mikro konomik b 2. entscheidung bei unsicherheit · mikro b - entscheidung bei unsicherheit...
TRANSCRIPT
Mikrookonomik B2. Entscheidung bei Unsicherheit
Dennis L. Gartner
14. April 2011
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Entscheidung bei Unsicherheit
◮ Literaturangaben:◮ Varian (2007), Kapitel 12, 13◮ Jehle und Reny (2001), Kapitel 2.4◮ Kreps (1990), Kapitel 3.
◮ Bisher: Entscheidung zwischen verschiedenenHandlungsalternativen (Guterbundeln, Konsumplanen).
◮ Folgen der Entscheidung sind bekannt und treten mitSicherheit ein.
2 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Entscheidung bei Unsicherheit
◮ Was, wenn manche Guterbundel nicht immer mitSicherheit, sondern zufallig verfugbar sind?
◮ Das Gut ”Skifahren in den schweizer Alpen” ist z.B. nurverfugbar, falls dort die richtigen Temperaturen herrschen.
◮ Ganz allgemein hangt das Ergebnis einer Entscheidung oftnicht nur von der gewahlten Handlungsalternative ab,sondern auch vom Zufall, der Realisation eines Zustandsder Welt .
◮ Zustand der Welt kann z.B. das Wetter sein, aber auch derEintritt eines Schadens, Erfolg oder Misserfolg bei einemTest, der Entwicklung eines neuen Produkts, etc.
3 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Fragen, welche wir beantworten wollen
◮ Wie kann man Praferenzen uber unsichere Ergebnisse vonEntscheidungen formal beschreiben?
◮ Was bedeutet rationales Verhalten (Optimieren unterAusnutzung verfugbarer Informationen) bei Unsicherheit?
◮ Wie kann man dies in einem Modell abstrakt abbilden?◮ Welche theoretischen Vorhersagen ergeben sich fur
empirisch beobachtbares Verhalten?◮ Welche Implikationen fur wirtschaftliches Handeln folgen
aus der Theorie?
4 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien: Skiurlaub in den schweizer Alpen
◮ Entweder es liegt Schnee oder nicht.◮ D.h. es gibt zwei Zustande der Welt, S und N.◮ Beide Zustande der Welt treten mit einer bestimmten
Wahrscheinlichkeit ein, sagen wir pS und pN .◮ Nachdem sich beide Zustande gegenseitig ausschliessen
(sie sind disjunkt), gilt pS + pN = 1.◮ Das Gut Skifahren ist nur im Zustand der Welt S erhaltlich,
ansonsten mussen Brettspiele konsumiert werden.
5 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien
◮ Skiurlaub in den schweizer Alpen ist also ein Glucksspiel,eine Lotterie .
◮ D.h. das Guterbundel, das im Urlaub konsumiert wird, istunsicher und gegeben durch{
2 Tage Skifahren . . .mit Wahrscheinlichkeit pS,2 Tage Brettspiele . . .mit Wahrscheinlichkeit 1 − pS.
}
◮ Dabei sind Skifahren und Brettspiele Ergebnisse(outcomes) der Lotterie.
◮ Eintritts-Wahrscheinlichkeiten (pS) sind in diesem Teil derVorlesung immer objektiv (konnten auch subjektiv sein!).
6 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien
Allgemeiner Formalismus◮ Bezeichne die Menge aller moglichen Ergebnisse mit
A = {a1,a2, . . . ,an}; wir konzentrieren uns hier derEinfachheit halber auf numerische Ergebnisauszahlungen.
◮ Bezeichne die Wahrscheinlichkeitsverteilung uber A mitp = (p1, . . . ,pn) wobei pi ≥ 0 fur i = 1, . . . ,n und∑n
i=1 pi = 1. D.h. Wahrscheinlichkeit fur Ergebnis ai ist pi .◮ Bezeichne die Menge aller moglichen Wahrscheinlichkeits-
verteilungen (Lotterien) uber A mit P.◮ Ein sicheres Ergebnis (z.B. ein Guterbundel) kann als
Lotterie uber A = {x} mit px = 1 beschrieben werden.
7 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien
◮ Eine Wahrscheinlichkeitsverteilung p uber eineErgebnismenge A = {a1,a2, . . . ,an} nennt man eineeinfache Lotterie gS,
gS = (p1 ◦ a1,p2 ◦ a2, . . . ,pn ◦ an).
◮ Das Symbol ‘◦’ steht dabei fur eine Zuordnung vonWahrscheinlichkeit und Ergebnis.
◮ Eine Ergebnismenge kann selber auch Lotterienbeinhalten, z.B. A = {g1,g2, . . . ,gn}.
◮ In diesem Fall nennt man die Wahrscheinlichkeitsverteilungp uber A eine zusammengesetzte Lotterie g,
g = (p1 ◦ g1,p2 ◦ g2, . . . ,pn ◦ gn).
8 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Einfache und zusammengesetzte Lotterien graphisch
a1
gS
p
ttttttttttttttttttttt q
1−p−q
JJJJ
JJJJ
JJJJ
JJJJ
JJJJ
Ja3
a2
Abbildung: Einfache Lotterie gS = (p ◦ a1, q ◦ a3, (1−p−q) ◦ a2).
9 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Einfache und zusammengesetzte Lotterien graphisch
a1
a3
g
p
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx q
1−p−q
FFFF
FFFF
FFFF
FFFF
FFFF
FFg′
q′
qqqqqqqqqqqqq
1−q′
MMMM
MMMM
MMMM
M
a4
a2
Abbildung: Zusammengesetzte Lotterieg = (p ◦ a1, q ◦ g′, (1−p−q) ◦ a2).
10 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien◮ Bezeichne Menge aller (zusammengesetzten) Lotterien
mit G.◮ Beispiel Skiurlaub:
◮ Skiurlaub hangt davon ab, ob das Auto funktioniert.◮ Mit Wahrscheinlichkeit 1 − q fahrt es, mit q muss es in die
Werkstatt und Gut “Brettspiele zuhause” wird konsumiert.◮ D.h. die Autofahrt in den Skiurlaub ist eine
zusammengesetzte Lotterie der Form
g = (q ◦ a1, (1 − q) ◦ (p ◦ a2, (1 − p) ◦ a3)).
◮ Ist g aquivalent zu
g′ = (q ◦ a1, (1 − q)p ◦ a2, (1 − q)(1 − p) ◦ a3)?
Nicht klar, hangt von Praferenzen ab! Aber wir werden dieReduktionseigenschaft einfach annehmen.
11 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Reduktion zusammengesetzter Lotterien
◮ Einfache Lotterie: Wahrscheinlichkeitsverteilung uberErgebnismenge A.
◮ Zusammengesetzte Lotterie:Wahrscheinlichkeitsverteilung uber andere Lotterien.
◮ Reduktion zusammengesetzter Lotterie g auf einfacheLotterie:
◮ Ausrechnen der Eintrittswahrscheinlichkeit fur jedesErgebnis in A gegeben die Wahrscheinlichkeiten in g undallen zusammengesetzten Lotterien in g.
◮ Ergibt einfache Lotterie, die von g impliziert wird.
12 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Reduktion zusammengesetzter Lotterien graphischa1
a3
g
p
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx q
1−p−q
FFFF
FFFF
FFFF
FFFF
FFFF
FFg′
q′
qqqqqqqqqqqqq
1−q′
MMMM
MMMM
MMMM
M
a4
a2
Abbildung: Zusammengesetzte Lotterieg = (p ◦ a1, q ◦ g′, (1−p−q) ◦ a2).
13 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Reduktion zusammengesetzter Lotterien graphisch
a1
a3
gS
p
wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwww
qq′
ffffffffffffffffffffffffffffffff
q(1−q′)
XXXXXXXX
XXXXXXXX
XXXXXXXX
XXXXXXXX
1−p−q
GGGG
GGGG
GGGG
GGGG
GGGG
GG
a4
a2
Abbildung: Reduktion der zusammengesetzte Lotterie g lasst auf dieeinfache Lotterie gS = (p ◦ a1, (1−p−q) ◦ a2, qq′ ◦ a3, q(1−q′) ◦ a4).
14 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterie vs. Zufallsvariable
◮ Fur den Moment: seien Ergebnisse a1, . . . ,an ∈ A Zahlen(z.B. Geldbetrage).
◮ Mathematisch ist eine einfache Lotterie dann nichtsanderes als eine Zufallsvariable.
◮ Eine einfache Lotterie g = (p1 ◦ a1,p2 ◦ a2, . . . ,pn ◦ an)kann man ebenso beschreiben als
◮ eine Zufallsvariable a verteilt gemass der DichtefunktionP(ai) = pi auf dem Wahrscheinlichkeitstrager (support) A.
◮ Der Erwartungswert von a ist E[a] =∑n
i=1 piai .◮ Diese Vorlesung verwendet das Konzept Lotterie, lasst
sich aber auch uber Zufallsvariablen darstellen.
15 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex P aradoxa
Praferenzen uber Lotterien
◮ Lotterien stellen wohldefinierte Mengen vonEntscheidungsalternativen dar.
◮ Um Entscheidungen bei Unsicherheit zu modellieren, wirdein Modell der Praferenzen uber Lotterien benotigt (analogzur Nutzentheorie bei Sicherheit).
◮ Wir werden in der Folge – analog zum Vorgehen beiSicherheit – Annahmen an die Praferenzordnung stellen,welche die Existenz einer Nutzenfunktion sicherstellen.
◮ Diese Nutzenfunktion u(g) ist uber die Menge derLotterien definiert.
16 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex P aradoxa
Praferenzen uber Lotterien
◮ Eine Nutzenfunktion u(g), die direkt aufWahrscheinlichkeitsverteilungen definiert ist, ist sowohlanalytisch als auch empirisch schwer zu ermitteln.
◮ Sehr viel angenehmer ware es, mit einer Nutzenfunktionzu arbeiten, die auf der Ergebnismenge definiert ist.
◮ Ein Beispiel dafur ist die folgende Nutzenfunktion
u(g) = E[a] =n∑
i=1
piai .
◮ D.h. die Lotterie ist gerade so gut wie ihr Erwartungswert.Dies erscheint bei monetaren Ergebnissen nicht unsinnig.
17 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex P aradoxa
St. Petersburg-Paradox
◮ Gegeben ist folgendes Glucksspiel g:◮ Eine faire Munze wird solange geworfen, bis zum ersten
Mal ‘Zahl’ erscheint.◮ Falls ‘Zahl’ zum ersten Mal beim n-ten Munzwurf auftritt,
wird ein Betrag von 2ne ausgezahlt.
# 1 2 3 4 5 6 7 8e 2 4 8 16 32 64 128 256
◮ Wieviel wurden Sie bezahlen, um an diesem Glucksspielteilzunehmen?
◮ Die meisten Befragten antworten in der Grossenordnungvon 3–5e.
18 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex P aradoxa
Daniel Bernoullis St. Petersburg-Paradox
◮ Erwartungswert der Lotterie g?
E[g] =12
2 +14
4 + . . . =
∞∑
t=1
(12
)t
2t =
∞∑
t=1
1 → ∞.
◮ Gewisse Diskrepanz in beobachteter Zahlungsbereitschaftfur g und dem Erwartungswert von g.
◮ Bernoullis Vorschlag: Ergebnisse 2n mit einer konkavenFunktion zu bewerten, damit werden fruhere (kleinere)Auszahlungen hoher gewichtet und dieZahlungsbereitschaft fur g wird endlich.
19 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex P aradoxa
Daniel Bernoulli
Daniel Bernoulli (1700-1782) 6= Jakob Bernoulli (-Verteilung!)
20 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Praferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex P aradoxa
St. Petersburg-Paradox◮ Bernoullis Vorschlag fur eine Nutzenfunktion unter
Unsicherheit:
U(g) =n∑
t=1
pt ln(at) =
∞∑
t=1
12t ln(2t) =
ln(4)2
∞∑
t=1
t2t
︸ ︷︷ ︸
=2
= ln(4) ≃ 1.4.
◮ Damit ware das Glucksspiel g genauso gut wie einesichere Auszahlung von 4e.
◮ Annahme, Ergebnisse mit ln(at) zu bewerten ist willkurlich.◮ U(g) linear in Wahrscheinlichkeiten, damit Nutzen direkt
auf Ergebnismenge definierbar.◮ Dies ist eine sehr angenehme Form, die das Rechnen
erleichtert und einfache Vergleichbarkeit von Lotterienermoglicht.
21 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Erwartungsnutzen-Eigenschaft
Formal lasst sich diese angenehme Form allgemein sobeschreiben:
Definition (Erwartungsnutzen-Eigenschaft)Eine reellwertige Nutzenfunktion U(g) hat dieErwartungsnutzen-Eigenschaft, wenn fur alle g ∈ G gilt
U(g) =n∑
i=1
piu(ai),
wobei (p1 ◦ a1,p2 ◦ a2, . . . ,pn ◦ an) die von g induzierte einfacheLotterie ist.
22 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Erwartungsnutzen-Eigenschaft
◮ Erwartungsnutzen-Eigenschaft ist gleichbedeutend mit
U(g) =n∑
i=1
pi(g)u(ai) = E[u(ai)],
wobei E[·] der Erwartungswert bezuglich Verteilung p(g)ist.
◮ D.h. ein Individuum maximiert den Erwartungswert einerNutzenfunktion (Erwartungsnutzen) und nicht z.B. denNutzen des Erwartungswerts.
23 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Erwartungsnutzen
◮ Die Erwartungsnutzen-Eigenschaft postuliert eineNutzenfunktion der Form
U(g) =n∑
i=1
piu(ai)
◮ U(g) wird Erwartungsnutzen oder vonNeumann-Morgenstern (vNM) Nutzenfunktion genannt.
◮ u(ai) wird als Bernoulli-Nutzenfunktion bezeichnet.◮ Falls die Ergebnismenge A ein Guterraum X ist, kann u(x)
eine Nutzenfunktion aus der Konsumententheorie sein.◮ Falls die Ergebnismenge A verschiedene Einkommen y
enthalt, dann kann u(y) eine indirekte Nutzenfunktion sein.
24 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Invarianz bezuglich positiver linearer TransformationProposition (Invarianz bezuglich positiver linearerTransformation)Angenommen U und V sind zwei vNM Nutzenfunktionen mitden zugehorigen Bernoulli-Nutzenfunktionen u und v, diedieselbe Praferenzordnung � uber G reprasentieren. Dannexistieren a,b mit b > 0, so dass u(x) = a + bv(x).
◮ Erwartungsnutzen sind linear in Wahrscheinlichkeiten.◮ Bernoulli-Nutzenfunktionen sind (wie in
Konsumententheorie) invariant bezuglich monotonerpositiver Transformationen.
◮ Daher sind auch vNM Nutzenfunktionen nicht eindeutigbestimmt.
◮ Beweis: Wird hier nicht vorgestellt—aber die Idee folgt.
25 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
BeweisideeBernoulli Nutzenfunktionen fur riskikoaverse und risikofreudigeEinstellungen.
u(3)
u(3)
u(2)
u(2)
12u(1) + 1
2u(3)
12u(1) + 1
2u(3)
u(1)
u(1)
ee11 22 33
u(x)u(x)
Da also die Form der Bernoullifunktion u(·) eine Rolle spielt,konnen Erwartungsnutzenfunktionen nur linear steigendtransformiert werden.
26 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Erwartungsnutzen
◮ Das Invarianzresultat bedeutet, dass derErwartungsnutzen mehr Information enthalt als eineNutzenfunktion aus der Konsumententheorie.
◮ Nutzenfunktion aus der Konsumententheorie war reinordinal.
◮ Erwartungsnutzen nicht nur Ordnungsnummer einesErgebnisses.
◮ Nutzendifferenz zwischen verschiedenen Ergebnissenkann nicht beliebig verandert werden und doch dieselbePraferenzordnung uber Lotterien abbilden!
◮ D.h. Erwartungsnutzen kein ordinales, sondern einkardinales Konzept.
27 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Verhaltensimplikationen
◮ Erwartungsnutzen-Eigenschaft der Nutzenfunktion ist eineAnnahme an das Verhalten der Entscheider.
◮ Welche Einschrankungen an das Entscheidungsverhaltenwird durch das Konzept Erwartungsnutzen impliziert? Sinddiese Verhaltensimplikationen plausibel?
◮ Es existiert eine Axiomatisierung der Erwartungsnutzen-Eigenschaft. D.h., es existieren eine Reihe von Annahmenan die Praferenzen der Wirtschaftssubjekte, diesicherstellen, dass diese durch eine Nutzenfunktion mit derErwartungsnutzen- Eigenschaft dargestellt werdenkonnen.
28 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Die Axiome der Erwartungsnutzentheorie
1. Rationalitat
2. Stetigkeit
3. Reduktion
4. Unabhangigkeit
29 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Axiome der Erwartungsnutzentheorie
1. Rationalit at: Die Praferenzrelation % uber G istvollstandig, reflexiv und transitiv, d.h.
(i) Fur alle g, g′ in G gilt entweder g % g′, g � g′, oder beides.(ii) Fur alle g in G gilt g % g.(iii) Fur alle g, g′, g′′ in G gilt: g % g′ und g′ % g′′ impliziert
g % g′′.
Dies entspricht den ublichen Rationalitatsannahmen an diePraferenzrelation eines Konsumenten uber Guterbundel unterSicherheit.
30 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Axiome der Erwartungsnutzentheorie
2. Stetigkeit: Fur alle g, g′, g′′ in G mit g ≻ g′ ≻ g′′ existierenreelle Zahlen α, β ∈ (0,1), so dass(α ◦ g, (1 − α) ◦ g′′) ≻ g′ ≻ (β ◦ g, (1 − β) ◦ g′′).
Diese Annahme impliziert, dass immer ein trade-off inWahrscheinlichkeiten zwischen verschiedenen Lotterienbestehen muss (ahnlich der Stetigkeitsannahme derKonsumententheorie).
31 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Axiome der Erwartungsnutzentheorie
3. Reduktion: Fur alle g, g′ in G, die dieselbeWahrscheinlichkeitsverteilung uber die Ergebnisse Aimplizieren, gilt g ∼ g′.
Dies bedeutet, die Lotterien
g = (q ◦ a1, (1 − q) ◦ (p ◦ a2, (1 − p) ◦ a3)) und
g′ = (q ◦ a1, (1 − q)p ◦ a2, (1 − q)(1 − p) ◦ a3)
aus dem Skiurlaub-Beispiel sind tatsachlich gleichwertig unterder Praferenzordnung des Entscheiders.
32 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Axiome der Erwartungsnutzentheorie
4. Unabh angigkeit: Fur alle g, g′, g′′ in G mit g ≻ g′ gilt,dass (α ◦ g, (1 − α) ◦ g′′) ≻ (α ◦ g′, (1 − α) ◦ g′′) fur alleα ∈ (0,1).
Die Praferenz fur eine zusammengesetzte Lotterie hangt nichtvon gemeinsamen Konsequenzen g′′ ab.
Anm: Fur die Indifferenzrelation % lasst sich dasgleichlautendende Axiom fur alle α ∈ [0,1] definieren.
33 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Monotonie
◮ Lemma (Monotonie)Unter den Annahmen Rationalitat, Stetigkeit, Reduktion undUnabhangigkeit gilt fur alle g, g′ in G mit g ≻ g′, dass(α ◦ g, (1 − α) ◦ g′) ≻ (β ◦ g, (1 − β) ◦ g′) mit α, β ∈ [0,1] genaudann wenn α > β.
Der Beweis wird hier nicht vorgestellt. Monotonie bedeutet,dass mehr Wahrscheinlichkeit auf praferierten Ergebnissenimmer besser ist (ahnlich zur Monotonie in derKonsumententheorie).
34 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Das von Neumann-MorgensternReprasentationstheorem
◮ Theorem (von Neumann-Morgenstern)Die Praferenzrelation % uber Lotterien erfullt die AnnahmenRationalitat, Stetigkeit, Reduktion und Unabhangigkeit dannund nur dann, wenn eine Nutzenfunktion U : G 7→ R existiert,welche % reprasentiert und die Erwartungsnutzen-Eigenschaft
U(g) =n∑
i=1
piu(ai) besitzt.
Das Theorem sagt, dass die vorgestellten Axiome notwendigund hinreichend sind fur Reprasentation einerPraferenzordnung uber Lotterien durch den Erwartungsnutzen.Der Beweis wird hier nicht vorgestellt.
35 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
von Neumann und Morgenstern
John von Neumann Oskar Morgenstern
36 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Bedeutung des vNM-Theorems
◮ Falls ein Individuum Praferenzen hat, welche denvNM-Axiomen genugen, so existiert eine Nutzenfunktionuber Lotterien, welche die Erwartungsnutzeneigenschaftbesitzt.
◮ D.h. die Eigenschaft, den erwarteten Nutzen alsZielfunktion zu haben, basiert auf Annahmen direkt an diePraferenzen eines Entscheidungstragers.
◮ Umgekehrt impliziert die Annahme einerErwartungsnutzenfunktion, dass die Praferenzen einesEntscheiders den Axiomen genugen.
37 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Anwendungen
◮ Erwartungsnutzentheorie ermoglicht es◮ optimale Entscheidungen zu treffen (normativ), oder◮ das Verhalten von Entscheidern vorherzusagen (positiv).
◮ Potentiell grosse Menge an Anwendungen der Theorie◮ Berufswahl: Beamter oder Unternehmer?◮ Prufungsvorbereitung: Wieviel Mut zur Lucke?◮ Heirats-Entscheidung: Wann sollte man aufhoren zu
suchen?◮ Portfolioentscheidung: Aktien oder Anleihen?◮ Versicherungswahl: Wie hoch sollte man sich versichern?◮ Wert von Information: Was sollte Wissen uber den wahren
Zustand der Welt kosten?
38 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Einkommensrisiko und monetareAuszahlungen
◮ Im Leben eines Bauern gebe es zwei mogliche Zustande:genug Regen G und kein Regen S.
Zustand G tritt mit Wahrscheinlichkeit pG und S mit derGegenwahrscheinlichkeit 1 − pG ein.
◮ Ernte und damit Bauerneinkommen y sind vom realisiertenZustand der Welt abhangig, dh. die Ergebnismenge einesBauern ist A = {yG, yS}. Es gelte yS < yG.
◮ Also sieht sich der Bauer folgender Einkommens-Lotteriegegenuber
g = (pG ◦ yG, (1 − pG) ◦ yS).
39 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Einkommens-Lotterie graphisch
yG
g
pG
kkkkkkkkkkkkkkkkkk
1−pGSS
SSSS
SSSS
SSSS
SSSS
S
yS
Abbildung: Einfache Lotterie g = (pG ◦ yG, (1−pG) ◦ yS), d.h. mitWahrscheinlichkeit pG tritt Zustand G ein (→ Einkommen yG),andernfalls tritt Zustand S ein (→ Einkommen yS).
40 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Einkommens-Zustandsdiagramm
(yS
,yG
)
={(yG
,y
S
): Eu(y
) = Eu(y)}
-(1-pG
)/pG
- (1-pG
)/pG
u'(yS
)/u'(y
G
)
(yS
,y
G
)
yG
yS
(yS, yG)
41 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Indifferenzkurven
◮ Indifferenzkurve: Zwischen welchen ZustandseinkommenyG und yS , ist der Bauer indifferent (dh. U(g) konstant, beigegebenen Wahrscheinlichkeiten)?
◮ Erwartungsnutzen von g = (pG◦yG, (1−pG)◦yS):
U(g) = E u(y) = pGu(yG) + (1 − pG)u(yS).
◮ Also: Bauer ist indifferent zwischen Lotterie g und einerLotterie g′ = (pG◦xG, (1−pG)◦xS) mit gleichen Wahrschein-lichkeiten, aber anderen Ergebnissen, genau dann wenn
pGu(yG) + (1 − pG)u(yS) = pGu(xG) + (1 − pG)u(xS).
◮ Damit bilden alle Bundel x = (xG, xS) mit obigerEigenschaft die Indifferenzkurve I.
42 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Indifferenzkurven
(yS
,yG
)
={(yG
,y
S
): Eu(y
) = Eu(y)}
-(1-pG
)/pG
- (1-pG
)/pG
u'(yS
)/u'(y
G
)
(yS
,y
G
)
yG
yS
y = (yS, yG)
I = {(xG, xS) : E u(x) = E u(y)}
Indifferenzkurve I zurAusgangslotterie(pG◦yG, (1−pG)◦yS)gegeben BernoullisVorschlag u(y) = ln(y).
Beachte:Bessermenge von I iststreng konvex.
43 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Indifferenzkurven
◮ Im Punkt (xG, xS) gilt
E u(x) = pGu(xG) + (1 − pG)u(xS).
◮ Variieren von (xG, xS) um (∆xG,∆xS) ergibt
pGu′(xG)∆xG + (1 − pG)u′(xS)∆xS = 0.
◮ Also gilt∆xG
∆xS= −(1 − pG)u′(xS)
pG u′(xG)= GRSGS.
44 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 1: Indifferenzkurven
(yS
,yG
)
={(yG
,y
S
): Eu(y
) = Eu(y)}
-(1-pG
)/pG
- (1-pG
)/pG
u'(yS
)/u'(y
G
)
(yS
,y
G
)
yG
yS
y = (yS, yG)
I = {(xG, xS) : E u(x) = E u(y)}(xG, xS)
−(1−pG)pG
u′(xS)u′(xG)
Negative Steigungvon I entsprichtVerhaltnis derGrenznutzen, d.h. GRSzwischen Einkommenin Zustand G und S.
45 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Versicherung
◮ Gegeben die ursprungliche Lotterie uber Einkommen yG
und yS , wurde der Bauer Einkommen in G gegenEinkommen in S tauschen?
◮ Ja, falls eine Einheit Einkommen in S nicht mehr alsGRSGS Einheiten Einkommen in G kostet.
◮ Eine Moglichkeit, Einkommen zwischen den Zustanden zuverschieben, ist eine Versicherung.
◮ Versicherung hat typischerweise zwei Bestandteile:◮ Leistung (Versicherungssumme): zustandsabhangige
Auszahlung K , die (hier in S) an den Bauern gezahlt wird.◮ Preis (Versicherungspr amie): zustandsunabhangige
Zahlung des Bauern γK , γ ∈ [0, 1], die zurzustandsabhangigen Leistung berechtigt.
46 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Einkommens-Lotterie mit Versicherung
yG − γK
gV
pGiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
1−pG UUUUUU
UUUUUU
UUUUUU
UU
yS − γK + K
Abbildung: Lotterie mit Versicherung gV , Versicherungsleistung ist Kim Zustand S und Versicherungspramie ist γK , formalgV = (pG ◦ yG − γK , (1−pG) ◦ yS − γK + K ).
47 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Versicherung◮ Versicherung mit Versicherungsleistung K im Zustand S
und Versicherungspramie γK verschiebt Einkommenzwischen den Zustanden.
◮ Umtauschrate von G nach S bei Kauf von Leistung K :
Zustand G SEinkommensanderung ∆ −γK +(1 − γ)K
◮ D.h. Umtauschrate (relativer Preis) ist
∆G∆S
= − γK(1 − γ)K
= − γ
1 − γ.
◮ Durch Transfer von yS → γ1−γ yG, hat der Bauer eine
Budgetmenge
B = {(xG, xS) : γxS + (1 − γ)xG ≤ γyS + (1 − γ)yG}.
48 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Transfer von yS → γ1−γyG
(yS
,yG
={(yG
,y
S
): Eu(y
) = Eu(y)}
-(1-pG
)/pG
- (1-pG
)/pG
u'(yS
)/u'(y
G
)
(yS
,y
G
)
yG
yS
y = (yS, yG)
I B = {(xG, xS) : γxS + (1 − γ)xG ≤ γyS + (1 − γ)yG}.
− γ
(1−γ)
Versicherung abbildbarals Menge aller Punkte,die von (yG, yS) auserreichbar sind.
49 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Optimale Versicherungsentscheidung
(yS
,yG
)
={(yG
�,y
S
�): Eu(y
�) = Eu(y)}
-(1-pG
)/pG
- (1-pG
)/pG
� u'(yS
�)/u'(y
G
�)
(yS
�,y
G
�)
yG
yS
y
I
(x∗G, x
∗S)
− γ
(1−γ)
I ′
yG − γK
yS + (1 − γ)K
OptimaleVersicherungsentscheidung(x∗
S , x∗
G) istTangentialpunkt vonIndifferenzkurve undBudgetmenge.
50 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Optimale Entscheidung bei Unsicherheit◮ Steigung der Versicherungsgerade (Budgetgerade) muss
im Optimum gleich der Steigung der Indifferenzkurve sein!◮ Also:
∂∂xS
E[u(x∗
S , x∗
G)]
∂∂x∗
GE[u(x∗
S , x∗
G)]=
∂∂xS
[(1 − pG) ln(x∗
S)]
∂∂xG
[pG ln(x∗
G)]
=(1 − pG)xG
pGxS
!=
γ
1 − γ.
◮ D.h. im Optimum gilt die BEO
(1 − pG)1x∗
S=
γ
1 − γpG
1x∗
G.
51 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Position der Versicherung
◮ Geht fur Preis γK die Lotterie (pG ◦ 0, (1 − pG) ◦ −K ) ein.◮ Erwarteter Profit:
π = γK − (1 − pG)K .
◮ Angenommen, Versicherung macht im SchnittNullgewinne, also π = 0, dann ist γK = (1 − pG)K .
◮ Bei γ = (1 − pG) heisst die Versicherung ‘aktuarisch’ fair ,dh. die Versicherungspramie entspricht den erwartetenKosten.
◮ Faire Versicherungspramie bepreist Zustands-Einkommenmit Eintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen Zustands.
52 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 2: Optimale Entscheidung bei Unsicherheit
◮ Bauern-BEO von zuvor:
x∗
G =pG
1 − pG
γ
1 − γx∗
S .
◮ Aktuarisch faire Versicherung, γ = (1 − pG), impliziert
x∗
G =pG
1 − pG
1 − pG
pGx∗
S = x∗
S .
◮ Also wahlt der Bauer ein zustandsunabhangigesEinkommen E[x ] = x∗
G = x∗
S , d.h. volle Versicherung .
53 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risikoaversion
◮ Beispiel: Streng konvexe Praferenzen imZustands-Diagramm und positive Nachfrage nachVersicherung.
◮ Besteht ein allgemeiner Zusammenhang zwischen Formder Indifferenzkurven / Nutzenfunktion und Nachfrage nachVersicherung?
◮ Wenn die Nachfrage nach Versicherung von der Form derNutzenfunktion abhangt, dann ist diese Form alsRisiko-Einstellung eines Individuums interpretierbar!
◮ Kann also das Risikoverhalten (z.B. suchend odervermeidend) als Parameter der Nutzenfunktion modelliertwerden?
54 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risikoverhalten & Form der Nutzenfunktion
◮ Wie zuvor werden hier nur monetare Auszahlungen w alsErgebnisse betrachtet, dh. Ergebnismenge A = R
+0 .
◮ Die Bernoulli-Nutzenfunktion u(w) uber dieErgebnismenge ist als indirekte Nutzenfunktioninterpretierbar.
◮ u(w), w ∈ R+0 sei mindestens so oft stetig differenzierbar
in w wie benotigt.◮ Technische Annahme: A enthalt nur endlich viele
Ergebnisse mit positiver Wahrscheinlichkeit.
55 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Jensens Ungleichung
◮ Vermutung: Konvexitat der Bessermengen wichtig.◮ Individuum fragt Versicherung nach, wenn Nutzen aus
Erwartungswert einer Lotterie g = (p1 ◦ w1, . . . ,pn ◦ wn)hoher als Nutzen aus g, also wenn
u(E[g]) > E[u(g)] ⇔ u
(n∑
i=1
piwi
)
>n∑
i=1
piu(wi).
◮ Diese Ungleichung halt genau dann, wenn u(w) strengkonkav ist; sie heisst Jensens Ungleichung .
56 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risikoaversion◮ Klassifizierung der Risikoeinstellungen von Individuen
nach ihrer Nachfrage nach fairer Versicherung.◮ Dies entspricht nach Jensens Ungleichung einer
Klassifizierung anhand der Eigenschaften derNutzenfunktion.
DefinitionEin Individuum mit einer vNM-Nutzenfunktion U(g) = E[u(w)]uber einfache Lotterien g = (p1 ◦ w1, . . . ,pn ◦ wn) istbezuglich g
◮ risikoavers , falls u(E[g]) > E[u(w)],
◮ risikoneutral , falls u(E[g]) = E[u(w)],
◮ risikofreudig , falls u(E[g]) < E[u(w)].
57 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risikoaversion
◮ Ein Individuum kann sich bezuglich einer einfachenLotterie g risikoavers, sich aber bezuglich einer andereneinfachen Lotterie g′ 6= g risikofreudig verhalten.
◮ Falls ein Individuum fur jede nicht-triviale Lotterie grisikoavers ist, sagt man das Individuum ist risikoavers.
◮ Analoges gilt fur Risikoneutralitat und Risikofreude.◮ Jensens Ungleichung impliziert, dass dies bestimmten
Eigenschaften der Bernoulli Nutzenfunktion u(·) entspricht.
58 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion
u(w1
)
u(w2
)
E[u(w)]
u(E[w])
w1
w2
E[w]
(1-p1
)(w2
- w1
) p1
(w2
- w1
)
u(w)
u(·)
e
Gegeben sei einekonkave BernoulliNutzenfunktion (alsou′′ < 0) und dieLotterie(p1 ◦ w1, (1 − p1) ◦ w2).
59 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion
w
u(w1
)
u(w2
)
E[u(w)]
u(E[w])
w1
w2
u(w)
P
(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)
E[w ]
u(·)
e
Erwartungswert E[w ]der Lotterie(p1 ◦ w1, (1 − p1) ◦ w2)lasst sich durchStreckenteilungdarstellen.
60 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion
w
u(w1
)
u(w2
)
E[u(w)]
u(E[w])
w1
w2
u(w)
P
(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)
E[w ]
u(·)
e
Ahnlich kann man denErwartungswert derNutzenwertebestimmen.
61 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion
w
u(w1
)
u(w2
)
E[u(w)]
u(E[w])
w1
w2
u(w)
SÄ P
(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)
E[w ]
u(·)
e
E[u(w)]
Erwartungsnutzen alsPunkt auf Konvex-kombination dereinzelnen Nutzenwerteaus den Auszahlungenw1 und w2.
62 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion
w
u(w1)
u(w2)
E[u(w)]
u(E[w])
w1
w2
u(w)
SÄ P
(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)
E[w ]
u(·)
e
E[u(w)]
u(E[w ])
Jensens Ungleichung
u
(n∑
i=1
piwi
)
>n∑
i=1
piu(wi)
besagt, dass fur strengkonkave u(·), derErwartungsnutzenkleiner ist als Nutzendes Erwartungswertes.
63 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Graphische Interpretation der Bernoulli Nutzenfunktion
w
u(w1
)
u(w2
)
E[u(w)]
u(E[w])
w1
w2
u(w)
SÄ
(1 − p1)(w2 − w1) p1(w2 − w1)
E[w ]
u(·)
e
E[u(w)]
u(E[w ])SA P
u(E[w ]− P)Sicherheits aquivalentSA: sichere Auszahlung,die gleichen Nutzenverschafft wie Lotterie.
Riskopr amie P:Differenz zwischenErwartungswert undSicherheitsaquivalent derLotterie.
64 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Sicherheitsaquivalent
DefinitionDas Sicherheits aquivalent einer einfachen Lotterie g ubermonetare Auszahlungen w ist eine Auszahlung SA(g), so dassu(SA(g)) = E[u(w)].
Das Sicherheitsaquivalent einer Lotterie g beschreibt also, wiehoch eine sichere Auszahlung sein muss, damit ein Individuumgerade indifferent zwischen der sicheren Auszahlung und g ist.
Das Sicherheitsaquivalent reflektiert Risikoeinstellung: Falls◮ SA(g) < E[w ], so ist das Individuum risikoavers bzgl g,◮ SA(g) = E[w ], so ist das Individuum risikoneutral bzgl g,◮ SA(g) > E[w ]), so ist das Individuum risikofreudig bzgl g.
65 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
RisikopramieDefinitionDie Risikopr amie einer einfachen Lotterie g uber monetareAuszahlungen w ist eine Auszahlung P(g), so dassE[u(w)] = u(E[w ]− P(g)).
Die Risikopramie einer Lotterie g beschreibt also, welchenBetrag ein Individuum gerade bereit ist zu bezahlen, um dieLotterie g zu vermeiden. Es gilt:
P(g) + SA(g) = E[w ], fur alle g ∈ G.Risikopramie und Risikoeinstellung: Falls
◮ P(g) > 0, so ist das Individuum risikoavers bzgl g,◮ P(g) = 0, so ist das Individuum risikoneutral bzgl g,◮ P(g) < 0, so ist das Individuum risikofreudig bzgl g.
(Die Risikopramie ist nicht gleich der Versicherungspramie.)66 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Masse der Risikoeinstellung
◮ Messung und Vergleich von Risikoeinstellungenverschiedener Individuen?
◮ Interessant fur◮ Verhalten auf Kapitalmarkten,◮ Nachfrage nach Versicherung.
◮ Wann ist ein Individuum risiko-averser als ein anderes?◮ Generell oder bezuglich einer bestimmten Lotterie?◮ Vorschlag: Risikopramie als Mass der Risikoeinstellung.
67 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Masse der Risikoeinstellung
◮ Risikopramie P(g): Ein Individuum ist risikoaverser als einanderes bezuglich einer einfachen Lotterie g, falls seineRisikopramie fur g hoher ist.
◮ Diese Charakterisierung hangt von Lotterien g ab; eskonnte technisch aufwendig sein, Risikoeinstellungen zuvergleichen.
◮ Vielleicht konnte ein adaquates Mass auch uberEigenschaften der Bernoulli-Nutzenfunktion u(w) definiertwerden?
68 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion
E[u(w)]
u(E[w])SÄ P
u(w)
w1 E[w ]
u(·)
ew2
Gegeben sei eineNutzenfunktion u(w)und eine Lotterie g =(p1 ◦ w1, (1 − p1) ◦ w2)mitErwartungswert E[w ].
69 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion
u(E[w])SÄ P
u(w)
w1 E[w ]
u(·)
ew2
E[u(w)]P
BerechneErwartungsnutzenE[u(w)] undRisikopramieP(g).
70 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion
u(E[w])SÄ P
u2(w) = w1/2
w1 E[w ]
u(·)
ew2
u3(w) = w1/3
u4(w) = w1/4
u5(w) = w1/5
71 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Krummung der Bernoulli Nutzenfunktion
u(E[w])SÄ P
u2(w) = w1/2
w1 E[w ]
u(·)
ew2
u3(w) = w1/3
u4(w) = w1/4
u5(w) = w1/5
Risikopramie hoher fur starkere Krummung der Nutzenfunktion!72 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Masse der Risikoeinstellung
◮ Je gekrummter die Bernoulli-Nutzenfunktion, desto hoherdie Risikopramie P der Lotterie g.
◮ Gilt dies nur fur g oder allgemein?◮ Was ware ein einfaches Krummungsmass?◮ Die Krummung einer Funktion wird bestimmt durch ihre
zweite Ableitung, die angibt, wie stark ihre erste Ableitungsteigt bzw. fallt.
73 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Arrow-Pratt-Mass der absoluten Risikoaversion
Definition (Arrow-Pratt-Mass der absolutenRisikoaversion)Das Arrow-Pratt-Mass der absoluten Risikoaversion Ra(w)is gegeben durch
Ra(w) = −u′′(w)
u′(w).
Ra(w) ist◮ streng positiv, wenn u(w) streng konkav ist (u′′ < 0),◮ Null, wenn u(w) linear ist (u′′ = 0), und◮ streng negativ, wenn u(w) streng konvex ist (u′′ > 0).
Je grosser Ra(w) ist, desto grosser die “Risikoaversion.”
74 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel: Arrow-Pratt-Mass von u(w) =√
w
E[u(w)]
u(E[w])SÄ P
u(w) =√
w = w12
u(·)
w
u′(w) =12
w−12 ,
u′′(w) = − 14
w−32 ,
Ra(w) = −u′′(w)
u′(w)=
14w−
32
12w−
12
=1
2w.
75 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Arrow-Pratt-Mass der absoluten Risikoaversion
Das Arrow-Pratt-Mass der absoluten RisikoaversionRa(w) = −u′′(w)/u′(w)
◮ ist invariant bezuglich linearer Transformationen derNutzenfunktion.
◮ enthalt alle identifizierenden Eigenschaften einerNutzenfunktion, d.h. kennt man Ra(w) fur alle w ∈ A, kannman daraus die (bis auf positiv-lineare Transformationeindeutige) zugehorige Nutzenfunktion konstruieren.
◮ ist ein lokales Mass, kann also in w variieren! Also kannsich die Risikoaversion eines Individuums in der Hohe derAuszahlungen einer Lotterie und damit ebenfalls imAnfangsvermogen eines Individuums verandern.
76 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Absolute Risikoaversion und Risikopramie
PropositionFur zwei monoton steigende, streng konkave Nutzenfunktionenu1(w) und u2(w) sind die folgenden Bedingungen aquivalent:
(i) R1a(w) ≥ R2
a(w) fur alle Ergebnisse w ∈ A und
(ii) P1(g) ≥ P2(g) fur alle Lotterien g ∈ G.
⇒ Also misst Ra in der Tat die Risikoaversion (ebenso wie P).
77 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Absolute Risikoaversion und Risikopramie
◮ Intuition: Sowohl Risikopramie als auch absolute Risiko-aversion sind Masse der Konkavitat einer Nutzenfunktion.
◮ Man kann auch zeigen, dass Bedingungen (i) und (ii)aquivalent sind zu dieser Bedingung:u1(·) ist eine konkave Transformation von u2(·).
Def. u1(·) heisst konkave Transformation von u2(·) wenn gilt,dass u1(w) ≡ ρ(u2(w)) fur eine steigende und konkaveFunktion ρ(·).
78 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Absolute Risikoaversion und Einkommensanderung
◮ Die Risikopramie einer Lotterie g ist ein intuitives Mass furdie Risikoeinstellung eines Entscheiders(Zahlungsbereitschaft, um Lotterie g zu vermeiden).
◮ Falls Einkommen eines Individuums steigt, konnte sich dieRisikopramie fur g verandern.
◮ Beispiel: Zu welchem Preis wurden sie folgende Wetteakzeptieren, bei der sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit 1ebezahlen mussen oder 1e bekommen?
79 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel: Einkommmenslotterien in den Fallen (a)und (b)
2 1.000.001
ga
1/2kkkkkkkkkkkkkkkkkk
1/2SS
SSSS
SSSS
SSSS
SSSS gb
1/2iiiiiiiiiiiiiiiiiiii
1/2 UUUUUU
UUUUUU
UUUUUU
U
0 999.999
Abbildung: Durch die ±1e-Wette induzierte Einkommenslotterien ga
und gb unter den Einkommen 1e und 1 Mio e.
80 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Absolute Risikoaversion und Einkommensanderung
Proposition (Arrow-Pratt)Fur jede vNM-Nutzenfunktion E[u(w)], u(w) streng monotonsteigend und streng konkav, sind diese Aussagen aquivalent:
(i) Ra(w) ist eine fallende (konstante, steigende) Funktionvon w.
(ii) Risikopramie P(g) einer Lotterie g mit Auszahlungenwi = w ± εi , εi hinreichend klein im Vergleich zu w, ist einefallende (konstante, steigende) Funktion von w.
⇒ Veranderung von Risikopramie und absoluterRisikoaversion im Einkommen w haben das gleicheVorzeichen.
81 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
DARA: Funktionen mit fallender absoluterRisikoaversion
◮ Falls das Arrow-Pratt-Mass der absoluten Risikoaversioneiner Funktion im Einkommen sinkt, bezeichnet man dieseFunktion als DARA -Funktion (decreasing absolute riskaversion).
◮ Formal: Falls fur eine Nutzenfunktion u(w) gilt, dass∂Ra(w)
∂w < 0, dann ist u(w) eine DARA Nutzenfunktion.
◮ Beispiel: u(w) =√
w .◮ Ableitungen: u′(w) = 1
2 w−12 und u′′(w) = − 1
4 w−32 .
◮ Daher ist Ra =14 w−
32
12 w−
12= 1
21w .
◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w = − 1
21
w2 < 0.
82 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
CARA: Funktionen mit konstanter absoluterRisikoaversion
◮ Falls das Arrow-Pratt-Mass der absoluten Risikoaversioneiner Funktion im Einkommen konstant bleibt, nennt mandiese Funktion CARA -Funktion (constant absolute riskaversion).
◮ Formal: Falls fur eine Nutzenfunktion u(w) gilt, dass∂Ra(w)
∂w = 0, dann ist u(w) eine CARA Nutzenfunktion.◮ Beispiel: u(w) = − exp(−ρw), ρ > 0.
◮ Ableitungen: u′(w) = ρ exp(−ρw), u′′(w) = −ρ2 exp(−ρw).
◮ Daher ist Ra = ρ2 exp(−ρw)ρ exp(−ρw) = ρ.
◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w = 0.
83 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
IARA: zB. Quadratische Nutzenfunktion
◮ In manchen Anwendungen der politischen Okonomie oderder Finanzwirtschaft wird eine quadratischeNutzenfunktion benutzt, z.B.
u(w) = 2w − (w − w)2 mit w ≤ w .
◮ Ableitungen: u′(w) = 2 + 2(w − w), u′′(w) = −2.◮ Daher ist Ra = 2
2+2(w−w) =1
1+w−w .
◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w = 1
(1+w−w)2 > 0.
◮ Also hat die quadratische Nutzenfunktion steigendeabsolute Risikoaversion (manchmal auch IARA genannt).
84 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Relative Risikoaversion
◮ Fallende absolute Risikoaversion (DARA) scheintempirisch plausibel.
◮ Akzeptanz fur “kleine” Lotterien konnte im Einkommensteigen, sie werden immer “unwichtiger” im Vergleich zumEinkommen.
◮ Vielleicht nutzlich, den Anteil des Einkommens zubetrachten, der unsicherheitsbehaftet ist.
◮ Z.B. bei der optimalen Aufteilung eines Anlagebetrages inverschiedene Wertpapiere.
◮ Steigt Anteil, der in unsichere Anlagen investiert wird imAnlagebetrag?
85 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Relative Risikoaversion
Definition (Relative Risikoaversion)Das Mass der relativen Risikoaversion Rr (w) is gegeben durch
Rr (w) = −u′′(w)
u′(w)w = Ra(w) · w .
86 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Relative Risikoaversion: u(w) = ln(w)
◮ Ableitungen: u′(w) = 1w , u′′(w) = − 1
w2 .
◮ Daher ist Ra =1
w21w
= 1w .
◮ Ableitung von Ra(w): ∂Ra(w)∂w = − 1
w2 < 0, also ist ln(w)DARA.
◮ Rr (w) = 1, eine Konstante.
◮ Damit ∂Rr (w)∂w = 0 und ln(w) ist eine CRRA-Funktion
(constant relative risk aversion).
Es gilt generell:◮ Falls eine Funktion CRRA ist, so ist sie auch DARA.◮ Falls eine Funktion CARA oder IARA ist, so hat sie auch
steigende relative Risikoaversion.
87 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier◮ Wichtiges Anwendungsgebiet: Finanzmarkte.◮ Auszahlungen von Aktien, Anleihen, und ahnlichen
Wertpapieren unsicher (Kurs-, Ausfall-, Wahrungs- undZinsrisiko etc.).
◮ Hier einfaches Beispiel: Individuum entscheidet uber dieInvestition seines Einkommens w .
◮ Zwei Anlagemoglichkeiten stehen zur Verfugung:◮ Risikolose Anlage A, zahlt mit Sicherheit am Ende des
Tages (1 + r)wA aus (dabei r ≥ 0 Zinssatz und wA
Anlagebetrag).◮ Wertpapier W , zahlt mit Wahrscheinlichkeit p Betrag
(1 + rH)wW und mit (1 − p) Betrag (1 + rN)wW aus (dabeirH > r > rN Rendite und wW Anlagebetrag).
88 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier
◮ Investor mit Nutzenfunktion ln(w): DARA & CRRA.◮ Was ist die optimale Aufteilung des Vermogens auf A
und W?◮ Optimierungsproblem des Investors:
maxwA,wW p ln ((1+r)wA + (1+rH)wW )
+(1−p) ln((1+r)wA + (1+rN)wW )
so dass wW + wA = w .
◮ Hilfreiche Definition: Einkommensanteil α,welcher in Winvestiert wird, also
α =wW
w= 1 − wA
w.
89 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier
◮ Optimierungsproblem des Investors in α:
maxα p ln ((1+rH)αw + (1+r)(1−α)w)
+(1−p) ln ((1+rN)αw + (1+r)(1−α)w) .
◮ w lasst sich ausklammern:
maxα ln(w) + p ln ((1+rH)α+ (1+r)(1−α))
+(1−p) ln((1+rN)α+ (1+r)(1−α)).
◮ Vor dem Ableiten zusammenfassen:
maxα
ln(w) + p ln (1+r + α(rH −r)) + (1−p) ln (1+r + α(rN−r)) .
⇒ Die optimale Wahl von α ist unabhangig von w .
90 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier
◮ BEO (durch Ableiten der Zielfunktion nach α):
p(rH − r)1 + r + α(rH −r)
=(1 − p)(r − rN)
1 + r + α(rN−r).
◮ Interpretation: Erwarteter Grenznutzen muss bei optimalerWahl α in beiden Zustanden gleich hoch sein.
◮ Auflosen nach α ergibt nach einigem Rechnen
α =(1 + r)(prH + (1 − p)rN − r)
(rH − r)(r − rN).
◮ prH + (1 − p)rN ist gerade die erwartete Rendite desWertpapiers E[rW ].
91 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier◮ Optimaler Anteil α:
α =(1 + r)(E[rW ]− r)(rH − r)(r − rN)
.
◮ α > 0 genau dann wenn E[rW ] > r .◮ α < 0 entspricht “Leerverkauf” des WPs, α > 1 Kauf auf
Kredit.◮ Sollten Staatsanleihen oder Aktien im Erwartungswert
hohere Rendite erzielen?
Def. Der Verkauf eines Wertpapiers, das der Verkaufer zumVerkaufszeitpunkt noch nicht besitzt heisst Leerverkauf. DerVerkaufer profitiert von dem Leerverkauf, wenn der verkaufteGegenstand im Preis sinkt.
92 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Aktien vs. Staatsanleihen
Abbildung: Reale Jahres-Renditen des Standard & Poor’s Index(links) und amerikanischer Staatsanleihen (rechts).
Graphiken aus Kocherlakota (1996, JEL 34(1), pp. 42-71) mit verschiedener
Skalierung.
93 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Aktien vs. Anleihen: Durchschnittliche reale Renditenp.a.
S & P 500 Staatsanleihen Differenz1881-1890 5,08 % 7,23 % -2,15 %1891-1900 9,15 % 5,08 % 4,08 %1901-1910 6,78 % 3,18 % 3,60 %1911-1920 -0,83 % 0,82 % -1,64 %1921-1930 17,54 % 7,41 % 10,13 %1931-1940 7,52 % 2,80 % 4,72 %1941-1950 8,22 % -4,57 % 12,79 %1951-1960 15,32 % 1,05 % 14,27 %1961-1970 5,90 % 2,27 % 3,63 %1971-1980 2,12 % -0,30 % 2,42 %1981-1990 9,59 % 5,32 % 4,28 %1991-2000 15,16 % 2,61 % 12,54 %
Sample Mean 8,81 % 3,24 % 5,57 %
(Daten aus Fama, French (2002, JoF 57(2), pp. 637-659)) 94 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 3: Investition in ein riskantes Wertpapier
◮ Nachfrage nach unsicherem Wertpapier hangt von◮ Risikoeinstellung des Investors, und◮ von den Preisen fur Einkommen in Zustand H bzw. N (also
rH bzw. rN) ab.
◮ Bedingung erster Ordnung: Grenznutzen des Einkommensaus den verschiedenen Zustanden angleichen (wie immerbei der Wahl des optimalen Guterbundels).
95 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risiko
◮ Im Beispiel musste der Investor durch einen hoherenErwartungswert der unsicheren Anlage kompensiertwerden, um eine positive Menge nachzufragen.
◮ Nicht sonderlich uberraschend, dies ist Definition vonRisikoaversion!
◮ Was ist aber das Risiko einer Lotterie?◮ Intuitiv: Ein risikoaverser Entscheider sollte, ohne dafur
kompensiert zu werden, eine weniger riskante Lotteriegegenuber einer riskanteren bevorzugen.
96 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risikovergleich zwischen Lotterien
◮ Im Beispiel: riskantes Wertpapier und sichere Anlage.◮ Wertpapier doch sicher “riskanter” als sichere Anlage?◮ Trotzdem positive Nachfrage nach Wertpapier moglich,
abhangig vom Erwartungswert!◮ Also wird Risiko der riskanteren Lotterie zumindest
teilweise uber die Differenz der Erwartungswertekompensiert.
◮ Idee: Vergleiche Lotterien und halte dabei Erwartungswertkonstant.
97 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 4: Risikovergleich
◮ Seien g und h zwei Lotterien definiert durch
g = (p ◦ wg1 , (1 − p) ◦ wg
2 ) und
h = (p ◦ wh1 , (1 − p) ◦ wh
2 ).
◮ Die erwarteten Auszahlungen von g und h seien gleich,d.h.
E[wg] = pwg1 + (1 − p)wg
2 = pwh1 + (1 − p)wh
2 = E[wh].
◮ Ausserdem gelte wg1 > wh
1 > wh2 > wg
2 , also liegenAuszahlungen von g ‘ausserhalb’ jener von h.
98 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 4: Lotterien g und h graphisch
w1g = 10
w1h = 7,5
g
p
wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwwww
1−p
GGGG
GGGG
GGGG
GGGG
GGGG
GGGG
h
pkkkkkkkkkkkkkkkkkk
1−p SSSS
SSSS
SSSSS
SSSS
S
w2h = 2,5
w2g = 0
99 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 4: Risikovergleich◮ Wird ein risikoaverser Entscheider g oder h bevorzugen?◮ E[u(wh)] > E[u(wg)] falls
(1 − p)(u(wh2 )− u(wg
2 )) > p(u(wg1 )− u(wh
1 )).
◮ Teilen beider Seiten durch p(wg1 − wh
1 ) = (1 − p)(wh2 − wg
2 )
u(wh2 )− u(wg
2 )
wh2 − wg
2
>u(wg
1 )− u(wh1 )
wg1 − wh
1
.
◮ Diese Ungleichung halt, falls u(w) global konkav in w .◮ Also wird jeder risikoaverse Entscheider h gegenuber g
vorziehen, egal welche Nutzenfunktion er genau hat.◮ Also erscheint g riskanter als h.
100 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 4: Risikovergleich
SÄ P
u(w)
w2g = 0 w2
h = 2, 5
u(·)
ew1
h = 7, 5 w1g = 10
u(w2h )
u(w1h )
u(w1g )
u(w2g )
Fur jede strengkonkave Funktion u(·)gilt, dassu(wh
2 )− u(wg2 )
wh2 − wg
2
>
u(wg1 )− u(wh
1 )
wg1 − wh
1
.
101 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Allgemein: Mean Preserving Spreads
Idee:◮ Betrachte Geldlotterie h = (ph
1 ◦ wh1 , . . . ,p
hn ◦ wh
n ).◮ Dann, betrachte zusammengesetzte Geldlotterie g, welche
an Stelle jedes Ergebnisses whi von h (i ∈ {1, . . . ,n}) zu
einer Lotterie hi fuhrt, wobei E[hi ] = whi .
◮ Dann ist g ein Mean Preserving Spread (MPS,‘erwartungstreue Streckung’) von h.
Intuitiv: g schiebt Wahrscheinlichkeitsmasse ‘nach aussen’ andie Rander, ohne den Erwartungswert zu andern.
102 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Allgemein: Mean Preserving Spreads
Definition (Mean Preserving Spread)Betrachte die Geldlotterien h und g. Bezeichne xh und xg diejeweils zugehorige Zufallsvariable. Dann ist g ein MeanPreserving Spread (MPS, ‘erwartungstreue Streckung’) vonh, wenn gilt:
xg = xh + z
fur eine beliebige Zufallsvariable z mit E[z] = 0.
103 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Mean Preserving Spreads
w
u(w)
E[w0]
u(·)
u(E[w0]) Gegeben sind eineBernoulli-Nutzen-funktion u(·) und eineLotterie g, die mitSicherheit w0 auszahlt.
104 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel: Lotterien g und g′ graphisch
g 1 w0
w3
g′
1/2kkkkkkkkkkkkkkkkkk
1/2SS
SSSS
SSSS
SSSS
SSSS
w2
Abbildung: Links: Lotterie g, die mit Sicherheit w0 auszahlt. Rechts:g′ mit 1/2(w2 + w3) = w0 ist ein MPS von g.
105 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Mean preserving spreads
w
u(w)
E[w0]
u(·)
u(E[w0])U(g′)
w2 w3
Der Erwartungsnutzender Lotterie g′ istkleiner als der von g
U(g′) =12
u(w2)+12
u(w3).
106 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Mean preserving spreads
P
w
u(w)
E[w0]
u(·)
u(E[w0])U(g′)
w2 w3w1 w4
U(g′′)
AbermaligeserwartungstreuesSpreizen von g′
ergibt den weiterenMPS g′′ mit nochgeringeremErwartungsnutzen.
107 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Risiko
PropositionBetrachte zwei Lotterien g und h mit Auszahlungen wg
i und whi .
Die folgenden Bedingungen sind aquivalent:
(i) g ist ein MPS von h.
(ii) E[u(whi )] > E[u(wg
i )] fur jede konkave Funktion u(w).
◮ Unter Bedingung (i) bevorzugen alle risikoaversen Agentenh gegenuber g.
◮ Umkehrschluss: h ist ‘weniger riskant’ als g, g ist ein‘Risikoanstieg’ gegenuber h.
108 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 5: Prufungsvorbereitung
◮ Student S bereitet sich auf ein Examen vor.◮ Die Prufung besteht aus einer Frage, die zufallig mit
gleicher Wahrscheinlichkeit aus 3 Themengebietenausgewahlt wird.
◮ S kann seine Zeit T = 1 auf die Vorbereitung der Themenaufteilen, wahlt (t1, t2, t3).
◮ ti bestimmt direkt die Punktzahl bei Frage aus Thema i .◮ S ist risikoavers und bezieht Nutzen aus erzielten Punkten
uS =√
ti ,
wobei i das zufallig ausgewahlte Thema bezeichnet.◮ Was ist die optimale Vorbereitungsstrategie?
109 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 5: Prufungsvorbereitung
t1
g
1/3RR
RRRR
RRRR
RRRR
RRRR
R
1/3
lllllllllllllllllll
1/3t2
t3
Abbildung: Uber die Zeitaufteilung (t1, t2, t3) kann Nutzen zwischenden verschiedenen Zustanden der Welt (Prufungsthemen)verschoben werden.
110 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 5: Prufungsvorbereitung
◮ Im Optimum wird (t1, t2, t3) so gewahlt, dass GRSzwischen allen Zustanden gleich ist.
◮ Eintrittswahrscheinlichkeiten der Zustande (Themen) sindebenfalls gleich.
◮ Daher wird S im Optimum t1 = t2 = t3 = 1/3 wahlen.◮ Alle anderen Aufteilungen sind MPS von (t1, t2, t3).◮ Analogie zum Portfolio-Entscheidungsproblem: Nicht alle
Eier in einen Korb legen.
111 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 5: Mut zur Lucke
◮ Allerdings liegt ublicherweise die Bestehensgrenze bei50%, also fallt Student mit Sicherheit durch, dati = 1/3 < .5, i = 1,2,3.
◮ S sollte ihre Nutzenfunktion modifizieren:
u(ti) =
0 falls ti < 1/2√ti falls 1/2 ≤ ti ≤ 1,
1 falls ti > 1.
Dh. die Nutzenfunktion hat eine Sprungstelle (von 0 auf√
1/2 bei ti = 1/2).◮ Investition von Zeit in ein Thema nur sinnvoll, falls ti ≥ 1/2.◮ Optimierungsproblem: Wahl zwischen Lotterien vom Typ
(2/3 ◦ 1/2,1/3 ◦ 0) und (1/3 ◦ 1,2/3 ◦ 0).
112 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 5: Mut zur Lucke graphisch1/2
g
1/3NN
NNNN
NNNN
NNNN
1/3
qqqqqqqqqqqqq
1/31/2
0
g2/3
1/3NN
NNNN
NNNN
NNNN 1/2
0
1
g′
1/3
rrrrrrrrrrrrr
2/3LL
LLLL
LLLL
LLL
0
E[g] =23
12=
13= E[g′].
Abbildung: Links: Zeitaufteilung auf zwei Themengebiete ergibtLotterie g. Mitte: Zeitaufteilung auf zwei Themengebietezusammengefasst. Rechts: Vergleich mit MPS g′ (Vorbereitung nurauf ein Themengebiet).
113 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Beispiel 5: Mut zur Lucke
◮ Da S risikoavers und g′ ein MPS von g ist, wird sich S aufzwei Themen vorbereiten.
◮ Obwohl g mit (1/2,1/2,0) riskanter ist alsVollversicherung (ti = 1/3, i = 1,2,3) wird S durch dieSprungstelle zum Risiko gezwungen.
◮ Durchfallgrenze von 50% impliziert Nutzen erst abMindestinvestition ti = 1/2.
⇒ Fixkosten bzw. diskrete Auszahlungsniveaus konnenrisikofreudiges Verhalten risikoaverser Individuen auslosen.
114 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Weiterfuhrende Themen
◮ Welche Prufungsform wird ein Dozent wahlen, dermoglichst breite Ausbildung der Studenten im Auge hat?
◮ Wenn der Dozent private Anreize hat, moglichstniedrige/hohe Durchfallquoten zu induzieren?
◮ Mechanismus-Design
◮ Im Modell praferieren schlechte Studenten riskanterePrufungen.
◮ Wieviele Fragen sollte die Klausur Ihrer Meinung nachhaben?
◮ Signalisierungsspiele .
115 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Diskussion
◮ Erwartungsnutzentheorie ergibt eine formale Darstellungokonomischen Verhaltens unter Unsicherheit, diemathematisch beherrschbar ist.
◮ Ermoglicht z.B. die Existenz von Versicherungsmarkten zuerklaren.
◮ Linearitat der Erwartungsnutzenfunktion inWahrscheinlichkeiten eine starke Restriktion, ermoglichtrelativ einfache Messung.
◮ Erwartungsnutzentheorie ist axiomatisiert durchAnnahmen an Praferenzen uber Handlungsalternativen mitunsicheren Konsequenzen.
◮ Annahmen der Erwartungsnutzentheorie vergleichsweisestark und detailliert, damit einfach testbar.
116 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Diskussion
◮ Erwartungsnutzentheorie hat zwei Komponenten.◮ Normativ sagt sie aus, dass Individuen, deren
Praferenzen die Erwartungsnutzen-Axiome erfullen, einevNM-Nutzenfunktion besitzen und diese maximierensollten .
◮ Positiv sagt sie aus, dass tats achliches individuellesVerhalten unter Unsicherheit mit einerErwartungsnutzenfunktion konsistent sein sollte.
117 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Messung der Erwartungsnutzenfunktion
◮ Haben Sie eine Erwartungsnutzenfunktion? Wie sieht sieaus?
◮ Dazu konnen Sie Ihre personliche Zahlungsbereitschaft furdie folgenden drei Lotterien angeben.
◮ Aus den Antworten konnen Sie dann Teile IhrerNutzenfunktion konstruieren.
Dieser Messungsvorschlag folgt Klaus Schmidts Vorlesungs-skriptum ‘Mikrookonomie’ (2006).
118 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Messung der Erwartungsnutzenfunktion◮ Frage 1: Welcher sichere Geldbetrag ware genauso gut fur
Sie wie eine Lotterie, bei der Sie mit gleicherWahrscheinlichkeit 4000e gewinnen oder 1000everlieren?Antwort 1 (A1): . . .
◮ Frage 2: Welcher sichere Geldbetrag ware genauso gut furSie wie eine Lotterie, bei der Sie mit gleicherWahrscheinlichkeit 4000e gewinnen oder den bei Antwort1 angegeben Betrag gewinnen?Antwort 2 (A2): . . .
◮ Frage 3: Welcher sichere Geldbetrag ware genauso gut furSie wie eine Lotterie, bei der Sie mit gleicherWahrscheinlichkeit den bei Antwort 1 angegeben Betraggewinnen oder 1000e verlieren?Antwort 3 (A3): . . .
119 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Messung der Erwartungsnutzenfunktion
◮ Die drei Antworten bestimmen (mit sicheren Auszahlungen4000 und −1000) funf Punkte Ihrer vNM-Nutzenfunktion.
◮ Die Nutzenfunktion kann beliebig umskaliert werden, wirwahlen u(−1000) = 0 und u(4000) = 1.
◮ Damit gilt u(A1) = 1/2 und damit u(A2) = 3/4 sowieu(A3) = 1/4.
◮ Zusammen mit den zugehorigen Geldbetragen haben Sienun funf Koordinaten, die Sie auf der folgenden Graphikeintragen konnen.
120 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussion Simplex Paradoxa
Messung der Bernoulli-Nutzenfunktion
-1000 0 1000 2000 3000 4000
1/4
1/2
3/4
1
u(w)
w
Hier konnen Siedie durch Ihre Ant-worten A1, A2 undA3 bestimmtenPunkte IhrerBernoulli-Nutzenfunktioneintragen.
121 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien im SimplexDefinition (Simplex)Eine Menge ∆ = {p ∈ R
N+ :∑
pi = 1} heisst N-dimensionalerSimplex .
In seinem drei-Ergebnis (3-dimensionalen) Fall, kann einSimplex graphisch als gleichseitiges Dreieck mit Hohe 1dargestellt werden. Die rechtwinklige Entfernung von einerSeite des Dreiecks wird dann als Wahrscheinlichkeit desErgebnisses das dieser Seite gegenuberliegt interpretiert. Dafur jeden Punkt im Simplex gilt
3∑
i=1
pi = 1,
beschreibt jeder Punkt im Simplexdiagramm eine Lotterie.122 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Lotterien uber Geld
Die Lotterie Q = {p1 ◦ 1,p2 ◦ 2,p3 ◦ 3} mit p1 = p2 = p3 = 1/3.
e1 e2
e3
0
1
11e1 e2
e3
p1p2
p3
Q1
1/2
1/2%
123 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Praferenzen uber LotterienDie vNM-Annahmen induzieren gerade & parallele Indifferenz-kurven uber Lotterien w ≻ (u ∼ v) im Simplexdiagramm. Hiereine Illustration der Macht von Reduktion & Unabhangigkeit:
(α ◦ u, (1 − α) ◦ w) % (α ◦ v , (1 − α) ◦ w)
uu
vv
1/2u + 1/2v
w
1/2u + 1/2w 1/2v + 1/2w
e1e1 e2e2
e3e3
124 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Allais’ ParadoxonVon Neumann und Morgenstern verstanden die Erwartungs-nutzentheorie als normatives Argument fur idealisiertesRisikoverhalten. Die praktische Anwendbarkeit der Theoriemachte es allerdings bald notwendig auch ihre Vorhersagen zuuberprufen.
Die klassische Falsifikation dieser deskriptiven Seite derErwartungsnutzentheorie ist Allais’ Paradoxon. Sie wahlenzwischen Alternativen L1 und L2 bzw. L3 und L4:
L1: {0.0 ◦ e0, 1 ◦ e1, 0.0 ◦ e5} ↔ L2: {0.01 ◦ e0, 0.89 ◦ e1, 0.1 ◦ e5}
L3: {0.9 ◦ e0, 0 ◦ e1, 0.1 ◦ e5, } ↔ L4: {0.89 ◦ e0, 0.11 ◦ e1, 0.0 ◦ e5}
(Betrage in Millionen.)
125 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Allais’ ParadoxonTypischerweise wird L1 ≻ L2 und L3 ≻ L4 gewahlt—aberparallele, gerade Indifferenzkurven konnen nicht sowohlL1 ≻ L2 als auch L3 ≻ L4 reprasentieren!
e0 Mioe0 Mio e1 Mioe1 Mio
e5 Mioe5 Mio
L1L1
L2 L2L3 L3
L4 L4
%%
Das ubliche Wahlverhalten in Allais’ Paradoxon kann also nichtdurch die Erwartungsnutzentheorie beschrieben werden.
126 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Allais’ Paradoxon: Einige Reaktionen1. Es handelt sich um hypothetische Fragen, nicht um
wirkliche Entscheidungen. Also ist das Allais-Paradox ohneempirische Relevanz.
◮ Aber: Experimentelle Untersuchungen belegen dasEntscheidungsmuster.
2. Individuen machen in unvertrautenEntscheidungssituationen ‘Fehler’.
◮ Analogie: Hatten Sie lieber e 96 × 69 oder e 87 × 78?Wenn Sie spontan die erste Alternative wahlen, ist daskeine Evidenz gegen die Hypothese, dass Sie lieber mehrals weniger Geld hatten. Sondern Evidenz dafur, dass Sienicht gut im Kopf rechnen konnen.
3. Theorien stossen haufig an Grenzen, wenn Sie auf‘unubliche’ Situationen angewandt werden.
◮ Aber: Es bleibt unklar, unter welchen Umstanden dieErwartungsnutzentheorie dann anwendbar ist.
127 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Rabins Paradox
◮ Grad der Risikoaversion entspricht Krummung derBernoulli-Nutzenfunktion. Fur sehr kleine Lotterien lasstsich die Nutzenfunktion daher gut mit einer linearenFunktion approximieren.
◮ Man kann zeigen, dass sich relative geringe Risikoaversiongegen kleine Lotterie in immense Risikoaversion gegengrosse ubersetzt.
128 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Rabins Paradox: Ein Beispiel◮ Johnny sei ein risikoaverser Erwartungsnutzenmaximierer,
welcher fur beliebige Anfangsausstattungen w0 folgendeLotterie ablehnt:
{12 ◦ w0 − 10, 1
2 ◦ w0 + 11}◮ Frage: Wie gross muss Y mindestens sein, damit Johnny
folgende Lotterie annimmt (fur beliebiges w0):
{12 ◦ w0 − 100, 1
2 ◦ w0 + Y}?
(a) e110.
(b) e221.
(c) e2,000.
(d) e20,242.
(e) e1.1 Million.
(f) Johnny wird die Lotterieablehnen, egal wie gross Y ist.
(g) Wir brauchen mehr Informationenuber Johnny’s Nutzenfunktion.
Antwort: (f)!129 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Rabins Paradox: Intuition◮ Um Lotterie {1/2 ◦ w0 − 10,1/2 ◦ w0 + 11} abzulehnen,
muss die Nutzenfunktion im Intervall [w0 − 10,w0 + 11]hinreichend gekrummt sein.
◮ Es muss fur durchschnittliche Steigung auf [w0 − 10,w0]bzw. [w0,w0 + 11] gelten, dass
u(w0 + 11)− u(w0)
11<
u(w0)− u(w0 − 10)10
.
◮ 1e bei w0 + 11 ist damit maximal 10/11 soviel Wert wie 1ebei w0 − 10.
◮ Iteration (setze w ′
0 = w0 + 21): 1e bei w0 + 32 ist maximal10/11 soviel Wert wie 1e bei w + 10 ⇒ maximal (10/11)2
soviel wie 1e bei w0 − 10. Etc.⇒ Risikoaversion bei kleinen Lotterien impliziert rapide
sinkenden Grenznutzen und damit kleinen (beschrankten!)Zusatznutzen beliebig grosser Auszahlungen!
130 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Kahneman & Tversky: FramingDeutschland steht vor dem Ausbruch der Schweinegrippe. Eswird erwartet, dass ihr hier etwa 600 Menschen zum Opferfallen werden. Es existieren zwei Behandlungsprogramme zurAuswahl.
◮ Welches Verfahren wahlen sie im Programm 1?◮ Verfahren A: “200 Menschen konnen gerettet werden.”◮ Verfahren B: “Es existiert eine ein Drittel
Wahrscheinlichkeit, dass alle 600 Menschen gerettetwerden konnen und eine zwei Drittel Wahrscheinlichkeit,dass niemand gerettet werden kann.”
◮ Welches Verfahren wahlen sie im Programm 2?◮ Verfahren C: “400 Menschen sterben.”◮ Verfahren D: “Es existiert eine ein Drittel
Wahrscheinlichkeit, dass niemand stirbt und eine zweiDrittel Wahrscheinlichkeit, dass 600 Menschen sterbenwerden.”
131 / 132
Mikro B - Entscheidung bei Unsicherheit
Lotterien Pr aferenzen Erwartungsnutzen Risikoeinstellung Diskussio n Simplex Paradoxa
Kahneman & Tversky: Framing
Obwohl A & C, bzw. B & D auf Grundlage dervNM-Erwartungsnutzentheorie ident sind, wahlen in Versuchentypischerweise etwa
◮ 72% der Befragten A uber B, und◮ 78% der Befragten D uber C.
Framing Effekte lassen sich in vielen Investitions- undVersicherungsentscheidungen problemlos nachweisen.Praferenzumkehrungen wie im obigen Beispiel sind derUrsprung des Feldes der Verhaltensokonomie (BehaviouralEconomics).
132 / 132