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Mitt, naturwiss. Ver. Steiermark Band 99 S. 130—142 Graz 1969 Aus dem Zoologischen Institut der Universität Graz Vorstand: Univ.-Prof.  Dr. Erich  REISINGER Studien an Baumhöhlen in der Steiermark Von Wolf  SIXL Mit 4 Abbildungen und 2 Tabellen (im Text) Eingelangt am 21. März 1969 Die Untersuchungen wurden durch das Amt der Steiermärkischen Landes- regierung im Rahmen der Autobahnenteignung, Abt. Autobahn, sowie durch meinen Vater Dr. A.  SIXL  stets gefördert. — Besonderen Dank schulde ich meinem Freund cand. phil. Peter  GOLL- MÄNN,  der mich auf vielen Exkursionsfahrten begleitete. Dank seiner Hilfe konnte ein umfangreicheres Vergleichs- und Tiermaterial gesammelt werden. — In den Jahren 1965/1966 und 1967 wurden in der Steiermark entlang der Autobahntrasse der Oststeiermark, in Brunnsee und Pols (Zwaring) Untersu- chungen an Baumhöhlen durchgeführt. In den Untersuchungsgebieten selbst wurden die Höhlen mechanisch ge- öffnet und nach dem Vorbild der Kleiber mit Baumwachs und Lehm bis auf die ursprüngliche Einflugöffnung verklebt. Höhlen, die fortlaufend kontrolliert wurden, waren mit einem eigenen Zugang versehen, um nicht die Wirte bei Brut- und Schlafverhalten zu stören. Material und Methodik Bei der ökologischen Arbeitsmethodik wurden bei Temperaturmessungen ein Tastomedgerät verwendet (Meßgenauigkeit 0,2 ° C). Für Feuchtigkeitsmes- sungen stand ein eigens konstruierter „Hygrometer für Substratmessungen zur Verfügung. pH-Messungen wurden in feucht-nassem Nistmaterial mit Spezial- indikatorpapier und O2-Messungen im Höhlenraum mit der Sauerstoffsonde nach GRASSHOFF (Hydro-bios Kiel) durchgeführt. Die Baumhöhle als Lebensraum 1.  Entstehung Baumhöhlen entstehen auf mehrfache Art, bedingt durch die natürliche Wuchsform des Stammes und durch Vermoderungs- und Fäulnisvorgänge in Rinde und Holzkern. Durch das Ausbrechen morscher Äste, durch Wild- und Insektenfraß, sowie Frosteinwirkungen und Blitzschlag wird der Zutritt von Pilzen und Bakterien erleichtert  (RHONERT  1951). Haben diese parasitischen Pilze und Bakterien den Holzteil angegriffen, dann treten drei Erscheinungs- formen in der Höhlenbildung auf. 1. können die Höhleneingänge durch Ver- wachsung und Umwallung der Rinde wieder verschlossen werden; das Pilz- wachstum dringt bis in die Wurzelregion im Inneren des Stammes vor. Damit ist der Stamm kernfaul geworden. 2. Die Höhle wird nicht verschlossen und wird, angefüllt mit Wasser, als „aquatic microsere oder Phytotelme bezeichnet. 130

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  • Mitt, naturwiss. Ver. Steiermark Band 99 S. 130142 Graz 1969

    Aus dem Zoologischen Institut der Universitt GrazVorstand: Univ.-Prof. Dr. Erich REISINGER

    Studien an Baumhhlen in der SteiermarkVon Wolf SIXL

    Mit 4 Abbildungen und 2 Tabellen (im Text)Eingelangt am 21. Mrz 1969

    Die Untersuchungen wurden durch das Amt der Steiermrkischen Landes-regierung im Rahmen der Autobahnenteignung, Abt. Autobahn, sowie durchmeinen Vater Dr. A. SIXL stets gefrdert.

    Besonderen Dank schulde ich meinem Freund cand. phil. Peter GOLL-MNN, der mich auf vielen Exkursionsfahrten begleitete. Dank seiner Hilfekonnte ein umfangreicheres Vergleichs- und Tiermaterial gesammelt werden.

    In den Jahren 1965/1966 und 1967 wurden in der Steiermark entlang derAutobahntrasse der Oststeiermark, in Brunnsee und Pols (Zwaring) Untersu-chungen an Baumhhlen durchgefhrt.

    In den Untersuchungsgebieten selbst wurden die Hhlen mechanisch ge-ffnet und nach dem Vorbild der Kleiber mit Baumwachs und Lehm bis aufdie ursprngliche Einflugffnung verklebt. Hhlen, die fortlaufend kontrolliertwurden, waren mit einem eigenen Zugang versehen, um nicht die Wirte beiBrut- und Schlafverhalten zu stren.

    Material und MethodikBei der kologischen Arbeitsmethodik wurden bei Temperaturmessungen

    ein Tastomedgert verwendet (Megenauigkeit 0,2 C). Fr Feuchtigkeitsmes-sungen stand ein eigens konstruierter Hygrometer fr Substratmessungen" zurVerfgung. pH-Messungen wurden in feucht-nassem Nistmaterial mit Spezial-indikatorpapier und O2-Messungen im Hhlenraum mit der Sauerstoffsonde nachGRASSHOFF (Hydro-bios Kiel) durchgefhrt.

    Die Baumhhle als Lebensraum1. Entstehung

    Baumhhlen entstehen auf mehrfache Art, bedingt durch die natrlicheWuchsform des Stammes und durch Vermoderungs- und Fulnisvorgnge inRinde und Holzkern. Durch das Ausbrechen morscher ste, durch Wild- undInsektenfra, sowie Frosteinwirkungen und Blitzschlag wird der Zutritt vonPilzen und Bakterien erleichtert (RHONERT 1951). Haben diese parasitischenPilze und Bakterien den Holzteil angegriffen, dann treten drei Erscheinungs-formen in der Hhlenbildung auf. 1. knnen die Hhleneingnge durch Ver-wachsung und Umwallung der Rinde wieder verschlossen werden; das Pilz-wachstum dringt bis in die Wurzelregion im Inneren des Stammes vor. Damitist der Stamm kernfaul geworden. 2. Die Hhle wird nicht verschlossen undwird, angefllt mit Wasser, als aquatic microsere" oder Phytotelme bezeichnet.

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  • In diesen Hhlen entwickelt sich eine eigene Fauna und Flora. 3. unterscheidetman die sogenannten terrestrial microsere" oder trockenen" Baumhhlen.Die letzteren entstehen durch Aufsaugen des Hhlenwassers durch das Nist-material oder durch Versickern und Abflieen des Wassers bei starker Kern-fule. Eine Baumhhle trocknet auch dann aus, wenn der regelmige Nach-schub von Feuchtigkeit ausbleibt. Ob eine Hhle bei der Entstehung zu eineraquatic" oder terrestrial" microsere wird, hngt vor allem von der Hhlen-neigung und der Vitalitt des Baumes ab. Diese trockenen" Baumhhlenzeigen jedoch bis zu 90 % R. L. F.

    Neben diesen durch Ausfaulen und Vermoderung entstandenen Baumhh-len unterscheiden wir solche, die durch Hhlenbewohner selbst angelegt wur-den. Bei diesen wiederum zwischen solchen, fr deren Anlage durch den sp-teren Bewohner kein uerer sichtbarer Anla gegeben war und solchen, dieschon von Natur aus (Blitzschlag und Frostrisse) vorgegeben waren. Fr dieArt der Hhlenanlage gibt es verschiedene Meinungen. Nach Sir Thomas BROWN(Zitat nach TRACY 1938) legen Spechte Hhlen ohne Rcksicht auf Wind undHimmelsrichtung an. Der Eingang zu einer Spechthhle hngt davon ab, woder krzeste Weg zur inneren Schadstelle des Stammes liegt (BLUME 1961).Eigene Untersuchungen zeigen entlang eines Espenbestandes von rund 3 Kilo-meter, da nur dort Spechthhlen angelegt werden, wo die Bume in kleinenTalsenken und an Quellaustritten stehen. Die Espe, die in Finnland den hu-figsten Spechtbaum darstellt, tritt immer dort als Spechtbaum auf, wo dieUmgebung mehr oder weniger versumpft ist" (BLUME 1961). Diese Spechtbumesind immer stark kernfaul. Auerdem ist bei den von mir als nicht von Naturvorgegeben" bezeichneten Hhlen eine deutliche Dominanz der Richtung Sd-osten und Sdwesten herauszustreichen (Tab. 1/Abb. 1).

    Baumhhlen, die durch das Ausbrechen morscher ste vorgegeben sind,werden als vorgegebene Hhlen" bezeichnet = (v. H.) Als nicht vorgegebeneHhlen" (n. v. H.) werden solche beschrieben, fr deren Anlage optisch demBeobachter kein erkennbarer Grund vorliegt.

    Abb. 1: Verteilung der Einflugffriungen nach Himmelsrichtungen(1: nicht vorgegebene Hhlen; 2: vorgegebene Hhlen)

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  • nach NordenNordostenOstenSdostenSdenSdwestenWestenNordwesten

    T a b e l l e 1n. v. H.

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    BLUME erklrt sich das Bevorzugen der Richtung West, Sd und Ost bei derHhlenanlage nicht durch irgendwelche Rcksicht auf den Wind oder die Him-melsrichtung, sondern allein durch die Bequemlichkeit, in kernfaulen Baumstm-men Hhlen anzulegen. Viel eindeutiger sind dagegen die Beziehungenzwischen Hhlenanlage und forstpathologischen Erscheinungen. Bei aufgesg-ten Baumstmmen zeigt sich, da der Eingang dort angelegt wurde, wo sichder krzeste Weg zur Schadstelle (z. B. Kernfule) befindet. Wenn bestimmteHimmelsrichtungen fr die Anlage der Fluglcher bevorzugt werden, so liegtdies daran, da sich infolge klimatischer Einflsse die Schadstellen nach bestimm-ten Richtungen besonders dicht unter der Rinde befinden. Somit sind Wind-richtungen und Sonneneinwirkung primr fr die Schadstellen und sekundrfr die Hhlenanlage verantwortlich.

    Spechtbume mit nicht von der Natur vorgegebenen Hhlen" zeigenuerlich keine Schadstellen. Sie scheinen jedoch im Sptwinter und Frhjahrdurch einseitiges Erwrmen und Ausdehnen der Rinde durch Frostrisse vor-gegeben zu sein. Frostrisse, auch Eisklfte oder Klterisse und Frostspaltengenannt, sind gewhnlich Radialrisse, die von der Rinde ausgehen und bis indas Mark reichen knnen. Vor allem bei Laubhlzern treten diese Schdigun-gen hufig auf. Die ueren Schichten des Stammes werden strker abgekhltals die inneren, weshalb sie sich auch strker zusammenziehen. In den Morgen-stunden, wenn die Klte am grten ist, insbesondere in nrdlichen und st-lichen Lagen, sowie besonders auf feuchten Bden (Standorten) lst sich dieSpannung im Holz durch die Frostrisse auf der Ost-, Sd- oder Sdwestseite.Bei Erwrmung schliet sich die Radialspalte wieder (DURST 1955). Dieseuerlich nicht auffallenden Schdigungen werden von den Spechtarten aku-stisch, taktil und optisch geortet und bei der Hhlenanlage bevorzugt (BLUME1961). Wenn diese Schadstellen als Ritzen, Spalten und Rinnen sichtbar werden,knnte die Gestalt der Oberflche des Stammes als auslsender Reiz wirken.Wahrscheinlich wirken auch taktile und akustische Wahrnehmungen beim Ab-klopfen der Stmme fr die Wahl des Hhleneinganges mit. Bei der Hhlen-anlage und der Bevorzugung der Richtung Ost und West ist fr das Auftretender Rinden- und Holzschden die lngere Bestrahlungsdauer magebend. Objedoch die lngere Sonnenbestrahlung bei diesen Richtungen auch indirekt aufdas Sonnen der Spechte und das Bestrahlen der angelegten Hhle Einflu hat und dadurch die Spechte diese Richtung mitbevorzugen kann nicht gesichertbehauptet werden.

    Von den Hhlenbewohnern haben nur wenige die Fhigkeit, selbst Hhlenanzulegen. Von den Vgeln wurden Fliegenschnpper, Rotschwnzchen, Spechte,Meisen, Kleiber, Sperlinge, Dohlen, Wiedehopfe, Stare, Blauracken und Baum-

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  • lufer untersucht. Jedoch legen davon nur Spechte und einige Meisen selbst-stndig Hhlen an. So bilden auch ehemals angelegte Spechtschmieden, diedurch Pilzfulnis weiter ausgehhlt wurden, fr Kleiber und Meisen willkom-mene Brut- und Schlafpltze (Beobachtungen aus Autal und Brunnsee). VonHaubenmeisen wei man (AICHHORN mndliche Mitteilung), da sie selbst-stndig Hhlen anlegen und bei Blaumeisen konnte 1967 im Untersuchungs-gebiet von Autal ein selbstndiges Anlegen einer Nisthhle in einem morschenEspenast beobachtet werden (GOLLMANN mndl. Mitteilung und eigene Beob-achtungen). Fliegenschnpper, Rotschwnzchen, fast alle Meisenarten wie Kohl-meise, Blaumeise, Weidenmeise, Tannenmeise, auch Baumlufer und Kleiberbeziehen meist alte Spechthhlen. Unter den hhlenbewohnenden Sugernleben in unseren Breiten 13 verschiedene Fledermaus arten (NATUSCHKE 1960)sowie Gelbhalsmuse, Eichhrnchen und verschiedene Schlferarten in vorge-fertigten Hhlen.

    Somit sind Spechte bei den durch Hhlenbewohnern angelegten Hhlenals Primrbesiedler anzusprechen. In diese Spechthhlen, die einerseits derBrut und der Aufzucht der Jungen dienen und andererseits als Schlafhhlenangelegt werden, folgen die anderen hhlenbewohnenden Vgel und Sugerals Secundrbesiedler nach. Spechthhlen im engeren Sinn, das sind solche, dienur von Spechten bewohnt werden, zeigen kein Nistmaterial. Am Hhlengrundsind nur einige feine Holzspne und Holzmoder anzutreffen. Bei mehrjhrigenund immer bewohnten Hhlen kann man von der Besiedlungsfolge auf dasNistmaterial und umgekehrt vom Nistmaterial auf die Besiedlungsfolge schlie-en.

    2. MikroklimaZwischen dem Klima des bodennahen Raumes und dem Klima in Baum-

    hhlen sind auffallende und bedeutungsvolle Unterschiede vorhanden. Bestim-mend fr das Mikroklima der Baumhhlen sind vor allem die Faktoren Tem-peratur, Luftfeuchte, Luftbewegung und in geringem Mae die Lichtverhlt-nisse. Diese Faktoren werden beeinflut durch die verschiedenartige Zusam-mensetzung des Nistmaterials, dem Zersetzungsgrad desselben sowie Form undAnlage der Hhle, ferner die Lage der Hhle in Bezug auf die Hauptwind-richtung und die Neigung zum Sonnenstand.

    T e m p e r a t u rDie Temperatur in einer Baumhhle wird durch direkte Sonnenbestrahlung,

    durch die Wrmeleitung, durch die Ein- und Ausstrahlung und indirekt durchdie Windverhltnisse beeinflut, sowie durch die physikalischen Eigenschaftendes Nistmaterials und durch die Anwesenheit von Wirtstieren mitbestimmt.In den Vogelnestern, die typische Hhlennester (Cavernellen) sind, bleibt dieTemperatur, wie schon NORDBERG (1937) feststellt, bis zu einem sehr hohenGrad konstant. Das Nistmaterial in Baumhhlen ist oft aus zwei Schichtenmit verschiedenen physikalischen Eigenschaften, dem Nest und den Hhenmulmzusammengesetzt. Die Grenze zwischen diesen Schichten ist nicht abgesetzt,sondern geht ineinander ber und so verhalten sich auch die Temperaturenentsprechend. Da die Luft ein recht schlechter Wrmeleiter ist, wird die quan-titative Wrmeleitfhigkeit des Nestes dadurch, da die Poren, d. h. die Zwi-schenrume des Nistmateriales mit Luft gefllt sind, stark herabgesetzt. DieWrmeleitfhigkeit des Nistmaterials wird wegen des Gehaltes an Gras undsonstigen pflanzlichen berresten, die ebenso wie der Torf schlechte Wrme-leiter sind, bedeutend geringer. Ganz anders verhlt sich die Wrmeleitfhig-

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  • keit im Hhlenmulm, da das Material des Mulms sehr feucht ist und bis zu100 % R. L. F. gemessen wurde. Auf diese Weise wird die Wrmeleitfhigkeitim feuchten Bodensubstrat bis ber das 20fache gegenber Luft erhht (BER-ENYI 1967). Da die Wrmeleitung magebend den Nidicolenbestand beein-flut, mssen wir zwischen den Bruthhlen, den besuchten Hhlen und denkaum besuchten oder leeren" Hhlen1 unterscheiden. Beobachtungen knnenleichter in verlassenen Hhlen gemacht werden, da es hier zu einem gleich-migen Erwrmen und Abkhlen whrend des Jahres kommt. Diese verlas-senen Hhlen sind auch deshalb von grtem Interesse, weil sie die ursprng-lichen Bedingungen fr den Nidicolenbestand aufzeigen und wertvolle Rck-schlsse auf Temperaturpraeferenda bzw. Grenztemperaturen geben knnen.Der Nidicolenbestand kann sich auch in unbesuchten Hhlen weiterentwickeln,wird jedoch in besuchten Hhlen begnstigt. Die Erwrmung bzw. der Tem-peraturgang aller Hhlen ist aber vor allem von der Dauer der Sonnenbe-strahlung und der Lage des Hhleneinganges abhngig. Laub und Mischwald,in denen die meisten Baumhhlenmessungen vorgenommen wurden, zeigeneinen geringen Albedo von 9 % bis 4,5 % und somit eine groe Absorption derWrmestrahlung. Das Nest in einer direkt sonnenbestrahlten Baumhhle wirdlangsam sowohl vom Hhlenraum ber dem Nest aus als auch vom umgebendenHolz her erwrmt. Diese Erwrmung geht jedoch so langsam vor sich, dabei Auentemperaturen im Luftraum zwischen Kronendach und Boden vonplus 12. bis 15 Grad Celsius (Pols, Februar/Mrz 1967) an der Hhlenwandnoch Eiskristalle auftreten knnen. Daher hinkt die Temperatur der verlas-senen Hhle den Auentemperaturen nach; dabei schaltet sich der Tages- undJahresgang der Temperaturen ein. Die Erwrmung einer unbewohnten Hhlehngt von der Dauer und der Intensitt der Sonnenbestrahlung ab. Wennwir die Nesttiefe und somit die Metiefe als konstant betrachten, ndert sichdie Temperatur in den verschiedenen Tiefen als Funktion der Zeit. Der Tem-peraturhchstwert stellt sich am frhesten in der Nestmulde ein. Nach derTiefe zu wird die Verzgerung immer grer und diese wird auch bei Ab-khlung erkennbar. Die kalte Luft strmt durch den Hhleneingang einund bildet schlielich in den kalten Herbstmonaten, wo die Erwrmung schongeringer als die Abkhlung ist, am Hhlengrund eine Art Kltesee" (Abb. 2/3).

    Die Sommerdurchschnittstemperaturen in Baumhhlennistmaterial von 19bis 20 Grad bei 170 gemessenen Hhlen in Brunnsee und .Autal zeigen im

    XI1/65 1/66 III IV VI VII Vili IX XI XII

    Tsrnporotur unter dem Nestbau> Temperatur in der Hhle

    ' + ' Temperatur in bebrtelen Hhlen (Nistmoteiial)

    Abb. 2: Jahreszeitliche Temperaturverhltnisse (Durchschnittswerte aus300 Hhlen)

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  • 25

    2o

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    H 215/Pls/22.7.1966.Temperatur unter dem NestbaumTemperatur in der Hhle

    16 21 Zeit

    - . - . - . Temperatur am Hhlengrund

    Abb. 3: Temperaturverlauf eines Tages, gemessen in Hhle 215 (Pols).Nistmaterial ganz geringe Temperaturschwankungen von maximal 2 bis 5 GradCelsius. Im Nistmaterial der Tag- und Nachtgreifvgel kommt es infolge desraschen Zerfalles von organischem Futterabfall, dem Kot der Brut und demstarken bakteriellen Abbau zu strkeren Schwankungen.

    Winterdurchschnittstemperaturen von 5 Grad Celsius bis 8 Grad Cel-sius zeigen in Baumhhlen die relative Unempfindlichkeit der Baumhhlenfaunagegenber niedrigen Temperaturen, wenn die Abkhlung langsam stattfindet.Die gesamte Baumhhlenfauna ist gegen tiefe Temperaturen so unempfind-lich, da sie, eingefroren im Nistmaterial, eingesammelt und im Labor langsamaufgetaut, ihre volle Aktivitt wieder aufnehmen kann.

    So gleicht sich sowohl im Winter als auch im Sommer die Temperatur derBaumhhle langsam an die Auentemperatur an. Vergleicht man die Durch-schnittswerte der Auentemperaturen der Untersuchungsgebiete von Autal undLanitzhhe sowie von Brunnsee und Pols, so erkennt man deutlich, da diegefundenen Durchschnittswerte der Sommer- und Wintertemperaturen in Baum-hhlen ungefhr den Durchschnittswerten des Jnner- bzw. Julimittels ent-spricht (vgl. Tabelle Klima der Steiermark", Tab. 2).

    Alle Erwrmungs- und Abkhlungsvorgnge in Baumhhlen werden durchGrungs- und Zersetzungsprozesse im Nistmaterial und durch den zeitweiligenAufenthalt der Vgel und Kleinsuger in den Hhlen verkompliziert.

    Es entwickelt sich also ein starker Temperaturgradient mit den hchstenTemperaturen in der Nestmulde und den tiefsten am Hhlengrund.

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  • F e u c h t i g k e i tBei der Temperatur und der Feuchtigkeit spielt die Oberflchenstruktur

    des Nistmaterials in einer Baumhhle eine groe Rolle. Ein durch Verdun-stung sinkender Feuchtigkeitsspiegel in einer Hhle wird durch Kondensations-vorgnge wieder gehoben. Die Kondensation hngt mit dem Tages- undJahresgang eng zusammen. Primr entfllt ein Makroniederschlag wieRegen in Baumhhlen. Sekundr knnen jedoch Regen, Schnee und Eis,vielleicht auch Tau, durch Spaltensysteme, wie sie Frostrisse, Blitzspalten undWildfra hervorrufen, eindringen und die Luftfeuchtigkeit erhhen.

    Die Feuchtigkeit in einer Baumhhle ist auch stark abhngig von derVitalitt eines Baumes. In typischen Spechtbiotopen, also versumpften Wiesenund bei Quellaustritten fanden wir, bedingt durch das Auftreten der Kemfule,stets nahezu abgestorbene Bume. Am Hhlengrund sammelt sich Wasser an,welches das Nestmaterial auslaugt, wodurch organische und anorganische Sub-stanzen gelst werden.

    Baumhhlenwasser (n. Ass. Dr. RABER, Inst. f. anorg. Chemie, Graz)(H 183 Kastanie/H 108 Espe)

    Dichte (bei 18 C) D = 1,0045pH-Wert (bei 18 C) pH = 7,71 (elektrometrisch)Trockenrckstand bei 120 C = 0,604 %Glhrckstand bei 600 C = 0,05 %In alkalischer und saurer Lsung sind organische Verbindungen ausscht-

    telbar.FeCk Reaktion (in wssriger Lsung) positiv als Nachweise fr Gerbsu-

    ren und Phenole. Qualitativ nachgewiesen konnte werden: Kohlenstoff, Schwe-fel, Stickstoff, Kalzium, Magnesium, Eisen (in Spuren) und Kalium.

    Wenn sich in den Hhlen whrend des Tages die Temperatur erhht,knnte eine Austrocknung und somit die Herabsetzung der relativen Feuchtig-keit eintreten. Da jedoch die Temperaturzunahme sehr langsam erfolgt, kannsich der relative Feuchtigkeitsspiegel rasch wieder einstellen. Dieselben Ver-hltnisse sind bei Abkhlung, bei der Kondensation eintritt, zu finden. DieR.L.F.

    1 ni m nv v vr vu vm nx x xr xnNestmuldeHhlengrund

    Abb. 4: Relative Luftfeuchtigkeit (Jahres-Durchschnittswerte).

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  • Hhe der relativen Feuchtigkeit ist in Hhlen verschiedener Baumarten starkunterschiedlich. So fanden wir in Espen und Kastanien immer eine relativeFeuchtigkeit von 90 bis 100 %, (bei denen am Hhlengrund meist Wasser-ansammlungen auftraten). In Linden und Buchen erreicht die relative Feuch-tigkeit meist Durchschnittswerte von 40 bis 70 %, whrend man in Eichenalle Feuchtigkeitsstufen antreffen kann. Das Nestmaterial und der Hhlen-mulm hlt in den Hhlen die Werte der R. L. F. (Abb. 4).

    p H - W e r tDie Aussagen ber die pH-Abhngigkeit der Bodentiere sind sehr wider-

    sprechend. BLUNCK 1925 hlt bei Drahtwrmern, die auf saurem Boden ange-troffen wurden, weniger die Aziditt des Bodens als vielmehr seine hhereFeuchtigkeit fr ihr Auftreten verantwortlich. Auch SUBKLEW (1934) kam beiseinen eingehenden Untersuchungen an Elateriden zur Erkenntnis, da ihreEntwicklung durch verschiedene Wasserstoffjonenkonzentrationen nicht beein-flubar ist. Andererseits konnte ALLEE (1930) an Lumbriciden und MAC LAGAN(1933) an Collembolen zeigen, da sie zu ihrem Gedeihen einen mehr oderweniger begrenzten pH-Bereich bentigen. THIELE (1959) meint, da bei man-chen Arten die Unterscheidung der Bodenreaktion unwesentlich ist, und daeher dem pH-Wert andere Bodeneigenschaften vorgezogen werden (zit. nachSCH WERTFEGER) .

    Ascosdingastia latyshevi (SCHLUGER), eine Trombiculidae, die in unserenBreiten nur in Baumhhlen lebt und der Groteil der Begleitfauna, wie ver-schiedene Collembolen und Milben wurden immer in neutralen oder schwachalkalischen pH-Bereichen gefunden. Wieweit Kohlensure, Ammoniak, Gerb-sure und Humussure und die aeroben und anaeroben Zersetzungsprozesseden pH-Wert im Nistmaterial der Baumhhlen mit hohem Feuchtigkeitsgehaltbeeinflussen, ist nicht untersucht. Vermutlich mssen alle Faktoren wie Tem-peratur, relative Feuchtigkeit und pH eine fr die verschiedenen Bodentiereoptimale Kombination aufweisen.

    Der L i c h t f a k t o r kann nahezu ausgeschlossen werden. Diffuses Lichttrifft nur die Nidicolen am Hhleneingang, die aber auch dort, wenn sienegativ phototaktisch sind, in Spaltensystemen Zuflucht finden.

    L u f t b e w e g u n g e n finden in Hhlen nahezu keine statt. Zu Unter-schichtungen der Hhlenluft kommt es nur bei stark andauernder Abkhlung.

    O 2 - G e h a l t d e r H h l e n l u f tDer relative Sauerstoffgehalt der Hhlenluft nimmt nach der Hhlentiefe

    hin ab. Die Geschwindigkeit der Abnahme ist abhngig von der Anwesenheiteines Wirtes, vom Nistmaterial und dem Zersetzungsgrad desselben. Die fol-gende tabellarische bersicht zeigt den % 02-Partialdruck in verschiedenenSchichten zweier exkrementfreier Kontrollhhlen (H 108 und H 183).Angaben in Prozenten:

    NistmaterialRaum ber dem Nest- 5 cm 15 cm

    Nest mulde (Hhlengrund)H 108 95 93 80 75 %H 183 90 88 82 70 %

    Inwieweit die Sauerstoffunterschiede in der Hhlenluft den Nidicolen-bestand beeinflussen, bleibt noch zu klren.

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  • 3. BegleitfaunaDie Artzusammensetzung der Hhlenfauna zeigt starke Unterschiede in

    exkrementhaltigen und exkrementfreien Hhlen.Die zersetzende Bodenfauna stellt den grten Anteil dar; in mehrjhri-

    gen Hhlen treten Nidicole auf, die1. mit dem Baustoff in das Nest gelangen und nach der Zersetzung des

    Materials weiterleben.2. zufllig in die Hhle gelangen, d. s. solche, die sich in der Nhe der

    Hhle aufhalten;3. als Parasiten (Ekto- und Entoparasiten), mit den Wirtstieren in das

    Nest geraten und4. solche Arthropoden, die das Nest aktiv aufsuchen.In Hhlen mit gengender Luftzufuhr finden sich in groer Zahl Larven

    von Rosenkfern (Potosia aeruginosa, Cetonia aurata) und Schnellkfer (Elate-ridae), die groen Anteil am Abbau des Nistmaterials haben.

    Pilzhyphen erreichen in Baumhhlen keine groe Entfaltung (Cladosporiumherbarum, Pnicillium spec). Pilze dienen einigen Collembolen als Nahrungund dadurch wird die Konidienbildung stark eingedmmt. Dieser Umstandist fr solche Tiere in Hhlen bedeutungsvoll, deren Feinde Pilze sind (z. B.Trombiculide, Oribatide und Julide sowie Pseudoskorpione).

    Einige Bodentiere wie Flagellaten, Amben und Ciliaten schlpfen erstbei gengender Feuchtigkeit in Hhlen aus den Zysten. Actinomyceten, diez. T. Feinde der Trombiculiden sind, traten in lteren Baumhhlen auf undhatten in Zuchtschalen ihre gnstigste Entfaltung. In Nestern mit Moosenund Laub finden sich neben Nematoden und Rotatorien auch Enchytreidae.Collembolen und Milben dient der Kot von anderen Nidicolen und Blattparen-chym als Nahrung. In dieser Gemeinschaft sind auch Asseln, Diplopoda, (vorallem Julius spec.) Chilopoda und Fliegenlarven (Stratiomyidae und Eristalis)zu erwhnen. In den verschiedenen Vegetationsstufen des Waldes treten inMitteleuropa ca. 425 Spinnenarten auf. Davon entfallen allein 125 Arten aufden Sproraum (VITE 1953).

    Die Fauna verndert sich meist rasch in exkrement- und aashltigen Hh-len. Fliegen werden eher durch die bakterienzersetzenden Tierleichen angelocktund weniger durch den Ammoniak, Schwefelwasserstoff und die Milchsure(HENNING 1950). Im Stadium der Verflssigung des Kadavers finden sich Aas-kfer (Silphidae) und Kotfresser (Scarabaeidae) ein. Wenn die Fulnis mit demEinsetzen der Buttersuregrung in Verwesung bergeht, dann gelangen Dermestidae, parasitforme Milben und bestimmte Collembolen in die Hhle. AuchStaphylinidae und Histeridae gelangen ins Nest und fressen ihrerseits wiederFliegenmaden der Arten CaUiphora spec, und Lucilia spec. (TISCHLER 1955).

    4. Nistmaterial der HhlenbewohnerVon Kleibern (Sitta europaea) werden als Nistmaterial nach Beobachtungen

    von LHRL (1956) und eigenen Beobachtungen 1966/67 morsche Holzteile undRindenstcke eingetragen. Darauf werden dnne Kiefernrinde, Birkenrindeund Flechten geschichtet.

    Der Hhleneingang wird mit Lehm verklebt, so da bei einem Einfluglochvon ca. 3 bis 4 cm Durchmesser nur kleinere Vogelarten die Hhle wiederbesiedeln knnen. Manchmal ffnen Spechte solche verklebten Hhleneingnge,werfen das Nistmaterial aus der Hhle und bewohnen sie wieder. Der Kleibersucht sich seine Brut- und Schlafhhlen in 3 m 15 m Hhe. Die relativeFeuchtigkeit des Nistmaterials betrgt zwischen 40100 %.

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  • Das Nistmaterial bei den verschiedenen Meisenarten ist untereinander sehrhnlich (Haubenmeise, Kohlmeise, Weidenmeise, Tannenmeise, Sumpfmeiseund Blaumeise).

    Parus major L. Die Kohlmeise legt in verschiedener Hhe zwischen 0,25 bis15 m (H 19/10 m) ber der Erde das Nest an. Das Nistmaterial fllt dieBaumhhlen zu ungefhr 50 % aus und besteht aus Moosen mit Zwischenrschichten aus Grashalmen. Die Nestmulde ist mit Distelflaum, kleinen Federnund Wildhaaren ausgebettet (R. L. F. 70100 %).

    Parus ater L. Die Tannenmeise verwendet Nestmaterial wie parus major,brtet aber meist tiefer, zum Beispiel in Holzstmpfen (R. L. F. 80100 %).

    Certhia familiaris L. Der Baumlufer legt sein Nest hinter Borke, in Baum-spalten und Baumhhlen an. Als Unterlage fr das Nest dienen Zweige. Daraufliegen Birkenrinde, Moos und Grashalme; in Brunnsee konnten im Nistmaterialvon Certhia spec, auch Fhrennadeln gefunden werden. Innen ist das Nest mitFedern und Haaren ausgekleidet (die R. L. F. liegt meist zwischen 5080 %).

    Passer montanus (L.) Feldsperling. Das Nest ist zum grten Teil aus Gras-halmen und Stroh zusammengefgt. Oft sind Papierstcke und Hanfschnremitverwoben (Beobachtung bei Illmitz und Brunnsee), whrend innen Haareund vor allem Federn verwendet werden (R. L. F. zwischen 5080 %).

    Sturnus vulgaris L. Star. Das Nest ist vllig kunstlos aus Stroh,Gras, Graswurzeln, ferner Kiefernrinde, Spnen, Laub und Flechten zusammen-gefgt. Beim Bau des Nestes werden frischgrne Blattriebe verwendet (Brunn-see). Innen ist es mit Haaren, Wolle und Federn gefttert (50100 % R. L. F.).

    Ficedula albicollis (TEMMNICK). Halsbandfliegenschnpper. Als Nistmaterialverwendet der Halsbandfliegenschnpper Grashalme, Graswurzeln und Rindeder Waldrebe. Innen ist das Nest mit Federn und feinen Grashalmen ausge-kleidet (R. L. F. zwischen 5080 %). Das Kleinsugernistmaterial hat da-gegen eine grbere Korngre (38 cm) und fllt die Hhlen meist ganz aus.

    Sciurus vulgaris L. Eichhrnchen tragen vor allem trockene Zweige undGras und Stroh sowie Laub und Moos in Hhlen ein. In diesen Hhlen ist nureine R. L. F. von 40 bis maximal 60 % anzutreffen.

    Apodemus flavicollis (MELCHIOR). Gelbhalsmaus. In 23 untersuchten Hhlenlagen in Baumhhlen neben dem Kugelnest, das aus Laub und Grsern besteht,Nahrungsvorrte aus Eicheln. (In einer Hhle in Brunnsee wurden, neben zweiNestern mit 10 Jungen und 6 Adulten Gelbhalsmusen auch ca. 20 kg Eichel-frchte gefunden.) In den meisten Gelbhalsmaushhlen wurden immer hoheWerte von relativer Feuchtigkeit gemessen (ca. 8090 %).

    Werden in Hhlen jhrlich von verschiedenen Wirten Nester angelegt undBrten aufgezogen, so lt sich klar eine Schichtung der einzelnen Nester er-kennen. In diesen Hhlen findet man eine Anhufung von Nistmaterial, da derAbbau desselben sehr langsam vor sich geht.

    Abbau des NistmaterialsDas aufgezhlte Nistmaterial wird durch Verwesung, Fulnis und Zer-

    setzung abgebaut und beeinflut die bestehende Hhlenfauna. Es bildet sichein neuer Lebensraum fr den Nidicolenbestand der alternden Baumhhlen.Nach der Begleitfauna und den verschiedenen Erscheinungsformen des Nist-materials in Hhlen zu schlieen, handelt es sich um dieselben Vorgnge wiebeim Abbau pflanzlicher und tierischer Substanzen im Laubstreu des Bodens.Nach dem Zersetzungsgrad des Nistmaterials knnen grundstzlich zwei Schich-ten unterschieden werden:

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  • a) das Nestb) der Hhlenmulm, d. h. teilweise oder ganz zersetztes Nistmaterial unter

    dem Nest selbst.Bei groen Hhlenspalten mit groen Hhleneingngen und fehlender

    Feuchtigkeit tritt Verwesung auf. KHNELT bezeichnet die Vernderung organi-scher Stoffe bei reichlich Luftzutritt und Mangel an Feuchtigkeit als Verwesung.Der Abbau des Nistmaterials wird je nach Substrat von verschiedenen Organis-men durchgefhrt. Hhlenmaterial, das vor allem aus Zweigen, Holzstcken undBohrmehl (= Holzmehl der verschiedenen Insektenlarven) besteht, wird vonInsekten angegriffen. In diesem extrem trockenen Baumhhlen sind Ameisenanzutreffen, die grob mechanisch das Nistmaterial und das Holz verarbeiten.Der Abbau durch Bakterien ist sehr an Feuchtigkeit gebunden. Dadurch erfolgtdie Verwesung sehr langsam und die gebleichten Holzreste bleiben viele Jahreunzersetzt (KHNELT 1950).

    Der Zerfall organischen Nistmaterials wird in feuchten Hhlen bei geringeroder keiner Luftzufuhr als Fulnis bezeichnet. Diese Hhlen knnen durchVerwachsung von Rinde und durch das Verkleben des Hhleneinganges vonKleibern, sowie bei exkrementhaltigen Hhlen zu Fulnis-Hhlen werden. Dabeibilden sich Methan, Schwefelwasserstoff, Amine und Phenole. Im Nistmateria]selbst kommt es zu Fulnisvorgngen, wenn der Hhlengrund wasserundurch-lssig ist. In vielen Baumhhlen mit mehr als 90 % R. L. F. im Nistmateria]treten am Hhlengrund Wasseransammlungen auf, die reich an Gerbsuren undPhenolen sind.

    Treten in stark exkrementhaltigen Hhlen Fulnisvorgnge auf, so ver-nichten die Endprodukte (Methan, Schwefelwasserstoff und Ammoniak) denNidicolenbestand.

    Zersetzung: Pflanzliche und tierische Stoffe zerfallen bei Zutritt von Was-ser und Luft. Der Hauptbestandteil des Nestmaterials ist Zellulose, die imDarmkanal der Nidicolen aufgespaltet wird.

    Die physikalisch chemischen Eigenschaften und die Art des Nistmaterials(Laub, Nadeln, Grser, Rinde, Moose und Samen) und der Anteil der tierischenSubstanzen (Hornsubstanzen, Haare, Federn und Harnstoff) beeinflussen dieZersetzungsgeschwindigkeit. So hngt die Zersetzungsgeschwindigkeit vom Ver-hltnis Kohlenstoff und Stickstoffgehalt des Materials ab, wonach sich bestimmteBodenorganismen einordnen lassen. Ebenso erleichtert ein hoher Gehalt derwasserlslichen Substanzen die Zersetzung, whrend hoher Ligningehalt sieerschwert (KHNELT 1950).

    Zusammenfassung1. Es wurde die Entstehungsweise von Baumhhlen diskutiert und speziell

    die terrestrial microsere" behandelt.2. Temperatur und Feuchtigkeitsmessungen zeigen eine groe Konstanz

    und schalten Schwankungen, wie sie auerhalb der Hhle auftreten,weitgehend aus.

    3. Die Baumhhlenfauna bevorzugt schwach alkalische und neutrale pH-Bereiche; so auch Ascoschngastia latyshevi (SCHLUGER), eine Trombicu-lide, die im Larvenstadium alle Hhlenbewohner (Vgel und Kleinsu-ger) parasitiert.

    4. Der relative O2-Gehalt in Baumhhlen sinkt zum Hhlengrund hin ab.5. Die Hhlenfauna zeigt starke Unterschiede zwischen exkrementhaltigen

    und exkrementfreien Hhlen.

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  • 6. Die Zusammensetzung des Nistmaterials und der Abbau desselben wirddargestellt.

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    Anschrift des Verfassers: Dr. Wolf SIXL,Universitt Graz, Zoologisches Institut, Universitts-platz 2, A 8010 G r a z .

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