kleiner reiseführer für den walliser grossen rat
DESCRIPTION
ÂTRANSCRIPT
KLEINER REISEFÜHRER FÜR DEN WALLISER GROSSEN RAT
Geführter Besuch in die Gesetzesküche
KLEINERREISEFÜHRER FÜR DEN WALLISERGROSSEN RA T
www.vs.ch/parlement
Auf der Internetsite des Par-
laments fi nden Sie sämtliche
parlamentarischen Vorstösse,
gegliedert nach Themenge-
biet, Gesetz, Grossrat, Depar-
tement usw..
Geführter Besuch in die Gesetzes Küche
Reiseroute
4
6
8
18
22
28
32
34
Konzept, Redaktion Le fin mot CommunicationFotos Thomas Andenmatten Grafik Domstuder.comÜbersetzung Parlamentsdienst Druck ValmediaAuflage 2’000 Exemplare
© Parlamentsdienst, Sitten (Wallis/Schweiz)
Anmerkung: In der vorliegenden Broschüre gilt jede Bezeichnung der Person, des Statuts oder der Funktion in gleicher Weise für Frau oder Mann.
Reisetipps
Ein Stück Geschichte
Geographie des Grossen Rates
Funktionsweise der Kommissionen
Sitten und Gebräuche der Abgeordneten
Parlamentarische Ausdrucksweise
Kleines parlamentarisches Wörterbuch
2 3
Die sich verändernde Zusammensetzung des Parlaments
Liebe Besucherinnen und Besucher,
Es freut mich, dass Sie sich für unser Parlament und unsere Institutionen in-teressieren.
Diese reich illustrierte und lesefreund-liche Broschüre wird Ihnen einen möglichst umfassenden Überblick über die Organisation und die Funktionsweise der gesetzgebenden Gewalt unseres Kantons geben.
Sie richtet sich nicht nur an die Wal-liser, sondern auch an die Touristen, und versteht sich als ein parlamen-tarischer Reiseführer, der all jene, die
sich für unser Parlament interessieren, sicher durch das Labyrinth des Gros-sen Rates geleiten soll.
Das Parlament steht immer mehr im Rampenlicht, was Ausdruck für eine lebendige Demokratie ist, die für die künftigen Herausforderungen gewappnet ist.
Das Gebäude, in dem das Walliser Par-lament tagt, steht allen offen. Es ist ein geschichtsträchtiges Bauwerk an der Rue du Grand-Pont im Herzen der Sittener Altstadt. Der aufmerksame Besucher wird auch in die Rue du Grand-Pont eingelassene Betonplatten entdecken, die den darunter liegenden Fluss Sionne symbolisieren.
Diese Broschüre soll Sie auch mit der Struktur und den Aufgaben unseres Staates vertraut machen: die Organi-sation des Grossen Rates, die verschie-denen parlamentarischen Vorstösse, die Aufgaben der Abgeordneten oder auch die parlamentarische Fachsprache.
All diese Informationen wurden in einer Art «Reiseführer» zusammengetragen.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Erkundung des Grossen Rates und freue mich, Sie im Parlamentsgebäude begrüssen zu dürfen.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Jean-François CoptPräsident des Grossen Rates 2010/2011
Reisetipps
4 5
Ein Casino… ohne Alko-hol und GlücksspieleDas Gebäude, in dem der Grosse Rat tagt, trägt den Namen «Casino». Es wur-de 1863 erbaut. Ursprünglich war es ein Ort, an dem sich die Sittener zu Litera-tur-, Kunst- und Wissenschaftsabenden versammelte oder sich auch zum Tanz oder zu einer Partie Billard traf. Aller-dings waren in diesem «Casino» weder Alkohol noch Glücksspiele erlaubt.
Im Jahre 1942, nach zahlreichen Aus-bau- und Renovationsarbeiten, beauf-tragte die Stadt Sitten den Schweizer Maler und Burger von Savièse, Ernest Biéler, mit der Anfertigung einer Fres-ke im grossen Saal. Er war damals 79 Jahre alt.
Vor dem Hintergrund des Beitritts des Wallis zur EidgenossenschaftDie Freske stellt den Beitritt des Wallis zur Eidgenossenschaft im Jahre 1815 dar. Nach ihrer Rückkehr von der Zür-cher Tagsatzung übergeben die Walli-ser Delegierten der Regierung die offi-zielle Beitrittsurkunde des 20. Kantons der Eidgenossenschaft.
Geschichte
Ein Stück Geschichte
Über ihren Köpfen wehen die Walliser, die Sittener und die Schweizer Flag-gen. Im Hintergrund zwi-schen Tourbillon und Valeria stehen sich Matthäus Schiner und Georg Supersaxo gegenüber. Szenen des ländlichen Lebens bilden den Rahmen der Freske.
Ernest Biéler zeigt in seiner Freske sowohl
Persönlichkeiten aus dem Jahre 1815, wie
Landeshauptmann Charles de Rivaz, als
auch Personen seiner eigenen Epoche,
wie…er selbst! Wo versteckt er sich? Klei-
ner Hinweis: Der Maler ist der Einzige, der
Sie direkt anschaut.
6 7
Geographie des Grossen Rates
Grossratssaal
Chef des Parla-mentsdienstes
Memorialistin
Geographie
1. Vizepräsident
8 9
Abgeordnete(130 Sitze)
Tribüne
Staatsrat
Dolmetscherkabinen
PräsidiumParlamentsdienst
Präsident
Der Saal, in dem sich der Grosse Rat versammelt, ist in sechs Bereiche
unterteilt, die hier in verschiedenen Farben dargestellt werden.
2. Vizepräsident
Geographie
Der Grosse Rat versammelt sich durchschnittlich sechs Mal pro Jahr. Jede Session dauert vier Tage, jeweils von Dienstag bis Freitag. Das parla-mentarische Jahr beginnt und endet im Mai. Alle vier Jahre finden am ers-ten Märzsonntag die Parlamentswah-len statt.
Die AbgeordnetenIm Hauptbereich des Grossratssaales befinden sich die 130 Plätze der Abge-ordneten und/oder Suppleanten. Diese sind nach Parteien gruppiert. Jeder Ab-geordnete hat seinen eigenen Platz, der während der gesamten Mandatsdauer für ihn reserviert ist. Diese Plätze sind mit einer Taste zur Wortmeldung, ei-nem System für die elektronische Ab-stimmung, einem Mikrofon sowie mit einem Kopfhörer für die Simultan-übersetzung (das Wallis ist ein zwei-sprachiger Kanton) ausgestattet.
Geographie des Grossen Rates
Die Fraktionen
Eine Fraktion umfasst mindestens fünf Abgeordnete, die alle der gleichen Partei angehören. Eine Partei kann hingegen mehrere Fraktionen bilden. Im Allgemeinen fassen die grossen Parteien ihre Abgeordneten nach ihrer geographischen Herkunft zu Fraktionen zusammen. So bildet die Partei X beispielsweise die Fraktion X Oberwallis, X Mittelwallis und X Unterwallis.Die Bildung einer Fraktion bringt wichtige Vorteile mit sich, wie die Möglichkeit, Abgeordnete in die parlamentarischen Kommissionen zu entsenden und jährliche Entschädigungen zu erhalten.Im Jahr 2011 zählt das Walliser Parlament acht Fraktionen.
10 11
GeWaltentrennunG
Auf Kantonsebene gibt es drei
Gewalten:
• Diegesetzge
bendeGewalt
(Le-
gislative),welche vom Grossen Rat
ausgeübt wird und die Gesetze aus-
arbeitet.
•Dievollziehe
ndeGewalt (E
xe-
kutive),welche vom Staatsrat aus-
geübt wird und die Gesetze umsetzt.
•Dierichter
liche Gewalt
(Judi-
kative),welche von den Gerichten
ausgeübt wird und für die Einhal-
tung der Gesetze sorgt.
Das PräsidiumEtwas erhöht hinter der Exekutive sitzt der Präsident des Grossen Rates, der die Beratungen leitet. Er ist sozusagen der Dirigent des Parlaments: Er eröffnet und schliesst die Sitzungen, gewährt oder verweigert das Wort, verkündet die Abstimmungsresultate und sorgt für Disziplin und Ordnung im Saal. Zu seiner Linken sitzen die beiden Vi-zepräsidenten. Dieses von den Abge-ordneten für ein Jahr gewählte Trio bildet das Präsidium. Traditionsge-mäss wird der 1. Vizepräsident im Folgejahr und der 2. Vizepräsident ein Jahr später zum Präsidenten. Der Staatsrat
Die fünf Staatsräte sitzen dem Plenum gegenüber, wobei sich der Präsident in der Mitte und der Vizepräsident zu seiner Rechten befinden. Als Vertreter der vollziehenden Gewalt und Departementsvorsteher sind sie bei der Behandlung von Geschäften und Fragen, die ihr jeweiliges Departement betreffen, anwesend.
Geographie
12 13
DasBüroDas Büro setzt sich aus dem
Präsidium des Grossen Rates
und den Fraktionspräsidenten
zusammen. Dieses rund zehn
Personen umfassende Kollegi-
um koordiniert die Beziehungen
zwischen dem Grossen Rat und
dem Staatsrat und befasst sich
mit Organisations- und Ernen-
nungsfragen. Es tritt regelmäs-
sig zusammen, um die Parla-
mentssessionen vorzubereiten.
Der Präsident des Staatsrates,
der Staatskanzler, der Chef des
Parlamentsdienstes sowie seine
Stellvertreterin nehmen an den
Sitzungen des Büros mit bera-
tender Stimme teil.
deren Simultanübersetzung und Ver-öffentlichung in beiden Amtssprachen (Deutsch und Französisch) zuständig. Der Parlamentsdienst beschäftigt rund zehn Personen.
DrEiFraGEnan
CLauDEBumann,
ChEFDEsParLa
mEntsDiEnstEs
Was hat Sie an dieser Funktion gereizt?
Die Stelle als Chef
des Parlamentsdien
stes wurde erstmals
im Jahr
2002 ausgeschriebe
n. Für mich kam di
ese Ausschreibung ge
nau zum
richtigen Zeitpunkt:
Meine anfängliche B
egeisterung für m
einen
Beruf als Anwalt
und Notar liess lan
gsam nach und ic
h wollte
mein Amt als Gem
eindepräsident von
Saas-Fee abgeben, b
evor die
Bevölkerung meiner
überdrüssig wird
(lacht). Da ich neue He
raus-
forderungen liebe, h
abe ich mit meiner
Bewerbung keinen
Moment
gezögert. Als Chef
des Parlamentsdie
nstes kann ich näml
ich meine
juristische Ausbildun
g auf ideale Art u
nd Weise mit meinem Faib
le
für die Politik verb
inden.
Welche Qualitäten machen einen guten Chef des Parlamentsdienstes
aus?Teamgeist,
Kontaktfreudigkeit,
Unparteilichkeit, Sta
ndfestigkeit und
viel politisches Gesp
ür.
Welches sind die angenehmsten und welches die schwierigsten
Momente?
Ich liebe die Momente, in
denen ich den M
itgliedern des Gross
en
Rates abseits vom
Parlamentsbetrieb b
egegnen kann, z.B.
während
der «Grossratssuppe
», im Rahmen eine
s Bocciaturniers, als
Verant-
wortlicher der gros
srätlichen Fussballma
nnschaft oder anlä
sslich von
grenzüberschreitend
en Parlamentariertr
effen. An wirklich s
chwierige
Momente kann ich m
ich nicht erinnern,
aber es schmerzt
mich
immer ein wenig, w
enn der Präsident
nach einem Jahr
sein Amt
bereits wieder abge
ben muss, weil ich d
och zu jedem Land
eshaupt-
mann eine sehr per
sönliche Beziehung
habe.
Geographie
Der ParlamentsdienstZur Rechten des Grossratspräsidenten finden wir den Chef des Parlaments-dienstes und die Memorialistin, die das Bulletin des Grossen Rates (Me-morial) verfasst. Der Parlamentsdienst unterstützt die verschiedenen Akteure des Grossen Rates - Präsidium, Büro, Kommissi-onen und Abgeordnete - in der Aus-übung ihres Mandats. Er bietet ihnen juristische und wissenschaftliche Un-terstützung und übernimmt die ad-ministrativen Arbeiten. Er ist auch für die Aufzeichnung der Beratungen,
14 15
Die TribüneAusser bei geheimen Beratungen (bei-spielsweise für die Prüfung der Begna-digungsgesuche oder die Aufhebung der Immunität) sind die Grossratsses-sionen öffentlich. Wer die Beratungen also hautnah miterleben will, kann auf der Tribüne oberhalb des Grossrats-saales Platz nehmen, wobei eine Seite für die Besucher (Bürger, Touristen, Schulklassen usw.) und die andere Sei-te für die Journalisten reserviert ist.
Die Dolmetscher-kabinenDie Dolmetscher sind auf zwei Ka-binen verteilt. Eine für die Simultan-übersetzung vom Französischen ins Deutsche und die zweite für die andere Sprachrichtung.
Geographie
16 17
Der regionale Fernsehsender
Kanal 9 sorgt für die Live-
übertragung der Grossrats-
debatten und schaltet diese
auf seiner Internetsite auf.
Die kantonalen Radiosender
Radio Rottu und Rhône FM
berichten ebenfalls über das
parlamentarische Geschehen.
DiEmEmoirEnDEsGros
sEnratEs
Die Sessionen des Grossen Rates werden
aufgezeichnet und anschliessend im Memo-
rial des Grossen Rates, das in der Bibliothek
des Parlamentsdienstes eingesehen werden
kann, auf Deutsch und Französisch nieder-
geschrieben. Zudem wird eine Presseschau,
(mit den im Walliser Boten und im Nouvelliste
erschienen Artikeln), archiviert.
Kommissionen
Die Funktionsweise der Kommissionen
Die Kommissionen zählen im Allgemeinen 13 Mitglieder, die vom Büro oder im Falle der Oberaufsichtskommissionen (s. Seite 20) direkt vom Grossen Rat gewählt werden. Die Zusammensetzung der Kommissionen richtet sich nach der Fraktionsstärke. Die Mitglieder können während
sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Amt bleiben, während der Präsi-dent und der Vizepräsident für zwei Jahre ernannt werden.
Die Kommissionen verfassen jeweils zu den von ihnen ge-prüften Geschäften einen Bericht mit den entsprechen-
den Anträgen.
18 19
[Kom|mis|si|on, die; -, -en [mlat.
commissio = Auftrag, Vorladung
< lat. commissio = Vereinigung,
Verbindung, zu: committere =
ausüben; anvertrauen, zu: mittere
= schicken, beauftragen]: 1. a) mit
einer bestimmten Aufgabe offiziell
betrautes Gremium]
Kommissionen
Die Oberaufsichtskommissionen
Die thematischen Kommissionen
Die Justizkommission (JUKO)
bereitet die Wahlen der Gerichtsbehörden vor und kontrolliert deren Ge-
schäftsführung. Sie gibt ihre Vormeinung zu verschiedenen Geschäften ab
(Begnadigungsgesuche, Einbürgerungsgesuche, Gültigkeit der Volksinitia-
tiven usw.). Sie ist auch für die Kontrolle der Haftbedingungen zuständig.
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK)
überwacht die Geschäftsführung und die Effizienz des Staatsrates und der
Kantonsverwaltung.
Die Finanzkommission (FIKO)
kontrolliert die Finanzen des Staates und gibt ihre Vormeinung zu Voran-
schlag und Rechnung ab.
Grand Conseil
2ème lecture loi sur les participations de l'Etat à des personnes morales
Grosser Rat 2. Lesung Gesetz über die Beteiligung des Staates an juristischen Personen
Bericht der Kommission für die 2. Lesung
Gesetzesentwurf über die Beteiligung des Staates
an juristischen Personen
1. Ablauf der Arbeiten
Die Kommission ist am 31. Januar 2011 von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr zusammengetreten, um den
Gesetzesentwurf über die Beteiligung des Staates an juristischen Personen zu prüfen.
Kommission für die 2. Lesung
Mitglieder
Vertreten von
31.01.11
LUISIER Pascal (Präsident)
X
DELESSERT Frédéric (Vizepräsident)
X
BREGY Philipp Matthias (Berichterstatter)
X
BRESSOUD François
X
DELASOIE Marcel
X
LEVRAND Marie-Anne
X
PERRUCHOUD Edmond
X
PFAMMATTER Aron
X
PRALONG Jérémie
X
ROCH Damien
X
ROSSIER Jean
X
SCHNYDER Philipp
-
VOLPI FOURNIER Marylène
X
Parlamentsdienst
SIERRO Nicolas, wissenschaftlicher Mitarbeiter
DFIG TORNAY Maurice, Staatsrat, Departementsvorsteher
De RIEDMATTEN Gilles, Chef des Rechtsdienstes für Finanzen und Personal
Gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 des Gesetzes über die Organisation der Räte und die Beziehungen
zwischen den Gewalten (GORBG)1 wünscht ein Abgeordneter, dass die Kommission zunächst über die
Zweckmässigkeit der Teilnahme des Chefs des Rechtsdienstes für Finanzen und Personal, der ebenfalls die
mit diesem Gesetzesentwurf betraute Arbeitsgruppe präsidiert hat, berät.
Die Kommission ist der Ansicht, dass der öffentliche Bedienstete im vorliegenden Fall den
Departementsvorsteher bei technischen Fragen beraten soll und dass seine Teilnahme die Unabhängigkeit
der Kommission in keiner Weise beeinträchtigt, da sämtliche Kommissionsmitglieder völlig frei und in
eigener Verantwortung entscheiden können.
Die Abstimmung wird schliesslich nicht verlangt.
Grossrat Philipp Matthias Bregy wird zum Berichterstatter bestimmt.
1 Art. 103 Abs. 4 GORBG: Der Staatsrat kann sich durch eines seiner Mitglieder vertreten oder sich durch Experten oder
kantonale Beamte begleiten lassen, ausser die Kommission entscheidet anders.
20 21
Die thematischen Kommissionen prüfen die in ih-
rem Tätigkeitsbereich liegenden Gesetzesentwürfe
und Leistungsaufträge.
Es gibt acht thematische Kommissionen:
• Institutionen und Familienfragen
• Erziehung, Bildung, Kultur und Sport
• Öffentliche Sicherheit
• Bau und Verkehr
• Volkswirtschaft und Energie
• Gesundheit, Sozialwesen und Integration
• Landwirtschaft, Tourismus und Umwelt
• Auswärtige Angelegenheiten
Sitten und Gebräuche der Abgeordneten
Der Grosse Rat zählt 130 Abgeordnete, die eine Bevölkerung von über 300'000 Einwohnern vertreten. Die Supplean-ten vertreten die Abgeordneten, wenn diese verhindert sind. Jeder Bezirk hat gemäss seiner Bevöl-kerungszahl Anrecht auf eine gewisse Anzahl Abgeordnete. So verfügte bei-spielsweise der Bezirk Siders im Jahr 2009 über 18 Sitze, während der Be-zirk Goms gerade mal auf deren zwei kam. Die nächsten Wahlen finden 2013, 2017, 2021 usw. statt.
Abgeordnete
Bezirksweise Aufteilung der Abgeordneten
Siders
Sitten
Martigny
Monthey
Visp
Brig
Conthey
Entremont
Leuk
Raron
Hérens
St-Maurice
Goms
18
17
151513
12
10 6 6 6 5
5 2
Abge
ordn
eten
Bezir
k
22 23
Goms
Visp
Leuk
Siders
Hérens
Conthey
Entremont
Martigny
St-Mauric
eMonthey Si
tten H
éren
s
Brig
RaronRaron
Als kleine Anekdote sei hier ange-
merkt, dass im Walliser Wappen zwar
13 Sterne zur Symbolisierung der Be-
zirke zu sehen sind, der Kanton aber in
Tat und Wahrheit vierzehn Bezirke und
Halbbezirke zählt.
Abgeordnete
Ein MilizparlamentDie Abgeordneten sind Milizpolitiker: sie müssen ihr politisches Engagement mit ihrer beruflichen Tätigkeit unter einen Hut bringen. Die Entschädigung der Abgeordneten beläuft sich auf 200 Franken pro Halbtag.
Vorschlagen, sich engagieren, Stellung nehmenAufgabe der Abgeordneten ist es, die verschiedenen Geschäfte, die während der sechs jährlichen Sessionen behan-delt werden, zu prüfen und dazu Stel-lung zu nehmen, Vorschläge zu un-terbreiten und in den Kommissionen mitzuarbeiten.
Eine Taste für jeden Standpunkt
24 25
Identitätsausweis
Wahlergebnis
Um ihre Meinung kundzutun, verfügen die Abgeordneten über ein elektro-
nisches Abstimmungssystem. Dieses System ermöglicht es, den Willen des
Parlaments rasch und präzise zu erfassen und die Abstimmungsresultate in
Echtzeit auf einem Bildschirm anzuzeigen. Die Beschlüsse werden mit der
absoluten Mehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Präsi-
dent.
Das elektronische Abstimmungssystem wird bei Wahlen nicht benötigt. Es
kommen Wahlzettel zur Anwendung, um das Stimmgeheimnis zu wahren.
Abstimmung
Abgeordnete
Ein Streben nach TransparenzBei ihrem Amtsantritt müssen sämt-liche Abgeordneten und Suppelanten ein Register ihrer Interessenbindun-gen (berufliche Tätigkeit, Verbindun-gen zu Unternehmen, Stiftungen oder Körperschaften usw.) einreichen. Die-ses Register wird auf der offiziellen Internetsite des Parlaments veröffent-licht.
Genau bemessene RedezeitDie im Rahmen der Beratungen ge-währte Redezeit ist genau bemessen:
26 27
5Minuten
Als allgemeine Regel
10MinutenFür Fraktionsspre-cher während der
Eintretensdebatte
unbegrenzt Für Präsidenten, Berichterstatter und Staatsräte
Eine Idee vertreten, die Stärken und Schwächen der Vorschläge
analysieren, Stellung nehmen, verhandeln... Die Aufgaben der
Abgeordneten verlangen stetige Aufmerksamkeit.
Ausdrücke
Die InterpellationDie Interpellation ist ein einfaches Ge-such um Auskunft an die Adresse des Staatsrates.
Die schriftliche An-frageJeder Abgeordnete kann eine schrift-liche Anfrage zu einem allgemeinen Thema an den Staatsrat richten. Er wird baldmöglichst eine persönliche schriftliche Antwort erhalten.
Die Abgeordneten verfügen über eine breite Palette an parlamentarischen Vorstössen.
Die parlamentari-sche InitiativeDie parlamentarische Initiative ist der schnellste Weg zur Beantragung eines neuen oder zur Abänderung eines be-stehenden Gesetzes, aber sie erfordert vom Abgeordneten auch einen beson-deren Aufwand. Mit der parlamentari-schen Initiative gelangt er zwar direkt zur Vormeinung des Staatsrates und zur Abstimmung durch den Gross-en Rat, muss dafür aber auch auf das Know-how der Verwaltung verzichten und den Entwurf selbst verfassen bzw. begründen, was solide juristi-sche Kenntnisse voraussetzt.
Die MotionDie Motion zielt auf die Änderung ei-nes Gesetzes oder der Verfassung ab.
Das PostulatMit einem Postulat wird der Staats-rat dazu aufgefordert, eine bestimm-te Frage zu prüfen und einen Bericht oder Anträge zu unterbreiten.
Parlamentarische Ausdrucksweise
Parlamentarische Vorstösse
28 29
Die Fragestunde
Jeweils am letzten Sessionstag um
11 Uhr schlägt die Stunde der Fragen
an den Staatsrat. Sie müssen am ersten
Sessionstag vor 10 Uhr eingereicht
werden. Jede Frage muss aktuell sein,
einen Bezug zum Wallis haben und darf
fünf Zeilen nicht überschreiten.
Inte
rpel
lati
onen
Post
ulat
e
Mot
ione
n
Schr
iftl
iche
A
nfra
gen
Réso
luti
onen
P
arla
men
tari
sche
Init
iati
ven
Jedes Jahr behandelt der Grosse Rat über 350 Vorstösse,
also rund:
37%
31%
14% 14%
3%1%
Ausdrücke
Der Werdegang eines Gesetzes
Die ResolutionMit der Resolution kann der Gro-sse Rat seine Meinung zu wichti-gen Ereignissen offiziell kundtun. Sie ermöglicht es dem Grossen Rat auch, sich an das Bundespar-lament zu richten.
(Antwort: das Steuergesetz)
FraGE:Welcher Gesetzestext erfährt die
häufigsten Änderungen?
30 31
STAATSRAT
Inkrafttreten
1. VOLK
2. VERWALTUNG
3. PARLAMENT
Volksinitiative(4000 Unterschriften)
Vorentwurf
Postulat
Motion
Parlamentarische Initiative
STAATSRAT STAATSRATPARLAMENT
Entwurf evt. Gegenentwurf
(Volksinitiative)
VOLK
Zweite Lesung Beratung undBeschluss im Grossen Rat
Beratung undBeschluss im Grossen Rat
Prüfung durch eine Spezialkommission
Einzige Lesung
Prüfung durch eine thematische Kommission
Erste Lesung
Publikation im Amtsblatt
Referendum(3000 Unterschriften)
JA
NEIN
Keine Änderung
Volksabstimmung
JANEIN
Das Gesicht des Grossen Rates
Die sich verändernde Zusammensetzung des Parlaments
Mehr JungeZwischen 2001 und 2009 sank das Durchschnittsalter im Grossen Rat von 44,9 auf 43,1 Jahre. Diese Verjüngung ist in erster Linie auf die Altersgruppe der 21- bis 30-Jährigen zurückzufüh-ren, die 2001 gerade mal elf Vertreter (4%) und im Jahr 2009 bereits 34 Ver-treter (13%) stellte.
Mehr AngestellteAuch die Vertretung der verschie-denen Berufsgruppen im Parlament hat sich verändert. 2001 stellten die «einkommensstarken» Berufsgrup-pen (Direktoren, Unternehmer, Öko-nomen, Anwälte, Versicherungsfach-leute, Ärzte usw.) 56% der Sitze. Acht Jahre später sind es nur noch 36,5%. Zulegen konnten insbesondere die Angestellten, Techniker, Arbeiter, Stu-dierenden und Lehrpersonen.
Mehr FrauenWährend der Frauenanteil 2001 gera-de mal bei 17% lag, waren es 2009 be-reits 24%. Dieser Prozentsatz ist zwar immer noch recht bescheiden, ent-spricht aber der Vertretung der Frauen auf den Wahllisten, der 2009 ebenfalls bei 24% lag.
Zusammensetzung
Primärer Sektor (Landwirtschaft)
Sekundärer Sektor (Industrie, Handwerk, Bau usw.)
Tertiärer Sektor (Handel, Tourismus, Versicherungen, Banken usw.)
Studierende/Hausfrauen/Rentner
Im Jahr 2009 stammten die Abgeordneten
aus folgenden Wirtschaftsbereichen:
32 33
Wörterbuch
Kleines parlamentarisches Wörterbuch Berichterstatter Aufgabe des Berichterstatters ist es, vor dem Plenum die Ergebnisse der Kommissionsarbeit zu erläutern.
Dolmetscher/Übersetzer Das Parlament ist zweisprachig (deutsch/französisch). Während der Sessionen sorgen die Dolmetscher für die Simultanübersetzung des gespro-chenen Worts. Die Übersetzer ihrer-seits übertragen die schriftlichen Texte in die jeweils andere Sprache.
DoyenDer Titel «Doyen» oder «Alterspräsi-dent» kommt dem amtsältesten Mit-glied des Grossen Rates zu. Ihm wird das Privileg zuteil, die konstituierende Session bis zur Ernennung des neuen Präsidenten zu präsidieren (vgl. «Kon-stituierende Session»).
EintretenDie erste Etappe der Erarbeitung eines Gesetzes, in deren Rahmen der Gro-sse Rat entscheidet, ob er den Entwurf überhaupt prüfen will oder nicht.
Landeshauptmann Der Grossratspräsident. Allerdings war dieser Titel ursprünglich dem Staatsratspräsidenten vorbehalten, wie in der Verfassung von 1802 zu lesen ist.
Leistungsauftrag Eine Vereinbarung über die von einer Dienststelle der Verwaltung zu erbrin-genden Leistungen. Im Leistungsauf-trag werden die zu erreichenden Zie-le, die Prioritäten, die Qualitäts- und Leistungsindikatoren sowie die zur Erbringung dieser Leistungen nötigen finanziellen und personellen Ressour-cen festgelegt. Der Grosse Rat handelt die politischen Leistungsaufträge mit dem Staatsrat aus.
LesungDie Prüfung eines Gesetzes durch das Parlament (Detailberatung). Wenn die Prüfung in die zweite Runde geht, spricht man folglich von der zweiten Lesung.
Memorialistin Die Sessionen des Grossen Rates wer-den aufgezeichnet und anschliessend
Estrade Podium im Grossratssaal, auf dem sich die Plätze des Präsidiums des Grossen Rates befinden.
Geheime BeratungDie Sessionen des Grossen Rates sind öffentlich. In Ausnahmefällen sind al-lerdings geheime und nicht publizierte Beratungen erforderlich. Dies ist bei-spielsweise bei der Prüfung der Begna-digungsgesuche der Fall.
Immunität Die Abgeordneten können für die in Ausübung ihres Grossratsmandats gemachten Äusserungen und unter-breiteten Berichte nicht strafrechtlich verfolgt werden. Einzig das Parlament kann diese Immunität aufheben.
Konstituierende SessionAn der ersten Sitzung nach den Wah-len, die alle vier Jahre stattfinden, wird das neue Parlament «konstituiert», d.h. gebildet. Die im Monat Mai fol-gende Session gilt als erste ordentliche Session.
hinsichtlich ihrer Veröffentlichung und Archivierung auf Deutsch und Französisch niedergeschrieben. Das «Memorial» oder «Bulletin des Gro-ssen Rates» wird von der Memorialis-tin verfasst.
Plenum Versammlung sämtlicher Mitglieder des Grossen Rates, Vollversammlung. Wird im Ausdruck «im Plenum» ver-wendet.
Suppleant Die Suppleanten vertreten die Abge-ordneten, wenn diese verhindert sind. Ein Suppleant kann jeden Abgeordne-ten seiner Partei vertreten.
34 35
36 37