helmut kohl wird heute 80 - rolfsteininger.at

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HELMUT KOHL WIRD HEUTE 80 INNSBRUCK. Am 6. Dezember 1989 schickte der britische Bot- schafter in Bonn eine für die da- malige Situation erstaunlich weitsichtige Analyse an das Fo- reign Office nach London: „Kohl spielt das Spiel seines Lebens, mit hohem Risiko. Wenn er es richtig spielt, wird er die Bundes- tagswahl im nächsten Jahr ge- winnen und dann kann er als Kanzler der Einheit in die Ge- schichte eingehen.“ Botschafter Mallabys Che- fin, Margaret Thatcher, sah das anders. Sie war eine erbitterte Gegne- rin einer Wiederverei- nigung, Helmut Kohl für sie ein Nationa- list, der vergessen zu haben schien, „dass die Teilung Deutsch- lands die Folge eines Krieges ist, den Deutschland ange- fangen hat“, wie sie Frankreichs Staats- präsident François Mitterrand vertrau- lich mitteilte. Der spielte ein Doppel- spiel. Scheinbar ein Freund Helmut Kohls, tatsächlich auch er ein er- bitterter Gegner einer Wieder- vereinigung. Für Kremlchef Gor- batschow stand noch Anfang De- zember 1989 das Urteil der Ge- schichte fest: zwei deutsche Staa- ten. Und sein Außenminister Schewardnadse meinte zum Zehn-Punkte-Plan Kohls: „Selbst Hitler hat sich so etwas nicht ge- leistet“. Herausragend in der deutschen Geschichte GEBURTSTAG: Helmut Kohl war der richtige Mann zur richtigen Zeit – Verdienste wie Einheit Deutschlands oder der Euro sind unbestritten Der vielzitierte Zehn-Punkte- Plan – eine Art Fahrplan für die Wiedervereinigung erreichte den amerikanischen Präsidenten George Bush „zeitgleich“ mit der Verkündung durch Kohl im Bun- destag am 28. November. Das war kein Übermittlungsfehler, wie man bis heute vielfach lesen kann, sondern Absicht: Bush sollte keine Gelegenheit haben, etwas gegen den Plan sagen zu können. In den 329 Tagen vom Mauerfall am 9. No- vember 1989 bis zur Einheit am 3. Oktober 1990 war der am 3. April 1930 in Ludwigshafen geborene Helmut Kohl die überra- gende Figur. Er beseitigte die Wider- stände gegen die Wieder- vereinigung in London, Paris und Moskau abgesichert durch die Unter- stützung der USA mit Präsident Bush an der Spitze. Selbst ein erklärter Gegner Kohls wie der langjähri- ge Gene- ralsekretär der CDU, Heiner Geißler, billigt in der Rückschau zu: „Und jetzt begegnen wir ei- nem Helmut Kohl, der mit einer sagenhaften Präsenz und auch mit einer politischen Weisheit ausgestattet ist, eine historische Schwellensituation meistert, der die Krise nicht hochkommen lässt, sondern der sich jetzt auf seine größte Zeit zubewegt. Es ist schon bewegend zu sehen, dass ein Politiker, dem einst bei sei- nem Antritt so wenig zugetraut wurde, jetzt in eine Form kommt und mit politischer Klugheit zu handeln vermag, die man wirk- lich nicht oft findet.“ Für Kritiker war Schmidts Abwahl Betriebsunfall Für Kohls Kritiker waren der Sturz Helmut Schmidts und Hel- mut Kohls Wahl zum Bundes- kanzler am 1. Oktober 1982 eher ein Versehen, ein Betriebsunfall gewesen. Viele glaubten an ein kurzes Intermezzo und hofften auf ein Scheitern Kohls. Sie un- terstellten dem CDU-Mann Un- vermögen und Defizite auf fast allen politischen Feldern. Kohl gehört zu den am meisten unter- schätzten Politikern der Bonner Republik. Die Kritiker machten sich lustig über die „Birne“ aus der Pfalz und stellten ihn als „tumben Tor“ dar. Dabei hätte ein Blick auf seine Karriere bis zur Wahl zum Kanzler gereicht: Kohl war von Anfang an ein ziel- strebiger Politiker, der, wo immer er antrat, an die Spitze wollte. Und dies auch schaffte. Und zwar worauf er mit Stolz immer wieder ver- weist – durch demokrati- sche Wahlen. Immer war er überall der Jüngste: 1959 als Landtagsabge- ordneter in Mainz, 1963 als Fraktionschef, 1966 als CDU-Landesvorsit- zender, 1969 als Minis- terpräsident von Rhein- land-Pfalz, 1982 als Bun- deskanzler. Helmut Kohl besaß ein Gespür für Menschen und die Fä- higkeit, andere Bega- bungen zu entdecken und nutzbar zu machen. Als CDU-Landesvorsit- zender saß er seit 1966 im CDU-Bundesvor- stand. Seine Wortmel- dungen sind Legende und sorgten ständig für Aufregung. Aus seiner Sicht befand sich die Bundespartei in misera- blem Zustand, nicht ge- eignet für eine moderne VON ROLF STEININGER . . ................................................. Industriegesellschaft. Nach sei- ner Wahl zum Bundesparteivor- sitzenden 1973 strukturierte er die CDU zur modernen Partei um. Phänomenale Belastbarkeit Kohls Stärke während seiner 16-jährigen Regierungszeit als Kanzler war sein ungebrochenes Verhältnis zu sich selbst, sein Vertrauen in die eigene Person; seine Schwäche bestand in sei- ner Unfähigkeit, jemanden gleichberechtigt neben sich zu tolerieren. Er nutzte die Fertig- keiten anderer, vermittelte ihnen Vertrauen, auch Geborgenheit. Aber wehe, wenn sie nicht auf seiner Schiene liefen, dann konnte er unerbittlich nachtra- gend sein. Viele Menschen hiel- ten ihn für zuverlässig und ver- trauenswürdig, für einen der Ih- ren. Bürgern diente er als Identi- fikationsfigur. Phänomenal war seine Belastbarkeit, seine Rege- nerationsfähigkeit nach strapa- ziösen Stunden, Tagen und Wo- chen. Kohl ruhte in sich selbst. Er hielt viel von persönlichen Bezie- hungen – auch und gerade im politischen Leben. Das galt für die amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan – eine Freund- schaft, die 1980 in Bonn bei Brat- kartoffeln und Spiegelei begann –, für George Bush und Bill Clin- ton, für Gorbatschow und Jeltzin – und Mitterrand. Nach 16 Jahren Kanzlerschaft kam auch ein Stück Überheblichkeit hinzu: Bei der Wahlniederlage 1998 hatte sich der Machtmensch ver- schätzt. Dann seine dunkle Seite: Als bekannt wurde, dass er für die Partei nicht deklarierte Spen- den angenommen hatte und sich – bis heute – weigert, die Namen der Spender zu nennen, begann eine öffentliche Exekution, die mit zum Selbstmord seiner Frau beitrug. Seinem Ansehen scha- deten auch angeblich ver- schwundene Akten und gelösch- te Dateien im Kanzleramt. Diese Vorwürfe waren nachweislich falsch. Seit 2008 im Rollstuhl Seinen achtzigsten Geburtstag am heutigen 3. April muss der Altkanzler im Rollstuhl feiern – Folge eines schweren Sturzes im Jänner 2008. Auch wenn ihm mancher seiner Kritiker auch heute noch Größe nicht zubilli- gen mag: Die Verdienste des Pfäl- zers stehen bei allen Fehlern, die auch er gemacht hat, außer Zwei- fel: Er setzte den NATO-Doppel- beschluss durch, erreichte die deutsche Einheit und förderte die Einigung Europas mit der Einführung des Euro. Einen her- ausragenden Platz in der deut- schen Geschichte wird ihm nie- mand streitig machen können – egal, wie man zu ihm steht, und egal, wie lange noch das vereinte Deutschland mit den Folgen der Vereinigung zu kämpfen hat. Erleben, wie er war BOZEN (mtz). Bei Persönlich- keiten wie Helmut Kohl kann man allein über Einzelaspekte ihres Lebens ganze Bibliothe- ken abfassen. Oft verliert sich dabei der abrundende Blick aufs Ganze. Der Historiker Rolf Steininger und der Schriftstel- ler Heribert Schwan legen nun mit „Helmut Kohl. Virtuose der Macht“ ein Werk vor, das die großen Zusammenhänge nachzeichnet. Der Leser er- fährt, wie ein Regionalpolitiker aus der Pfalz zum international anerkannten Staatsmann auf- steigt, der den Kalten Krieg ge- wonnen, Deutschland geeint, Europa vorausgedacht und so buchstäblich Geschichte ge- macht hat. Dabei wählen die Autoren eine Darstellung, die die akademische Wissenschaft- lichkeit überwindet und sich dem breiteren Publikum er- schließt: Sie erzählen Kohls Ge- schichte. Und damit einen gu- ten Teil der Geschichte Deutschlands im ausgehenden 20. Jahrhundert. Geschichte soll Verbreitung finden, weswe- gen die Autoren auch auf an- strengende Fußnoten oder ei- nen komplizierten Apparat gleich ganz verzichten. Wer sich nicht erinnert oder zu jung ist, um diesen Teil der Ge- schichte selbst erlebt zu haben, kann dieses Buch zur Hand nehmen. Und Kohl erleben, wie er war: ein Virtuose der Macht, der richtige Mann zur rechten Zeit. H. Schwan, R. Steininger, Helmut Kohl. Virtuose der Macht, 2010 Patmos Verlag ISBN-13: 978-3-538-07272-5 BUCHBESPRECHUNG - Sa/So/Mo, 3./4./5. April 2010 Menschen in der Zeit 5 „Einen herausragenden Platz in der deutschen Geschichte wird ihm niemand streitig machen können – egal, wie man zu ihm steht, und egal, wie lange noch das vereinte Deutschland mit den Folgen der Vereinigung zu kämpfen hat.“ Univ-Doz. Prof. Rolf Steininger, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck 1. Oktober 1982: Der abgewählte Bundeskanzler Helmut Schmidt gratu- liert im Bundestag in Bonn seinem Nachfolger Helmut Kohl. Helmut Kohl bei der Öffnung des Brandenburger Tores am 22. Dezember 1989. Wenige Wochen zuvor war die Mauer gefallen. „D“ Geschichte lebendig erleben: Helmut Kohl traf 1999 auf der SVP-Landes- versammlung in Meran auf Silvius Magnago. Erika Gamper Monument der Geschichte: Deutschlands „Kanzler der Einheit“ Helmut Kohl.

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HELMUT KOHL WIRD HEUTE 80

INNSBRUCK. Am 6. Dezember1989 schickte der britische Bot-schafter in Bonn eine für die da-malige Situation erstaunlichweitsichtige Analyse an das Fo-reign Office nach London: „Kohlspielt das Spiel seines Lebens,mit hohem Risiko. Wenn er esrichtig spielt, wird er die Bundes-tagswahl im nächsten Jahr ge-winnen und dann kann er alsKanzler der Einheit in die Ge-schichte eingehen.“Botschafter Mallabys Che-fin, Margaret Thatcher,sah das anders. Sie wareine erbitterte Gegne-rin einer Wiederverei-nigung, Helmut Kohlfür sie ein Nationa-list, der vergessen zuhaben schien, „dassdie Teilung Deutsch-lands die Folge einesKrieges ist, denDeutschland ange-fangen hat“, wie sieFrankreichs Staats-präsident FrançoisMitterrand vertrau-lich mitteilte. Derspielte ein Doppel-spiel. Scheinbar einFreund Helmut

Kohls, tatsächlich auch er ein er-bitterter Gegner einer Wieder-vereinigung. Für Kremlchef Gor-batschow stand noch Anfang De-zember 1989 das Urteil der Ge-schichte fest: zwei deutsche Staa-ten. Und sein AußenministerSchewardnadse meinte zumZehn-Punkte-Plan Kohls: „SelbstHitler hat sich so etwas nicht ge-leistet“.

Herausragend in der deutschen GeschichteGEBURTSTAG: Helmut Kohl war der richtige Mann zur richtigen Zeit – Verdienste wie Einheit Deutschlands oder der Euro sind unbestritten

Der vielzitierte Zehn-Punkte-Plan – eine Art Fahrplan für dieWiedervereinigung – erreichteden amerikanischen PräsidentenGeorge Bush „zeitgleich“ mit derVerkündung durch Kohl im Bun-destag am 28. November. Daswar kein Übermittlungsfehler,wie man bis heute vielfach lesenkann, sondern Absicht: Bushsollte keine Gelegenheit haben,etwas gegen den Plan sagen zu

können.In den 329 Tagen vomMauerfall am 9. No-

vember 1989 biszur Einheit am 3.

Oktober 1990war der am 3.April 1930 inLudwigshafengeboreneHelmut Kohldie überra-gende Figur.Er beseitigtedie Wider-stände gegendie Wieder-

vereinigung inLondon, Paris

und Moskau –abgesichert

durch die Unter-stützung der USAmit Präsident Bushan der Spitze.Selbst ein erklärterGegner Kohls wie

der langjähri-ge Gene-

ralsekretär der CDU, HeinerGeißler, billigt in der Rückschauzu: „Und jetzt begegnen wir ei-nem Helmut Kohl, der mit einersagenhaften Präsenz und auchmit einer politischen Weisheitausgestattet ist, eine historischeSchwellensituation meistert, derdie Krise nicht hochkommenlässt, sondern der sich jetzt aufseine größte Zeit zubewegt. Es istschon bewegend zu sehen, dassein Politiker, dem einst bei sei-nem Antritt so wenig zugetrautwurde, jetzt in eine Form kommtund mit politischer Klugheit zuhandeln vermag, die man wirk-lich nicht oft findet.“

Für Kritiker war SchmidtsAbwahl Betriebsunfall

Für Kohls Kritiker waren derSturz Helmut Schmidts und Hel-mut Kohls Wahl zum Bundes-kanzler am 1. Oktober 1982 eherein Versehen, ein Betriebsunfallgewesen. Viele glaubten an einkurzes Intermezzo und hofftenauf ein Scheitern Kohls. Sie un-terstellten dem CDU-Mann Un-vermögen und Defizite auf fastallen politischen Feldern. Kohlgehört zu den am meisten unter-schätzten Politikern der BonnerRepublik. Die Kritiker machtensich lustig über die „Birne“ ausder Pfalz und stellten ihn als„tumben Tor“ dar. Dabei hätteein Blick auf seine Karriere biszur Wahl zum Kanzler gereicht:Kohl war von Anfang an ein ziel-strebiger Politiker, der, wo immerer antrat, an die Spitze wollte.

Und dies auch schaffte. Undzwar – worauf er mitStolz immer wieder ver-weist – durch demokrati-sche Wahlen. Immer warer überall der Jüngste:1959 als Landtagsabge-ordneter in Mainz, 1963als Fraktionschef, 1966als CDU-Landesvorsit-zender, 1969 als Minis-terpräsident von Rhein-land-Pfalz, 1982 als Bun-deskanzler. Helmut Kohlbesaß ein Gespür fürMenschen und die Fä-higkeit, andere Bega-bungen zu entdeckenund nutzbar zu machen.Als CDU-Landesvorsit-zender saß er seit 1966im CDU-Bundesvor-stand. Seine Wortmel-dungen sind Legendeund sorgten ständig fürAufregung. Aus seinerSicht befand sich dieBundespartei in misera-blem Zustand, nicht ge-eignet für eine moderne

VON ROLF STEININGER. .................................................. Industriegesellschaft. Nach sei-ner Wahl zum Bundesparteivor-sitzenden 1973 strukturierte erdie CDU zur modernen Parteium.

Phänomenale Belastbarkeit

Kohls Stärke während seiner16-jährigen Regierungszeit alsKanzler war sein ungebrochenesVerhältnis zu sich selbst, seinVertrauen in die eigene Person;seine Schwäche bestand in sei-ner Unfähigkeit, jemandengleichberechtigt neben sich zutolerieren. Er nutzte die Fertig-keiten anderer, vermittelte ihnenVertrauen, auch Geborgenheit.Aber wehe, wenn sie nicht aufseiner Schiene liefen, dannkonnte er unerbittlich nachtra-gend sein. Viele Menschen hiel-ten ihn für zuverlässig und ver-trauenswürdig, für einen der Ih-ren. Bürgern diente er als Identi-fikationsfigur. Phänomenal warseine Belastbarkeit, seine Rege-nerationsfähigkeit nach strapa-ziösen Stunden, Tagen und Wo-chen. Kohl ruhte in sich selbst. Erhielt viel von persönlichen Bezie-hungen – auch und gerade impolitischen Leben. Das galt fürdie amerikanischen PräsidentenRonald Reagan – eine Freund-schaft, die 1980 in Bonn bei Brat-kartoffeln und Spiegelei begann–, für George Bush und Bill Clin-ton, für Gorbatschow und Jeltzin– und Mitterrand. Nach 16 JahrenKanzlerschaft kam auch ein

Stück Überheblichkeit hinzu: Beider Wahlniederlage 1998 hattesich der Machtmensch ver-schätzt. Dann seine dunkle Seite:Als bekannt wurde, dass er fürdie Partei nicht deklarierte Spen-den angenommen hatte und sich– bis heute – weigert, die Namender Spender zu nennen, beganneine öffentliche Exekution, diemit zum Selbstmord seiner Fraubeitrug. Seinem Ansehen scha-deten auch angeblich ver-schwundene Akten und gelösch-te Dateien im Kanzleramt. DieseVorwürfe waren nachweislichfalsch.

Seit 2008 im Rollstuhl

Seinen achtzigsten Geburtstagam heutigen 3. April muss derAltkanzler im Rollstuhl feiern –Folge eines schweren Sturzes imJänner 2008. Auch wenn ihmmancher seiner Kritiker auchheute noch Größe nicht zubilli-gen mag: Die Verdienste des Pfäl-zers stehen bei allen Fehlern, dieauch er gemacht hat, außer Zwei-fel: Er setzte den NATO-Doppel-beschluss durch, erreichte diedeutsche Einheit und fördertedie Einigung Europas mit derEinführung des Euro. Einen her-ausragenden Platz in der deut-schen Geschichte wird ihm nie-mand streitig machen können –egal, wie man zu ihm steht, undegal, wie lange noch das vereinteDeutschland mit den Folgen derVereinigung zu kämpfen hat.

Erleben, wie er warBOZEN (mtz). Bei Persönlich-keiten wie Helmut Kohl kannman allein über Einzelaspekteihres Lebens ganze Bibliothe-ken abfassen. Oft verliert sichdabei der abrundende Blickaufs Ganze. Der Historiker RolfSteininger und der Schriftstel-ler Heribert Schwan legen nunmit „Helmut Kohl. Virtuose derMacht“ ein Werk vor, das diegroßen Zusammenhängenachzeichnet. Der Leser er-fährt, wie ein Regionalpolitikeraus der Pfalz zum internationalanerkannten Staatsmann auf-steigt, der den Kalten Krieg ge-wonnen, Deutschland geeint,Europa vorausgedacht und sobuchstäblich Geschichte ge-macht hat. Dabei wählen dieAutoren eine Darstellung, diedie akademische Wissenschaft-lichkeit überwindet und sich

dem breiteren Publikum er-schließt: Sie erzählen Kohls Ge-schichte. Und damit einen gu-ten Teil der GeschichteDeutschlands im ausgehenden20. Jahrhundert. Geschichtesoll Verbreitung finden, weswe-gen die Autoren auch auf an-strengende Fußnoten oder ei-nen komplizierten Apparatgleich ganz verzichten. Wersich nicht erinnert oder zu jungist, um diesen Teil der Ge-schichte selbst erlebt zu haben,kann dieses Buch zur Handnehmen. Und Kohl erleben,wie er war: ein Virtuose derMacht, der richtige Mann zurrechten Zeit.

# H. Schwan, R. Steininger,Helmut Kohl. Virtuose der Macht,2010 Patmos VerlagISBN-13: 978-3-538-07272-5

BUCHBESPRECHUNG

- Sa/So/Mo, 3./4./5. April 2010 Menschen in der Zeit 5

„Einen herausragenden Platz in der deutschen Geschichte wirdihm niemand streitig machen können – egal, wie man zu ihm steht, und egal, wie lange nochdas vereinte Deutschland mit den Folgen der Vereinigung zu kämpfen hat.“

Univ-Doz. Prof. Rolf Steininger,Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck

1. Oktober 1982: Der abgewählte Bundeskanzler Helmut Schmidt gratu-liert im Bundestag in Bonn seinem Nachfolger Helmut Kohl.

Helmut Kohl bei der Öffnung des Brandenburger Tores am 22. Dezember1989. Wenige Wochen zuvor war die Mauer gefallen. „D“

Geschichte lebendig erleben: Helmut Kohl traf 1999 auf der SVP-Landes-versammlung in Meran auf Silvius Magnago. Erika Gamper

Monument der Geschichte: Deutschlands „Kanzler der Einheit“ Helmut Kohl.