hurts kelvin jones - le bureau export berlin€¦ · jean-michel jarre electronica 1: the time...

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selektor HURTS SURRENDER Four Music/Sony DudeHunk-Pop mit Synthies und noch ein paar „Ohs!" wegen der Charts. Vor fünf Jahren hegten einige Menschen durchaus den Gedanken, Theo Hutch- craft und Adam Anderson könnten der Popmusik etwas Erbauliches hinzufü- gen. Sie waren durch deren Debüt-Sma- sher „Wonderful Life" wohl kurzzeitig benebelt. Und erinnern sich heute mit einem Gruseln daran. Denn Hurts sind inzwischen längst anerkannt als Dudel- funk-Interpreten, die sich, grundiert im Synthesizer-Pop und allgemein in der Hitparadenmusik der Achtziger, im Prinzip mit allem bespielen lassen, was ihnen von Produzenten einprogram- miert wird. Ihr aktueller Beraterstab mit Langzeit-Partner Jonas Quant, Stuart Price (Madonna, The Killers) und Ariel Rechtshaid (Haim, Vampire Weekend) hat sich auf ihrem dritten Album nun für eine leicht Dance-lasterige Version des Grundsounds entschieden. Also kommen zu Theos Drama in der Stim- me und den auf- und abschwellenden Synthesizern noch ein paar Breaks mit akzentuierter Bassdrum zum Hände- in-die-Luft-Strecken - und dazu singt Hutchcraft mit Frauen im Chor wieder- holt „Oh-ooh!", weil man das aktuell so macht in den/für die Charts. Aber auch auf Hochzeitsmarsch-Tempo einge- bremste Kitschsocken und Discofoxler mit Rest-TÜV kriegen hier frische Pü- rierkost in die Löffel. Schmatz, schmatz! ** ••^••••••IM^^I^^ Oliver Götz ALL THINGS UNDER THE ICARUS LINE ALL THINGS UNDER HEAVEN Agitated/Cargo Die Leistungssportler des Postpunk legen auch Verschnaufpausen ein. Verzweifeltes Gekreische, das sich in Horrorfilm-Gejohle verwandelt. Mono- ton prügelnde, übersteuerte Gitarren. Eine hysterisch jammernde Orgel, die sich um den Lärm legt wie ein kratziger Mantel. Noch mehr Gebrülle. Es ist nicht einfach, festzustellen, ob The Icarus Line, wie sie behaupten, mit ALL THINGS UNDER HEAVEN tatsächlich ihr lautestes, extremstes Werk gelungen ist. Schließ- lich war das Quartett aus L. A. noch nie leise - außer in den seltenen, strategisch eingestreuten Verschnaufpausen, nach denen es umso heftiger abgeht. Würde Musik funktionieren wie Leistungs- sport, dann hätten The Icarus Line ei- nen Platz im Rock'n'Roll-Pantheon si- cher. So fragt man sich bisweilen, ob die emotionale Extrementäußerung, die [oe Cardamone auf Kosten seiner Stimm- bänder zu immer neuen Höhen treibt, nicht längst ausgereizt ist. Die schönsten Stücke auf diesem siebten Album sind denn auch die vergleichsweise ruhigen, wie das stimmungsvolle, sich langsam in Ekstase steigernde „ElSereno". *** ^_n^^_ Thomas Winkler JEAN-MICHEL JARRE ELECTRONICA 1: THE TIME MACHINE Der Superstar der elektronischen Musik kehrt mit alten und neuen Be- kannten in die Pop-Mitte zurück. Es ist eine Weile her, dass man den Ver- öffentlichungen dieses Mannes mit der Hoffnung auf ein tangierendes Ereignis entgegensah. Man muss da schon bis ins Jahr 1984 zurückgehen. Zu ZOOLOOK und ethnisch gefärbten Tracks, zu de- nen man eifrig tanzen konnte. Jetzt, über dreißig Jahre später, will Jean Michel Jarre wieder daran anknüpfen. Ganz offensichtlich ist das bei der Zusam- menarbeit mit Vince Clarke so. In der zweigeteilten Arbeit „Automatic" ge- leiten der Bass-Groove und kleine feine Klangdetails mit voller Kraft in einen ekstatischen Track, der in der 8os-Disco spielt. Eine andere Nuance kommt in „Rely On Me" durch die Mitwirkung von Laurie Anderson und ihrem Sprechge- sang zum Vorschein. „You can get ad- dicted to me, do not underestimate me", lässt sie wissen. Ein nicht zu unterschät- zender Teil dieses Albums hat auch mit Jarres Gründerzeiten und Altersgenos- sen zu tun. In „Zero Gravity" hört man die letzte Musik, die Edgar Froese aufge- nommen hat. Man ortet ihn schnell, den typischen, durch den Raum gleitenden Klang von Tangerine Dream. Und dann wäre da ein Herr namens Pete Towns- hend. Er kredenzt in „Travelator" etwas für ihn Artfremdes. Oder hat jemand ein Stück erwartet, das erst das Industrial- Areal berührt und dann auch noch fei- erlich endet? Mit M83, Little Boots, Fuck Buttons und Gesaffelstein sind auch neu- ere Vertreter der elektronischen Schule dabei, die ihre Sache gut machen. Jarre hat sie alle im Griff. Er betätigt sich in Gegenwart aller Gäste selbstbewusst in seiner Lieblingsrolle als Zeremonien- meister. Mit dem Erfolg, dass das Album besser ist, als man erwartet hat. ** * * i^HMü^ Thomas Weiland Fotoalbum S. 22 KELVIN JONES STOP THE MOMENT Tour Music/Sony (Vö: 16. 10. ) Arg braver Songwriter-Pop auf dem Debüt des Internet-Phänomens So angesagt muss man erst einmal sein: Kelvin Jones war zuerst Internet-Phäno- men, dann Freiwild der großen Platten- firmen, und hat jetzt sein Debütalbum in Berlin aufgenommen. So modern wie sein Weg zum Erfolg klingt STOP THE MOMENT allerdings nicht. Irgendwo zwischen Singer/Songwriter und Retro- Soul hat sich der Londoner seine Nische eingerichtet. In der weiß man solides Handwerk und erwartbare Melodiewen- dungen, leichtfüßige Akustikgitarren und schwerblütiges Klavier, melancholische Liebeslieder wie „As You WokeUp"und dramatische Piano-Balladen wie „Fol- low You Down" zu schätzen. Tatsächlich ist Call You Home", das ursprünglich den Hype im Netz auslöste, auch in besserer Produktion noch ein infektiöser Popsong. Von der Sorte gelingt Jones noch der ein oder andere, vor allem „Track 19" wirkt herrlich gedankenlos hingetupft. Aber an- dererseits gibt es auch Stücke wie „Good Together", bei denen nicht nur der Text mit Belanglosigkeit glänzt: „I think I'll always be in love with you. If you were honest maybe you'll be true." Wer so angesagt ist, muss wohl klingen wie ein Kompromiss. * * * * ^^HMM Thomas Winkler KAGOULE URTH Earache/ADA/Warne r Das Recht der Jugend ist es, Postpunk noch einmal aufzuführen, als wäre es das erste Mal. Jung zu sein, das währt nicht ewig. Die kurz bemessene Zeit muss man nutzen, also packen Kagoule in ihre Songs ein paar mehr Rhythmuswechsel als nötig, einen Sack voll Gitarrenriffs und eine verschwenderische Anzahl an Melodien. Natürlich erfindet das Trio aus Notting- ham den Postpunk auf seinem Debütal- bum URTH nicht vollkommen neu, aber mit Energie, einer gehörigen Portion Zorn und einem guten Gefühl für Span- nungsaufbau gelingt eine überraschend zeitgemäß wirkende Wiederauffüh- rung. Die hysterisch überschnappenden Gitarren, die innere Aufwühlung mar- kieren; der dazu im Kontrast stehende, abgeklärte Gesang, der von Alltagsfrust kündet; die Texte, in denen das ganz ge- wöhnliche Leben zwischen Beton und Perspektivlosigkelt beschworen wird: Das hat man ziemlich exakt so schon in den goern gehört von stilprägenden Bands wie Fugazi. Kagoule kannten die Legenden nicht, als sie anfingen, sind aber mittlerweile stolz, mit ihnen ver- glichen zu werden. Tatsächlich schafft es der Nachwuchs sogar, in Songs wie „G/wf"die rohe Gewalt mit extrem ein- gängigen Melodien zu versöhnen. Alt wird man schließlich von ganz allein. ** * » mm^—^—m Thomas Winkler LE BUTCHERETTES A RAW YOUTH Ipecac/[PIAS]/Rough Trade Garagenrock: Teri Gender Bender setzt die Tradition der Riot Grrrls fort. Teresa Suärez alias Teri Gender Bender ist ein Name, den man sich merken sollte: Seit neun Jahren und drei Al- ben aktiv, veröffentlicht die 26-jährige Mexikanerin auf dem Label von Mike Patton, tourt mit The Dead Weather, den Yeah Yeah Yeahs, Deftones und The Mars Volta. Ihr neues Werk enthält Gastauftritte von Iggy Pop nebst John Frusciante, wurde wieder einmal von Omar Rodriguez-Löpez produziert, und von Bewunderern wie Henry Rollins und Anthony Kiedis gelobt. Aus gutem Grund: Was als Konzeptalbum über po- litische Rebellen angekündigt ist, besitzt zwar ein hohes Maß an lyrischer Schär- fe und musikalischem Biss, setzt aber keineswegs nur auf Aggression. Gender Bender und ihre männlichen Mitstreiter an Bass und Schlagzeug beherrschen vielmehr dieselbe Kunst wie Riot-Grrrl- Bands der Marke Babes In Toyland oder L/ und kultivieren eine ausgeprägte melodische Seite. Neben ruppig-rauem Garagenrock wie „Shave The Pride" und wütendem Punkrock ä la „The Hitch Hiker" pendeln sie zwischen kantigen Popsongs mit Orgel („My Mallely"), 8os- New-Wave („Reason To Die Young"), Power-Pop („Stab My Back"), sowie ge- nussvoller Schwarzmalerei („Lonely & Drunk"). Miss Gender Bender erinnert vom Gesang her mal an Debbie Harry, Courtney Love, Johnette Napolitano und Exene Cervenka und sorgt für Eingängiges, das zudem extrem viel- seitig anmutet. Ein Eindruck, den ein unkonventionelles Duett mit Iggy Pop unterstreicht: Auf „La Uva" singen die beiden auf Spanisch gegen eine skurrile Kulisse aus verzerrten Beats und undefi- nierbaren Geräuschen an-während Ex- Chili-Pepper John Frusciante auf „My Half Hendrix-Riffs zu Industrial-Samp- les beisteuert. Bitte mehr davon! ***** •__^_ Marcel Anders me.89

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Page 1: HURTS KELVIN JONES - Le Bureau Export Berlin€¦ · JEAN-MICHEL JARRE ELECTRONICA 1: THE TIME MACHINE Der Superstar der elektronischen Musik kehr t mi alte n und neue Be-kannten

selektor

HURTSSURRENDER

Four Music/Sony

DudeHunk-Pop mit Synthies und nochein paar „Ohs!" wegen der Charts.Vor fünf Jahren hegten einige Menschendurchaus den Gedanken, Theo Hutch-craft und Adam Anderson könnten derPopmusik etwas Erbauliches hinzufü-gen. Sie waren durch deren Debüt-Sma-sher „Wonderful Life" wohl kurzzeitigbenebelt. Und erinnern sich heute miteinem Gruseln daran. Denn Hurts sindinzwischen längst anerkannt als Dudel-funk-Interpreten, die sich, grundiertim Synthesizer-Pop und allgemein inder Hitparadenmusik der Achtziger, imPrinzip mit allem bespielen lassen, wasihnen von Produzenten einprogram-miert wird. Ihr aktueller Beraterstab mitLangzeit-Partner Jonas Quant, StuartPrice (Madonna, The Killers) und ArielRechtshaid (Haim, Vampire Weekend)hat sich auf ihrem dritten Album nunfür eine leicht Dance-lasterige Versiondes Grundsounds entschieden. Alsokommen zu Theos Drama in der Stim-me und den auf- und abschwellendenSynthesizern noch ein paar Breaks mitakzentuierter Bassdrum zum Hände-in-die-Luft-Strecken - und dazu singtHutchcraft mit Frauen im Chor wieder-holt „Oh-ooh!", weil man das aktuell somacht in den/für die Charts. Aber auchauf Hochzeitsmarsch-Tempo einge-bremste Kitschsocken und Discofoxlermit Rest-TÜV kriegen hier frische Pü-rierkost in die Löffel. Schmatz, schmatz!** •• ••••••IM^ I ^ Oliver Götz

ALLTHINGSUNDER

THE ICARUS LINEALL THINGS UNDER HEAVEN

Agitated/Cargo

Die Leistungssportler des Postpunklegen auch Verschnaufpausen ein.Verzweifeltes Gekreische, das sich inHorrorfilm-Gejohle verwandelt. Mono-ton prügelnde, übersteuerte Gitarren.Eine hysterisch jammernde Orgel, diesich um den Lärm legt wie ein kratzigerMantel. Noch mehr Gebrülle. Es ist nichteinfach, festzustellen, ob The IcarusLine, wie sie behaupten, mit ALL THINGSUNDER HEAVEN tatsächlich ihr lautestes,extremstes Werk gelungen ist. Schließ-lich war das Quartett aus L. A. noch nieleise - außer in den seltenen, strategisch

eingestreuten Verschnaufpausen, nachdenen es umso heftiger abgeht. WürdeMusik funktionieren wie Leistungs-sport, dann hätten The Icarus Line ei-nen Platz im Rock'n'Roll-Pantheon si-cher. So fragt man sich bisweilen, ob dieemotionale Extrementäußerung, die [oeCardamone auf Kosten seiner Stimm-bänder zu immer neuen Höhen treibt,nicht längst ausgereizt ist. Die schönstenStücke auf diesem siebten Album sinddenn auch die vergleichsweise ruhigen,wie das stimmungsvolle, sich langsam inEkstase steigernde „ElSereno".*** _n^^_ Thomas Winkler

JEAN-MICHEL JARREELECTRONICA 1:

THE TIME MACHINE

Der Superstar der elektronischenMusik kehrt mit alten und neuen Be-kannten in die Pop-Mitte zurück.Es ist eine Weile her, dass man den Ver-öffentlichungen dieses Mannes mit derHoffnung auf ein tangierendes Ereignisentgegensah. Man muss da schon bis insJahr 1984 zurückgehen. Zu ZOOLOOKund ethnisch gefärbten Tracks, zu de-nen man eifrig tanzen konnte. Jetzt, überdreißig Jahre später, will Jean MichelJarre wieder daran anknüpfen. Ganzoffensichtlich ist das bei der Zusam-menarbeit mit Vince Clarke so. In derzweigeteilten Arbeit „Automatic" ge-leiten der Bass-Groove und kleine feineKlangdetails mit voller Kraft in einenekstatischen Track, der in der 8os-Discospielt. Eine andere Nuance kommt in„Rely On Me" durch die Mitwirkung vonLaurie Anderson und ihrem Sprechge-sang zum Vorschein. „You can get ad-dicted to me, do not underestimate me",lässt sie wissen. Ein nicht zu unterschät-zender Teil dieses Albums hat auch mitJarres Gründerzeiten und Altersgenos-sen zu tun. In „Zero Gravity" hört mandie letzte Musik, die Edgar Froese aufge-nommen hat. Man ortet ihn schnell, dentypischen, durch den Raum gleitendenKlang von Tangerine Dream. Und dannwäre da ein Herr namens Pete Towns-hend. Er kredenzt in „Travelator" etwasfür ihn Artfremdes. Oder hat jemand einStück erwartet, das erst das Industrial-Areal berührt und dann auch noch fei-erlich endet? Mit M83, Little Boots, FuckButtons und Gesaffelstein sind auch neu-ere Vertreter der elektronischen Schuledabei, die ihre Sache gut machen. Jarrehat sie alle im Griff. Er betätigt sich inGegenwart aller Gäste selbstbewusst inseiner Lieblingsrolle als Zeremonien-meister. Mit dem Erfolg, dass das Albumbesser ist, als man erwartet hat.* * * * i^HMü^ Thomas WeilandFotoalbum S. 22

KELVIN JONESSTOP THE MOMENT

Tour Music/Sony (Vö: 16. 10. )

Arg braver Songwriter-Pop auf demDebüt des Internet-PhänomensSo angesagt muss man erst einmal sein:Kelvin Jones war zuerst Internet-Phäno-men, dann Freiwild der großen Platten-firmen, und hat jetzt sein Debütalbumin Berlin aufgenommen. So modern wiesein Weg zum Erfolg klingt STOP THEMOMENT allerdings nicht. Irgendwozwischen Singer/Songwriter und Retro-Soul hat sich der Londoner seine Nischeeingerichtet. In der weiß man solidesHandwerk und erwartbare Melodiewen-dungen, leichtfüßige Akustikgitarren undschwerblütiges Klavier, melancholischeLiebeslieder wie „As You WokeUp"unddramatische Piano-Balladen wie „Fol-low You Down" zu schätzen. Tatsächlichist „ Call You Home", das ursprünglich denHype im Netz auslöste, auch in bessererProduktion noch ein infektiöser Popsong.Von der Sorte gelingt Jones noch der einoder andere, vor allem „Track 19" wirktherrlich gedankenlos hingetupft. Aber an-dererseits gibt es auch Stücke wie „GoodTogether", bei denen nicht nur der Text mitBelanglosigkeit glänzt: „I think I'll alwaysbe in love with you. If you were honestmaybe you'll be true." Wer so angesagt ist,muss wohl klingen wie ein Kompromiss.* * * * ^HMM Thomas Winkler

KAGOULEURTH

Earache/ADA/Warne r

Das Recht der Jugend ist es, Postpunknoch einmal aufzuführen, als wäre esdas erste Mal.Jung zu sein, das währt nicht ewig. Diekurz bemessene Zeit muss man nutzen,also packen Kagoule in ihre Songs einpaar mehr Rhythmuswechsel als nötig,einen Sack voll Gitarrenriffs und eineverschwenderische Anzahl an Melodien.Natürlich erfindet das Trio aus Notting-ham den Postpunk auf seinem Debütal-bum URTH nicht vollkommen neu, abermit Energie, einer gehörigen PortionZorn und einem guten Gefühl für Span-nungsaufbau gelingt eine überraschendzeitgemäß wirkende Wiederauffüh-rung. Die hysterisch überschnappendenGitarren, die innere Aufwühlung mar-kieren; der dazu im Kontrast stehende,

abgeklärte Gesang, der von Alltagsfrustkündet; die Texte, in denen das ganz ge-wöhnliche Leben zwischen Beton undPerspektivlosigkelt beschworen wird:Das hat man ziemlich exakt so schonin den goern gehört von stilprägendenBands wie Fugazi. Kagoule kannten dieLegenden nicht, als sie anfingen, sindaber mittlerweile stolz, mit ihnen ver-glichen zu werden. Tatsächlich schafftes der Nachwuchs sogar, in Songs wie„G/wf"die rohe Gewalt mit extrem ein-gängigen Melodien zu versöhnen. Altwird man schließlich von ganz allein.* * * » mm^—^—m Thomas Winkler

LE BUTCHERETTESA RAW YOUTH

Ipecac/[PIAS]/Rough Trade

Garagenrock: Teri Gender Bendersetzt die Tradition der Riot Grrrls fort.Teresa Suärez alias Teri Gender Benderist ein Name, den man sich merkensollte: Seit neun Jahren und drei Al-ben aktiv, veröffentlicht die 26-jährigeMexikanerin auf dem Label von MikePatton, tourt mit The Dead Weather,den Yeah Yeah Yeahs, Deftones undThe Mars Volta. Ihr neues Werk enthältGastauftritte von Iggy Pop nebst JohnFrusciante, wurde wieder einmal vonOmar Rodriguez-Löpez produziert, undvon Bewunderern wie Henry Rollinsund Anthony Kiedis gelobt. Aus gutemGrund: Was als Konzeptalbum über po-litische Rebellen angekündigt ist, besitztzwar ein hohes Maß an lyrischer Schär-fe und musikalischem Biss, setzt aberkeineswegs nur auf Aggression. GenderBender und ihre männlichen Mitstreiteran Bass und Schlagzeug beherrschenvielmehr dieselbe Kunst wie Riot-Grrrl-Bands der Marke Babes In Toyland oderL/ und kultivieren eine ausgeprägtemelodische Seite. Neben ruppig-rauemGaragenrock wie „Shave The Pride" undwütendem Punkrock ä la „The HitchHiker" pendeln sie zwischen kantigenPopsongs mit Orgel („My Mallely"), 8os-New-Wave („Reason To Die Young"),Power-Pop („Stab My Back"), sowie ge-nussvoller Schwarzmalerei („Lonely &Drunk"). Miss Gender Bender erinnertvom Gesang her mal an Debbie Harry,Courtney Love, Johnette Napolitanound Exene Cervenka und sorgt fürEingängiges, das zudem extrem viel-seitig anmutet. Ein Eindruck, den einunkonventionelles Duett mit Iggy Popunterstreicht: Auf „La Uva" singen diebeiden auf Spanisch gegen eine skurrileKulisse aus verzerrten Beats und undefi-nierbaren Geräuschen an-während Ex-Chili-Pepper John Frusciante auf „MyHalf Hendrix-Riffs zu Industrial-Samp-les beisteuert. Bitte mehr davon!***** •__^_ Marcel Anders

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