heft 4 2010
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Heft 4 2010TRANSCRIPT
AgrArforschung schweiz
A p r i l 2 0 1 0 | H e f t 4
Umwelt Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Seite 128
Agrarwirtschaft Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein? Seite 142
Pflanzenbau Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus Seite 148
Ag
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BLW
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A |
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Zü
rich
127 Editorial
Umwelt
128 Vogelgefährdung durch Pflanzenschutz- mittel? Risikoprognosemodelle und Monitoring
Michela Gandolfi und Otto Daniel
Umwelt
134 Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz? Franz Bigler
Agrarwirtschaft
142 Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein?
Ali Ferjani, Linda Reissig und Stefan Mann
Pflanzenbau
148 Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus
Jacob Rüegg und René Total
Nutztiere
154 Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast
Nathalie Roth und Peter Kunz
Kurzbericht
162 Fünf Jahre Netzwerk Pferdeforschung Schweiz
Dominik Burger, Mireille Baumgartner,
Iris Bachmann, Christine Grivel,
Anne Rizzoli, Ruedi von Niederhäusern
und Pierre-André Poncet
166 Porträt
167 Aktuell
171 Veranstaltungen
InhaltApril 2010 | Heft 4
Braunkehlchen im Raps.Kommen Vögel und andere Wildtiere mit Pflanzen-schutzmitteln in Kontakt und sind sie dadurch gefährdet? Dies erforscht die Gruppe Ökotoxikologie der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW. (Foto: Markus Jenny, Fehraltorf)
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil
ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bernb Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofenb Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften
Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder [email protected]
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Berner FachhochschuleHaute école spécialisée bernoiseSchweizerische Hochschulefür Landwirtschaft SHLHaute école suisse d’agronomie HESA
Agroscope
Liebe Leserin, lieber Leser
In der Schweiz werden fast 100 000 Pferde gehalten. Diese Zahl zeigt die
Wichtigkeit der Pferdebranche als Zweig in der Landwirtschaft auf. Die Pfer-
debranche beansprucht 10 % der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Nicht
weniger als 265 000 Personen in der Schweiz sind in der Zucht und Nutzung
tätig. Wie in den anderen Sektoren ist im Rahmen der europäischen Öffnung
auch in der Pferdebranche Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit gefragt.
Die Rolle des Schweizerischen Nationalgestüts SNG
Das Schweizerische Nationalgestüt SNG spielt in der Pferdebranche eine
führende Rolle. Es ist das Kompetenzzentrum und hilft als staatlicher, unab-
hängiger Betrieb Fragen und Probleme der Branche früh zu erkennen und
Lösungen zu finden, die der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und
dem Wohlbefinden des Pferdes in der Schweiz dienen. Nicht zu vergessen ist
sein Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität. Neben dem europaweit einzig-
artigen in den letzten Jahren aufgebauten Aus- und Weiterbildungsbil-
dungsprogramm stellt dabei die Netzwerkarbeit des Nationalgestüts einen
herausragenden Faktor dar. National und international mit privaten und
universitären Institutionen, Vereinigungen sowie den Verbänden und
Staatsgestüten eng vernetzt, werden effizient und interdisziplinär For-
schungsresultate erarbeitet, die direkt in die Praxis umsetzbar sind.
Ein Beispiel für diese Arbeit stellt das Netzwerk Pferdeforschung Schweiz
dar. Das Nationalgestüt führt bereits zum fünften Mal die «Jahrestagung
Netzwerk Pferdeforschung Schweiz» am 30. April 2010 in Avenches durch.
An dieser Veranstaltung werden nicht weniger als 32 wissenschaftliche Ar-
beiten des Nationalgestüts und der verschiedenen anderen Schweizer Insti-
tutionen als Vorträge oder Poster öffentlich vorgestellt. Diese öffentliche
Plattform der Schweizer Pferdeforschung ermöglicht es, dass sich die For-
schenden austauschen und Synergiepotenziale nutzen können. Aber auch
der Wissenstransfer zur Pferdebranche wird optimiert. Nicht zuletzt können
die Pferdefachleute ihrerseits ihre Bedürfnisse definieren und direkt anbrin-
gen. In diesem Sinne hat das Nationalgestüt mit seiner Netzwerktagung
eine Leaderrolle bei der Früherkennung der Probleme der Pferdebranche
eingenommen. Als wichtigster und grösster jährlich stattfindender wissen-
schaftlicher Anlass ist die auch international anerkannte Veranstaltung in
der Schweizer Pferdelandschaft nicht mehr wegzudenken. Sie stellt einen
unerlässlichen Beitrag zur Entwicklung der Schweizer Landwirtschaft dar.
Die mit der Entwicklung der Schweizer Landwirtschaft und damit auch
der Pferdebranche verbundenen Herausforderungen können ohne Koope-
rationen nicht bewältigt werden. Nur mit einer uneigennützigen, koordi-
nierten Netzwerkarbeit auf hohem Niveau in allen Bereichen ist Gewähr
geboten, dass dies in Zukunft erfolgreich gemacht werden kann. Das
Schweizerische Nationalgestüt macht dies möglich.
Netzwerkarbeit des Schweizerischen Nationalgestüts
Pierre-André PoncetDirektor Schweizerisches Nationalgestüt SNG
Michael GysiDirektor ALP-Haras
Editorial
127Agrarforschung Schweiz 1 (4): 127, 2010
E i n l e i t u n g
Was die Geschichte uns lehrt
Pflanzenschutzmittel (PSM) sind für Menschen nützlich,
weil sie helfen, Schadorganismen zu bekämpfen und
höhere landwirtschaftliche Erträge zu erzielen. Die ers-
ten chemisch-synthetischen PSM anfangs der Vierziger-
jahre wurden von den Menschen zum Teil als eine «Erlö-
sung» angesehen: Der Entdecker des DDT, Dr. P. Müller,
hat im Jahr 1948 den Nobelpreis bekommen. Dass PSM
auch negative Nebenwirkungen auf die Umwelt haben
können, hat man erst später in Betracht gezogen. In den
Fünfziger- und Sechzigerjahren erlebten verschiedene
Vogelpopulationen einen dramatischen Rückgang, wel-
cher auf Reproduktionseffekte von DDT und seinen Ab-
bauprodukten zurückgeführt wurde (Hartner 1981). Die
Zulassungen von DDT in der Landwirtschaft wurden suk-
zessive zurückgezogen. Wegen der starken Persistenz
und Bioakkumulierbarkeit dieses Stoffes brauchten die
betroffenen Vogelarten danach Jahrzehnte, um sich
wieder zu erholen. Aus dieser Erfahrung hat man ge-
lernt, wie wichtig es ist, vor einer Zulassung nicht nur die
Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Risikoprognosemodelle und MonitoringMichela Gandolfi und Otto Daniel, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil
Auskünfte: Michela Gandolfi, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 783 62 70
U m w e l t
Vogelnest in einem Rebberg im Tessin (Foto: Michela Gandolfi, Zürich)
128 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 128–133, 2010
Die Nebenwirkungen von Pflanzenschutz-
mittel (PSM) auf die Umwelt müssen vor
einer Zulassung beurteilt werden. Die
Gruppe Ökotoxikologie der Forschungs-
anstalt Agroscope Changins-Wädenswil
ACW prüft, ob Pflanzen und Tiere durch
PSM gefährdet sind. Für Vögel verwendet
man Prognosemodelle, die auf vorsichtigen
Annahmen basieren. Weil ein Modell nie
die ganze Komplexität der Realität erfassen
kann, bleibt aber eine gewisse Restunsicher-
heit. Anhand von Monitoringstudien mit
Vögeln können nach der Zulassung zusätz-
liche Informationen über die Unbedenklich-
keit oder Bedenklichkeit von PSM im Feld
gewonnen werden. Monitoringstudien
haben ihre Grenzen, sind aber dennoch ein
wichtiges komplementäres Instrument
neben der Risikoprognose vor der Zulassung.
Sie können helfen, Risiken von PSM für Vögel
besser zu verstehen, unerwartete Probleme
zu erkennen und Massnahmen zur Risiko-
minderung zu definieren.
Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Risikoprognosemodelle und Monitoring | Umwelt
Vorteile von PSM sondern auch deren Nachteile zu un-
tersuchen. Nur so können unangenehme Überraschun-
gen verhindert werden.
Moderne Zulassungsverfahren von PSM stützen sich
deshalb auf einen Abwägungsprozess von Nutzen und
Risiken. Die Basis ist eine objektive und wissenschaftlich
fundierte Risikoprognose.
M e t h o d e
Umweltverträglichkeitsprüfung
von Pflanzenschutzmitteln
Nach Gesetz dürfen nur PSM in Verkehr gebracht wer-
den, die keine negativen Nebenwirkungen auf Mensch
und Umwelt haben (Pflanzenschutzmittelverordnung,
SR 916.161, 18. Mai 2005). Die Umweltverträglichkeit
muss deshalb für alle PSM geprüft werden, bevor eine
Bewilligung erteilt wird.
Die Gruppe Ökotoxikologie der Forschungsanstalt
Agroscope Changins-Wädenswil ACW prüft, ob und wie
Pflanzen und Tiere mit einem PSM in Kontakt kommen
können, und ob sie dadurch gefährdet sind oder nicht.
Das Spektrum der beurteilten Organismen reicht von
den Wasserorganismen (Fische, Fischnährtiere und
-pflanzen), Bodenorganismen (Regenwürmer, Bodenar-
thropoden und -mikroorganismen), Insekten (Nützlinge
und andere Arthopoden) und Säugetieren bis hin zu
den Vögeln (Daniel et al. 2007).
Diese Publikation fokussiert auf Vögel, weil viele Vo-
gelarten besonders an landwirtschaftliche Gebiete ge-
bunden sind: In Europa brütet ein Viertel der Arten auf
landwirtschaftlichen Flächen, und noch viel mehr Arten
suchen dort ihre Nahrung (Schifferli 2000).
Risikoprognose vor der Zulassung
Um das Risiko eines PSM auf Vögel zu prognostizieren,
braucht man Informationen über die Toxizität und über
die Exposition der Vögel mit dem PSM im Feld. Nach Pa-
racelsus gilt «... allein die Dosis macht das Gift». Darum
gibt erst der Vergleich zwischen Toxizität und Expositi-
on ein Mass für das Risiko.
Die Toxizität von PSM für Vögel wird von spezialisier-
ten Firmen im Labor getestet. Die Ergebnisse werden
von den gesuchstellenden Firmen den Zulassungsbehör-
den eingereicht. Es werden akute Tests, kurzfristige Füt-
terungsstudien und Reproduktionsstudien mit empfind-
lichen Standard-Arten wie der Stockente (Anas plathy-
rhynchos) und der Wachtel (Colinus virginianus) durch-
geführt. In akuten und kurzfristigen Studien wird beob-
achtet, ab welcher Dosis die Vögel in ihrem Verhalten
(z. B. Nahrungsaufnahme) beeinträchtigt werden, im
Gewicht abnehmen oder sterben. Aus der Sterberate
129Agrarforschung Schweiz 1 (4): 128–133, 2010
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
wird die letale Dosis für 50% der untersuchten Tiere
(LD50) bestimmt. In Reproduktionsstudien wird beob-
achtet, ab welcher Dosis die Vögel Effekte zeigen in Be-
zug auf Anzahl gelegter Eier, Qualität der Eier, Anzahl
der daraus geschlüpfter gesunder Jungen, Verhalten
und Gewicht. Der ausschlaggebende Endpunkt ist hier
der Dosierungslevel, bei dem keine Effekte (No Obser-
ved Effect Level= NOEL) auf die Reproduktion beobach-
tet werden.
Die Exposition der Vögel gegenüber PSM erfolgt
hauptsächlich über die Nahrung. Man nimmt an, dass
Vögel mit einem PSM in Kontakt kommen, indem sie in
einem behandelten Feld «kontaminierte» Nahrung zu
sich nehmen. Samenfressende Vögel können nach der
Saat gebeizte Getreidekörner von der Bodenoberfläche
direkt aufnehmen. Insektenfressende Vögel können
sich von Insekten und herbivore Vögel von fressbaren
Pflanzen aus den gespritzten Feldern ernähren. Das
Mass für die Exposition ist der ETE-Wert («Expected The-
oretical Exposure»); dieser besteht aus zwei Teilen: den
zu erwartenden PSM-Rückständen in der Nahrung und
der Menge aufgenommener Nahrung durch den Vogel
130 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 128–133, 2010
Umwelt | Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Risikoprognosemodelle und Monitoring
(Abb. 1a). Für die Berechnung des ETE-Wertes sind Infor-
mationen über agronomische Praxis, Verhalten des PSM
in der Umwelt, Biologie und Ökologie der exponierten
Vögel nötig (Abb. 1b – 1e). Agronomische Parameter
sind die Applikationsrate (AR), der «Multiple Applica-
tion Factor» MAF (Mass für die Auswirkung mehrerer
Applikationen), und die «Crop Interception» CI (der von
der Pflanze zurückgehaltene Anteil des applizierten
PSM; Abb. 1b). Als weitere Kenngrösse kommt der Ftwa
dazu, der den Abbau des PSM auf der Nahrung berück-
sichtigt (Abb. 1c). Biologische Parameter sind der Vogel-
typ, der Nahrungstyp und die erwarteten Rückstände
(RUD), das Körpergewicht (KG) und die Fressrate (FIR)
des Vogels (Abb. 1d). Nach Bedarf werden zusätzlich
Feldbeobachtungen durchgeführt, um die Habitatnut-
zung der relevanten Vogelarten (PT), dessen Ernäh-
rungsverhalten (PD) und ein allfälliges PSM-Meidungs-
verhalten (AV) zu ermitteln (Abb. 1e).
Zur Abschätzung des Risikos wird der ETE-Wert mit
dem ermittelten Toxizitätsendpunkt verglichen. Daraus
resultiert der sogenannte TER-Wert («Toxicity-Exposu-
re-Ratio»). Der TER-Wert wird mit festgelegten Trigger-
werten verglichen: 10 für die Mortalität und 5 für die
Reproduktion. Wenn der TER-Wert tiefer als der Trig-
gerwert ist, kann ein akutes Risiko respektive ein Repro-
duktionsrisiko nicht ausgeschlossen werden.
Das detaillierte Vorgehen ist in der EU-Richtlinie zur
Risikobeurteilung für Vögel und Säuger SANCO (2002)
festgelegt. Diese Richtlinie wurde kürzlich umfassend
überarbeitet und im Dezember 2009 von der EFSA veröf-
fentlicht (EFSA 2009). Die Änderungen in der neuen
Richtlinie werden dieses Jahr von der Gruppe Ökotoxi-
kologie der ACW geprüft und gezielt implementiert.
Dadurch wird die Risikobewertung weiter optimiert und
mit der EU harmonisiert.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Grenzen der Risikoprognose
In der Risikoprognose möchte man nicht die Gefahr ein-
gehen, ein Risiko zu unterschätzen; darum sind in der
Bewertung gewisse Sicherheitsmargen eingebaut. In
der Realität bleibt aber trotzdem eine Restunsicherheit,
weil die Komplexität der Umwelt sich nicht restlos kont-
rollieren und erfassen lässt. Es gibt verschiedene Grün-
de, wieso im Feld Effekte auftreten können, mit denen
nicht gerechnet wurde:
• Besondere Konstellation von Faktoren und Umstän-
den im Feld: wenn Vögel von Krankheiten, ungüns-
tigen klimatischen Verhältnissen, Nahrungsmangel
oder anderen Stressfaktoren bereits geschwächt sind,
kann ihre Empfindlichkeit gegenüber PSM unerwar-
tet hoch sein (Buerger et al. 1994). Auch kann die
lokale landwirtschaftliche Struktur und das Vorhan-
densein von natürlichen Habitaten die Flucht und
Erholung der Tiere, und dadurch die Risiken auf
Populationsebene, beeinflussen (Hart 1990a).
• Besonders kritische Formulierungen: PSM, die als Gra-
nulat, Köder und Saatbeizmittel formuliert sind, ha-
ben eine hohe Wirkstoffkonzentration. Bei diesen
PSM-Typen bestehen die grössten Unsicherheiten
betreffend der Risiken, weil die Genauigkeit der An-
wendung und das Verhalten der Vögel die Exposition
entscheidend beeinflussen können (Hart 1990b).
ETE = (RUD * AR * CI * MAF * Ftwa) * (FIR/KG) * PT * PD * AV Rückstände in der Nahrung Nahrungsaufnahme
Abb. 1a | Berechnung des ETE (Expected Theoretical Exposure).
Abb. 1e | Ökologie der Vögel.
Abb. 1b | Agronomische Praxis.
– Kultur und Applikationszeitpunkt– Applikationsart (gespritzt, Saatbeiz, Granulat ...)– Applikationsrate: AR (kg Wirkstoff/ha)– Anzahl Applikationen: MAF
(Multiple Application Factor)– Wachstumsstadium: CI (Crop Interception)
– Relevante Vogelart in der Kultur und Jahreszeit?– Auch in unbehandelten Flächen?
PT (Part of Time in the treated area)– Auch andere Nahrungstypen? PD (Part of Diet
of different food types)– Meidungsverhalten? AV (Avoidance Factor) (für die ökologischen Faktoren sind meistens Feldbeobachtungen nötig)
Abb. 1c | Verhalten des PSM in der Umwelt.
– Physikalisch-chemische Eigenschaften– Abbau in Wasser, Boden,
Vegetation, Insekten, Würmern: Ftwa (time-weighted averaging factor)
Abb. 1d | Biologie der Vögel.
– Vogeltyp (z. B. kleiner Insektenfressender): KG (Körpergewicht), FIR (Fressrate)
– Nahrungstyp (z. B. kleine Insekten)– Rückstände: RUD-Werte = Residues per
Unit Dose, für 1 kg Wirkstoff/ha (Standard-Wert aus der Literatur oder gemessen)
Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Risikoprognosemodelle und Monitoring | Umwelt
131Agrarforschung Schweiz 1 (4): 128–133, 2010
ten Mäuse müssen immer entfernt werden (SPr 1, 2 und
3). Für gebeizte Samen, Schneckenkörner und Granulate
sind zwei Auflagen möglich: „«SPe 5: Zum Schutz von
Vögeln muss das Pflanzenschutzmittel vollständig in
den Boden eingearbeitet werden; es ist sicherzustellen,
dass das Pflanzenschutzmittel auch am Ende der Pflanz-
beziehungsweise Saatreihen vollständig in den Boden
eingearbeitet wird; Spe 6: Zum Schutz von Vögeln muss
das verschüttete Pflanzenschutzmittel beseitigt wer-
den». Wenn man diese Sicherheitshinweise nicht beach-
tet, können die Samen oder Granulate für Vögel zu-
gänglicher sein und in tödlichen Mengen aufgenommen
werden (Barnett et al. 2007).
Eine Verringerung von unsachgemässen Anwendun-
gen von PSM ist notwendig. Eine Verstärkung der Kont-
rollen wäre gegebenenfalls nützlich, aber sehr aufwen-
dig (Ellenberg 1992). Ein wichtigeres Instrument ist die
Information und die Sensibilisierung der Anwender.
Gezieltes Aktiv-Monitoring
Für bestimmte kritische PSM wäre es gut, nach der Zulas-
sung die im Feld tatsächlich vorkommenden Effekte ge-
zielt zu überprüfen und zu überwachen. Dass Dieldrin
als Saatbeizmittel für Vögel gefährdend ist, wurde bei-
spielsweise anhand von einem Monitoring bestätigt,
und ein weiteres Monitoring nach dem Zurückziehen
der Zulassung für dieses PSM zeigte, dass das Problem
gelöst wurde (Riley 1990). Solche «aktiven» Feldstudien
sind in den USA für gewisse PSM sogar eine Vorausset-
zung für eine Bewilligung (Turner 1990). Gezielte Moni-
toringstudien können auch verwendet werden, um An-
bausysteme zu Vergleichen. Fluetsch und Sparling (1994)
untersuchten beispielsweise die Vogelgemeinschaft in
konventionellen Obstanlagen (behandelt mit syntheti-
schen Insektiziden, Akariziden, Fungiziden und Herbizi-
den) oder in Bio-Obstanlagen (Pflanzenschutz mit na-
türlichen Pflanzenextrakten und Nützlingen, keine Ver-
wendung von Herbiziden). In konventionell bewirt-
schafteten Obstbauanlagen waren im Vergleich zu den
Bio-Betrieben höhere Vogelmortalitäten, reduzierte
Reproduktionserfolge und eine tiefere Artendiversität
zu finden.
Feldstudien können auch verwendet werden, um zu
überprüfen, ob die Risikoprognosemodelle für Vögel
genügend Schutz bieten. Im Rahmen der Revision der
EU-Richtlinie zu Vögel und Säuger (SANCO 2002) wurde
anhand von Literaturdaten ein Vergleich zwischen prog-
nostizierten und im Feld tatsächlich beobachteten Risi-
ken durchgeführt (EFSA 2008, Appendix 2). In einigen
Fällen wurden im Feld weniger tote Vögel gefunden als
mit den Modellen prognostiziert wurde (falsch Negati-
Kritische PSM
Es gibt bestimmte PSM-Klassen, bei denen grössere Un-
sicherheiten betreffend der Risiken für Vögel bestehen.
Es sind oft ältere Wirkstoffklassen wie beispielsweise
die Carbamate und die Organophosphate oder die Ro-
dentizide (Devine & Furlong 2007). Fälle von Vogelver-
giftungen sind für mehrere Wirkstoffe bekannt, u. a.
Chlorpyrifos und Diazinon (Cox 1991), Thiram (Riedel &
Grün 1986), Dimethoate, Methiocarb und Carbosulfan
(BVL 2004) sowie Carbofuran (Dietrich et al. 1995, Jenni-
Eiermann et al. 1996, Barnett et al. 2007, Kupper et al.
2007). Diese Wirkstoffe werden zur Zeit in der EU im
Rahmen eines Überprüfungsprogrammes für alle Wirk-
stoffe neu beurteilt (gemäss der Ratsrichtlinie 91/414/
EWG, Artikel 8). Wirkstoffe, die nach dieser Neubeurtei-
lung weiter zugelassen werden, sind mögliche Kandida-
ten für ein Monitoring nach der Zulassung.
«Passives» Monitoring nach der Zulassung
Durch das «passive» Monitoring von beobachteten Vo-
gelvergiftungen ist es möglich, zusätzliche Informatio-
nen über eine mögliche Bedenklichkeit von PSM zu be-
kommen. In vielen Ländern gibt es zuständige Stellen,
bei denen vergiftete Wildtiere gemeldet werden kön-
nen. Im Vereinigten Königreich ist es beispielsweise die
DEFRA (Department for Environment, Food and Rural
Affairs), und in Deutschland das BVL (Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit). Diese
Organisationen erfassen systematisch alle Tiervergif-
tungsfälle und publizieren sie regelmässig (z. B. BVL
2004). In der Schweiz werden tote Vögel meistens der
Schweizerischen Vogelwarte in Sempach oder einer re-
gionalen Vogelpflegestation gemeldet und zugesandt.
Die Ursache der Todesfälle wird punktuell abgeklärt,
und es wird unter anderem geprüft, ob es einen Zusam-
menhang mit der Anwendung von PSM gibt. Dazu
braucht es gezielte morphologische und toxikologische
Analysen der verstorbenen Tiere und eventuell Untersu-
chungen an der Fundstelle.
Die meisten Wildtiervergiftungen sind unbeabsich-
tigt und werden beispielsweise durch Überdosierung
oder durch Nichtbeachtung von Sicherheitshinweisen
verursacht. Nur selten werden Vögel mit toxischen PSM
absichtlich vergiftet. Überdosierungen können bei
kleinflächigen Behandlungen und bei schwierig zu do-
sierenden PSM, z. B. bei der Handstreuung von Granula-
ten, relativ schnell vorkommen (Kupper et al. 2007). In
der Schweiz existiert eine Reihe von Sicherheitshinwei-
sen (Pflanzenschutzmittelverordnung, SR 916.161, 18.
Mai 2005, Anhang 5): Rodentizidköder müssten immer
kontrolliert aufgestellt werden und die dadurch getöte-
132
ve). Anderseits zeigten aber mehrere der als unproble-
matisch eingestuften Feldapplikationen unvorhergese-
hene Mortalitäten (falsch Positive). Dies bestätigt, dass
Prognosemodelle eine gewisse unvermeidbare Restun-
sicherheit mit sich bringen.
Grenzen und Möglichkeiten von Monitoring.
Passives Monitoring kann in gewissen Fällen unerwartete
Effekte von PSM im Feld erfolgreich aufzeigen (z. B. Stan-
ley und Bunyan 1979). Es gibt aber Hinweise, dass die do-
kumentierten Vergiftungsfälle nur ein Teil der realen
Auswirkungen von PSM darstellen (Balcomb 1986). Dafür
gibt es verschiedene Gründe: Tote Vögel bleiben oft un-
entdeckt, insbesondere kleine und unauffällige Vögel;
normalerweise werden Todesfälle nur bei grossen und
auffälligen Vögel wie Greifvögel, Gänse und Enten be-
merkt (Jenni-Eiermann et al. 1996). Erfahrungsgemäss
wird auch nur ein kleiner Teil davon gemeldet, meistens
nur dann, wenn es sich um schöne und seltenere Arten
handelt. Tote Tiere werden zudem meist sofort von Räu-
bern oder Aasfressern abgeräumt und gefressen. Bal-
comb (1986) zeigte in einer Studie, dass innerhalb von 24
Stunden 62 – 92 % der toten Vögel vom Feld verschwan-
den. Mineau und Collins (1988) fanden eine ähnlich hohe
Verschwinderate, vor allem bei kleinen Singvögeln. Vögel
sind zudem oft sehr mobil und können sich z. T. nach einer
Vergiftung an einem sicheren Ort verstecken, um dann
erst später, weit weg von der Vergiftungsstelle, zu ster-
ben (Vyas 1999). PSM können darüber hinaus auch ver-
spätet wirken, je nach Wirkmechanismus und Akkumula-
tion im Fettgewebe (Evans 1990). Falls der Fund zeitlich
verspätet und räumlich verschoben ist, ist es schwierig,
einen kausalen Zusammenhang zwischen PSM-Anwen-
dung und Vergiftung herzuleiten.
Die Eignung von «aktivem» Monitoring, um Effekte
von Pestiziden auf Vögel direkt zu erfassen, wird kontro-
vers diskutiert. Besonders die Repräsentativität und Rea-
litätsnähe dieser aufwendigen Studien wird in Frage ge-
stellt (Oelke 2002). Die Ergebnisse von Feldstudien hän-
gen sehr stark von den Bedingungen im Feld, sowie von
Erfassungsmethode und -genauigkeit ab. Falls Effekte
beobachtet werden, ist die Interpretation meist schwie-
rig, weil die reinen PSM-Effekte von den allgemeinen Fol-
gen der landwirtschaftlichen Intensivierung nicht trenn-
bar sind (Scharenberg 2008). Wenn keine tote Tiere beob-
achtet werden, bedeutet dies wiederum nicht, dass es
auch keine Todesfälle gegeben hat (Fischer 1990).
Die grösste Lücke von «aktivem» und «passivem»
Monitoring ist die Schwierigkeit, Effekte auf Verhalten
und Reproduktion direkt zu erfassen, zu messen und zu
dokumentieren. Solche Effekte beeinträchtigen mögli-
cherweise die Vogelpopulationen und Biodiversität am
stärksten.
Obwohl Monitoringstudien ihre Grenzen haben und
nur bedingt brauchbar sind, um PSM-Effekte im Feld di-
rekt zu erfassen, sind sie ein wichtiges komplementäres
Instrument neben der Risikoprognose vor der Zulassung.
Monitoring kann helfen, Risiken von PSM für Vögel bes-
ser zu verstehen, unerwartete Probleme zu erkennen
und Massnahmen zur Risikominderung zu definieren. n
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 128–133, 2010
Umwelt | Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Risikoprognosemodelle und Monitoring
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Vogelgefährdung durch Pflanzenschutzmittel? Risikoprognosemodelle und Monitoring | Umwelt
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 128–133, 2010
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Sum
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Birds affected by pesticides?
Risk assessment and monitoring
Prior to authorization, the side-effects
of pesticides on the environment must
be evaluated. The Ecotoxicology group
at ACW assesses by means of models
the potential risks of pesticide uses to
plants and animals, including birds.
Since a model can never incorporate
the whole complexity of reality, uncer-
tainty remains. With the help of pas-
sive or active monitoring after authori-
zation, additional information can be
gathered about safety or danger of a
pesticide to birds. Even if monitoring
studies have their limits, they are an
important complement to the risk as-
sessment based on models. They help
to understand the risks of pesticides
for birds, to identify unexpected prob-
lems and to define measures for risk
mitigation.
Key words: birds, pesticides, risk,
monitoring.
Uccelli e prodotti fitosanitari:
valutazione dei rischi e monitoraggio
Gli effetti collaterali dei prodotti
fitosanitari (PFS) sull’ambiente devono
essere valutati prima di un’autorizza-
zione. Il gruppo di ecotossicologia
di ACW esamina con l’aiuto di modelli
i potenziali rischi dei PFS su piante e
animali, tra cui gli uccelli. Poiché un
modello non può mai cogliere integral-
mente la complessità della realtà, alcu-
ne incertezze rimangono. Grazie a studi
di monitoraggio è possibile ottenere
anche dopo un’autorizzazione ulteriori
informazioni sulla sicurezza o i rischi
dei PFS sugli uccelli. Il monitoraggio
ha i suoi limiti, tuttavia è un importante
complemento alla prognosi del rischio
con modelli. Infatti può contribuire a
capire meglio l’impatto dei PFS sugli
uccelli, ad individuare problemi
imprevisti e a definire misure per la
riduzione dei rischi.
134 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
E i n l e i t u n g
Immer häufiger treten weltweit nicht einheimische
Arten von Pflanzen und Tieren auf, die importiert oder
unabsichtlich eingeschleppt wurden. Die wichtigsten
Gründe dafür sind der zunehmende internationale Han-
del, vermehrte Reisetätigkeit und der Tourismus. Ein Teil
dieser Arten etablieren sich, breiten sich aus und kön-
nen sich zu schädlichen Organismen in der Land- und
Forstwirtschaft entwickeln oder einheimische Arten in
natürlichen Lebensräumen bedrohen. Die biologische
Schädlingsbekämpfung – Verwendung von Organismen
zur Begrenzung der Populationsdichte anderer Organis-
men – ist eine der ökologisch sichersten und wirtschaft-
lich interessantesten Methoden der Schädlingsbekämp-
fung. Sie erlaubt es, einheimische und nicht einhei-
mische Schadorganismen in natürlichen und von Men-
schen genutzten Ökosystemen zu kontrollieren und zu
bekämpfen. Die biologische Schädlingsbekämpfung
setzt Parasitoiden, Prädatoren, Pathogene und Pflan-
zenfresser ein, um die Population von Schädlingen so-
wie das Auftreten von Krankheiten und Unkräutern ein-
zudämmen. Mit der Umsetzung der Konvention über
die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention) in die
Praxis kann jedoch ein ernstzunehmendes Problem für
den Einsatz von Organismen im biologischen Pflanzen-
schutz (Nützlinge) entstehen.
Worum geht es bei der Biodiversitätskonvention?
Die Biodiversitätskonvention verfolgt drei Ziele:
• Erhaltung der biologischen Vielfalt;
• Nachhaltige Nutzung aller Komponenten
der Biodiversität (genetische Ressourcen,
Organismen und Ökosysteme)
• Ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich
aus der Nutzung der genetischen Ressourcen
ergebenden Vorteile und Gewinne (Access and
Benefit Sharing, ABS)
Die Biodiversitätkonvention ist eine internationale
Rahmenkonvention und ihre Bestimmungen sind für die
Vertragsstaaten verbindlich. Es ist mittlerweile interna-
tional anerkannt, dass Staaten ein souveränes Recht auf
die biologischen Ressourcen innerhalb ihrer Landes-
grenzen (allgemein als Eigentum betrachtet) haben und
dass daher Abkommen, die den Zugang zu diesen Res-
sourcen und die gemeinsame Nutzung regeln, von den
beteiligten Parteien verfasst und anerkannt werden
müssen. Diese Art von Vereinbarungen wird
zusammengefasst unter dem Begriff «Access and Bene-
fit Sharing, ABS» (Zugang zu genetischen Ressourcen
und faire Aufteilung des Nutzens). Das ABS gilt für alle
Nützlinge, welche zwischen Ländern ausgetauscht wer-
den, die die Biodiversitätskonvention unterzeichnet ha-
ben. Forschende und Fachleute im Bereich der biologi-
schen Schädlingsbekämpfung werden künftig die ABS-
Bestimmungen, die am zehnten Meeting der Konferenz
der Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention im
Jahr 2010 verabschiedet werden sollen, erfüllen müssen.
Die Umsetzung der Biodiversitätskonvention hat in letz-
ter Zeit bereits in verschiedenen Ländern die Arbeiten
(sammeln, identifizieren und studieren der Biologie)
und den Export von natürlichen Organismen für die For-
schung im Bereich der biologischen Schädlingsbekämp-
fung erschwert. Die breite und strikte Anwendung der
ABS-Regeln könnte die sehr erfolgreiche und ökologisch
Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz?Franz Bigler, Forschungsanstatl Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich
Auskünfte: Franz Bigler, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 377 72 35
U m w e l t
Die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis stammt ursprünglich aus Südamerika. Sie wird seit über 40 Jahren weltweit erfolgreich in Gewächshauskulturen gegen die Gemeine Spinnmilbe eingesetzt. (Foto: Mario Waldburger, ART)
135Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Die Biodiversitätskonvention wurde im Jahr
1992 verabschiedet. Sie verfolgt drei Zielset-
zungen: 1) Erhaltung der biologischen
Vielfalt, 2) Nachhaltige Nutzung der biologi-
schen Vielfalt, 3) Sicherung des Zugangs zu
genetischen Ressourcen sowie ausgewogene
und gerechte Aufteilung der sich aus der
Nutzung der Biodiversität ergebenden Vor-
teile und Gewinne. Sie garantiert zudem,
dass Staaten ein souveränes Recht auf ihre
genetischen Ressourcen haben. Vereinbarun-
gen, die den Zugang zu diesen Ressourcen
und die gemeinsame Nutzung regeln, müs-
sen von den beteiligten Parteien abgespro-
chen und schriftlich verfasst werden (Access
and Benefit Sharing, ABS). Dies gilt auch für
Organismen, die für den potenziellen Einsatz
in der biologischen Schädlingsbekämpfung
gesammelt und untersucht werden. Die Um-
setzung der Biodiversitätskonvention hat in
letzter Zeit bereits vereinzelt das Sammeln
und den Export von Organismen für die For-
schung im Bereich der biologischen Schäd-
lingsbekämpfung erschwert oder verunmög-
licht. Die breite Anwendung dieser Praxis
könnte die biologische Schädlingsbekämp-
fung, die auf die biologische Vielfalt ange-
wiesen ist, in Frage stellen. Bis Ende 2010
müssen die Mitgliedstaaten der Biodiversi-
tätskonvention einen umfassenden Vor-
schlag zum ABS verabschieden. In Zusam-
menarbeit mit der Food and Agriculture
Organisation (FAO) und mit deren finanziel-
ler Unterstützung hat die International Orga-
nisation for Biological Control of Noxious
Animals and Plants (IOBC) ein Grundsatz-
papier verfasst, das kürzlich als FAO Bericht
publiziert wurde (ftp://ftp.fao.org/docrep/
fao/meeting/017/ak569e.pdf). Der Bericht
enthält Empfehlungen, welche das Sammeln
und den Austausch von Organismen für die
biologische Schädlingsbekämpfung verein-
fachen und Vorschläge für funktionstüchtige
Rahmenbedingungen vorschlägt, Der Bericht
soll die politischen Entscheidungsträger
und Praktiker der biologischen Schädlings-
bekämpfung informieren und unterstützen
und die Verantwortlichen des biologischen
Pflanzenschutzes dazu anhalten, in ihrem
Land die Diskussionen mit der nationalen
ABS Kontaktstelle zu führen, um die Bedürf-
nisse des biologischen Pflanzenschutzes zu
berücksichtigen.
Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz? | Umwelt
sichere biologische Schädlingsbekämpfung in Frage
stellen. Würden die betreffenden Massnahmen umge-
setzt, bräuchte es für jedes Forschungsvorhaben im Be-
reich der biologischen Schädlingsbekämpfung in jedem
potenziellen Ursprungsland eine vorgängige Einwilli-
gung und gegenseitig vereinbarte Bedingungen (mögli-
cherweise mit monetären Mechanismen) zur Aufteilung
des Nutzens. Fachleute der biologischen Schädlingsbe-
kämpfung sollten sich mit den möglichen Folgen der
ABS auseinandersetzen, denn diese können Einschrän-
kungen und Hürden hervorrufen, auch bei der akademi-
schen, nicht gewinnorientierten Forschungsgemein-
schaft, die frühzeitig erkannt werden müssen. Bis jetzt
sind sich die meisten Fachleute und Forschenden der
biologischen Schädlingsbekämpfung nicht bewusst,
welche Konsequenzen die Umsetzung des ABS im Rah-
men der Biodiversitätskonvention für die Anwendung
und Forschung haben könnten.
In den letzten zwei bis drei Jahren waren Wissen-
schaftler der biologischen Schädlingsbekämpfung mit
einigen wenigen Fällen der strengen Umsetzung des ABS
konfrontiert. Die betroffenen Forschungsinstitutionen
haben diese Fälle der «International Organization for
Biological Control of Noxious Animals and Plants (IOBC)»
berichtet (www.iobc-global.org). Nach Konsultation der
Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und
Landwirtschaft (FAO) (www.fao.org) haben die Autoren
(siehe Kasten 1) im Jahr 2009 im Auftrag und mit finanzi-
eller Unterstützung der FAO in ihrer Funktion als Mitglie-
der der IOBC Global Commission on «Biological Control
and Access and Benefit Sharing» einen Bericht zum The-
ma ABS und biologische Schädlingsbekämpfung verfasst.
Der Bericht betrifft insbesondere den Einsatz wirbelloser
Tiere in der biologischen Schädlingsbekämpfung. Die be-
schriebenen Grundsätze können jedoch direkt auf den
Einsatz von Pathogenen in der biologischen Schädlings-
bekämpfung übertragen werden. Der Bericht für die FAO
berücksichtigt die biologische Schädlingsbekämpfung
insbesondere im Zusammenhang mit der Land- und
Forstwirtschaft, obwohl sie zunehmend auch in natürli-
chen Ökosystemen eingesetzt wird.
Z u s a m m e n f a s s u n g d e s F A O B e r i c h t e s
Praxis der biologischen Schädlingsbekämpfung
Ziel des FAO Berichts ist es, die bisherige und aktuelle
Praxis in der biologischen Schädlingsbekämpfung in Be-
zug auf den Einsatz und den Austausch von genetischen
Ressourcen, die für Nützlinge relevant sind, zu beschrei-
ben. Es existieren zwei Hauptarten der biologischen
Schädlingsbekämpfung. In der klassischen biologischen
Zusa
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enfa
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136 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Umwelt | Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz?
Schädlingsbekämpfung wird ein Nützling importiert,
normalerweise aus dem Ursprungsland eines Schädlings,
um diesen in einem Land zu bekämpfen, wo er einge-
schleppt wurde. Nach der Einführung soll sich der Nütz-
ling etablieren, fortpflanzen und verbreiten, so dass er
eine nachhaltige und andauernde Wirkung auf den
Schädling hat. Die biologische Schädlingsbekämpfung
mit periodischer Freilassung von Nützlingen umfasst die
Produktion und Freilassung von einheimischen oder
exotischen Nützlingen. Die Nützlinge führen zur Regu-
lierung der Schädlinge und sterben dann aus, sobald
keine Schädlinge mehr vorhanden sind oder spätestens
wenn die Kultur geerntet wird. Sie müssen in kürzeren
oder längern zeitlichen Abständen periodisch freigelas-
sen werden.
Die Zulassung des Einsatzes von Nützlingen in einem
anderen Land beinhaltet für das Ursprungsland kein
Haftungsrisiko. Die biologische Schädlingsbekämpfung
ist eine forschungsorientierte Tätigkeit, die den Zugang
zu genetischen Ressourcen erfordert, wobei keine um-
fangreichen monetären Erträge erwartet werden kön-
nen. In der biologischen Schädlingsbekämpfung wur-
den Nützlinge bis jetzt nie patentiert und das dürfte
auch in absehbarer Zukunft so bleiben.
Forschungsprozess und Möglichkeiten
der gemeinsamen Nutzung von Wissen
Abklärungen zu Schädlingen und deren natürlicher
Feinde müssen oft in mehreren Ländern durchgeführt
werden. Solche Untersuchungen sind teuer und bieten
in der Regel keine Möglichkeit, Gewinne zu erzielen und
diese zwischen den Geberländern und den potenziellen
Nutzern der genetischen Ressourcen zu teilen. Die Ur-
sprungsländer können jedoch vom Wissenstransfer pro-
fitieren, z. B. im Bereich der Taxonomie, der molekula-
ren Methoden zur Bestimmung von Arten und Ökoty-
pen, an gemeinsamen Untersuchungen im Feld und im
Labor teilnehmen und neue Kenntnisse bei Arten erar-
beiten, die zuvor kaum oder nicht bekannt und unter-
sucht waren. Dadurch wird Wissen geschaffen, welches
es erlaubt, die Biodiversität besser zu kennen und zu
verstehen. Einzelne Exemplare von Schädlingen und na-
türlichen Feinden werden in der Regel für die Identifika-
tion durch Spezialisten und für taxonomische Studien in
andere Länder geschickt, wo die Belegsexemplare fach-
gerecht aufbewahrt werden.
Detaillierte Untersuchungen zur Beurteilung des Po-
tentials von natürlichen Feinden im Hinblick auf deren
Verwendung als Nützlinge müssen teilweise im Ur-
sprungsland durchgeführt werden. Andere Studien, wie
zum Beispiel die Wirtsspezifität von Nützlingen an
Pflanzen und Tieren, die im Ursprungsland natürlicher-
weise nicht vorkommen, sollten am besten unter Qua-
rantänebedingungen im Zielland oder in einem Dritt-
land erfolgen. In diesem Stadium der Projekte bestehen
umfangreiche Möglichkeiten der Zusammenarbeit, der
gemeinsamen Forschung und Bildung und des Wissen-
stransfers. In den späteren Phasen des Projekts, wie der
Laborzucht der Nützlinge, der Ermittlung der Umwelt-
wirkungen und der Freilassung und Prüfung der Wir-
kung der Nützlinge im Zielland gibt es dagegen relativ
wenige Möglichkeiten für gemeinsame Forschungsakti-
vitäten mit den Herkunftsländern des Nützlings.
Die lokalen Partner in den Ursprungsländern spielen
für die Durchführung von Untersuchungen und For-
schungsaktivitäten in der biologischen Schädlingsbe-
kämpfung immer eine wichtige Rolle. Berücksichtigt
man zudem die moralische Verpflichtung im Sinne des
ABS, so sind die Partnerschaften mit lokalen Forschungs-
institutionen zwingend erforderlich und lokale Partner
Matthew J. W. Cock, CABI Europe-
Switzerland, CH-2800 Delémont, Schweiz.
Joop C. van Lenteren, Wageningen University,
6700 EH Wageningen, Niederlande.
Jacques Brodeur, Université de Montréal,
4101 Montréal, Kanada.
Barbara Barratt, AgResearch Limited,
50034 Mosgiel, Neuseeland.
Franz Bigler, Agroscope Reckenholz-Tänikon
ART, CH-8046 Zürich, Schweiz.
Karel Bolckmans, Koppert B.V.,
2650 AD Berkel en Rodenrijs, Niederlande.
Fernando L. Cônsoli, University of São Paulo,
13418-900 Piracicaba-SP, Brasilien.
Fabian Haas, icipe, 00100, Nairobi, Kenya.
Peter G. Mason, Agriculture and Agri-Food
Canada, Ottawa, Ontario, Kanada.
José Roberto P. Parra, University of São Paulo,
13418-900 Piracicaba-SP, Brasilien
Kasten 1 | Mitglieder der IOBC Global
Commission on Biological Control and
Access and Benefit Sharing und Autoren
des FAO Berichts sind:
137Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz? | Umwelt
lingsbekämpfung profitieren; die Schädlingsprobleme
werden gelöst, ohne dass sie aktiv Nützlinge einsetzen
müssen. Die Nützlinge tragen durch ihre Verbreitung
und Vermehrung zur allgemeinen Verminderung der
Schädlinge und dadurch der Ernteverluste bei und füh-
ren so zu einer höheren Lebensmittelsicherheit und zu
verbesserten Lebensgrundlagen. Klassische biologische
Schädlingsbekämpfung wird in allen Teilen der Erde er-
folgreich durchgeführt und es profitieren Lebensmittel-
produzenten aller Art, insbesondere auch Selbstversor-
ger. Letzteres ist gerade in Entwicklungs- und Schwel-
lenländern von besonderer Bedeutung, wo der Selbst-
versorgungsgrad der ländlichen Bevölkerung hoch ist.
Die klassische biologische Bekämpfung hat in den letz-
ten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, wenn in na-
turnahen Lebensräumen und öffentlichen Parkanlagen
keine Pestizide eingesetzt werden können. Unter diesen
Bedingungen kann auch die periodische Freilassung von
Nützlingen zur umweltschonenden Bekämpfung von
Schadorganismen beitragen.
Biologische Bekämpfung führt zu vermindertem Ein-
satz von Pestiziden und geringeren Rückständen in Nah-
rungsmitteln und in der Umwelt, was den Konsumenten
und der Umwelt im weitesten Sinne zugute kommt. We-
gen der reduzierten Pestizideinsätze und den tieferen
Rückständen können Produzenten von Nahrungsmit-
teln und anderen landwirtschaftlichen Produkten in
Entwicklings- und Schwellenländern die hohen Quali-
tätsanforderungen der profitablen Exportmärkte auf
der nördlichen Halbkugel erfüllen und ihre Produkte
dort gewinnbringend verkaufen. Dies wiederum führt
zur Schaffung von Arbeitsplätzen und um Zufluss von
Devisen in die Entwicklungsländer.
übernehmen oft eine führende Rolle in der Entwicklung
der biologischen Schädlingsbekämpfung in ihrem Land.
Finanzierung der biologischen
Schädlingsbekämpfung
In der biologischen Schädlingsbekämpfung mit periodi-
scher Freilassung von Nützlingen gibt es zwei verschie-
dene Kategorien von Nützlingsproduzenten: die priva-
ten Unternehmen und diejenigen, welche Nützlinge mit
finanzieller Unterstützung der öffentlichen Hand pro-
duzieren (staatliche Produktion) und diese nicht Gewinn
orientiert den Landwirten abgeben. Die kommerziellen
Firmen sind unabhängig und produzieren Nützlinge,
um sie direkt an die Anwender zu verkaufen. Bisher sind
diese Firmen grösstenteils in entwickelten Ländern tätig.
Neuerdings sind private Produzenten auch global tätig
und operieren insbesondere auch in Schwellenländern,
wo sie die Nützlinge teilweise produzieren und ver-
markten. In einigen Entwicklungs- und Schwellenlän-
dern wird die staatlich unterstütze Produktion von
Nützlingen oft für Nischenbereiche in grossflächig an-
gebauten landwirtschaftlichen und forstwirtschaftli-
chen Kulturen angewendet, wo sie den Produzenten
gratis oder zu sehr tiefen Preisen abgegeben werden.
Im Falle der klassischen biologischen Schädlingsbekämp-
fung, bei der keine grossen Nützlingsproduktionen nö-
tig sind, werden die Projekte in der Regel durch öffent-
liche Gelder und internationale Organisationen finan-
ziert und es werden keine Nützlinge verkauft.
Nutzen für die Anwender und Konsumenten
In der Land- und Forstwirtschaft sind es die Landwirte,
die am meisten von der klassischen biologischen Schäd-
Abb. 1 | Der Eiparasitoid Trichogramma brassicae wurde 1973 aus dem heutigen Moldavien nach Frankreich eingeführt mit der Absicht, den Maiszünsler biologisch zu bekämpfen. Heute werden jährlich in Westeuropa rund 150 000 Hektaren mit der Schlupf-wespe gegen den Maiszünsler behandelt. (Foto: Mario Waldburger, ART)
Abb. 2 | Der Larvenparasitoid Heterospilus prosopidis stammt aus Nordamerika. In der Schweiz laufen Untersuchungen zur Bekämpfung von Vorratsschädlingen mit diesem Nützling.(Foto: Gabriela Brändle, ART)
138 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Umwelt | Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz?
Umfang der biologischen Schädlingsbekämpfung
Mindestens 7000 Fälle sind bis heute dokumentiert, in
denen Nützlinge in Länder eingeführt wurden. Bei die-
sen Importen waren ungefähr 2700 verschiedene Arten
von Nützlingen beteiligt. Dabei stammten die Nützlinge
aus 119 Ursprungsländern, und sie wurden in 146 Ziel-
länder importiert. Am häufigsten kommt die klassische
biologische Schädlingsbekämpfung in entwickelten
Ländern zum Einsatz. Diese Länder sind gleichzeitig
auch die häufigsten Ursprungsländer von Nützlingen.
Entwicklungs- und Schwellenländer exportieren etwas
mehr Nützlinge als sie importieren.
Für die biologische Schädlingsbekämpfung mit peri-
odischer Freilassung werden mehr als 170 Nützlingsar-
ten produziert und verkauft oder gratis abgegeben, wo-
bei ungefähr 30 Arten mehr als 90 % des weltweiten
Marktes ausmachen. In den letzten Jahren beobachtet
man, dass beim Auftreten eines neuen, auch exotischen
Schädlings zuerst nach einem einheimischen natürli-
chen Feind gesucht wird und erst in zweiter Linie exoti-
sche Nützlinge importiert werden. Dies ist erfreulich, da
dadurch die Risiken, durch die Freilassung exotischer
Nützlinge die Biodiversität zu beeinträchtigen, stark
vermindert werden und die biologische Bekämpfung
noch sicherer macht. Entwicklungsländer können solche
Nützlinge oft auch einsetzen und so von der Forschung
und Entwicklung in den entwickelten Ländern profitie-
ren. Die in entwickelten Ländern mit subtropischen und
tropischen Klimaten (z. B. Australien, USA) geleistete
Forschungs- und Entwicklungsarbeit kommt oft direkt
den Entwicklungsländern in den tropischen und subtro-
pischen Regionen zugute.
Kontrolle der genetischen Ressourcen
und Gewinnmöglichkeiten
In der klassischen biologischen Schädlingsbekämpfung
führen normalerweise nationale oder internationale
Forschungsinstitute die notwendigen Forschungsarbei-
ten durch. Hat sich ein Nützling etabliert und die Resul-
tate zeigen eine befriedigende Bekämpfung, über-
nimmt das Forschungsinstitut in der Regel keine weite-
ren Kontrollaufgaben mehr. Der Nützling pflanzt sich
fort und trägt im Idealfall zur effizienten Bekämpfung
des Schädlings bei. Er verbreitet sich innerhalb der für
ihn geeigneten geografischen Grenzen, oft auch in an-
deren Ländern. Es ist das Wesen der klassischen Schäd-
lingsbekämpfung, ein kostenloses Allgemeingut zur
Verfügung zu stellen und es wird auf das Recht verzich-
tet, geistiges Eigentum zu schützen und den Zugang zu
Nützlingen zu monopolisieren. Das gesamte Wissen
wird der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt und an-
dere Länder werden ermuntert, von Erfolgen der klassi-
schen biologischen Bekämpfung zu profitieren. Der
Nutzen für Bauern, Konsumenten und der lokalen Wirt-
schaft fliesst nicht in monetärer Form zum Forschungs-
institut oder zu den Geldgebern zurück.
In der biologischen Schädlingsbekämpfung mit peri-
odischer Freilassung von Nützlingen tragen in den in-
dustrialisierten Ländern die Firmen die Kosten für die
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Einmal als Pro-
dukt entwickelt, erschliessen die Firmen die Märkte
weltweit und verkaufen den Nützling gewinnbringend.
Anwender der Nützlinge profitieren von einer wirksa-
men Schädlingsbekämpfung und höheren Erträgen mit
allenfalls besserer Qualität. Sie können Nahrungsmittel
ohne Pestizide anbauen und erhalten oft einen höheren
Preis für ihre Produkte. Die Konsumenten erhalten ge-
sunde Lebensmittel zu einem akzeptablen Preis. In der
biologischen Schädlingsbekämpfung mit periodischer
Freilassung ist es nicht möglich, Nützlinge zu patentie-
ren. Dies bedeutet, dass jedermann Nützlinge aus der
Natur sammeln und verwenden kann, sofern der Ver-
kauf nicht durch die behördliche Regulierung geregelt
ist. Firmen können Produktionsprozesse patentieren las-
sen, in der Regel wird jedoch das relevante Know-how
unter Verschluss gehalten und nicht patentiert.
Weltweit gibt es ungefähr 30 grössere Privatfirmen,
die Nützlinge für die periodische Freilassung produzie-
ren, wovon 20 Firmen ihren Sitz in Europa haben. Dane-
ben gibt es ungefähr 100 kleine kommerzielle Produ-
zenten, welche weniger als fünf Personen beschäftigen.
Der Markt für den Verkauf dieser Nützlinge an Endver-
braucher wurde im Jahr 2008 auf ungefähr 100 – 135 Mil-
lionen US$ geschätzt. Mit einer Nettoumsatzrendite
von ungefähr 3 – 5 % liegt der gesamte Ertrag der Indus-
trie der biologischen Schädlingsbekämpfung mit perio-
discher Freilassung unter 15 Millionen US$ pro Jahr. Die-
se Zahlen zeigen, dass es sich um eine Aktivität mit ge-
ringem Gewinn handelt, die von kleinen und mittleren
Unternehmen wahrgenommen wird.
Regulierung der Einfuhr von Nützlingen
In den letzten 20 Jahren erfolgte die Einfuhr von Nütz-
lingen zunehmend gemäss internationalen oder natio-
nalen Gesetzgebungen. Die Internationalen Standards
für phytosanitäre Massnahmen No. 3 (ISPM3) der inter-
nationalen Pflanzenschutzkonvention (IPPC) legen die
Pflichten der verschiedenen Beteiligten fest, beinhalten
jedoch keine Bestimmungen bezüglich ABS.
Seit den Anfängen der biologischen Schädlingsbe-
kämpfung wurden die Nützlinge eher kostenlos und frei
auf multilateraler Basis ausgetauscht und in der Regel
139Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz? | Umwelt
Forschung und Anwendung weitere Hindernisse dar-
stellen und den Prozess zusätzlich verlangsamen.
Perspektiven aus Sicht der Anwender
Im Bereich der biologischen Schädlingsbekämpfung
sind die Ansichten und Haltungen der Akteure bezüg-
lich ABS sehr unterschiedlich. In der klassischen biologi-
schen Schädlingsbekämpfung war man sich lange nicht
bewusst, welche Konsequenzen das ABS haben könnte.
Heute herrscht jedoch ein zunehmendes Bewusstsein
bezüglich Politik im Bereich ABS und der Notwendigkeit,
den Austausch von Nützlingen zu ermöglichen, damit
die biologische Schädlingsbekämpfung und der daraus
resultierende öffentliche Nutzen garantiert sind.
Die Anwender wissen schon seit langem, dass ihnen
die klassische biologische Schädlingsbekämpfung kei-
nen finanziellen Nutzen bringt. Dies würde auch dem
Ethos widersprechen. Zudem existieren keine Wege
oder Mechanismen, um monetäre Erträge von den
Nutzniessern wie zum Beispiel von bäuerlichen Betrie-
ben und Selbstversorgern einzufordern. Daher bieten
sich verschiedene Formen der nichtmonetären Auftei-
lung des Nutzens an, wie beispielsweise gemeinsame
Forschungsaktivitäten – finanziert hauptsächlich durch
die Empfängerländer – oder die Ausbildung von Wissen-
schaftlern aus Geberländern durch solche aus Empfän-
gerländern. Durch diesen Austausch könnte ein wesent-
licher Teil der gemeinsamen Errungenschaften solcher
Projekte in die Entwicklungs- und Schwellenländer zu-
rückfliessen und so zur Verbesserung der Forschungska-
pazitäten und des Wissens beitragen.
In der biologischen Schädlingsbekämpfung mit peri-
odischer Freilassung von Nützlingen hingegen ist man
sich der Probleme der ABS eher bewusst, vielleicht weil
hier bescheidene Erträge generiert werden. Die grösse-
ren Produzenten von Nützlingen, wie etwa die Mitglie-
der der International Biocontrol Manufacturers Associa-
tion (IBMA) und der Association of Natural Biocontrol
Producers (ANBP) sind bereit, die Grundsätze und For-
derungen der ABS zu prüfen und mögliche Formen der
gerechten Nutzung der genetischen Ressourcen vorzu-
schlagen. Sollte die Industrie für jeden Nützling bezah-
len, der erforscht und möglicherweise zu einem Produkt
entwickelt wird, könnten die meisten Privatfirmen als
Produzenten von Nützlingen ihre Tätigkeiten nicht mehr
fortführen. Insgesamt gehen die Produzenten davon
aus, dass gemeinsame Aktivitäten und der Wissensaus-
tausch zwischen Geber- und Empfängerländern ein rea-
listischerer Ansatz ist, da die Erträge und Gewinnmar-
gen in der biologischen Schädlingsbekämpfung mit pe-
riodischer Freilassung relativ klein sind.
nicht unter Anwendung gegenseitiger Vereinbarungen
zur gemeinsamen Nutzung. Die Länder sind gleichzeitig
Geber und Anwender der Nützlinge. In der Praxis mach-
te es bisher Sinn, mit einer Forschungsorganisation im
Ursprungsland von Nützlingen zusammenzuarbeiten.
Da der Bedarf nach detaillierten Studien zur Beurtei-
lung der Risiken und der Umweltwirkungen gestiegen
ist, wird vermehrt gemeinsame Forschung in den Ur-
sprungsländern notwendig.
Andererseits erkennt man allgemein die Tendenz
des zunehmend restriktiven Zugangs zu genetischen
Ressourcen, unter anderem auch zu Nützlingen für die
biologische Schädlingsbekämpfung. Dies hat verschie-
dene Gründe, wie z. B. die ABS Vorschriften und im Falle
der biologischen Schädlingsbekämpfung die Pflanzen-
schutzgesetzgebung. Der bisher praktizierte, kostenlo-
se multilaterale Austausch von Nützlingen und das sehr
effiziente globale Netzwerk unter den Forschern und
Anwendern der biologischen Schädlingsbekämpfung
bilden eine wichtige Grundlage und sollten im Rahmen
der ABS berücksichtigt werden.
Einige Länder haben neue Gesetzgebungen zur Re-
gelung des Zugangs zu genetischen Ressourcen einge-
führt oder sind dabei, solche einzuführen. Wenn diese
Gesetzgebungen die speziellen Bedürfnisse der biologi-
schen Schädlingsbekämpfung nicht berücksichtigen,
wird die Situation sehr schwierig sowohl für die interna-
tionalen Forschenden wie auch für deren nationale Part-
ner und die Anwender. Es ist zu erwarten, dass diese
Gesetzgebungen demnächst Geltung haben und umge-
setzt werden. Es besteht zudem die Gefahr, dass neue
internationale ABS Bestimmungen hinzukommen könn-
ten, welche die Bedürfnisse der biologischen Schäd-
lingsbekämpfung nicht berücksichtigen und so für die
Abb. 3 | Der Larvenparasitoid Eupelmus vuilleti stammt aus Afrika. Auch mit ihm versucht man, Vorratschädlinge zu bekämpfen. (Foto: Gabriela Brändle, ART)
140 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Umwelt | Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz?
Der vollständige FAO Bericht ist verfügbar unter (ftp://ftp.fao.org/docrep/fao/meeting/017/ak569e.pdf)
S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d E m p f e h l u n g e n
Die Bestimmungen betreffend Zugang und gemein-
samer Nutzung genetischer Ressourcen (ABS) sollten die
spezifischen Eigenschaften der biologischen Schädlings-
bekämpfung berücksichtigen:
• Länder, in denen Nützlinge für die biologische
Schädlingsbekämpfung als Ressource vorhanden
sind, können gleichzeitig auch Anwender dieser
Technologie sein;
• Es werden zwar zahlreiche Nützlinge ausgetauscht
und angewendet, der realisierbare monetäre Wert
ist gesamthaft jedoch gering;
• Organismen werden nicht patentiert, d. h. sie können
jederzeit von jedermann genutzt werden;
• Informationen bezüglich klassischer biologischer
Schädlingsbekämpfung und teilweise auch bezüglich
biologischer Schädlingsbekämpfung mit periodischer
Freilassung sind öffentlich zugänglich und nutzbar;
• Es besteht ein grosser Nutzen für die Gesellschaft,
wie z. B. Vorteile für die Umwelt und die Gesundheit
von Mensch und Tier und die Möglichkeit, den
Pestizid einsatzes zu reduzieren;
• Die biologische Schädlingsbekämpfung ist
weit verbreitet sowohl in Industrie- wie auch
in Entwicklungsländern.
• Die biologische Schädlingsbekämpfung wird zum
grössten Teil in Land- und Forstwirtschaft eingesetzt,
zunehmend aber auch zum Schutz natürlicher Le-
bensräume vor invasiven Pflanzen und Tieren.
Vor dem Hintergrund dieser Fakten und den positiven
Aspekten der biologischen Schädlingsbekämpfung wer-
den im FAO Bericht folgende Empfehlungen gemacht:
1. Die Regierungen sollten auf dem bisher praktizierten
multilateralen Austausch von Nützlingen für die
biologische Schädlingsbekämpfung aufbauen. Dieser
schafft eine sich ergänzende und gegenseitig stär-
kende Basis der Zusammenarbeit, die eine faire und
gerechte weltweite Aufteilung des Nutzens der bio-
logischen Schädlingsbekämpfung garantiert.
2. Die Bestimmungen betreffend Zugang und gemein-
samer Nutzung genetischer Ressourcen (ABS) sollten
die Weiterentwicklung der biologischen Schädlings-
bekämpfung fördern, indem der multilaterale
Austausch von Nützlingen erleichtert wird.
3. Die einzelnen Länder sollten ermutigt werden, eine
zentrale Kontaktstelle zu schaffen, um Forschungs-
vorhaben, den Zugang zu Informationen, die institu-
tionelle Vernetzung sowie die taxonomische Unter-
stützung zu erleichtern und Beratung betreffend
der geltenden Bestimmungen der biologischen
Schädlingsbekämpfung inklusive ABS anzubieten.
4. ABS Bestimmungen im Zusammenhang mit der biolo-
gischen Schädlingsbekämpfung werden den nicht-
monetären Nutzen berücksichtigen müssen, wie z. B.
gemeinsame Forschungsprogramme, Ausbildung
und / oder Wissens- und Technologietransfer, wie
dies bereits von vielen Institutionen, die in der
biologischen Schädlingsbekämpfung tätig sind,
praktiziert wird.
5. Es sollte ein Dokument verfasst und verteilt werden,
das die «best practice» für das ABS im Zusammen-
hang mit der biologischen Schädlingsbekämpfung
beschreibt und zudem Richtlinien enthält für gemein-
same Forschungsaktivitäten, die gerecht aber nicht
einschränkend sind. Die Organisationen und Instituti-
onen der biologischen Schädlingsbekämpfung soll-
ten sich an diese Richtlinien halten.
6. Um die Transparenz beim Austausch von Nützlingen
zu verbessern, sollten Mechanismen geschaffen
werden, die Ursprungs- und Zielländern den kosten-
losen Zugang zu Datenbanken mit Informationen zu
Nützlingen ermöglichen.
7. Im Falle einer Notfallsituation bezüglich Nahrungs-
mittelsicherheit mit entsprechenden humanitären
Folgen sollten die Regierungen mit der FAO zusam-
menarbeiten, um den Austausch von Nützlingen
beschleunigen zu können. n
141Agrarforschung Schweiz 1 (4): 134–141, 2010
Bedroht die Biodiversitätskonvention den biologischen Pflanzenschutz? | Umwelt
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Does the convention on biological
diversity impede biological control?
The Convention on Biological Diversity
(CBD) was established in 1992 with
three objectives: 1) conserve nature,
2) sustainably use biodiversity and
3) ensure access and fair and equitable
sharing of the benefits arising form
the use of biodiversity. It also ascer-
tains that countries have sovereign
rights over their genetic resources.
Agreements governing the access to
these resources and the sharing of the
benefits arising from their use need to
be established between involved par-
ties (Access and Benefit Sharing ABS).
This also applies to species collected
for potential use in biological control.
Recent applications of CBD principles
have already made it difficult or im-
possible to collect and export natural
enemies for biological control research
in several countries. If such an ap-
proach is widely applied it would im-
pede this very successful and environ-
mentally safe pest management meth-
od based on the use of biological
diversity. The CBD is required to agree
a comprehensive Access and Benefit
Sharing process in 2010. In collabora-
tion and with financial support of the
Food and Agriculture Organisation
(FAO), the International Organisation
for Biological Control of Noxious Ani-
mals and Plants (IOBC) has prepared
a position paper on Access and Benefit
Sharing for Biological Control that has
been published recently as an FAO
report (ftp://ftp.fao.org/docrep/fao/
meeting/017/ak569e.pdf). The report
makes recommendations which would
facilitate the practice of collection and
exchange of biological control agents,
propose a workable framework to
assist policy makers and biological
control practitioners, and urge biologi-
cal control leaders in each country to
get involved in the discussions with
their national ABS contact point to
take their needs into consideration.
Key words: genetic resources, biologi-
cal control, natural enemies, IOBC.
La convenzione sulla biodiversità è una
minaccia per la lotta biologica?
La Convenzione sulla diversità biologi-
ca (CBD) è stata adottata nel 1992. Gli
obiettivi che si prefigge sono tre: 1) la
conservazione della diversità biologica,
2) l’impiego sostenibile dei suoi ele-
menti, 3) la garanzia dell’accesso alle
risorse genetiche e la ripartizione
giusta dei vantaggi dallo sfruttamento
della biodiversità. Essa, inoltre, garanti-
sce agli Stati il diritto sovrano di sfrut-
tare le loro proprie risorse genetiche.
Gli accordi che disciplinano l’accesso e
l’utilizzo in comune di queste risorse
devono essere convenuti dalle parti per
iscritto (Access and Benefit Sharing,
ABS). Ciò si applica anche per gli orga-
nismi analizzati per un potenziale
impiego nella lotta biologica. Le recenti
applicazioni dei principi della CBD han-
no già reso difficoltoso raccogliere ed
esportare organismi ai fini della ricerca
sulla lotta biologica in diversi Paesi.
L’ampia applicazione di questa prassi
potrebbe compromettere la lotta biolo-
gica basata sull’uso della diversità bio-
logica. Entro la fine del 2010 gli Stati
firmatari della CBD dovranno varare
una proposta completa di ABS. In colla-
borazione con l’Organizzazione delle
Nazioni Unite per l’Alimentazione e l’A-
gricoltura (FAO) e con il suo sostegno fi-
nanziario, l’International Organisation
for Biological Control of Noxious Ani-
mals and Plants (IOBC) ha redatto un
documento di posizione pubblicato
recentemente come rapporto FAO
(ftp://ftp.fao.org/docrep/fao/
meeting/017/ak569e.pdf). Il rapporto
contiene raccomandazioni che agevola-
no la raccolta e lo scambio di organismi
per la lotta biologica, nonché proposte
per condizioni quadro funzionali, con
l’obiettivo di sostenere tutti coloro che
sono chiamati a prendere decisioni in
ambito politico e della lotta biologica.
Inoltre, esorta i responsabili della lotta
biologica dei singoli Paesi a cercare il
dialogo con il servizio nazionale di con-
tatto ABS affinché vengano prese in
considerazione le loro esigenze.
E i n l e i t u n g
Zwischen 2005 und 2007 sank die Zahl der Biobetriebe
um 4,2 Prozent (Reissig und Ferjani 2009). Es stellt sich
daher die Frage, welches die Gründe für diese Entwick-
lung sind und welche Betriebstypen dem Biolandbau am
häufigsten verloren gehen.
Die Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Täni-
kon ART führte zusammen mit BioSuisse ein Projekt
durch, um Ausstiegsgründe, Einstiegshemmnisse und
mögliche Gegenmassnahmen zu eruieren. Dabei sollten
zunächst die Ausstiegsgründe der ehemaligen Biobe-
triebsleiterinnen und -leiter untersucht werden. Die Fra-
ge, mit welchen Massnahmen eine tragfähige Ausdeh-
Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein?Ali Ferjani, Linda Reissig und Stefan Mann, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART,
Tänikon, 8356 Ettenhausen
Auskünfte: Ali Ferjani, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 368 31 31
A g r a r w i r t s c h a f t
Vor allem Bergbauern kehren dem Biolandbau den Rücken zu. Zwischen 2005 und 2007 gab es weit mehr Aus- als Neueinsteiger.
142 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 142–147, 2010
Die Forschungsanstalt Agroscope Recken-
holz-Tänikon ART führte im Januar 2009
eine Umfrage unter 3425 Landwirtschafts-
betrieben der Schweiz durch. Das Ziel war,
den in den Jahren 2005 bis 2007 zu beo-
bachtenden Ausstieg aus der biologischen
Wirtschaftsweise sowie die Hemmnisse für
einen Einstieg in den Biolandbau zu unter-
suchen. Im vorliegenden Beitrag werden die
ausschlaggebenden Einflussfaktoren und
Gründe, die zum Ausstieg führen, mittels
Faktoranalyse und logistischer Regression
ermittelt. Milchbetriebe in der Bergregion
sind in der Gruppe der Aussteigenden
besonders zahlreich. Wirtschaftliche Gründe
(Preis für Bioprodukte, geringe Direktzahlun-
gen), der Aufwand für Aufzeichnungen und
Kontrollen («Richtlinien ändern sich zu oft»)
und Probleme bei der Beschaffung geeigne-
ten Kraftfutters oder Stroh waren die meist
genannten Ausstiegsgründe. Die Bereit-
schaft zum Ausstieg aus dem Biolandbau
ist hoch (14 %), besonders bei Milchvieh-
betrieben. Die Regressionsanalyse bestätigt
die Befragungsergebnisse.
Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein? | Agrarwirtschaft
nung des biologischen Landbaus in effizienter Weise
stimuliert werden kann, lag ebenfalls im Fokus der Un-
tersuchungen.
M e t h o d e
Als Untersuchungsmethode wurde die schriftliche Befra-
gung gewählt. Es wurden 3425 Betriebe angeschrieben,
davon 1145 Biobetriebe und 281 zwischen 2005 und 2007
aus dem Biolandbau ausgestiegene Betriebe. Die Rück-
laufquote betrug 45,6 Prozent bei den Biobetrieben und
31 Prozent bei den ausgestiegenen Betrieben.
Die im Fragebogen vorgegebenen potenziellen Aus-
stiegs- und Wiedereinstiegsgründe wurden mittels Fak-
torenanalyse und logistischer Regression zu Faktoren
zusammengefasst (Backhaus 2003). Im vorliegenden
Beitrag werden die Ergebnisse für die Gruppen der Bio-
und der Ausstiegsbetriebe vorgestellt.
R e s u l t a t e
Einstellung gegenüber dem Biologischen Landbau
Die Einschätzung des biologischen Landbaus durch die
Befragten sollte über die Frage «Warum haben Sie ent-
schieden, auf biologische Landwirtschaft umzustellen?»
anhand einer vierstufigen Antwortskala (von «sehr
wichtig» bis «nicht wichtig») erkundet werden.
Für die Gruppe der Betriebe, die dem Biolandbau
treu geblieben sind, war ihre grundsätzliche ökologi-
sche Überzeugung ein wichtiger oder sehr wichtiger
Umstellungsgrund (57 %), gefolgt von «Wohl der Tiere»
und «Passt in das eigene Betriebskonzept». Finanzielle
Erwägungen (z. B. «Höhere Preise für Produkte» mit
38 %) schliessen sich an. Demgegenüber standen bei
den Ausstiegsbetrieben diese finanziellen Aspekte an
erster Stelle «Landwirtschaftliches Einkommen verbes-
serbar» (70 %), «Mehr Direktzahlungen» (69 %) und
«Höhere Preise für Produkte» (63 %).
Erschwernisfaktoren im Biolandbau
Im Fragebogen wurden 26 potenzielle Ausstiegsgründe
angeführt. Die Befragten sollten auch hier die Bedeu-
tung der Gründe für ihre Entscheidung auf einer vierstu-
figen Skala bewerten (von «sehr wichtig» bis «nicht wich-
tig»). Die Ausstiegsgründe wurden sowohl für die Biobe-
triebe als auch für die Aussteigergruppe ermittelt. Bei
den tatsächlich ausgestiegenen Betrieben scheinen sich
die Erwartungshaltungen häufig nicht erfüllt zu haben,
denn als wichtig oder sehr wichtig wurden Gründe wie
«Einkommen auch mit Bio kaum verbesserbar» (72 %)
oder «Produktpreise decken die Mehrkosten nicht»
(71 %) genannt (Abb. 1). Zudem empfanden diese Betrie-
143
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 142–147, 2010
144
be die Biorichtlinien als zu wechselhaft (76 %) und zu
streng (72 %). Eine wichtige Rolle spielten dabei Proble-
me bei der Beschaffung von geeigneten Kraftfutter
(70 %); dies dürfte mit der Anpassung der Schweizer Bio-
richtlinien an die EU-Verordnung zusammenhängen,
welche insbesondere die Anforderung nach einer biolo-
gischen Herkunft sämtlicher Futtermittel mit sich brachte.
Die bisher am Biolandbau festhaltenden Betriebe
kommen mit den Richtlinien etwas besser zurecht, je 63
Prozent würden in zu oft ändernden oder zu strengen
Richtlinien einen wichtigen Ausstiegsgrund sehen. Eher
mehr Probleme bereitet der allgemein höhere Aufwand
im Biolandbau, besonders durch den Unkrautdruck
(72 %). Die finanzielle Situation empfinden auch die Bio-
betriebe als belastend, hervorgehoben werden der zu
niedrige Umfang (73 %) und die unsichere Entwicklung
(72 %) der Direktzahlungen. Viele Betriebe stören sich
auch an den Kosten der Bio-Kontrollen (72 %) und am
administrativen Aufwand (60 %).
Wechselbeziehungen zwischen den Ausstiegsgründen
Die Ausstiegsgründe beziehungsweise Einstiegshemm-
nisse sind nicht alle unabhängig voneinander. Die Fakto-
renanalyse ermöglicht es, aus der Gesamtheit der Ein-
flussgrössen voneinander unabhängige Faktoren abzu-
leiten. Für die Studie konnten insgesamt sechs solcher
Einflussfaktoren, die je eine Gruppe von Ausstiegsgrün-
den repräsentieren, extrahiert werden (siehe Tabelle 1).
Mit Hilfe logistischer Regressionsmodelle wurde unter-
sucht, wie stark diese, sowie weitere durch die Befra-
gung erhobene Einflussfaktoren, das Risiko eines Aus-
stiegs aus dem Biolandbau beeinflussen. Vor allem die
Faktoren «Wertschöpfung und Richtlinien» und «Image»
spielten bei der Entscheidung zum Ausstieg eine grosse
Rolle (Tab. 1). Die Bäuerinnen und Bauern, die diese Ar-
gumente angaben, stiegen mit einer 2,4-mal höheren
Wahrscheinlichkeit aus dem Biolandbau aus als Ihre Kol-
leginnen und Kollegen, die damit kein Problem hatten.
Auch die Entwicklung des Einkommens innerhalb der
Agrarwirtschaft | Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein?
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 142–147, 2010
Richtlinien ändern sich oftEinkommen auch mit Bio kaum verbesserbar
Richtlinien zu strengProduktionspreise decken die Mehrkosten nicht
Probleme bei der Beschaffung geeigneten Kraftfutters /StrohBio-Kontrollen zu teuer
UnkrautdruckDirektzahlungen zu niedrig
Arbeitsaufwand zu hochAbsatz und Vermarktung sind ungenügend organisiert
Zukünftige Nachfrage nach Bio-Produkten unsicherErtragseinbussen zu hoch
Verunsicherung über die Entwicklung der DirektzahlungenZuviel Administration/Aufzeichnungen notwendig
Probleme bei der NährstoffversorgungTeure Investitionen wären erforderlich
Lieferrecht beunruhigendNegatives Image des biologischen Landbaus
Gestiegene Umweltqualität auch anderer LandbauformenÜberwachung stört mich
Probleme bei der Beschaffung geeigneten SaatgutsPersönlicher Wissensstand über den Biolandbau ungenügend
Krankheits- /SchädlingsdruckZu geringes Beratungsangebot für Biobetriebe
636063706272727363453543726040423522252527254523
Sehr und teilweise wichtig Nicht und eher unwichtig
Biobetriebe%
0% 20% 40% 60% 80% 100% 120% 140% 160% 180% 200%
767272717062605954514949484638363331313030242012
%
303030183020181730425245173048474763576757584363
%
101417161426322531303236363946444754535843616269
%Ausgestiegene Betriebe
Abb. 1 | Einstufung verschiedener Ausstiegsgründe durch die befragten Betriebe.
145
letzten fünf Jahre hat einen grossen Einfluss auf die Ent-
scheidung. Wenn die Betriebsleitenden angaben, dass
sich ihr Einkommen verringert hat, steigt die Wahr-
scheinlichkeit für einen Ausstieg aus dem Biolandbau
um ein 3,6-Faches. Im Weiteren spielt die Arbeitsbelas-
tung eine wichtige Rolle. Wenn die Arbeitsbelastung für
die Bauern zu hoch oder viel zu hoch war, ist die Wahr-
scheinlichkeit eines Ausstiegs dreimal so hoch wie jene
ihrer Kollegen mit zu geringer oder ausgeglichener
Arbeitsbelastung. Bezüglich des Betriebstyps ist die
4,1-mal grössere Ausstiegswahrscheinlichkeit der Milch-
viehbetriebe im Vergleich zu anderen Betriebstypen
hervorzuheben.
Zukünftige Beteiligung am Biolandbau
Die Bereitschaft zur Weiterführung der biologischen
Wirtschaftsweise war ebenfalls Befragungsgegenstand.
14,1 Prozent der befragten Biobäuerinnen und -bauern
denken über einen Ausstieg aus dem Biolandbau nach.
Davon bewirtschaften 58,3 Prozent einen Betrieb im
Berggebiet. Aus topographischen und klimatischen
Gründen betreiben sie zu einem grossen Anteil Milch-
wirtschaft (38,4 %). Sie sind häufig der Ansicht, dass
eine Umstellung keine Vorteile, sondern eher Nachteile
und keine Verbesserung des Betriebsergebnisses bringt.
Bei den Änderungswünschen aus der Sicht der Betriebs-
leitenden zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den Aus-
stiegsgründen. Konstante Bio-Richtlinien, höhere Preise
für Bioprodukte, geringere Kontrollkosten und höhere
Direktzahlungen sind die wichtigsten Änderungen, die
sie dazu bewegen könnten, wieder in den Biolandbau
einzusteigen.
D i s k u s s i o n
Hauptziel der Arbeit war es, den Ausstieg aus dem Bio-
landbau in den Jahren 2005 bis 2007 zu untersuchen.
Neben den Ausstiegsgründen wurde untersucht, wie
Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein? | Agrarwirtschaft
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 142–147, 2010
Tab. 1 | Einflussfaktoren für den Ausstieg aus dem Biolandbau.
Faktoren Liste
Wertschöpfung und Richtlinien (Faktor 1)
Probleme bei der Beschaffung geeigneten Kraftfutters / Stroh, Einkommen auch mit Bio kaum verbesserbar, Richtlinien ändern sich oft, Produktpreise decken die Mehrkosten nicht, Richtlinien zu streng, zukünftige Nachfrage nach Bio-Produkten unsicher, Lieferrecht beunruhigend, Absatz und Vermarktung sind ungenügend organisiert, teure Investitionen wären erforderlich
Wissen und Umwelt(Faktor 2)
Zu geringes Beratungsangebot für Biobetriebe, persönlicher Wissensstand über den Biolandbau ungenügend, Probleme bei der Beschaffung geeigneten Saatguts, Ökologische Ausgleichsflächen einhalten schwierig, gestiegene Umweltqualität auch anderer Landbauformen
Produktionstechnik und Mehrarbeit (Faktor 3)
Unkrautdruck, Arbeitsaufwand zu hoch, Krankheits- oder Schädlingsdruck, Ertragseinbussen zu hoch, Probleme bei der Nährstoffversorgung
Administration und Kontrollen (Faktor 4)
Zuviel Administration / Aufzeichnungen aufwändig, Überwachung stört mich, Bio-Kontrollen zu teuer
Direktzahlungen(Faktor 5)
Direktzahlungen zu niedrig, Verunsicherung über die Entwicklung der Direktzahlungen
Image (Faktor 6) Ich lehne Biolandbau grundsätzlich ab, negatives Image des biologischen Landbaus
146
sich die Marktbedingungen und Förderungskriterien für
einen Wiedereinstieg ändern müssten. Die Befragung
von Landwirtinnen und Landwirten zeigt, dass bei den
Ausstiegs- und Wiedereinstiegsgründen vor allem finan-
zielle Aspekte zu finden sind. Wichtige Gründe für den
Ausstieg sind: Richtlinien werden häufig verändert und
verschärft, zu geringe Mehrpreise für ökologische Pro-
dukte, Biofuttermittel sind zu teuer oder nur schwer er-
hältlich und zu geringe Direktzahlungen für die Biopro-
duktion. 14 Prozent der befragten Biobäuerinnen und
-bauern denken derzeit über einen Ausstieg nach, zahl-
reiche Betriebe haben diesen Schritt bereits vollzogen.
Gleichzeitig ist die weitere Umstellungsbereitschaft re-
lativ gering (nur 26 Betriebe).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Aus den deskriptiven und analytischen Ergebnissen kön-
nen folgende Schlüsse für die Ausdehnung des biologi-
schen Landbaus gezogen werden:
• Kontrollen sollten vereinfacht und zum positiven
Kontakt mit den landwirtschaftlichen Betriebs-
leitenden beitragen.
• Richtlinienkontinuität. Die Verschärfungen
von Richtlinien sollten rechtzeitig angekündigt
und begründet werden.
• Ausbau der Vermarktungspotenziale.
• Unterstützung vorhandener Biobetriebe
und Nutzung ihrer Vorbildwirkung. n
Agrarwirtschaft | Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein?
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 142–147, 2010
Tab. 2 | Regressionsrechnung der Ausstiegsgründe
Abhängige Variable Ausstiegswahrscheinlichkeit Koeffizient Wahrscheinlichkeit
Arg
umen
te g
egen
Bio Wertschöpfung und Richtlinien (Faktor 1) 0,837*** 2,310
Wissen und Umwelt (Faktor 2) – 0,030*** 0,971
Produktionstechnik und Mehrarbeit (Faktor 3) – 0,209*** 0,811
Administration und Kontrollen (Faktor 4) – 0,147*** 0,863
Direktzahlungen (Faktor 5) – 1,342*** 0,261
Image der Bäuerin und des Bauern gegenüber dem Biolandbau (Faktor 6) 0,862*** 2,368
Stru
ktur
und
Eig
ensc
haft
en
Passt in das eigene Betriebskonzept (Ja = 1; Nein =0 ) – 1,114*** 0,328
Haupterwerbsbetriebe (Ja = 1; Nein =0 ) – 0,567*** 0,567
Arbeitsbelastung (Hoch = 1; andre = 0) 1,110*** 3,033
Aufgewachsen in der Landwirtschaft (Ja = 1; Nein =0 ) 1,586*** 4,840
Zeitdauer Biobetrieb (Jahre) – 0,144*** 0,866
Direktvermarktung (Ja = 1; Nein =0 ) 0,245*** 1,277
Milchviehbetrieb (ja = 1; Nein = 0) 1,421*** 4,143
Landwirtschaftliche Nutzfläche (ha) 0,025*** 1,025
Arrondiert (Ja = 1; Nein = 0) 1,192*** 3,292
Alter der Betriebsleitung (Jahre) – 0,028** * 0,972
Einkommen verkleinert ( ja = 1; Nein = 0) 1,292*** 3,640
Konstante – 4,056*** 0,017
*** signifikant um 1 %, ** signifikant um 5 % und * signifikant 10 %
147
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Literaturb Backhaus K., Erichson B., Plinke W. & Weiber R., 2003. Multivariate
Analysemethoden. Eine anwendungsorientierte Einführung, 10. Auflage. Springer-Verlag Berlin.
b Bundesamt für Statistik, 2007. Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe 2007. Zugang: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/07/01/key.html.
b Reissig L., Ferjani A. & Zimmermann A., 2009. Ausstieg aus dem Biolandbau – steigende Tendenz in der Schweiz. Agrarforschung 14 (4), 124 – 128.
Organic Farming in Switzerland:
opting in and opting out
The Agroscope Reckenholz-Tänikon
ART Research Station conducted a
survey on 3425 Swiss farms in January
2009. Its aim was to examine the drop-
out rate from organic farming over the
period 2005 – 2007, to determine the
types of farms and regions primarily
affected, and the reasons leading
farms to opt out. In the present study,
the factors influencing a decision to
opt out of organic farming are deter-
mined by means of a factor analysis
and logistic regression. The bulk of
those opting out are dairy farms in the
mountain region. Economic reasons
(price of organic products, low direct
payments), the time and effort of re-
cord-keeping and checks («Guidelines
change too often») and problems ob-
taining suitable concentrated feed /
straw were the most commonly cited
reasons for opting out. There is a high
disposition towards opting out of
organic farming (14 %), especially
in the case of dairy farms. The
regression analysis confirms the
results of the survey.
Key words: organic farming, survey,
factor analysis, logistic regression.
Agricoltura biologica in Svizzera:
chi la intraprende e chi la abbandona?
Nel gennaio 2009, la Stazione di ricerca
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART ha
condotto un’inchiesta tra 3425 aziende
agricole svizzere con l’obiettivo di ana-
lizzare l’abbandono della modalità di
produzione biologica, osservato tra il
2005 e il 2007, nonché le difficoltà che
si incontrano se si vuole intraprendere
tale tipo di gestione. Nel presente con-
tributo si riportano i fattori d’influenza
e i motivi determinanti che spingono
ad abbandonare l’agricoltura biologica,
rilevati tramite un’analisi dei fattori
e una regressione logistica. Tra chi ab-
bandona sono numerose le aziende
lattiere di montagna. Tra i motivi mag-
giormente addotti vi sono le condizioni
economiche (prezzi dei prodotti bio,
pagamenti diretti esigui), il dispendio
per le registrazioni e i controlli («le
direttive sono modificate troppo
frequentemente») e le problematiche
legate all’acquisto di foraggio concen-
trato o di paglia adatti. La volontà ad
abbandonare l’agricoltura biologica
è alta (14 %), soprattutto tra le aziende
specializzate nella produzione lattiera.
L’analisi di regressione conferma i
risultati del sondaggio.
Biolandbau in der Schweiz – wer steigt aus, wer steigt ein? | Agrarwirtschaft
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 142–147, 2010
gen Wassermenge von etwa 5 – 40 Litern pro Hektare
meist am Abend nach Arbeitsschluss bei geschlossenem
Gewächshaus fein zerstäubt. Ventilatoren im Gewächs-
haus erzeugen einen schwachen Luftstrom im Gewächs-
haus, welcher den feinen Sprühnebel während der
Nacht durch das Gewächshaus transportiert. Die nebel-
artigen Tröpfchen sind typischerweise sehr klein mit ei-
nem Durchmesser von etwa 5 – 30 Mikrometer, während
bei standardmässigen Spritzbehandlungen die Tröpf-
chengrösse etwa im Bereich von 100 – 400 Mikrometer
liegt. Je nach eingesetztem Pflanzenschutzmittel und
gewählter Dosierung weisen die Nebeltröpfchen eine
Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im GewächshausJacob Rüegg und René Total, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil
Auskünfte: Jacob Rüegg, E-Mail: [email protected], Tel: 044 783 64 28 / 079 777 26 17
P f l a n z e n b a u
«PFALZTECHNIK» Kaltvernebelungsgerät, mit welchem das Fungizid Forum (Dimethomorph) mit 0,4 Liter in 20 Liter Wasser und 2 Liter Bioaerosol während einer Stunde in einem Gewächshauskompartiment (0.31 Hektaren Grundfläche) mit Tomaten vernebelt wurde. Das Gerät wurde gemäss den Empfehlungen der lokalen Verkaufsfirma Hortiplus GmbH eingesetzt.
148 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 148–153, 2010
E i n l e i t u n g
Das Ausbringen von Insektiziden und Fungiziden mit
Schlauch- oder Balkenspritzgeräten in Gewächshauskul-
turen wie Tomaten, Gurken, Auberginen ist mit einem
hohen Arbeitsaufwand verbunden. Es ist naheliegend,
dass ein Applikationsverfahren wie die Kaltvernebe-
lung, welches einen sehr viel geringeren Arbeitsauf-
wand erfordert, für den Produzenten attraktiv er-
scheint. Mit handelsüblichen Kaltvernebelungsgeräten,
welche eine oder zwei mit Druckluft betriebene Düsen
besitzen, wird das Pflanzenschutzmittel in einer gerin-
Die Kaltvernebelung bietet dem Produzen-
ten den grossen Vorteil, dass Behandlungen
mit Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus
einfach und mit wenig Arbeitsaufwand
erledigt werden können. Erste Messungen
in zwei Gewächshäusern, in denen Tomaten
beziehungsweise Auberginen kultiviert
wurden, zeigten jedoch, dass die Verteilung
der von einem stationären Gerät ausge-
brachten Wirkstoffe sehr ungleich war.
Zudem traten punktuell zu hohe Rückstände
auf dem Ernteprodukt auf. Der Einsatz der
Kaltvernebelung muss und kann durch
gezielte technische Massnahmen verbessert
werden. Zudem sollte die Wahl und Dosie-
rung der Produkte auf eine verbesserte
Beratung mit solider Datengrundlage ab-
gestützt werden können.
Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus | Pflanzenbau
Pflanzenschutzmittelkonzentration auf, die 10 bis 100
mal höher ist als jene welche bei einer Applikation mit
Wassermengen von mehreren hundert Litern pro Hekt-
are auftritt. Nach erfolgter Kaltvernebelung während
der Nacht wird am Morgen vor Arbeitsbeginn das Ge-
wächshaus geöffnet und gründlich gelüftet. Mit der
Kaltvernebelung wird mit etwa einer Stunde Arbeits-
aufwand pro Hektare ein Insektizid oder Fungizid appli-
ziert, was mit Standardtechniken einen ganzen Arbeits-
tag oder noch mehr an Arbeitsaufwand bedeuten wür-
de. Die Stärken der Kaltvernebelung liegen somit in ih-
rer einfachen Anwendung und in der grossen Arbeits-
zeiteinsparung. Es muss jedoch untersucht werden, ob
diese Applikationstechnik auch Schwächen aufweist
und wie sich diese auswirken.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Erste Versuche von Agroscope Changins-Wädenswil
ACW
Bei zwei Gewächshausbetrieben, welche Tomaten res-
pektive Auberginen in grösserem Umfang erzeugen,
wurde die Deposition von Pflanzenschutzmitteln (Insek-
tizide, Fungizide) auf dem Boden, im Pflanzenbestand
und an der Gewächshauskonstruktion gemessen. Kurz
bevor der jeweilige Produzent sein PfalzTechnik-Kaltver-
nebelungsgerät in Betrieb setzte (Abb. 1), wurden Filter-
papierrondellen (Durchmesser 7 cm) in Petrischalen auf
den Boden ausgelegt bzw. an den Wänden und der De-
cke des Gewächshauses sowie auf den Blattober- und
Unterseiten an ausgewählten Pflanzen angebracht
(Abb. 2a, b ; 3b). Das verfügbare Budget erlaubte es nur,
an zwei bis drei Stellen im Gewächshaus solche Filter-
papierrondellen als Kollektoren anzubringen. Nach der
Abb. 1 | «PFALZTECHNIK» Kaltvernebelungsgerät, mit welchem das Insektizid Pirimor (Pirimicarb) mit 0,8 kg und das Fungizid Switch (Cyprodinil, Fludionxonil) mit 0,8 kg in 15 Liter Wasser und 2 Liter Bioaerosol während einer Stunde in einem Gewächshaus (0.87 Hektaren Grundfläche) mit Auberginen (Abb.4) vernebelt wur-de. Das Gerät wurde gemäss den Empfehlungen der lokalen Ver-kaufsfirma Hortiplus GmbH eingesetzt.
Abb. 3a und b | Auberginen in Doppelreihen, circa 1,7 Pflanzen pro Quadratmeter. Am 16. Mai 2009: Pflanzenhöhe 90 cm, Blattflächen-index 1,9. Zur Depositionsmessung wurden Filterpapierrondellen an verschiedenen Stellen im Pflanzenbestand auf Blattober- und Unterseiten montiert sowie auf dem Boden und an der Gewächs-hauskonstruktion.
Abb. 2a und b | Doppelreihen von Tomaten am 16. Mai 2009, Pflanzenhöhe 190 cm, Blattflächenindex 2,6; weisse Filterpapier-rondellen wurden auf der Blattoberseite und Blattunterseite von Blättern oben und unten sowie aussen und innerhalb der Doppelreihen montiert. Weitere Filterpapierrondellen wurden auf dem Boden und an der Gewächshauskonstruktion angebracht.
149Agrarforschung Schweiz 1 (4): 148–153, 2010
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
150 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 148–153, 2010
Pflanzenbau | Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus
Kaltvernebelung wurden am folgenden Morgen nach
erfolgter Lüftung die Filterpapierrondellen eingesam-
melt, in Glasröhrchen verpackt und später durch das
ISO-zertifizierte Labor Veritas in Zürich auf Rückstände
der ausgebrachten Wirkstoffe untersucht. Soweit die
Pflanzen erntbare Früchte trugen wurden einige Frucht-
proben nach der Kaltvernebelung etwa zwei Tage vor
der nächsten Ernte entnommen und ebenfalls durch
dasselbe Labor auf Rückstände analysiert. Auf den Ein-
satz einer Markiersubstanz wurde verzichtet, da dies in
kommerziell betriebenen Gewächshäusern zu uner-
wünschten Kontaminationen geführt hätte. Die Abbil-
dungen 4 und 7 zeigen schematisch die Grundflächen
der Gewächshäuser sowie Details zur Position des Kalt-
vernebelungsgerätes und jener der Depositionsmessun-
gen. Eine Auswahl an Resultaten ist in den Abbildungen
5, 6 und 8 schematisch dargestellt.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Kulturangepasste Einstellung und Dosierung nötig
Die Resultate (Abb. 5, 6, 8) zeigen anhand der Depositi-
onswerte in den Positionen A, B und C sehr deutlich,
dass mit einem stationären, auf dem Boden aufgestell-
ten Kaltvernebelungsgerät sowie mit etwa einem Venti-
lator pro 500 m2 Bodenfläche bei weitem keine auch nur
annähernd gleichmässige Verteilung der Wirkstoffe im
jeweiligen Gewächshaus erzielt wurde. Im Durchgangs-
bereich, wo das Gerät platziert wurde, fanden sich auf
dem Boden und auf den angrenzenden Pflanzen sehr
hohe Depositionswerte, während bei Position A und
noch ausgeprägter bei Position B weit geringere bis sehr
geringe Depositionen auftraten. Die Blattoberseiten
wiesen fast immer ein Mehrfaches an Deposition auf als
die Blattunterseiten. Sowohl bei Auberginen wie bei To-
maten waren auch bei den Rückständen auf den ent-
nommenen Früchten zwei Tage vor dem nächsten kom-
merziellen Erntegang sehr unterschiedliche und teilwei-
se klar zu hohe Werte feststellbar. Insgesamt eher gerin-
ge bis mässige Depositionswerte wurden an den Seiten-
wänden und Dachkuppeln festgestellt. Angenäherte
Berechnungen ergaben, dass meist nur etwa 43 – 46 %
der ausgebrachten Wirkstoffe auf den Blättern der
Pflanzen wieder gefunden wurden. Etwa 16 – 19 % fan-
den sich auf dem Boden in der Kultur und weniger als
2 % an der Gewächshauskonstruktion. Die restlichen
Wirkstoffmengen lagen auf dem Boden des Gewächs-
hausdurchganges, dort wo das Kaltvernebelungsgerät
betrieben wurde, oder hatten das Gewächshaus verlas-
sen und waren nicht mehr auffindbar (Stanghellini
2009). Da diese Berechnungen nur auf wenigen beprob-
ten Positionen im Gewächshaus basieren, geben sie nur
eine Grössenordnung wieder.
Bereits auf Grund dieser zwar noch bescheidenen
Datenbasis stellt sich zwingend die Frage, wie bei der
Kaltvernebelung die Dosierung der Pflanzenschutzmit-
tel vorgenommen werden sollte (siehe auch Kasten). Zur
Zeit wird meist die pro Hektare bewilligte Produktmen-
ge auf die Gewächshausfläche umgerechnet, dabei wird
jedoch die Grösse der Zielfläche, je nach Produkt und
Schaderreger die gesamte Blatt- und Stängelfläche des
Pflanzenbestandes oder die Fläche aller Früchte, kaum
oder gar nicht berücksichtigt. Erste Messungen zeigen,
dass beispielsweise bei Auberginen der Blattflächenin-
dex (Blattfläche pro Einheit Bodenfläche) von Mitte Mai
bis Mitte Juli massiv von 1,9 auf 4,5 zunimmt (Abb. 9).
B
130m
67m
A
C
Luftzirkulation
Kaltvernebelungsgerät
Abb. 4 | Schema der Grundfläche des Gewächshauses mit Auber-ginen mit sieben Schiffen. Eingezeichnet sind: die Position des Kaltvernebelungsgerätes (rot), die durch die Ventilatoren erzeugte Luftzirkulation (blau) sowie die Positionen A, B und C, an welchen Depositionsmessungen durchgeführt wurden (schwarz).
Abb. 5 | Schematischer Querschnitt durch das Gewächshaus mit Doppelreihen von Auberginen am 16. Mai 2009. Depositionswerte des vernebelten Insektizides Pirimor (Pirimicarb) in Nanogramm / cm2 auf ausgelegten Filterpapierrondellen sowie Rückstandswerte in Milligramm / Kilogramm auf erntereifen Auberginen zwei Tage vor der Ernte an den Positionen A, B, und C. Gelb markiert sind die Stellen, an welchen auf dem Boden, den Pflanzen und an der Gewächshauskonstruktion Filterpapierrondellen ausgelegt bzw. montiert wurden.
Position A Position B
820
291
282 245
303
588
1524
234
394
345
132 452
100 204
85 283
103 367
2161418
333 1983
172 1507
459 1083
A: Pflanze Ø 897 Blattoberseite Ø 1498 Blattunterseite Ø 295
A: Boden Ø 1172
B: Boden Ø 264
B: Pflanze Ø 216 Blattoberseite Ø 327 Blattunterseite Ø 105
1814
3488
Position C
2.67 mg/kg 0.90
mg/kg
0.11 mg/kg
Pirimor (Pirimicarb) MRL 1.00 mg/kg Auberginen 16. Mai 2009
Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus | Pflanzenbau
151Agrarforschung Schweiz 1 (4): 148–153, 2010
Eine gleichbleibende Dosierung kann unter diesen Um-
ständen wohl kaum richtig sein. Neben den Kenntnissen
über die mit der Kultur und dem Wachstum sich ändern-
den Zielflächen wäre es für eine angepasste Dosierung
auch wichtig zu wissen, welche Anlagerungswerte bei
möglichst optimal eingesetzten Kaltvernebelungsgerä-
ten erzielbar sind.
Pflanzen, die sich nahe beim Gewächshausdurch-
gang befanden, in welchem das Kaltvernebelungsgerät
betrieben wurde, wiesen teilweise deutliche Blattver-
brennungen auf, und die Rückstände auf den Früchten
waren viel zu hoch. Messungen der durch die Ventilato-
ren erzeugten Luftbewegung an einem Dutzend Positi-
onen in den beiden Gewächshäusern zeigten, dass zwar
eine zirkuläre Luftbewegung erzielt wurde. Doch dürfte
diese Luftbewegung auf Grund der erzielten Luftstrom-
geschwindigkeiten von mehrheitlich unter 0,2 m/s kaum
genügen. Die erzielte Verteilung der Wirkstoffe war un-
genügend und muss verbessert werden. Mögliche An-
sätze bestehen darin, dass entweder mehr als ein Kalt-
vernebelungsgerät pro Hektare eingesetzt wird, oder
dass das oder die Geräte in erhöhter Position über dem
Pflanzenbestand angebracht werden, vielleicht sogar
mobil ähnlich wie dies von horizontalen Bewässerungs-
balken her bekannt ist.
Auch wenn solche Verbesserungen realisiert wer-
den, bleibt wahrscheinlich die Diskrepanz in der Anlage-
rung der Wirkstoffe auf der Blattoberseite und der
Blattunterseite bestehen. Wahrscheinlich geringer dürf-
ten diese Unterschiede in jenen Fällen sein, in welchen
echt translaminar wirkende Produkte oder solche mit
hohem Dampfdruck angewendet werden. Im Gewächs-
hausgemüsebau gibt es dazu jedoch bisher nur sehr we-
nige Untersuchungen.
vm h
19m
168m
Luftzirkulation
Kaltvernebelungsgerät
BA C
Abb. 7 | Schema der Grundfläche des Gewächshauses mit Tomaten, Versuchsdurchführung in einem Kompartiment mit zwei Schiffen. Eingezeichnet sind: die Position des Kaltvernebelungsgerätes (rot), die durch die Ventilatoren erzeugte Luftzirkulation (blau) sowie die Positionen A, B und C, an welchen Depositionsmessungen durch-geführt wurden (schwarz). Zusätzlich zu den Positionen A,B und C wurden im Durchgang am Boden vorne (v), in der Mitte (m) und hinten (h) auch Depositionsmessungen vorgenommen.
Abb. 6 | Schematischer Querschnitt durch das Gewächshaus mit Doppelreihen von Auberginen am 16. Mai 2009. Depositionswerte des vernebelten Fungizides Switch (Cyprodinil, Fludioxonil) in ng / cm2 auf ausgelegten Filterpapierrondellen sowie Rückstands-werte in mg / kg auf erntereifen Auberginen zwei Tage vor der Ernte an den Positionen A, B, und C.
Abb. 8 | Depositionswerte des vernebelten Fungizides Forum (Dime-thomorph) in ng / cm2 auf ausgelegten Filterpapierrondellen sowie Rückstandswerte in mg / kg auf erntereifen Tomaten am 18. Juli 2009 zwei Tage vor der Ernte an den Positionen A, B, und C. Zusätzlich sind die Depositions werte auf dem Boden im Durchgang an den Positio-nen v, m und h angegeben.
Abb. 9 | Derselbe Auberginenbestand wie in Abbildung 3a und b, jedoch Mitte Juli. Pflanzenhöhe 250 cm, Blattflächenindex 4,5.
Position A Position B
707
141
193 173
177
413
1246
109
240
191
79 300
62 131
53
197
59 258
1161191
207
1597
98 1395
309 808
A: Pflanze Ø 715Blattoberseite Ø 1248Blattunterseite Ø 182
A: Boden Ø 982
B: Boden Ø 183
B: Pflanze Ø 142Blattoberseite Ø 222Blattunterseite Ø 63
1878
3795
Position C
1.85 mg/kg 0.38
mg/kg
0.04 mg/kg
Switch (Cyprodinil) MRL 0.50 mg/kg Auberginen 16. Mai 2009
Forum (Dimethomorph) MRL 0.20 mg/kgTomaten 18. Juli 2009
853
14
54 46
22
97
1086
15
20
70
50 42
32 57
18 48
20 65
140 735
318 891
36 217
234 835
894 3596
1083 4186
3.10 mg/kg 0.31 mg/kg 0.84 mg/kg
Position BPosition CPosition A
Pflanze Ø 426 Blattoberseite Ø 670 Blattunterseite Ø 182
Boden Ø 970
Boden Ø 50
Pflanze Ø 42 Blattoberseite Ø 53 Blattunterseite Ø 30
v 14198
m 89378
h 11096
Pflanze Ø 2440 Blatto.s. Ø 3891 Blattu.s. Ø 989
152 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 148–153, 2010
Pflanzenbau | Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus
In Deutschland wird von offizieller Seite die Kaltver-
nebelung nur mit etlichen Vorbehalten oder gar nicht
empfohlen, da auch deutsche Versuchsresultate die Pro-
blematik der ungleichen Verteilung der vernebelten
Produkte belegen (Meinert et al. 1996; Harmut und Krä-
mer 2005). Auch ältere Untersuchungen bei Zierpflan-
zen haben gezeigt, dass eine gleichmässige Verteilung
im Pflanzenbestand schwer zu erreichen ist (Owens and
Bennet 1978). In der Schweiz steht sowohl die öffentli-
che wie die private Beratung in Bezug auf die Kaltverne-
belung noch auf schwachen Füssen, da die auf Versu-
chen basierende Datenbasis noch sehr bescheiden ist.
Ähnlich wie bei der Applikation von Pflanzenschutzmit-
teln durch das Tröpfchenbewässerungssystem kann nur
durch eine schrittweise ausgebaute Daten- und Erfah-
rungsbasis die Beratung konkret unterstützt werden.
Diese eher neueren Applikationsmethoden haben wohl,
neben der standardmässigen Spritzapplikation, ihren
Platz im modernen Gewächshausbetrieb. Doch die Tech-
niken müssen so eingesetzt werden, dass die biologische
Wirkung gut ist, der Aufbau von Resistenzen bei den
Schaderregern möglichst lange hinausgeschoben wird
und inakzeptable Rückstände auf jeden Fall vermieden
werden. Die Beratung zum Nutzen der Produzenten
muss in Zusammenarbeit mit der Industrie klar aufzei-
gen und einschränken, welche Produkte sich für die
Kaltvernebelung beziehungsweise die Applikation via
Tröpfchenbewässerung auf Grund ihrer Eigenschaften
(z. B. systemisches oder / und translaminares Verhalten)
eignen. Wo immer möglich sollten Insektizide durch ei-
nen geeigneten Nützlingseinsatz ersetzt werden. Hol-
ländische wie auch schweizerische Erfahrungen zeigen,
dass die Kaltvernebelung je nach Jahr, Kultur und Auf-
treten der Schaderreger durch gezielte punktuelle
Spritz- und / oder Sprühbehandlungen mit konventio-
nellen vertikalen Balkengeräten ergänzt werden muss.
Auch für diese vertikalen Balkengeräte, welche zwi-
schen den Reihen der Laubwand entlang geführt wer-
den, muss noch weiter an der kulturangepassten Einstel-
lung der Geräte und der kulturangepassten Dosierung
der Produkte gearbeitet werden (siehe Kasten). Die Da-
tenbasis für eine zuverlässige praxisgerechte Beratung
ist auch hier noch zu schmal. n
Gegenwärtig geben die schweizerischen
Pflanzenschutzmittelbewilligungen bei den
meisten Fungiziden, Insektiziden und Akarizi-
den für die Anwendung im Gewächshaus nur
eine Konzentrationsangabe in % zur Herstel-
lung der Spritzbrühe an. Unklar ist, welches
Brühevolumen bei einer bestimmten Kultur
und deren Kulturstadium anzuwenden ist.
Bei der Kaltvernebelung wird meist von einer
Produktmenge pro Hektare, wie sie im Feld-
gemüsebau üblich ist, auf die Bodenfläche
des Gewächshauses umgerechnet. Hier bleibt
jedoch auch unklar, wie die derart umgerech-
nete Produktmenge auf die wachsende Blatt-
fläche der Kultur anzupassen ist. Für die Zu-
kunft strebt die Forschungsanstalt Agroscope
Changins-Wädenswil ACW an, in Zusammen-
arbeit mit der Industrie in der Schweiz und
Europa, einfach zu benützende Dosieranga-
ben zu erarbeiten, welche den Bezug zur
Kultur und deren jeweils vorhandene Blatt-
fläche beinhalten soll. Ähnlich wie bereits im
Obst-, Wein- und Beerenbau sollen auf die
Kultur bezogene Dosieranleitungen entste-
hen, wobei dazu der Typ und die geeigneten
Einstellungen und Handhabungen der Appli-
kationsgeräte miteinbezogen werden müssen.
Kasten 1 | Dosierung von Pflanzenschutz-
mitteln für den Gewächshausbereich
Vor- und Nachteile der Kaltvernebelung von Pflanzenschutzmitteln im Gewächshaus | Pflanzenbau
153Agrarforschung Schweiz 1 (4): 148–153, 2010
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Literaturb Harmuth P. & Krämer P., 2005. Jahresbericht des Pflanzenschutzdienstes
Baden-Württemberg. Landesanstalt für Pflanzenschutz, Reinsburgstrasse 107, 70197 Stuttgart Deutschland.
b Meinert G., Schmidt K., Wagner R. & Merz F., 1996. Untersuchungen zur Minimierung der Boden- und Luftbelastung durch Pflanzenschutz-mittel in Gewächshäusern bei verbesserter biologischer Wirksamkeit. Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben. Landesanstalt für Pflanzenschutz, Reinsburgstrasse 107, 70197 Stuttgart Deutschland.
b Owens J. M. & Bennett G. W., 1978. Spray Particle Size Distribution in Greenhouse ULV Applications to Poinsettia. J. of Economic Entomology 71 (2), 353 – 357.
b Stanghellini C., 2009. Emissions by aerial routes from protected crop systems (greenhouses and crops grown under cover). A position paper. Report 224. EFSA Eurpean Food Safety Authority. Wageningen UR Greenhouse Horticulture, Wageningen January 2009.
Strengths and weaknesses of cold-
fogging for pesticides application
in greenhouses
Cold-fogging crop protection products
in greenhouses is an easy to handle
and time and labour saving method.
However measurements of depo-
sitions on commercial tomato and
eggplant crops in two greenhouses
in Switzerland revealed that active
ingredients distribution in the green-
houses was very uneven. Furthermore
there were spots where unacceptably
high residues were found on
harvested fruit. Cold-fogging
application method must and can be
improved through technical measures.
The choice and the dosage of the
products should rely on solid data
sets made available to the extension
service.
Key words: cold-fogging, application
techniques, crop protection, tomatoes,
eggplants, greenhouse, deposition,
distribution.
Vantaggi e inconvenienti della
nebulizzazione a freddo
per l’applicazione di prodotti
fitosanitari in serra
La tecnica della nebulizzazione a
freddo semplifica l’applicazione dei
prodotti fitosanitari su colture in
serra con un investimento di lavoro
estremamente ridotto. Tuttavia, le
prime misurazioni effettuate in due
serre (una coltivata a pomodori e l’altra
a melanzane), hanno però dimostrato
che la distribuzione della sostanza
attiva partendo da un apparecchio
stazionario era molto irregolare.
Inoltre i residui riscontrati sul raccolto
erano a puntino troppo elevati.
L’utilizzo della nebulizzazione a
freddo può e deve essere migliorata
con delle misure tecniche appropriate.
La scelta e il dosaggio dei prodotti
devono basarsi su informazioni
solide e sicure.
E i n l e i t u n g
Die topographischen Bedingungen in der Schweiz sind
je nach Region sehr unterschiedlich. Landwirtschafts-
betriebe in der Bergzone oder Bauern, die aus Überzeu-
gung ein Vollweidesystem führen, verfüttern keine
grossen Mengen an Kraftfutter, was bei der Hochleis-
tungskuh Gesundheits- und Fruchtbarkeitsprobleme
hervorrufen kann. Die neuseeländische Milchkuh wurde
nicht nur auf hohe Milchleistung und verschiedene Exte-
rieurmerkmale gezüchtet, sondern auch auf Langlebig-
keit, Gewicht, Grösse und Fruchtbarkeit. Daraus ent-
wickelte sich ein Kuhtyp, der mit Weidegras mittlere
Milchleistungen bei hohem Verzehr pro kg Körperge-
wicht erzielt. In der Schweiz ist aus betriebswirtschaftli-
cher Sicht nicht nur die Eignung von Kühen für die Milch-
produktion wichtig, sondern auch die Masttauglichkeit
deren männlicher Nachkommen.
Die Frage nach der Masteignung von Neuseeländer
Holstein Friesian Mastkälbern ist demnach für Landwir-
te mit Vollweidesystem von Interesse. Im Rahmen einer
Bachelor Thesis an der Schweizerischen Hochschule für
Eignung verschiedener Holsteinlinien für die KälbermastNathalie Roth und Peter Kunz, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, 3052 Zollikofen
Auskünfte: Nathalie Roth, E-Mail: [email protected], Tel. +41 31 910 22 75
N u t z t i e r e
Diese neuseeländischen Holstein Friesian Kälber wurden im Rahmen eine Bachelor Thesis auf deren Masttauglichkeit untersucht.
154 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
Im Rahmen einer Bachelor Thesis an der
Schweizerischen Hochschule für Landwirt-
schaft SHL wurden elf männliche neusee-
ländische Holstein Friesian Kälber im
Vergleich zu 26 Schweizer Holstein Friesian
Kälber auf deren Masttauglichkeit hin
untersucht. Die beiden Mastgruppen wurden
unter gleichen Fütterungs- und Haltungs-
bedingungen während 100 Tagen gemästet.
Die Kälber hatten während der ganzen
Mastdauer freien Zugang zu einem reinen
Milchpulver-Wasser-Gemisch via Tränke-
automat. Zusätzlich wurde ihnen ab dem
17. Masttag Maissilage ad libitum vorgelegt.
Die Ration wurde mit einem Mineralstoff-
präparat und einem Leckstein ergänzt. Die
erreichten Masttageszunahmen der neusee-
ländischen Kälber sind mit den für Schweizer
Mastkälber publizierten Ergebnissen
vergleichbar. Die durchschnittlichen Mast-
tageszunahmen waren bei den Schweizer
Kälbern zwar um 130 g höher und folglich
war auch die Entwicklung des durchschnitt-
lichen Lebendgewichts und letztendlich das
Endgewicht der Schweizer Kälber höher, die
Unterschiede waren jedoch statistisch nicht
signifikant. Die neuseeländischen Kälber
erreichten aber ein signifikant tieferes
Vorderfussgewicht, was auf einen tieferen
Knochenanteil des Schlachtkörpers hinweist
und für den Abnehmer einen Vorteil dar-
stellt. Die Schlachtkörper beider Gruppen
wurden nach CH-TAX-System grösstenteils
von T+3 bis T-3, mit leichten Vorteilen für die
neuseeländischen Kälber, klassiert.
Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast | Nutztiere
Landwirtschaft (Roth 2009) wurde die Masteignung von
Schweizer und Neuseeländer Holstein Friesian Kälbern
unter Praxisbedingungen verglichen.
M e t h o d e
Kälbermastversuch in zwei Gruppen
Die Mastkälber wurden in einem Tiefstreustall (Strohbett)
gehalten, die gesamte Bucht à 70 m2 wurde wie folgt un-
terteilt: 20 m2 für die elf Neuseeländischen (NZ) Kälber
und 50 m2 für die 26 Schweizer (CH) Kälber. Um die vor-
handenen Stallplätze optimal zu nutzen, wurde die Bucht
mit einer grösseren Anzahl an CH-Kälbern aufgestockt,
dies erklärt die ungleiche Anzahl Kälber pro Gruppe.
Die Erhebungen wurden zwischen März und Juni
2009 durchgeführt (Abb. 1). Der Futterverzehr (kg Milch-
pulver/Bucht, kg Maissilage/Bucht) wurde kontinuierlich
erfasst und der Gesundheitszustand der Kälber wurde
mittels Behandlungsjournal während der Mast verfolgt.
Die Tiere wurden monatlich gewogen: beim Einstallen,
dreimal während der Mast sowie jeweils ca. 24 h vor der
Schlachtung. Sechs Kälber der Schweizer Gruppe hatten
bereits nach 86 Tagen das Mastendgewicht von 210 kg
und mehr erreicht. Aus diesem Grund wurde deren
Schlachtung vorgezogen. Die Schweizer Gruppe wurde
infolgedessen einmal mehr gewogen, da keine Einzeltier-
erfassung für den Futterverzehr möglich war. Die restli-
chen 31 Kälber (20 CH-Kälber, 11 NZ-Kälber) wurden nach
100 Tagen Mast geschlachtet.
Bei der Schlachtung der Versuchskälber wurden die
Vorderfüsse (Klauen bis Karpalgelenk) von jedem Kalb
155
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
Abb. 1 | Zeitplan und Ablauf des Kälbermastversuches, Bachelor Thesis von Nathalie Roth (2009).
März
Beginn Mastversuch
3 Zwischenwägungen
Erhebungen Futterverzehr
(Milchpulver, Maissilage)
Erhebungen Schlachthof (pH-Wert, Fleischfarbe)
Schlachtung 1&2 Erhebung Vorderfussgewicht
Wägung vor Schlachtung (LG)
April Mai Juni Juni Juni
Abb. 2 | Die Hinterviertel der Versuchskälber (NZ & CH) im Kühl-raum mit Etikette zur Identifikation: in dieser Aufhängung wurde die Fleischfarbe bestimmt und der pH-Wert im Rückenmuskel (M. longissimus dorsi) gemessen.
156
abgetrennt und gewogen. Nach 3,5 Tagen (88 h post
mortem) wurde im Kühlraum am Rückenmuskel im Hin-
terviertel (M. longissimus dorsi) die Fleischfarbe beur-
teilt und der pH-Wert ermittelt. Der pH-Wert wurde mit
einem pH-Meter (Mettler Toledo) im Kotelettenan-
schnitt (M. longissimus dorsi) des rechten und des linken
Hinterviertels gemessen (Abb.2).
Für den Vergleich der beiden Gruppen wurden die
erhobenen Parameter wie Masttageszunahmen, Mast-
endgewicht, Schlachtgewicht sowie der Anteil Vorder-
fussgewicht am Schlachtgewicht mittels einer ANCOVA
(Einstallgewicht beim Einstallen als Covariable) statis-
tisch ausgewertet. Zum Vergleich der Fleischfarbe wur-
de ein Fisher’s Exact Test durchgeführt. Die Fleischigkeit
(CH-TAX) wurde mit einem Mann-Whitney Test vergli-
chen. Alle Tests wurden auf einem Signifikanzniveau
von 5 % (p < 0,05) beurteilt. Da man die Futteraufnahme
pro Gruppe und nicht pro Einzeltier erhob, wurde für
diesen Parameter kein statistischer Test durchgeführt.
Charakterisierung der beiden Versuchsgruppen
Insgesamt nahmen 37 männliche Holstein Friesian Käl-
bern mit unterschiedlicher genetischer Herkunft am
Versuch teil. Alle Kälber wurden in der Schweiz geboren
und nach Zuchtziel und genetischer Herkunft in zwei
Gruppen eingeteilt:
Die Schweizer (CH) Gruppe bestand aus 26 Kälbern,
deren Väter vorwiegend aus Schweizer und Nordameri-
kanischer Zucht stammten und einen durchschnittlichen
Milchzuchtwert von + 466 kg (SD ± 552) aufwiesen
(Schweizerischer Holsteinzuchtverband, Mai 2009). Die-
se Kälber wurden von der Gefu Oberle AG auf dem Trän-
kermarkt gekauft und dort nach der Masteignung aus-
sortiert. Aufgrund hoher Einstallgewichte zweier Kälber
(95 kg, 103 kg) bei Versuchsbeginn, wurden diese beiden
Kälber nur zur Berechnung der Futterverwertung und
Wirtschaftlichkeit der Mast integriert, ansonsten vom
Versuch ausgeschlossen. Ohne Transponder war keine
Einzeltiererfassung beim Futterverzehr und somit keine
Separation dieser beiden Tiere möglich. Sie waren wäh-
rend der ganzen Mastdauer mit der CH-Versuchsgruppe
eingestallt. Die Schweizer Versuchsgruppe umfasste aus
diesem Grund für alle anderen Berechnungen und Aus-
wertungen noch 24 Tiere.
Die elf Kälber der Neuseeländer (NZ) Gruppe stamm-
ten aus Schweizer Vollweidebetrieben, die gezielt neu-
seeländische Genetik in der Zucht einsetzen. Es handelt
sich dabei um Kälber aus ein bis drei Generationen neu-
seeländischer Holstein-Friesian Genetik. Die durch-
schnittlichen Schweizer Zuchtwerte für Milch der Väter
lagen bei – 386 kg (SD ± 154) (Schweizerischer Holstein-
zuchtverband, Mai 2009). Die Anzahl Kühe und die An-
zahl Besamungen mit neuseeländischem Holsteinblut in
der Schweiz sind begrenzt. Aus diesem Grund standen
für den Versuch erwünschte männliche Holstein Friesian
Kälber nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung.
Nutztiere | Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
Tab. 2 | Nährstoffgehalte der Mineralfuttermittel
Mineralfuttermittel Kosten[CHF / dt TS]
Gehaltsangaben pro kg TS (Angaben des Herstellers)
Ca[g]
P[g]
Mg[g]
Na[g]
Se[mg]
Jod[mg]
Co[mg]
Cu[mg]
Zn[mg]
Mn[mg]
Mineralfutter Homin Ca : P 2 : 1 280 120 60 30 60 20 20 20 200 2000 500
Leckstein MINALOCa : P 2,7 : 1 300 140 60 40 120 8 6 3 50 720 800
Tab. 1 | Energie- und Nährstoffgehalte von Maissilage und der beiden eingesetzten Milchpulverrezepte
Futtermittel Kosten[CHF / dt TS](UFA 2009)
Gehaltsangaben pro kg TS (ALP 2004)
TS[%]
UEK[MJ]
RP[g]
RF[g]
RA[g]
RL[g]
Fe[mg]
Maissilage (ab dem 17. Masttag) 30 28 12,3 74 183 kA 30 kA
Gefumilk 20 – 20 (Vormast) 400 93 18,9 200 0 65 180 50
Gefumilk Swissspray 1 (Endmast) 400 93 19,5 210 0 65 210 22
Ts = Trockensubstanz; ueK = umsetzbare energie Kalb; rP = rohprotein; rf = rohfaser; rA = rohasche; rL = rohlipide; fe = eisen; kA = keine Angabe
157
Anhand einer telefonischen Umfrage unmittelbar
nach dem Einstallen wurde die Situation auf den Her-
kunftsbetrieben der Kälber erfasst. Dabei standen die
Haltung (Aussen- / Stallhaltung, Einzel- / Gruppenhal-
tung), die Fütterung (nur Milch / zusätzliche Komponen-
ten wie Heu, Mais etc.) und der Gesundheitsverlauf (Be-
handlungsjournal) der Kälber im Vordergrund. Es erga-
ben sich keine systematischen Unterschiede zwischen
den beiden Gruppen.
Neben dem prophylaktischen Einsatz von Selen und
Vitamin E beim Einstallen (Weissmuskelkrankheit), wur-
den den Kälbern folgende Medikamente über die Milch
verabreicht: SK-60 (Biokema SA, Crissier), CAS 45 K und
Amoxan 70 (beide UFAMED AG, Sursee). Infolge Krank-
heit wurde bei zwei NZ- und drei CH-Kälbern zusätzlich
ein Breitspektrum Antibiotikum (Advocid 18 %, Pfizer
AG, Zürich) eingesetzt.
Rationszusammensetzung
Alle Kälber wurden mit einem reinen Pulver-Wasser-Ge-
misch getränkt und hatten ab dem 17. Masttag Ganz-
pflanzenmaissilage in der Krippe zur Verfügung. Verein-
zelt kauten Tiere an der frischen Einstreu. Am 40. Mast-
tag wurde vom Vormast- auf ein Endmastpulver ge-
wechselt, das unter anderem einen etwas höheren Roh-
proteingehalt aufwies (Tab. 1). Der entscheidende Un-
terschied lag im Eisengehalt, der aufgrund der vom
Markt geforderten Fleischfarbe (möglichst helles Fleisch)
von 50 mg auf 22 mg / kg TS in der Endphase reduziert
wurde.
Den Kälbern wurde das Mineralfutter Homin 1263
(2 : 1) der Gefu Oberle und der Leckstein Minalo (2,7 : 1)
der Multiforsa vorgelegt (Tab. 2), die Kälber hatten die
freie Wahl zwischen diesen beiden Mineralstoffen.
Anhand der erhobenen Gesamtfuttermenge wurde
die Futterverwertung in kg Futter / kg Zuwachs und in
MJ UEK / kg Zuwachs berechnet.
R e s u l t a t e
Mastleistung
Es besteht ein geringer Unterschied in der Futterverwer-
tung der beiden Mastgruppen (Tab. 3). Das durchschnitt-
liche Alter der Kälber in den beiden Gruppen war beim
Einstallen signifikant verschieden jedoch nicht beim
Ausstallen. Der Grund liegt in der früheren Schlachtung
von sechs CH-Kälbern, die rund 14 Tage vor geplantem
Mastende geschlachtet wurden und somit eine Mast-
dauer von nur 86 Tagen aufweisen. Das Gewicht der bei-
den Gruppen war bei Mastbeginn nicht signifikant ver-
schieden und, korrigiert auf das Einstallgewicht, auch
nicht bei Mastende. Der durchschnittliche Masttageszu-
wachs der beiden Gruppen verlief parallel, die CH-Tiere
hatten während der ganzen Mast um durchschnittlich
130 g höhere Tageszunahmen als die NZ-Tiere (Abb. 3).
Die Zunahmen waren aber nicht signifikant verschieden.
Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast | Nutztiere
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
Tab. 3 | Darstellung ausgewählter Mastleistungsergebnisse der Kälber
NZ-Gruppe CH-Gruppe
Anzahl Tiere n = 11 n = 24
Mastdauer Tage 100 86 (n = 4) bzw. 100 (n = 20)
Futterverwertung (FVI)Pulver und Maissilage MJ UEK / kg TZW 37,2 38,4
Futterverwertung (FVI)Pulver und Maissilage kg TS / kg TZW 1,96 2,02
Mittelwert (Ø) + / – Standardabweichung (SD) Ø* SD Ø SD
Alter bei Mastbeginn Tage 31a + / – 9,2 39b + / – 11,6
Gewicht bei Mastbeginn kg / Kalb 64,9a + / – 8,5 70,2a + / – 6,5
Alter bei Mastende Tage 131a + / – 9,2 137a + / – 10,9
Gewicht bei Mastende kg / Kalb 197,1a + / – 23,2 215,2a + / – 18,4
Masttageszuwachs g 1322a + / – 184 1450a + / – 151
Schlachtgewicht kg / Kalb 108,2a + / – 15,6 119,4a + / – 10,5
Gewicht Vorderfüsse VF kg / Kalb 2,49a + / – 0,22 2,84b + / – 0,19
* unterschiedliche hochbuchstaben (a, b) zeigen signifikant unterschiedliche werte (signifikanzniveau P < 0,05)
158
Das rund elf kg höhere Schlachtgewicht (SG) der CH-Käl-
ber war in Bezug auf deren höheres Gewicht beim Eins-
tallen gegenüber den NZ-Kälbern nicht signifikant ver-
schieden. Im Gegensatz dazu war der Anteil des Gewichts
der Vorderfüsse am Schlachtgewicht der NZ-Kälber im
Vergleich mit dem der CH-Kälber signifikant tiefer.
Die Schlachtkörperklassierung, beurteilt nach CH-
TAX, war bei beiden Gruppen zufriedenstellend. Die NZ-
Kälber erreichten alle den optimalen Ausmastgrad
von 3, sowie die Fleischigkeit von T + bis A. Die CH-Tiere
erreichten bis auf drei Ausnahmen (A2, A2, 2X2) eben-
falls Taxierungen von T + 3 bis A3 (Abb. 4).
Fleischfarbe und pH-Wert der Versuchstiere
Die Tiere wurden anhand ihrer Fleischfarbe einerseits
durch eine Fachperson eingestuft (weiss, rosa, rot) und
andererseits mittels einer Standardskala (1 weiss – 6 rot)
beurteilt (Tab. 4). Es konnten keine signifikanten Unter-
schiede in der Fleischfarbe zwischen den beiden Grup-
pen festgestellt werden. Die unterschiedliche Genetik
hatte somit keinen Einfluss auf diesen Parameter. Auch
bezüglich des pH-Werts des Rückenmuskels nach 88 h
traten keine Unterschiede zwischen den beiden Grup-
pen auf.
Vergleich der Ergebnisse mit anderen Untersuchungen
In der Schweiz war vor allem in den 1960er Jahren das
Interesse nach nordamerikanischer Genetik sehr gross
und die Freiburger Schwarzfleckviehrasse wurde von
der eleganten nordamerikanischen Holsteinkuh abge-
löst. Der Schweizerische Schwarzfleckviehzuchtverband
entwickelte rasch ein eigenständiges Inlandprüfpro-
gramm, so ist mittlerweile die Schweizerische Holstein-
zucht etabliert und kann im internationalen Angebot
des Hochleistungssektors gut mithalten. Die Schweizer
Zucht orientiert sich nach wie vor an der nordamerikani-
schen Hochleistungskuh mit dem Ziel der Leistungsma-
ximierung. Aus diesem Grund vergleichen wir die
Schweizer Holstein Friesian mit Studien, die zu einem
grossen Teil an nordamerikanischen Holstein Friesian
gemacht wurden.
Verschiedene Autoren verglichen unterschiedliche
Linien von Holstein Friesian bezüglich deren Fleischleis-
tung (Reklewski et al. 1985; Keane 2003; McGee et al.
2005; MacDonald et al. 2007). Im Gegensatz zur Schweiz
werden im Ausland vorwiegend Mastversuche mit
Jungbullen verschiedener Holsteinlinien durchgeführt.
Direkte Vergleiche mit der in der Schweiz üblichen Käl-
bermast sind darum nur bedingt möglich. Neuseeländi-
sche Kälber hatten im Vergleich mit Holsteinlinien aus
Dänemark, Polen, Deutschland, Holland, England,
Schweden, Kanada, Amerika und Israel bei Mastbeginn
stets die tiefsten Gewichte, die amerikanischen Kälber
wiesen in allen Vergleichen die höchsten Lebendge-
wichte auf. Die Masttageszunahmen und das Mastend-
gewicht respektive das Schlachtgewicht von neuseelän-
dischen Holstein Friesian Tieren waren ebenfalls stets
tiefer als die von nordamerikanischen Holstein Tieren
(Reklewski et al. 1985; Stolzman et al. 1988; Keane 2003).
Die Schlachtkörper wurden jedoch ähnlich klassiert. Die
NZ-Tiere erreichten teils sogar einen etwas höheren Aus-
mastgrad als die nordamerikanischen (Keane 2003) und
wiesen zudem geringere Knochenanteile auf (Reklewski
et al. 1985).
Wirtschaftliche Aspekte
Die Wirtschaftlichkeit der beiden Mastgruppen wurde
anhand einer Deckungsbeitragsrechnung verglichen. Um
die Aussagekraft des Vergleiches zu steigern, wurde nicht
Nutztiere | Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
Abb. 4 | Die Schlachtkörpertaxierung in Prozent der Anzahl Tiere pro Gruppe (CH: n = 24, NZ: n = 11).
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0T+3 T3 T-3 A3 A2 2X2
NZ (n=11) CH (n=24)
Proz
entu
aler
Ant
eil (
%)
Taxierung der Schlachtkörper
Abb. 3 | Der Verlauf des durchschnittlichen Masttageszuwachses (in g) der beiden Gruppen während 100 Masttagen.
200018001600140012001000800600400200
00 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
MTZ CH-Kälber MTZ NZ-Kälber
Mas
ttag
eszu
wac
hs b
eide
r G
rupp
en (g
)
Mastdauer (d)
159
der im Juni 2009 herrschende Tiefpreis von 11,70 CHF / kg
SG (für T3-Kalb) als Basis genommen, sondern es wurde
mit dem durchschnittlichen Kälberpreis der Jahre
2006 – 2008 von 14,50 CHF / kg SG gerechnet (Proviande
2008). Der vergleichbare Deckungsbeitrag der NZ-Grup-
pe war höher als der der CH-Gruppe, obschon die CH-
Tiere generell dank höherem Schlachtgewicht einen hö-
heren Erlös pro Tier einbringen. Der Grund für dieses Re-
sultat liegt in den drei Schlüsselpositionen Zukauf der
Tränker, Futterkosten und Erlös der Schlachtkälber. Die
Kosten beim Zukauf waren bei der NZ-Gruppe aufgrund
des tieferen Einstallgewichts wie auch der tieferen Taxie-
rung nach CH-TAX um 77 CHF / Tränker geringer. Durch
die höhere Gewichtszunahme während der gesamten
Mastdauer waren jedoch die Futterkosten der CH-Grup-
pe um 88 CHF / Tier höher als die entsprechenden Kosten
für die NZ-Gruppe. Der Erlös im Schlachthof differierte
um 112 CHF / Tier zwischen der Neuseeländischen Gruppe
(CHF 1558) und der Schweizer Gruppe (CHF 1670). Bei der
Annahme von 14,50 CHF / kg SG für ein T3-Kalb generie-
ren die NZ-Tiere einen um CHF 53 höheren vergleichbaren
Deckungsbeitrag als die Schweizer Tiere.
D i s k u s s i o n u n d S c h l u s s -f o l g e r u n g e n
Im vorgestellten Versuch konnte die Masteignung der
beiden Holstein Friesian Typen unter Schweizer Praxisbe-
dingungen aufgezeigt werden. Beide Gruppen erzielten
vergleichbare Resultate, die sich im Rahmen üblicher Käl-
bermastergebnisse in der Schweiz bewegen (Kunz 2009).
Die mittleren Masttageszunahmen der beiden Grup-
pen lagen zwischen 1320 g (NZ) und 1450 g (CH), der
Unterschied war jedoch nicht signifikant. Auch in ver-
gleichbaren Studien hatten neuseeländische Tiere tiefe-
re Zunahmen als nordamerikanische. In diesen Studien
ist zudem von statistisch signifikantem Unterschied aus-
zugehen (Keane 2003; Stolzman et al. 1988; Reklewski et
al. 1985). Die geringeren Zunahmen der NZ-Kälber kön-
nen u.a. mit dem tieferen mittleren Einstallgewicht in
Verbindung gebracht werden. Zudem erreichen ausge-
wachsene NZ Holstein Friesian Tiere ein geringeres End-
gewicht als ihre europäischen / nordamerikanischen Ras-
senverwandten (MacDonald et al. 2007; Berry et al.
2005; Kolver et al. 2000).
Dass NZ-Tiere auf Grund des signifikant tieferen Ge-
wichts der Vorderfüsse einen geringeren Knochenanteil
im Schlachtkörper aufweisen (Reklewski et al. 1985),
können wir bestätigen. Ein tieferer Knochenanteil im
Schlachtkörper stellt einen Vorteil für den Abnehmer
dar, bringt den Produzenten jedoch keinen Zusatzerlös.
Korrigiert auf das Einstallgewicht konnten beim
Schlachtgewicht der beiden Gruppen keine signifikan-
ten Unterschiede festgestellt werden. Dies im Gegen-
satz zu Keane (2003) der in seiner Studie signifikant hö-
here Schlachtgewichte von nordamerikanischen/euro-
päischen Tieren verglichen mit neuseeländischen Mast-
tieren beobachtete. Bei der Taxierung fand Keane je-
doch keinen Unterschied. In der vorliegenden Arbeit
wiesen die neuseeländischen Tiere im Schnitt leicht
bessere Klassierungen auf, ohne dass der Unterschied
signifikant war.
In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um reine
Milchrassenkälber handelt, weisen auch die etwas jün-
geren NZ-Kälber eine gute Fleischigkeit auf und sind
trotz tieferen Zunahmen und tieferem Schlachtgewicht
als die Schweizer Tiere durchaus in der Lage, den er-
wünschten Ausmastgrad von 3 zu erreichen.
Die NZ-Tiere hatten aufgrund des tieferen Gewichts
und der tieferen Taxierungseinstufung beim Einstallen
einen geringeren Einstandspreis. Die qualitative Vergü-
tung pro kg Schlachtgewicht spielt ebenfalls eine Rolle
und war bei den NZ-Kälbern höher, was neben den Fut-
terkosten den vergleichbaren Deckungsbeitrag auch bei
Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast | Nutztiere
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
Tab. 4 | Fleischfarbe und pH-Wert der beiden untersuchten Gruppen.
NZ-Gruppe CH-Gruppe
Anzahl Tiere n = 11 n = 24
Mittelwert (Ø) + / – Standardabweichung (SD) Ø* SD Ø SD
Fleischfarbe Fachperson1 1,2 + / – 0,40 1,4 + / – 0,49
Fleischfarbe Skala2 3,0 + / – 0,63 3,3 + / – 1,08
pH-Wert im Rückenmuskel(88 h post mortem) 5,545 + / – 0,065 5,537 + / – 0,053
* Die unterschiede zwischen den beiden gruppen waren nicht signifikant1 Beurteilung durch eine fachperson: 1 weiss, 2 rosa, 3 rot2 Beurteilung mit farbskala: 1 weiss – 6 rot
160
schwankenden Marktpreisen zugunsten der neuseelän-
dischen Tiere ausfallen lässt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass unter
den beschriebenen Versuchsbedingungen die neuseelän-
dischen Holstein Friesian tendenziell tiefere Zunahmen
und leichtere Schlachtgewichte generieren, dem Kälber-
mäster aber einen höheren vergleichbaren Deckungsbei-
trag erbringen. Grund dafür sind die tieferen Zukaufkos-
ten der NZ-Tränker, die geringeren Futterkosten und die
leicht höheren Verkaufspreise pro kg SG. n
Literaturb ALP, 2004. Eidgenössische Forschungsanstalt für Nutztiere und
Milchwirtschaft (ALP). Fütterungsempfehlungen und Nährwerttabellen für Schweine. Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale LmZ, Zollikofen, 242 Seiten.
b Berry D.P., Horan B. & Dillon P., 2005. Comparison of growth curves of three strains of female dairy cattle. Animal Science 80, 151 – 160.
b Keane M.G., 2003. Beef Production from Holstein Friesian bulls and steers of New Zealand and European/American descent, and Belgian Blue x Holstein Friesians, slaughtered at two weights. Livestock Production Science 84, 207 – 218.
b Kolver E.S., Napper A.R., Copeman P.J.A. & Muller L.D., 2000. A comparision of New Zealand and overseas Holstein Friesian heifers. Proceedings of the New Zealand Society of Animal Production 60, S. 265 – 269.
b Kunz P., 2009. Fütterung von Mastkalb und Mastrind. Vorlesungs-unterlagen TP-17, unveröffentlicht. Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft, Zollikofen CH, 15 S.
b MacDonald K.A., McNaughton L.R., Verkerk G.A., Penno J.W., Burton L.J., Berry D.P., Gore P.J.S., Lancaster J.A.S. & Holmes C.W., 2007. A Comparison of Three Strains of Holstein-Friesian Cows Grazed on Pasture: Growth, Development, and Puberty. Journal of Dairy Science 90 (8), 3993 – 4003.
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b Stolzman M., Jasiorowski H., Reklewski Z., Zarnecki A. & Kalinowska G., 1988. Comparison of ten Friesian strains in Poland under field conditions. Strain comparison for growth rate. Livestock Production Science 18 (3 – 4), 217 – 237
b UFA 2009. Kosten in den Griff kriegen. UFA Revue 1, 40 – 42.
DankWir danken folgenden Personen herzlich für die tatkräftige Unterstützung und die gute Zusammenarbeit: Jörg Oberle von der Gefu Oberle AG und seinem Team, Familie Risi, Sempach (Betriebsleiter) und Adrian Scheidegger von der Frischfleisch AG Sursee und seinem Team.
Nutztiere | Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
161
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
The Suitability for Fattening of Various
Strains of Holstein Friesian Calves
To determine their suitability for fat-
tening, 11 male New Zealand Holstein
Friesian calves and 26 Swiss Holstein
Friesian calves underwent a compara-
tive study within the framework of a
Bachelor Thesis at the Swiss College
of Agriculture SHL. Both test groups
were held and fed under the same
conditions for 100 days. The calves
had free access to a pure milk powder-
water mixture throughout the entire
duration of the test via an automatic
feeder. In addition, the calves were
given maize silage ad libitum as of the
17th day. This was supplemented with
a mineral preparation and a salt lick.
The weight gains of the New Zealand
calves were comparable to the pub-
lished results for the Swiss calves,
although average weight gains for the
Swiss calves were approximately 130 g
higher. This affected the development
of the average live weight and the
final weight of the Swiss calves. How-
ever, the differences were not statisti-
cally significant. The New Zealand
calves reached a considerably lower
forefoot weight, which points to a
lower bone content of the carcasses,
and an advantage for the buyer. The
carcasses for both groups were classi-
fied from T+3 to T-3 according to the
CH-TAX-system, with slight advantag-
es for the New Zealand calves.
Key words: Holstein Friesian, strain
comparison, fattening calves, daily
gains, growth curves, carcass quality.
Idoneità di due linee Holstein
per l’ingrasso di vitelli
Nell’ambito di una tesi di bachelor alla
scuola superiore svizzera di agricoltura,
SHL, sono stati confrontati undici vitelli
di sesso maschile della linea neozelan-
dese Holstein Friesian sulla loro idonei-
tà per l’ingrasso con altri 26 vitelli della
linea svizzera Holstein Friesian. I due
gruppi sono stati messi all’ingrasso alle
stesse condizioni di stabulazione e
foraggiamento per una durata di 100
giorni. Durante questo periodo, i vitelli
avevano libero accesso ad un abbevera-
toio automatico dal quale ricevevano
una miscela di acqua e latte in polvere.
Dal 17.esimo giorno d’ingrasso, i vitelli
ricevevano inoltre dell’insilato di
mais a volontà. Le razioni sono state
completate con un supplemento
minerale e una pietra salina. L’aumento
del peso d’ingrasso giornaliero
raggiunto dai vitelli neozelandesi è
confrontabile con quello ottenuto dai
vitelli svizzeri. La crescita giornaliera
media dei vitelli svizzeri era di 130 g
superiore e , di conseguenza, lo era an-
che il loro sviluppo del peso medio vivo
e finale Tuttavia, non vi sono differenze
significative. Le zampe anteriori dei
vitelli neozelandesi risultavano più
leggeri, indicando uno spessore osseo
più debole della carcassa il che rappre-
senta un vantaggio per l’aquirente.
Le carcasse dei due gruppi sono state
classificate principalmente da +T3 a -T3
del sistema CH-TAX con lievi vantaggi
per i vitelli neozelandesi.
Eignung verschiedener Holsteinlinien für die Kälbermast | Nutztiere
Agrarforschung Schweiz 1 (4): 154–161, 2010
In nur fünf Jahren ist die vom Schweizerischen National-
gestüt in Avenches ins Leben gerufene und organisierte,
öffentliche Jahrestagung des Netzwerks Pferdefor-
schung Schweiz zur wichtigsten und international aner-
kannten interdisziplinären Plattform der Forschenden
rund ums Pferd in der Schweiz geworden. In diesem Rah-
men hat sie sich auch zu einer interaktiven und transpa-
renten Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis entwi-
ckelt. So werden auch im Rahmen der fünften Veranstal-
tung 2010 nicht weniger als 32 Forschungsarbeiten prä-
sentiert, ein Nachwuchsforscher-Wettbewerb durchge-
führt und aktuelle wichtige Themen bearbeitet.
Zahlreiche Forschungsgruppen in der Schweiz, wie auch
das Schweizerische Nationalgestüt, beschäftigen sich
mit unterschiedlichsten Fragen rund um das Pferd. In ei-
ner bibliometrischen Studie von Clément und Bassecou-
lard (2004) zu total 6775 Publikationen der Jahre
1998 – 2000 beim Pferd belegt die Schweiz in der
Weltrangliste denn auch den 14. Rang. Diese Forschung
fand lange Zeit zum Teil in koordinierten Projekten statt,
häufig aber auch ohne Kenntnis darüber, was andere
Gruppen forschen, oft auch in Konkurrenzsituationen
und ohne den nötigen Kontakt und Wissensaustausch
mit den Akteuren in der Praxis. Die interessierten Kreise
aus der Pferdebranche, die letztendlich die Anwender
sind, wurden somit nur ungenügend informiert und
konnten ihre Bedürfnisse nur wenig bis gar nicht kund-
tun. Im Jahr 2005 wurde zur Verbesserung dieser Situa-
tion vom Schweizerischen Nationalgestüt das «Netz-
werk Pferdeforschung Schweiz» lanciert, das seither im
Rahmen von jährlich stattfindenden Tagungen durchge-
führt wird. Zielsetzungen hierbei sind
• die Schaffung einer Plattform für die
Pferdeforschung in der Schweiz
• die Vorstellung von aktuellen Arbeiten und Projekten
• der wissenschaftliche Austausch
• der Wissenstransfer zur Pferdebranche
• die Definition und Diskussion der Bedürfnisse der
Pferdebranche
• der Miteinbezug der Öffentlichkeit
Solche Veranstaltungen sind in Europa noch einzig-
artig. Ähnliche interdisziplinäre Tagungen wurden bis-
lang nur durch die französischen Nationalgestüte (jähr-
liche «Journée de recherche»), die European Association
for Animal Production (EAAP) und beispielsweise die
Göttinger Pferdetage (Deutschland) durchgeführt, je-
doch mit Fokussierung auf Forschende und direkte An-
wendende wie Agronomen und Tierärztinnen.
Organisation
Jährlich finden im Rahmen einer eintägigen Veranstal-
tung Präsentationen zur Forschung in Form von Vorträ-
gen und Poster statt. Hierbei handelt es sich um wissen-
schaftliche Arbeiten, Dissertationen, PhD-, Master-, Ba-
chelor- und auch qualitativ gute Semesterarbeiten aller
Fachgebiete. Alle Tagungsbeiträge werden vorgängig
von einer interdisziplinär zusammengesetzten wissen-
schaftlichen Kommission* fachlich begutachtet und bei
Fünf Jahre Netzwerk Pferdeforschung Schweiz
K u r z b e r i c h t
Zusammen stark: vernetzte Pferdeforschung.
162 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 162–165, 2010
Dominik Burger, Mireille Baumgartner, Iris Bachmann, Christine Grivel, Anne Rizzoli, Ruedi von Niederhäusern
und Pierre-André Poncet, Schweizerisches Nationalgestüt SNG, 1580 Avenches
Auskünfte: Dominik Burger, E-Mail: [email protected], Tel. +41 26 676 63 00
* Prof. Dr. Jörg Auer und PD Dr. Anton Fürst, Vetsuisse-Fakultät Universität Zürich, PD Dr. Vinzenz Gerber, Vetsuisse-Fakultät Universität Bern, Dr. Stefan Rieder, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft Zollikofen, und Prof. Dr. Rico Thun, Chefredaktor Schweizer Archiv für Tierheilkunde
entsprechender Qualität als Zusammenfassungen in ei-
nem Sonderheft des «Schweizer Archivs für Tierheilkun-
de» als Tagungsunterlage (Proceedings) veröffentlicht
(Nationalgestüt 2006, 2007, 2008, 2009). Die besten Ar-
beiten der Nachwuchsforschenden werden im Rahmen
der Veranstaltung prämiert (Preise durch wissenschaftli-
che Kommission, Zucht- und Sportpreis durch Personen
diesbezüglicher Verbände). Zudem werden alle Aktivi-
täten und Beiträge sowie weitere Infos und Interviews
über die Homepage www.netzwerkpferdeforschung.ch
dem breiten Publikum zugänglich gemacht (Nationalge-
stüt 2010).
Um in diesem Rahmen einen attraktiven Wissens-
transfer zu gewährleisten, wurden für das nicht-wissen-
schaftliche respektive das nicht-fachspezialisierte Publi-
kum parallel stattfindende Workshops (2006 / 2007) und
Diskussionsrunden (2008) sowie eine Plenarsession
(2009) mit auf Transparenz und Verständlichkeit ausge-
richteten Beiträgen zu ausgewählten Themen durchge-
führt; neben bereits bearbeiteten Gebieten wie Ge-
sundheit, Training oder Selektion wurden dabei auch
prospektiv Herausforderungen wie Tierschutz und Ethik
in Sport und Zucht ins Tagungsprogramm aufgenom-
men. Zudem wird im Rahmen der zweisprachigen Ver-
anstaltung seit zwei Jahren eine Simultanübersetzung
angeboten. Das bewährte Konzept von 2009 wird 2010
wieder übernommen.
Diese Jahrestagungen dienen nicht nur dem erfolgrei-
chen Wissensaustausch und -transfer, sondern auch einer
proaktiven Ermittlung der Probleme und Bedürfnisse der
Pferdebranche. Wie an verschiedenen anderen Veranstal-
tungen des Gestüts wird zu diesem Zweck seit 2007 ein
speziell konzipierter Fragebogen aufgelegt. Derselbe Fra-
gebogen wurde 2008 / 2009 auch an alle 32 Schweizer
Pferdezucht- und Sportorganisationen versandt.
Die finanziellen Mittel zur Durchführung der Veran-
staltung werden alljährlich durch Stakeholder aus Indus-
trie, Versicherungen und Verbänden zur Verfügung ge-
stellt. Diese werden auf der Homepage, im Werbemate-
rial wie auch an der Tagungsausstellung zur Geltung
gebracht.
Beteiligte Institutionen
An den fünf Jahrestagungen zur Pferdeforschung nah-
men nicht weniger als 119 verschiedene Forschergrup-
pen teil, davon 52 aus öffentlichen Institutionen und
Stiftungen und 18 aus privaten (Abb. 1). 49 Partner
stammten aus dem Ausland, davon acht aus den USA.
Auffallend ist dabei eine Dominanz von veterinärmedi-
zinischen Institutionen. Die Erstautoren verteilen sich
vor allem auf die beiden Vetsuisse-Fakultäten Bern (68)
und Zürich (35), aber auch das Nationalgestüt (22) und
die Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft
Zollikofen (13). Die hohe Anzahl von 41 Koautoren-
schaften zeigt die vom Nationalgestüt betriebene
Netzwerk-Arbeit auf. Weiter lässt sich ein breites Spek-
trum von anderen interessierten Institutionen feststel-
len, jedoch auch eine noch weit gehende Absenz von
humanwissenschaftlichen Partnern. Bei der Interpreta-
tion dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, dass nicht alle
Beiträge einen äquivalenten wissenschaftlichen Gehalt
aufweisen.
Teilnehmende an der Jahrestagung
Seit der ersten Durchführung der Jahrestagung ist die
Teilnehmerzahl kontinuierlich gestiegen. Der bisherige
Fünf Jahre Netzwerk Pferdeforschung Schweiz | Kurzbericht
163Agrarforschung Schweiz 1 (4): 162–165, 2010
Abb. 1 | Beteiligte Forschungsgruppen an den Jahrestagungen Netzwerk Pferdeforschung Schweiz von 2006 – 2010 mit Anzahl publizierter Abstracts (Erst- und Koautorenschaften) in Proceedings im Schweizer Archiv für Tierheilkunde.
AndereETH Zürich (4)Schweizerische Hochschulefür Landwirtschaft, Zollikofen (23)
Schweizerisches Nationalgestüt SNG, Avenches (63)
Vetsuisse-Fakultät Universität Zürich (55)
Vetsuisse-FakultätUniversität Bern (132)
2010 von den total 32 eingereichten Beiträgen nur noch
zehn auf rein veterinärmedizinische Themen. Nicht we-
niger als elf sind der Zucht, der Reproduktion und der
Genetik zuzuordnen. Je vier der Leistung und dem Ver-
halten sowie drei der Fütterung.
Probleme und Bedürfnisse der Pferdebranche
Die Evaluation der Fragebogen seit 2007 enthält
die Antworten von bisher insgesamt 245 Personen, wo-
von sich 111 als aktive Züchter und 188 als Reiter und
Fahrer ausgaben, davon 28 respektive 17 Verbandsver-
treter. Für die Züchterschaft ergeben sich «Fruchtbar-
keit», «Selektion» und «Genetik» als vordringlichste
Forschungs themen, für die Reiter und Fahrer «Krankhei-
ten», «Wohl befinden» und «Fütterung».
In Zusammenarbeit mit dem «Observatoire Filière
Cheval» wurden in diesem Rahmen auch komplexe Pro-
blemkreise der Pferdebranche wie Ethik, Umsetzung
Tierschutzgesetzgebung, Wissenstransfer sowie Pferd
um Umwelt identifiziert und thematisiert.
Diese Ergebnisse und Beobachtungen stimmen mit
der bisher in Europa einzigen den Autoren bekannten
Studie des Comité d’orientation scientifique et tech-
nique (COST) der französischen Nationalgestüte (Duche-
min und Bernard 2007) weitgehend überein und ent-
sprechen einem allgemein grösseren Bedürfnis nach
konkreten Problemlösungen, aber auch nach inter- und
transdisziplinärer Beratung und Kenntnissen.
Zukünftige Zielsetzungen
Neben der Beibehaltung der Jahrestagung ist geplant,
eine noch intensivere und kontinuierlichere Zusammen-
arbeit der an der Forschung beteiligten Institutionen
164 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 162–165, 2010
Kurzbericht | Fünf Jahre Netzwerk Pferdeforschung Schweiz
Maximalwert von 245 Personen wurde 2009 erreicht.
Dies macht die Jahrestagung zur grössten in der Schweiz
periodisch durchgeführten wissenschaftlichen Veran-
staltung rund ums Pferd. Der stetige Zuwachs ist auf die
vermehrte Beteiligung von Vertretern der Pferdebran-
che und der Industrie zurückzuführen. Die Anzahl For-
schender und praktizierender TierärztInnen blieb kons-
tant (Abb. 2). Im Jahre 2009 nahmen nicht weniger als 53
führende Repräsentanten von Zucht- und Sportorgani-
sationen teil. Im Weiteren ist eine deutliche Zunahme
von interessierten Vertretern von Forschungsinstitutio-
nen aus dem benachbarten Ausland festzustellen.
Wissenschaftliche Themen
Über viele Jahre hinweg befasste sich die Schweizer
Pferdeforschung fast ausschliesslich mit veterinärmedi-
zinischen Themen. In der Studie von Clément und Basse-
coulard (2004) zu den Publikationen der Jahre
1998 – 2002 finden sich im internationalen Ranking der
Forschungsinstitutionen die Veterinärmedizinische Fa-
kultät der Universität Zürich an 37. respektive die Uni-
versität Bern an 42. Stelle. Bei der Analyse der Themen
der an den Jahrestagungen des Netzwerks vorgestell-
ten wissenschaftlichen Arbeiten findet sich seit Beginn
der Durchführung eine Dominanz von tierärztlichen Bei-
trägen (Prävention, innere Medizin und Bewegungsap-
parat), gefolgt von Genetik sowie Wohlbefinden und
Verhalten (Abb. 3). Auffallend ist hierbei über die Jahre
hinweg und insbesondere 2010 der Anstieg von nicht
ausschliesslich veterinärmedizinischen Beiträgen, was
auf die angestrebte zunehmende Interdisziplinarität
der Schweizer Pferdeforschung im Interesse der Pferde-
branche hindeutet. So entfallen bei der Austragung
Abb. 2 | Anzahl Teilnehmende an den Jahrestagungen Netzwerk Pferdeforschung Schweiz von 2006–2009 nach Funktion.
Forschende
Pferdehalter und Vertreter Verbände
Praktizierende TierärztInnen
Studierende und Doktorierende
Industrie und Sponsoren
Presse
Organisation und Nationalgestüt
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
2009 2008 2007 2006
Anzahl Teilnehmer
anzustreben. Dies soll mittels einer periodischen Kom-
munikation und Kollaboration von geplanten bezie-
hungsweise aktuellen Projekten über einen elektroni-
schen Newsletter erfolgen. All das, wie auch eine in die-
sem Rahmen verstärkte Zusammenarbeit mit Medien,
Verbänden und Veranstaltern, soll weitere Synergien
und eine bessere Koordination unter Einbezug der Bran-
che ermöglichen, aber auch weitere neue Netzwerke
(z. B. genomische Forschung) und finanzielle Ressourcen
schaffen. Somit kann auch den Bedürfnissen der For-
schenden noch besser Rechnung getragen werden.
Im Weiteren wird derzeit in Zusammenarbeit mit der
Horse Commission der EAAP und interessierten For-
schungsgruppierungen aus dem Ausland ein europäi-
sches Netzwerk aufgebaut. Synergien und neue Mög-
lichkeiten werden hierbei auch von den Aktivitäten der
neu gegründeten European State Stud Association
(ESSA) zur Mitbeteiligung an der Forschung und am Wis-
senstransfer erwartet.
Schlussfolgerungen
Der Erfolg der Jahrestagungen des Netzwerks Pferde-
forschung, insbesondere auch bei den Konsumenten
der Forschung, zeigt die Notwendigkeit eines transdis-
ziplinären Ansatzes auf. Dank transparenter und ver-
ständlicher Kommunikation wird nicht nur Wissen,
sondern auch Vertrauen geschaffen. Dank der damit
möglichen Definition der Probleme sowie der Bran-
chenbedürfnisse an die Forschung resultieren praxiso-
rientierte, anwendbare und schnell umsetzbare For-
schungsergebnisse. Umgekehrt kann die Forschung
selbst dank national und international sowie interdiszi-
plinär vernetzter Denk- und Handelsweise von neuen
Synergien und Kollaborationen wie auch von der Mobi-
lisierung von neuen Drittmitteln profitieren. Das sind
Grundsteine für das Erreichen der Ziele der Schweizer
Landwirtschaft in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und
Wohlbefinden des Pferdes. n
Fünf Jahre Netzwerk Pferdeforschung Schweiz | Kurzbericht
165Agrarforschung Schweiz 1 (4): 162–165, 2010
Abb. 3 | Beiträge an den Jahrestagungen Netzwerk Pferdeforschung Schweiz von 2006–2010 nach Thematik.
25
20
15
10
5
0
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2006
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Arch
äolo
gie
Dive
rse
2007 2008 2009 2010
Literaturb Clément F. & Bassecoulard C., 2004. La recherche équine en France
et dans le monde au travers d’une analyse bibliométrique. INRA Prod. Anim. 17 (1), 69-76.
b Duchemin M.H. & Bernard A., 2007. Evaluation quantitative des besoins en matière de recherche équine. Rapport d’étude COST Haras nationaux France, Paris.
b Nationalgestüt, 2006. 1. Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung. Schweizer Archiv für Tierheilkunde 148 (4), 199 – 213.
b Nationalgestüt, 2007. 2. Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung. Schweizer Archiv für Tierheilkunde 149 (4), 173 – 187.
b Nationalgestüt, 2008. 3. Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung. Schweizer Archiv für Tierheilkunde 150 (4), 181 – 193.
b Nationalgestüt, 2009. 4. Jahrestagung Netzwerk Pferdeforschung. Schweizer Archiv für Tierheilkunde 151 (4), 177 – 287.
b Nationalgestüt, 2010. Netzwerk Pferdeforschung Schweiz. Zugang: http://www.netzwerkpferdeforschung.ch [18. Februar 2010].
Hans Ramseier: Es begann mit einem Unfall
Hans Ramseier war 21 Jahre alt, als er mit dem Auto
schwer verunglückte. Im Paraplegikerzentrum bereitete
er sich auf ein Leben im Rollstuhl vor, bis seine Wirbelver-
letzung entgegen den ersten Diagnosen doch noch ope-
riert werden konnte. Bald konnte er wieder gehen, aber
eine Behinderung blieb zurück. Was nun? – Der Bauern-
sohn aus dem Emmental stand kurz vor dem Abschluss
seiner Bauernlehre. Ein anderer Beruf hatte nie zur Dis-
kussion gestanden. Die Landwirtschaft war sein Leben,
das er nun neu planen musste. So fand er den Weg ans
Landwirtschaftliche Technikum in Zollikofen, wo er sich
zum Agroingenieur HTL ausbildete. Das Technikum heisst
heute «Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft
SHL», Hans Ramseier ist hier Dozent und die Landwirt-
schaft ist sein Leben.
Besondere Kulturpflanzen als Steckenpferd
«Ich bin schon über 20 Jahre an der SHL, ich bin ein Sessel-
kleber», schmunzelt Hans Ramseier über sich selbst. Das
Gegenteil ist wahr, denn er hat an der SHL bereits unge-
zählte Funktionen wahrgenommen und ist immer für
Neues zu haben. Ramseier ist Dozent für Pflanzenschutz
und ökologischen Ausgleich. Diese Themenfelder sieht er
nicht als Gegensatz sondern als logische Kombination,
«denn die Landwirtschaft soll qualitativ hochstehende
Nahrungsmittel produzieren und gleichzeitig die Ökolo-
gie einbeziehen». Sein Ansatz ist der integrierte Anbau,
aber die Faszination für den konsequent auf die Vermark-
tung ausgerichteten Biolandbau ist deutlich spürbar. Ne-
ben dem Unterricht ist Hans Ramseier – wie an Fachhoch-
schulen üblich – auch in der Forschung tätig. Die grösse-
ren Projekte widmen sich dem ressourcenschonenden
Ackerbau. Zurzeit laufen zum Beispiel vielversprechende
Versuche mit Weissklee-Einsaaten zur Unkrautunterdrü-
ckung. Der Klee soll aber auch den Boden schützen und
dank der Stickstoffbindung mithelfen, Energie zu sparen.
Denn die Herstellung künstlicher Stickstoffdünger ist ex-
trem energieaufwändig. Ramseier denkt ganzheitlich.
Mit Leidenschaft engagiert er sich für die Biodiversität
und besondere Kulturpflanzen, er experimentiert zum
Beispiel mit russischen Rispenhirsen oder Brau-Gerste zur
Herstellung lokaler Biersorten.
Mentor und Motivator
Der Praxisbezug ist ganz wichtig für Hans Ramseier: «Zwi-
schendurch muss ich die Erde riechen!» Kein Wunder be-
treut der verhinderte Bauer auch die kleinen Versuchs-
parzellen vor dem Campus in Zollikofen – oft eigenhän-
dig. Ramseier kommt morgens so früh an die SHL, als
müsste er in den Stall. Seine Begeisterung ist zum Glück
sehr ansteckend; er ist es nämlich, der die jungen Men-
schen begleitet, welche vor dem Studium ein Landwirt-
schaftspraktikum absolvieren. Dutzenden hilft er jedes
Jahr bei der Suche eines geeigneten Betriebs und ist mit
persönlicher Beratung zur Stelle, wenn es einmal nicht
rund läuft. «Hans» ist für sie die erste Bezugsperson an
der SHL und bleibt für viele ein geschätzter Mentor und
Motivator, manchmal weit über die Studienzeit hinaus.
Hans Ramseier gibt der SHL ein sympathisches Gesicht, für
sie war sein Unfall ein Glücksfall.
Urs Wehrli, Informationsbeauftragter, Schweizerische Hochschule
für Landwirtschaft SHL, 3052 Zollikofen
166 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 166, 2010
Hans Ramseier (Foto: Reto Baula, SHL)
P o r t r ä t
UNO-Jahr der Biodiversität 2010
Hans Ramseier gehört zu den Initianten des Wett-
bewerbs «Biodiversität in der Landwirtschaft».
Prämiert werden Ideen zur Förderung der Vielfalt
(Arten, Genetik, Lebensräume).
Eingabefrist 15.6.2010. Info: www.agrigate.ch
Aktuell
167Agrarforschung Schweiz 1 (4): 167–171, 2010
Fachtagung vom 6. Mai 2010Landwirtschaftliche und veterinär-medizinische Tier ernährungsforschung im Verbund
Die diesjährige
Fachtagung zur
Tierernährung ist
dem Zusammen-
spiel von Agrar-
wissenschaften
und Veterinär-
medizin auf dem
Gebiet der Tier-
ernährung ge-
widmet. Sie wird zum ersten Mal gemeinsam von der
Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, der
Vetsuisse Fakultät Universität Zürich, der Vetsuisse Fa-
kultät Universität Bern und der ETH Zürich durchgeführt.
Nachdem die Leiter der beteiligten Forschungsinstitu-
tionen die Besonderheiten und Ziele ihrer Forschung und
ihrer Forschungsprogramme vorgestellt haben, werden
anhand aktueller Beispiele die Schnittstellen zwischen
landwirtschaftlicher und veterinärmedizinischer Tierer-
nährungsforschung näher beleuchtet.
Eine sehr reichhaltige Posterausstellung, mit aktuel-
len Arbeiten der Beteiligten Organisationen und weiterer
Forschungs- und Bildungsinstitutionen, erwartet die Teil-
nehmerinnen und Teilnehmer nach dem Mittagessen.
Zum Abschluss wird Dr. Alfred Buess, Präsident des
Landwirtschaftlichen Forschungsrats, einen Bogen über
die aktuelle Schweizerische Nutztierforschung spannen.
Programm:
Das detaillierte Programm, sowie alle Anmeldungs-
unterlagen finden sie auf der Homepage von ALP
www.agroscope.ch, sowie unter derjenigen des
Instituts für Nutztierwissenschaften der ETH-Zürich
www.an.ipas.ethz.ch
A k t u e l l
US-Forscher basteln Hühnerfleisch aus Soja Eine Huhn-Imitation aus Soja, die dem Original sehr na-
hekommen soll, haben Forscher der University of Mis-
souri präsentiert. Dank einer speziellen Verarbeitungs-
technik sei es ihnen gelungen, eine Hühnerbrust aus
Sojamehl herzustellen. Ziel der Forscher war es, neben
Hühnergeschmack und -farbe auch den Aufbau und die
Bissqualität des Hühnerfleischs zu imitieren. Die Vorteile
der Erfindung für den Konsumenten seien gesundheitli-
cher Natur. Soja enthalte wichtige Nahrungsbestandtei-
le, die das Cholesterol senkten, die Knochen stärkten
oder Prostata- und Brusttumoren vorbeugen könnten.
Soja sei ausserdem eine gute Quelle für essentielle Fett-
säuren. Einer Vermarktung des Erzeugnisses stehe nur
noch die Feinabstimmung des Schmacks im Weg.
Agra-Europe 7 / 10. 15. Februar 2010
Sojagetränke sind kein Ersatz für Milch Sojagetränke sind kein vollwertiger Ersatz für Milch. Da-
rauf hat der parlamentarische Staatssekretär vom deut-
schen Bundeslandwirtschaftsministerium hingewiesen.
In der EU dürften Sojagetränke auch nicht als «Soja-
milch» verkauft werden. Bei der Bezeichnung Milch
müsse es sich immer um ein tierisches Lebensmittel han-
deln. Auch wenn Sojamilch so aussehe und verwendet
werden könne wie Milch, bleibe sie ein pflanzliches Le-
bensmittel.
Agra-Europe 7 / 10, 15. Februar 2010
Forschungsprojekt zur Entschlüsselung des Schaf-Erbgutes Die Entschlüsselung der DNA-Sequenz im Genom von
Schafen ist das Ziel eines Forschungsvorhabens, das Wis-
senschaftler des Leibniz-Institutes für Nutztierbiologie
(FBN) in Dummerstorf zusammen mit Kollegen aus Aust-
ralien, Neuseeland, Grossbritannien und den USA durch-
führen. Institutsangaben zufolge wird von der vollstän-
digen Sequenzierung und Aufklärung der Genstruktur
ein tieferes Verständnis der Biologie und Evolution von
Wiederkäuern erwartet. Die Ergebnisse bildeten nicht
nur die Basis, um das Schafgenom im Detail zu verstehen,
sondern stellten auch einen Ansatzpunkt dar, um neue
Strategien für die Zucht aufzuzeigen. So könnten zum
Beispiel umweltangepasste Schafe entwickelt werden,
die mit den lokalen Gegebenheiten einer Region opti-
mal auskämen und sehr gute Erträge lieferten.
Agra-Europe 7 / 10, 15. Februar 2010
Tierernährung ist sowohl für die Agrarwissenschaft wie für die Tierme-dizin ein wichtiges Forschungsthema.
Aktuell
168 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 167–171, 2010
«Offene Türen» in Changins vom 18. bis 20. Juni 2010
Die Forschungsanstalt
Changins wird vom
Freitag, 18. Juni bis
Sonntag, 20. Juni 2010
zum Thema «Die Ernäh-
rung von morgen: Eine
Herausforderung für
die Forschung von heu-
te» dem Publikum seine
Türen öffnen. Den Be-
suchern werden dabei
beim Durchlaufen von
sechs Stationen die He-
rausforderungen der
Ernährung von morgen
veranschaulicht.
Station 1: Eine unversehrte Umwelt
Agroscope Changins-Wädenswil ACW und ihre Partner
(CIPEL, Sol-Conseil oder die SKEW) fördern eine umwelt-
gerechte Nahrungsmittelproduktion. An dieser ersten
Station entdecken die Besucher
• diverse alternative Methoden, die zur Unkrauts-,
Krankheits- und Schädlingsbekämpfung
eingesetzt werden;
• verschiedene Aktionen zur Erhaltung der Wasser-
qualität, der Vielfalt an Wildpflanzen in unserem
ländlichen Raum sowie der Bodenfruchtbarkeit.
Station 2: Die Pflanze in ihrem Lebensraum
Hier wird anhand der wichtigsten im Ackerbau, im Obst-
bau und in der Kultur von Medizinalpflanzen eingesetz-
ten Arten gezeigt, wie wichtig die Vielfalt und die Zertifi-
kation im Schweizer Produktionsumfeld ist. Die Arbeiten
zum Erhalt der genetischen Ressourcen werden dabei mit
vielen Abbildungen veranschaulicht. Die Aktionen im
Rahmen dieser Themen oder in nachgelagerten Berei-
chen werden von unseren Partnern DSP, Swisssem, dem
SGPV und Sol-Conseil vorgezeigt. Der Einfluss des Klimas,
des Standortes oder der Düngung wird ebenfalls erklärt.
Station 3: Ernährungssicherheit
Wie kann in der Schweiz die Versorgung an gesunden
Nahrungsmitteln gesichert werden? Diese Station stellt
einige Untersuchungen vor, die zu den wichtigsten Fut-
termittel- und Ackerbaupflanzen durchgeführt wurden.
Sie beleuchtet diverse Aspekte im Zusammenhang mit
der mikrobiologischen Produktesicherheit und dem für
die Entstehung von Giftstoffen auf den Getreide- und
Maiskörnern verantwortlichen Pilzbefall. Das For-
schungsprogramm ProfiCrops zur Förderung der Wett-
bewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft sowie der
ADCF werden ebenfalls vorgestellt.
Station 4: Erlebnisse, Spiele und Wettbewerbe
Verschiedene Aktivitäten sind zur Unterhaltung von
Gross und Klein vorgesehen. Eine spielerische Einfüh-
rung in die Landwirtschaft und ihre Erzeugnisse, ein Er-
lebnispfad, wo Geschmacks-, Geruchs- und Tastsinn so-
wie das Sehen gefordert sind, zusammen mit anderen
spannenden Vorführungen, werden den Besuchern jeg-
lichen Alters die Bedeutung und die Schönheit unserer
Landwirtschaft näherbringen. Eine Minitraktorfahrt,
Ballone-Steigenlassen und andere Spiele stehen eben-
falls auf dem Programm. Jedes Kind wird als Gast hohen
Ranges empfangen.
Station 5: Qualität, Freude und Gesundheit
Schmackhafte und qualitativ hochstehende Nahrungs-
mittel tragen zur Gesundheit und zur Freude am Essen
bei. Die ACW-Forschung wird hier durch verschiedenste
Produktedegustationen veranschaulicht – Brot, Wein,
Destillate, Früchte, Kartoffeln, Ribelmais und Öl – wel-
che die geschmackliche Vielfalt nach Produktionsme-
thode, Standort oder Sorte bezeugen. Agridea, die
SKEK, die Hochschule Changins, Equiterre, Swisspatat
und der Schweizerische Obstverband sind ebenfalls an
dieser Station vertreten.
169Agrarforschung Schweiz 1 (4): 167–171, 2010
Aktuell
N e u e P u b l i k a t i o n e n
Lärm und Vibrationen beim Melken Auswirkungen auf Tier und Mensch
ART-Bericht 720Sanierungsmassnahmen zur Reduktion von Lärm und Vi-
brationen in Melkanlagen führen zu einer Verbesserung
der Eutergesundheit beziehungsweise einer Absenkung
des somatischen Zellgehalts der Milch (FAT-Berichte
Nr. 625). In der «Richtlinie zur Installation von Melkanla-
gen» wird daher empfohlen, Grenzwerte von 70 dB(A)
Lärm und 0,3 m / s2 Vibrationen (Branchenstandard An-
hang 3, Abs. 7) nicht zu überschreiten. Über die Auswir-
kungen von Lärm und Vibrationen auf das Wohlbefin-
den von Kuh und melkender Person ist jedoch bislang
wenig bekannt. In der vorliegenden Untersuchung wur-
de daher anhand geeigneter ethologischer und physio-
logischer Parameter das Ausmass der Belastung auf das
Tier erfasst. Die Untersuchung der Auswirkungen auf
die Melker erfolgte mittels Befragungen.
Sowohl Lärm von 80 dB(A) und Vibrationen von
0,5 m/s2 an Kotblechen und Melkstandgerüst als auch
die Kombination aus beiden führten zu einem veränder-
ten Tierverhalten und einer erhöhten Herzfrequenz. Al-
lerdings waren die beobachteten Unterschiede während
Versuchsvarianten mit erhöhter Lärm- und Vibrationsin-
tensität im Vergleich zur Kontrollvariante (70 dB(A),
0 m/s2) in ihrer absoluten Grösse so gering, dass nicht auf
eine Einschränkung des Wohlbefindens der Tiere ge-
schlossen werden kann. Befragungen der Melker in Tä-
nikon ergaben, dass die Vibrationen von 0,5 m/s2 nicht
wahrgenommen wurden. Eine Lärmintensität von 80
dB(A) empfanden sie hingegen als sehr unangenehm
und stellten zudem negative Auswirkungen auf die Qua-
lität ihrer Arbeit fest.
Maren Kauke, Pascal Savary,
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART
Station 6. Ethik und Ernährung
Verschiedene Forschungsbereiche zur Verbesserung der
Produktion werden hier vorgestellt: Verfahren zum Spa-
ren von Irrigationswasser oder zur Futtermittelproduk-
tion unter trockenen Bedingungen, Strategien zur Auf-
wertung der Berg- und Randzonen. Auch wird der Stel-
lenwert einer regionalen, biologischen und saisonge-
rechten Produktion aufgezeigt. Die Besucher werden
hier Antworten auf Fragen zur Schweizer Produktion
von Agro-Treibstoffen, zur Rolle von ACW im Bereich der
GVO und zum Beitrag von Mediplant an der weltweiten
Bekämpfung der Malaria finden.
Referate
Prof. Marcel Mazoyer, Agronom und Wirtschaftswissen-
schafter, Dozent für vergleichende Landwirtschaftskun-
de und -entwicklung am INRA Paris-Grignon, wird ein
Referat unter dem Titel Die Ernährung von morgen,
eine Herausforderung für heute halten.
Aline Clerc, Kultur- und Umweltingenieurin EPFL, verant-
wortlich für die Bereiche Landwirtschaft, Umwelt und
Energie bei der Fédération romande des consommateurs
(FRC), wird über das Thema Saison- und Regionalproduk-
te – Bedeutung der Labelproduktion referieren.
Wissenschaftliche Cafés
Wissenschaftliche Diskussionsrunden werden laufend
während der Tage der offenen Tür organisiert. Das The-
ma wird während 15 Minuten vorgestellt, darauf folgt
eine 15-minütige Diskussion. Diese interaktiven Kurzre-
ferate fördern das Knüpfen von engen Kontakten zwi-
schen Forschern und Publikum.
170 Agrarforschung Schweiz 1 (4): 167–171, 2010
Aktuell
19.03.2010 / ART Vor lauter Bäumen die Berge nicht mehr sehenDer landwirtschaftliche Strukturwandel macht der Landschaft im Berggebiet zu schaffen. Bäume und Büsche überwachsen nicht mehr genutzte Wiesen und Weiden, während auf zu intensiv be-wirtschafteten Flächen die biologische Vielfalt leidet. Nun sucht die Forschung nach Auswegen.
13.03.2010 / SNG Tagung des Netzwerks Pferdeforschung Schweiz: Pferde und Reiter unter der LupeAm 30. April 2010 findet in Avenches unter der Verantwortung des Schweizerischen Nationalge-stüts SNG die 5. Tagung des Netzwerks Pferdfor-schung Schweiz statt. Es werden unter anderem die neusten wissenschaftlichen Resultate zu Leis-tung, Krankheiten und Prävention, Zucht und Ge-netik und zum Verhalten des Pferdes präsentiert.
11.03.2010 / ACW In-vitro-Kultur erweckt alte Schweizer Kartoffelsorten zum Leben17 alte Kartoffelsorten konnten 2009 wieder auf den Schweizer Markt gebracht werden. Sie wur-
den wegen der Anfälligkeit für verschiedene Krankheitserreger nicht mehr angebaut. Nun ha-ben Fachleute der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW diese alten Sorten sa-niert und vermehrt – mittels In-vitro-Kultur, denn ACW ist eine Pionierin im Bereich Pflanzenbio-technologie.
25.02.2010 / ACW Das Klima stresst die RebeUmwelt-Faktoren beeinflussen das Gedeihen von Reben, eine Hauptrolle spielen dabei Wasser- und Temperatureinflüsse. Experten der Forschungsan-stalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW befas-sen sich daher mit der Wasserreserve im Boden, der Verteilung der Niederschläge und dem Ein-fluss des Klimawandels. Diese Umwelt-Faktoren sind weitgehend für den Stress der Rebe verant-wortlich. Dadurch häufen sich physiologische Stö-rungen, welche im Verdacht stehen, die Qualität der Trauben und Weine zu beeinflussen.
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
171Agrarforschung Schweiz 1 (4): 167–171, 2010
V e r a n s t a l t u n g e n
April 2010
22.4.20105. BioforschungstagungAgroscope Liebefeld-Posieux ALPPosieux
22.4.2010Zustand der Biodiversität in der SchweizAgroscope Reckenholz-Tänikon ARTReckenholz, Zürich
30.4.20105. Jahrestagung Netzwerkpferdeforschung SchweizSchweizerisches Nationalgestüt SNGAvenches
Mai 2010
05. – 06.05.201010. Tagung – Landtechnik im AlpenraumAgroscope Reckenholz-Tänikon ART, Feldkrich, Österreich
06.05.2010Landwirtschaftliche und veterinärmedizinische Tierernährungsforschung im VerbundALP, ETHZ, Vetsuisse-Fakultäten Universitäten Zürich und Bern ETH ZürichInformationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen und www.an.ipas.ethz.ch
Juni 2010
03.06. – 05.06.2010IGN-Tagung 2010: Internationale Gesellschaft für NutztierhaltungAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, Ettenhausen
06.06.2010Breitenhoftagung 2010, Treffpunkt der SteinobstbrancheAgroscope Changins-Wädenswil ACWWädenswil
16.06. – 17.06.2010Tänikoner AgrartechniktageAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, Ettenhausen
18.06. – 20.06.2010Tage der offenen Tür 2010Agroscope Changins-Wädenswil ACWChangins, Nyon
Aktuell
N e u e I n t e r n e t l i n k s
Interessante Links zu Pflanzenschutzmitteln
Pflanzenschutzmittelverzeichnis Schweiz
http://www.blw.admin.ch/psm/produkte/ index.html?lang=deIm Pflanzenschutzmittelverzeichnis Schweiz kann so-
wohl nach Produkt, Wirkstoff, Schaderreger wie nach
Anwendungsgebiet gesucht werden. So lassen sich alle
Informationen zu einem Pflanzenschutzmittel für eine
bestimmte Kultur in der Schweiz finden.
EU Pesticide Database
http://ec.europa.eu/sanco_pesticides/public/ index.cfmIn der europäischen Datenbank kann nach Pestizid, Pro-
dukt und dem aktiven Wirkstoff gesucht werden.
Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzen-
schutzmitteln (Pflanzenschutzmittelverordnung, PSMV)
vom 18. Mai 2005
http://www.admin.ch/ch/d/as/2005/3035.pdf
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Mai 2010 / Heft 5
• Auswirkungen der Düngung auf einen
Borstgrasrasen, R. Tenz et al. ART
• Der Verlust von Arten wirkt sich negativ
auf die Futterprodution aus, A. Stampfli
und M. Zeiter SHL und Universität Bern
• Produktion von Weidebeef auf Kunstwiesen:
Bedeutung des Rohrschwingels, E. Mosimann
et al. ACW und SHL
• Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, M. Lips ART
• Liste der empfohlenen Winterrapssorten
für die Ernte 2011
Artenreiche Wiesen werden sowohl durch Düngung wie durch Bewirtschaftung in ihrer Artenvielfalt und -zusammen-setzung beeinflusst. (Foto: Gabriela Brändle, ART)
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