innovationsförderung im öffentlichen umfeld durch public private partnerships

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Immer ha ¨ufiger zielt die o ¨ ffentliche Hand auf die Verwendung einer Public Private Partnership (PPP), um schwierige Innova- tionen zu realisieren. Ein wichtiger Grund ist hierbei, dass in der Privatwirtschaft Ex- pertenwissen in anspruchsvollen Technik- feldern vermutet wird, das in den Beho ¨ rden fehlt. Des Weiteren will man durch besser aufeinander abgestimmtes Vorgehen die Nachhaltigkeit von Innovationen steigern. Welche Folgen hat dies fu ¨ r die Wirtschafts- informatik sowie die entsprechenden Aus- bildungsga ¨nge? Wir gehen diesen Fragen am Beispiel der Satellitennavigation nach. Mit Galileo etabliert die Europa ¨ische Union bis 2011 ein eigenes satelliten- gestu ¨ tztes globales Ortungssystem nach dem Vorbild der etablierten, milita ¨rischen Global Positioning System (GPS) und GLONASS. Nach dem erfolgreichen Start des ersten Testsatelliten Giove-A im De- zember 2005 forciert die EU nun die Inno- vationsfo ¨rderung im Rahmen einer PPP. Die GPS-basierte Positionsbestimmung ist heute ein Standardanwendungsfall, etwa mittels eines Navigationsgera ¨ts im Auto- mobil. Grundlage des Systems sind rund 24 geostationa ¨r in Umlaufbahnen platzierte Satelliten, die an jeder Stelle der Erde die Ortsberechnung mit Hilfe eines Empfangs- gera ¨ts erlauben, also sowohl die Breiten- und La ¨ngenpositionierung auf der Erd- oberfla ¨che als auch die Ho ¨ henlage des Ob- jekts. Der Satellitennavigation kommt die Rolle einer enabling technology zu, die viele neue Anwendungsfelder und damit in- novatives Gescha ¨ft verspricht, z. B. im Be- reich der autonomen Navigation von Fahr- zeugen, zur Abrechnung von Streckenmaut oder bei der șberwachung von Versi- cherungspolicen welche Straßen mit wel- chen Gefahrenmomenten und damit unter- schiedlichen Versicherungspreisen wurden fu ¨ r eine Fahrt verwendet? Mit GPS haben wir Westeuropa ¨ er das in- dustriepolitische Problem, dass es sich nicht nur um ein rein amerikanisches, sondern zudem um ein milita ¨risch kontrolliertes System handelt. Die Betreiber sind nicht willens oder in der Lage, substanzielle Ser- vice Level Agreements zu kontrahieren, und damit fehlt ein wichtiges Element auf dem Weg zu einer nachhaltigen Nutzung dieses Systems als Infrastruktur fu ¨r Ge- scha ¨ftsta ¨tigkeiten. Hinzu kommt, dass das GPS inzwischen bereits eine Menge von Betriebsjahren aufweist und trotz laufender Wartung, u. a. durch das Ersetzen a ¨lterer Satelliten, an Zuverla ¨ssigkeits- und Genau- igkeitsgrenzen sto ¨ ßt. Bei den kriegerischen Konflikten im Irak zeigt sich zudem, wie leicht GPS mit einfachen Sto ¨ rsendern zu manipulieren ist. Allerdings ist umgekehrt auch darauf hinzuweisen, dass die Nut- zung der GPS-Signale (zumindest derzeit) kostenlos ist. Neben der autonomen, pra ¨ziseren und ausfallsichereren Satellitenortung hat die EU als zweites Ziel im Umfeld von Galileo den Technologietransfer in die europa ¨ische Wirtschaft ins Auge gefasst: Der Markt fu ¨r Anwendungen auf Basis einer derartigen Positionierung wa ¨chst schnell und mit ihm der Markt fu ¨ r Geoinformatik und Geo- informationen. Umsa ¨tze werden z. B. ge- neriert durch Chiplizenzen fu ¨ r Galileo- Empfa ¨nger sowie durch Produktion und Vertrieb von Hardware, Navigationsalgo- rithmen, digitalen Kartendaten und neu- artigen Geo-Dienstleistungen. Die Verbes- serung von Ortung und Systemverfu ¨ gbar- keit passt des Weiteren sehr gut in europa ¨ische und nationale Strategien zur Steigerung respektive Erhaltung von Mobi- lita ¨t. Neben der Vermeidung von Transpor- ten, etwa aufgrund verbesserter Koordi- nation und des Ausbaus z. B. von Video- conferencing, um Personentransporte zu reduzieren, zielen diese Vorhaben auf eine optimale Vernetzung der verschiedenen Verkehrstra ¨ger sowie Ressourcen schonen- dere und schadstoffa ¨rmere Transporte von Menschen und Produkten. Gerade der deutschsprachige Raum steht hier im wahrsten Sinne des Wortes „im Zentrum“ Europas: So rechnet man in Deutschland aufgrund der Osto ¨ ffnung der Europa ¨i- schen Union und vor dem Hintergrund der allgemeinen Steigerung der Transport- bedu ¨rfnisse mit einer Verdoppelung des LKW-Aufkommens auf den Autobahnen in den kommenden fu ¨ nf Jahren bei einer heute schon vielfach u ¨ berlasteten und in diesem Zeitraum eher stagnierenden, allen- falls ganz punktuell ausgebauten Infra- struktur. Mit Blick auf diese Herausforderungen hatte die Europa ¨ische Union in Koopera- tion mit der European Space Agency (ESA) nach langen Jahren der Diskussion 2001 beschlossen, bis zum Jahr 2011 fu ¨r mehr als 3 Mrd. Euro Investitionssumme WIRTSCHAFTSINFORMATIK 49 (2007) 2, S. 77 79 Die Autoren Wolfgang Ko ¨nig Lothar Fritsch Prof. Dr. Wolfgang Ko ¨nig Universita ¨t Frankfurt Institut fu ¨r Wirtschaftsinformatik Mertonstraße 17 60054 Frankfurt am Main [email protected] Dipl.-Inf. Lothar Fritsch Universita ¨t Frankfurt Institut fu ¨r Wirtschaftsinformatik Professur fu ¨r Betriebswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftsinformatik, Mehrseitige Sicherheit und M-Commerce Gra ¨fstr. 78 60486 Frankfurt am Main [email protected] Innovationsfærderung im æffentlichen Umfeld durch Public Private Partnerships Das Beispiel der Satellitennavigation WI – Editorial

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Page 1: Innovationsförderung im öffentlichen Umfeld durch Public Private Partnerships

Immer haufiger zielt die offentliche Handauf die Verwendung einer Public PrivatePartnership (PPP), um schwierige Innova-tionen zu realisieren. Ein wichtiger Grundist hierbei, dass in der Privatwirtschaft Ex-pertenwissen in anspruchsvollen Technik-feldern vermutet wird, das in den Behordenfehlt. Des Weiteren will man durch besseraufeinander abgestimmtes Vorgehen dieNachhaltigkeit von Innovationen steigern.Welche Folgen hat dies fur die Wirtschafts-informatik sowie die entsprechenden Aus-bildungsgange? Wir gehen diesen Fragenam Beispiel der Satellitennavigation nach.Mit Galileo etabliert die Europaische

Union bis 2011 ein eigenes satelliten-gestutztes globales Ortungssystem nachdem Vorbild der etablierten, militarischenGlobal Positioning System (GPS) undGLONASS. Nach dem erfolgreichen Start

des ersten Testsatelliten Giove-A im De-zember 2005 forciert die EU nun die Inno-vationsforderung im Rahmen einer PPP.Die GPS-basierte Positionsbestimmung

ist heute ein Standardanwendungsfall, etwamittels eines Navigationsgerats im Auto-mobil. Grundlage des Systems sind rund24 geostationar in Umlaufbahnen platzierteSatelliten, die an jeder Stelle der Erde dieOrtsberechnung mit Hilfe eines Empfangs-gerats erlauben, also sowohl die Breiten-und Langenpositionierung auf der Erd-oberflache als auch die Hohenlage des Ob-jekts. Der Satellitennavigation kommt dieRolle einer enabling technology zu, die vieleneue Anwendungsfelder und damit in-novatives Geschaft verspricht, z. B. im Be-reich der autonomen Navigation von Fahr-zeugen, zur Abrechnung von Streckenmautoder bei der �berwachung von Versi-cherungspolicen – welche Straßen mit wel-chen Gefahrenmomenten und damit unter-schiedlichen Versicherungspreisen wurdenfur eine Fahrt verwendet?Mit GPS haben wir Westeuropaer das in-

dustriepolitische Problem, dass es sich nichtnur um ein rein amerikanisches, sondernzudem um ein militarisch kontrolliertesSystem handelt. Die Betreiber sind nichtwillens oder in der Lage, substanzielle Ser-vice Level Agreements zu kontrahieren,und damit fehlt ein wichtiges Element aufdem Weg zu einer nachhaltigen Nutzungdieses Systems als Infrastruktur fur Ge-schaftstatigkeiten. Hinzu kommt, dass dasGPS inzwischen bereits eine Menge vonBetriebsjahren aufweist und trotz laufenderWartung, u. a. durch das Ersetzen altererSatelliten, an Zuverlassigkeits- und Genau-igkeitsgrenzen stoßt. Bei den kriegerischenKonflikten im Irak zeigt sich zudem, wieleicht GPS mit einfachen Storsendern zumanipulieren ist. Allerdings ist umgekehrtauch darauf hinzuweisen, dass die Nut-zung der GPS-Signale (zumindest derzeit)kostenlos ist.

Neben der autonomen, praziseren undausfallsichereren Satellitenortung hat dieEU als zweites Ziel im Umfeld von Galileoden Technologietransfer in die europaischeWirtschaft ins Auge gefasst: Der Markt furAnwendungen auf Basis einer derartigenPositionierung wachst schnell und mit ihmder Markt fur Geoinformatik und Geo-informationen. Umsatze werden z. B. ge-neriert durch Chiplizenzen fur Galileo-Empfanger sowie durch Produktion undVertrieb von Hardware, Navigationsalgo-rithmen, digitalen Kartendaten und neu-artigen Geo-Dienstleistungen. Die Verbes-serung von Ortung und Systemverfugbar-keit passt des Weiteren sehr gut ineuropaische und nationale Strategien zurSteigerung respektive Erhaltung von Mobi-litat. Neben der Vermeidung von Transpor-ten, etwa aufgrund verbesserter Koordi-nation und des Ausbaus z. B. von Video-conferencing, um Personentransporte zureduzieren, zielen diese Vorhaben auf eineoptimale Vernetzung der verschiedenenVerkehrstrager sowie Ressourcen schonen-dere und schadstoffarmere Transporte vonMenschen und Produkten. Gerade derdeutschsprachige Raum steht hier imwahrsten Sinne des Wortes „im Zentrum“Europas: So rechnet man in Deutschlandaufgrund der Ostoffnung der Europai-schen Union und vor dem Hintergrundder allgemeinen Steigerung der Transport-bedurfnisse mit einer Verdoppelung desLKW-Aufkommens auf den Autobahnenin den kommenden funf Jahren – bei einerheute schon vielfach uberlasteten und indiesem Zeitraum eher stagnierenden, allen-falls ganz punktuell ausgebauten Infra-struktur.Mit Blick auf diese Herausforderungen

hatte die Europaische Union in Koopera-tion mit der European Space Agency(ESA) nach langen Jahren der Diskussion2001 beschlossen, bis zum Jahr 2011 furmehr als 3 Mrd. Euro Investitionssumme

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 49 (2007) 2, S. 77–79

Die Autoren

Wolfgang KonigLothar Fritsch

Prof. Dr. Wolfgang KonigUniversitat FrankfurtInstitut fur WirtschaftsinformatikMertonstraße 1760054 Frankfurt am [email protected]

Dipl.-Inf. Lothar FritschUniversitat FrankfurtInstitut fur WirtschaftsinformatikProfessur fur Betriebswirtschaftslehre,insb. Wirtschaftsinformatik,Mehrseitige Sicherheit und M-CommerceGrafstr. 7860486 Frankfurt am [email protected]

Innovationsf�rderung im �ffentlichenUmfeld durch Public Private PartnershipsDas Beispiel der Satellitennavigation

WI – Editorial

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(davon ca. 70% von privaten Geldgebern)das europaische Satellitennavigationssys-tem Galileo zum Einsatz zu bringen, wasneben dem Aufbau der Infrastruktur aufdem Boden die geeignete Platzierung von30 Satelliten im Weltraum erforderlichmacht. Das System soll weit zuverlassigerund genauer als GPS arbeiten und somiteine Fulle zusatzlicher Anwendungen er-moglichen. Ein Beispiel: Zuge uber die Al-pen-Transitstrecken, die große Kapazitat-sengpasse im Gesamtsystem darstellen, sol-len mithilfe von Satellitenortung imVergleich zur traditionellen Signal- undBlocktechnik mit weniger Sicherheits-abstand fahren konnen, sodass der Nut-zungsgrad dieser Fahrwege signifikant er-hoht werden kann.Dabei setzt die EU sowohl bei der Risi-

koverteilung wie auch mit Blick auf die Fi-nanzierung auf die neue Organisations-form der PPP. Sie finanziert die Forschungund Entwicklung von Galileo sowie dieersten 12 Jahre des Betriebs. Gleichzeitigsoll ein Technologie- und Innovations-transfer stattfinden, welcher das Lizenz-geschaft und die kommerzielle Nutzungvon Galileo in der europaischen Wirtschaftforciert. Ziel der EU ist die weitere, lang-fristige Finanzierung von Galileo durch er-wirtschaftete Einnahmen.In der Bundesrepublik haben sich zwi-

schenzeitlich im Umfeld der beiden deut-schen Kontrollzentren fur Raumprojekte –europaischen Vorbildern wie dem ESASpace Incubator in Noordwijk folgend –Innovationszentren gebildet, um die imUmfeld der verbesserten Satellitennaviga-tion entstehenden neuen Geschaftschancenin PPPs zu nutzen, etwa in Darmstadt(dort wurde ein Gemeinschaftsunterneh-men namens CESAH (Centrum fur Satelli-tennavigation Hessen) gegrundet, in demneben der ESOC (European Space Opera-tions Centre) z. B. das Land Hessen unddie Technische Universitat Darmstadtebenso Anteile halten wie T-Systems) so-wie im bayerischen Oberpfaffenhofen. Da-bei unterstutzen Partner aus der anwen-denden Wirtschaft diese Innovationszen-tren von Anfang an – im Fall CESAHetwa die Firmen Schenker, Fraport undAccenture. In einem Anwendungszentrumsteht die Fachberatung von Benutzern aufdem Gebiet der Satellitennavigation undihrer geeigneten Einbindung in Geschafts-prozesse im Vordergrund, ebenso das Be-treiben geeigneter Partnernetzwerke, umbeispielsweise Zugang zu Experten zuschaffen und etwa eine Testinfrastruktur zuvermitteln. Daruber hinaus bietet einGrundungszentrum Beratung bei und Be-

treuung von Unternehmensgrundungen imUmfeld der Nutzung der Satellitennaviga-tion und ihrer wirtschaftlichen Umsetzung.Hierzu gehort z. B. neben der Verfugbar-machung von Raumen und (geringem)Startkapital auch die Betreuung des vonder Generaldirektion fur Energie und Ver-kehr der EU ausgelobten jahrlichen Wett-bewerbs „Galileo Masters“ fur junge Leu-te. Ziel hierbei ist es, Ideen zu entwickeln,wie man durch den Einsatz neuer Tech-nologien, Anwendungen und Dienste imUmfeld von Galileo Leben und Arbeit inEuropa verbessern kann.Es handelt sich also bei der Satellitenna-

vigation um ein weiteres Beispiel dafur,dass die offentliche Hand – auf den ver-schiedensten Ebenen, von der EU uberBundes- und Landesbehorden bis zu kom-munalen Tragern – schwierige Innovatio-nen vertraglich abgesichert gemeinsam mitder Privatwirtschaft, und zwar jenseits deseinfachen Einkaufs von Leistungen, reali-sieren will (dabei ist interessant, dass so-wohl in Wikipedia als auch in einer Mengeweiterer einschlagiger Webseiten die Eigen-schaft „schwierig“ nicht thematisiert wird).Im Fall der Satellitennavigation liegt diegroße Herausforderung wohl weniger da-rin, mit einer ausreichenden Menge verfug-barer Mittel das System herzustellen undzu betreiben, als vielmehr in der Frage, wiees in ein wirtschaftliches Erfolgsmodelleinzugliedern ist – und konkret zu Beginn:Wie kann man 70% der Investitionskostenuber private Mittel decken? Man kann da-ruber hinaus auch durchaus fragen: Warumbildet sich eigentlich keine (im Rahmeneiner hoheitlichen Rahmenstruktur agie-rende) Marktlosung, wenn es tatsachlicheine massive Nachfrage nach diesen Or-tungs- und damit verbundenen Zusatzleis-tungen gibt? Im Fall von Herkules, demderzeit wohl umfangreichsten PPP-Projektin Deutschland (Auslagerung der IV derBundeswehr), dessen Geschichte eineOdyssee von Verhandlungen mit verschie-denen privaten Konsortien darstellt, ist diezentrale Schwierigkeit in der luckenhaftensystematischen Spezifikation aller Leis-tungsbedarfe sowie der Rahmenbedingun-gen zu deren Erbringung zu vermuten. BeiToll Collect (siehe WIRTSCHAFTS-INFORMATIK 47 (2005) 4, S. 241f.) ginges um das erstmalige „In-Kombination-Wirken“ verschiedener bekannter Spitzen-technologien in einer neuartigen, bundes-weit flachendeckenden Hochstlastanwen-dung – und naturlich auch um dasWirtschaftsmodell und die Besonderheitender offentlich-rechtlichen Projektfuhrungund Arbeitsumgebung.

Diesen und vielen anderen Beispielen istgemeinsam, dass es sich jeweils um die Er-fullung hoheitlicher Aufgaben „in einermeist langfristig vertraglich geregelten Zu-sammenarbeit zwischen offentlicher Handund Privatwirtschaft ‹handelt›, bei der dieerforderlichen Ressourcen (z. B. Know-how, Betriebsmittel, Kapital, Personal etc.)von den Partnern zum gegenseitigen Nut-zen in einen gemeinsamen Organisations-zusammenhang eingestellt und vorhandeneProjektrisiken entsprechend der Risikoma-nagementkompetenz . . . verteilt werden“(Quelle: Wikipedia und BMVBW (Bundes-ministerium fur (heutige Benennung) Ver-kehr, Bau und Stadtentwicklung)) – in die-ser Fundstelle ist statt „. . .“ „optimal“ no-tiert, was aber im Normalfall als eine zuhohe Hurde fur das Vorliegen einer PPPerscheint). An anderer Stelle des zitiertenBeitrags heißt es: „Aufgrund der Viel-gestaltigkeit der Anwendungsfelder fehlteine allgemein anerkannte Definition ‹vonPPP› noch.“ Dem ist zuzustimmen, sprichtman doch, jenseits der vorgenannten Bei-spiele, etwa uber so unterschiedliche Ge-genstande einer PPP wie Kraftwerk, Auto-bahn, Tunnel und Schule. Doch liegen auchdort die zentralen Schwierigkeiten haufignicht in der Konstruktion eines im Ver-gleich recht einfachen Gebaudes oder einerAutobahn, sondern darin, ein wirtschaftli-ches Modell zu finden, das etwa den sofor-tigen Bau einer solchen Einrichtung bei an-sonsten vollig ausgereizten offentlichenHaushalten ermoglicht. Vor diesem Hin-tergrund ist daruber hinaus nachvollzieh-bar, dass sich die vielfachen Kritiker offent-lichen Handelns auch bei PPP-Projektenzu Wort melden, etwa mit dem Vorwurf,dass eine solche Organisationsform ein an-deres Mittel sei, um sozial Benachteiligteweiter zu diskriminieren (denn man hatteja durchaus von vornherein mehr Geld furden Schul- oder Autobahnausbau einpla-nen konnen) und dass den Unternehmennun mehr und mehr hoheitliche Aufgabenubertragen wurden.Was bedeutet dies alles fur den Wirt-

schaftsinformatiker respektive fur Verant-wortliche in den Unternehmen und Behor-den? Man muss mehr noch als bisher daslangfristige wirtschaftliche Modell des Ein-satzes neuer Technologie im Auge haben –wobei neue Technologie wie im Fall vonGalileo nicht primar IT sein muss und ge-eignete Informationssysteme in diesen Fal-len „nur“ helfen, diese neue Technologie inein akzeptables wirtschaftliches Modell zuuberfuhren. Es geht um den geeignetenTechnologieeinsatz, also die beste Prob-lemlosung unter Berucksichtigung des

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Nutzens von Nachfragern und von Kos-ten. Dabei ist die Qualitat einer Problemlo-sung abhangig vom Stand des Wissens ineiner Gesellschaft uber die zum Einsatzvorgesehene Technologie sowie die Rah-menbedingungen von deren geeignetenVerwendung. Im Falle einer intelligentenVorfinanzierung eines Schulneubaus odereiner Autobahn besteht die Innovation indem Finanzierungskonzept. Allgemeinsteigen also dabei nicht nur die Anforde-rungen an die Interdisziplinaritat der Aus-bildung und des beruflichen Handelns,sondern auch an die Organisationssystem-ubergreifende Interoperabilitat von Losun-gen. Konstituierende Organisationssyste-me sind die offentliche Hand und privat-wirtschaftliche Institutionen (mit allenihren jeweiligen Besonderheiten, die z. B.trotz aller Bekundungen und Forderungennach Verwaltungsvereinfachung in ihrerBeherrschung standig komplexer werden).Und Interoperabilitat in einem solchenKontext heißt, dass diese Systeme idealer-weise problemlos miteinander verbundenwerden konnen – mit dem Ziel, dem End-anwender entweder zu gleichen Kosten ei-nen hoheren Nutzen oder eine gegebeneSystemleistung zu weniger Kosten zur Ver-fugung zu stellen.Die Menge derartiger Problemstellungen

wachst schneller als die Menge der Losun-gen derselben. Daher braucht man zur Be-waltigung dieser Herausforderungen mehrnoch als bisher Wirtschaftsinformatiker/in-nen mit einer soliden Hochschulausbil-dung, die neben einem tiefen Technikver-

standnis insbesondere den Verwendungs-bezug der Technik, also die eigentlicheProblemdomane, umfasst, von welcher derProblemlosungsauftrag ausgeht und fur diedie Technik eine Verbesserung oder Lo-sung anbieten soll. Damit gewinnen auchdie Besonderheiten einer offentlich-recht-lichen Arbeitsumgebung zunehmendesGewicht in Forschung und Lehre.

Erganzung des Editorialszum Themenfeld Galileo(nach Redaktionsschluss)

Die Verfasser eines Editorials konnen vonder kurzfristigeren Politik eingeholt wer-den. „Wie kann man 70% der Investitions-kosten <von Galileo> uber private Mitteldecken?“, so lautete oben eine wichtigeFrage. Die FAZ berichtete im Wirtschafts-teil am 2007-03-16 unter der �berschrift„Zwistigkeiten gefahrden Galileo“ von ei-nem Brief des EU-VerkehrskommissarsJacques Barrot an die europaischen Regie-rungen und das Europaparlament, in wel-chem er gewarnt habe, dass Galileo spaterals geplant zum Einsatz kommen konneoder ggf. gar vollstandig scheitere, weildas europaische Unternehmenskonsortium,das Galileo im Auftrag der EU aufbauenund zwanzig Jahre betreiben soll, dieUnterzeichnung des Konzessionsvertragsimmer wieder verzogere. Es sei noch nichtgelungen, nach zwischenzeitlicher Auf-

losung eines Galileo-Gemeinschaftsunter-nehmens ein (neues, nunmehr tragfahiges)Gemeinschaftsunternehmen zu grundenund einen zentralen Ansprech- und Ver-handlungspartner zu ernennen. Ziel seinun, dass die Konsortialpartner bis MitteJuni 2007 zum Gipfeltreffen der EU-Staats-und Regierungschefs ihre Probleme losen,sozusagen als letzte Frist – gegebenenfallswurde man das Projekt noch einmal aus-schreiben. Das Galileo-Konsortium be-steht aus den Mitgliedern von zunachstzwei konkurrierenden Bietergemeinschaf-ten: EADS, Alcatel-Lucent, Thales, Fin-meccanica, Immersat, Hispasat, Aena undder T-Systems-Tochter Teleop. Man ver-mutet individuelle Interessen von Anteils-eignern, die das Gesamtprojekt gefahrde-ten – so sollen die beiden spanischen Un-ternehmen Aena und Hispasat um mehrEinfluss auf das Projekt kampfen. Hinzukamen ungeklarte Fragen zwischen denPrivatunternehmen und den europaischenNationen – z. B. sei offen, wer hafte, wenndas Ortungssignal einmal ausfalle und dieVerkehrslenkung nicht mehr gewahrleistetwerden konne. Des Weiteren sei die Privat-wirtschaft bestrebt, ihre Zahlungen in derAufbauphase moglichst klein zu halten.Wie gesagt: Dies sind jenseits von Tech-

nik alles Fragen, mit welchen sich Wirt-schaftsinformatiker im Umfeld von PPP(und daruber hinaus) methodisch auseinan-dersetzen mussen.

Prof. Dr. Wolfgang KonigDipl.-Inf. Lothar Fritsch

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 49 (2007) 2, S. 77–79

In eigener Sache

In der Herausgebersitzung am 2007-02-27in Karlsruhe wurde eine umfassende �nde-rung der Formatvorlagen der Zeitschriftbeschlossen. Die wichtigsten Neuerungenbetreffen die Zitierweise sowie die Litera-turangaben. Des Weiteren wechselt dieVerantwortlichkeit fur den Begutachtungs-prozess bei Beitragen der Rubrik „WI –Aufsatz“ von Prof. Dr. Wolfgang Konig,Frankfurt, zu Prof. Dr. Hans Ulrich Buhl,Augsburg.Wir bitten bei Neueinreichungen von

Manuskripten die Neuerungen zu beach-

ten. Auf der Homepage der Zeitschrift(http://www.wirtschaftsinformatik.de) sinddiese bei den Hinweisen fur Autoren de-tailliert einsehbar.Die Herausgeber unserer Zeitschrift

uben ihr Amt fur eine begrenzte Zeit aus.Endet eine Mitgliedschaft im Herausgeber-kreis, bestimmt das Gremium neue Mit-glieder durch geheime Wahl. Wir begrußenals neue Herausgeber Herrn Prof. Dr.Torsten Eymann, Universitat Bayreuth so-wie Herrn Prof. Dr. Stefan Voß, Univer-sitat Hamburg, und freuen uns auf eine

spannende und erfolgreiche gemeinsameArbeit. Gleichzeitig danken wir HerrnProf. Dr. Peter Chamoni, Universitat Duis-burg-Essen und Herrn Prof. Dr. ArnoldPicot, die aus dem Herausgebergremiumausgetreten sind, fur die vertrauensvolleZusammenarbeit.

Prof. Dr. Hans Ulrich BuhlProf. Dr. Wolfgang Konig

Geschaftsfuhrende Herausgeber

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