, um dort im
Rahmen eines Schutzprogramms für Nach-
wuchs zu sorgen. Nach zweijähriger Pause
wird der Zoo zur „Nacht der Museen“ wie-
der seine Pforten für einen zauberhaften
Rundgang durch den nächtlichen Zoo öff-
nen, und auf interessante und exotische Neu-
zugänge können sich die Besucherinnen und
Besucher vor allem im Grzimekhaus freuen
– genau wie auf ein abermals vielfältiges Ver-
anstaltungs- und Führungsangebot.
Umsiedler: die Pelikane
Üppig: die neue Bärenanlage
Bildnachweis:
Pelikane: Zoo Frankfurt/Leibfritz
Bären-Anlage: Zoo Frankfurt/Sabine Binger
Tiger-Kater: Zoo Frankfurt/Leibfritz
Löwenskulptur: Zoo Frankfurt/Lisa Groschupff
Bartgeier: Zoo Frankfurt/Winfried Faust
26 ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
AUS DEM ZOO FRANKFURT
ZOO FRANKFURT
VERÄNDERUNGEN IM TIERBESTAND (01.09.2012 BIS 31.12.2012)
GEBOREN
0,1,3 Australische Zwergscharbe, 0,1,1 Senegaltrappe, 1,0 Sonnenralle, 1,0
Schwarznacken-Flaumfußtaube, 0,0,3 Blauohr-Honigfresser, 0,0,4 Rotohrbülbül,
0,0,5 Siedelweber, 0,0,5 Blaukopf-Schmetterlingsfi nk, 0,0,1 Ultramarinbischof,
1,0 Purpurtangare, 0,1,1 Kurzohr-Rüsselspringer, 0,0,3 Braunborsten-Gürteltier,
1,0 Gelbbrustkapuziner, 0,0,1 Schwarzer Brüllaffe, 0,0,2 Goldstirn-Klammeraffe,
1,0 Sumatra Orang-Utan SAYANG, 0,0,2 Australische Schwimmratte, 0,0,1
Greifstachler, 0,0,3 Mara, 2,1 Gundi, 0,0,16 Brillenblattnase, 0,0,1
Kleinkantschil
ZUGÄNGE
0,0,1 Chilefl amingo (Zoo Landau), 1,0 Bartgeier FAUSTO (Fundacion Gypaetus,
Cazorla/ESP), 1,0 Schneeeule (Zoo Halle), 0,1 Blaufl ügel-Kookaburra (Zoo
Landau), 1,1 Gelbfuß-Honigsauger (Zoo Rotterdam), 1,0 Goodfellow- Baumkän-
guru (San Diego Zoo/USA), 1,1 Weißwangen-Schopfgibbon (Zoo Duisburg), 0,1
Wüstenschläfer (privat), 0,1 Okapi ETANA (Zoo Dvur Králové/CZ), 1,0
Mhorrgazelle (Parc de Lunaret, Montpellier/F)
ABGÄNGE
0,1 Helmkasuar (Vogelpark Marlow), 0,0,6 Helm-Perlhuhn (privat), 1,1,1
Satyr-Tragopan (Wildpark Alte Fasanerie Hanau), 0,0,4 Brandgans (Vogelpark
Marlow), 0,0,2 Kahnschnabel (Zoo Köln), 1,0 Sonnenralle (Universum Science
Center Göteborg/S), 1,0 Socorrotaube (Zoo Köln), 1,2 Blaukrönchen (Tiergarten
Straubing), 0,0,4 Blauracke (Zoo Plock/PL), 1,4 Bienenfresser (Zoo Dresden),
1,1,1 Wiedehopf (Zoo Wroclaw/PL), 0,2 Wiedehopf (Zoo Plzen/CZ), 1,1
ErläuterungMit den Zahlen vor den Artnamen bezeichnen Tiergärtner die Anzahl
männlicher (vor dem Komma) und weiblicher (nach dem Komma)
Individuen. Die dritte Zahl gibt die Anzahl von Tieren unbekannten
Geschlechts an.
NEUZUGANG BEI DEN GREIFVÖGELN:
Der Bartgeier FAUSTONach etwas mehr als einem Jahr hat Bart-
geierdame RICARDA im November einen
Gefährten bekommen. Koordiniert wird die
Bartgeierzucht im Richard Faust Breeding
Centre in Haringsee bei Wien, der Basis-
station des erfolgreichen europäischen
Auswilderungsprogramms für Bartgeier in
den Alpen.
Seit einigen Wochen teilen sich die vierjäh-
rige RICARDA, die seit 2011 im Frankfurter
Zoo lebt, und der bald zweijährige FAUSTO
die Voliere. Der junge Bartgeier hat sich gut
eingewöhnt und die Zusammenführung der
Tiere verlief problemlos. Zoodirektor Pro-
fessor Dr. Manfred Niekisch und das Pfle-
gerteam hoffen, dass sich die beiden Vögel
weiterhin gut verstehen und zu einem har-
monischen Paar zusammenwachsen. Ge-
schlechtsreif werden Bartgeier erst mit etwa
sechs Jahren.
FAUSTO stammt aus der Zuchtstation Fun-
dación Gypaetus, Centro Temático de Espe-
cies Amenazadas, Cazorla (Jaén), Spanien.
RICARDA ist im Richard Faust Breeding
Centre in Haringsee, östlich von Wien in
Österreich geschlüpft. Dort wird das Er-
haltungszuchtprogramm für Bartgeier ko-
ordiniert. Mitbegründer der erfolgreichen
Bartgeier-Zuchtstation war der 1992 verstor-
bene Dr. Richard Faust, ehemaliger Direktor
des Frankfurter Zoos und Präsident der Zo-
ologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF).
Im Alpenraum wurde der Bartgeier im Laufe
des 19. Jahrhunderts ausgerottet, der letzte
Vogel wurde 1913 geschossen. Mehr als
30 Jahre lang hat die ZGF das europäische
Zucht- und Auswilderungsprogramm für
Bartgeier unterstützt. Es hat sich gelohnt:
1997 flog der erste im Freiland geschlüpfte
Bartgeier aus. Nach mehr als hundert Jah-
ren begannen die Vögel wieder erfolgreich
in den Alpen zu brüten. Mittlerweile steht
das Projekt auf soliden Füßen und es beste-
hen gute Chancen auf eine sich selbst erhal-
tende Bartgeier-Population.
Prächtig: Der junge Bartgeier FAUSTO kurz nach dem Umzug in sein neues Zuhause.
Furchenschnabel-Bartvogel (Zoo Parc de Beauval/F), 0,0,2 Blaukopf-Schmetter-
lingsfi nk (Zoo Magdeburg), 0,0,1 Kleiner Kubafi nk (Wilhelma Stuttgart), 1,0
Ultramarinbischof (Universum Science Center Göteborg/S), 0,1 Azurkopftangare
(Zoo Krefeld), 0,1,1 Azurkopftangare (Universum Science Center Göteborg), 3,2
Kowari (Zoo Plzen/CZ), 1,0 Gleichfarbkuskus (privat), 1,2,1 Kleiner Igeltanrek
(Zoo Zagreb), 1,1 Kurzohr-Rüsselspringer (Tiergarten Bernburg), 1,0 Kaiser-
schnurrbarttamarin (Zoo Novosibirsk), 1,0 Kaiserschnurrbarttamarin (Twycross
Zoo), 0,2 Kaiserschnurrbarttamarin (Parc Paysager Et Animalier Du Reynou, Le
Vigen/F), 2,0 Gelbbrust-Kapuziner (Zoo Magdeburg), 1,0 Sumatra Orang-Utan
JAHE (Zoo München), 1,0 Prévost-Schönhörnchen (Zoo Zagreb), 2,0 Borsten-
hörnchen (Zoo Erfurt), 1,1 Wüstenschläfer (privat), 0,0,3 Goldstachelmaus
(privat), 0,0,4 Goldstachelmaus (Zoo Münster), 1,0 Okapi DETO (Zoo Wuppertal)
GESTORBEN
0,0,3 Brandgans, 1,0,1 Chileflamingo, 0,0,3 Australische Zwergscharbe, 0,0,2
Senegaltrappe, 0,0,1 Fischerturako, 1,0 Schneeeule, 1,1 Bienenfresser, 0,0,1
Wiedehopf, 0,0,1 Blauohrhonigfresser, 0,0,6 Rotohrbülbül, 0,0,3 Siedelweber, 1,0
Wachtelastrild, 0,0,1 Blaukopf-Schmetterlingsfink, 0,1 Montserrat-Trupial, 0,0,1
Ultramarinbischof, 0,1 Zwerggleitbeutler, 0,1 Kurzohr-Rüsselspringer, 0,0,3
Braunborsten-Gürteltier, 0,3 Grauer Schlanklori, 0,0,1 Moholi-Galago, 1,0
Gelbbrustkapuziner, 0,0,1 Schwarzer Brüllaffe, 0,0,1 Goldstirn-Klammeraffe, 1,0
Mantelpavian BEN, 1,0 Weißwangen-Schopfgibbon, 0,1 Wüstenschläfer, 0,1
Borstenhörnchen, 0,0,1 Australische Schwimmratte, 0,0,1 Wildmeerschweinchen,
0,0,4 Mara, 0,0,43 Brillenblattnase, 1,1,4 Erdmännchen, 0,0,1 Zwergotter
27ZGF GORILLA | AUSGABE 1/2013
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