institut für sportwissenschaften - ph-ludwigsburg.de · 1 einführung in die trainingslehre...
TRANSCRIPT
1
Einführung in die
Trainingslehre
Stephan Turbanski
Institut für Sportwissenschaften
Fragen zu Scheinerwerb, Klausur, Scheinanerkennung usw. bitte an:
1. Frau Anja Marquardt
2. Herr Prof. Dr. Harald Lange
AusdauerBuchempfehlung zur Ausdauer
Hollmann W. und Hettinger T. (2000)
Sportmedizin. Schattauer Verlag,
Stuttgart. (Kapitel 2.5)
Funktion der Ausdauer
Nahezu bei allen Sportarten ist die
Ausdauer von Bedeutung.
Die Art der Bedeutung variiert
allerdings deutlich.
Funktion der Ausdauer
Langes Aufrechterhalten von hohen
Belastungsintensitäten bzw.
Geringhalten von Intensitätsverlusten.
2
Funktion der Ausdauer
Erhöhung der
Belastungsverträglichkeit.
Beschleunigung der
Regenerationsfähigkeit.
Nicht nur bei
“Ausdauer”-
Sportarten!
Ausdauer im Gewichtheben
Auch bei Gewichthebern ist eine
gewisse Grundlagenausdauer
notwendig, um das umfangreiche und
intensive Training durchzuführen.
Häkkinen et al. (1987)
Definitionen
Fähigkeit, eine bestimmte Leistung
einen möglichst langen Zeitraum
aufrechterhalten zu können.
Psycho-physische
Ermüdungswiderstandsfähigkeit.
nach: Martin et al. 1993 und Weineck 2000
Psycho-physische Ermüdungswiderstandsfähigkeit.
Psychische Ausdauer:
Fähigkeit, einem Reiz, der zum Abbruch
einer Belastung auffordert, möglichst lange
zu widerstehen.
Physische Ausdauer:
Ermüdungswiderstandsfähigkeit des
gesamten Organismus nach: Weineck 2000
Definitionen
Fähigkeit, eine gegebene Leistung
über einen möglichst langen Zeitraum
durchzuhalten. Die Ausdauer ist somit
identisch mit Ermüdungs-
Widerstandsfähigkeit.
nach: Hollmann und Hettinger 2000
Ausdauerleistungen
Abhängig von:
anlagebedingter Ausdauerfähigkeit
→ Sauerstoffaufnahmefähigkeit1
Energiestoffwechsel
Technikökonomie1 nur bedingt trainierbar
3
Ausdauerleistungen
Ferner abhängig von:
optimalem Körpergewicht
„Wille zum Durchhalten“
Basis der Ausdauer
Grundsätzlich basiert die Ausdauer
auf der metabolischen Kapazität der
Arbeitsmuskulatur (muskulärer
Aspekt) und auf der
Transportfähigkeit des Blutkreislaufs
(kardialer Aspekt).
Lange Zeit galt noch die
Trainerauffassung:
„Der Sprinter wird geboren und der
Ausdauerläufer wird gemacht!“
Ausdauerleistungen
Immer anlage- und trainingsbedingt!
Allgemeine Ziele von Ausdauertraining
Leistung
Gesundheit
Spaß und Fitness
4
Ausdauer und Gesundheit
Es lassen sich durch Ausdauertraining
die Risikofaktoren der typischen
Zivilisationskrankheiten wie
Übergewicht, Bluthochdruck usw.
wirksam reduzieren.
Charakteristik der Ausdauer
Je nach Qualität und Quantität der Arbeit
pro Zeiteinheit, sowie nach dem
Größenumfang der eingesetzten
Muskulatur sind ein morphologischer,
ein biochemischer und ein
biophysikalischer Aspekt zu
unterscheiden.
Unterteilung nach dem Größenumfang (morphologisch)
Lokale
Muskelausdauer
Allgemeine
Ausdauer
Lokale Muskelausdauer
Ausdauerleistungen, bei der eine
Muskelmasse eingesetzt wird, die
< 1/7 bis 1/6 der gesamten
Skelettmuskulatur beträgt.
Allgemeine Ausdauer
Ausdauerleistungen, bei der eine
Muskelmasse eingesetzt wird, die
> 1/7 bis 1/6 der gesamten
Skelettmuskulatur beträgt.
Einteilung in lokal und allgemein?
Beim Einsatz von < 1/7 bis 1/6 der
gesamten Skelettmuskulatur spielt
die Leistungsfähigkeit eines gesunden
kardiopulmonalen Systems (Lunge
und Herz) keine entscheidende Rolle.
5
1/7 bis 1/6 der gesamten Skelettmuskulatur?
Etwa die gut entwickelte Muskulatur
eines Beines.
Allgemeine Ausdauer
Sie wird v. a. bestimmt von der
Kapazität des Herz-Kreislauf-,
Atmungs- und Stoffwechselsystems.
Ferner steht sie unter dem Einfluss
der Bewegungskoordination bzw.
Technikökonomie.
Lokale Muskelausdauer
Bei statischen Muskelspannungen, die
weniger als 15% der statischen
Maximalkraft beanspruchen, kann die
notwendige Energiemenge noch voll
aerob erfolgen.
Lokale Muskelausdauer
Deutlich geringere Praxisrelevanz
Unterteilung nach der Energiegewinnung (biochemisch)
Aerobe
Ausdauer
Anaerobe
Ausdauer
Aerob
Es steht ausreichend Sauerstoff zur
oxidativen Verbrennung der
Energieträger bzw. zur
Energiegewinnung zur Verfügung.
6
Anaerob
Die Sauerstoffzufuhr ist aufgrund der
hohen Belastungsintensität zur
oxidativen Verbrennung
unzureichend, so dass die Energie
anoxydativ bereitgestellt wird.
Aerob versus Anaerob
Es tritt niemals eine rein oxydative
(aerobe) bzw. nie eine anoxydative
(anaerobe) Energiebereitstellung auf,
sondern immer eine Mischform!
Aerob versus Anaerob
Das jeweilige Verhältnis der aeroben
und anaeroben Energiebereitstellung
ist belastungs- und
beanspruchungsabhängig.
Grobe Einteilung der Energiebereitstellung bei unterschiedlichen Belastungen1
Belastung aerobe anaerobe Energiegewinnung Energiegewinnung
bei ca. 2 Minuten 40 60bei ca. 10 Minuten 60 40ab ca. 45 Minuten 90 10ab ca. 90 Minuten 99 1
1Bei großen, dynamisch arbeitenden Muskelgruppen
Grobe Einteilung der Energiebereitstellung bei unterschiedlichen Belastungen1
1Bei großen, dynamisch arbeitenden Muskelgruppen
Schematische Darstellung I
0
20
40
60
80
100
120
t
%
aerobe Energiegewinnunganaerobe Energiegewinnung
7
Schematische Darstellung II Zur schematischen Darstellung II
ATP-Vorrat in der Muskulatur reicht
für etwa 2-3 Muskelkontraktionen.
Danach anaerob-alaktazider
Stoffwechsel über das
Kreatinphosphat (reicht für wenige
Sekunden).
Zur schematischen Darstellung II
Danach Abbau von Glykogen bzw.
Glukose und von freien Fettsäuren
→ Aerob und anaerobe
Energiebereitstellung
ATP
Einzige direkte Energiequelle jeder
Muskelkontraktion.
Der entscheidende Energielieferant.
Energiegewinnung durch Spaltung
des ATP zu ADP (+Phosphat).
ATP - Kreatinphosphat
Lohmann Reaktion:
Noch während der Muskelkontraktion
wird das ADP mit Hilfe des
Kreatinphosphats über das Enzym
Kreatinphosphokinase wieder zu ATP
aufgebaut bzw. regeneriert.
Energiebereitstellungen
Anaerob-
alaktazid
Anaerob
Aerob
8
Aerob
→ in den Mitochondrien
(“Kraftwerke” der Zelle,
spezielle Zellorganellen)
Anaerob
→ im Zytoplasma (im Flüssigkeitsmilieu der Zelle)
Aerob versus anaerob
Energiebilanz:
Aerob
→ Gesamt-Nettogewinn von 36 mol ATP/ mol Glukose
Anaerob
→ Gesamt-Nettogewinn von 2 mol ATP/ mol Glukose
Aerob versus anaerob
Aerob
→ das entstehende CO2 und H2O kann leicht abgebaut
werden.
Anaerob
→ im Gegensatz dazu kann das entstandene Laktat (Salz
der Milchsäure) nur mit Mühe und langsam aus der Zelle
austreten. → Absinken des pH-Wertes = Säuerung der Zellen
Aerob versus anaerob
Glykogen (im Muskel gespeichert)
und freie Glukose (aus dem Blut
aufgenommen).
Stark limitierte Depots vorhanden.
Aerobe Energiebereitstellung über Kohlenhydrate
In größerer Menge vorhanden als
Kohlenhydrate.
Mehr O2 notwendig zur Oxidation als
beim Abbau von Kohlenhydraten.
Aerobe Energiebereitstellung über Fette
Turbanski S.Turbanski S. (2004): Muskelkater:
Ursachen, Behandlung und
Vermeidung. In: SportPraxis (2)
9
Unterteilung nach der Arbeitsweise (biophysikalisch)
statisch dynamisch
Charakteristik der Ausdauer
Charakteristik der Ausdauer -Zeitdifferenzierung1
Kurzzeitausdauer (KZA)
Mittelzeitausdauer (MZA)
Langzeitausdauer (LZA)
1 ursprünglich abgeleitet aus den
Wettkampfdistanzen der Leichtathletik
Kurzzeitausdauer (KZA)
45s – 2 Min
Überwiegend anaerobe
Energiebereitstellung
Mittelzeitausdauer (MZA)
2 – 10 Minuten
Zunehmend aerobe
Energiebereitstellung
Langzeitausdauer (LZA)
> 10 Minuten
Dominant bis fast ausschließlich
aerobe Energiebereitstellung
10
Langzeitausdauer (LZA)
Die LZA lässt sich weiter unterteilen in:
LZA I - bis ca. 30 Min.
LZA II - 30 bis 90 Min.
LZA III - > 90 Min.
KZA, MZA und LZA
Grundlagen-
ausdauer
Spezielle
Ausdauer
Grundlagen- undspezielle Ausdauer
allgemeine aerobe dynamische
Ausdauer
für die Sportpraxis von
übergreifender Bedeutung.
Grundlagenausdauer
allgemeine aerobe dynamische
Ausdauer mit mittelintensiver
Beanspruchung
bei mittlerer aerober Kapazität
Stabile aerobe Stoffwechsellage
sportartunabhängig
Grundlagenausdauer I
Allgemeine körperliche
Leistungsfähigkeit
Gute Basis für das sportart- bzw.
disziplinspezifische Training
- Belastungsverträglichkeit und
Regenerationsfähigkeit
Grundlagenausdauer I
11
Grundlagenausdauer II
allgemeine aerobe dynamische Ausdauer
mit submaximaler Beanspruchung
bei hoher aerober Kapazität
gleichermaßen aerobe und anaerobe
Energiebereitstellung
Sportart- bzw. disziplingebunden
Grundlagenausdauer II
Hohes Ausgangsniveau für ein
spezielles Ausdauertraining
Sportliche Technik ökonomisieren
Psychische Belastungstoleranz
erhöhen
Azyklische Grundlagenausdauer
Spiel-/ Kampfausdauer
Wechsel von aerober Ausdauer mit
mittelintensiven Beanspruchungen
und hochintensiven anaeroben
Belastungen
Azyklische Grundlagenausdauer
Permanenter Wechsel der
Stoffwechsellage
Intervallcharakter
Basis für ein umfangreiches Technik-
und Taktiktraining
Erholungsfähigkeit im Wettkampf
erhöhen
Azyklische Grundlagenausdauer
Für alle Sportarten eine
Basisvoraussetzung
Erhöhung der physischen
Leistungsfähigkeit
Optimierung der Erholungsfähigkeit
Bedeutung der Grundlagenausdauer
12
Minimierung von Verletzungen
Steigerung der psychischen
Belastbarkeit
Verringerung von technischen und
taktischen Fehlern
Stabilere Gesundheit
Bedeutung der Grundlagenausdauer
nach: Weineck 2000
Grundlagenausdauer und Gesundheit
Erhöhte Resistenz gegenüber Infektionen
Erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber
Kältereize
Unmittelbar nach dem Training ist aber
vorübergehend eine Immundepression
(Schwächung der Abwehrkräfte)
festzustellen.
Kraft- und Schnelligkeitsausdauer
Die Kraftausdauer sollte der
konditionellen Fähigkeit Kraft
zugeordnet werden und die
Schnelligkeitsausdauer der
Schnelligkeit.
In den meisten Sportarten ist sie
nicht maximal, sondern optimal zu
entwickeln.
Ansonsten sind negative
Auswirkungen auf die Schnelligkeit zu
erwarten.
Bedeutung der Grundlagenausdauer
nach: Weineck 2000
Maximale Sauerstoffaufnahme
Das Bruttokriterium der
Leistungsfähigkeit von Herz-Kreislauf-,
Atmungs- und Stoffwechselsystems ist
die maximale
Sauerstoffaufnahmefähigkeit.
Maximale Sauerstoffaufnahme
VO2-max
Fähigkeit des Körpers zum
Sauerstofftransport von der
Außenluft bis zur arbeitenden
Muskulatur.
13
VO2-max/kg/min
Relative VO2-max
VO2-max und Ausdauerleistungsfähigkeit
Die Ausdauerleistungsfähigkeit
hängt nicht nur von der Größe der
absoluten und relativen VO2-max
ab, sondern auch vom Prozentsatz
ihrer Nutzungsmöglichkeit.
VO2-max
Weltklasseathleten in
Ausdauersportarten können ca. 95%
ihrer VO2-max bis zu 30 Minuten
lang aufrechterhalten.
VO2-max ist abhängig von:
Ventilation (Atmung)
Diffusion in der Lunge (Gasaustausch)
Herzzeitvolumen
Blutvolumen und dessen Verteilung
Hämoglobingehalt (O2-“Transporter“)
VO2-max ist abhängig von:
Periphere Utilisation
→ Arterio-venöse O2-Differenz
Leistungsfähigkeit der Muskulatur
Ernährungszustand
VO2-max ist abhängig von:
Belastungsform
Größe und Art der eingesetzten
Muskulatur
Körperposition
Klima und O2-Partialdruck (Höhe über NN)
14
VO2-max und sportlicher Erfolg
Man geht davon aus, dass
Medaillengewinner in
Ausdauersportarten bei OS oder WM
mindestens eine VO2-max von 80 – 85
ml/kg/min aufweisen müssen.
Initiale Sauerstoffschuld
Zu Beginn einer Belastung steht zu
wenig O2 zur Verfügung. Die
Energiegewinnung erfolgt dann so lange
anaerob, bis die Belastung abgebrochen
wird oder die Intensität reduziert wird.
Nach Beendigung der Belastung muss
die O2–Schuld wieder ausgeglichen
werden („Nachatmen“).
Trainingsmethoden
Dauermethode
Wettkampf- Kontrollmethode
Intervallmethode
Wiederholungsmethode
Trainingsmethoden
Dauermethode
KontinuierlicheDauermethode
Dauermethode mitIntensitätswechseln
Tempowechsel Fahrtspiel
Wettkampf-Kontrollmethode
Intervallmethode
intensiv extensivWiederholungs-
methode
Dauermethode Dauermethode
15
Dauermethode
Unterdistanztraining mit
Wettkampfgeschwindigkeit oder schneller
Distanztraining in geringerer
Geschwindigkeit
Überdistanztraining in deutlich reduzierter
Geschwindigkeit
FahrtspielAus Skandinavien stammend
Die Intensitätswechsel sind
geländeabhängig (Hügel,
unterschiedliche Untergründe)
Längere Abschnitte im Dauerlauftempo
und z. B. Hügelsprints bergauf, sowie
Koordinationsläufe bergab
Fahrtspiel
Wechsel von primär aerober und
anaerober Energiegewinnung
Dauer meistens von 45 bis 90 Minuten
Abhängig von der richtigen Geländewahl
Intervallmethode (extensiv)
Intervallmethode (extensiv) Lohnende Pause
Beginn des
nächsten
Trainingsreizes