multisegmentale en-bloc-spondylektomie; multisegmental en bloc spondylectomy;

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Oper Orthop Traumatol 2012 · 24:272–283 DOI 10.1007/s00064-011-0070-6 Online publiziert: 30. Juni 2012 © Springer-Verlag 2012 C. Druschel 1  · A.C. Disch 1  · I. Melcher 1  · A. Luzzati 2  · N.P. Haas 1  · K.-D. Schaser 1 1 Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum 2 Section for Oncological Orthopaedics and Reconstruction of the Spine, IRCCS Istituto Ortopedico Galeazzi, Milan Multisegmentale  En-bloc-Spondylektomie Indikation, Staging und chirurgische Technik Vorbemerkungen Ziele der modernen Behandlung von pri- mär malignen Tumoren und solitären Metastasen geeigneter, biologisch günsti- ger Tumorbiologie (keine Systemerkran- kungen wie z. B. Plasmozytom, NSCC) der Wirbelsäule sind die onkologisch suf- fiziente En-bloc-Resektion mit Minimie- rung des Lokalrezidivrisikos und verbes- serter systemischer Tumorkontrolle. Vo- raussetzungen hierfür sind die korrekte Operationsplanung in Abhängigkeit von Tumorlokalisation und Tumorausdeh- nung, der bestmögliche Erhalt neurolo- gischer Funktionen sowie eine suffiziente biomechanische Defektrekonstruktion und Wiederherstellung der Stabilität der Wirbelsäule. Lange Zeit wurden solitäre metastatische Läsionen wie auch verte- brale Sarkome lediglich chirurgisch durch intraläsionale Resektionen wie Kürettage oder „piecemeal resection“ von Tumor- massen behandelt. Gründe hierfür la- gen in der engen topographischen Be- ziehung der Tumormanifestation zu es- sentiellen neurovaskulären und viszera- len Strukturen wie Myelon, Nervenwur- zeln, zentralen großen Gefäßen etc.. Die- se chirurgischen Eingriffe stellten so- mit vor allem palliative Maßnahmen dar und waren als R1/2-Resektionen zwangs- läufig mit einer Tumorzelldissemination und einem hohem Risiko für ein loka- les und systemisches Tumorrezidiv asso- ziiert. Auch bei solitären Tumorläsionen waren diese Prozeduren, trotz adäquater adjuvanter Radio- und/oder Chemothe- rapie, nur mit schlechten Resultaten hin- sichtlich des onkologischen Outcomes verbunden [1, 2]. Die Einführung der to- talen En-bloc-Spondylektomie (TES) als chirurgische Therapieoption bot erst- mals die Möglichkeit eines neuen thera- peutischen Ansatzes, welcher die radika- len onkochirurgischen Konzepte malig- ner Extremitätentumoren mit komparti- mentorientierenden Resektionen auf die Wirbelsäule übertragbar machte und so- mit das Erreichen von marginalen bis wei- ten Resektionsgrenzen ermöglichte [3, 4, 5]. Im Jahre 1971 wurde von Bertil Stener im Rahmen einer 3-Etagenresektion von T6 bis T8 bei einem Chondrosarkom die- ses Verfahren erstmals beschrieben [5]. Roy-Camille standardisierte diese Opera- tionstechnik weiter [4]. Erste größere Se- rien wurden von Tomita et al., Fiedler et al. sowie von Melcher et al. publiziert [6, 7, 8]. Die Indikationen für diese neue chirurgi- sche Technik wurden auf primäre Wirbel- säulentumore [1, 9, 10] und solitäre Me- tastasen biologisch geeigneter Tumoren- titäten [7, 11, 13, 14] beschränkt. Hierbei sind hochauflösende radiologische Bild- gebungsmethoden und präzise histopa- thologische Begutachtungen in der Lage, das Tumorgrading sowie das Staging als Entscheidungshilfe für die adäquate on- kochirurgische Therapiestrategie genau festzulegen und die chirurgische Planung zu spezifizieren [10, 15, 16, 17]. Die kon- sequente Umsetzung und Weiterentwick- lung dieses Resektionsverfahrens führte zu einer deutlich verringerten Lokalrezi- divrate, einer Erhöhung der Lebensquali- tät sowie zu einem Ansteigen der Gesamt- überlebensrate [18, 19, 20]. Aus dem on- kologischen Erfolg resultierte eine anstei- gende Zahl an durchgeführten TES mit mehreren Publikationen [7, 8, 9]. In ein- zelnen Fallbeschreibungen und Kasuisti- ken wurde die Indikationsstellung auch immer weiter auf Fälle mit extrakompar- timentalem und sogar multisegmentalem Tumorbefall ausgeweitet [8, 21]. Trotz er- höhtem chirurgischem Risiko und peri- operativer Morbidität wurden in einzel- nen Kasuistiken sogar extrakomparti- mentale Tumormanifestationen mit Betei- ligung großer Gefäße, Thoraxwand, Du- ralsack und abdomineller Organe, nicht länger als Ausschlusskriterium für eine radikale Resektion mittels TES betrach- tet und eine Resektion unter Erweiterung der Resektionsgrenzen durchgeführt [12]. In solchen Fällen ist jedoch eine sorgfäl- tige Patientenselektion, ein interdiszipli- närer Therapieentscheid unter Ausnut- zung aller anderen adjuvanten Therapie- formen und eine detaillierte präoperative Planung von absoluter Notwendigkeit. Hierunter fällt neben lokaler multiplana- rer CT/MRT-Schichtbildgebung z. B. die angiographische Visualisierung der spi- nalen Blutgefäße, vor allem der A. spina- lis anterior (Adamkiewicz), um das Risiko vaskulär assoziierter neurologischer De- fizite zu minimieren. Bei multisegmenta- ler thorakaler Tumorlokalisation sollten die pulmonale Funktion sowie die Lage- beziehung zu Aorta, V. cava und V. azy- gos/hemiazygos und Nachbarorganen ge- nau evaluiert werden. Es muss präoperativ Redaktion T. Mittlmeier, Rostock Zeichner R. Henkel, Heidelberg 272 | Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012 Operative Techniken

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Page 1: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

Oper Orthop Traumatol 2012 · 24:272–283DOI 10.1007/s00064-011-0070-6Online publiziert: 30. Juni 2012© Springer-Verlag 2012

C. Druschel1 · A.C. Disch1 · I. Melcher1 · A. Luzzati2 · N.P. Haas1 · K.-D. Schaser1

1 Zentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum2 Section for Oncological Orthopaedics and Reconstruction of the Spine,

IRCCS Istituto Ortopedico Galeazzi, Milan

Multisegmentale En-bloc-SpondylektomieIndikation, Staging und chirurgische Technik

Vorbemerkungen

Ziele der modernen Behandlung von pri-mär malignen Tumoren und solitären Metastasen geeigneter, biologisch günsti-ger Tumorbiologie (keine Systemerkran-kungen wie z. B. Plasmozytom, NSCC) der Wirbelsäule sind die onkologisch suf-fiziente En-bloc-Resektion mit Minimie-rung des Lokalrezidivrisikos und verbes-serter systemischer Tumorkontrolle. Vo-raussetzungen hierfür sind die korrekte Operationsplanung in Abhängigkeit von Tumorlokalisation und Tumorausdeh-nung, der bestmögliche Erhalt neurolo-gischer Funktionen sowie eine suffiziente biomechanische Defektrekonstruktion und Wiederherstellung der Stabilität der Wirbelsäule. Lange Zeit wurden solitäre metastatische Läsionen wie auch verte-brale Sarkome lediglich chirurgisch durch intraläsionale Resektionen wie Kürettage oder „piecemeal resection“ von Tumor-massen behandelt. Gründe hierfür la-gen in der engen topographischen Be-ziehung der Tumormanifestation zu es-sentiellen neurovaskulären und viszera-len Strukturen wie Myelon, Nervenwur-zeln, zentralen großen Gefäßen etc.. Die-se chirurgischen Eingriffe stellten so-mit vor allem palliative Maßnahmen dar und waren als R1/2-Resektionen zwangs-läufig mit einer Tumorzelldissemination und einem hohem Risiko für ein loka-les und systemisches Tumorrezidiv asso-ziiert. Auch bei solitären Tumorläsionen waren diese Prozeduren, trotz adäquater adjuvanter Radio- und/oder Chemothe-

rapie, nur mit schlechten Resultaten hin-sichtlich des onkologischen Outcomes verbunden [1, 2]. Die Einführung der to-talen En-bloc-Spondylektomie (TES) als chirurgische Therapieoption bot erst-mals die Möglichkeit eines neuen thera-peutischen Ansatzes, welcher die radika-len onko chirurgischen Konzepte malig-ner Extremitätentumoren mit komparti-mentorientierenden Resektionen auf die Wirbelsäule übertragbar machte und so-mit das Erreichen von marginalen bis wei-ten Resektionsgrenzen ermöglichte [3, 4, 5]. Im Jahre 1971 wurde von Bertil Stener im Rahmen einer 3-Etagenresektion von T6 bis T8 bei einem Chondrosarkom die-ses Verfahren erstmals beschrieben [5]. Roy-Camille standardisierte diese Opera-tionstechnik weiter [4]. Erste größere Se-rien wurden von Tomita et al., Fiedler et al. sowie von Melcher et al. publiziert [6, 7, 8]. Die Indikationen für diese neue chirurgi-sche Technik wurden auf primäre Wirbel-säulentumore [1, 9, 10] und solitäre Me-tastasen biologisch geeigneter Tumoren-titäten [7, 11, 13, 14] beschränkt. Hierbei sind hochauflösende radiologische Bild-gebungsmethoden und präzise histopa-thologische Begutachtungen in der Lage, das Tumorgrading sowie das Staging als Entscheidungshilfe für die adäquate on-kochirurgische Therapiestrategie genau festzulegen und die chirurgische Planung zu spezifizieren [10, 15, 16, 17]. Die kon-sequente Umsetzung und Weiterentwick-lung dieses Resektionsverfahrens führte zu einer deutlich verringerten Lokalrezi-divrate, einer Erhöhung der Lebensquali-

tät sowie zu einem Ansteigen der Gesamt-überlebensrate [18, 19, 20]. Aus dem on-kologischen Erfolg resultierte eine anstei-gende Zahl an durchgeführten TES mit mehreren Publikationen [7, 8, 9]. In ein-zelnen Fallbeschreibungen und Kasuisti-ken wurde die Indikationsstellung auch immer weiter auf Fälle mit extrakompar-timentalem und sogar multisegmentalem Tumorbefall ausgeweitet [8, 21]. Trotz er-höhtem chirurgischem Risiko und peri-operativer Morbidität wurden in einzel-nen Kasuistiken sogar extrakomparti-mentale Tumormanifestationen mit Betei-ligung großer Gefäße, Thoraxwand, Du-ralsack und abdomineller Organe, nicht länger als Ausschlusskriterium für eine radikale Resektion mittels TES betrach-tet und eine Resektion unter Erweiterung der Resektionsgrenzen durchgeführt [12]. In solchen Fällen ist jedoch eine sorgfäl-tige Patientenselektion, ein interdiszipli-närer Therapieentscheid unter Ausnut-zung aller anderen adjuvanten Therapie-formen und eine detaillierte präoperative Planung von absoluter Notwendigkeit. Hierunter fällt neben lokaler multiplana-rer CT/MRT-Schichtbildgebung z. B. die angiographische Visualisierung der spi-nalen Blutgefäße, vor allem der A. spina-lis anterior (Adamkiewicz), um das Risiko vaskulär assoziierter neurologischer De-fizite zu minimieren. Bei multisegmenta-ler thorakaler Tumorlokalisation sollten die pulmonale Funktion sowie die Lage-beziehung zu Aorta, V. cava und V. azy-gos/hemiazygos und Nachbarorganen ge-nau evaluiert werden. Es muss präoperativ

RedaktionT. Mittlmeier, RostockZeichnerR. Henkel, Heidelberg

272 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

Page 2: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

realistisch eingeschätzt werden, inwieweit eine Erweiterung der Resektionsgrenzen durch beispielsweise Thoraxwandresek-tion, Gefäßresektion und -ersatz über-haupt technisch möglich ist und sich on-kologisch sinnvolle Indikationen ergeben.

Die Defektrekonstruktion nach multi-segmentaler En-bloc-Exzision ist enorm anspruchsvoll, da alle ventralen und dor-salen lasttragenden Strukturen der betrof-fenen Segmente reseziert werden. Die dor-soventrale Rekonstruktion erfolgt über langstreckige posteriore transpedikuläre Instrumentierungen (Schrauben-Stab-Systeme) in Verbindung mit einem vent-ralen Wirbelkörperersatzverfahren. Letz-tere stehen zumeist in Form verschiede-ner Cage-Typen unterschiedlichsten De-signs (expandierbar oder modular aus Carbon-Composite-Material) zur Verfü-gung und sollten immer mit einer Spon-dylodese durch autologe Spongiosatrans-plantation kombiniert werden. Ziel dieser Arbeit ist die Beschreibung der Indika-tionen, der chirurgischen Techniken zur multisegmentalen En-bloc-Spondylekto-mie und die Rekonstruktion bei Patienten mit „Multilevel“-Manifestationen verte-braler Sarkome und solitärer Metastasen.

Operationsprinzip und -ziel

En-bloc-Exzision der tumorbefalle-nen Wirbelkörpersegmente mit on-kologisch suffizienten, weiten/margi-nalen Resektionsrändern unter best-möglichstem Erhalt der neurologi-schen Funktion. Biomechanisch suffi-ziente spinale Defektrekonstruktion zur dauerhaften Wiederherstellung der Stabilität der Wirbelsäule.

Vorteile

FStandardisiertes Konzept mit Orien-tierung an der Resektionstechnik von Roy-Camille et al. [4] und Tomita et al. [7] mit Variation der Zugänge ent-sprechend der Tumorausdehnung

FEinzige chirurgisch realistische Op-tion zum Erreichen einer onkologisch suffizienten En-bloc-Resektion mit tumorfreien Schnitträndern

Nachteile

FHoher operativer Aufwand mit nicht unerheblichen logistischen/infra-strukturellen Anforderungen im in-terdisziplinären Konzept

FHohes intra-/postoperatives Risi-ko für Komplikationen wie Blutun-gen (große Gefäße, epidurale Venen) und neurologische Funktionsdefizite (Duralsackverletzung, Nervenwurzel-durchtrennung)

FHäufig Notwendigkeit kombinierte Zugänge (dorsal/ventral) mit entspre-chender Morbidität

Indikationen

FBioptisch und histopathologisch gesi-cherte solitäre primäre Wirbelsäulen-tumore/vertebrale Sarkome mit mul-tisegmentaler Ausdehnung ( Tomita 6) im BWS- und LWS-Bereich

FBioptisch und histopathologisch gesi-cherte solitäre BWS/LWS-Metastasen (Tomita 6) günstiger Tumorbiologien mit radikal behandeltem Primärtu-mor sowie langem metastasenfreiem Intervall (interdisziplinäre Entschei-dung in Tumorboards)

FErgebnisse in etablierten Scores (Tokuhashi-Score 12–15, Tomita- Score 2–3) und Klassifikationen (To-mita-Klassifikation 6), welche eine ra-dikale, weite Exzision rechtfertigen

FRelative Indikation: lokal segment-überschreitende Tumorrezidive oder intraläsional voroperierte Patienten mit den benannten Entitäten sowie intraspinale/transdurale Tumorbetei-ligung

Kontraindikationen

FNachweis von systemischen, nichtre-sektablen Tumormanifestationen

FDiffuser spinaler Befall (Klassifika-tion des Tumors nach Tomita als Typ 7)

FReduzierter Karnofsky-Index und Gesamtzustand des Patienten, der ausgedehnte chirurgische Interven-tion nicht erlaubt (Scores nach Tomi-ta und Tokuhashi)

FRelativ: ausgedehnter Tumorkontakt zur Dura

Patientenaufklärung

Allgemeine Risiken

FIntra-/postoperativer BlutverlustFWundheilungsstörungen/-infektion

mit Notwendigkeit der RevisionFTiefer oder oberflächlicher Wundin-

fekt mit Notwendigkeit der Antibio-tikatherapie und chirurgischer Revi-sion

FThrombose, EmbolieFMit der (Doppellumen-)Intubations-

narkose assoziierte KomplikationenFAllergische Reaktionen

Spezifische Komplikationen

FSchwere Gefäßverletzungen mit mas-siver Blutung (Aorta, V. cava, V. azy-gos/hemiazygos) mit Notwendigkeit der Zugangserweiterung

FManipulationsbedingte Myelonverlet-zung mit nachfolgenden sensomoto-rischen Defiziten bis hin zur in-/kom-pletten Querschnittssymptomatik

FDuraverletzung mit nachfolgen-dem(r) Liquorleck/-fistel

FDuctus-thoracicus-Verletzung mit Chylothorax

FImplantatversagen mit Implantatfehl-lage, -dislokation, -bruch oder -locke-rung

FAusbildung von Wirbelkörperfrak-turen in angrenzenden Segmenten durch biomechanische Belastung

FRisiko der intraläsionalen Resektion mit nachfolgendem Tumorrezidiv/-metastasierung

FIrreversible, segmentale sensomoto-rische Funktionseinschränkungen durch die onkologisch notwendigen und geplanten Nervenwurzelresektio-nen (segmentale Denervation der In-terkostal-/Bauchdeckenmuskulatur)

FEinschränkungen der Wirbelsäu-lenbeweglichkeit durch Versteifung mehrerer Wirbelsäulensegmente

FAusbleibende knöcherne Fusion

Operationsvorbereitungen

FKontrolle der zuvor durchgeführten Biopsie und der definitiven histopa-thologischen Diagnosesicherung (of-fene transpedikuläre Inzisionsbiopsie

273Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 

Page 3: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

Zusammenfassung · Abstract

Oper Orthop Traumatol 2012 · 24:272–283 DOI 10.1007/s00064-011-0070-6© Springer-Verlag 2012

C. Druschel · A.C. Disch · I. Melcher · A. Luzzati · N.P. Haas · K.-D. Schaser

Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie. Indikation, Staging und chirurgische Technik

ZusammenfassungOperationsziel. Ziel ist die onkologisch suf-fiziente Resektion segmentüberschreiten-der primärer Knochentumoren und solitärer metastatischer Läsionen an der Wirbelsäule durch En-bloc-Exzision multisegmentaler vertebraler Tumormanifestationen zur Mini-mierung des Lokalrezidivrisikos und zur Ver-besserung der systemischen Tumorkontrolle. Suffiziente Defektrekonstruktion zur Wieder-herstellung der biomechanischen Wirbelsäu-lenstabilität, zum Funktionserhalt oder zur Wiederherstellung einer adäquaten neurolo-gischen Funktion.Indikationen. Primär maligne und benig-ne, aggressive Wirbelsäulentumore, solitä-re Metastasen tumorbiologisch und prog-nostisch günstiger Primärtumore (entspre-chend günstige Werte in den prognosti-schen Scores) sowie extrakompartimentale multisegmentale vertebrale Tumormanifesta-tionen entsprechend Typ 6 nach Tomita.Kontraindikationen. Diffuse spinale/verte-brale Tumorausbreitung entsprechend Typ 7 nach Tomita (disseminierte Metastasierung der Wirbelsäule), Nachweis von Fernmetas-tasen im Staging, biologisch ungünstige Tu-morentitäten bzw. primär maligne System-

erkrankungen/diffus disseminierte Maligno-me (Tomita-Score <4–5 Punkte, Tokuhashi-Score <12 Punkte).Operationstechnik. Je nach Tumorausdeh-nung sequentieller ventraler (Thorako- oder Lumbotomie, ggf. Laparotomie zum anterio-ren Tumorrelease und Gefäßpräparation) so-wie dorsaler Zugang. Dorsaler Zugang über dorsomediane Inzision, Exposition der dor-salen Wirbelanteile, Kostotransversektomie, Resektion der Facetten, segmentale Resek-tion paravertebraler Rippenanteile. Lami-nektomie im tumorfreien Abschnitt der La-minae; nach Resektion des Ligamentum fla-vum sowie Erreichen des epi-/extradura-len Raums duralsacknahe Ligatur tumorum-wachsener Nervenwurzeln; bilaterale Liga-tur der Segmentarterien. Palpatorisch-digi-tale, möglichst extrapleurale Präparation zu den ventralen Wirbelkörperanteilen und ein-setzen S-förmiger, die ventrale Wirbelkörper-kontur umfassender Spatel zur Gefäßpro-tektion. Markierung und Durchtrennung der Bandscheiben und des vorderen/hinteren Längsbands. Instrumentierung der Pedikel-schrauben und unilaterale Stabfixation. Mo-bilisation und verletzungsfreies Herausdre-

hen der betroffenen Wirbelsegmente um die Längsachse des Myelons. Interposition eines mit autologer Spongiosa gefüllten Cages von dorsal und Komplettierung der dorsalen Sta-bilisation. Weichteilverschluss, ggf. Goretex-Patch bei notwendiger Thoraxwandrekons-truktion.Weiterbehandlung. Intensivmedizinische Überwachung mit balancierter Volumen-substitution. Postoperative adjuvante Strah-len- oder Chemotherapie je nach Protokoll und histologischen Resektionsgrenzen.Ergebnisse. Deskription der Indikationen, Zugänge, chirurgischen Technik und Metho-den der Instrumentierung. Defektrekonstruk-tion (ventrale/dorsale Spondylodese) nach mehrsegmentaler En-bloc-Resektion spina-ler Tumore. Beschreibung des onkologischen Outcomes, der Kontraindikationen und int-ra-/postoperativer Risiken.

SchlüsselwörterSpinale Neoplasien · Metastasen · Operationstechnik · Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie

Multisegmental en bloc spondylectomy. Indications, staging and surgical technique

AbstractObjective. Description of the surgical tech-nique including approaches and spinal re-construction principles for patients sched-uled for multilevel en bloc excision of verte-bral tumors (multisegmental total en bloc spondylectomy) with the aim to attain tu-mor-free margins and minimize the risk of lo-cal and systemic tumor recurrence. Restora-tion of biomechanically sufficient spinal sta-bility. Functional preservation and/or regain-ing of adequate neurological function.Indications. Primary malignant and benign, aggressive spinal tumors. Solitary metastat-ic tumors of biologically and prognostically favorable primary tumor (good prognostic scores). Extracompartmental, multisegmen-tal vertebral tumor manifestations according to Tomita type 6.Contraindications. Diffuse spinal/verte-bral tumor spread according to Tomita type 7 (disseminated spinal metastatic disease). Detection of distant metastases in the stag-

ing investigation. Biologically unfavorable tu-mor entities or primary systemic malignant tumors/diffuse disseminated malignoma (Tomita score <4–5 points, Tokuhashi score <12 points).Surgical technique. Depending on tumor growth, sequential performance of the ante-rior and posterior approach for local tumor release and preparation/replacement of en-cased large vessels. Posterior approach via dorsomedial incision and exposure of the posterior vertebral elements. Costotransver-sectomy, resection of the facets, resection of paravertebral rib segments. Laminectomy in the tumor-free lamina segment, resection of the ligamentum flavum and paradural liga-tion of affected nerve roots, bilateral ligation of the segmental arteries. Digital extrapleu-ral palpation and dissection to the anterior vertebral body parts. Insertion of S-shaped spatulas ventral to the anterior aspect of the spine, and dissection of the disc spaces and

the posterior longitudinal ligament. Instru-mentation of pedicle screws and unilateral rod fixation, mobilization and careful, manu-al turning out/rotation of the affected verte-bral segments around the longitudinal axis of the spinal cord. Interpositioning of a carbon-composite cage from posterior filled with au-tologous bone. Completion of the posterior stabilization, soft tissue closure, Goretex patch fixation if required in cases of chest wall resections.Postoperative management. Intensive care monitoring with balanced volume replace-ment/transfusion. Postoperative adjuvant radiotherapy or chemotherapy, depending on the protocol and resection margins.

KeywordsSpinal neoplasms · Metastasis · Surgical technique · Multisegmental en bloc spondylectomy

274 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Page 4: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

oder CT-gestützte perkutane Stanz-biopsie)

FLokale Bildgebung: konventionelles Röntgen im Stehen, CT und MRT der betroffenen und angrenzenden Wir-belsäulensegmente

FPräoperatives Staging zum Aus-schluss/Nachweis metastatischer Lä-sionen (CT-Thorax/Abdomen, CCT, MRT ggf. der gesamten Wirbelsäule, Skelettszintigraphie, PET-CT)

FSpinale Angiographie und Darstel-lung der Myelonperfusion (Iden-tifizierung des Eingangssegments und der Seite der A. spinalis ante-rior (Adamkiewicz), ggf. selektive Tu-morembolisation bei hypervaskulari-sierten Tumorentitäten (Nierenzell-, Schilddrüsenkarzinom- und Phäo-chromozytommetastasen)

FEingehende klinische Untersuchung des präoperativen neurologischen Status

FEingehende anästhesiologische Vor-bereitung (z. B. Stress-/Echokardio-graphie, Lungenfunktionsdiagnostik bei anteriorem Zugang und Doppel-lumenintubation)

FGgf. Planung CT-gestützter Naviga-tion zur Resektion und/oder Pedikel-schraubenplatzierung

Instrumentarium und Implantate

Instrumentarium

FBei Umlagerung (erst ventrales Vor-gehen/Release, dann dorsale Resek-tion) 2-fache Operationsabdeckung

FVentraler Zugang: alle zur Thorakoto-mie/zentralen Gefäßpräparation not-wendigen Instrumente (Thorax-/Rip-penspreizer, Sternumsäge, lange Pin-zetten, Scheren, Overholds, gerade/gebogene Gefäßklemmen, Bühlau-Drainage)

FWirbelsäulengrundinstrumentarium mit Laminektomiestanzen, Dura-haken, Nervenhaken, Rongeur, Band-scheibenmeißel und entsprechenden Weichteilspreizern etc.

FMikrochirurgisches Instrumentarium und Nahtmaterial, Lupenbrille, ggf. Mikroskop bei Nerven- und Gefäß-verletzungen

FSpezielle, sigmoidal gebogene, analog der Wirbelkörperanatomie biegbare und von dorsal um die Wirbelkörper-vorderseite anlegbare Spatel

FKnochenwachsFBlutstillendes Kollagenflies, Hämo-

styptikaFOptional Navigationsinstrumentarien

(Referenzklemmen, navigierte Meisel, Bohrer und Schraubenzieher)

FBildverstärker, NavigationFVerfügbarkeit intraoperativer Schnell-

schnittdiagnostikFGoretex-Patch-Material zur Defektre-

konstruktion bei Thoraxwandresek-tion

FSynthetisches/alloplastisches Material zur Duralsackrekonstruktion bei Du-raresektion

Implantate

FPedikelschrauben-Stab-System (ggf. „low-profile“ polyaxiales System)

FAnteriores Cage-System (z. B. modu-larer Carbon-Composite-Osta-Pek Cage, alternativ expandierbare Wir-belkörperersatzsysteme

Anästhesie und Lagerung

FRegelhaft Intubationsnarkose, ggf. bei thorakaler Lokalisation und Notwen-digkeit des ventralen Zugangs Dop-pellumenintubation

FHypotensive Anästhesie während Phasen erhöhter Blutungsneigung (Eröffnung großer Spongiosaareale, Laminektomie, Duramobilisation mit epiduraler Venenplexuspräparation)

FBereitstellung von ausreichend Eryth-rozytenkonzentraten/Fresh-Frozen-Plasma

FBei dorsalen/ventralen Zugängen Bauch-/(Halb-)Rechtsseitenlagerung, vorzugsweise auf Carbontisch mit in-traoperativer biplanarer Bildwandler-kontrolle und Möglichkeit des intra-operativen CT-Scans (3-D-Iso-C)

FBei zusätzlichen anterioren Zugängen Halb-/Rechtsseitenlage

FIn Bauchlage ist durch Kissenlage-rung unter Becken- und Brustkorbbe-reich auf ein freiliegendes/hängendes Abdomen unbedingt zu achten, um eine Steigerung des intraabdominel-

len und damit zentralvenösen Drucks mit Fortleitung in den klappenlosen epiduralen Venenplexus zu vermin-dern (Blutungsrisiko minimieren!)

Operationstechnik

(.Abb. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7)

Die En-bloc-Resektion eines Wirbels kann über verschiedene Zugänge durch-geführt werden. Zum einen ist ein Vor-gehen von posterior über einen erwei-terten posterolateralen Zugang oder zum anderen über einen kombinierten ante-rioren (transthorakalen, transperitonea-len/retro peritonealen) und posterioren Zugang möglich. Die Entscheidung, wel-cher Zugang favorisiert wird, hängt vom betroffenen Segment (thorakal/lumbal) und vom jeweiligen Wirbelkörperanteil (Bogen, Lamina, Korpus) ab.

Der posteriore Zugangsweg stellt hier-bei eine Erweiterung des klassisch genutz-ten Zugangs der dorsalen Stabilisation bei Wirbelsäulenmetastasen dar. Insgesamt ist hiermit ein Erreichen der mehr lateral gelegenen Strukturen wie Proc. transver-sus, Facettengelenke und Rippen möglich. Über eine Kostotransversektomie ist die Darstellung des Spinalkanals unilateral oder bilateral, aber auch der Zugang nach ventral zur Insertion sigmoidaler Haken zur Gefäßprotektion möglich.

Der anteriore Zugang ist im Gegensatz zum dorsalen Zugang mit einer erhöhten Morbidität aufgrund postoperativer pul-monaler und viszeraler Komplikationen verbunden. Bei kombinierten Zugangswe-gen kann der anteriore Zugang vor oder nach dem dorsalen Eingriff durchgeführt werden, je nachdem, ob ein verbessertes Tumorrelease oder eine Rekonstruktion erfolgen soll. Der größte Vorteil des Vor-gehens von ventral liegt in der besseren Möglichkeit der Präparation mit visueller Kontrolle des Tumors und der umgeben-den Blutgefäße sowie der einfachen Unter-bindung der segmentalen Blutgefäße.

275Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 

Page 5: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

Abb. 1 8 Die dorsomediane Hautinzision er-folgt über den Dornfortsätzen und wird bei mul-tisegmentalen Resektionen in der Regel auf zwei bis drei Etagen ober- und unterhalb des betroffenen Segments erweitert. Dies ist für das Erreichen einer ausreichenden, insbesondere lateralen Exposition wichtig. Notfalls – insbe-sondere bei Mitnahme von Thoraxwandantei-len oder Lungenteilresektionen – kann der Zu-gang auch T-förmig nach lateral durch eine zu-sätzliche Inzision erweitert werden. Die para-spinale Muskulatur wird subperiostal präpariert und lateral weggehalten, um sowohl den be-troffenen als auch alle anderen für die Pedikel-schraubenplatzierung und zur dorsalen Stabili-sierung benötigten Wirbelkörper darzustellen. Um eine digitale Kontrolle/Präparation der ven-tralen Wirbelkörperanteile zu erreichen, müs-sen die tumorfreien paravertebralen Rippenseg-mente einschließlich der Kostotransversalgelen-ke um mind. 6–8 cm exponiert und segmental reseziert werden. Anschließend wird bei intra-kompartimentaler Tumormanifestation thorakal subpleural (parietale Pleura), lumbal dorsal des M. iliopsoas ventral des vorderen Längsbands präpariert. Dies gelingt durch stumpfe Präpa-ration mittels kleinen Tupfern. Die segmenta-len Gefäße werden bilateral zwischen Overhold-Klemmen ligiert und durchtrennt

Abb. 2 8 Nach bimanueller, digitaler stumpfer Präparation des präveralen/subpleuralen Raums von dorsolateral (a) werden bezogene, biegsame S-förmige Spatel zwischen vorderem Längsband und hinterem Mediastinum/Retroperitoneum zur Protektion der ventralen großen Gefäße und mediasti-nalen/viszeralen Strukturen während der Disk ektomie/Bandscheibendurchtrennung eingesetzt (b). Die digitale Präparation erfolgt rein palpatorisch, nicht unter Sicht, so dass insbesondere die Vena azy-gos leicht einreißen und zu von dorsal schwer stillbaren Blutungen führen kann. Berühren sich die von dorsal beidseits eingeschobenen Fingerspitzen der rechten und linken Hand ven tral der Wirbelsäule und ist der ventrale Aspekt der Wirbelsäule zwischen den als Resektionsgrenzen fungierenden Band-scheibenfächern befreit, ist der Operationsschritt der stumpfen Präparation abgeschlossen. Die be-troffenen Wirbelkörpersegmente lassen sich nun zirkumferent umfassen. Die Gefäße sind somit auf Höhe des Wirbelkörpers sowie der angrenzenden Bandscheiben abgelöst und von der Wirbelsäule mobilisiert

276 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

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Abb. 4 9 Unilateral, also kontralateral zu der Seite, zu welcher der Wirbelkörper herausrotiert wird, wird eine Verbindungsstange montiert, um eine Destabilisierung der Wirbelsäule und Myelonschädi-gung durch Scherkräfte, Distraktion etc. während der Spondylektomie zu verhindern. Anschließend können die subtile Mobilisierung und das zirkumferente Release des Duralsacks vom hinteren Längs-band erfolgen. Hierbei regelmäßig auftretende Blutungen aus dem epiduralen Venenplexus sind mit-unter nicht unerheblich. Intraspinale extrakompartimentale Tumorausdehnung mit klein-/großflächi-gen Durakontakt kann hier zu einer marginalen oder auch R1-Situation führen. Durainfiltrationen sind selten, am ehesten bei solitären Karzinommetastasen zu beobachten und bedürfen dann einer Resek-tion mit nachfolgender Dura-(Patch-)Plastik

Abb. 3 9 Anschließend erfolgt je nach Tumorausdehnung die Laminektomie im tumorfreien Anteil der Laminae (bei Beteiligung eines Pedikels/Lamina auch nur als zum Tumor kontralaterale Hemilami-nektomie), welche auch durch die von Tomita et al. beschriebene Technik „en bloc“ durchgeführt wer-den kann. Hierbei kann die Osteotomie sowohl durch den Pedikel (mit der Gigli-ähnlichen Tomita-Sä-ge) oder die Lamina gelegt werden. Bei tumorfreien Pedikeln/Laminae sollte komplett laminekto-miert werden, einschließlich Kostotransversektomie und Resektion der Facetten. Bei fehlendem Über-schreiten der Wirbelkörperkortikalis (nur bei monosegmentaler En-bloc-Exzision) – sogenannter intra-kompartimentaler Lokalisation aber Tumorausdehnung in die Pedikel – muss entweder eine begrenz-te (Hemi-)Laminektomie oder aber eine En-bloc-Laminektomie vorgenommen werden. Im letzteren Fall werden die Osteotomieflächen sofort mit Knochenwachs abgedichtet. Bei Tumorinvasion in die Kostotransversalgelenke/Rippen werden diese im Verbund am Präparat auf der tumortragenden Sei-te belassen. Im Falle eines Überschreitens der Wirbelkörperkortikalis – einer sog. extrakompartimenta-len Lokalisation – muss eine Erweiterung der Resektionsgrenzen erfolgen. Hierzu können Duraresekt-ionen mit nachfolgender Duraplastik oder Gefäßresektionen mit nachfolgender Bypassversorgung notwendig sein. Analog müssen im Bereich der LWS die ventralen Anteile der Querfortsätze von allen Muskelansätzen befreit werden. Dieser Schritt ist für eine sichere digitale Präparation und Kontrolle nach ventral notwendig. Nach Laminektomie und Resektion des Lig. flavum sowie Erreichen des epi-/extraduralen Raums werden die Nervenwurzeln beidseits aufgesucht. Sind Nervenwurzeln vom Tu-mor eingeschlossen, thorakal sowie lumbal, werden diese aus onkologischen Gründen duralsacknah ligiert. Ein Erhalt tumorummauerter Nervenwurzeln mit intraläsionaler Radikulolyse würde hingegen zwangsläufig zur Tumorzelldissemination und erhöhtem Rezidivrisiko führen. Im thorakalen Bereich können bei funktionell weniger relevanten, zu erwartenden neurologischen Defiziten auch unbefalle-ne Nervenwurzeln reseziert werden, um eine bessere Exposition und ausreichend Raum für das „Her-ausdrehen“ des Wirbelkörpers zu erreichen. Nach Komplettierung der Laminektomie und vor der wei-terführenden Präparation erfolgt zunächst die ggf. auch navigationsgestützte Instrumentierung der Pedikelschrauben. Diese dorsale bilaterale Pedikelschraubeninstrumentierung wird in der Regel min-destens zwei oder auch drei Etagen kranial und kaudal des Spondylektomiesegments durchgeführt

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Abb. 5 9 Im seitlichen Strahlengang erfolgt im Anschluss die definitive Bildwandlerverifizierung der kranial und distal zum betroffenen Segment liegenden Bandscheibenfächer durch einen in den Anu-lus fibrosus vorgeschobenen 2,0-mm-Kirschner-Draht. Bei eingesetzten Spateln nach ventral zur an-terioren Protektion werden unter leichter lateralseitiger Verlagerung des Duralsacks mit einem Dura-haken das hintere Längsband und die dorsal gelegenen Bandscheibenanteile durchtrennt. Die Durch-trennung des Bandscheibenfachs kann mittels eines Skalpells, einem schmalen Meißel oder einer ge-raden Schere erfolgen. Eine über die einseitig montierte Stabilisierungsstange diskret angelegte Dis-traktion kann den Zugang zu den ventralen Bandscheibenfachanteilen und deren Durchtrennung aber auch das Herausdrehen der Wirbelkörpersegmente erleichtern. Wird die Resektion nicht über ein Bandscheibenfach, sondern als Osteotomie durch einen benachbarten Wirbelkörper vorgenommen, kann auch eine Gigli-Säge verwendet werden. Mit dieser wird von ventral nach dorsal nur 80% der ventrodorsalen sagittalen Schnittfläche durchtrennt, um einer Schädigung des Myelons/Duralsacks vorzubeugen. Die Durchtrennung der Hinterkante und hinteren Wirbelkörperanteile erfolgt dann wie-der kontrolliert von dorsal mit dem Meißel

Abb. 6 9 Ist der Anulus fibrosus der angrenzenden Bandscheibenfächer, das hintere/vordere Längs-band komplett durchtrennt und der Wirbelkörper zirkumferent von den paraspinalen muskulären, li-gamentären und vaskulären Strukturen befreit, kann der Wirbelkörper um die Längsachse des Mye-lons herausgedreht und „en bloc“ entfernt werden. Der Laminektomiebereich dient dabei als Korridor, durch den der Duralsack verletzungsfrei hindurch manövriert wird. Hierfür, aber auch schon während der Diskektomie, bietet es sich an, mit der unilateral montierten Fixateur-interne-Instrumentierung des Spondylektomiesegments temporär leicht zu distrahieren. Dadurch werden auch die spätere Re-konstruktion und der Wirbelkörperersatz erleichtert

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Operative Techniken

Page 8: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

Postoperative Behandlung

FPostoperative Überwachung auf der Intensivstation mit adäquater Volu-mensubstitution

FEngmaschige Überwachung der neurologischen Funktionen

FProtrahierte Redon- und Bühlau-Ent-fernung (große Wundflächen, Prä-vention epidurales Hämatom, Pleura-defekte, mehrstündige Einseitenven-tilation der Lunge, Hämatothoraxge-fahr)

FInfektmonitoring, regelmäßige Wundkontrollen, postoperative Anti-biose

FAusreichende ThromboseprophylaxeFEntsprechend der histologisch nach-

gewiesenen Resektionsränder ggf. Einleitung einer adjuvanten Chemo-therapie oder Radiatio

FNahtloser Übergang von der Akutbe-handlung zur Rehabilitation

FEinleitung eines Restagings bei lo-kalen/systemischen Rezidiven nach 3 Monaten

Fehler, Gefahren, Komplikationen

FGefäßverletzungen: Verletzung der großen Gefäße (Aorta, V. cava) intra-operativ mit massivem Blutverlust (Vorhalten gefäßchirurgischer Exper-tise zur notfallmäßigen Intervention)

FDuraverletzung: Intraoperative Dura-verletzung mit nachfolgendem Risiko von Liqourlecks/-fistel, z. B. bei zir-kumferenter Präparation des Dural-sacks oder bei Einbringen des Cages. Duraverschluss mittels Naht oder Muskel-Patch

FMyelonverletzung: Gefahr der Mye-lonschädigung intraoperativ im Sin-ne einer Druckschädigung bzw. eines instabilitäts- oder aber manipula-

tionsbedingten Distraktionsschadens. Aus diesem Grund immer unilatera-le Stabfixation vor Beginn des Rota-tionsvorgangs. Wichtig ist die kon-tinuierliche postoperative Überwa-chung der neurologischen Funktio-nen, denn postoperativ ist eine Quer-schnittslähmung durch Druckschädi-gung des Myelons infolge von Häma-tomen möglich. Eine Myelonischämie infolge der Ligatur der Segmentgefä-ße ist möglich, konnte aber auch tier-experimentell nicht regelmäßig nach-gewiesen werden und ist unseres Er-achtens selten.

FDuctus-thoracicus-Verletzung: Intra-operative Schädigung des Ductus tho-racicus insbesondere bei anteriorem Tumorrelease und voroperierten Pa-tienten möglich. Bei Auftreten eines Chylothorax sollte dieser drainiert werden und es sollte versucht werden, die Chylusfistel durch konservative

Abb. 7 9 Die dorsale Instrumentierung sollte mindestens immer 2 Segmente kranial und kaudal des Spondylektomiesegments einschließen. Werden mehr als 2 Wirbelkörper thorakal „en bloc“ reseziert oder reichen die resezierten Segmente in junktionale Übergänge (thorakolumbal/zervikothorakal), sollten zur besseren Stabilisierung auch jeweils 3 benachbarte Segmente in die dorsale Stabilisie-rung einbezogen werden. Die Rekonstruktion der ventralen Säule erfolgt standardmäßig über Wirbel-körperersatzsysteme (VBR). Hierfür stehen wahlweise modulare oder aber auch distrahierbare Cages zur Verfügung. Soweit möglich werden diese mit autologem (aus dem Beckenkamm oder den rese-zierten Rippen), notfalls mit homologem Knochen bzw. Knochenersatzstoffen zur Stimulation der Fu-sion gefüllt. Expandierbare VBR sind aufgrund des Expandierungsmechanismus im Inneren des Cages in ihrem technisch bedingten Volumen und damit in der Möglichkeit der Knochenaufnahme be-grenzt, bieten aber den Vorteil der passgenauen Verankerung. Im Gegensatz dazu kann man nicht-expandierbare Cages mit genügend knöchernem Material befüllen. Nach Platzierung des Cages wird die Distraktion wieder nachgelassen, um die Verankerung während der Cage-Expansion (expandier-barer Cage) zu ermöglichen oder aber eine ventrale Kompression (von dorsal über Instrumentierung auszuüben) zur „press fit“-Verankerung des Cages (nichtexpandierbarer Cage) zu erreichen. In unse-ren Erfahrungen hat sich ein Cage-System aus Carbon-Composite-Material (Firma coLigne AG, Zü-rich, Schweiz) bewährt. Neben einem großen Volumen zur Autograftaufnahme bietet dieses gute biomechanische Eigenschaften hinsichtlich des Sinterungsverhaltens und der ventralen Fusion. Fer-ner kann dieses System entsprechend dem sagittalen Profil der Defektrekonstruktion (variable Lordo-se/Kyphose) wahlweise modular zusammengesetzt und an die zu rekonstruierende Defekthöhe an-gepasst sowie durch artifizielle „Neopedikel“ (gewindefreie Schrauben zwischen Cage und dorsalem Stabsystem) an die posteriore Instrumentierung konnektiert werden. Zudem erlaubt dieser Cage spä-ter eine metall-/artefaktfreie Bildgebung (MRT-/CT-Restaging) und damit eine verbesserte lokale Kon-trolle. Die verwendeten Neopedikel gewähren desweiteren eine gewisse Myelonprotektion vor Druck-schädigungen durch die sich expandierenden Lungenflügel. Nach radiologischer Befundkontrolle des Operationsergebnisses wird der Situs mit 2 tiefen 14-F- und 2 oberflächlichen 12-F-Redon- Drainagen versehen. Im Fall einer Eröffnung des Pleuraraums wird eine 24-F- bis 28-F-Bülau-Drainage eingelegt. Größere Thoraxwanddefekte infolge von onkologisch notwendigen Rippenresektionen werden mit einem fortlaufend eingenähten Goretex-Patch verschlossen. Die paraspinale Muskulatur wird nur gegeneinander und an verbleibenden Dornfortsätzen adaptiert. Die oberflächliche Faszie, die Subku-tis und Kutis werden in Einzelknopfnahttechniken verschlossen

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Therapie mittels fettfreier Kost und exkretorischer Lipaseblockade des Pankreas (Somatostatin) zu beherr-schen. Bei Persistenz operative Revi-sion und Ligatur.

FOberflächlicher Wundinfekt: Auf-grund der ausgedehnten Wundfläche und der geringen Weichteildeckung der zum Teil chemotherapierten und auch vorbestrahlten Patienten tritt eine postoperative Wundheilungs-störung gehäuft auf. Bei Versagen der konservativen Therapie mit oraler oder intravenöser Antibiotikatherapie relativ aggressive Indikationsstellung der operativen Revision mit ausgiebi-gem Wunddébridement und Spülung

zur Vermeidung tiefer Infekte mit Be-teiligung der Implantate.

FImplantatversagen: Aufgrund der hohen biomechanischen Belastung durch die entstehenden ausgedehn-ten ventrodorsalen Defekte ist eine Instrumentierung von mindestens 2, besser 3 Anschlusssegmenten nach kranial und kaudal notwendig [22]. Auch eine gute ventrale Abstützung ist von Bedeutung.

Fallbeispiele

Im Juni 2008 erfolgte die auswärtige sta-tionäre Aufnahme einer 54-jährigen Pa-tientin aufgrund progredienter thoraka-ler Rückenschmerzen mit Ausstrahlung

in die rechte Thoraxhälfte. In der initial durchgeführten Röntgen- und CT-Diag-nostik zeigte sich eine rechtsseitige Raum-forderung paraspinal auf Höhe Th7/8. Zur weiterführenden Diagnostik und Thera-pie erfolgte die Vorstellung in unserer Ab-teilung. Klinisch zeigte sich eine deutlich schmerzgeplagte Patientin in gutem All-gemeinzustand. Es bestand ein Druck- und Klopfschmerz im mittleren BWS-Be-reich ohne sensomotorisches Defizit. Die MRT-Diagnostik bestätigte die thoraka-le Raumforderung Th7–Th9 (.Abb. 8) mit Destruktion des Processus transver-sus Th8 und Einbruch in den Spinalka-nal (.Abb. 9). Zur histologischen Siche-rung wurde die Biopsie veranlasst. Hier konnte ein G-II-Chondrosarkom nach-

Abb. 8 9 MRT-Bildgebung in den sagittalen (a–c) und koronaren (d) Schnittebe-nen mit Nachweis des para-vertebralen Tumors von Th7–Th9. a T1-Wichtung. b T2-Wichtung. c STIR-Wichtung

Abb. 9 8 In der T2-MRT-Wichtung Einbruch des Tumors in den Spinalkanal

Abb. 10 8 Tumorrelease über einen ventralen Zugang nach Mobilisation der Vena cava

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Operative Techniken

Page 10: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

gewiesen werden. Bei fehlendem Nach-weis von Fernmetastasen im Staging (pT1, G1, R0, L0, M0) wurde im interdiszipli-nären Tumorboard die radikale Resek-tion mittels 4-Etagen-En-bloc-Spondyl-ektomie ohne neoadjuvante Vortherapie beschlossen. Zunächst erfolgte via thora-kalem Zugang das ventrale Tumorrelease (.Abb. 10) sowie bereits die Durchtren-

nung der angrenzenden Bandscheiben (.Abb. 11). Danach wurde der Tumor von dorsal „en bloc“ reseziert (.Abb. 12, 13) und es erfolgte eine Defektrekonstruktion mittels ventralem Carbon-Composite-Cage und dorsaler Stabilisierung Th4, 5, 6 auf Th11, 12, L1. Die Operationsdauer be-trug 700 min bei insgesamt 1500 ml Blut-verlust. Der intraoperative sowie postope-

rative Verlauf waren komplikationslos. Die histologische Aufarbeitung des Re-sektats zeigte eine R0-Resektion mit mar-ginalem Abstand zum Duralsack (intra-spinale Tumormanifestation; .Abb. 14). Die Patientin konnte ab dem 2. postope-rativen Tag schmerzadaptiert ohne Hilfs-mittel vollmobilisiert werden. Es bestan-den keine postoperativen neurologischen Defizite. Das Verlaufsstaging im Dezem-ber 2010 ergab keinen Hinweis auf ein Lo-kalrezidiv oder eine Metastasierung. Im CT zeigte sich eine gute knöcherne An-bindung des Cages an die angrenzenden Wirbel ohne Zeichen von Implantatversa-gen oder -lockerung (.Abb. 15).

Ergebnisse

In einer retrospektiven Studie analysier-ten wir die onkologischen Ergebnisse von 20 Patienten mit multisegmentaler Mani-festation (Tomita Typ 6) vertebraler Sar-kome und solitärer Metastasen der Wir-belsäule, welche mit einer mehrsegmen-talen En-bloc-Resektion behandelt wur-den [19]. Die Patienten wurden in 2 Zen-tren mit Spezialisierung in muskuloske-letaler Tumorchirurgie zwischen 2001 und 2009 therapiert. Durch offene Biop-sie konnten 75% primäre Wirbelsäulentu-more und 15% solitäre Metastasen diffe-renziert werden. Bei allen Patienten wur-de eine offene Biopsie vor der definiti-ven chirurgischen Versorgung durchge-führt. Alle Patienten wurden mittels En-bloc-Resektion in Bauchlage über einen dorsalen Zugang nach Tomita-Technik [7] behandelt, wobei eine Modifikation entsprechend der Tumorlokalisation und der Beteiligung der benachbarten Struk-turen notwendig wurde. Bei direkter Tu-moraffektion der benachbarten Struktu-ren wurde in 12 von 20 Patienten ein zu-sätzlicher ventraler Zugang zum Tumor-release und der Sicherstellung der dorsa-len Resektion notwendigerweise durch-geführt. Hierbei erfolgte nicht nur ein ventrales Tumorrelease, sondern bereits auch eine Durchtrennung des vorderen Längsbands sowie der den zu resezieren-den Wirbeln angrenzenden Bandschei-ben. Dies ermöglicht ein komplikations-freies „Herausdrehen“ des Resektats von dorsal. Die histopathologische Begutach-tung der Resektate ergab 35% weite Resek-

Abb. 11 9 Durch-trennung der Band-scheiben Th6/7 und Th10/11 mittels schar-fem Meißel

Abb. 12 8 En-bloc-Resektat bestehend aus 4 Wirbeln und angrenzender Thoraxwand mit 2 Rippen aufgrund der Tumorinfiltration

Abb. 13 8 Röntgenologische Evaluierung des Resektats in a.-p. (a) und axialem (b) Röntgen

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Page 11: Multisegmentale En-bloc-Spondylektomie; Multisegmental en bloc spondylectomy;

se eine Ausnahmeindikation dar, kompli-ziert die En-bloc-Exzision und erfordert eine Erweiterung der Resektionsgrenzen, z. B. durch Mitnahme von angrenzen-den Strukturen wie Thoraxwand, Gefäße etc. Die beschriebene Technik stellt eine durchaus radikale Resektionsmöglich-keit und in Kombination mit (neo-)ad-juvanten Therapien eine suffiziente Lö-sung zur lokalen Tumorkontrolle dar. In Fällen geringen Ansprechens auf systemi-sche adjuvante Therapien, wie beispiels-weise bei Chordomen und Chondrosar-komen, ist eine erfolgreiche präoperati-ve, neoadjuvante Kombination zwischen adäquater Chirurgie und neoadjuvanter Therapie nicht immer verfügbar. Bei der Behandlung dieser Patientengruppe ist die Durchführung einer initial suffizien-ten Tumorresektion mit tumorfreien Re-sektionsrändern einmal mehr unerläss-lich [1]. Generell sind derartige Thera-pieentscheidungen immer im interdiszi-

tionen und 65% marginale Resektionsrän-der. Alle Patienten waren postoperativ mit Gehhilfen gehfähig. Insgesamt konnte bei 65% der Patienten im Follow-up kein Re-zidiv oder eine Metastasierung nachge-wiesen werden (NED), 25% der Patien-ten hatten einen Tumornachweis (AWD) und 10% verstarben aufgrund der Tumor-erkrankung (DOD). Insgesamt konnte in keinem Fall ein Implantatversagen, -lo-ckerung oder -dislokation weder des Pe-dikelschrauben-Stab-Systems noch des Carbon-Composite-Cages nachgewiesen werden. An den Endplatten konnte kein erkennbares Sintern der Cages oder an-dere Zeichen des „stress shieldings“ wie Kortikalishypertrophie und Osteolysen-bildung beobachtet werden [19].

Seit der Erstbeschreibung der En-bloc-Spondylektomie [3, 4, 5] konnten mehrere Veröffentlichungen für Ein-Etagen-Spon-dylektomien die onkochirurgische Effek-tivität dieser Methode in Bezug auf Re-

Abb. 14 9 Histologische Begutachtung des Ge-samtresektats (a). In der HE-Färbung (b) Darstel-lung einer dünnen tumorfreien Resektionsgren-ze im Bereich des Tumorkontakts zur Dura

Abb. 15 9 Postoperative CT-Stagingkontrolle nach 25 Monaten ohne Nach-weis eines Tumorrezidivs oder einer implantatasso-ziierten Komplikation. a sa-gittales Bild. b koronares Bild. c axiales Bild

duktion des Auftretens von Lokalrezidi-ven als auch auf Verlängerung des me-tastasenfreien Überlebens und Gesamt-überlebens bestätigen [9, 18, 19, 23, 24]. Die aufgeführten publizierten Ergebnisse hängen hierbei sehr stark von einer Viel-zahl unterschiedlicher Faktoren ab, wel-che die Heterogenität der untersuchten Populationen als auch die Unsicherheit in Bezug auf die Indikationsstellung wider-spiegeln. Die Prognose der Primärtumore und solitären Metastasen werden neben der Art der chirurgischen Resektion in erster Linie durch ihr biologisches Verhal-ten charakterisiert. Neben dem Anspre-chen auf Chemo- und Strahlentherapie spielen auch Faktoren wie initiales Auf-treten, Aggressivität und Wachstumsten-denz in Relation zu anatomischen Gren-zen eine entscheidende Rolle in der Prog-nose und Therapiekonzeption.

Die extrakompartimentale, multiseg-mentale spinale Manifestation stellt per

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Operative Techniken

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plinären Konsens mit angrenzenden Fä-chern im muskuloskeletalen Tumorboard nach Ausschöpfung und Evaluation aller adjuvanten Therapien zu fällen. Die Indi-kationsstellung sollte eine sorgfältige Se-lektion der Patienten beinhalten und be-darf einer realistischen Einschätzung, in-wieweit eine marginale En-bloc-Exzision möglich ist.

Abschließend bleibt zu bemerken, dass der Eingriff der multisegmentalen Spon-dylektomie wirbelsäulenchirurgische Er-fahrung wie auch tumorchirurgische Ex-pertise erfordert, um die En-bloc-Exzi-sion ggf. mit Erweiterung der Resektions-grenzen (ventrale Zugänge, Aorta-/V.-ca-va-Management, Gefäßersatz, Thorax-wandplastik etc.) als auch die dorsovent-rale Rekonstruktion durchzuführen. Die-se Eingriffe wie auch die Biopsie solitä-rer Tumorläsionen sollten daher in ent-sprechenden Wirbelsäulenzentren mit tumorchirurgischer Erfahrung durch-geführt werden. Nur in solchen Zentren kann die notwendige chirurgisch-opera-tive, interdisziplinäre und intensivmedi-zinische Kompetenz vorgehalten werden und v. a. auch ein unmittelbares und suf-fizientes Komplikationsmanagement zu-verlässig erfolgen.

Korrespondenzadresse

PD Dr. K.-D. SchaserZentrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow KlinikumAugustenburger Platz 1, 13353 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

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