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1 Numerische Methoden der Str¨ omungsmechanik Dr.-Ing. habil. Dipl.-Phys. Andreas Malcherek 1 Vorlesungsskript, Version 5.6 1 Bundesanstalt f ¨ ur Wasserbau, Außenstelle K¨ uste, Wedeler Landstr. 157, 22559 Hamburg, Tel.: 040 / 81908- 346, email: [email protected]

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Numerische Methoden der Stromungsmechanik

Dr.-Ing. habil. Dipl.-Phys. Andreas Malcherek1

Vorlesungsskript, Version 5.6

1 Bundesanstalt fur Wasserbau, Außenstelle Kuste, Wedeler Landstr. 157, 22559 Hamburg, Tel.: 040 / 81908-346, email: [email protected]

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Vorwort

Die Anfange dieses Skriptes gehen zuruck auf meine Teilnahme an einem NATO-Workshopim Jahr 1993 uber ’Computer Modeling of Free-Surface and Pressurized Flows’, dessen Er-gebnisse in einem gleichnamigen Buch veroffentlicht wurden. Hier gab mir Prof. Zielke dieMoglichkeit, einen Beitrag uber numerische Verfahren zur Advektion zu machen. Im Rah-men dieser Arbeit lernte ich vor allem, daß es unmoglich ist, eine beliebige Funktion exaktauf einem diskreten Gitter zu verschieben. Dies bedeutet nichts anderes, als daß es nie undnimmer moglich ist, Stromungen in einem Computermodell naturgleich zu modellieren. DieseErkenntnis nahm mir mein Mißtrauen vor dieser Technik und begeisterte mich fur die Aufga-be, Natur im Computermodell so gut wie moglich zu simulieren, ohne dabei die Ehrfurcht vorderselben zu verlieren zu mussen.Ein Lehrauftrag uber ’Numerische Methoden fur Stromungen, Stoff- und Warmetrans-port’ im Wintersemester 1995/96 am Institut fur Stromungsmechanik und elektronischesRechnen im Bauwesen der Universitat Hannover ließ die Versionen 1.0ff entstehen. Da ich indiesem Semester außerdem noch eine Vorlesungsreihe uber ’Turbulenz- und Stofftransport-modelle fur Fließgewasser’ am Institut fur Geodynamik der Universitat Bonn halten durfte,bestand gleich zweierlei Anlaß neben der reinen Numerik auch das darzustellen, was zu mo-dellieren ist. Dabei hatte ich Physik und Numerik aus didaktischen Grunden vermischt, so daßweder das eine noch das andere langweilig werden sollte, gleichzeitig aber der Schwierigkeits-grad kontinuierlich steigt. Version 1 des Skriptes wuchs im Laufe dreier Vorlesungszyklen aufuber 230 Seiten.Dieses Skript wurde in der Version 2 im wesentlichen in seinem hydrodynamischen Teil zurBuchform erweitert. Mit der Version 3 wurde die 400-Seiten-Schwelle uberschritten und die’Hydrodynamik der Fließgewasser’ von der hier vorliegenden Schrift ’Numerischen Metho-den der Hydrodynamik’ vollstandig inhaltlich aber nicht ortlich getrennt. Version 4 diente derVerbesserung des hydrodynamischen Teils und reifte schließlich zur Habilitationsschrift.Mit der Version 5 liegen die numerischen Methoden nun als eigene Schrift vor. Damit soll-te den Studenten meines wieder aufgenommenen Lehrauftrages in Hannover zunachst einmalein eigenstandiges Skript geboten werden, welches den Stoff der Hydromechanik auf das we-sentliche beschrankt. Ferner habe ich mit diesem Lehrauftrag zusammen mit den StudentenJava-Applikationen entwickelt, mit denen die Numerik spielerisch erprobt werden kann.Die vorliegende Version 5.6 ist durch Anregungen beim Klausurseminar des Graduiertekol-legs 615 der Universitat Hannover entstanden. Das Galerkinverfahren wird nun am einfache-ren Beispiel der Poissongleichung erklart, zeitabhangigen FE-Methoden ist ein eigenstandigesKapitel gewidmet.

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 9

2 Zeitschrittverfahren 132.1 Die Diskretisierung der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.2 Die allgemeine Evolutionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.3 Einschrittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.3.1 Das Eulerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.3.2 Das implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.3.3 Das Crank-Nicolson-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.3.4 Taylorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.5 Runge-Kutta-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.4 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.5 Mehrschrittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.5.1 Numerische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.5.2 Leap-Frog-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.6 Zeitliche Mittlung der Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.7 Das Entity-Relationship-Modell der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.7.1 Das Entity-Relationship-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.7.2 Das ER-Modell der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.8 Die logistische Differentialgleichung als Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . 232.9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3 Stabilitat 293.1 Stetige Abhangigkeit von den Eingangsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.1.1 Stetige Abhangigkeit beim kontinuierlichen Problem . . . . . . . . . 303.1.2 Stetige Abhangigkeit beim diskretisierten Problem . . . . . . . . . . 32

3.2 Der Verfahrensoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333.2.1 Matrixnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.2.2 Spektralradius und Stabilitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.3 Allgemeine Stabilitatskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.3.1 Stabilitatskriterien fur explizite Einschrittverfahren . . . . . . . . . . 363.3.2 Stabilitatskriterien fur implizite Einschrittverfahren . . . . . . . . . . 36

3.4 Iterative und Pradiktor-Korrektor-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373.5 Operator-Splitting-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373.6 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3

4 INHALTSVERZEICHNIS

4 Die Methode der Finiten Differenzen 414.1 Einfache Differenzenquotienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4.1.1 Differenzenverfahren in Matrixschreibweise . . . . . . . . . . . . . . 434.1.2 Die stationare Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

4.2 Konsistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454.3 Stabilitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454.4 Verallgemeinerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

5 Die Advektionsgleichung 515.1 Theorie der Advektionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

5.1.1 Die Advektionsgleichung als Evolutionsgleichung . . . . . . . . . . 515.1.2 Differentialgleichungssysteme 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 525.1.3 Bahnlinien als Charakteristiken der Advektionsgleichung . . . . . . . 525.1.4 Das Anfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525.1.5 Das Randanfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

5.2 FD-Verfahren fur die Advektionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535.2.1 Explizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545.2.2 Implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585.2.3 Pradiktor-Korrektor-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

5.3 Numerische Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605.4 Numerische Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

6 Interpolation auf Finiten Elementen 636.1 Lagrangesche Interpolationspolynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636.2 Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646.3 Eindimensionale Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

6.3.1 Lineare Interpolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656.3.2 Der Interpolationsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666.3.3 Quadratische Interpolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 686.3.4 Positivitat und andere Extremalprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . 70

6.4 Zweidimensionale Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706.4.1 Dreieck mit linearem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706.4.2 Viereck mit bilinearem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736.4.3 Viereck mit biquadratischem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736.4.4 Sechseck mit quadratischem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

6.5 Interpolation im Dreidimensionalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766.5.1 Ein Prisma mit linearem Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

7 Die Diffusionsgleichung 797.1 Die Diffusionsgleichung als Evolutionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 797.2 Parabolische semilineare Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 797.3 Das Anfangswertproblem (1D) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827.4 FD-Verfahren fur die Diffusionsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

7.4.1 Das Forward-Time-Centered-Space-Verfahren (FTCS) . . . . . . . . 837.4.2 Das Randanfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 857.4.3 Richardson- und DuFort-Frankel-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 86

INHALTSVERZEICHNIS 5

7.4.4 Das implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 867.4.5 Das Crank-Nicolson-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

7.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

8 Lagrange-Verfahren 898.1 Das Lagrange-Verfahren fur die Advektionsgleichung . . . . . . . . . . . . . 908.2 Numerische Dampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 918.3 Monotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

8.4.1 Stufenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958.4.2 Hunte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 958.4.3 Jade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

9 Die Transportgleichung 999.1 Das Anfangswertproblem (1D) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999.2 Das Randanfangswertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1009.3 FD-Verfahren fur die Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

9.3.1 Die stossartige und punktformige Einleitung . . . . . . . . . . . . . 1009.3.2 Explizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1019.3.3 Implizite Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

9.4 Lagrange-Verfahren fur die Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 1079.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

10 Die Burgersgleichung 11110.1 Der Ansatz von E. Hopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11210.2 Der Ansatz von J.D. Cole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310.3 FD-Verfahren fur die Burgersgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11410.4 Lagrange-Verfahren fur die Burgersgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 11610.5 Harmonische Anfangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11610.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

11 Finite-Volumen-Verfahren 12111.1 Die Divergenzform der Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12111.2 Diskretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

11.2.1 Die Behandlung der Zeitableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12511.2.2 Die Behandlung des Quellterms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12511.2.3 Die Behandlung des Flußterms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

11.3 Die Diffusionsgleichung auf aquidistantem Gitter . . . . . . . . . . . . . . . 12611.4 Die Diskretisierung advektiver Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

11.4.1 Zentrale Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12711.4.2 Upstream-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12811.4.3 QUICK- und QUICKEST-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

11.5 Globale und lokale Massenerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13011.6 Gestaffelte Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13011.7 Finite Volumen auf Dreiecksnetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

11.7.1 Der außere Normalenvektor im Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . 135

6 INHALTSVERZEICHNIS

11.7.2 Upstreaming auf Dreiecksnetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13511.8 Finite Differenzen und Finite Volumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

12 Die Saint-Venantschen Gleichungen 13712.1 Hyperbolizitat der Saint-Venant-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 13912.2 Charakteristiken der 1D-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

12.2.1 Das inverse Charakteristikenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 14012.2.2 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

12.3 Charakteristiken der 2D-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14412.3.1 Die stationaren tiefengemittelten Gleichungen . . . . . . . . . . . . . 14512.3.2 Inverse Bicharakteristikenverfahren fur die 2D-Gleichungen . . . . . 147

12.4 Das semiimplizite Verfahren von Casulli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14812.5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

13 Galerkinverfahren 15313.1 Das Standard-Galerkinverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15313.2 Die Poissongleichung in der Hydrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

13.2.1 Potentialstromungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15413.2.2 Druck-Korrektur-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

13.3 Losung der 1D-Poissongleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15613.4 Integrationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

13.4.1 Die Integraltransformationsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15813.4.2 Analytische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15913.4.3 Numerische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

13.5 Die Poissongleichung auf Dreiecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16013.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

14 Zeitabhangige Finite-Elemente-Methoden 16514.1 Losung der 1D-Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16514.2 Die Diskretisierung der Zeit durch Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . 16814.3 Schwache Lagrangeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16914.4 Upstream-Strategien: Petrov-Galerkin-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . 171

14.4.1 Das Verfahren nach Christie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17114.4.2 Das Streamline Upwind/Petrov-Galerkin (SU/PG) Verfahren . . . . . 172

14.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

15 Finite Elemente und Funktionalanalysis 17515.1 Funktionenraume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17515.2 Hilbertraume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

15.2.1 Der Hilbertraum ����� . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17715.2.2 Schwache Ableitungen und Sobolevraume . . . . . . . . . . . . . . . 17815.2.3 Operatoren in Hilbertraumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17915.2.4 Eigenwerte linearer Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

15.3 Dualraume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18115.4 Bilinearformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18115.5 Variationsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

INHALTSVERZEICHNIS 7

15.5.1 Die Poissongleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18415.5.2 Die Helmholtzgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18415.5.3 Die stationare Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

15.6 Gemischte Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18615.6.1 Das Stokes-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18615.6.2 Die Babuska-Brezzi-Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

15.7 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

16 Gleichungsloser 18916.1 Diskretisierung und Systemmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18916.2 Direkte Gleichungsloser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18916.3 Iterative Gleichungsloser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

8 INHALTSVERZEICHNIS

Kapitel 1

Einfuhrung

Diese Schrift beschaftigt sich mit dem Repertoire numerischer Methoden, die man fur denEntwurf eines hydrodynamisch-numerischen Modells fur Oberflachengewasser verwendenkann. Bevor wir uns diesen im einzelnen zuwenden, fragen wir uns, was man unter einemhydrodynamisch-numerischen Modell - in Kurzform auch HN-Modell - versteht.Ein hydrodynamisch-numerisches Modell ist zunachst erst einmal ein numerisches Modell.Unter einem solchen versteht man ein Verfahren, welches in der Regel große Mengen vonZahlen verarbeitet. Der Prozess der Verarbeitung von Zahlen kann durch Flußdiagrammedargestellt werden, welche in einer endlichen Abfolge von Schritten ein Ergebnis liefern. Sol-che Flußdiagramme sollten immer eine Klasse von Problemen reprasentieren, von denen dasEinzelproblem durch eine bestimmte Konfiguration der Eingangsdaten bestimmt wird. Zu je-dem speziellen Problem sollte das Flußdiagramm eine eindeutige Menge von Ausgangsdatenliefern. Hat dieses das Flußdiagramm die genannten Eigenschaften, spricht man von einemAlgorithmus.Ein hydrodynamisch-numerisches Modell sollte die guten Eigenschaften eines Algorithmusbesitzen. Die von ihm geliefert numerische Losung besteht wieder aus einer sehr großen Men-ge von Zahlen bzw. Daten, deren Struktur der der hydrodynamischen Probleme angepaßt ist.Hydrodynamische Probleme beziehen sich immer auf ein (naturliches oder kunstliches) Mo-dellgebiet in Raum und Zeit, also etwa auf die Elbe zwischen Stromkilometer 400 und 500in der Zeit vom 1. bis zum 30 Juni 1990. Dazu wird das Modellgebiet mit einem Netz vonPunkten uberdeckt, die man als Knoten bezeichnet. An jedem dieser Knoten liefert das nume-rische Modell Ergebnisse fur die gesuchten hydrodynamischen Großen. Das Raumgitter kanndabei eine drei-, zwei- oder eindimensionale Struktur aufweisen. Bei zweidimensionalen Git-tern wird dabei die uber die Tiefe, bei eindimensionalen Gittern die uber den Fließquerschnittintegrierte Stromung modelliert.Der Simulationszeitraum wird ebenfalls durch einzelne Zeitpunkte diskretisiert, zu denen dieSimulationsergebnisse gewonnen werden. So entstehen insgesamt vier-, drei- oder zweidimen-sionale Datenstrukturen als Ergebnis eines hydrodynamisch-numerischenModells. Abbildung1.2 veranschaulicht fur ein zweidimensionales Raumgitter die entstehende dreidimensionaleDatenstruktur.

Wir werden uns die in einem HN-Modell benotigten numerischen Methoden konstruktiv d.h.Schritt fur Schritt erarbeiten. Dazu benotigt der Leser kaum Kenntnisse aus dem Bereich der

9

10 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Eingangsdaten

Algorithmus� Flußdiagramm� Allgemeinheit� Eindeutigkeit� Endlichkeit

Ausgangsdaten

Abbildung 1.1: Die Struktur eines numerischen Modells

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Abbildung 1.2: Dreidimensionale Datenstruktur fur eine tiefenintegrierte Stromung

11

Hydrodynamik der Oberflachengewasser. Methodisch funktioniert das folgendermaßen: Wirwerden uns einfache Differentialgleichungen vornehmen und studieren, was diese simulierenkonnen. Dann werden wir Verfahren zur numerischen Behandlung derselben konstruieren. ImLaufe der Schrift werden diese Modelle aus Differentialgleichungen und zugehorigen nume-rischen Verfahren sich der tatsachlichen Hydromechanik immer weiter annaherten aber auchkomplexer werden.Unser Weg beginnt bei den gewohnlichen Differentialgleichungen erster Ordnung. Mit de-nen kann man dynamische d.h. zeitabhangige aber raumlich homogene Prozesse beschreiben.Durch die Advektionsgleichung bekommen wir im folgenden ein Werkzeug in die Hand, dieBewegung von Stoffen oder Eigenschaften mit einer Stromung zu beschreiben. Sie ist von ih-rer Struktur die einfachste partielle Differentialgleichung, wir werden aber an ihr schon dieGrenzen der numerischen Verfahren leidvoll studieren konnen.Dann werden wir uns dem Prozess der Diffusion zuwenden. Koppeln wir diesen mit der Ad-vektion, dann sind wir schon in der Lage, die verschiedensten Transportvorgange in Fließ-gewassern naturnah zu simulieren. So transportiert die Stromung aber auch ihren eigenen Im-puls und damit irgendwie sich selbst, wodurch eine Ruckkopplung entsteht. Dieses Phanomenkann man im einfachsten Fall durch die Burgersgleichung beschreiben, die uns in das faszi-nierende Gebiet der nichtlinearen Dynamik und ihre numerische Simulation einfuhren wird.Mit den Saint-Venant-Gleichungen treffen wir dann auf ein System von partiellen Differen-tialgleichungen, wodurch weitere Anforderungen an die Qualitat der numerischen Verfahrengestellt werden. Das Modell ist aber nun schon in der Lage, tiefengemittelte Stromungen inFließgewassern zu simulieren. Letztlich wenden wir uns den Reynolds- und Navier-Stokes-Gleichungen zu, die dann die vollstandige Hydrodynamik der Fließgewasser beschreiben.

12 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Kapitel 2

Zeitschrittverfahren

Die Ergrundung des Wesens der Zeit ist eines der faszinierendsten Abenteuer des menschli-chen Geistes.Zunachst sind da die Fragen nach ihrem Anfang, praziser, ob sie uberhaupt einen solchenhatte und wenn, wann er war. Der Kirchenlehrer Augustinus (354 - 430) formulierte dieseFrage theologisch1 :Was machte Gott, bevor er Himmel und Erde machte ? Ich gebe nicht daszur Antwort, was jemand gesagt haben soll, der mit einem Witzwort der schwierigen Frageausweichen wollte und sagte: ’Er baute eine Holle fur die Leute, die zu hohe Dinge erforschenwollen.’ Das will ich nicht zur Antwort geben, Einsehen und Lachen sind zwei verschiedeneDinge. ... Ich hingegen sage, du, unser Gott, seist der Schopfer aller Kreatur, und wenn manunter dem Wort ’Himmel und Erde’ alle Kreatur versteht, sage ich mit Zuversicht: Bevor GottHimmel und Erde machte, machte er nichts. Denn wenn er etwas machte, was machte er,wenn nicht ein Geschopf ? Augustinus fragt sich weiter, warum Gott vor der Schopfung eineunbestimmt lange Zeit nichts tat, denn wenn er ’Himmel und Erde’ schon im Sinn hatte, hatteer ja auch fruher anfangen konnen. Dieser absurde Gedanke laßt nur einen Schluß zu: Gotthatte zunachst bzw. mit der Schopfung die Zeit erschaffen. Denn eben diese Zeit hattest dugemacht, und es konnte keine Zeit vorubergehen, bevor du die Zeiten gemacht hattest. Diemoderne Physik sieht das nicht anders, auch sie geht davon aus, daß es vor der Entstehung desUniversums Zeit so nicht gegegeben, bzw. ihr Begriff keine Gultigkeit hat. In vollkommenerAnalogie zu Augustinus gibt es keinen Grund, warum der Urknall nicht auch schon hatte fruherstattfinden konnen, wenn es so etwas wie die Zeit schon vorher gegeben hatte.Nachdem er dieses so eindeutig geklart hat, macht sich Augustinus daran, den Ablauf derZeit zu ergrunden. Er stellt zunacht einmal fest, daß es Vergangenheit und Zukunft nicht gibt,Vergangenes existiert nur in der gegenwartigen Erinnerung und die Zukunft nur in der ge-genwartigen Erwartung: Denn meine Kindheit, die nicht mehr ist, liegt in einer vergangenenZeit, die nicht mehr ist; aber ihr Bild, das ich heraufhole, wenn ich von ihr erzahle, sehe ich imgegenwartigen Augenblick, weil es noch in meinem Gedachtnis ist. ... Sagt man vom Zukunf-tigen, es werde gesehen, dann wird nicht dieses Zukunftige selbst gesehen, das noch nicht ist,sondern wohl dessen Ursachen und Zeichen, die schon sind. ... Aus ihnen erfaßt der Geist dasZukunftige und kann es dann vorhersagen. ... Es gibt dafur unzahlige Beispiele; ich nehmenur eines davon: Ich sehe die Morgenrote und sage voraus, die Sonne werde aufgehen. Wasich sehe ist gegenwartig; was ich voraussage, ist zukunftig. Somit existiert allerhochstens die

1Die folgenden Zitate stammen aus Augustinus, Bekenntnisse, Reclam Universal-Bibliothek Nr. 2792, Stutt-gart 1989.

13

14 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

Gegenwart. Doch wie lang ist diese ? Augustinus seziert den gegenwartigen Tag und findetdarin vergangene und zukunftige Stunden. Zwar geht er iterativ zu kleineren Zeitintervallen,kommt aber nicht zu einer Grenzwertbildung gegen Null, wodurch auch die Gegenwart alsexistent bezweifelt wurde. Er laßt sich nicht beirren und bleibt dabei, daß Zeit aus gewissenZeitspannen besteht. Tatsachlich schreitet die Zeit in Zeitsprungen bzw. Zeitquanten voran,deren Lange man als Plancksche Fundamentalzeit bezeichnet. Sie ist

��� � �������� � ���� � ������

wobei � die universelle Gravitationskonstante, �� das Plancksche Wirkungsquantum und � dieLichtgeschwindigkeit ist. Da eine Sekunde somit aus sehr vielen Zeitquanten besteht, entstehtder Eindruck, als fließe die Zeit kontinuierlich dahin.Fur unser weiteres Modellieren des Phanomens Zeit ist die Tatsache entscheidend, daß sich dieZeit grundsatzlich nicht in Zeitpunkte, sondern nur in Zeitintervalle bzw. Zeitschritte zerlegenlaßt, die aber praktischerweise nicht so kurz wie die Plancksche Fundamentalzeit sein mussen.

2.1 Die Diskretisierung der Zeit

In den Grundgleichungen der Hydrodynamik tauchen zeitliche Ableitungen auf, diese Glei-chungen beschreiben also, wie sich entsprechende Großen mit der Zeit entwickleln. Um die-ses Geschehen numerisch zu behandeln, gehen wir genau so vor, wie es die Ontologie der Zeitverlangt: Wir legen einen Anfangszeitpunkt �� fest und simulieren den Lauf der Zeit durch dasfortwahrende Hinzufugen von Zeitschritten��, wodurch eine Folge von Zeitpunkten entsteht:

�� � �� � ��� (2.1)

Dies ist die Diskretisierung der Zeit.Wir gehen davon aus, daß zur Zeit �� alle physikalischen Großen in Form von Anfangsbedin-gungen bekannt sind. Gesucht sind Rechenvorschriften, die die Losungswerte zum Zeitschritt�� und dann sukzessive fur alle weiteren Zeitpunkte ��, ��,...,�� ergeben.Nach der Diskretisierung der Zeit wollen wir nun den Typ der Differentialgleichung spezifi-zieren, den wir in diesem Kapitel numerisch untersuchen wollen. An diesen stellen wir dieAnforderungen, daß er moglichst allgemein ist, damit wir alle zeitabhangigen Differentialglei-chungen der Hydrodynamik erfassen und daß er moglichst einfach ist, damit wir es hier amAnfang noch nicht zu schwer haben. Diese Bedingungen erfullt die allgemeine Evolutions-gleichung.

2.2 Die allgemeine Evolutionsgleichung

Wir betrachten eine zeitabhangige Differentialgleichung der Form

�� �� � (2.2)

die auch als allgemeine Evolutionsgleichung bezeichnet wird. In dieser Darstellung enthalt derOperator � nur noch Ortsableitungen, so ergibt sich die x-Navier-Stokes-Gleichung durch

2.3. EINSCHRITTVERFAHREN 15

�� � ��

�� �

�� �

�� �

��

��� �

��

��� �

��

��

und

� � � �

��

Spater werden wir die Ortsableitungen ebenfalls diskretisieren; wir werden sehen, daß derOperator � dann zu einer Matrix degeneriert.Eine formale Losung der homogenen ( � �) zeitabhangigen Differentialgleichung (2.2) istdurch

���� � �������� � ������ (2.3)

gegeben. Formal ist die Losung deshalb, weil wir zuerst klaren mussen, wie man eine Potenzmit einem Operator als Exponenten behandelt. Naheliegend ist hier die Bildung der Taylorrei-he:

���� ����

���

�������

� �� �� ��

����� � ��� (2.4)

Um alle Formalitaten zu erledigen, bliebe noch die Konvergenzfrage fur die Reihe zu untersu-chen.Auch die Losung der inhomogenen Evolutionsgleichung kann formal angegeben werden; sielautet:

���� � ������ �

���

��������� �������

Schließlich wollen wir noch eine ahnliche Abschatzung fur nichlineare Gleichungen vom Typder Navier-Stokes-Gleichungen gewinnen. Dazu schreiben wir die Evolutionsgleichung in derForm [?]

�� �������� �

wobei der Operator � linear und� nichtlinear ist. Indem die Nichtlinearitat als Inhomogenitatbehandelt wird, ergibt sich die formale Losung

���� � ������ �

���

��������� ������� ���

���������������������

2.3 Einschrittverfahren

Zur Bestimmung der Losung an einem neuen Zeitpunkt ��� wird die Zeitableitung in derForm

16 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

�� ��� � ��

��

approximiert werden.Die zeitlich semidiskretisierte Gleichung wird zu

��� � ����

� �� � �

und es verbleibt die Frage, zu welchem Zeitpunkt wir �� und bei inhomogenen Gleichungen� auswerten sollen.

2.3.1 Das Eulerverfahren

Bei diesem Verfahren wird �� zum bekannten Zeitschritt �� ausgewertet:

��� � ����

� ��� � � (2.5)

Eine Differentialgleichung ist nun nicht mehr zu losen; das Problem hat sich auf die Auswer-tung eines reinen Differentialausdruckes reduziert. Das Eulerverfahren benotigt somit einensehr geringen Rechenaufwand pro Zeitschritt, allerdings hat es bei zu hohen Zeitschritten Pro-bleme mit der Stabilitat, worauf spater noch eingegangen wird.Wir werden spater sehen, daß der Fehler des Eulerverfahrens proportional zum Zeitschritt ��gegen Null geht.

2.3.2 Das implizite Verfahren

Bei impliziten Verfahren wird �� zum unbekannten Zeitschritt ��� ausgewertet:

��� � ����

� ���� � � (2.6)

Da nun Differentialausdrucke der unbekannten Funktion ��� verbleiben, ist weiterhin einepartielle Differentialgleichung zu losen.Das implizite Verfahren ist somit wesentlich rechenintensiver als das Eulerverfahren. Sein Vor-teil liegt jedoch in den wesentlich besseren Stabilitatseigenschaften, wodurch erheblich große-re Zeitschritte gewahlt werden konnen und der Nachteil der Rechenintensitat somit wiederkompensiert wird.

2.3.3 Das Crank-Nicolson-Verfahren

Das Crank-Nicolson-Verfahren besteht aus einer Wichtung des bekannten Zeitschrittes �� unddes unbekannten Zeitschrittes ��� mit einem Wichtungsparameter �:

��� � ����

� ����� � ��� ����� � � (2.7)

Genauso wie beim impliziten Verfahren verbleibt weiterhin die Losung einer partiellen Diffe-rentialgleichung zum Zeitschritt ���. Fur � � ��� geht der Verfahrensfehler proportional zu

2.3. EINSCHRITTVERFAHREN 17

��� zu Null. Ein kleinerer Zeitschritt fuhrt im Vergleich zum Eulerverfahren hier zu gunstige-ren Ergebnissen.Das Crank-Nicolson-Verfahren bietet die Moglichkeit kontinuierlich zwischen den Zeitschrit-ten zu wichten. Es wird daher in den meisten Codes verwendet, wenn nicht das impliziteVerfahren aus Stabilitatsgrunden zwingend erforderlich ist.In Verallgemeinerung dessen lassen sich sogar verschiedene Crank-Nicolson-Faktoren fur ver-schiedene Terme der Differentialgleichungen einfuhren, stellt diese sich z.B. dar als

�� ���� ��� � �

so ware das entsprechende Crank-Nicolson-Verfahren durch

��� � ����

� ������� � ��� ������

� � ������� � ��� ������

� � �

gegeben.

2.3.4 Taylorverfahren

Die formale Losung der homogenen Evolutionsgleichung kann auch zur Konstruktion numeri-scher Verfahren verwendet werden. Dazu schreiben wir die formale Losung fur den Zeitschritt�� � als

��� � ������

und erhalten bei der Berucksichtigung der ersten beiden Gleider der Taylorreihe das Eulerver-fahren. Nimmt man noch den dritten Term hinzu

��� �

������ �

������

���

so ergibt sich das Verfahren

��� � ����

� ��� � �

������� � � (2.8)

welches auch Lax-Wendroff-Verfahren [17] genannt wird.Vollkommen analog zu dieser Herleitung ist die Berucksichtigung des lokalen Verfahrens-fehlers mit umgekehrtem Vorzeichen in der zu diskretisierenden Ausgangsgleichung. DieseVorgehensweise wird als Defektapproximation ([9]) bezeichnet.

2.3.5 Runge-Kutta-Verfahren

Entwickelt man die formale Losung bis zur vierten Ordnung, so entsteht das Verfahren

��� �

�������

������ � �

������ �

�������

���

welches man in der sehr einfachen Form

��� � �� � �

���� � ��� � ��� ���� (2.9)

18 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

mit

�� � �����

�� � ���

��� � �

���

�� � ���

��� � �

���

��� � ��� ��� ����

programmieren kann. Das Verfahren wird als Runge-Kutta-Verfahren bezeichnet.

2.4 Konsistenz

Die exakte Losung der Differentialgleichung ist i.a. keine Losung der diskreten Gleichung.Setzt man die exakte Losung dennoch in letztere ein, so erhalt man ein Maß fur das Abweichendes diskreten Verfahrens von der zu losenden Differentialgleichung, welches man als lokalenVerfahrensfehler bezeichnet.Fur das allgemeine Einschrittverfahren setzt man den lokalen Verfahrensfehler ���� in derForm

���� �������� �����

��� �������� � ��� ��������

an, wobei mit � die exakte Losung bezeichnet wird. Offensichtlich wird der Fehler genau dannNull, wenn die exakte Losung auch die diskretisierte Gleichung erfullt.Wird ������ durch die Taylorreihe

������ � ����� ������

���

������

��

dargestellt, so erhalt der lokale Diskretisierungsfehler nach kurzer Rechnung die Form

���� ������

�����

������

���

�����

���

� ��������

��� ������ � ���

und da ��������

� ������ � �

��� ������

�����

������

���

�����

���

� ��������

��� ���

und da �����������

� ���������������

��� ������

�����

������

���

�����

���

� ��������

���

������

���

�������

���

��

� � �� �

2.5. MEHRSCHRITTVERFAHREN 19

wobei die Linearitat von� vorausgesetzt werden muß. Betrachtet man nur den fuhrenden Termder Reihe, so

���� � �

���������

��

���� � ��

���������

��

������ � � �

�����

������

��

Das Verhalten der fuhrenden Fehlerterme gibt Anlaß zu folgender Definition:

Def: Die Konsistenzordnung eines Verfahrens ist die jeweils minimale Potenz, mit denendie Schrittweiten im lokalen Verfahrensfehler auftauchen. Tauchen Fehlerterme auf, die keineSchrittweite enthalten, heißt das Verfahren nicht-konsistent mit dem gestellten Problem.Die Konsistenzordnung gibt an, wieviel besser ein Verfahren wird, wenn man die jeweili-gen Schrittweiten veringert. Halbieren wir in unserem Beispiel den Zeitschritt, so reduzierensich die zeitabhangigen Anteile des Verfahrensfehlers auf die Halfte. Wahlen wir den Crank-Nicolson-Faktor zu � � ���, so fuhrt eine Halbierung des Zeitschrittes sogar zu einer Reduk-tion des Verfahrensfehlers auf ein Viertel. Die Konsistenzordnung sagt jedoch (noch) nichtsdaruber aus, ob die diskrete Losung gegen die exakte Losung des Problems konvergiert.Man ist demzufolge bemuht, Verfahren mit hoher Konsistenzordnung zu konstruieren. Sohaben das Eulerverfahren und das implizite Verfahren die Konsistenzordnung 1, das Lax-Wendroff- und das Crank-Nicolson-Verfahren sind Verfahren 2. Ordnung und das Runge-Kutta-Verfahren besitzt sogar die Konsistenzordnung 4.

2.5 Mehrschrittverfahren

Bisher wurde zur Berechnung der Stromung zum Zeitpunkt ��� nur der direkt vorangehen-de Zeitschritt �� verwendet. Mehrschrittverfahren verwenden auch noch weitere Zeitschritte.Hierdurch kann man hohere zeitliche Konsistenzordnungen erreichen.

2.5.1 Numerische Integration

In diesem Abschnitt sei nur kurz an die drei grundsatzlichsten numerischen Integrationsver-fahren erinnert. DieMittelpunktsregel verwendet den Funktionswert auf der Intervallmitte

����� � ��� �� ��� �

� (2.10)

die Trapezregel das Mittel der Funktionswerte an den Integrationsgrenzen

����� � �� ��

� ��� � ���� (2.11)

20 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

und die Simpsonregel ein gewichtetesMittel aus den Funktionswerten an den Intervallgrenzenund in der Intervallmitte:

����� � �� ��

� ��� � �

��� �

�� ���

�(2.12)

2.5.2 Leap-Frog-Verfahren

Zur Herleitung eines Verfahrens, welches auch den Zeitpunkt ���� auswertet, integrieren wirdie zeitabhangige Differentialgleichung (2.2) zwischen ���� und ���:

���������

����

���������

���� � �

Auf den ersten Term wenden wir den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, aufden zweiten die Mittelpunkteregel an:

��� � ���� � ������ � �

bzw.

��� � �������

� ��� � �� (2.13)

Das Verfahren wird in der Literatur als Leap-Frog-Verfahren bezeichnet, es ist ein explizitesVerfahren und benotigt zwei Zeitebenen zur Berechnung der gesuchten Werte auf einer neuenZeitebene. Es besitzt die Konsistenzordnung������.

2.6 Zeitliche Mittlung der Grundgleichungen

Ein einfache Anwendung des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung liefert:

��� � ����

�� �

��

�������

���

�� (2.14)

Diese Gleichung gewahrt einen tiefen Einblick in das, was wir einer Differentialgleichungantun, wenn wir sie (in der Zeit) diskretisieren. Man berechnet eigentlich die Ableitung derMittlung der Funktion � zwischen den Zeitschritten � und � � �, die durch

� ��

��

�������

��� (2.15)

gegeben ist. In diesem Sinne ist die Diskretisierung

��� � ����

��

�(2.16)

2.7. DAS ENTITY-RELATIONSHIP-MODELL DER ZEIT 21

� � � � �

� � �

� � � � � �

� � �

� � �

Abbildung 2.1: Die Attribute der physikalischen Große Kraft.

exakt. Daher liegt es nahe, die hydrodynamischen Grundgleichungen uber die Zeitinterval-le �� zu mitteln und dann die zeitliche Diskretisierung ohne Diskretisierungsfehler durch-zufuhren. Nach der zeitlichen Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen lost man eigent-lich die Reynoldsgleichungen und man hat sich an dieser Stelle Gedanken uber die durch dieNumerik erzeugten Reynoldsspannungen zu machen.

2.7 Das Entity-Relationship-Modell der Zeit

Im letzten Abschnitt dieses Kapitels wollen wir uns der Modellierung der Zeit aus der Sichtder Informatik widmen.

2.7.1 Das Entity-Relationship-Modell

Der erste Schritt zur Modellierung von irgendetwas aus der Realwelt ist der Entwurf eineskonzeptionellen Modells. In der Literatur werden dabei eine Reihe von Architekturen furden Entwurf des konzeptionenellen Modells vorgeschlagen. Grundlegend ist dabei der Entity-Relationship-Ansatz (ER-Ansatz), der 1976 von Chen [7] vorgeschlagen und in der Folgevielfach erweitert wurde. Die dahintersteckende Methodik wird in der modularen als auchobjektorientierten Softwarekonzeption und dem Entwurf von Datenbanken angewendet.Die Modellbildung erfolgt dadurch, die Dinge der zu modellierenden Welt, die sogenanntenEntitaten in Entitatstypen zu ordnen. Ein Entitatstyp beschreibt also eineMenge gleichwertigermaterieller oder nichtmaterieller Dinge der realen Welt, die fur den Problembereich relevantsind.Die Anwendung dieser Betrachtungsweise auf die Physik liefert die physikalischen Großenals Entitatstypen. Geschwindigkeit und Kraft sind also Entitatstypen, wahrend man � � � als Instanz des Entitatstyps Kraft ansehen wurde. In der graphischen Darstellung werden En-titatstypen durch Rechtecke symbolisiert.Ein Entitatstyp wird durch eine Menge von Attributen charakterisiert. Eine Instanz oder Aus-pragung des Entitatstyps erhalt man durch die Zuordnung eines Wertes zu jedem Attributdes Entitatstyp. Die Attribute werden im ER-Diagramm durch Striche am reprasentierendenRechteck, manchmal aber auch durch mit ihm verbundene Kreise dargestellt. Die Attributeeiner physikalischen Große sind zunachst einmal ihr Zahlenwert und ihre Einheit, bei raum-zeithaften Problemen kommen noch der Ort und der Zeitpunkt hinzu. Durch die Angabe dieservier Attribute wird eine Instanz der physikalischen Große definiert.Zwischen den Entitaten der realen Welt bestehen Beziehungen bzw. Relationen, zwischen denEntitatstypen Beziehungstypen. Diese werden im ER-Diagramm durch Rauten dargestellt. DieBeziehungstypen zwischen den physikalischen Großen sind die physikalischen Gesetze. Das

22 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

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Abbildung 2.2: Das Entity-Relationship-Modell fur das Newtonsche Gesetz.

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)*)

Abbildung 2.3: Das Entity-Relationship-Modell fur die Zeit.

Newtonsche Gesetz stellt eine Beziehung zwischen den Entitaten Kraft � , Masse ! und Be-schleunigung � dar, dessen Entity-Relationship-Diagramm in Abbildung 2.2 zu bestaunen ist.Zwei Entitaten konnen nur mittels einer Beziehung verbunden werden. Gibt es zwischen zweiEntitaten keine Beziehung, dann bleiben diese im ER-Diagramm unverbunden. Anders ist diesbei Beziehungen, zwischen ihnen braucht keine Entitat zu stehen. In der Welt der Physik kannman gekoppelte Gesetze bzw. gekoppelte Gleichungssysteme durch Verbindungen von Relati-ons ohne dazwischenliegende Entity modellieren.Auch Beziehungstypen konnen durch Attribute naher charakterisiert werden. Man bezeichnetsie dann als assoziative Entitatstypen und stellt ihre Attribute an einen die Beziehung sub-stantivierenden Entitatstyp, der graphisch durch eine gerichtete Kante vom Beziehungs- zumEntitatssymbol dargestellt wird.

2.7.2 Das ER-Modell der Zeit

Die Ontologie der Zeit geht von einem Zeitursprung und dem darauffolgenden Verlauf der Zeitin Zeitschritten bzw. Zeitintervallen aus.Erst der Anfang und das Ende eines Zeitintervalls werden durch Zeitpunkte markiert. Zusam-menfassend ergibt sich das in Abbildung 2.3 dargestellte ER-Modell fur die Zeit.Zur Messung eines Zeitintervalles hat man seit menschengedenk die Rotation der Erde sowiedie Revolution der Erde um die Sonne als periodische Zeitmaße und die damit verbundenenarchetypischen Erfahrungen von Tag und Nacht und der Jahreszeiten verwendet. Die inter-national gultige Definition des Zeitmaßes basiert heute auf der Spezifikation der Sekunde alsVielfaches eines periodischen Vorganges aus dem Reich der Atomphysik.Schwieriger als die Angabe eines Zeitintervalles ist die exakte Spezifikation von Zeitpunkten.Dies liegt daran, daß es Zeitpunkte physikalisch nicht gibt, sie mussen also durch die Angabe

2.8. DIE LOGISTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNG ALS BEISPIEL 23

eines Zeitintervalles relativ zu einem Bezugsereignis spezifiziert werden. Das Jahr Null, sowieeine willkurliche Unterteilung des Jahres in Monate und Wochen wird durch die Angabe ei-nes Kalenders spezifiziert. Im westlichen Kulturkreis hat sich der Gregorianische Kalender soetabliert, daß die Angabe desselben zumeist entfallt.Wichtiger als die Angabe des Kalenders ist die Spezifikation der Zeitzone und gegebenenfallseiner Sommerzeit, wodurch die Tageszeit an einem bestimmten geographischen Ort festgelegtwird. Solche Angaben sind nicht nur bei Softwaresystemen aus dem Flugwesen, sondern auchin der ozeano- und geographischen Simulation unentbehrlich.In der Programmiersprache Javawird der Entitatstyp Zeitpunkt durch die Klasse java.util.Datedargestellt. Die Genauigkeit reicht dabei bis zur Sekunde. Der Entitatstyp Zeitintervall gehortnicht mehr zum Umfang der Standardsprache und soll daher durch eine Klasse TimeStep rea-lisiert werden. Diese enthalt die sechs privaten int-Komponenten years, months, days, hours,minutes, seconds. Neben dem leeren Konstruktor sollte man Objekte der Klasse TimeStepdurch die Angabe der sechs Werte, sowie durch zwei Datums konstruieren konnen. Die Me-thode incrementTime liefert fur ein gegebenes Objekt der Klasse Date ein um den Zeitschrittinkrementiertes Objekt der Klasse Date.

2.8 Die logistische Differentialgleichung als Beispiel

Die logistische Differentialgleichung

�� "�� #�� " # � � (2.17)

besteht auf der rechten Seite aus zwei Summanden: Fur # � � wachst die Losung � in derZeit proportional zu sich selbst, wir haben es in diesem Fall mit der Differentialgleichungdes exponentiellen Wachstums zu tun. Der zweite Term begrenzt dieses Wachstum jedoch,er wachst uberproportional zu � und bekommt gegenuber dem Wachstumsterm umso mehrGewicht, desto großer � ist.Die Differentialgleichung beschreibt also das logistische Wachstum, ein Wachstum also, wel-ches durch irgendeinen begrenzenden Faktor, wie etwa die Verknappung von Ressourcen, ge-bremst wird.Nach Heuser [15] kann man mit der logistischen Differentialgleichung so verschiedenartigeDinge wie das Wachsen der Kriegslust in einem Land, die Ausbreitung von Geruchten, Po-pulationen und Sonnenblumen sowie die Gewichtszunahme bei Ratten modellieren. Aus demBereich der Fließgewasserphysik sei das Wachstum von Riffeln und Dunen als Beispiel ge-nannt, welches durch diese Differentialgleichung beschrieben wird.Um eine numerische Losung dieser Differentialgleichung brauchen wir uns nicht zu bemuhen,da sie eine analytische Losung besitzt. Diese lautet

���� �"

# �

���� #

����

wobei �� die Anfangspopulation zum Zeitpunkt � � � angibt.Fur � � � strebt die Losung fur jeden Anfangswert �� gegen ���� � �

�, im Laufe der Zeit

erreicht jede logistisch begrenzte Population einen Endwert, der umso großer ist, desto großerdie Wachstumsrate " und umso kleiner ist, desto kleiner die Sterberate # ist.

24 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

Ist dieser Grenzwert erst einmal erreicht, andert sich die Losung nicht mehr, d.h. sie sollte undist zudem die Losung der stationaren Differentialgleichung

� � "�� #��Die Losung der logistischen Differentialgleichung bezeichnet man als asymptotisch stabil, dasie fur jeden Anfangswert gegen die stationare Losung konvergiert. Diesen stationaren Wertkann man naheliegend auch als Attraktor bezeichnen.Die logistische Differentialgleichung bietet sich als Validierungsbeispiel fur Zeitschrittverfah-ren an, da wir ihre analytische Losung kennen und mit dieser immer vergleichen konnen.Starten wir also mit dem Eulerverfahren, es lautet fur die logistische Differentialgleichung:

��� � �� ����"�� � #����Diese Form offenbart sofort ein erstes Problem. Beginnen wir mit dem Startwert �� � �, sowird jeder Folgewert ��� Null bleiben. Das Verfahren wird also nur dann gegen den rich-tigen asymptotischen Wert konvergieren, wenn man mit Startwerten ungleich Null beginnt.Dies kann praktisch große Probleme aufwerfen, wenn man es mit Phanomenen zu tun hat,die aus dem Nichts entstehen. Schon allein deshalb sollte das explizite Verfahren nicht zurnumerischen Losung der logistischen Differentialgleichung herangezogen werden.Wir wollen dennoch ein Losungsprogramm schreiben, welches die Wachstums- und Sterbe-raten " und # , den Startwert �� und den Zeitschritt �� aus den Textfeldern einer Benutzero-berflache ubernimmt und die Ergebnisse graphisch darstellt. Diese kann man in Abbildung 2.4bewundern. Sowohl numerische als auch analytische Losung konvergieren gegen den richtigenasymptotischen Wert, die numerische Losung wachst dabei jedoch erst wesentlich spater alsdie analytische.Bei einer Erhohung des Zeitschrittes auf 2 s schwingt die numerische Losung um die Asym-ptote, bei �� � � wird ihr Verhalten chaotisch und bei jedem Zeitschritt�� $ � wachst dienumerische Losung undarstellbar ins Unendliche. Das Verhalten des expliziten Verfahrens istalso noch keineswegs befriedigend.Wenden wir uns daher dem impliziten Verfahren zu. Nach kurzem Auflosen nach ��� hat esdie Darstellung:

��� � ��� "���#��

���� "���#��

��

���

#��

Im Gegensatz zum Eulerverfahren ist das implizite Verfahren fur beliebige Zeitschritte stabilund liefert keine Oszillationen. Es konvergiert zudem auch fur den Anfangswert �� � � gegendie richtige Losung. Es steigt allerdings wesentlich schneller als die analytische Losung anund ist daher im Anfangsbereich ebenfalls nicht brauchbar.Als Verfahren der Konsistenzordnung zwei hatten wir das Lax-Wendroff-Verfahren und derOrdnung vier das Runge-Kutta-Verfahren kennengelernt, die entsprechenden Schemata soll-te man zur Ubung selbst entwickeln. Die hohere Ordnung dieser Verfahren zahlt sich in derbesseren Reproduktion des Anstieges aus. Beide Verfahren neigen aber sehr schnell zu oszil-lierendem, chaotischem und instabilen Verhalten.Wenn das explizite Verfahren instabil wird und das implizite Verfahren stabil bleibt, dannsollten wir fur den quadratischen Term eine Mischung aus explizitem und impliziten Verfahrenin der Form

2.8. DIE LOGISTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNG ALS BEISPIEL 25

Abbildung 2.4: Vergleich der mit dem Eulerverfahren gewonnenen numerischen (rot) und deranalytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

Abbildung 2.5: Vergleich der mit dem Eulerverfahren gewonnenen numerischen (rot) und deranalytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

26 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

Abbildung 2.6: Vergleich der mit dem Eulerverfahren gewonnenen numerischen (rot) und deranalytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

Abbildung 2.7: Vergleich der mit dem impliziten Verfahren gewonnenen numerischen (rot)und der analytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

2.9. ZUSAMMENFASSUNG 27

Abbildung 2.8: Vergleich der mit dem semiimpliziten Verfahren gewonnenen numerischen(rot) und der analytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

��� � ����

� "�� � #�����

probieren. Das Verfahren kann man als semiimplizit bezeichnen und es ist genau wie das im-plizite Verfahren stabil. Aus Abbildung 2.8 ist ersichtlich, daß die Losung wie beim explizitenVerfahren der analytischen hinterherhinkt.In der Hydromechanik kommen nichtlineare quadratische Terme in den tiefen- und quer-schnittsgemittelten Impulsgleichungen als Sohlschubspannungs- bzw. Reibungsterme vor.Diese werden in der Regel semiimplizit diskretisiert, weil hiermit der geringste Rechenauf-wand bei garantierter Stabilitat verbunden ist. Allerdings sollte man im Kopf behalten, daß dasnumerische Verfahren die dampfende Wirkung dieser Terme uberschatzen kann, was wir hieram verzogerten Anstieg der Losung der logistischen Differentialgleichung gesehen haben.

2.9 Zusammenfassung

Wir haben in diesem Kapitel verschiedene Verfahren zur numerischen Behandlung der Zeit-ableitung kennengelernt. Als erstes Qualitatskriterium zur Beurteilung dieser Verfahren habenwir eine moglichst hohe Konsistenzordnung gefordert. Unsere Untersuchungen haben ergeben,daß das Euler- und das implizite Verfahren 1. Ordnung, Crank-Nicolson-, Lax-Wendroff- undLeap-Frog-Verfahren 2. Ordnung und das Runge-Kutta-Verfahren sogar 4. Ordnung konsistentsind.

28 KAPITEL 2. ZEITSCHRITTVERFAHREN

Abbildung 2.9: Vergleich der mit dem Lax-Wendroff-Verfahren gewonnenen numerischen(rot) und der analytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

Abbildung 2.10: Vergleich der mit dem Runge-Kutta-Verfahren gewonnenen numerischen(rot) und der analytischen (grun) Losung der logistischen Differentialgleichung

Kapitel 3

Stabilitat

In der nichtlinearen Dynamik bezeichnet man Systeme dann als stabil, wenn sich fur zweisehr nahe beieinanderliegenden Anfangszustanden ��� � �� und ��� � �� die Zustande zuspateren Zeiten hochstens stetig voneinander entfernen, d.h. es gibt zwei sehr kleine Zahlen Æund % mit

���� � ��� ��� � ��� � Æ � ������ ����� � %�Æ ��

Dieses Stabilitatskriterium sieht dem beruchtigten % � Æ-Kriterium fur Stetigkeit sehr ahn-lich. Bei der Stetigkeit steht die Wahl des % im Vordergrund, d.h. zum Zeitpunkt � sind dieUnterschiede zwischen � und � beliebig klein, wenn nur die Anfangswerte hinreichend naheaneinander liegen. Der Stabilitatsbegriff weicht diese Anforderung ein wenig auf, da er le-dig fordert, daß zwei im Anfang sehr ahnliche Funktionen sich zu spateren Zeitpunkten nurallmahlich unterschiedlich verhalten.Turbulente Stromungen sind in diesem Sinne stabil, da die turbulenten Fluktuationen in einemgewissen Intervall um einen wohldefinierten Mittelwert schwanken.Ein System heißt asymptotisch stabil, wenn fur zwei sehr nahe beieinanderliegenden An-fangszustanden sich spatere Zustande irgendwann einmal nicht mehr unterscheiden, d.h. esgibt irgendein sehr kleines Æ, so daß

���� � ��� ��� � ��� � Æ � ������ ����� � � fur ���

Wir werden in diesem Kapitel das Phanomen Stabilitat bei dynamischen numerischen Ver-fahren im Rahmen der Operatorentheorie beschreiben und allgemeine Stabilitatskriterienfur explizite und implizite Verfahren aufstellen. Da konsistente numerische Verfahren nichtnotwendig stabil sein mussen, werden wir als weiteres Gutekriterium die Stabilitat von Zeit-schrittverfahren untersuchen und in den Begriff der Konvergenz einmunden lassen.Es sei an dieser Stelle betont, daß der Begriff der Stabilitat nichts mit dem des Chaos zu tun hatoder etwa dessen Gegenteil ist. Chaotische Systeme sind in der Regel stabil. Ein Zeichen desChaos ist die Sensitivitat auf Anfangslosungen, weisen diese nur winzige Unterschiede auf,dann verhalten sich die Losungen chaotischer Systeme zu spateren Zeitpunkten vollkommenanders. Dies ist in stabilen Systemen keinesfalls ausgeschlossen, die Losungen entfernen sichhier lediglich nicht abrupt voneinander.

29

30 KAPITEL 3. STABILITAT

� � �

� �

� �

Abbildung 3.1: Stabilitat turbulenter Stromungen. Die Anfangswerte unterscheiden sich umden Wert Æ. Unabhangig davon bleiben die Fluktuationen im Intervall %.

3.1 Stetige Abhangigkeit von den Eingangsdaten

Die Stabilitat eines numerischen Verfahrens ist eng mit der Frage verbunden, ob die Eigen-schaft der stetigen Abhangigkeit von den Eingangsdaten beim Ubergang vom kontinuierlichenauf das diskrete Problem erhalten bleibt.

3.1.1 Stetige Abhangigkeit beim kontinuierlichen Problem

Eine der wichtigsten Eigenschaften der Losungen der allgemeinen Evolutionsgleichung ist ih-re stetige Abhangigkeit von den Eingangsdaten. Umgangssprachlich bedeutet dies, daß dieLosungen in ihrem zeitlichen Verhalten keine abrupten Anderungen erfahren, sie also der An-fangslosung umso ahnlicher sind, desto naher man sich am Anfangszeitpunkt befindet.Setzen wir zur Abkurzung

&���� � ������ (3.1)

so folgt fur die Losungen der homogenen Evolutionsgleichung die Abschatzung

������ � �������� � ������ ���� � ��� �&�����Zu jedem beliebigen Zeitpunkt ist die Norm der Losung durch den Faktor&����mit der Normder Anfangslosung verbunden. Dieser Faktor ist eine stetige Funktion der Zeit �, andert sichalso ebenfalls niemals abrupt. Somit kann sich die Losung im Laufe der Zeit zwar beliebigweit von der Anfangslosung entfernen und irgendwann vollkommen anders aussehen, dieseAnderung geschieht aber stetig und nicht aus heiterem Himmel.

Wir wollen nun einen wichtigen Spezialfall untersuchen, der in der Stromungsmechanik sehroft vorkommt, obwohl seine Voraussetzungen doch sehr einschrankend zu sein scheinen.

3.1. STETIGE ABHANGIGKEIT VON DEN EINGANGSDATEN 31

Satz: Falls der Operator� linear ist und nur Eigenwerte ' mit nichtnegativemRealteil besitztund die zugehorigen Eigenvektoren eine Orthonormalbasis des Losungsraumes bilden, gilt

&� � ������ � � bzw ������ � ����

Da die Norm bisher nicht spezifiziert wurde, gilt der Satz fur jede Operatornorm. Nehmen wirhier z.B. die Maximumnorm auf einem Intervall

���� � ��������

����

dann besagt der Satz, daß die Extremwerte der Losung im Laufe der Zeit nie großer werden,die Losungsfunktion also immer in den anfanglichen Schranken bleibt.Beweis: Sei �( � ��� die Orthonormalbasis des Losungsraumes. Die Anfangswerte lassen sichdann als

�� ��� ��

��� ( �(

darstellen. Somit folgt

��������� � ������

������

�� ��

��� ( �( ��

� ���

����

������

� ��� ( �( ��

... und da ��( � '� ( ...

��������� � ���

����

�������

� ��� ( �( ��

� ��� ��

�������� ( �( ��

��� ��

��������� ( �( ��

��� ��

�������� ( ��

��� ��

����� ���� ( ��

... und da �� � ������ fur � )*

��� ��

��������� ( ��

... und da ������ � �, weil���' � �� � � �, denn die Zeit � ist großer Null und die Eigenwertewaren laut Voraussetzung großer Null, folgt

32 KAPITEL 3. STABILITAT

��������� ��� ��

��� ( ��

bzw.

������ � ����womit die Behauptung folgt.

Hat der Operator � der homogenen Evolutionsgleichung nur positive Eigenwerte, so ist dieWirkung der Evolutionsgleichung in gewisser Form dampfend, denn die Norm der Losungnimmt mit der Zeit immer mehr ab.Wir betrachten nun Abschatzungen fur die inhomogene Evolutionsgleichung. Mit derAbkurzung

&� � ���������

����������� (3.2)

gilt fur die Losung der inhomogenen Evolutionsgleichung die Abschatzung:

������ � ��������� �� �

��������� ��������

� &������&�

� �

� ��������

Und schließlich folgt fur die nichtlineare Form:

������ �&������&�

���

� �������� �&�

���

��������������

3.1.2 Stetige Abhangigkeit beim diskretisierten Problem

Die stetige Abhangigkeit der kontinuierlichen Losung von den Eingangsdaten hangt bei derallgemeinen Evolutionsgleichung mit der Erfullung der Abschatzung

������ �&����� � ����&�

���

� ������ (3.3)

zusammen. Somit konnen wir von der zeitlich diskretisierten Losung

����� �&������&���������

������� (3.4)

verlangen. Diese Bedingung garantiert zudem die Stabilitat des Zeitschrittverfahrens.

3.2. DER VERFAHRENSOPERATOR 33

3.2 Der Verfahrensoperator

Einschrittverfahren lassen sich mit der Operatorenschreibweise auf die folgende Form bringen:

��� � +�� � ( (3.5)

Dabei wird + auch Verfahrensoperator genannt.Schreibt man das Crank-Nicolson-Verfahren im Rahmen der Operatorentheorie als

�) � �������� � �) � ��� ��������dann sieht man leicht, daß dem Eulerverfahren (� � �)

+ � ) ����

dem impliziten Verfahren (� � �)

+ � �) �������

und dem Crank-Nicolson-Verfahren

+ � �) � ��������) � ��� ������als Verfahrensoperatoren zugeordnet sind.

Geht man sukzessive von den Anfangsbedingungen bis zum Zeitschritt � � �, so erhalt dasVerfahren die Form

��� � + ���� ���

���

+ �( (3.6)

Ein Vergleich mit der Stetigkeitsbedingung liefert die Stabilitatsbedingung

�+ ��� �&� (3.7)

Ist&� � �, so ist diese Bedingung erfullt, wenn

�+� , �� (3.8)

ist. Falls &� � � und �+� $ �, dann ist die Anzahl der Zeitschritte begrenzt, ab einemgewissen Zeitschritt ware das Verfahren instabil. Stabilitat bedeutet dann, daß die Wirkungdes Verfahrensoperators nicht unbeschrankt ausartet, sondern die Losung in einem gewissenSinne kontrahierend ist.Um im folgenden Stabilitatsanalysen durchzufuhren, benotigt man noch zwei wesentlicheSatze. Der erste ist der Form nach schon aus der Algebra bekannt.

Satz: Neumannsche Reihe. Sei � ein beschrankter linearer Operator mit ��� , � und ) derIdentitatsoperator. Dann existiert der folgende Operator

�) � ���� ������

��� (3.9)

34 KAPITEL 3. STABILITAT

Der nachste Satz ist ein machtiges Werkzeug fur die Analyse numerischer Verfahren.

Satz von Kellogg: Sei ��� �� � � fur alle � des Hilbertraumes und - � �. Dann gilt

��) � -���) � -����� � �� (3.10)

Sei die dargestellte Theorie auf das Crank-Nicolson-Verfahren

��� � ����

��

����� �

���� � �

angewendet. Die Gleichung laßt sich zu

�) ��

�������� � �) � �

�������

umstellen, und definiert man den Verfahrensoperator

+ �� �) ��

��������) � �

�����

so ergibt sich die Stabilitat des Crank-Nicolson-Verfahrens sofort aus Kelloggs Satz, wennnur der Operator � die dortigen Voraussetzungen erfullt. Die Konsistenzanalyse zeigt, daß dasVerfahren zweiter Ordnung in der Zeit ist. Noch allgemeiner kann man sogar folgenden Satzbeweisen:Satz: Das Crank-Nicolson-Verfahren ist fur beliebige Zeitschritte stabil, wenn � � ��� und �positiv-semidefinit ist.

3.2.1 Matrixnormen

Da in den folgenden Kapiteln auch der Raum diskretisiert wird, stellen die Losungen �� und��� selbst Vektoren dar. Fur lineare Verfahren kann der Verfahrensoperator + somit mit einerMatrix identifiziert werden. Wir benotigen zur Untersuchung der Stabilitat Rechenvorschriftenzur Bildung von Normen von Matrizen. Analog zu den Normen von Vektoren definieren wirdererlei drei:

� Die Spaltensummennorm

�+�� � �������

��+�������

�� ���

�� ��

� � (3.11)

� die Quadratsummen- oder Schurnorm

�+�� � �������

��+�������

��

���� �� ����

�� � (3.12)

� und die Zeilensummennorm

�+�� � �������

��+�������

�� ���

�� ��

� � (3.13)

3.3. ALLGEMEINE STABILITATSKRITERIEN 35

3.2.2 Spektralradius und Stabilitat

Der Spektralradius eines Operators bzw. einer Matrix ist durch den Grenzwert

��+ � �� ������

��+������ (3.14)

gegeben. Er ist unabhangig von der gewahlten Norm und ist die untere Schranke aller Opera-tornormen, denn es gilt:

��+ � � �+� (3.15)

Satz: Besitzt der lineare Operator + N Eigenwerte ' und N linear unabhangige Eigenvektoren� d.h.

+� � ' �

so gilt:

��+ � � ��� '

d.h. der Spekralradius ist der Betrag des betragsmaßig großten Eigenwertes.Da die linear unabhangigen Eigenvektoren eine Basis des Losungsraumes bilden, laßt sichdie Losung zum Zeitschritt � als Linearkombination

�� ��� ��

. �

darstellen. Fur die Losung ��� gilt somit

��� � +�� ��� ��

'�� . �

Damit die Losung zum Zeitschritt � � � kleiner als die zum Zeitschritt � ist, muß derbetragsmaßig großte Eigenwert ' von + kleiner als eins sein. Damit haben wir folgendenSatz gezeigt:

Satz: Ein numerisches Verfahren, dessen Verfahrensoperator linear ist und dessen Eigenvek-toren eine Basis des Losungsraumes bilden, ist dann stabil, wenn der Spektralradius ��+ � deszugehorigen linearen Verfahrensoperators + kleiner als eins ist.

Hiermit haben wir das Stabilitatsproblem auf die Berechnung von Eigenwerten des Verfah-rensoperators, d.h. von Matrizen zuruckgefuhrt.

3.3 Allgemeine Stabilitatskriterien

Wir wollen nun sehr allgemeine Stabilitatskriterien entwickeln, die wir erst nach derEinfuhrung der konkreten numerischen Verfahren bei der Stabilitatsanalyse anwenden werden.

36 KAPITEL 3. STABILITAT

Sie geben aber schon jetzt Hinweise fur die Konstruktion stabiler numerischer Zeitschrittver-fahren. Insbesondere werden wir feststellen, daß implizite Anteile die Stabilitat mit zunehmen-dem Zeitschritt forden und explizite Anteile die Instabilitat begunstigen.

3.3.1 Stabilitatskriterien fur explizite Einschrittverfahren

Der Weg, wie das Stabilitatskriterium fur das Crank-Nicolson-Verfahren gewonnen wurde,laßt sich verallgemeinern. Dazu betrachte man ein explizites Einschrittverfahren der Form

���� � ��

��� ��� � (

wobei � und � Operatoren sind, die das Verfahren reprasentieren. Man sieht leicht, daß derVerfahrensoperator durch

+ � ����� �����

gegeben ist. Seine Norm kann als

�+� � �������

���� ������ �� �������

������

�abgeschatzt werden, so daß �+� , � fur

������ � ��

������� (3.16)

gilt. Offensichtlich wachst mit steigendem Zeitschritt �� die Gefahr, das Stabilitatskriteriumzu verletzen.

3.3.2 Stabilitatskriterien fur implizite Einschrittverfahren

Wir wenden uns nun einem allgemeinen impliziten Verfahren in der Form

��� � ����

� ���� � (

zu. Der Verfahrensoperator ist durch

+ � �) �������

gegeben. Seine Norm ist

�+� � ���� ���

��� ��

��) ������ �) �������

�so daß man nach kurzer Rechnung zeigen kann, daß �+� , � fur

������ � �

������� (3.17)

gilt. Offensichtlich sinkt mit steigendem Zeitschritt�� die Gefahr, das Stabilitatskriterium zuverletzen, implizite Verfahren sind daher also wesentlich stabiler als explizite.

3.4. ITERATIVE UND PRADIKTOR-KORREKTOR-VERFAHREN 37

3.4 Iterative und Pradiktor-Korrektor-Verfahren

Die Verwendung von impliziten Anteilen in Zeitschrittverfahren erhoht zum einen in derKombination mit expliziten Anteilen die Genauigkeit und zum anderen die Stabilitat desVerfahrens. Diese Vorteile werden mit hoheren Rechenkosten bezahlt, da bei linearen Glei-chungen ein lineares Gleichungssystem und bei nichtlinearen Gleichungen ein nichtlinearesGleichungssystem zu losen ist. Iterative und Pradiktor-Korrektor-Verfahren versuchen den Re-chenaufwand zu reduzieren, indem quasi-implizite Losungen bestimmt werden. Dazu wird einZeitschritt mehrfach berechnet, wobei das Ergebnis jeweils zur Berechnung von �� wieder-verwendet wird.Betrachten wir dazu das explizite Einschrittverfahren

��� � ����

� ��� � �

bzw.

��� � �) �������

Das Ergebnis wird zur Berechnung von ���� wiederverwendet:

��� � ����

� ��) ������� � �

bzw.

��� � �) ���� ���������

Wird das Spiel unendlich oft wiederholt, so konvergiert der Verfahrensoperator gegen

�����

������� � �) �������

d.h. gegen den impliziten Verfahrensoperator. Der Satz uber die Neumannsche Reihe fordert,daß dazu die Bedingung

� ����� , �

erfullt sein muß. Die Stabilitat des Verfahrens ist durch die Stabilitat des expliziten Einschritt-verfahrens begrenzt, also sehr niedrig. Es liegt daher nahe, in den einzelnen Iterationsschrittenunterschiedliche Verfahren zu verwenden, womit wir bei der Klasse der Pradiktor-Korrektor-Verfahren angelangt sind. Dabei wird im ersten Iterationsschritt – dem Pradiktor – ein stabilesVerfahren angewendet und im zweiten Iterationschritt ein Verfahren, welches die Genauigkeitsteigert.

3.5 Operator-Splitting-Verfahren

Die Operator-Splitting-Technik zerlegt die urprunglichen Differentialgleichungen in verschie-dene Anteile, die dann nacheinander mit den mathematischen Eigenschaften dieser Anteileentsprechend angepaßten Verfahren gelost werden.

38 KAPITEL 3. STABILITAT

Dazu sei die Differentialgleichung in der Form

�� ���� ��� � �

darstellbar. �� kann z.B. die advektiven und �� die diffusiven Terme in einer Transportglei-chung reprasentieren. Im ersten Schritt wird die Gleichung

����� � ����

� ��� � �

gelost. Das Zwischenergebnis ����� wird als Startwert fur den zweiten Schritt verwendet:

��� � �����

��� ��� � �

Die Addition der beiden Teilschrittgleichungen fuhrt offensichtlich zu einer konsistenten Dis-kretisierung des Ausgangsproblems. In den einzelnen Teilschritten konnen verschiedene In-tegrationsverfahren fur die Zeit angewendet werden. Zur Untersuchung der numerischen Ei-genschaften des Operator-Splittings wenden wir in beiden Teilschritten ein Crank-Nicolson-Verfahren an:

����� � ����

� �������� � ��� �����

� � �

��� � �����

��� ����

�� � ��� ��������� � �

Im Rahmen der Operatorentheorie lassen sich diese Gleichungen umschreiben zu

����� � �) � ���������) � ��� ��������

��� � �) � ���������) � ��� ��������

����

und das Gesamtverfahren kann durch

��� � �) � ���������) � ��� �������

�) � ���������) � ��� ��������

dargestellt werden, wobei der Verfahrensoperator durch

+ � �) � ���������) � ��� �������

�) � ���������) � ��� �������

gegeben ist. Offensichtlich setzt sich der Verfahrensoperator aus dem Hintereinanderausfuhrender einzelnen Crank-Nicolson-Verfahren zusammen. Es ist somit leicht einzusehen, daß sichder Gesamtverfahrensoperator beim Operator-Splitting aus den Verfahrensoperatoren derEinzelschritte zusammensetzt. Mit der Beziehung (15.5) erhalt man somit den wichtigen

Satz: Das gesamte Operator-Splitting-Verfahren ist dann stabil, wenn jeder Einzelschritt stabilist.

3.6. KONVERGENZ 39

Sei nun der lokale Verfahrensfehler ��� � ���� in der Zeit betrachtet. Wir fragen, ob auch dasOperator-Splitting die Konsistenzordnung 2 aufrecht erhalten kann. Dazu wird der Verfahrens-operator + fur � � ��� unter Anwendung der Neumannschen Reihe bis zur ersten Ordnungentwickelt:

+ � �) � ��������) �

��������) � �

�������) �

�������

� ) ������ � ��� ���������

� � ����� � ����

Das weitere Vorgehen hangt nun entscheidend davon ab, ob die Operatoren �� und �� ver-tauschbar sind. Denn nur dann laßt sich

��� � ����� � �

�� � �

�� � ���� � ���� � �

�� � ��� � ���

� � ��

schreiben und somit der Verfahrensoperator des Lax-Wendroff-Verfahrens:

+ � ) ���� ��

������

Damit erhalt man das folgendeResultat: Das Crank-Nicolson Operator-Splitting ist stabil, wenn die Teilschritte stabil sindund besitzt die Konsistenzordnung 2, wenn die Teilschritte vertauschbar sind.Der Vorteil des Operator-Splitting-Verfahrens liegt darin, daß in jedem Schritt genau auf dieGleichung angepaßte Verfahren angewendet werden konnen, der Nachteil ist die maximaleKonsistenzordnung von �����.

3.6 Konvergenz

Die wichtigste Anforderung an ein numerisches Verfahren ist die Konvergenz gegen die exakteLosung. Fur ��� � soll sich die numerische Losung an die exakte Losung annahern.Betrachten wir hierzu die Differenz zwischen numerischer und exakter Losung /:

/� � �� � �����Da die diskrete Losung die diskretisierte Gleichung lost, gilt

/�� � /���

� ��/�� � ��� ���/� � ����

bzw. in Operatorschreibweise

�) � �����/�� � �) � ��� ������/� �������

und somit:

/�� � +/� �������

Wendet man diesen Zusammenhang vom Ausgangszeitpunkt �� induktiv bis ��� an, so ergibtsich die Fehlerdarstellung:

/�� � + ��/� �����

���

+ �����

40 KAPITEL 3. STABILITAT

Fur die Norm des Fehlers folgt:

�/��� � �+ ��/� �����

���

+ ������

� �+ ����/�������

���

�+ ��������

, �/�������

���

������� �/��� ��� ����������� �/��� ���������

Zum Zeitschritt ��� geht das Residuum mit der Ordnung des Verfahrensfehlers ���� zu Null,wenn die Anfangswerte exakt sind. Wir haben somit das Theorem von Lax bewiesen:Theorem von Lax: Ist ein Zeitschrittverfahren konsistent mit der mit der Ordnung � und sta-bil, so konvergiert die numerische Losung bei kleiner werdenden Zeitschritt mit der Ordnung� gegen die exakte Losung.

Kapitel 4

Die Methode der Finiten Differenzen

Die Methode der Finiten Differenzen (FD) ist die alteste Methode zur numerischen Losungvon partiellen Differentialgleichungen.Auf einem Gebiet � sei eine partielle Differentialgleichung der allgemeinen Form

�� � � (4.1)

zu losen. � stellt einen Differentialoperator dar, � ist die gesuchte Funktion und � enthalt dieInhomogenitaten.Bei der Methode der Finiten Differenzen wollen wir drei Diskretisierungsschritte unterschei-den.Im ersten Schritt wird das Losungsgebiet mit einem rechtwinkligen nicht notwendig aquidi-stanten Gitter uberdeckt (Abb. 4.1). Dabei werden Innenknoten (volle Kreise) von Randknoten(leere Kreise) unterschieden. Das Losungsgebiet � wird also durch eine Menge von Punkten

�� ��� 0 � � ��� � 1 � � ���&

ersetzt, die man auch Knoten nennt.Im zweiten Schritt wird die gesuchte Losungsfunktion � diskretisiert, d.h. sie wird durch denVektor ihrer Werte auf den Knoten �� � � �� ersetzt. Den zu der kontinuierlichen Funktion �gehorigen Vektor �� von Knotenwerten bezeichnet man auch als Gitterfunktion.Ebenso verfahrt man mit der rechten Seite �, auch sie wird mit Hilfe einer Knotenfunktion ��auf die Werte an den Knoten � �� reduziert.Da aus der Losungsfunktion und der Inhomogenitat nun Vektoren geworden sind, muß aus demDifferentialoperator � nun ein algebraischer Operator �� werden, der bei linearen Problemendurch eine Matrix dargestellt werden kann.Mit diesem dritten Schritt wollen wir uns im folgenden beschaftigen.

4.1 Einfache Differenzenquotienten

Zur Herleitung des algebraischen Operators �� werden alle Ableitungen durch Differenzen-quotienten der Knotenwerte ersetzt. Um einen Differenzenquotienten die erste Ableitung inx-Richtung zu erhalten, entwickeln wir die Funktion � am Knoten �0� � 1� in eine Taylorrei-he

41

42 KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN

� � �

� � �

� � �

� � �

� � �

��

��

��

0� � 0 0 � �

1 � �

1

1 � �

��

��

� �

Abbildung 4.1: Diskretisierung eines 2D-Gebietes fur Finite Differenzen

� ��� � � �� � �� � � � �� ���

��

��� � � � ��

�� ����

��

��� � � � ��

�� ����

� ���

Fur den Entwicklungsknoten �0� � 1� erhalten wir

� ���� � � �� � �� � � ���� ���

��

��� � � ����

�� ����

� �

��� � � ����

�� ����

� ���

Lost man die erste Taylorreihe nach �������

auf, so erhalt man als Approximation der Ableitung

� ���

� � ��� � � ��� � � � �

� ��� � � ����

(4.2)

welche man als vordere Differenzenapproximation bezeichnet. Andererseits erhalt man ausder zweiten Taylorreihe das Schema

� ���

� � �� � � ����� � � �� �

� �� � � ������

(4.3)

welches man als ruckwartige Differenzenapproximation bezeichnet.Zieht man die zweite von der ersten Taylorreihe ab, so erhalt man in analoger Weise die zen-trale Differenzenapproximation

� ���

� � ��� � � ����� � � � �� �

� ��� � � �������

(4.4)

Addiert man schließlich beide Reihen, so ergibt sich eine Differenzenapproximation fur diezweite Ableitung in der Form

�� ����

� �

� � � � ��

�� ��� � � ��� � � � � � �� � � ����

� � � ��

�(4.5)

4.1. EINFACHE DIFFERENZENQUOTIENTEN 43

die bei einer aquidistanten Diskretisierung in

�� ����

� � ��� � �� �� � � �������

(4.6)

ubergeht. Zur Herleitung von Differenzenverfahren fur Ableitungen dritter Ordnung benotigtman zusatzlich noch die Tayloreihen fur � ���� und � ���.

In derselben Weise lassen sich die Ableitungen in andere Richtungen approximieren. Fur denzweidimensionalen Fall kann die ersten Ableitungen in y-Richtung am Knoten �0 1� als vor-dere Differenz

� ��

� � ��� � � ����

oder als zentrale Differenz

� ��

� � ��� � � �������

dargestellt werden. Fur die zweite Ableitung in y-Richtung ergibt sich

��

�� ��

� � ���� � �� �� � � ���

���

4.1.1 Differenzenverfahren in Matrixschreibweise

Um ein lineares Gleichungssystem zu erhalten, muß die mehrdimensionale Indizierung derGitterknoten �� ��� auf eine eindimensionale Indizierung ��� ��� abgebildet werden, andersgesagt, die Knoten mussen durchnumeriert werden. Fur Knoten, die außerhalb des Losungs-gebietes liegen, gibt es prinzipiell zwei verschiedene Behandlungsmoglichkeiten:

� ’Trockene’ d.h. außerhalb des Berechnungsgebietes liegende Knoten werden nicht mit-indiziert und fallen damit aus der Rechnung heraus.

� ’Trockene’ Knoten werden maskiert, d.h. es wird ein INTEGER-Feld der Lange allerGitterknoten angelegt, welches eine Null fur trockene und eine Eins fur Berechnungs-knoten enthalt. Das Ergebnis wird an geeigneten Stellen mit dieser Maske multipliziert.

Fur die Numerierung der ubrigen Knoten haben sich drei Varianten durchgesetzt:

� Die Knoten werden reihenweise (oder spaltenweise) d.h. in Richtung der Koordinaten-achsen durchnumeriert.

� Die Knoten nach Schragzeilen d.h. in Diagonalenrichtung durchnumeriert.

� Die Knoten werden schachbrettartig numeriert. Dazu teilt man das Gitter wie einSchachbrett in schwarze und weiße Knoten ein und numeriert zuerst die schwarzen Kno-ten reihenweise und dann die weißen entsprechend oder aber umgekehrt.

44 KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN

Die Numerierung der Gitterknoten ist ein besonders diffiziles Problem, fur das der Program-mierer neben einem glucklichen Handchen viel Erfahrung haben muß, denn sie beeinflußt diePerformance des Programmes entscheidend. An dieser Stelle konnen keine Pauschalaussagengemacht werden, da eine optimale Wahl nicht nur von der zu losenden partiellen Differenti-algleichung, sondern auch vom Gleichungsloser, vom Aufbau des gesamten Softwarepaketesund vom Computertyp (skalare, Vektor- oder Parallelmaschine) abhangig ist.Nachdem der Losungsvektor und die rechte Seite des Gleichungssystems durch Umnumerie-ren der Knoten des Gitters erzeugt wurden, bleibt der Aufbau der Systemmatrix ��. Hierfursei ein eindimensionales Problem betrachtet. Man sieht leicht, daß dann die Matrixdarstellungfur die erste Ableitung, die durch zentrale Differenzen approximiert ist, durch

�� �

��������

� ���

� ���

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . �

��

� ���

��������

gegeben ist. Fur die zweite Ableitung gilt

�� �

��������

� ���

���

���

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . �

���

���

��

��������

Alle Leser sollten zur Ubung dieMatrixdarstellung der vorderen und ruckwartigen Differenzenkonstruieren.

4.1.2 Die stationare Transportgleichung

Die Losung von Differentialgleichungen mit Hilfe von Finiten Differenzen soll nun an ei-nem einfachen Beispiel konkretisiert werden. Dazu betrachten wir die stationare Transport-gleichung

�� ��

��� �

�� �

Zur numerischen Losung der Gleichung stehen auf den ersten Blick (mindestens) drei Verfah-ren zur Verfugung, da wir fur die erste Ableitung zentrale Differenzen

�� � �� � �� � � �

���� �

� � � � �����

� �

vordere Differenzen

�� � �� � �� � � �

���� �

� � � � ��

� �

und ruckwartige Differenzen

4.2. KONSISTENZ 45

�� � �� � �� � � �

���� �

� � � ����

� �

kennengelernt hatten. Alle drei Verfahren lassen sich durch die Einfuhrung des sogenanntenUpwind-Parameters 2 verallgemeinern:

�� � �� � �� � � �

���� �

�2� � � ��

��� ��� 2�� � � �

��

�� � (4.7)

Fur 2 � � ergeben sich ruckwartige Differenzen etc.Um die Qual der Wahl zu erleichtern, wollen wir die Kriterien Konsistenz und Stabilitat un-tersuchen.

4.2 Konsistenz

Als erstes Kriterium fur die Gute der FD-Verfahren untersuchen wir wieder den lokalen Ver-fahrensfehler, den wir erhalten, wenn wir die exakte Losung in das Differenzenverfahren ein-setzen.Konkretisieren wir dies fur die stationare Transportgleichung. Seien mit � , � � und � �� aus-nahmsweise und nur hier die exakte Losung an den entsprechenden Knoten bezeichnet. Wirentwickeln sie in Taylorreihen

� � � � ���� �

��

����

�� ��

��

����

�� ��

��

�����

�� ��

� �� � � ���� �

��

����

�� ��

� �

����

�� ��

��

�����

�� ��

und setzen diese in das Verfahren (4.7) ein:

����� ��

��

�����

�� ��

�� �

� �

��

�� 2

����� ��

��

����

�� ��

� �

Zur Bestimmung des lokalen Verfahrensfehlers d.h. dem Unterschied zwischen Differential-und Differenzengleichung mit exakter Losung ziehen wir die zu losenden Differentialglei-chung ab:

��� � � � ���

����� ��

��

�� 2

����� ��

��

����

�� ��

Fur 2 � � bzw. 2 � �� besitzt das Verfahren die Konsistenzordnung 1, fur 2 � ��� sogar dieKonsistenzordnung 2. Die zentralen Differenzen waren somit den vorderen und ruckwartigenDifferenzen vorzuziehen.

4.3 Stabilitat

Im Rahmen der Zeitschrittverfahren hatten wir gelernt, daß Instabiltaten dann auftreten, wenndas numerische Verfahren Losungen produziert, die die Schranken des Wertebereiches derexakten Losung verletzen.

46 KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN

Solche Schranken existieren auch auf der Ortsebene: Der Wertebereich elliptischer Differen-tialgleichungen ist durch die Randwerte (nach oben oder unten) beschrankt. Verletzen dieLosungen eines numerischen Verfahrens diese Schranken, so treten wieder Instabilitaten auf,die allerdings nicht notwendig zum Abbruch des Computerprogramms fuhren mussen.Diese Instabilitaten sind in Form von Oszillationen bei Transportgleichungen zu beobach-ten, wenn die Advektion gegenuber der Diffusion so sehr uberwiegt, daß die oberstromseitigeRandbedingung bei der gewahlten Diskretisierung nicht mehr sinnvoll realisiert werden kann.Eine charakteristische Große, die das Verhaltnis von Advektion zu Diffusion beschreibt, ist diesogenannte Pecletzahl (auch manchmal Gitterreynoldszahl genannt), die durch

3� ����

�(4.8)

gegeben ist. In einem vereinfachten Beispiel [10], [23],[24],[25] wollen wir sowohl die Oszil-lationen kennenlernen, als auch ein Kriterium fur ihr Verschwinden herleiten. Dazu betrachtenwir die stationare Transportgleichung

�� ��

��� �

�� �

Die Gleichung ist elliptisch; alle Losungen der stationaren Transportgleichung nehmen ihreExtrema auf den Randern des Losungsgebietes an.Werden die Randbedingungen

���� � � ���� � �

gewahlt, dann ergibt sich eine analytische Losung als

���� ��� ��� ��� ���

Zur numerischen Losung der Gleichung verwenden wir zentrale Differenzen, wir erhalten dasSchema

�� ���� � ��� � ���

���� �

��� � �������

� �

mit�� � �� , 1 � � ��� und

�� � � �� � ��

Indem wir die Verfahrensgleichug mit���� multiplizieren und durch � dividieren, erhalt mandie dimensionslose Form�

� �3�

����� � ��� �

��� 3�

���� � �

In Abb. 4.2 sehen wir den Vergleich zwischen numerischer und analytischer Losung fur einePecletzahl von 6.67. Der Vergleich zeigt, daß

� die analytische Losung monoton ist und die numerische Losung oszillierend,

4.3. STABILITAT 47

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

� � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � �

Abbildung 4.2: Numerische (durchgezogen) und analytische (gestrichelt) Losung fur zentraleDifferenzen, � � �, � ��, � � ����.

� die analytische Losung nicht-negativ ist und die numerische Losung auch negativeWerteannimmt. Das Verfahren ist somit nicht monoton.

Numerische und analytische Losung haben somit ein qualitativ vollkommen verschiedenesVerhalten.In der Regel kennt man aber eine analytische Losung nicht und da die numerische Losungnicht generell instabil ist, bleibt dem Anwender eines Codes die Beantwortung der kniffeligenFrage, ob die Oszillationen tatsachlich physikalischer Natur sind.Zur Analyse des Problems schreiben wir das Verfahren inklusive Randbedingungen wieder inMatrixschreibweise:�

�������

�� �� ���

� � ���

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . �� ��

� � ���

��

��������

��������

��.........

����

�������� �

�������

�......�

�� � ���

�������

Beim Auftreten von Oszillationen wird die numerische Losung auch negativ. Es laßt sich nunzeigen, daß dies nicht der Fall ist, wenn die Matrix diagonal dominant ist, d.h. wenn

� � $ � � 3��� �� 3�

Diese Bedingung ist genau dann erfullt, wenn fur die Pecletzahl die Bedingung

3� � � (4.9)

erfullt ist.Wenden wir auf denselben Testfall Upstream-Differenzen in der Form

�� ���� � ��� � ���

���� �

�� � ������

� �

48 KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �

� � � � � � �

� � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � �

Abbildung 4.3: Numerische (durchgezogen) und analytische (gestrichelt) Losung furUpstream-Differenzen, � � �, � ��, � � ����.

an, so verschwinden die Oszillationen, wie man in Abb. 4.3 erkennt.Dies ist insofern verwunderlich, da das zentrale Verfahren mit der Konsistenzordnung������wesentlich genauer ist, als das Upstream-Verfahren (�����). Um dieses Verhalten zu verste-hen, verallgemeinern wir zentrale und Upstream-Differenzen durch das Schema

�� ���� � ��� � ���

���� ��2

�� � ������

� ��� 2���� � ����

� � �

Fur 2-Werte von 1, 0 und 1/2 ergeben sich in der Reihenfolge das Upstream, das Downstreamsowie das zentrale Verfahren. Schreiben wir die Gleichung nochmals ein wenig in der Form

���� � 3��2� �

������� � ��� � ���

���� �

��� � �������

� �

um, so zeigt sich, daß dem Verfahren ein kunstlicher Diffusionsterm der Form �3��2� ��� zu-

gefugt wurde, der nur im zentralen Fall nicht wirkt. Je großer also die Pecletzahl ist, d.h. umsokleiner die echte Diffusion gegenuber der Advektion ist, desto mehr kunstliche Diffusion wirdder Losung beimUpstream-Verfahren zugefugt. Hierdurch treten zwar keine Oszillationen auf,die Losung wird allerdings durch den kunstlichen Diffusionsterm stark gedampft.

4.4 Verallgemeinerungen

Zur Losung mehrdimensionaler Probleme werden die Grundverfahren durch die entsprechen-den zusatzlich auftretenden Terme erweitert.Wegen der hohen Rechenleistungen, die allein durch die Anzahl der Knoten entsteht, werden in3D-Simulationen vielfach explizite Verfahren verwendet, wobei hier vor allem das Upstream-und Lax-Wendroff-Verfahren fur die Advektion gekoppelt mit dem FTCS-Verfahren fur dieDiffusion zu nennen sind. Bei der impliziten Losung werden Crank-Nicolson-Verfahren ver-wendet.Bei den bisher diskutierten Verfahren wurde vorausgesetzt, daß die Gitterabstande aquidistant(�� � �4���, �� � �4���) sind. Ersetzt man die konstanten Gitterabstande durch raumlich

4.4. VERALLGEMEINERUNGEN 49

veranderliche in der Form�� � � � � �� , so lassen sich alle Verfahren auf nicht-aquidistanteGitter verallgemeinern. Es ist so moglich, interessante Simulationsgebiete hoher aufzulosen.Allerdings breitet sich die hohere Auflosung in Querrichtung uber das gesamte Simulations-gebiet fort.

50 KAPITEL 4. DIE METHODE DER FINITEN DIFFERENZEN

Kapitel 5

Die Advektionsgleichung

Wir beginnen mit der Advektionsgleichung, die Bestandteil jeder Transportgleichung ist:

�� �

�� �

�� �

�� � (5.1)

Die Variablen dieser Gleichung beschreiben ein dreidimensionales Geschwindigkeitsfeld 5� ��� � ���, von dem wir der Einfachheit halber annehmen, daß es homogen und zeitlich kon-stant ist. Mit diesem Geschwindigkeitsfeld wird eine Konzentrationsverteilung � � ��� � � ��bewegt.

5.1 Theorie der Advektionsgleichung

Zunachst wenden wir uns den theoretischen Aspekten dieser Gleichung zu. Man bestatige,daß es sich um eine lineare Differentialgleichung handelt. Es wird gleich gezeigt, wie sich dieAdvektionsgleichung auf die Grundform einer Evolutionsgleichung bringen laßt und wir wer-den einsehen, daß die Wirkung der Advektionsgleichung in der Verschiebung einer beliebigenAnfangsfunktion besteht.

5.1.1 Die Advektionsgleichung als Evolutionsgleichung

Betrachtet man die Advektionsgleichung als Evolutionsgleichung (2.2), so ist der Operator �durch

� � �

�� �

�� �

gegeben. Er besitzt die Eigenfunktionen � ����������, denn es gilt

�� ���������� � 0����� ��� � ����� ����������

womit man die Eigenwerte als 0���� � ��� � ���� erkennt. Ohne es zu beweisen, sei ge-sagt, daß die komplexen Exponentialfunktionen eine Orthogonalbasis des Losungsraumes mitkontinuierlichem Spektrum bilden. Da die Eigenwerte einen nichtnegativen Realteil (dieser istnamlich Null) haben, hat die Advektionsgleichung bzgl. jeder Norm eine dampfende Wirkungauf entsprechende Anfangswerte.

51

52 KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG

5.1.2 Differentialgleichungssysteme 1. Ordnung

Def.: Ein allgemeines quasilineares System partieller Differentialgleichungen 1. Ordnung derForm

� �

���

���

�����

�� ���� ������

� � 0 � � ��� (5.2)

heißt hyperbolisch, falls die Matrizen�� � �� �� N reelle Eigenwerte besitzen. Fur jede Raum-richtung �� ist also eine Matrix zu untersuchen. Sind dagegen komplexe Eigenwerte vorhan-den, nennt man das System elliptisch. Eine Differentialgleichung 1. Ordnung mit reellen Ko-effizienten ist somit immer hyperbolisch.Somit gehort die Advektionsgleichung ebenfalls zu den hyperbolischen Differentialgleichun-gen.

5.1.3 Bahnlinien als Charakteristiken der Advektionsgleichung

Die Besonderheit und Gemeinsamkeit hyperbolischer Differentialgleichungen sind ihre Cha-rakteristiken. Dies sind Kurven oder Flachen in Raum und Zeit, auf denen die hyperbolischepartielle Differentialgleichung auf eine gewohnliche reduziert werden kann.Die lineare Advektionsgleichung laßt sich auf einer Bahnlinie, die durch

��

��� �

��

��� �

��

��� �

gegeben ist, als

��� � (5.3)

schreiben. Letztere ist eine gewohnliche Differentialgleichung. Somit sind die Bahnlinien derStromung die Charakteristiken der linearen Advektionsgleichung. Und diese besagt nichts an-deres, als daß sich die physikalische Große langs der Bahnlinien nicht andert.

5.1.4 Das Anfangswertproblem

Als Anfangswertproblem bezeichnet man fur eine zeitabhangige Differentialgleichung dasProblem, diese fur vorgegebene Anfangsbedingungen auf einem beliebig großem Gebiet zulosen.Die lineare Advektionsgleichung besitzt fur das Anfangswertproblem

��� � � � � �� � ���� � ��

die allgemeine eindeutige Losung

��� � � �� � ����� �� � � �� � � ��� (5.4)

5.2. FD-VERFAHREN FUR DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 53

����

Abbildung 5.1: Losung des Anfangswertproblems fur die lineare Advektionsgleichung.

Dies bedeutet, daß die lineare Advektionsgleichung die Anfangslosung in der Zeit �� um denVektor �

� ���������

��

verschiebt (Abb. 5.1). Die Form der Losung wird dabei selbst nicht verandert. Damit haben wireine zweite Darstellung der dampfenden Wirkung der linearen Advektionsgleichung auf dieAnfangslosung; ihre Extremwerte werden in keinem Fall vergroßert, sondern bleiben konstant.Das Problem ist sachgemaß gestellt, kleine Anderungen in der Geschwindigkeit als auch ander Anfangsbedingung bewirken nur kleine Anderungen der Losung.

5.1.5 Das Randanfangswertproblem

Ist das Losungsgebiet begrenzt, so muß neben der Anfangsbedingung am Einstromrand eineRandbedingung in Form des Funktionswertes � zu jedem Zeitpunkt vorgegeben werden. AmAusstromrand werden keine Randbedingungen benotigt.Die physikalische Interpretation dieses Sachverhaltes ist einfach: Da die lineare Advektions-gleichung nur eine Verschiebung der Losungsfunktion bewirkt, muß man vorgeben, was zujedem Zeitpunkt in das Losungsgebiet hineingeschoben werden soll, das Hinausschieben derLosung aus dem Gebiet geschieht dann von selbst.

5.2 FD-Verfahren fur die Advektionsgleichung

Die Losung von zeitabhangigen Differentialgleichungen mit der Methode der Finiten Diffe-renzen soll nun am Beispiel der eindimensionalen linearen Advektionsgleichung

�� �

�� �

konkretisiert werden. Als Testbeispiel untersuchen wir die Advektion einer normalisiertenGaussverteilung mit der Standardabweichung -, die zur Anfangszeit � � � die Form

54 KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG

��� � � �� � ����

haben soll. Die Losung zu spateren Zeitpunkten bekommt man durch ein Verschieben derFunktion um den Betrag �� auf der x-Achse:

��� � � �� � ���������

Das Verhalten der jeweiligen numerischen Losung wird dabei wieder mit dieser analytischenLosung verglichen, wofur man sich eine kleine Java-Applikation schreiben kann.

5.2.1 Explizite Verfahren

Das instabile FTCS-Verfahren

Unter Anwendung des Eulerverfahrens fur die Zeitableitung das sogenannte Forward-Time-Centered-Space-Verfahren (FTCS)

��� � �� ��

� ��� � � �� ��

���� � (5.5)

wobei die Ortsableitung durch eine zentrale Differenz zum bekannten Zeitschritt �� approxi-miert wurde. Das Verfahren ist explizit, da man den Konzentrationswert am Knoten 0 zumneuen Zeitschritt ��� direkt als

��� � �� � ���

�� � � �� �����

bestimmen kann, wobei � zum Zeitschritt �� bekannt sind.Der Vergleich zwischen der analytischen und der numerischen Losung in Abbildung 5.2 zeigtschon nach 20 Zeitschritten starke Schwingungen, die den Maximalwert der analytischenLosung um das 80fache uberragen, das numerische Verfahren wird also instabil.Daher sollten wir untersuchen, wann das Verfahren stabil ist und schreiben es in der Form

���� � ��

��� ��� � �

wobei � die Einheitsmatrix und

� �

��������

� ���

� ���

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . �

��

� ���

��������

ist. Wegen ������ � �, kann das Stabilitatskriterium

������ � � � ��

�������

nur fur negative Zeitschritte erfullt werden. Das Verfahren ist somit absolut instabil, wir solltenes zur Losung der linearen Advektionsgleichung nicht verwenden.Nichtsdestotrotz besitzt es die Konsistenzordnung ��������.

5.2. FD-VERFAHREN FUR DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 55

Abbildung 5.2: Vergleich der mit dem instabilen FTCS-Verfahren gewonnenen numerischen(rot) und der analytischen (grun) Losung der Advektionsgleichung

Das Upstream-Verfahren

Beim Upstream-Verfahren wird die Ortsableitung mit Hilfe der stromaufwarts gelegenen Dif-ferenz gebildet, fur � � � ist dies:

��� � �� ��

� ��� � �� ��

��� � (5.6)

Ist � � �, so muß das Upstream-Verfahren als

��� � �� ��

� ��� � � ��

��� � (5.7)

gebildet werden. Die fuhrenden Terme des Verfahrensfehlers sind

��� � ��

�����

��� �

����

��

��

somit ist in beiden Fallen die Konsistenzordnung�������.Die Randwerte werden beim Upstream-Verfahren automatisch richtig berucksichtigt: Ist dieGeschwindigkeit � positiv, so muß am ersten d.h. Einstromknoten �� der Wert �� vorgegebenwerden. Alle weiteren Knoten werden dann mit dem Upstream-Verfahren berechnet.Die Stabilitat der Upsteam-Verfahrens ergibt sich aus dem allgemeinen Stabilitatskriterium,wobei � die Einheitsmatrix und �

56 KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG

Abbildung 5.3: Vergleich der mit dem Upstream-Verfahren gewonnenen numerischen (rot)und der analytischen (grun) Losung der Advektionsgleichung

� �

��������

��

� ��

��

. . .. . . . . . . . .

. . . . . . �� �

���

��������

Damit ergibt sich

������ ��

��

���� � ���� � ��� � ���� � ���� ������ � ���

�und

������ ����

������� � ���� � ��� � ���� � ���� ������ � ���

�woraus folgt, daß bei der Anwendung des Upstream-Verfahrens das sogenannte Courantkrite-rium

*/ �����

��� � (5.8)

erfullt sein muß. Die soeben eingefuhrte dimensionslose Zahl */ bezeichnet man als Cou-rantzahl.Wir wollen das Verfahren an unserem Beispiel testen und nehmen die Einstellungen so vor,daß die Courantzahl 0.5 ist. Abbildung 5.3 illustriert die Ergebnisse. Im Vergleich zur ana-lytischen ist die numerische Losung wesentlich breiter geworden und der Maximalwert ist

5.2. FD-VERFAHREN FUR DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 57

Abbildung 5.4: Vergleich der mit dem Lax-Wendroff-Verfahren gewonnenen numerischen(rot) und der analytischen (grun) Losung der Advektionsgleichung

stark reduziert. Diesen Effekt bezeichnet man als numerische Diffusion, wir werden ihn spateranalysieren.

Das Lax-Wendroff-Verfahren

Das Lax-Wendoff-Verfahren ist fur die lineare Advektionsgleichung

��� � ����

� �

��� � �

�����

���� � �

Werden die Ortableitungen durch zentrale Differenzen diskretisiert, so ergibt sich

��� � �� ��

� ��� � � �� ��

���� ����

�� � � ��� � �� ��

���� � (5.9)

Das Lax-Wendroff-Verfahren fur die lineare Advektionsgleichung besitzt die Konsistenzord-nung ��������� und das Stabilitatskriterium */ � �.Das Lax-Wendroff-Verfahren ist am ausstromseitigen Rand nicht anwendbar. Ist dieser derletzte Knoten des Gebietes �� , so wurde formal ein Wert fur den Knoten ��� benotigt, derjedoch außerhalb des Losungsgebiets liegt. Daher muß man am ausstromseitigen Rand auf dasUpstream-Verfahren ausweichen. Dies gilt grundsatzlich auch fur alle anderen Verfahren, dieam Rand Knoten verwenden, die außerhalb des Gebietes liegen.Der Test des Verfahrens (Abbildung 5.4) wird wieder mit */ � ��� durchgefuhrt. Er bestatigtdie Stabilitat des Verfahrens, dank der hoheren Genauigkeit des Verfahrens wachsen die Wer-te nicht ins Unendliche, obwohl zentrale Differenzen verwendet wurden. Es zeigt sich aberwieder eine gewisse numerische Diffusion, das Peakmaximum ist reduziert und aufgeweitet.Ferner bilden sich im Kielwasser des Primarpeaks Wellen, wodurch die numerische Losung

58 KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG

auch negative Werte annimmt. Dies kann gravierende Folgen haben, wenn die Advektions-gleichung Teil eines simulierten Systems ist, wobei andere Prozesse schlimmstenfalls von derQuadratwurzel der Konztentration � abhangen. Dann wurde dieser Prozess zum Abbruch desProgramms fuhren, wenn die Konzentration einen negativen Wert annehmen wurde.Wir bezeichnen die vom Lax-Wendroff-Verfahren nicht erfullte Qualitatsanforderung als Posi-tivitat, sie verlangt, daß eine numerische Losung positiv bleibt, wenn die reale Losung immerpositiv ist und wenn Anfangs- und Randwerte ebenfalls positiv sind.

Das Leap-Frog-Verfahren

��� � ����

���� �

�� � � �� �����

� � (5.10)

weist den Abbruchfehler

��� � ��

����

��

���

�����

��

��

auf und besitzt somit die Konsistenzordnung ��������� und ist fur */� � � stabil.Das Leap-Frog-Verfahren benotigt die Abspeicherung der beiden Zeitschritte � und �� � undist dabei nicht genauer als das Lax-Wendroff-Verfahren. Weiterhin wird fur die Berechnungdes ersten Zeitschrittes ein anderes Verfahren benotigt.

Das diffusive oder Lax-Verfahren

���� � �� �� � �� �

���� �

�� � � �� �����

� � (5.11)

besitzt die Konsistenzordnung�������� und ist ebenfalls fur*/ � � stabil. Wieder mussenzwei Zeitschritte im Speicher vorgehalten werden.

5.2.2 Implizite Verfahren

Prinzipiell hat man auch bei impliziten Verfahren fur die Advektionsterme die Auswahl zwi-schen Upwind- und zentralen Differenzen. Die Entscheidung fallt hier jedoch nicht schwer.Wir erinnern uns, daß wir uns dem Upstreamverfahren einzig und allein aus Stabilitats-grunden zugewendet haben, es ist namlich den zentralen Differnzen in der Genauigkeit umeine Großenordnung unterlegen. Da implizite Verfahren aber nur zur Stabilisierung verwendetwerden, brauchen wir nicht eine Fliege mit zwei Klappen erschlagen: Wenn schon implizitestabile Verfahren, dann auch zentrale Differenzen zweiter Konsistenzordnung fur die Advek-tion.

Das voll implizite Verfahren

Setzen wir ein Verfahren in der Form

��� � �� ��

� ���� � � ���

��

���� � (5.12)

5.2. FD-VERFAHREN FUR DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG 59

an, so werden die Knotenwerte am neuen Zeitschritt untereinander gekoppelt, wodurch mannicht mehr direkt nach einem gesuchten Knotenwert auflosen kann. Das Verfahren heißt des-halb implizit, denn es notigt zur Losung eines Gleichungssystems fur alle Knoten.Es laßt sich ohne Berucksichtigung von Randbedingungen in der Form�

�������

� ���

����

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . ��

����

��������

��������

����.........����

�������� � +����� �

��������

���.........���

�������� �

darstellen. Da die Matrix

� � � �

���

��������

� �

�� . . . . . .. . . . . . . . .

. . . . . . ��� �

��������

positiv-definit ist, ������ � �, ist das Verfahren nach dem modifizierten Satz von Kellogsunabhangig vom Zeitschritt stabil. Desweiteren ist es positiv, da

�+��� �� � �����Der Abbruchfehler zum Zeitschritt �� � ist:

��� � � ��

�������

���

�����

����

��

Es besitzt also die Konsistenzordnung ��������.

Das Crank-Nicolson-Verfahren

��� � �� ��

� ����� � � ���

��

���� ��� ����

� � � �� �����

� � (5.13)

besitzt fur � � ��� die Konsistenzordnung ��������� und ist fur � � ��� stabil.In Simulationsmodelle implementiert man gewohnlicherweise das Crank-Nicolson-Verfahrenals implizites Verfahren, da uber den Crank-Nicolson-Faktor � gleichmaßig zwischen deminstabilen expliziten und dem voll impliziten Verfahren variiert werden kann.

Das Preissmann-Verfahren

���� � ��� � ���

� �� ���

� ������ � ���

�� �� ��� ����

�� � �� �� �

� � (5.14)

Das Preissmann-Verfahren verwendet zwei nicht unbedingt benachbarte Knoten 0 und 1. Esbesitzt die Konsistenzordnung ��������� und ist fur � $ ��� stabil.

60 KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG

5.2.3 Pradiktor-Korrektor-Verfahren

Pradiktor-Korrektor-Verfahren berechnen die Losung in zwei Schritten: In einem erstenPradiktor-Schritt wird eine stabile Anfangslosung erzeugt, die in einem Korrektor-Schritt dannbezuglich der Konsistenzordnung verbessert wird.

Das MacCormack-Verfahren

Das MacCormack-Verfahren [18] verwendet als Pradiktor das Upstream-Verfahren:

����� � ��

��� �

�� � � �� ��

� � (5.15)

Besteht das Upstream-Verfahren aus Ruckwartsdifferenzen, so werden im Korrektor-SchrittVorwartsdifferenzen (und umgekehrt) verwendet:

����� � ��

��� �

����� � �����

��

��� � (5.16)

Aus beiden Schritten wird die neue Losung gewichtet:

��� �

������ �

������ (5.17)

Das Verfahren besitzt die Konsistenzordnung ��������� und ist fur */ � � stabil. Fur dielineare Advektionsgleichung ist es mit dem Lax-Wendroff-Verfahren identisch. Erst die Uber-tragung der Grundidee auf andere (nichtlineare) Gleichungen fuhrt zu neuen Verfahren. DasMacCormack-Verfahren ist hervorragend geeignet, Diskontinuitaten in der Losung darzustel-len.

Das Beam-Warming-Verfahren

Als Pradiktor kann wieder ein beliebiges explizites stabiles Verfahren verwendet werden. Dieso erhaltenen Werte seien wieder mit � bezeichnet. Der Korrektor ist durch

�� � 2����� � �� �� 2��� � ���� �

��� �6

� � � � ����

� ���� 6��� � � �� ��

��� � (5.18)

gegeben. Die Zeitableitung wichtet die Zeitebenen � und ���, die Ortableitung entsteht durchWichtung des Pradiktorergebnisses und des Zeitschrittes �. Das Verfahren ist in Abhangigkeitvom Pradiktor stabil, die Konsistenzordnung ist durch ��������� gegeben.

5.3 Numerische Diffusion

Im Verfahrensfehler taucht oftmals ein Term auf, der die zweite Ableitung in Ortsrichtungenthalt. Dies bedeutet, daß man eigentlich eine Gleichung lost, die einen Term umgekehrtenVorzeichens enthalt, der physikalisch eine Diffusion beschreibt.Aber auch andere Terme mit zweiten Ableitungen nach der Zeit des Verfahrensfehlers sindQuellen numerischer Diffusion, da sie sich durch die Gleichung

5.4. NUMERISCHE DISPERSION 61

��

��� ��

��

��

in Diffusionsterme unformen lassen. Untersuchen wir daraufhin unsere Verfahrensfehler noch-mals.Numerische Diffusion des Upstream-Verfahrens

���� � ��

����� �

����

Sie ist großer Null, wenn die Courantzahl kleiner als eins ist. Fur */ � � ist das Verfahren dif-fusionsfrei. Fur Courantzahlen großer als eins ist der Diffusionsbeiwert negativ. Die Tatsache,daß Gleichungen mit negativem Diffusionsbeiwert keine Losungen besitzen, ist ein weiteresAnzeichen fur die Instabilitat des Verfahrens, wenn das Courantkriterium nicht erfullt ist.Numerische Diffusion des impliziten Verfahrens

���� ��

�����

5.4 Numerische Dispersion

Fur die Advekionsgleichung laßt sich neben der Konsistenz und Stabilitat ein weiteres Gute-kriterium formulieren. Dieses soll die Qualitat des numerischen Verfahrens beschreiben, ei-ne Anfangslosung auch tatsachlich mit der geforderten Advektionsgeschwindigkeit � fortzu-bewegen. Wir werden sehen, daß dies leider nicht der Fall ist. Nehmen wir Wellen als An-fangslosungen, so werden wir zeigen, daß die numerische Advektionsgeschwindigkeit sogarvon der Wellenzahl abhangig ist. Da der Physiker das Phanomen, daß die Ausbreitungsge-schwindigkeit von Wellen von ihrer Frequenz oder Wellenzahl abhangig ist, als Dispersionbezeichnet, wollen wir das entsprechende numerische Phanomen als numerische Dispersionbezeichnen.Da die komplexe Exponentialfunktion der Form

��� �� � � �������

eine Losung der Advektionsgleichung ist, und man nach dem Satz uber komplexe Fourierrei-hen jede (normale) Funktion durch eine Reihe von komplexen Exponentialfunktionen darstel-len kann, wollen wir schauen, ob eine analoge Funktion auch die mit zentralen Differenzendiskretisierte Gleichung

���

� ���� � ����

���� �

lost. Den Ortsindex bezeichnen wir hier mit 1, um ihn von der imaginaren Einheit 0 zu unter-scheiden. Im Gegensatz zur exakten Losung fuhren wir die Advektionsgeschwindigkeit �� desnumerischen Verfahrens ein und hoffen naturlich, daß diese gleich oder wenigstens ahnlich derexakten Advektionsgeschwindigkeit � ist. Wir wagen also den Ansatz:

��� �� � � ��������

Einsetzen dieser Probelosung in die diskrete Gleichung

62 KAPITEL 5. DIE ADVEKTIONSGLEICHUNG

�0���� ��������� � �� ������������ � � �������������

���� �

und Division durch � ���������

�0��� � �� �� � �� ��

���� �

liefert mit Hilfe der Identitat ��� � � �� �� � � �� ��

�� � ���������

���

Das Ergebnis ist entmutigend: Fur ��� � �7 ist die numerische AdvektionsgeschwindigkeitNull. Da � � ��

�heißt dies, daß Wellen der Lange ' � ��� nicht transportiert werden,

diese Geister des numerischen Verfahrens werden manchmal als ���-Wellen bezeichnet. Dienumerische Dispersion der zentralen Differenzen ist also erheblich.Fuhrt man die gleiche Analyse fur das Upstream-Verfahren durch, so lautet die Dispersions-beziehung

�� � ��� �� ��

0���� �

�� �

��������

���� 0

��������

���

�Die Dispersionseigenschaften der Upstreamdifferenzen sind wesentlich besser als die der zen-tralen Differenzen, da die numerische Advektionsgeschwindigkeit wegen der Division durch��� fur im Verhaltnis zur Gitterauflosung lange Wellen gegen die exakte Advektionsge-schwindigkeit konvergiert.

Kapitel 6

Interpolation auf Finiten Elementen

Als Interpolationaufgabe bezeichnet die Konstruktion von Funktionen, die durch eine gegebe-ne Menge von Funktionswerten laufen soll. Der Interpolation liegen zwei duale Ideen zugrun-de:

� Man rekonstruiere eine Funktion aus moglichst wenigen Funktionswerten.

� Man ersetze eine Funktion ohne Informationsverlust durch moglichst wenige Funktions-werte (Bsp.: zwei Punkte legen eine Gerade, drei Punkte einen Kreisbogen fest).

In beiden Fallen benotigt man Zusatzinformationen uber die Funktion, etwa daß es sich umeine lineare Funktion, einen Kreisbogen oder ein Polynom gegeben Grades handelt. Ohnediese Information ist das Problem nicht sinnvoll gestellt, denn es gibt z.B. beliebig viele stetigeFunktionen, die durch endlich viele (also z.B. zwei) Punkte laufen. Eine stetige Funktion istdurch die Angabe von endlich vielen Funktionswerten nicht eindeutig festgelegt.Auch bei der numerischen Losung von partiellen Differentialgleichungen kommt der Inter-polation eine grundlegende Aufgabe zu: Wir ersetzen das Losungsgebiet durch eine endlicheAnzahl von Punkten. Die Losung der Differentialgleichung wird als Interpolationsfunktionauf diesen Punkten gesucht. Damit wird einerseits das Losungsgebiet durch eine endliche An-zahl von Punkten ersetzt und andererseits die Menge der zulassigen Losungsfunktionen ein-geschrankt, indem man nur noch die entsprechenden Interpolationsfunktionen als moglicheLosungen in Betracht zieht. Diesen Prozeß bezeichnet man als Diskretisierung, sie hat einengeometrischen und einen analytischen Aspekt.

6.1 Lagrangesche Interpolationspolynome

Wir wollen die Losung � der partiellen Differentialgleichungen in Form eines LagrangeschenInterpolationspolynoms �� suchen. Diese werden durch die Werte � auf diskreten Punkten�� � � � aufgespannt, die man auch als Knoten bezeichnet. Es gilt also:

���� � � � � � 0 � � ��� (6.1)

Zwischen den Knoten wird fur die Losungsfunktion der Ansatz

���� � �� ��� ��

� ( �� � �� (6.2)

63

64 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

gewahlt. Die sogenannten Lagrangeschen Ansatzfunktionen ( sollen somit die Eigenschaft

( ��� �� ��� �

�� fur 1 �� 0� fur 1 � 0

erfullen, wodurch die Koeffizienten der Linearkombination die gesuchten Funktionswerte aufden Knoten sind. Fur eindimensionale Probleme lassen sich die Lagrangeschen Ansatzfunk-tionen einfach angeben, sie sind:

( ��� ���

� � �� �� 0

�� ��� � �� (6.3)

Die Lagrangeschen Interpolationspolynome sind normiert

�� ��

( �� � �� � � (6.4)

d.h. die Summe aller Ansatzfunktionen ist an jedem Punkt des Raumes eins.Lagrangesche Interpolationspolynome lassen sich auch fur mehrdimensionale Probleme kon-struieren, allerdings ist die Anzahl der Knoten im Gegensatz zum eindimensionalen Fall nichtbeliebig. Im n-dimensionalen Raum benotigt man zum vollstandigen Aufspannen eines Poly-nomraumes der Ordnung k

�� ��

�� � 0�

Knoten.Leider sind die Approximationseigenschaften der Lagrangepolynome sehr schlecht: Geht mandavon aus, daß die Funktionswerte � auf den Knoten den Bereich der moglichen physikali-schen Werte der Funktion � abdecken, so sollte der Wertebereich der interpolierten Funktion�� moglichst ahnlich sein: Stellt � eine Stromungsgeschwindigkeit im Bereich kleiner 1 m/sdar, dann sollte �� zwischen den Knoten nicht Werte von 100 m/s interpolieren. Genau daspassiert allerdings und die Tendenz zu diesem Verhalten ist umso großer, desto hoher der Graddes Interpolationspolynoms ist.Selbst im asymptotischen Verhalten bei immer feiner werdender Belegung mit Knoten kannes passieren, daß die Folge der Interpolationsfunktionen nicht gegen die zu interpolierendeFunktion konvergiert. Dies besagt der Satz von Faber.

6.2 Finite Elemente

Um das Stromungsgebiet einerseits durch hinreichend viele Knoten zu diskretisieren und an-dererseits den Grad der Ansatzfunktionen nicht zu hoch zu schrauben, kann man das Gebietin einzelne sich nicht uberschneidende Teilgebiet zerlegen. Diesen Prozeß nennt man Partitio-nierung oder manchmal auch Triangulierung, weil man zweidimensionale Gebiete oftmals mitDreicksnetzen partitioniert.

6.3. EINDIMENSIONALE ELEMENTE 65

Die zur Partitionierung des Stromungsgebietes gewahlten Elemente werden durch vier Eigen-schaften gekennzeichnet:

� Form der Elemente: Bei eindimensionalen Problemen sind nur Linienelemente vorstell-bar, bei ebenen Problemen werden in der Regel Dreiecke oder Vierecke gewahlt, beiraumlichen Problemen eignen sich Prismenelemente oder Hexaeder.

� Die Anzahl der Knoten: Die Knoten eines Elementes sind die Stutzstellen fur die An-satzfunktion. Sie liegen meistens in den Ecken der finiten Elemente, es ist aber auchmoglich, weitere Knoten auf den Kanten oder im Inneren des Elementes zuzulassen.

� Die Wahl der Knotenvariablen: Auf den Knoten werden entweder die Stromungsvaria-blen (Lagrangeknoten) oder eine ihrer Ableitungen (Hermiteknoten) gesucht.

� Die Ordnung des Interpolationspolynoms: Die Interpolationsfunktion ist in der Regelein mehrdimensionales Polynom der Ordnung 0, 1 oder 2. Dabei muß die Anzahl derKnoten pro Element mit der Anzahl der Koeffizienten der Interpolationsfunktion uber-einstimmen.

Diese Eigenschaften zeigen, daß sich fur die Konstruktion von Finiten Elementen eine Vielfaltvon Moglichkeiten bietet.

6.3 Eindimensionale Elemente

Eindimensionale Elemente sind einfach Strecken (auf der x-Achse) zwischen zwei Knoten� und � �, ein Element kann sich also uber mehrere Knoten erstrecken. Jedes so definierteElement laßt sich auf ein Einheitselement zwischen 8 � � und 8 � � durch

� � � � �� � � � �8transformieren. Diese Transformation auf Einheitselemente ist eine wichtige Technik, die vielRechenarbeit erspart.

6.3.1 Lineare Interpolation

Ein Linienelement mit linearem Interpolationsansatz besitzt zwei Knoten auf seinen Randern.Auf dem Einheitselement ist der lineare Ansatz durch

���8� � 8���8� � �� 8

gegeben. An jedem Punkt 8 des Elements gilt offensichtlich ���8� � ���8� � �. Eigentlichsuchen wir jedoch die Ansatzfunktionen auf einem beliebigen Linienelement der Nummer �,welches ohne Einschrankung der Allgemeinheit aus den Knoten � und � � bestehen soll. Mitder eingefuhrten Einheitstransformation ergeben sich die Ansatzfunktionen als

(����� �� � � �� � � �

(����� ��� � � � � �

66 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

Fur die lineare Interpolation einer Stromungsgroße �� auf dem Element � ergibt sich somit:

����� � � � � � �� � � � � � �

�� � � � � �

Durch Differenzieren dieser Funktion erhalten wir zudem eine numerische Approximation furdie Ableitung auf dem Element �:

�����

�� � � � � � � �

In gleicher Weise ergibt sich fur die Approximation der zweiten Ableitung Null. Wir folgerndaher messerscharf, daß sich zweite Ableitungen nur schlecht mit linearen Ansatzfunktionenfur die Ausgangsfunktion approximieren lassen.Insgesamt laßt sich jedem Knoten global die Ansatzfunktion (siehe Abb. 6.2)

( ��� �

���������

� fur � � � �� und � � � ��� � ��� � � �� fur � �� � � � � � � � �� � � � fur � � � � � �

(6.5)

zuordnen. Offensichtlich erfullt diese Ansatzfunktion die Lagrangeschen Interpolationseigen-schaften am Knoten eins und auf allen ubrigen Null zu werden.

6.3.2 Der Interpolationsfehler

Wir kommen nun zu der wichtigen Frage, wie gut �� die Funktion � approximiert. Dazumussen wir naturlich irgend etwas uber die Funktion � wissen bzw. annehmen. Wir nehmenalso an, daß der betragsmaßig großte Wert der zweiten Ableitung durch � begrenzt ist:

������ � �Die maximale Gitterweite sei:

�� � �����

Zur Berechnung des Approximationsfehlers hat sich folgende Vorgehensweise bewahrt: Beieiner Interpolation n-ter Ordnung berechnet man zuerst den Fehler in der n-ten Ableitung.Hier betrachten wir also die Abweichung in der ersten Ableitung fur � �� � ��:

������� ����� �������� ��� ��� �

� � � � � ���������

��� �� wird durch eine Taylorreihe mit hinreichend hohem Restglied ersetzt:

��� �� � ��� � � �� � � � ����� � � �

��� � � � ������8�

mit 8 �� � ��. Damit folgt

6.3. EINDIMENSIONALE ELEMENTE 67

� �� � � �

� � � � 0 1 8

Abbildung 6.1: Allgemeines Linienelement und Einheitselement

� � �

� �� � � �

1

(

� �

� � �

1

(

Abbildung 6.2: Die einem Knoten sowie die einem Element zugeordneten Ansatzfunktionen

� � �

� �� � � � � � � � � �

1

�� � �

���

Abbildung 6.3: Die interpolierte Funktion ��.

68 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

������� ����� �

�������� �� ����� � �

��� � � � �����8�

����� ���� �� ������

�������� � � � �����8�����

� ���� �� ������ �

����

Aus der Abschatzung

���� �� ����� � ��� � �� � ���

folgt schließlich

������� ����� � ��� ��

��� �

���� (6.6)

Diese Abschatzung ist wertvoll und wird spater noch benotigt. Wir gewinnen aus ihr durchIntegration den gesuchten Fehler fur die Funktion. Soll der Fehler am Punkt � ��� �� �bestimmt werden, dann konnen wir � so wahlen, daß � � � � �

���.

������ ���� �

���������� �� ��� � ���

��

����8�� ���8��8������

�������

����

�����8

�������

����

Damit folgt fur den Interpolationsfehler die Abschatzung:

������� ������ �� ����������� �

������ ���� �

���

�� (6.7)

Bezeichnet man mit& die maximale Steigung von � undmit 9����� die maximale Variationvon � auf einem Intervall��, so findet man zusatzlich die Abschatzungen

������� ������ � 9����� (6.8)

������� ������ � ��& (6.9)

6.3.3 Quadratische Interpolation

Zur Konstruktion quadratischer Interpolationspolynome benotigen wir drei Knoten. Das Ein-heitselement ist in Abb. 6.4 dargestellt.Die daruber liegenden Ansatzfunktionen sind leicht nachprufbar durch

���8� � ��� 8���� �8����8� � �8��� 8����8� � �8��� �8�

6.3. EINDIMENSIONALE ELEMENTE 69

�� �

0 1 8

1/2

Abbildung 6.4: Einheitselement fur quadratische Interpolationsfunktion

�� � �

� � ��� � �

(�

Abbildung 6.5: Quadratische Ansatzfunktionen auf einem Patch

gegeben, die Summe der drei Funktionen liefert an jedem Punkt den Wert eins.Auf einem beliebigen Element � mit den aquidistanten Knoten � , � � und � � ergeben sichdie Ansatzfunktionen als

(����� �

�� � � �� � � �

��� � � �� � � � � � �

�(����� � �

�� � � � � � �

��� � � �� � � �

�(����� �

�� � �� � � �

��� � � ��� � � � � �

��

Hier taucht der Ort des mittleren Knotens � � nicht mehr auf, weil die Knoten aquidistantsind. Die approximierte Funktion �� wird auf diesem Element dargestellt als

����� � �

�� � � �� � � �

��� � � �� � � � � � �

�� � ��

�� � � � � � �

��� � � �� � � �

�� � �

�� � �� � � �

��� � � ��� � � � � �

��

Fur die erste Ableitung erhalten wir die Approximation

�����

���� � � � � �� � � � �� � � � � ��� � � � ��� � � � � �� � �

�� � � � ��

70 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

und fur die zweite Ableitung gilt:

�������

��� � � � � �� �

�� � � � ��

6.3.4 Positivitat und andere Extremalprinzipien

Die Losungen elliptischer und parabolischer Differentialgleichungen unterliegen verschiede-nen Extremalprinzipen, die den Wertebereich der Losungsfunktion in irgendeiner Form be-schranken. So sind die Losungen der Transportgleichung bei entsprechenden Anfangs- undRandbedingungen immer positiv. Das sollen sie auch sein, da sie auf der physikalischen Ebe-ne Konzentrationsverteilungen darstellen sollen. Produziert ein diskretes Verfahren negativeLosungen, so kann die zu beschreibende Physik erheblich durcheinander geraten. Wir konn-ten dann z.B. mit einer Reaktionskinetik negativer Konzentrationen konfrontiert werden. Daswollen wir verhindern.Dazu mussen wir untersuchen, welche Anforderungen die bei der Diskretisierung verwendetenAnsatzfunktionen erfullen mussen, damit solche Extremalprinzipien nicht verletzt werden.Wirfassen das Ergebnis gleich in den folgenden

Satz: Seien die Lagrangeschen Ansatzfunktionen positiv und normiert. Dann werden die Ex-trema der interpolierten Funktion auf Knoten angenommen.Bew.: Sei �� � der kleinste Knotenwert. Dann gilt:

�� � � �� �

�� ��

( ��� ��� ��

�� �( ��� ��� ��

� ( ��� � �����

Fur das Maximum versuche man diesen einfachen Beweis selbst.

Beide Bedingungen werden nur von den linearen Ansatzfunktionen erfullt. Alle Ansatzfunk-tionen hoherer Ordnung besitzen negative Bereiche. So wurde man fur die Knotenwertbele-gung � � � und � ��� � � � � � bei quadratischen Ansatzfunktionen zwischen den Knoten0���� und 0�� negativeWerte interpolieren. Diese Situation tritt insbesondere an den Randerneiner begrenzten Konzentrationswolke auf. Wir behalten diese Schwierigkeit im Hinterkopf.

6.4 Zweidimensionale Elemente

Aus der Vorgehensweise bei den eindimensionalen Elementen wurde offensichtlich, daß zurCharakterisierung eines Elementtyps die Angabe der Ansatzfunktionen auf dem Einheitsele-ment sowie die Einheitstransformation ausreicht. Daher werden hinfort nur diese angegeben.

6.4.1 Dreieck mit linearem Ansatz

In Abb. 6.6 sind die Bezeichnungen im allgemeinen und das zugehorige Einheitsdreieck dar-gestellt. Auf dem Einheitsdreieck sind die Lagrangeschen Ansatzfunktionen durch

6.4. ZWEIDIMENSIONALE ELEMENTE 71

��

:

8

��� ���

��� ���

��� ���

1

1

Abbildung 6.6: Allgemeines Dreieck und Einheitsdreieck

Abbildung 6.7: Die zu einem Knoten gehorige Ansatzfunktion

���8 :� � �� 8 � :���8 :� � 8���8 :� � :

gegeben. Uber die lineare Transformation

��8 :� � �� � ��� � ���8 � ��� � ���:��8 :� � �� � ��� � ���8 � ��� � ���:

konnen diese auf jedes beliebige Dreieck abgebildet werden.Die Umkehrung dieser Transformation bildet jedes Wertepaar �� �� in einem beliebigen Drei-eck auf einen Punkt im Einheitsdreieck ab:

72 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

8�� �� ���� ������ � ���� ��� � ����� � ������ � ������ � ���� ��� � ������ � ���

:�� �� ��� � ������ � ���� ��� � ������ ������ � ������ � ���� ��� � ������ � ���

Setzt man diese in die Lagrangeschen Ansatzfunktionen auf dem Einheitsdreieck ein, dannerhalt man nach kurzweiliger Umformung die Lagrangeschen Ansatzfunktionen auf beliebigenDreiecken in der Form

( �� �� � � �� � � �� � � � (6.10)

mit den Koeffizienten

��� ��� � ��;��

��� ��� � ��;��

��� � ���� � ��;��

� ���� � ��;��

��� ��� � ��;��

��� ��� � ��;��

��� � ���� � ��;��

� ���� � ��;��

��� ��� � ��;��

��� ��� � ��;��

��� � ���� � ��;��

� ���� � ��;��

(6.11)

und der Abkurzung:

;�� � ��� � ������ � ���� ��� � ������ � ���

Die obige Darstellung der Gewichte der Ansatzfunktionen kann und sollte man mit dem La-grangeschen Kriterium verifizieren. Tatsachlich wird die Funktion (� fur ��� ��� eins und fur��� ��� bzw. ��� ��� Null, entsprechendes kann man auch fur die anderen beiden Ansatzfunk-tionen bestatigen. Die Gleichung

���� �� � ��(��� �� � ��(��� �� � ��(��� ��

liefert schließlich den interpolierten Wert an einem beliebigen Ort innerhalb des Dreieckes.Ferner gilt fur die ersten Ableitungen

���� ��

�� ����� � ����� � ����� und

���� ��

�� ����� � ����� � �����

6.4. ZWEIDIMENSIONALE ELEMENTE 73

� �

��

:

8

��� ���

��� ���

��� ������ ���

1

1

Abbildung 6.8: Allgemeines lineares Viereck und Einheitsviereck

6.4.2 Viereck mit bilinearem Ansatz

Jedes allgemeine Viereck laßt sich mit Hilfe der Transformation

��8 :� � �� � ��� � ���8 � ��� � ���: � ��� � �� � �� � ���8:��8 :� � �� � ��� � ���8 � ��� � ���: � ��� � �� � �� � ���8:

auf das in Abb. 6.8 dargestellte Einheitsviereck abbilden.

Dort sind die Ansatzfunktionen durch

���8 :� � ��� 8���� :����8 :� � 8��� :����8 :� � 8:���8 :� � ��� 8�:

gegeben. Diese Ansatzfunktionen entstehen aus der Multiplikation der eindimensionalen li-nearen Ansatzfunktionen fur beide Koordinatenrichtungen. Bilineare Ansatzfunktionen sindsomit keine linearen sondern quadratische Funktionen.

6.4.3 Viereck mit biquadratischem Ansatz

Die Knotentopologie fur ein Viereck mit biquadratischem Ansatz ist in Abb. 6.9 dargestellt.Die Ansatzfunktionen werden durch die Kombination der quadratischen Ansatzfunktionen desLinienelementes gewonnen und sind:

74 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

12

3

4

67

8 9

5

Abbildung 6.9: Viereck mit quadratischem Ansatz

���8 :� � ��� 8���� �8���� :���� �:����8 :� � �8��� 8���� :���� �:����8 :� � �8��� �8���� :���� �:����8 :� � ��8��� �8�:��� :����8 :� � 8��� �8�:��� �:����8 :� � ��8��� 8�:��� �:����8 :� � ���� 8���� �8�:��� �:����8 :� � ���� 8���� �8�:��� :����8 :� � ��8��� 8�:��� :�

6.4.4 Sechseck mit quadratischem Ansatz

Fur die vollstandige quadratische Interpolation im zweidimensionalen Raum

���� �� � ����� � ����� � ����

� � ���� � ���� � ��

benotigt man insgesamt sechs Knoten, um die sechs Gewichte eindeutig zu bestimmen. Diequadratische Interpolation im Zweidimensionalen kann also entweder auf Sechsecken oderwesentlich allgemeiner auf jeweils vier zusammenhangenden Dreiecken durchgefuhrt werden.Wir wollen die Interpolation wieder als Lagrangeinterpolation

���� �� ���

��

� ( �� ��

generieren. Die Lagrangeschen Ansatzfunktionen ( erfullen die Eigenschaft

( ��� ��� �

�� fur 1 �� 0� fur 1 � 0

und sind quadratische Polynome der Form

6.4. ZWEIDIMENSIONALE ELEMENTE 75

��� ���

��� ���

��� ���

��� ���

��� ���

��� ���

Abbildung 6.10: Quadratische Interpolation auf einem aus Dreiecken zusammengesetztenSechseck. Der Interpolationspunkt liegt im mittleren Dreieck.

( �� �� � � ���

� � � ���� � � ���

� � � ��� � � ��� � �

Die Interpolationsgewichte der sechs Ansatzfunktionen berechnet man aus den Lagrangebe-dingungen an den sechs Knoten:

� ����� � �

������ � �

���

�� � �

���� � �

���� � �

� � Æ �

� ����� � �

������ � �

���

�� � �

���� � �

���� � �

� � Æ �

� ����� � �

������ � �

���

�� � �

���� � �

���� � �

� � Æ �

� ����� � �

������ � �

���

�� � �

���� � �

���� � �

� � Æ �

� ����� � �

������ � �

���

�� � �

���� � �

���� � �

� � Æ �

� ����� � �

������ � �

���

�� � �

���� � �

���� � �

� � Æ �

Die Losung des aquivalenten Gleichungsystems��������

��� ���� ��� �� �� ���� ���� ��� �� �� ���� ���� ��� �� �� ���� ���� ��� �� �� ���� ���� ��� �� �� ���� ���� ��� �� �� �

��������

��������

� ��� ��� ��� ��� ��� �

�������� �

��������

Æ �Æ �Æ �Æ �Æ �Æ �

��������

kann man mit Hilfe eines direkten numerischen Verfahrens bestimmen.In der Praxis wird man kaum Gitter mit sechseckigen Elementen verwenden. Hier ist die qua-dratische Interpolation auf Sechsecken deshalb wichtig, weil man grundsatzlich vier sich an-einanderschmiegende Dreiecke zu einem Sechseck zusammensetzen kann. Fallt also der In-

76 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

terpolationspunkt in ein bestimmtes Dreieck, dann nimmt man sich die an den Kanten angren-zenden Dreicke zu Hilfe, um sich ein Interpolationssechseck zu konstruieren.Die 36 Lagrangeschen Gewichte werden pro Dreieck in der Initialisierungsphase der Anwen-dung bestimmt und konnen dann in der Arbeitsphase jeweils direkt in den Interpolationenangewendet werden.

6.5 Interpolation im Dreidimensionalen

Die Moglichkeiten, dreidimensionale Elemente zu bilden, sind so vielfaltig, daß wir uns ver-schreckt nur eines naher anschauen wollen. Das Lagrangesche Element der linearen Interpola-tion ist das Tetraeder, welches von vier Dreiecken begrenzt wird. Allerdings gibt es im Tetra-edergitter keine sich uber die gesamte Vertikale erstreckenden Kanten, so daß gerade die dieStromung treibenden Gravitationskrafte schlecht dargestellt werden konnen. Dem Autoren derVorlesung ist in der Literatur kein einziges Modell fur Stromungen in Oberflachengewassernbekannt, welches mit Tetraedern arbeitet.Als Alternative bieten sich Hexaeder, die von sechs Vierecken begrenzt werden sowie Pris-men mit dreieckiger Grundflache. Werden die Ecken des Hexaeders mit Knoten belegt, soentsteht ein Element mit trilinearen Ansatzfunktionen, triquadratische Ansatzfunktionen en-stehen durch zusatzliche Knoten auf den Kantenmitten und den Flachenschwerpunkten. Dastriquadratische Hexaederelement hat somit 27 Knoten.

6.5.1 Ein Prisma mit linearem Ansatz

Die Grundflachen des Prismas seien jeweils Dreiecke und die Saulen stehen vertikal. Ein sol-ches Prisma ist in Abb. 6.11 mit dem zugehorigen Einheitsprisma dargestellt. Man beachte,daß zur Abspeicherung eines solchen Prismas nur 12 Koordinatenangaben erforderlich sind.Die Ansatzfunktionen im Einheitsprisma

���8 : <� � ��� 8 � :���� <�

����8 : <� � 8

��� <�

����8 : <� � :

��� <�

����8 : <� � ��� 8 � :�

�� � <

����8 : <� � 8

�� � <

����8 : <� � :

�� � <

�konnen durch die Transformation

� � ��� 8 � :��� � 8�� � :��� � ��� 8 � :��� � 8�� � :��� � ���� 8 � :��� � 8�� � :����� <

�� ���� 8 � :��� � 8�� � :���� � <

6.5. INTERPOLATION IM DREIDIMENSIONALEN 77

��������

��� �� ���

��� �� ���

��� �� ���

��� �� ���

��� �� ���

��� �� ���

8

:

<

1

2

3

46

5

Abbildung 6.11: Geometrie und Bezeichnungen im Real- und Einheitsprisma.

auf jedes beliebige derartige Prisma abgebildet werden.

78 KAPITEL 6. INTERPOLATION AUF FINITEN ELEMENTEN

Kapitel 7

Die Diffusionsgleichung

Wir werden uns nun den sogenannten parabolischen Differentialgleichungen zuwenden. IhrStandardbeispiel ist die Diffusionsgleichung:

�� �

��

��� �

��

��� �

��

��(7.1)

Neben ihrer eigenstandigen Bedeutung zut Simulation des physikalischen Prozesses der Dif-fusion ist sie Teil anderer Differentialgleichungen, so z.B. der Navier-Stokes-Gleichungen zurBeschreibung von Bewegungen Newtonscher Fluide oder der Transportgleichungen.

7.1 Die Diffusionsgleichung als Evolutionsgleichung

Betrachtet man die Diffusiongleichung als Evolutionsgleichung (2.2), so ist der Operator �durch

� � �� �

��� �

��� �

��� ���

gegeben. Der Operator besitzt die Funktionen ��� 0������������� und ��� 0�������������als Eigenfunktionen, denn es gilt z.B.

� ��� 0���� � ��� � ���� � ������ 0����� ��� � ����� ����� � �

�� � �

��� ��� 0����� ��� � ����

womit man die Eigenwerte als ����� � ��� � ���� erkennt. Ohne es zu beweisen, sei gesagt,daß diese trigonometrischen Funktionen eine Orthogonalbasis des Losungsraumes mit konti-nuierlichem Spektrum bilden. Da die Eigenwerte alle positiv sind, hat die Diffusionsgleichungbzgl. jeder Norm eine dampfende Wirkung auf entsprechende Anfangswerte. Wir wissen alsonun schon, daß die Extremwerte der Anfangslosung zu spateren Zeitpunkten nie uberschrittenwerden.

7.2 Parabolische semilineare Differentialgleichungen

Das besondere Verhalten der Evolutionsgleichung beim Vorliegen nicht-negativer Eigenwertewird mit dem Begriff der parabolischen Differentialgleichung verallgemeinert. Hier wird aber

79

80 KAPITEL 7. DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG

nur vorausgesetzt, daß alle Eigenwerte des Operators � das gleiche Vorzeichen besitzen.Wir starten mit der allgemeinen Form einer semilinearen Evolutionsgleichung zweiter Ord-nung:

��

�� ����

� ������

� ���

�� ��

� �� ���

� � ����� � ��� (7.2)

Die Gleichung kann also nichtlinear sein, da die Koeffizienten � der ersten Ableitungen von� abhangig sein durfen. Wenn wie hier nur die ersten Ableitungen nichtlinear sind, bezeichnetman die Gleichung in der Literatur auch als semilinear, was ihre Nahe zu linearen Differen-tialgleichungen unterstreichen soll. Der Autor wurde an dieser Stelle jedoch die Bezeichnungseminichtlinear vorziehen.Def.: Die Losung � der Differentialgleichung heißt parabolisch in �, falls alle � Eigenwerteder Matrix � � �� �� reell sind und das gleiche Vorzeichen besitzen.Parabolische Differentialgleichungen machen eine subtile Unterscheidung von dem, wasman unter ’vorwarts in der Zeit’ und ’ruckwarts in der Zeit’ bewegen versteht. Dies sei amMaximumprinzip fur die Diffusionsgleichung prazisiert.

Satz: Minimum-Maximum-Prinzip. Genugt eine Funktion � einer homogenen paraboli-schen Gleichung mit � � �, und sind alle Eigenwerte der Matrix � � � � negativ, so nimmtsie ihre positiven Maxima und negativen Minima fur jedes + $ �� auf dem als parabolischenGrenze bezeichneten Rand des Gebietes � � �� )=� � ��� + � an.

Im folgenden Widerspruchsbeweis wird eine Funktion konstruiert, die fast dieselbenEigenschaften wie die Losungsfunktion hat. An ihr ist die Widerspruchsfuhrung allerdingsviel einfacher als an der Losung. Ein klassisch schones Beweisverfahren.Bew.: Es sei

& � ����� und ! � ���

���

Da das Losungsgebiet � seinen Rand � mit einschließt, gilt mit Sicherheit

& � !Wir nehmen nun falschlicherweise an, daß � sein Maximum im Inneren des Losungsgebietes��� an der Stelle ��� �

�� annimmt. Somit gilt

���� ��� �&

Wir betrachten nun die Funktion

��� �� � ��� �� �& �!�+

��� � ��Sie hat folgende Eigenschaften:

� Am Punkt ��� ��� nimmt sie denselben Wert wie � an:

���� ��� � ���� �

�� �&

7.2. PARABOLISCHE SEMILINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 81

� Auf dem Rand � ist sie kleiner als& , denn da �� � � � �� � + gilt

��� � ��� �& �!

�� ! �

& �!�

�& �!

�, &

Damit hat � genauso wie � sein Maximum in ���, jedoch nicht notwendig am Punkt �� � ���,

sondern an einem Punkt ����

���

�. Ein Maximum liegt dann vor, wenn

���

��

���

��

� ��

��

���

� � �

sowie

Hess

���

� ����

��

���

�� �

Sind alle Eigenwerte von � � � � negativ, folgt

�� ����

� ������

� ����

��

���

� � �

und somit

���

��

���

� ���

����

� ���

� ����

��

���

� ���

��

� �

� ��

��

���

� � �

Aus der Definitionsgleichung fur � folgt aber:

���

��

���

� ���

����

� ���

� ����

��

���

� ���

��

� �

� ��

��

���

� �

�& �!�+

��

���

��

���

� ���

����

� ���

� ����

��

���

� ���

��

� �

� ��

��

���

� �� ��

�& �!�+

� �

Widerspruch. Also nimmt � sein Maximum auf dem parabolischen Rand des Gebietes an.

Es ist also entscheidend, daß die Losung einer parabolischen Differentialgleichung fur� $ �� gesucht wird. Das Problem ist fur � , �� nicht korrekt gestellt. Darum beschreibenparabolische Differentialgleichungen irreversible Prozesse, wie sie etwa mit der Dissipationvon Energie oder Impuls verbunden sind.

Um die Parabolizitat der Diffusionsgleichung zu erkennen, konnen wir die Zeit � mit der Va-riablen ��, den Ort � mit der Variablen �� identifizieren. Fur die Koeffizienten in Gl. (7.2) giltsomit

�� �� �

�� �� � �

� �� �� � ��

�� �� � �

�� �

��

�� � � �

82 KAPITEL 7. DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG

Die Eigenwerte einer diagonalen Matrix sind die Diagonalelemente, daher sind alle Eigenwer-te von � gleichen Vorzeichens, namlich negativ.

7.3 Das Anfangswertproblem (1D)

Ist das Losungsgebiet genugend groß, so besitzt die Diffusionsgleichung fur das Anfangswert-problem

��� � � �� � �����

die allgemeine Losung

��� �� �

����

��7��

exp

����� 8��

���

����8��8 (7.3)

die man auch als Poissonformel bezeichnet. Zum Studium des physikalischen Verhaltens derDiffusionsgleichung wollen wir jedoch eine Losung betrachten, die mit Hilfe der Fourierana-lyse gewonnen wird.

Aufgabe: Zeige, daß die Funktionen

��� �� � ��� ��������

und

��� �� � ��� ��������

allgemeine Losungen der Diffusionsgleichung sind.

Die Aufgabe besagt, daß eine Anfangswelle bzw. Mode der Wellenlange ���in der Zeit � um

den Betrag ������ gedampft wird. Umso kleiner die Wellenlange d.h. umso großer die Wellen-zahl � ist, desto schneller wird die Mode gedampft.Fur beliebige Anfangsbedingungen laßt sich das Anfangswertproblem mit Hilfe des Satzesvon Fourier losen:

Satz von Fourier: Sei eine reellwertige stuckweise stetige Funktion mit stuckweise stetigerAbleitung. Weiter sei quadratintegrabel d.h.

����

������ ,��

Dann laßt sich darstellen als

��� �

���

���� ��� �� ����� ��� ����

wobei

7.4. FD-VERFAHREN FUR DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG 83

�� � ��

�����

Abbildung 7.1: Asymptotisches Verhalten einer Losung der Diffusionsgleichung.

���� ��

7

����

��� ��� ����

���� ��

7

����

��� ��� ����

gilt.Wenden wir den Satz von Fourier auf die Anfangsbedingungen an, so erhalten wir eindeutigbestimmte ���� und ����. Die Losung des Anfangswertproblems ergibt sich dann zu:

��� �� �

���

����� ��� �� ����� ��� ����������� (7.4)

Fur ��� wird nur die Mode � � � nicht gedampft, d.h. im asymptotischen Verhalten strebtjede Losung des Anfangswertproblems gegen den Mittelwert der Anfangsbedingung.

7.4 FD-Verfahren fur die Diffusionsgleichung

Betrachten wir nun Finite-Differenzen-Verfahren fur die Diffusionsgleichung

�� �

��

��� (7.5)

Damit reprasentiert � die Geschwindigkeiten in den Navier-Stokes Gleichungen (mit Diffusionist hier somit die Viskositat gemeint) als auch Konzentrationen in den Transportgleichungen.

7.4.1 Das Forward-Time-Centered-Space-Verfahren (FTCS)

��� � �� ��

� � �� �� � ��� � �

� �

���� � (7.6)

besitzt die Konsistenzordnung ��������. Zur Untersuchung der Stabilitat uberfuhren wirdas Verfahren in Matrixschreibweise (ohne Berucksichtigung von Randbedingungen)

84 KAPITEL 7. DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG

��������

����.........����

�������� �

��������

�� �����

����

����

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . ��

������

�� �����

��������

��������

���.........���

��������

Es verbleibt die Aufgabe, die Eigenwerte der Verfahrensmatrix zu bestimmen. Eine Matrix derForm �

�������

� �

�. . . . . .. . . . . . . . .

. . . . . . �� �

��������

besitzt die Eigenwerte

'� � �� ���� ���

�7

� �� � � ���

wenn � und � reelle Zahlen gleichen Vorzeichens sind.

Aufgabe: Zeige mit Hilfe der Additionstheoreme fur die trigonometrischen Funktionen, daßdie Matrix

� �

��������

�� �

�. . . . . .. . . . . . . . .

. . . . . . �� ��

��������

die Eigenwerte

'� � �� ���� �7

�� � ��� � � ���

besitzt.

Zur Anwendung der Aufgabe konnen wir die Systemmatrix in der Form

+ � ) ����

����

darstellen, wobei ) die Einheitsmatrix ist. Wir erinnern uns daran, daß fur die Berechnung derEigenwerte einer Verkettung bzw. Funktion von Matrizen der folgende Satz gilt: Wenn + dieEigenwerte ' besitzt, dann besitzt �+ � die Eigenwerte �' �. Weiter gilt: Die Eigenwerteeiner Diagonalmatrix sind die Diagonalelemente.Mit diesen beiden Satzen bestimmen sich die Eigenwerte der Verfahrensmatrix als

7.4. FD-VERFAHREN FUR DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG 85

'� � �� ����

�������

�7

�� � ��

Die Stabilitatsbedingung lautet

��� ����

�������

�7

�� � ��� � �

die fur

�� � �� ����

�������

�7

�� � ��� �

und somit fur

� ����

���� �

�(7.7)

erfullt ist. Die neu eingefuhrte Stabilitatskennzahl � bezeichnet man alsNeumannzahl, auchwenn dieser Name in der Literatur recht selten zu finden ist. Die Neumannzahl ist das Aquva-lent zur Courantzahl der Advektionsgleichung, beide quantifizieren die Stabilitat des explizitenVerfahren.In Abhangigkeit von der Diffusionskonstanten �, der Gitterweite �� und dem Zeitschritt ��kann das explizite Verfahren fur die Diffusionsgleichung also instabil werden. In diesem Fallehilft nur eine Verkleinerung des Zeitschrittes.

7.4.2 Das Randanfangswertproblem

Ist das Losungsgebiet begrenzt, so muß neben der Anfangsbedingung am Einstromrand eineRandbedingung in Form der Ableitung des Funktionswertes �

��zu jedem Zeitpunkt an beiden

Randern vorgegeben werden. Eine Randbedingung in Form einer Ableitung nennt man auchNeumannsche Randbedingung.Es soll nun kurz darauf eingegangen werden, wie eine Neumansche Randbedingung in dasVerfahren eingebaut werden kann. Hierzu schreibt man die zweite Ortsableitung in der Form

�� �� � ��� � �� �

����

����� ���

� �� � ����

��

Hier sehen wir die vordere und ruckwartige Differenz der Funktion erscheinen. Ist am Knoten�� somit die Neumannsche Randbedingung in der Form

�� >���

vorgegeben, so ergibt sich das Schema

���� � �����

� ����� � ������

� >����

��

�� �

In analoger Form versuchen wir, die Randbedingungen auch am anderen Rand und in andereSchemata einzubauen.

86 KAPITEL 7. DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG

7.4.3 Richardson- und DuFort-Frankel-Verfahren

Als Zeitschrittverfahren der zweiten Ordnung haben wir das Leap-Frog-Verfahren schatzengelernt, welches in der Zeitableitung den aktuellen Zeitschritt �� uberspringt und diesen zurBerechnung der sonstigen Terme, hier also des Diffusionstermes verwendet:

��� � ����

���� � �

� �� � ��� � �

� �

���� �

Das so entstandene Richardson-Verfahren besitzt die Konsistenzordnung��������� und istleider generell instabil.Im allgemeinen hilft es, Stabilitatsprobleme zu uberwinden, wenn man mehr Rechenge-wicht auf den unbekannten Zeitschritt ��� legt. So besteht die Moglichkeit, im Richardson-Verfahren den Term���� in������ ����

� zu zerlegen, womit das DuFort-Frankel-Verfahren

��� � ����

���� � �

� �� � ����� � ���

� � �� �

���� � (7.8)

entsteht. Zwar ist es nun stabil, aber es ist inkonsistent. In unseren Versuchen, ein Verfahren 2.Ordnung fur die Diffusionsgleichung zu konstruieren, sind wir bisher gescheitert.

7.4.4 Das implizite Verfahren

��� � �� ��

� � ��� �� � ����

� ��� �

���� � (7.9)

besitzt die Konsistenzordnung��������. Unter Nichtbeachtung der Randbedingungen ent-spricht dem impliziten Verfahren die Losung des Gleichungssystems�

�������

� � �����

� ����

� ����

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . � ��

��

� ����

� � �����

��������

��������

����.........

����

�������� �

��������

���.........���

��������

Zur Stabiltatsanalyse reicht es, formal��������

����.........����

�������� �

��������

� � �����

� ����

� ����

. . . . . .

. . . . . . . . .. . . . . . � ��

��

� ����

� � �����

��������

�� ��������

���.........���

��������

zu schreiben und man liest die Eigenwerte der Verfahrensmatrix leicht als

'� ��

� � � ����

���� �������

ab. Da der Nenner immer großer als eins ist, ist das Verfahren unabhangig vom Zeitschrittstabil.

7.5. BEWERTUNG 87

7.4.5 Das Crank-Nicolson-Verfahren��� � �� ��

� �� ��� �� � ����

� ��� �

���� ��� ��� �

� �� � ��� � �

� �

���� � (7.10)

besitzt fur � � ��� die Konsistenzordnung��������� und ist fur � � ��� stabil. Das Crank-Nicolson-Verfahren verallgemeinert wieder das explizite (FTCS) und implizite Verfahren undwird daher i.a. in Programmsysteme implementiert.

7.5 Bewertung

Fur die Diffusionsgleichung ist die Auswahl eines Verfahrens sicherlich einfach. Sie wird ausKonsistenz- und Stabilitatsgrunden sicherlich auf das Crank-Nicolson-Verfahren fallen. In vie-len Anwendungsfallen kann man aber auch eine Verletzung des Neumannkriteriums auschlie-ßen, bei denen dann auch das explizite Verfahren hinreichend genau ist.

88 KAPITEL 7. DIE DIFFUSIONSGLEICHUNG

Kapitel 8

Lagrange-Verfahren

Bis jetzt hatten wir in der Konstruktion der numerischen Verfahren nur die Eulersche Sichtwei-se eingenommen: Wir haben uns auf die Knoten des Gitters gesetzt und die zeitliche Entwick-lung der Stromungsgroßen berechnet, d.h. wir haben die partielle Ableitung �

��ausgewertet.

Nun wollen wir Verfahren kennenlernen, die sich an der Lagrangeschen Sichtweise der Hydro-dynamik orientieren, d.h. wir versuchen, die zeitliche Anderung der Stromungsgroßen entlangder Bahnlinien

���

�� �

� (8.1)

zu analysieren. Daß sich diese der Stromung optimal angepaßte Sicht numerisch auszahlt,sehen wir schon daran, daß sich die Anzahl der Terme in den Grundgleichungen erheblichreduziert. So schreiben sich die dreidimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen mit Hilfe dertotalen oder Lagrangeschen Ableitung als

��

��� ��

�� �

��

��� �

��

��� �

��

��� �9� ���(

��

��� ��

�� �

��

��� �

��

��� �

��

��� �9� ���(

��

��� ��

�� �

��

��� �

��

��� �

��

��� >

���

���

�� �

(8.2)

89

90 KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN

und die tiefenintegrierten Gleichungen von Saint-Venant:

��

��� �

�� �

�� �

��

��� >

��!�

��

��

����

��

����

�� �

�*����� � �� �

�"�*#�"

!��" � ��" � �9� ���(

��

��� >

��!�

��

��

����

��

����

�� �

�*����� � �� �

�"�*#�"

!��" � ��" � �9� ���(

(8.3)

Zur Diskretisierung der Lagrangeschen Ableitung mussen der Anfangs- oder Basispunkt einerBahnlinie zur Zeit �� und ihr Endpunkt zur Zeit �� bekannt sein. Dazu sind die Differential-gleichungen der Bahnlinien

�� ��

� � (8.4)

zu integrieren. Dabei gibt es prinzipiell zwei verschiedene Vorgehensweisen:

� Die Anfangspunkte der Bahnlinien werden auf die Knoten des Gitters zum Zeitpunkt ��

gelegt. Die Differentialgleichungen der Bahnlinien werden in Zeitrichtung vorwarts biszum Zeitpunkt ��� integriert.

� Die Anfangspunkte der Bahnlinien werden auf die Knoten des Gitters zum Zeitschritt��� gelegt. Die Differentialgleichungen der Bahnlinien werden ruckwarts in Zeitrich-tung integriert; man bezeichnet diese Verfahren manchmal auch als inverse Lagrange-Verfahren und ihnen werden wir im folgenden unsere ganze Aufmerksamkeit widmen.

8.1 Das Lagrange-Verfahren fur die Advektionsgleichung

Die Anderung einer Große �� � � �� auf einer Bahnlinie ist durch

;

;��

�� �

�� �

�� �

gegeben. Die lineare Advektionsgleichung

��� �

besagt also nichts anderes, als daß sich auf einer Bahnlinie, die durch

�� ��

� �

gegeben ist, nicht andert. Folgender Algorithmus bietet sich als Losungsverfahren fur die Ad-vektionsgleichung an:

8.2. NUMERISCHE DAMPFUNG 91

���

���

���� � � �

�� �� � �� �� �� �� �

��� ���

��

Bahnlinie

Abbildung 8.1: Bahnlinie bei konstanter Geschwindigkeit.

Im ersten Schritt berechnen wir die Bahnlinie eines Teilchens, welches zum Zeitschritt � � �am Knoten � ankommt. Dieses Teilchen ist zum Zeitpunkt �� am Ort � gestartet, welchenwir als Basispunkt der Bahnlinie bezeichnen (Abb. 8.1).Zur Berechnung des Basispunktes integrieren wir die Gleichung der Bahnlinie uber den Zeit-schritt:

�������

��

���� �

�������

���

womit man

��� � � � ���

und somit

� � ��� � ��� (8.5)

erhalt. Hat man zu jedem Knoten seinen Basispunkt berechnet, so brauchen wir nur noch denFunktionswert auf den Basispunkten zu interpolieren, da der Basispunkt nur in den selten-sten Fallen einen Gitterknoten trifft. Dieser interpolierte Wert entspricht der gesuchten Losung �� , da auf der Bahnlinie konstant ist.Liegt der Basispunkt zwischen den Gitterknoten �� und ���, so ergibt eine lineare Interpola-tion

�� � � �� � �

� �� � ����� � �� �

��� � �

� � (8.6)

Entsprechend lassen sich Verfahren mit quadratischer und Interpolationen hoherer Ordnungkonstruieren. Mit dieser Interpolation wollen wir uns weiter beschaftigen.

8.2 Numerische Dampfung

Fallt die Basis der Bahnlinie direkt mit einem Knoten zusammen, ist keine Interpolation er-forderlich. Damit sind Lagrangeverfahren fur ganzzahlige Vielfache der Courantzahl frei von

92 KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN

numerischer Dampfung. Da dies jedoch (mit scharfer werdender Brille) selten der Fall ist,fuhrt die erforderliche Interpolation mit Hilfe der Nachbarknoten zu einer mehr oder wenigerhohen numerischen Dampfung.Wir fuhren die residuelle Courantzahl 2 �� �� ein, die den gebrochenen Rest der Courantzahlbezeichne, es gilt:

2 �� � ����� � ��

Fallt die Basis der Bahnlinie auf einen Knoten, dann ist die residuelle Courantzahl also Null.Da die lineare Advektionsgleichung eine monochromatische Welle

�� �� � �� �������

lediglich in der Form

�� �� � �� �������� ����verschiebt, muß ein ideales numerisches Verfahren fur den Dampfungsfaktor

' �����

��

die Eigenschaft ' � � erfullen. J.D. McCalpin ([20]) hat diese Dampfungsfaktoren fur dienumerische Losung der eindimensionalen linearen Advektionsgleichung mit Hilfe von La-grangeverfahren untersucht. Das Subskript gibt dabei die jeweilige Ordnung der Lagrange-Interpolation an der Basis der Charakteristik an:

'�� � �� �2��� 2��'�� � �� 2���� 2����'�� � �� 2��� 2���� 2����� � ��2��� 2���'�� � �� 2���� 2����� 2������ � ���� 2�����

Dabei steht � fur � � ��������. Die Tatsache, daß die Dampfungsfaktoren kleiner als Einssind, zeugt von der Zeitschrittstabilitat der Lagrangeverfahren.

Fur lange Wellen (��� ,, �� �� ��� ��� � �����

�) und kleine residuelle Courantzahlen

lassen sich die Dampfungsfaktoren mit

'� � �� �

�2������

'� � �� �

2�������

'� � �� �

��2������

'� � �� �

�2�������

approximieren. Da das Wellenzahlverhaltnis ��� in die quadratische als auch kubische Inter-polation mit der vierten Potenz eingehen, sind die Dampfungseigenschaften der beiden Ver-fahren ahnlich.Die zugehorigen numerischen Diffusivitaten konnen aus

8.3. MONOTONIE 93

' � �� ����� �������berechnet werden. Fur lange Wellen folgen die numerischen Diffusivitaten:

�� ����

����2� 2��

�� ����

���2� � 2��������

�� ����

������2� 2� � �2� � 2��������

�� ����

�������2� � �2� � 2��������

Diese Gleichungen enthullen Altbekanntes aus der Trickkiste des Modellierers:

� Die numerische Dampfung nimmt mit großerem Zeitschritt ab; oftmals der bequemsteWeg, das Problem zu umschiffen.

� Dumm gelaufen, wenn der Zeitschritt zur Vermeidung numerischer Dampfung so großgewahlt werden mußte, daß die zu untersuchenden Prozesse nicht mehr aufgelost werdenkonnten. Dann hilft nur noch eine feinere raumliche Diskretisierung, d.h. die elendigeArbeit einer neuen Netzgenerierung.

� Die numerischen Diffusivitaten sind – bis auf den linearen Fall – vomWellenzahlverhalt-nis ���� abhangig, d.h. dispersiv. Die Dampfung nimmt somit dramatisch mit der Wel-lenlange ab; lediglich die lineare Interpolation laßt sich von langen Wellenlangen nichtbeeindrucken.

Abb. 8.2 zeigt die relativen d.h. auf������ bezogen numerischen Diffusivitaten fur ��� � �.Damit ist die Bedingung der großen Wellenlange zwar erheblich verletzt, wir konnen jedochden qualitativen Verlauf der numerischen Diffusivitaten fur hohere als lineare Interpolationen

noch erkennen, da diese schon fur ��� � ��� unter �������

��fallen. Lineare Interpolations-

verfahren sind somit hochgradig diffusiv.

8.3 Monotonie

Die Losungen partieller Differentialgleichungen unterliegen verschiedenen Extremalprinzipi-en, die den Wertebereich der Losungsfunktion in irgendeiner Form beschranken. So sind dieLosungen der Transportgleichung bei entsprechenden Anfangs- und Randbedingungen immerpositiv.Ein Verfahren, welches die zu einer Differentialgleichung gehorigen Extremalprinzipien nichtverletzt, heißtmonoton.Da die Advektionsgleichung nur als Verschiebungsoperator auf gegebene Anfangsbedingun-gen wirkt, bleiben die Funtkionswerte zu jedem spateren Zeitpunkt in den Schranken derFunktionswerte der Anfangsbedingung. Mathematisch formuliert heißt dies, daß die Losungan einem Knoten � zum Zeitschritt � � � durch die Maxima und Minima der Werte an denInterpolationsknoten zum Zeitschritt � begrenzt sein sollte. Jene indizieren wir mit 1���:

94 KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN

� � � �

� � � �

� � � ,

� � � *

� � �

� � � �

� � � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � , � � � � � * � � + �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � �

���������������������

) � � � � �

- � � � � � � � � � .

� � � � � � .

� � � � � � � � � � � � �

Abbildung 8.2: Numerische Diffusion der Lagrangeverfahren mit verschiedenen Interpolati-onsschemen.

�� � ���� ������ � ��

� � ���� ������ �

Lagrangeverfahren fur die Advektionsgleichung sind dann monoton, wenn die Interpolation ander Basis der Bahnlinie linear ist. Interpolationen hoherer Ordnung sind grundsatzlich nicht-monoton, was sich in Form von Oszillationen in der Losung außert.Bermejo und Staniforth [2] konstruieren ein quasimonotones Verfahren (besser: monotonesQuasiverfahren) dadurch, daß sogenannte Overshoots ��

� $ � und Undershoots ��� , ��

durch ihre ’erlaubten’ Grenzen � und �� ersetzt werden.Priestley schlagt 1992 ein allgemeineres aber rechenaufwendigeres monotones und konser-vatives Verfahren vor, welches auf der Konvexkombination der Losungen von monotonemd.h.i.d.R. linearem und nichtmonotonen d.h. Verfahren hoherer Ordnung basiert. Indiziert mandie Losung des Verfahrens hoherer Ordnung mit H und die des linearen Verfahrens mit L, sosetzt man die Losung am Knoten � als

��� � 2�

$� � ��� 2��

"� � � 2� � �

an. Der Parameter 2� sollte moglicht nahe an Eins unter Wahrung der Monotonie

� � 2� $� � ��� 2��

"� �

gewahlt werden. Der dabei gewonnene Freiheitsgrad (Wahl von 2� unter den genannten Re-striktionen) kann schließlich so gewahlt werden, daß die Masse im Gebiet erhalten bleibt.

8.4. BEISPIELE 95

8.4 Beispiele

Die folgenden Beispiele zeigen die mit dem Verfahren TRIM2D gewonnenen Ergebnisse. Oh-ne die Einzelfalle ausfuhrlich zu diskutieren, werden jeweils das Lagrangeverfahren mit linea-rer und quadratischer Interpolation gegenubergestellt. Fur den Transport wurde das beschrie-bene monotone Verfahren installiert, der Impuls wurde nicht monoton korrigiert.

8.4.1 Stufenfunktion

Abb. 2 zeigt die Ergebnisse fur eine Durchbruchkurve einer Stufenfunktion. Obwohl sie durchdas An- und Ausschalten einer konstanten Randbedingung einfach erzeugt werden kann, istsie numerisch eine absolut harte Nuss: Die Fouriertransformierte einer Einheitsstufe am Ort�� in der Darstellung

��� ��

7

���

� ��� ��� ����

ist

� ��� �� ��� ����

Damit erstreckt sich ihr Frequenzspektrum periodisch uber den gesamten Bereich der reel-len Zahlen. Die hochfrequenten Anteile fuhren dementsprechend zu einer merklichen numeri-schen Diffusion in allen Verfahren, wobei diese im quadratischen Verfahren allerdings erheb-lich reduziert ist.

8.4.2 Hunte

Den dramatischen Einfluß der verschiedenen Verfahren auf die Tidewasserstande in der Hunteam Pegel Oldenburg zeigt Abb. 8.4. Durch die engen Querschnitte bilden sich in der Hun-te ausgepragte Geschwindigkeitsprofile uber die gesamte Breite aus. Die resultierenden Ge-schwindigkeitsgradienten lassen die Viskositat zu einem empfindlichen Parameter werden, derdie Dissipation der Tideenergie empfindlich beeinflußt. Die numerische Diffusion ist bei einerortlichen Diskretisierung von �� � ��! und einem Zeitschritt von �� � ����� mit etwa���� !��� bei der linearen Interpolation sehr hoch. Im quadratischen Verfahren ist die nume-rische Diffusion fur alle lunaren Partialtidewellen vernachlassigbar (Tabelle 8.1).

8.4.3 Jade

Bei ausgedehnteren Gebieten sind die horizontalen Geschwindigkeitsgradienten entsprechendgeringer, wodurch die physikalische und numerische Viskositat weniger Einfluß auf die Was-serstande nimmt. Dadurch sind die Anderungen beim Wechsel des Interpolationsschemas amPegel Voslapp im Modell der Jade entsprechend gering.

96 KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN

Abbildung 8.3: Durchbruchkurven fur die Stufenfunktion bei linearer und quadratischer Inter-polation.

Partialtide Frequenz [Hz] Wellenzahl [!��] �� [!���] �� [!���]M2 ��� � ���� ���� � ���� 1.25 � � ����M4 ���! � ���� ���� � ���� 1.25 �!! � ����M6 ��!� � ���� ���� � ���� 1.25 �� � ����M8 �� � ���� ��� � ���� 1.25 ���� � ����

Tabelle 8.1: Numerische Viskositaten der Lagrangeverfahren erster und zweiter Ordnung furdie lunaren Flachwassertiden. Die Wellenzahlen wurden fur eine Wassertiefe von 10 m, dieGitterweite wurde als 10 m, der Zeitschritt als 10 s und die residuelle Courantzahl mit 0.5angesetzt.

8.4. BEISPIELE 97

Abbildung 8.4: TRIM2D-Modell der Hunte: Gerechnete Pegel Oldenburg und Differenzen furdie Interpolationsverfahren.

98 KAPITEL 8. LAGRANGE-VERFAHREN

Abbildung 8.5: TRIM2D-Modell der Jade: Gerechneter Pegel Voslapp und Differenzen fur dieInterpolationsverfahren.

Kapitel 9

Die Transportgleichung

Die Transportgleichung verbindet die Advektionsgleichung mit der Diffusionsgleichung:

�� �

�� �

�� �

�� �

���

�����

�����

��

�(9.1)

Sie ist eine parabolische Differentialgleichung 2. Ordnung, die in erweiterter Form die ver-schiedensten Transportprozesse in der Stromungsmechanik beschreibt.

9.1 Das Anfangswertproblem (1D)

Durch die Variablentransformation

�� � �� ��geht die Transportgleichung in die Diffusionsgleichung uber:

�� �

��

���

Damit ist jede Losung der Diffusionsgleichung unter der entsprechenden Transformation auchLosung der Transportgleichung. Insbesondere liefert die Poissonformel die folgende Losungdes Anfangswertproblems fur die Transportgleichung:

��� �� �

����

��7��

exp

����� ��� 8��

���

����8��8

Als weitere Losung der Diffusionsgleichung hatten wir die Fourieranalyse der Anfangsbedin-gung kennengelernt. Durch die obige Transformation ergibt sich eine allgemeine Losung derTransportgleichung in der Form

��� �� �

���

����� ��� ���� ��� ����� ��� ���� ������������� (9.2)

Sie beschreibt die Verschiebung des durch die Fourierkoeffizienten dargestellten Anfangszu-standes im Stromungsfeld � unter gleichzeitiger Glattung durch die Diffusion.

99

100 KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG

Dieses gutmutige dampfende Verhalten kann man auch bei einer Interpretation der Transport-gleichung als Evolutionsgleichung herausanalysieren. Der Operator � nach Gl. (2.2) ist:

� � �

�� �

�� �

�� �

��� �

��� �

��� 5� grad� � div grad

Er besitzt die Eigenfunktionen � ����������. Die zugehorigen Eigenwerte sind 0�������������� ���

��� �

�� � �

���. Da der Realteil der Eigenwerte positiv ist, hat die Transportgleichung

dampfenden Charakter: Die Extremwerte einer Anfangslosung werden auch zu spateren Zeit-punkten nicht uberboten.

9.2 Das Randanfangswertproblem

Ist das Losungsgebiet begrenzt, so muß am Einstromrand der Funktionswert selbst als Dirich-letrandbedingung oder als Fluß, der in der Form

��� ��

�� >��� (9.3)

vorgegeben wird. Dies entspricht dann einer gemischten Randbedingung, da hier sowohl derFunktionswert als auch seine Ableitung auftauchen.Am Ausstromrand muß die Ableitung der Funktion vorgegeben werden.

9.3 FD-Verfahren fur die Transportgleichung

Wir entwickeln im folgenden Finite-Differenzen-Verfahren fur die eindimensionale Transport-gleichung:

�� �

�� �

��

��(9.4)

Doch bevor wir die einzelnen Verfahren analysieren wollen, soll ein wichtiger Anwendungsfallder Transportgleichung vorgestellt werden, der zudem eine analytische Losung besitzt.

9.3.1 Die stossartige und punktformige Einleitung

Wir haben ein Gewasser im Auge, dessen Stromungsfeld angenahert homogen und stationarsei. Zum Zeitpunkt � � � werde am dem punktformigen Ort � � � eine trockene Masse! derDichte � eingeleitet. Die Okologie interessiert sich allerdings nicht primar fur die eingeleiteteMasse, sondern eher fur ihre auf das Tragerfluid Wasser bezogene Konzentration �. Diese istzum Einleitungszeitpunkt aber unendlich und somit numerisch recht schwierig zu behandeln.Dennoch wird diese Einleitung durch die Diffusion uber ihre anfangliche Beschranktheit aufeinen Punkt auf immer großere Raume ausbreiten und durch die Advektion vom Einleitungsortfortgetragen werden. Somit wird die zeitliche Entwicklung der Konzentrationsverteilung durcheine Transportgleichung beschrieben werden konnen und man bestatige, daß das Problem dieanalytische Losung

9.3. FD-VERFAHREN FUR DIE TRANSPORTGLEICHUNG 101

��� �� �!

�������

�������

���

hat und offensichtlich divergiert auch hier die auf das Tragerfluid bezogene Konzentration �.

9.3.2 Explizite Verfahren

Jede unserer bisherigen Grundlgleichungen war eine numerische Kennzahl zugeordnet. Sohaben wir fur die Advektionsgleichung die Courantzahl als das Verhaltnis von diskretisier-tem advektiven zum Zeitableitungsterm und fur die Diffusionsgleichung die Neumannzahl alsdas Verhaltnis von diskretisiertem Diffusions- zum Zeitableitungsterm kennengelernt. Bei derTransportgleichung sollte auch das Verhaltnis von diskretisierten advektiven zu diffusiven Ter-men eine Rolle spielen, welches wir als Pecletzahl

3� ����

�(9.5)

bei der stationaren Transportgleichung schon kennengelernt haben, an dieser Stelle aber noch-mals in Erinnerung rufen wollen.

Das FTCS-Verfahren

Wir rekapitulieren, daß das FTCS-Verfahren fur die Advektionsgleichung grundsatzlich insta-bil ist und ein explizites Verfahren fur die Diffusionsgleichung bedingt stabil sein kann. Esbesteht daher eine gewisse Hoffnung, daß das FTCS-Verfahren

��� � �� ��

� ��� � � �� ��

���� �

�� �� � ��� � �� �

���(9.6)

fur die Transportgleichung stabil ist. Offensichtlich besitzt es die Konsistenzordnung��������, aber nur wenn die Bedingung

3� � �

*/

eingehalten wird. Eingehende Analysen zeigen, daß das FTCS-Verfahren fur

*/� � ����

���� �

stabil ist. Dieses Kriterium ist allerdings mit dem Pecletkriterium

3� � �

unter einen Hut zu bringen.In Abbildung 9.1 sind analytische und numerische Losung der stoßartigen Einleitung fur eineentsprechende stabile Parameterkombination dargestellt. Hier bemerken wir, daß die numeri-sche Losung steiler als die analytische ist, also insgesamt weniger Diffusion aufweist. DiesenEffekt hatten wir bisher nur in der umgekehrten Form kennengelernt, wir konnen ihn also alsnegative numerische Diffusion bezeichnen.

102 KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG

Abbildung 9.1: Vergleich der mit dem FTCS-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) undder analytischen (grun) Losung der Transportgleichung

Das explizite Upstream-Verfahren

��� � �� ��

� ��� � �� ��

��� �

�� �� � ��� � �� �

���(9.7)

wird fur � � � verwendet (ansonsten vordere Differenzen fur die Advektion) und besitzt dieKonsistenzordnung������� falls

3� � �

�� */gilt. Fur das explizite Verfahren gilt das Stabilitatskriterium

*/ � ����

���� ��

Numerische Oszillationen treten beim Upwind-Verfahren nicht auf.Unser Testbeispiel wird in Abbildung 9.2 prasentiert. Die numerische Losung ist in der von derAdvektionsgleichung schon gewohnten Form gegenuber der analytischen leicht verschmiert,weist also eine positive numerische Diffusion auf.

Das Lax-Wendroff-Verfahren

��� � �� ��

� ��� � � �� ��

����

�� � ��

��

��� �� � ��� � �

� �

���(9.8)

wird aus dem Lax-Wendroff-Verfahren der Advektionsgleichung gebildet, indem man hiereinfach den diffusiven Term mitberucksichtigt. Die Konsistenzordnung ist allerdings mit�������� in Ortsrichtung geringer, das Verfahren ist fur

9.3. FD-VERFAHREN FUR DIE TRANSPORTGLEICHUNG 103

Abbildung 9.2: Vergleich der mit dem Upstreamverfahren gewonnenen numerischen (rot) undder analytischen (grun) Losung der Transportgleichung

*/� � ����

���� �

stabil. Damit keine numerischen Oszillationen auftreten, muß die Pecletzahl wieder kleiner alszwei sein.Die Validierung des Verfahrens am Beispiel der stoßartigen Einleitung (Abbildung 9.3) zeigteine exzellente Ubereinstimmung von analytischer und numerischer L’osung, so daß man sichhier nur noch uber die Stabilitatsrestriktionen zu beschweren braucht.

Das Leap-Frog-Verfahren

��� � ����

���� �

�� � � �� �����

� ��� �� � ��� � �

� �

���(9.9)

hat die Konsistenzordnung��������� und ist fur

*/� � ����

���� �

stabil. Damit keine numerischen Oszillationen auftreten, muß die Pecletzahl wieder kleiner alszwei sein.

9.3.3 Implizite Verfahren

Wie bei der Advektionsgleichung werden wir auch hier nur zentrale Differenzen fur den ad-vektiven Term verwenden, da die Stabilitat schon durch die rechenintensive implizite Zeitdis-kretisierung erlangt werden soll.

104 KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG

Abbildung 9.3: Vergleich der mit dem Lax-Wendroff-Verfahren gewonnenen numerischen(rot) und der analytischen (grun) Losung der Transportgleichung

Transport einer steilen Front

Wir wollen die Qualitat der impliziten Verfahren anahnd einer analytischen Losung fur denTransport einer steilen Front diskutieren. Die Front advektiere von � � � in Richtung derpositiven x-Achse. Damit sind die Anfangs- und Randbedingungen durch

��� �� � ��

��� �� � � ��� �� � �

gegeben. Dieser Testfall ist extrem schwierig, da fur niedrige Diffusivitaten � � � lediglichdie Advektion einer unstetigen Stufe verbleibt.Das Problem besitzt die analytische Losung [22]

��� �� ��

�erfc

"�� ������

#�

�"��

���

erfc

"�� ��

����

#� (9.10)

Im folgenden sollen einige implizite numerische Verfahren auf einem Gitter der Schrittweite�� � �, der Geschwindigkeit � � ���, der Courant-Zahl */ � �� und der Peclet-Zahl3� � ��� mit der analytischen Losung der steilen Front verglichen werden.

Das Crank-Nicolson-Verfahren

��� � �� ��

� ����� � � ���

��

���� ��� ����

� � � �� �����

����� �� � ����

� ��� �

���� ��� ��� �

� �� � ��� � �

� �

���

(9.11)

9.3. FD-VERFAHREN FUR DIE TRANSPORTGLEICHUNG 105

� � � � � � + � � + � � � , + ) � � �

� � � �

� � +

� � + �

� � , +

) � � �

Abbildung 9.4: Simulation einer steilen Front mit dem impliziten Verfahren mit zentralen Dif-ferenzen

� � � � � � + � � + � � � , + ) � � �

� � � �

� � +

� � + �

� � , +

) � � �

Abbildung 9.5: Simulation einer steilen Front mit dem zentralen Crank-Nicolson-Verfahren

besitzt fur � � � die Konsistenzordnung�������� und fur � � ��� gilt ���������.

Das gesamte Verfahren ist fur � � ��� stabil, es treten numerische Oszillationen auf, wenn diePecletzahl großer als zwei ist. Dies zeigt Abbildung 9.4 am Beispiel der steilen Front fur dasimplizite zentrale Verfahren, d.h. der Crank-Nicolson-Faktor ist eins. Die Front ist wenigerverschmiert als bei der Anwendung der Upstream-Differenzen, die numerische Diffusion istaber immer unakzeptabel hoch. Es entstehen leichte Oszillationen, wenn die Front den rechtenRand erreicht.

Die Wahl des Crank-Nicolson-Faktors 0.5 fuhrt zu einer befriedigenderen Approximationder Steilheit der Front (Abbildung 9.5), was auf die zweite Ordnung des Verfahrens zuruck-zufuhren ist. Es treten allerdings wegen der Verletzung des Pecletkriteriums sehr starke Oszil-lationen auf.

106 KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG

� � � � � � + � � + � � � , + ) � � �

� � � �

� � +

� � + �

� � , +

) � � �

Abbildung 9.6: Simulation einer steilen Front mit Defekt-Approximation

Verfahren mit Defekt-Approximation

Um das Verfahren zu verbessern, wird oftmals die Defekt-Approximation [9] vorgeschlagen.Die Grundidee dabei ist, den Abbruchfehler eines Verfahrens mit umgekehrten Vorzeichen inder Differentialgleichung zu berucksichtigen und so den Verfahrensfehler weiter zu reduzieren.Dabei entstehen naturgemaß hohere Ableitungen, die durch einfache Drei-Knoten-Differenzennicht mehr wiedergegeben werden konnen. Wendet man die Defekt-Approximation auf dasgestellte Problem an, so wird dieses zu

��

�������

��

���� �

��

��� ��

��

Wird hierauf das Crank-Nicolson-Verfahren mit Upwind-Differenzen angewendet, so erhaltman das Schema:

���� � �����

��

�� � �

������

������� � ����

� � �����

���

��

�� �

������

������ � ���� � �

���

���(9.12)

��

��

$���� � ���

���

������ � �����

��

%

Die Ergebnisse fur unsere steile Front (Abb. 9.6) sind oszillationsfrei, beinhalten aber wiedereine unbefriedigend hohe numerische Diffusion.

Klassische Finite-Differenzen-Verfahren sind also unbrauchbar, das gestellte Problem befrie-digend zu losen, da sie entweder starke Oszillationen oder eine hohe numerische Diffusionaufweisen.

9.4. LAGRANGE-VERFAHREN FUR DIE TRANSPORTGLEICHUNG 107

9.4 Lagrange-Verfahren fur die Transportgleichung

Auch fur die Transportgleichung laßt sich ein Lagrange-Verfahren konstruieren. Im Unter-schied zur Advektionsgleichung ist zusatzlich zur Lagrangeschen Ableitung der Diffusions-term zu behandeln:

��� �

��

und integrieren sie entlang der Bahnlinie zwischen den Zeitpunkten �� und ���:

�� �

�������

��

����

Alles weitere hangt nun davon ab, wie man das Integral auf der rechten Seite approximiert,wenden wir also die Trapezregel

����� � �� ��

� ��� � ����

an.

�� �

���

$��

��

������

� ��

��

����

%

Die zweite Ableitung zum Zeitschritt �� � am Knoten 0 ist:

��

������

� �� �� � � ��

� �� �

���

Wir benotigen noch die zweite Ableitung an der Basis, die sich durch lineare Interpolation ausden zweiten Ableitungen an den Nachbarknoten ergibt. Ist � wieder der Knoten links und ���rechts der Basis der Bahnlinie, so erhalt man eine Diskretisierung in der Form

��

����

� ���� � � �

� � ���

���

��� �

� ����

�� �� � � �

�� � ���

���

�� � ����

�� �

��� � � �� � �

��

����

��� � �

� ���� � �

� � ��� � �

��

���

Somit ergibt sich ein implizites Verfahren der Form

�� �

���

� �� �� � � ��

� �� �

���

� ���� � � �

� � ���

����

��� � �

� ���� � �

� � ��� � �

��

���

108 KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG

������������

� � � �

���

��� ��� ��� ���

����

Abbildung 9.7: Bahnlinie verlaßt Einstromrand.

Ein weniger rechenintensives explizites Verfahren laßt sich dadurch konstruieren, daß man nurdie Basiswerte zur Darstellung des Diffusionstermes verwendet:

�� �

��� �

� ���� � � �

� � ���

����

��� � �

� ���� � �

� � ��� � �

��

���

�(9.13)

So wie bei der linearen Advektionsgleichung bestimmen wir im ersten Schritt die Basis dervon jedem Knoten ausgehenden Bahnlinien. Im zweiten Schritt interpoliert man den Wert derFunktion

aus den bekannten Funktionswerten. Fur den Funktionswert an der Basis ergabsich mittels linearer Interpolation

�� � � �� � �

� �� � ����� � �� �

��� � �

� �

falls der Basisknoten zwischen den Knoten �� und ��� liegt.Etwas kompliziert wird die Situation, wenn eine Bahnlinie den Einstromrand verlaßt (Abb.9.7). Dazu sei angenommen, daß der Ausgangsknoten im Abstand ?�� vom Rand liegt. Wirfuhren einen reduzierten Zeitschritt in der Form

���

?���

��

*/��also

��� �?

*/��

ein und interpolieren die Randbedingung auf den Durchstoßpunkt der Bahnlinie:

���

�� �� �

�����

�� ���

An einem solchen Knoten rechnen wir dann mit reduziertem Zeitschritt weiter, so wird dasexplizite Verfahren hier zu

�� �

���� �

� ���� � � �

� � ���

����

��� � �

� ���� � �

� � ��� � �

��

���

9.5. BEWERTUNG 109

Abbildung 9.8: Vergleich der mit dem Lagrange-Verfahren gewonnenen numerischen (rot) undder analytischen (grun) Losung der Transportgleichung

Die Lagrange-Verfahren zeichnen sich wieder durch ihre optimalen Stabilitatseigenschaftenaus, es ist fur

����

���� �

stabil. Numerische Oszillationen treten nicht auf.Die Qualitat des Verfahrens sei durch einen Blick auf Abbildung 9.8 demonstriert. Die besse-ren Stabilitatseigenschaften lassen hier eine Erhohung des Zeitschrittes zu.

9.5 Bewertung

Wenn die teilsweise sehr restriktiven Stabilit”atskriterien in speziellen Anwendungen keinProblem sind, dann liefern unter den expliziten Verfahren das Lax-Wendroff und das Leap-Frog-Verfahren sehr gute Ergebnisse. Bei den implizten Verfahren sticht das Crank-Nicolson-Verfahren durch seine Konsistenz heraus, versagt aber bei hohen Pecletzahlen. Diese treten inder Praxis aber nur bei sehr steilen Fronten auf. Die Lagrangeverfahren bestechen bezuglichihrer Stabilitat, die nur durch die Diffusion begrenzt ist und durch ihre geringe numerischeDiffusion, wenn man ein Interpolationsverfahren zweiter Ordnung anwendet. Ihr Nachteil istallerdings die mangelnde Massenerhaltung.

110 KAPITEL 9. DIE TRANSPORTGLEICHUNG

Kapitel 10

Die Burgersgleichung

Die physikalische Große Impuls wird ebenfalls mit der Stromung transportiert. Wir konnenalso eine Impulsgleichung der eindimensionalen Stromungsmechanik gewinnen, indem wirdie Transportgleichung

�� �

�� �

��

��

fur die Impulsdichte � � �� betrachten. Im Falle einer konstanten Fluiddichte erhalt man:

�� �

�� �

��

��(10.1)

Eine leicht andere aber mathematisch aquivalente Form dieser Gleichung wurde zum erstenMal von J.M. Burgers 1948 [4] untersucht und zur Illustration der Turbulenztheorie verwendet.Ihm zu Ehren bezeichnet man obige Gleichung als Burgersgleichung.Die Burgersgleichung ist noch nicht die Impulsgleichung der eindimensionalen Stromungs-mechanik, da die zeitliche Anderung des Impulses durch Krafteinwirkung nicht enthalten ist.Die rechte Seite der Gleichung beschreibt die Impulsdiffusion, Impuls besitzt also auch dieTendenz, sich gleichmaßig uber das Fluid zu verteilen. Den Koeffizienten � bezeichnet manals Viskositat.Im Gegensatz zu den bisher behandelten Gleichungen ist diese Gleichung und somit auch dieNavier-Stokes-Gleichungen nichtlinear. Dabei bezeichnet man eine Gleichung als linear, wennjede Linearkombination von Losungen wieder eine Losung ergibt. Bei der Konstruktion vonFourierlosungen fur die Diffusionsgleichung hatten wir diesen Sachverhalt stillschweigendverwendet. Sind �� und �� zwei verschiedene Losungen der Burgersgleichung, d.h. es gilt

���

� �����

� ������

und���

� �����

� ������

so lost die Summe der beiden Losungen �� � �� eben nicht die Burgersgleichung. Der Leseruberzeuge sich davon.Der Sachverhalt der Nichtlinearitat hat tragische Konsequenzen, was schon bei der Losung desAnfangswertproblems deutlich wird. Durch die Variablentransformation

111

112 KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG

�� � �� ��geht die Burgersgleichung nicht mehr in die Diffusionsgleichung uber.

10.1 Der Ansatz von E. Hopf

Nachdem Burgers die Gleichung an das Licht der mathematischen Offentlichkeit geholt hat-te, war schnell der Ehrgeiz erweckt, doch eine Transformation zur Diffusionsgleichung undsomit explizite Losungswege zu finden. Diese Meisterleistung wurde von E. Hopf 1950 [?]veroffentlicht.Man schreibe dazu die Burgersgleichung in der Form

��

���

�� �

�und fuhre die Transformation

( � �����

��%� (10.2)

durch. Die Inverse ist

� � ��� ��(�

� ���(

(

und fur die benotigten Ableitungen folgt

�� ���

� ��(

��� ���

$�&��

(

%

�� ���

� ��(

��� �

(�

�(

(

�� (

�(

��

�womit sich

��

�� �

�� ����

��&���

(

ergibt. Die Burgersgleichung erhalt so die Gestalt

$�&��

(

%� �

$��&���

(

%

welche sich durch Integration bzgl. � (wobei die Integrationskonstante vernachlassigt werde)in die Diffusionsgleichung verwandelt:

(

�� �

�(

��

Die Anwendung der Poissonformel liefert

10.2. DER ANSATZ VON J.D. COLE 113

(�� �� �

����

��7��

exp

����� 8��

���

�(��8��8

Nach Ausfuhrung aller Rucktransformationen erhalt man schließlich die explizite Losung desAnfangswertproblems fur die Burgersgleichung:

��� �� �

� ��

��'��� �

��

�����%���

��� ��

��� �8

� ��

�� �

��

�����%���

��� ��

��� �8

Auch dieses Gleichungsmonster hilft nicht so recht weiter, allerdings kann man mit ihm zei-gen, daß eine Losung des Anfangswertproblems existiert und eindeutig ist, falls

� �� stetig ist� und

���

���8��8 � ����� fur � � �

Die Losung selbst und ihre erste und zweite Ableitung sind dann sogar stetig. Beide Bedin-gungen sagen etwas uber die notwendigen Bedingungen der Anfangsbedingung, sie soll stetigsein und die Gesamtgeschwindigkeit - was so etwas wie das Integral uber die Geschwindigkeitist - soll in den beiden Halbraumen � � � und � � � verschwinden. Beispiele fur solche An-fangsbedingungen waren etwa die trigonometrischen Funktionen, da ihr Integral Null ist, nichtaber die konstante Funktion ����� � �4����, da diese im Integral eben nicht verschwindet.Somit suchen wir bei einem numerischen Losungsverfahren fur die Burgersgleichung nichtnach etwas, was nicht existiert.

10.2 Der Ansatz von J.D. Cole

Ein Jahr spater veroffentlichte J.D. Cole folgenden Losungsweg. Im ersten Schritt wird dieTransformation

� �(

durchgefuhrt. Eine ahnliche Transformation ist dem Leser vielleicht aus der Theorie der Poten-tialstromungen bekannt, dort geht man davon aus, daß sich sogar Geschwindigkeitsvektorendurch den Gradienten einer skalaren Funktion darstellen lassen. Die Burgersgleichung erhaltnun die Gestalt

�(

���(

�(

��� �

�(

��

Wieder wird (ohne Integrationskonstante) nach � integriert

114 KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG

(

��

�(

��

� ��(

��

und eine Losung der Form

(�� �� � ��� >����

versucht. Dies fuhrt auf die gewohnliche Differentialgleichung

� ��� �>��� � >��� �

� �

�welche sich uber die Separation der Variablen in die Gleichungen

�� �>�� � �>��

� �

�� � �

uberfuhren laßt. Fur � � � lassen sich die beiden Gleichungen recht einfach losen und manerhalt nach Ausfuhrung aller Rucktransformationen eine spezielle Losung der Burgersglei-chung in der Form

��� �� � ������ ��

� � ��

��� ���� ��

(10.3)

Fur �� � �� � � ergibt sich insbesondere die Losung

��� �� ������� � ���

(10.4)

Somit haben wir nicht das Anfangswertproblem gelost, aber zumindest eine partikulareLosung der Burgersgleichung gefunden. Leider ist diese jedoch recht unschon und sogar un-physikalisch, da sie auf dem Losungsgebiet immer Pole besitzt, an denen die Funktion unend-lich wird und somit nicht numerisch auswertbar ist. Weitere 35 exakte Losungen der Burgers-gleichung haben Benton und Platzman [1] zusammengestellt.

10.3 FD-Verfahren fur die Burgersgleichung

Das Losungsgebiet liege ohne Einschrankung der Allgemeinheit zwischen �� und �� undwerde aquidistant durch die Knoten � � �� � �0� ���� diskretisiert.

Das Upstream-Verfahren

Im Prinzip lassen sich alle Verfahren fur die Transportgleichung auch auf die Burgersgleichunganwenden, wenn man die Advektionsgeschwindigkeit zum Zeitschritt �� ansetzt. So erhalt mandas explizite Upstream-Verfahren fur die inneren Knoten als

��� � �� ��

� �� �� � �� ��

��� �

�� �� � ��� � �� �

���fur �� � �

��� � �� ��

� �� �� � � ��

��� �

�� �� � ��� � �� �

���fur �� , �

(10.5)

10.3. FD-VERFAHREN FUR DIE BURGERSGLEICHUNG 115

Dabei entstehen naturlich dynamische Stabilitatskriterien, da die Losung � selbst in die Cou-rantzahl eingeht.

Das Crank-Nicolson-Verfahren

In derselbenWeise lassen sich auch implizite Verfahren leicht ubertragen, wie etwa das Crank-Nicolson-Verfahren mit zentralen Differenzen

��� � �� ��

� ��� ��� � � ���

��

���� ��� ����

�� � � �� �����

����� �� � ����

� ��� �

���� ��� ��� �

� �� � ��� � �

� �

���

(10.6)

welches wieder die Losung eines linearen Gleichungssystems erfordert. Dies wird dann an-ders, wenn man eine korrekte Wichtung beiden Zeitschritten neuem und alten Zeitschritt an-setzt, d.h. auch die Advektionsgeschwindigkeit zum unbekannten Zeitschritt auswertet:

��� � �� ��

� ����

��� � � ���

��

���� ��� ����

�� � � �� �����

����� �� � ����

� ��� �

���� ��� ��� �

� �� � ��� � �

� �

���

(10.7)

Hier entsteht ein nichtlineares Gleichungssystem, welches mit sehr rechenaufwendigen New-tonverfahren gelost werden muß. Um dies zu vermeiden, werden iterative oder Pradiktor-Korrektor-Strategien angewendet.

Das MacCormack-Verfahren

Das MacCormack-Verfahren verwendet als Pradiktor das Upstream-Verfahren:

����� � ��

��� ��

�� � � �� ��

� ��� �� � ��� � �

� �

���(10.8)

Im Korrektor-Schritt wird die entgegengesetzte Differenzenapproximation verwendet

����� � ��

��� �����

����� � �����

��

��� �

����� �� � ��

���� � �

���� �

���(10.9)

und schließlich wird die Losung der beiden Schritte gewichtet:

��� �

������ �

������ (10.10)

Das Verfahren ist fur */ � � ����

� � stabil.

116 KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG

10.4 Lagrange-Verfahren fur die Burgersgleichung

Genauso wie fur die Transportgleichung als ihr lineares Analogon lassen sich Lagrange-Verfahren auch fur die Burgersgleichung konstruieren. In der Lagrangeschen Schreibweiselautet die Gleichung:

��

��� �

��

��

Sie besagt, daß sich die Geschwindigkeit � entlang einer Bahnlinie

��

��� �

nur durch die Wirkung der Viskositat andert. Wir wollen nun den Basispunkt der Bahnliniebestimmen und integrierten diese Gleichung zwischen den Zeitschritten �� und ���:

�������

��

���� �

�������

���

Im Unterschied zur Transportgleichung ist � auf der rechten Seite nun keine Konstante mehr.Wenden wir also die Trapezregel an, so wird die Bestimmungsgleichung fur den Basispunkt:

��� � � �

��

�����

� �� �

Dummnur, daß man weder ��� noch denWert �� an der Basis kennt, weil wir ihren Ort ja erst

bestimmen wollen. Aus diesem Dilemma entzieht man sich in der Regel, indem man ������

��� � � �� behauptet, was naturlich umso weniger richtig ist, desto großer der Zeitschritt ist.Somit berechnet sich der Basispunkt in erster Naherung als

� � ��� � �� ��

Nun kann � durch Interpolation bestimmt und die Burgersgleichung in der LagrangeschenForm in vollkommener Analogie zur Transportgleichung gelost werden.

10.5 Harmonische Anfangsbedingungen

Wir wollen nun das Verhalten der Losungen der Burgersgleichung studieren, wenn die An-fangsbedingungen eine einfache harmonische Funktion der Form

����� � ��� �� � ����7

'�

ist. Damit diese Funktion ordentlich durch die Diskretisierung aufgelost wird, sollte der Orts-schritt�� wesentlich kleiner als die Wellenlange ' sein, also etwa

�� , '���

Am Einstromrand wollen wir periodische Randbedingungen in der Form

10.5. HARMONISCHE ANFANGSBEDINGUNGEN 117

Abbildung 10.1: Losung der Burgersgleichung mit dem Upstream-Verfahren fur harmonischeAnfangsbedingungen.

���� � �����9����

vorgeben, am Ausstromrand setzen wir die Burgersgleichung ohne Diffusion in der Upwind-Form an:

���� � ��� ������

��� � �������

Beginnen wir mit dem Upstream-Verfahren. Das Ergebnis ist in gewohnter Form in Abbildung10.1 gezeigt. Die anfangliche Sinuswelle hat sich sagezahnformig aufgesteilt, so daß die Ge-schwindigkeit � an einigen Stellen sprunghaft von einem positiven auf einen negativen Wertubergeht. Darauffolgend steigt die Geschwindigkeit wieder stetig an.Diese Losung ist nicht mit der in Abbildung 10.2 dargestellten zu vergleichen, da dort fur dasFTCS-Verfahren die Viskositat auf � � ���!��� erhoht wurde, um das Stabilitatskriterium

*/� � ����

���� �

zu erfullen. Es bestatigt sich auch in den anderen Verfahren, daß die Stabilitatskriterien furdie Transportgleichung sich direkt auf die Burgersgleichung ubertragen lassen, wenn man nurdie entsprechende dynamische Courantzahl mit der aktuellen Stromungsgeschwindigkeit bzw.deren Obergrenzen ansetzt.Ein Verfahren zweiter Ordnung, welches dieselben Stabilitatskriterien wie das Upstreamver-fahren erfullen muß, ist das MacCormack-Verfahren (siehe Abbildung 10.3). Die großere Ge-nauigkeit zeichnet sich im Vergleich zum Upstream-Verfahren durch noch steilere Sprungeaus.

118 KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG

Abbildung 10.2: Losung der Burgersgleichung mit dem FTCS-Verfahren fur harmonische An-fangsbedingungen.

Abbildung 10.3: Losung der Burgersgleichung mit dem MacCormack-Verfahren fur harmoni-sche Anfangsbedingungen.

10.6. ZUSAMMENFASSUNG 119

Abbildung 10.4: Losung der Burgersgleichung mit dem Lagrange-Verfahren fur harmonischeAnfangsbedingungen.

Schließlich sei noch das Lagrangeverfahren getestet, auch hier sieht die Losung den anderensehr ahnlich.

10.6 Zusammenfassung

Alle numerischen Verfahren fur die Transportgleichung lassen sich direkt auf die Burgers-gleichung ubertragen. Dies gilt auch fur die Stabilitatskriterien und fur die Konsistenzord-nung. Fur die Burgersgleichung haben wir keine analytischen Losungen gefunden, die sichfur eine Verifikation der numerischen Verfahren eignen. Die numerischen Losungen zeigen ei-ne Verselbstandigung des Inneren des Losungsgebietes, hier werden (nicht nur harmonische)Anfangsbedingungen in Sagezahnfunktionen umgeformt. Die Randbedingungen haben kaumEinfluß auf die Losung im Inneren.Interpretiert man die Sagezahnlosungen der Burgersgleichung als Geschwindigkeiten, so pro-duziert sie recht unrealistische Stromungsfelder. An den Sprungpunkten treffen hohe positivedirekt auf hohe negative Geschwindigkeiten. Ware mit diesen Stromungen ein Materialtrans-port verbunden, so wurde sich an den Sprungstellen sehr viel Material akkumulieren, wahrendes an den Nullstellen der Losung langsam verschwindet, da an diesen in beide Richtung weg-transportiert wird.Ein Fluid, welches durch die Burgersgleichung beschrieben wird, neigt somit zur Verklum-pung.

120 KAPITEL 10. DIE BURGERSGLEICHUNG

Kapitel 11

Finite-Volumen-Verfahren

Finite-Volumen-Verfahren basieren auf der Bilanzierung von Flussen auf Kontrollvolumina.Damit ist die Finite-Volumen-Methode ein Verfahren, welches sich direkt aus den kontinu-umsmechanischen Eigenschaften einer Stromung ergibt.Finite-Volumen-Verfahren sind eine Verallgemeinerung der Finiten-Differenzen-Verfahren:Auf einfachen Geometrien werden sich altbekannte Schemata ergeben. Die Denkweise derMethode der Finiten Volumen d.h. die Bilanzierung von Flussen auf Kontrollvolumina,ermoglicht jedoch auch die systematische Ableitung neuer Schemata.

11.1 Die Divergenzform der Grundgleichungen

Alle Grundgleichungen der Hydrodynamik lassen sich in der sogenannten Divergenzform

�� div 5#� � @� (11.1)

darstellen. Tun wir dies fur den vollstandigen Satz der dreidimensionalen inkompressiblenNavier-Stokes-Gleichungen im Schwerefeld einschließlich Kontinuitats- und Transportglei-chung, so ergibt sich die in Tabelle 11.1 dargestellte Termbelegung.Auch fur die tiefenintegrierten 2D- und die eindimensionalen Gleichungen von Oberflachen-stromungen lassen sich Divergenzformen finden, sie sind in Tabelle 11.2 bzw. 11.3 dargestellt.

11.2 Diskretisierung

Zur Losung der Grundgleichungen wird das Stromungsgebiet vollstandig mit einzelnen Kon-trollvolumen� uberdeckt. Jedes Kontrollvolumen wird durch einen Knoten 0 in seinem Inne-ren reprasentiert.Die Grundgleichungen werden in ihrer Divergenzform uber die Kontrollvolumina integriert:�

��

��� �

���

div 5#��� �

���

@���

121

122 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

5#� @�

x-Impuls � �5�� � grad � ��

�� �9� ���(

y-Impuls � �5�� � grad � ��

�� �9� ���(

z-Impuls � �5�� � grad � ��

�� >

Kontinuitat � �5� 0

Transport � �5��� grad � 0

Tabelle 11.1: Die dreidimensionalen Grundgleichungen der Hydrodynamik in der Divergenz-form.

11.2. DISKRETISIERUNG 123

5#� @�

x-Impuls �� � ��5�� � grad �� �>��!�

��

�� �

*����� � ��

��"�*#�"

!��" � ��" � �9� ���(

y-Impuls �� � ��5�� � grad �� �>��!�

��

�� �

*����� � ��

��"�*#�"

!��" � ��" � �9� ���(

Kontinuitat � �5� 0

Transport �� � ��5��� grad �� 0

Tabelle 11.2: Die tiefenintegrierten zweidimensionalen Gleichungen der Gewasserstromungenin der Divergenzform.

5#� @�

Impuls ��� ��

��� � � �

��>��

��!�

��

�� ��*�

��"�*#�"�"

Kontinuitat � �� ����

Transport ��� ��

����� �

��

Tabelle 11.3: Die eindimensionalen Gleichungen von Saint-Venant in der Divergenzform.

124 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

� � �

� � �

� � �

0� � 0 0� �

1 � �

1

1 � �

��

��n

e

s

w

Abbildung 11.1: Zweidimensionale aquidistante Finite-Volumen-Geometrie.

11.2. DISKRETISIERUNG 125

Der Divergenzterm wird unter Anwendung des Gaußschen Integralsatzes integriert. Wir erin-nern uns, daß der Gaußsche Integralsatz das Volumen- auf ein Randintegral unter Wegfallender Divergenz uberfuhrt: �

��

��� �

&���

5#��5A �

���

@��� (11.2)

In diesem Schritt liegt das Wesen der Methode der Finiten Volumen. Die Gleichung besagt,daß die zeitliche Anderung der Große im Volumen � durch die Bilanz der Flusse 5#� uberden Rand (dies ist umgangssprachlich nichts anderes, als die Integration uber den Rand) unddurch Quellen bzw. Senken @� im Volumen stattfindet.Durch die Integration des Divergenztermes fallen in den Grundgleichungen Ableitungen weg,insbesondere werden die zweiten Ableitungen in den Diffusionstermen zu ersten Ableitun-gen. Somit kann man die Losungen der Grundgleichungen in der klassischen Form nur in derMenge der zweimal differenzierbaren Funktionen suchen. In der Integralform reicht einfacheDifferenzierbarkeit, die Losungsmenge der Funktionen ist damit viel großer und die Integral-form somit viel allgemeiner gultig.Rein technisch verbleibt nur noch die numerische Berechnung der drei Integralterme, die wirnun einzeln angehen wollen.

11.2.1 Die Behandlung der Zeitableitung

Ist B das Volumen des Kontrollvolumens� , so laßt sich die Integration nach Vertauschen vonDifferentiation und Integration und Anwendung eines Eulerverfahrens naherungsweise als

���

��� �

���

�� �

��B � � B

�� � �

��(11.3)

berechnen. Dabei wurde angenommen, daß sich das Kontrollvolumen zeitlich nicht andert,aber die Methode laßt sich leicht auch auf diesen Fall verallgemeinern.Die sonstigen Integralterme konnen nun explizit, implizit oder mit Hilfe des Crank-Nicolson-Verfahrens berechnet werden.Wir werden uns hinfort mit der Zeitableitung nicht mehr beschaftigen, was sich im Weglassender Indizes � und �� � manifestiert, da schon alles wesentliche hierzu vorher gesagt wurde.

11.2.2 Die Behandlung des Quellterms

Auch beim Quellterm wird die Integration uber die finiten Volumina � durch ein Produkt mitdenselben ersetzt: �

��

@��� � B @�� (11.4)

An dieser Stelle lassen sich auch numerische Integrationsverfahren hoherer Ordnung anwen-den; dazu benotigt man allerdings mehr Knoten im Kontrollvolumen.

126 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

11.2.3 Die Behandlung des Flußterms

Die Behandlung des Flußterms besteht aus einer Integration d.h. Aufsummation der Flusseuber alle Rander. Dies sei am Beispiel der in Abb. 11.1 dargestellten Finite-Volumen-Geometrie vorgefuhrt. Die vier Rander sind in der Abbildung mit n(orth), s(outh), e(ast) undw(est) bezeichnet. Der Fluß der Große habe die Komponenten

5#� �

�#�

#�

��

Bei der Integration ist zu beachten, daß positive Flusse auf der e- und der n-Seite aus demGebiet heraus und w- und s-Seite in das Gebiet hineingehen. Entsprechend ergibt sich:'

���

5#��5A � #���� � #�(�� � #����� #�)��� �#�� � #�(��� � �#�� � #�)���

Das Integral der Flusse wird also ganz heuristisch berechnet: Man bilanziert, was in x-Richtungin das Kontrollvolumen fließt und ihm auf der anderen Seite entfleucht, mal Kantenlange,entsprechendes fur die y-Richtung.Es verbleibt nun die Aufgabe, die Flusse auf den jeweiligen Randern aus den an den Knotenbekannten Werten zu interpolieren. Dies werden wir in den folgenden Beispielen konkretisie-ren.

11.3 Die Diffusionsgleichung auf aquidistantem Gitter

Auf dem in Abb. 11.1 dargestellten zweidimensionalen FV-Gitter soll nun als erstes Beispieldie Diffusionsgleichung

��

���

��

���

diskretisiert werden. Integrieren wir die Gleichung uber ein zweidimensionales finites Volu-men � �� , so erhalt die Diffusionsgleichung die Form�

����

��� �

������

5# �5A � �

Das Volumen eines Elementes ist dann sein Flacheninhalt ���� und wir erhalten fur denZeitterm �

����

��� � ����

��� �� � �� ��

��

Der diffusive Fluß ist durch

5# �

������� �

�� ��

�����

11.4. DIE DISKRETISIERUNG ADVEKTIVER TERME 127

gegeben. Auf den Randern ist es naheliegend, die Ableitungen durch Differenzen der Nach-barknoten zu ersetzen, also fur die e-Seite:

��

�� � �� ��� � � ��

��

Somit ergibt sich fur den Flußterm&���

5# �5A � ���� ��� � �� �� � � ����

������

� ��� � �� �� � � ������

und insgesamt als Verfahren fur die Diffusionsgleichung

������� �� � �� ��

��� ���

� ��� � �� �� � � ������

����� ��� � �� �� � � ����

��

wobei man nach Division durch ���� erhalt schließlich das Schema

��� �� � �� ��

��� �

� ��� � �� �� � � �������

��� ��� � �� �� � � ����

���(11.5)

erhalt, welches uns schon hinlanglich bekannt ist. Es gelten daher dieselben Aussagen uberKonsistenz, wie sie bei der Darstellung der FD-Methode hergeleitet wurden. Es sei hier noch-mals darauf hingewiesen, daß obigen Schema Zeitindizes fehlen. Alle LeserInnen werden inder Lage sein, an dieser Stelle die verschiedensten Zeitschrittverfahren anzusetzen.

11.4 Die Diskretisierung advektiver Terme

Zur Losung der Transportgleichung

�� �

�� �

��

���

��

���

bleibt die Berechnung des advektiven Flusses

5#%* �

�����

�auf den Randern der Finiten Volumen. Je nach Strategie werden wir auch hier auf alte Bekanntetreffen. Damit es nicht zu langweilig wird, werden wir auch ein neues Verfahren vorstellen,welches die Moglichkeiten der Finiten-Volumen-Methode illustriert.

11.4.1 Zentrale Verfahren

Bei zentralen Verfahren wird der Fluß auf einem Rand durch Mittlung bzw. Interpolation ausden benachbarten Knoten. Somit erhalt man z.B. fur den Fluß in x-Richtung auf dem e-Rand:

#%*� � � �

��� ��� �� � � ���� ����

128 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

und entsprechendes fur alle anderen Seiten. Fur den advektiven Flußterm ergibt sich insgesamt:&���

5#%* �5A � ��

� ���� ��� � � ����� �����

� ��� ���� ��� � � ����� ����

�(11.6)

Fugen wir diesen Term zur diskretisierten Diffusionsgleichung, teilen durch���� so erhaltenwir ein Verfahren, welches den zentralen Differenzen sehr ahnlich ist:

��� �� � �� ��

���� ���� ��� � � ����� ����

����� ���� ��� � � ����� ����

����

�� ��� � �� �� � � ����

�����

� ��� � �� �� � � �������

11.4.2 Upstream-Verfahren

Da die Anwendung zentraler Differenzen auf die advektiven Terme zu sehr ungunstigen Sta-bilitatseigenschaften fuhrt, wollen wir nun im Rahmen der Methode der Finiten Volumen eineUpstream-Strategie einfuhren: Dazu ersetzen wir den Fluß auf den Randern durch den strom-aufwarts gelegenen Knoten; fur die e(ast)-Seite erhalten wir so fur � $ �

#%*� � � � ��� ��

und falls � , �, dann ist wohl jedem/jeder klar, daß:

#%*� � � � ���� ���

Nach bewahrtem Rechengang ergibt sich nun das Verfahren

��� �� � �� ��

���� ��� �� � � ����� ����

���� ��� �� � � ����� ����

���

�� ��� � �� �� � � ����

�����

� ��� � �� �� � � �������

fur � � $ �.

11.4.3 QUICK- und QUICKEST-Verfahren

Das einfache Upstream-Verfahren ist wegen seiner geringen Konsistenzordnung mit einer ho-hen numerischen Diffusion behaftet. Daher versuchte man Verfahren zu konstruieren, die miteiner geringeren numerischen Diffusion behaftet sind. Leonard schlug daher 1979 vor, denFluß auf dem Rand eines Kontrollvolumens mit Hilfe eines quadratischen Polynoms zu in-terpolieren. Das Verfahren heißt daher ’Quadratic Upstream Interpolation for Convective Ki-netics’ (QUICK), woraus allerdings nicht gefolgert werden kann, daß es besonders schnellist.Betrachten wir die Situation in Abb. 11.2. Bei positiver Geschwindigkeit � soll fur die Be-rechnung des Flusses auf dem Rand des Kontrollvolumens � die Knoten 0 � �, 0 � � und 0verwendet werden, d.h. es wird mehr Information aus der Upstream-Richtung verwendet. Andiesen Knoten sind die Flusse # ��, # �� und # bekannt, wir suchen allerdings den Fluß aufdem virtuellen Randknoten 0� ���, der zwischen 0� � und 0 liegt.

11.4. DIE DISKRETISIERUNG ADVEKTIVER TERME 129

�� � �

�u

0� � 0� � 0

0� ���

x

Abbildung 11.2: Situation beim QUICK-Verfahren

Dazu wird im ersten Schritt ein Interpolationspolynom durch die Knoten 0 � �, 0 � � und 0gelegt. Nach der Lagrangeschen Interpolationsformel ist dieses durch

#��� ���� � ������ � ����� � � ����� � � ���# �

��� � ������ � ��� �� � � ����� �� � � �# ��

���� � ������ � �

�� �� � � ����� �� � � �# ��

gegeben. Der Leser, der dieses außerst wichtige Verfahren noch nicht kennt, schaue sich dieKonstruktion genau an und bestatige die Interpolationseigenschaften

#�� � � # #�� ��� � # �� #�� ��� � # ��� (11.7)

Fur den Spezialfall eines aquidistanten Gitters �� und dem Rand der Kontrollvolumina aufder Mitte zwischen zwei Knoten ���� ergibt sich fur den Fluß auf dem Rand:

#+,��- ���� �

# �� �

# � �

# �� �

��# �� � # �� �

�# � �# �� � # ��� (11.8)

Das QUICK-Verfahren wird in verschiedenen Variationen im Bereich der FV-Methode haufigverwendet. Sein wesentlicher Nachteil ist die Instabilitat fur die reine Advektionsgleichung,wenn diese explizit in der Zeit gelost wird. Leonard konstruierte deshalb ein zweites Verfahren,welches er auf den Namen QUICKEST (Quadratic Upstream Interpolation for ConvectiveKinetics with Estimated Stream Terms) taufte. Der Fluss # wird dabei auf unserer Kante nach

#+,��-./� ���� � #+,��-

���� � �

�*/ ���� �# � # ��� �

*/� ���� �# � �# �� � # ��� (11.9)

mit der Courantzahl

*/ ���� �� � � ��

��

��

Das Verfahren ist im Gegensatz zum QUICK-Verfahren auch fur die reine Advektionsglei-chung stabil, jedoch muß auch hier das Courantzahlkriterium eingehalten werden. In der Praxisder Finiten Volumen wird daher letzteres dem ersteren vorgezogen, weil man bei der Model-lierung der turbulenten Viskositaten und Diffusivitaten oftmals nicht ausschließen kann, daßdiese auch mal Null werden.

130 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

11.5 Globale und lokale Massenerhaltung

Global ist die Massenerhaltung eines Schemas garantiert, wenn der Fluß, der eine Randflacheeines bestimmten Kontrollvolumens verlaßt, auch tatsachlich in das benachbarte Kontrollvo-lumen einstromt.Finite-Volumen-Verfahren sind immer dann global massenerhaltend, wenn die Flusse auf denjeweiligen Randern als eigenstandige Großen berechnet werden.Die hier vorgestellten Verfahren (zentrales, upstream und QUICK) sind alle global massener-haltend.Im Gegensatz zur globalen Massenerhaltung spricht man von lokaler Massenerhaltung, wennauf jedem Knoten die Kontinuitatsgleichung erfullt ist.

11.6 Gestaffelte Gitter

Die numerische Behandlung von Stromungen mit Hilfe finiter Volumina hat uns gezeigt, daßFlußterme immer auf dem Rand der Kontrollvolumina berechnet werden sollten. Da die physi-kalischen Großen bisher nur auf Knoten im Zentrum der Volumina definiert wurden, war manzu Interpolationen gezwungen.Eine Moglichkeit zur Vermeidung dieser Interpolationen ist die Verwendung gestaffelter Git-ter, bei denen

� fur jede physikalische Große eigene Knoten definiert

� und fur jede Grundgleichung eigene Kontrollvolumina definiert werden.

Zur Losung etwa der Kontinuitatsgleichung der zweidimensionalen Gleichungen von Saint-Venant

����

����

�� �

betrachten wir die Variablenanordnung in Abb. 11.3. Die Variable � wurde im Zentrum desfiniten Volumens, die Variable � an der e- und w-Seite und die Variable � an der n- und s-Seiteangeordnet, da sie jeweils nur dort zu den Flussen beitragen.Integriert man uber das angegebene Kontrollvolumen, so erhalt man das Schema

��� �� � �� ��

���

� �� � � ���

�� ����� � � ���� � � ��

�� ������

��

� �� � � ���

�� ����� � � ���� � � ��

�� ������

��� ��

Dabei wurden die Knoten auf den Randern mit den ���-Indizes bezeichnet. Der Wasserstand� wurde auf den Randern jeweils zentral interpoliert.Aufgabe: Zeichnen Sie bei derselben Anordnung der Knoten ein Kontrollvolumen fur dieLosung der x-Impulsgleichung und konstruieren Sie das FV-Schema.

11.6. GESTAFFELTE GITTER 131

� � �

� � �

� � �

0� � 0 0� �

1 � �

1

1 � �

x x x x

x x x x

x x x x

Abbildung 11.3: Zweidimensionales gestaffeltes Gitter. Ausgefullte Kreise: �-Knoten, Kreu-ze: �-Knoten, leere Kreise: �-Knoten. Die dargestellte Aufteilung der Kontrollvolumina eignetsich zur Losung der Kontinuitatsgleichung.

132 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

# ���

# ���

# ���

Abbildung 11.4: Geometrie fur Finite Volumen auf Dreiecken

11.7 Finite Volumen auf Dreiecksnetzen

Die Methode der Finiten Volumen laßt sich auch auf Dreiecksnetze verallgemeinern. Dazubetrachten wir das in Abb. 11.4 dargestellte Dreieck als finites Volumen � , auf dem wir dieallgemeine Bilanzgleichung

�� div 5# � @

losen wollen.Eine gluckliche Fugung der Geometrie laßt alle Mittelsenkrechten in einem Dreieck sich ineinem Punkt schneiden. Wir wahlen diesen Mittelpunkt des das Dreiecke umschreibendenKreises als Stutzstelle fur die Großen und @, die im Dreieck 0 die Werte und @ haben. Aufden Mittelpunkten der Kanten sei die Projektion des Flusses auf den Aussennormalenvektor5#5� � # bekannt. Wir bezeichnen diese Normalenflusse auf den drei Kanten des Dreieckes 0mit# ���, # ��� und # ���. Jeder dieser Flusse soll den Mittelwert auf der entsprechenden Kantereprasentieren.Nun wird die allgemeine Bilanzgleichung uber die Dreiecksflache � integriert und die Diver-genz mit Hilfe des Gausschen Integralsatzes auf ein Randintegral reduziert

� �

� # ���? ��� � # ���? ��� � # ���? ��� � @

wobei ? ��� die Lange der k-ten Kante im Dreieck 0 ist. Ist der Fluss 5# nicht von seiner Bezugs-große abhangig, dann kann eine explizite Diskretisierung fur die Zeitableitung gewahlt wer-den. Dies ist aber eigentlich nie der Fall, so daß eine implizite Diskretisierung oder ein Crank-Nicolson-Verfahren vorgezogen werden sollte. Der Ubersichtlichkeit halber beschranken wiruns auf die Darstellung fur die implizite Diskretisierung der Zeitableitung:

� �� � �

���

�����

#�� ��� ? ��� � @

11.7. FINITE VOLUMEN AUF DREIECKSNETZEN 133

Ist der Fluss # linear von der Große abhangig, also # � � , dann ist die implizite Diskre-tisierung einfach #��

��� � � �� ��� . Oftmals ist der Fluss # allerdings nichtlinear von der Große

abhangig, also # � �� � . Dann kann man den Term durch die Zeitableitung linearisieren,also

#�� ��� � �� �

���� �� ���

setzen. In beiden Fallen benotigt man die Große auch auf den Kanten des Dreieckes, wasdurch den Index 0��� schon angedeutet wurde, womit die k-te Kante des i-ten Dreieckes be-zeichnet wird.Der Fluss #��

��� auf der k-ten Kante des i-ten Dreieckes muss in irgendeiner Form aus denWerten der Große aus den benachbarten beiden Dreiecken interpoliert werden. Wir wollenhier nicht spezifizieren, um welche beiden Dreiecke es sich da handelt und schreiben dieseInterpolation in der allgemeinen Form:

#�� ��� �

��#����

� ����1��� �� �

���

So werden alle zentralen Knoten der �; Dreiecke im Gitter berucksichtigt, wobei bei einerlinearen Interpolation nur zwei Gewichte � ����1� ungleich Null sind. An dieser Stelle konnenaber auch hohere Interpolationsverfahren berucksichtigt werden. Wir setzen nun den Fluß indie diskretisierte Bilanzgleichung ein und bekommen ihre Enddarstellung:

� �� � �

���

�����

��#����

� ����1��� �� �

��� ? ��� � @

Um sie zu losen, wollen wir sie in die Normalform � �� � � eines linearen Gleichungssy-stems bringen. Die Komponenten der Matrix � sind ganz offensichtlich

� � ��

��Æ � �

�����

� ����1��� �� �? ���

wobei Æ � das Kroneckersymbol ist und die Komponenten der rechten Seite haben die Form

� � � �

��

Schließlich kann das so entstandene Gleichungsystem mit einem Gleichungsloser gelost wer-den.Es sei ausblickend bemerkt, daß dieses Verfahren auf Elementformen mit beliebig vielenEcken ausdehnbar ist. Die einzige Bedingung, die jedes Element erfullen muß, daß die Mittel-senkrechten eines Elementes sich immer in einem Punkt schneiden. Ein aus solchen Basisele-menten aufgebautes Gitter nennt man orthogonal strukturiertes Gitter, ein aus Dreiecken undVierecken aufgebautes Teilgitter ist in Abbildung 11.5 dargestellt.

134 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

Abbildung 11.5: Ein Teil eines orthogonal strukturierten Gitters.

11.8. FINITE DIFFERENZEN UND FINITE VOLUMEN 135

11.7.1 Der außere Normalenvektor im Dreieck

Zur Bestimmung des Flusses auf den Kanten des Dreieckes benotigen wir die dortigen Au-ßennormalenvektoren. Ist das Dreieck durch die drei Punkte ��� ���, ��� ��� und ��� ���bestimmt, dann kann man schnell den einfachen Algorithmus

�� ��� � ���

��� � ���� � ��� � ����

�� ��� � ���

��� � ���� � ��� � ����

herleiten, der die Komponenten eines Normalenvektors zur Kante ��� ��� ��� ��� berechnet.Dieser Vektor weist aus dem Dreieck hinaus, falls

��� � ����� � ��� � ����� , �

ansonsten ist sein Vorzeichen in beiden Komponenten umzukehren.

11.7.2 Upstreaming auf Dreiecksnetzen

Auch auf Dreiecksgittern kann die explizite Diskretisierung der advektiven Terme zu Instabi-litaten fuhren, wenn man kein Upstreaming in das Verfahren einbaut. Sei also der Fluss #, denwir auf den Kanten bestimmen wollen, von der Große abhangig, die nur im Mittelpunkt desDreieckes bekannt ist, # � #� �. Entsprechend dem Upstream-Verfahren bei strukturiertenGittern berechnen wir den Fluss auf einer Kante 1 im Dreieck 0 dann mit dem Wert , wennder Flußvektor aus dem Dreieck weist. Im umgekehrten Fall wird der Wert � aus dem anderen,an derKante gelegenem Dreieck ? verwendet.Wie das Analogon auf strukturierten Gittern besitzt dieses Verfahren eine gewisse numerischeDiffusion. Upstream-Verfahren hoherer Ordnung, wie z.B. das QUICK-Verfahren, sind aufDreiecksnetzen bisher nicht verwirklicht worden.

11.8 Finite Differenzen und Finite Volumen

Finite Differenzen und Finite Volumen haben topologisch gesehen vollkommen unterschied-liche Ansatze: Wahrend erstere die Gleichungen auf einzelne Punkte reduziert, geht zweiterevon einer Bilanzierung auf endlichen Volumen aus. Die Methode der Finiten Volumen ist daherdem Stromungsgeschehen wesentlich naher als die Methode der Finiten Differenzen.Die Methode der Finiten Volumen ist vom geometrischen Standpunkt eine Verallgemeine-rung der FD-Methode, da sie prinzipiell auch Verfahren fur beliebige Gittergeometrien zurVerfugung stellt. Damit birgt sie das Potential in sich, die erheblich rechenaufwendigere undinstabilere Finite-Elemente-Methode in der numerischen Hydrodynamik abzulosen. Hier be-steht allerdings noch Entwicklungsbedarf.Die Unterscheidung von Finiten Differenzen und Finiten Volumen ist in der numerischenStromungsmechanik heute fließend. In vielen Programmsystemen werden daher FD/FV-Kombinationen verwendet: Auf einfachen z.T. aquidistanten Geometrien wird gestaffelt ge-rechnet, wobei die Verfahren flußorientiert entwickelt wurden.

136 KAPITEL 11. FINITE-VOLUMEN-VERFAHREN

Kapitel 12

Die Saint-Venantschen Gleichungen

Werden Stromungen durch die Burgersgleichung modelliert, so werden alternierend Ansamm-lungen und Senken der Fluidmasse produziert. Diese Verhalten wird dadurch moglich, weiles in der Burgersgleichung keinen Mechanismus gibt, der auf diese Kapriolen der Fluidmassereagieren kann und das Fluid in eine gleichmaßigere Verteilung zuruckdrangt. Stellt man sichhierzu eine Stromung in einem Kanal vor, so konnte die ruckstellende Kraft in der Form

� ���

modelliert werden, wobei � die Wassertiefe ist. Steigt also der Wasserstand an einem Ort inx-Richtung steil an, so wird das Wasser in entgegengesetzter Richtung wieder zuruckgedrangt.In der Hydromechanik der Oberflachengewasser wird gezeigt, daß die fehlende Proportiona-litatskonstante die Gravitationsbeschleunigung > sein muß und somit die Gleichung

�� �

�� �

��

��� >�

�eine naturnahe Stromung in einem kanalartigen Gerinne reproduzieren sollte.Bleibt nur die Frage nach dem Wasserspiegelgefalle also nach dem zeitlichen Verhalten derWasserspiegellinie � � ��� �� offen. Fur sie benotigen wir eine zweite Bestimmungsglei-chung, um das Problem zu schließen. Dabei lassen wir uns von dem Bild leiten, daß Verfor-mungen der Wasseroberflache konservativ advektiert werden, also durch die Gleichung

����

�� �

beschrieben werden. Die Saint-Venant-Gleichungen stellen eine solche Kanalstromung unterVernachlassigung des viskosen Terms dar, sie lauten also:

�� �

�� �

�� �

�� �

�� >

�� �

Mathematisch lassen sie sich als nichtlineares partielles Differentialgleichungssystem ersterOrdnung charakterisieren. Jede Gleichung enthalt neben der Advektion einen Kopplungsterm

137

138 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

mit der jeweiligen anderen Gleichung, im System konnen wir insgesamt drei nichtlineare Ter-me identifizieren.Im zweidimensionalen Fall sind die Saint-Venant-Gleichungen durch

����

����

�� �

�� �

�� �

�� �>�

��

�� �

�� �

�� �>�

gegeben. Sie stellen nur einen Teil der tiefen- und breitenintegrierten Hydrodynamik der Fließ-gewasser dar, da sie in sehr eng umgrenzten Spezialfallen gultig sind. Um die folgenden Ent-wicklungen allgemeiner zu halten, fuhren wir unbestimmte Quellterme ��, �� und �* ein, diealle vernachlassigten Prozesse enthalten sollen. Somit ist die allgemeinere Form der eindimen-sionalen Saint-Venant-Gleichungen

�� �

�� �

�� ��

�� �

�� >

�� ��

(12.1)

und die ihr zweidimensionales Analogon lautet:

����

����

�� ��

�� �

�� �

�� �>�

�� ��

�� �

�� �

�� �>�

�� �*

(12.2)

Eine hinreichend genaue physikalische Beschreibung der eindimensionalen Fließgewasser-stromungen ergibt sich fur die Belegung:

�� ��

$�� �

��

���%

�� � �>�!�

��

��

����

�� �

��

��*�

��

��

�"�*#�"�"

Dabei sind � der Gewasserquerschnitt, � dessen Breite, �! die Lage der Sohle, * der Che-zywert der Sohlschubspannung, �" die Luftdichte, �" die Windgeschwindigkeit und *# derWindschubkoeffizient. Diese Aufzahlung laßt erahnen, wieviele physikalische Effekte in die-ser Erweiterung berucksichtigt werden konnen.

12.1. HYPERBOLIZITAT DER SAINT-VENANT-GLEICHUNGEN 139

12.1 Hyperbolizitat der Saint-Venant-Gleichungen

Nach der Definitionsgleichung (5.2) lassen sich Differentialgleichungssysteme erster Ordnungin hyperbolische und elliptische einteilen. Um zu entscheiden, welcher Fall bei den Saint-Venant-Gleichungen vorliegt, identifizieren wir in der zitierten Gleichung �� mit �, �� mit �und �� mit �.Die Matrix � ist im eindimensionalen Fall dann

� �

�� �> �

�Ihre Eigenwerte sind � � �

>� und damit grundsatzlich reell, womit die Saint-Venant-Gleichungen hyperbolisch sind. Matrizen mit reellen Eigenwerten lassen sich grundsatzlichdiagonalisieren, d.h. es gibt ein bestimmtes Koordinatensystem, in welchem die Matrix � dia-gonal ist. Ist dieMatrix� diagonal, dann taucht in jeder der beiden Differentialgleichungen nurnoch eine Ableitung auf, die partiellen Differentialgleichungen entarten in diesem speziellenKoordinatensystem also zu gewohnlichen. Diese Eigenschaft macht sich die Charakteristiken-verfahren zunutze, die wir in den nachsten Abschnitten entwickeln wollen.Im zweidimensionalen Fall hat man die Matrizen �� und �� zu untersuchen, sie sind:

�� �

�� � � �> � �� � �

�� und �� �

�� � � �

� � �> � �

��

Ihre Eigenwerte sind � und � � �>� bzw. � und � � �>�, also reell und somit ist das Glei-

chungssystem auch hier hyperbolisch.

12.2 Charakteristiken der 1D-Gleichungen

Wir wollen nun untersuchen, wie wir die eindimensionalen Saint-Venant-Gleichungen ingewohnliche Differentialgleichungen umformen konnen. Dies sollte aufgrund ihrer Hyperbo-lizitat moglich sein.Ersetzt man in beiden Gleichungen die Wassertiefe � durch die sogenannteWellengeschwin-digkeit

� ��>� (12.3)

multipliziert die erste Gleichung mit > und teilt die Kontinuitatsgleichung durch �, so ergibtsich

��

�� ��

�� ��

��

>

���

�� �

�� ��

�� ���

Beide Gleichungen werden nun jeweils addiert und subtrahiert:

���� ��� � ��� ��

���� ��� � �� �

0 ��

���� ��� � ��� ��

���� ��� � �� � 0

��

140 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

� � � � � � �

� � � � � � �0 0 � �0� �

���

��

�� ��

��

��� �� ���

��� �� �

Abbildung 12.1: Charakteristiken der 1D-Gleichungen von Saint-Venant

Auf der linken Seite beider Gleichung steht der Form nach eine totale Ableitung der Variablen�� �� bzw. �� �� nach der Zeit auf Kurven, die durch

��

��� �� � � ��

�>� (12.4)

��

��� �� � � ��

�>� (12.5)

gegeben sind. Wir nennen sie charakteristische Kurven oder einfach Charakteristiken *� ������� ��� und *� � ������ ���. Auf den Charakteristiken reduzieren sich die Saint-Venantschen Gleichungen mit Hilfe der totalen Differentiale zu:

���� ���

���

���� ��� �

���� ���

��

��� �� �

>

��� auf *�

���� ���

���

���� ��� �

���� ���

��

��� �� � >

��� auf *�

Mit der ersten gewohnlichen Differentialgleichung konnen wir die zusammengesetzte Funkti-on � � ��, mit der zweiten � � �� bestimmen. Die geschickte Kombination dieser Losungenliefert uns dann die gesuchten Funktionen � und � bzw. �.

12.2.1 Das inverse Charakteristikenverfahren

Zur Losung der Saint-Venantschen Gleichungen betrachte man den Verlauf der Charakteristi-ken, die von einem Knoten � zum unbekannten Zeitschritt ��� in Richtung des bekanntenZeitschrittes �� ausgehen in Abb. 12.1.Die Basispunkte der Charakteristiken �� und �� zur Zeit �� ergeben sich durch die Losungihrer Differentialgleichungen 12.4 und 12.5. Dazu integrieren wir diese uber die Zeit:

�������

��

���� �

�������

��

�>�

��

�������

��

���� �

�������

��

�>�

��

12.2. CHARAKTERISTIKEN DER 1D-GLEICHUNGEN 141

Auf die linke Seite wird jeweils der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, auf dierechte Seite die Trapezregel angewendet:

�� � ��� � ��

�����

�!>���

� �� �!>�� � (12.6)

�� � ��� � ��

�����

�!>���

� �� �!>�� � (12.7)

In derselben Weise werden die Saint-Venantschen Gleichungen auf den Charakteristiken uberdie Zeit integriert:

�������

���� ���

���� �

�������

�� �

>

���

�� auf *�

�������

���� ���

���� �

�������

�� � >

���

�� auf *�

Zur Abkurzung setzen wir

)�*�� �

�������

�� �

>

���

�� � ��

��� ��

� �>

�� ��

� � � �� �

>

�� �

� � (12.8)

)�*�� �

�������

�� � >

���

�� � ��

��� ��

� � >�� ��

� � � �� � >

�� �

� � (12.9)

und man erhalt:

��� � ����

� �� � ��� � )�*�� auf *�

��� � ����

� �� � ��� � )�*�� auf *�

Addition und Subtraktion der beiden Gleichungen und ein wenig Umformen liefern schließlichdie Losungen:

��� �

��� � �� � ��� � ��� � )�*�� � )�*��

�(12.10)

��� �

��>

��� � �� � ��� � ��� � )�*��� )�*���� (12.11)

Das Verfahren ist nun eigentlich vollstandig, nur daß schon in der Berechnung der Basispunktedie gesuchte Losung als auch die Werte von � und � an der Basis implizit erscheinen. Wirgehen daher in jedem Zeitschritt iterativ vor:

� 1. Schritt: Setze fur alle Knoten ��� � �� , �

� � �� , �

� � �� und �

�� � �� ,

�� � �� , �� � �� .

� 2. Schritt: Berechne zu jedem Knoten die Basisknoten �� und �� .

142 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

� � �

� � �

�� �� ���

��

���

*�

Abbildung 12.2: Zum Einbau von Randbedingungen

� 3. Schritt: Interpoliere die Basiswerte �� , �� , �

� und �� .

� 4. Schritt: Berechne die Integrale )�*�� und )�*�� fur alle Knoten.

� 5. Schritt: Berechne ��� und ���

fur jeden Knoten.

� 6. Schritt: Zur Fehlerabschatzung berechne nochmals die Basisknoten und vergleichemit den alten: Ist die maximale Differenz der beiden zu groß, gehe zuruck zu Schritt 2.

Dieses Verfahren ist fur jeden Zeitschritt zu wiederholen. Die Konsistenzordnung des Charak-teristikenverfahrens ergibt sich dann in der Zeit aus dem Exaktheitsgrad der Zeitintegrationund im Raum aus der Ordnung des verwendeten Interpolationsschemas. Das Verfahren ist un-abhangig vom Zeitschritt stabil.

12.2.2 Randbedingungen

An den Randknoten stehen zur Anwendung des Charakteristikenverfahrens jeweils nur eine,d.h. die in das Gebiet laufende Charakteristik zur Verfugung. Wir betrachten die Situation amlinken Rand am Knoten �� in Abb. 12.2. Es steht hier als einlaufende Charakteristik *� zurVerfugung. Der Basispunkt ��� berechnet sich als

��� � ���� � ��

�����

� �!>���

� � ��� ��>���� (12.12)

Auf der Charakteristik gilt:

���� � �

!>���

� � ��� � �!>��� � )�*�� (12.13)

Die Gleichung ist explizit losbar, wenn wir entweder ���� oder ���

� kennen. Damit muß ent-weder die Wassertiefe � oder die Geschwindigkeit � als Randbedingung vorgegeben werden.Fur einen �-Rand (� vorgegeben) folgt dann:

���� � �

!>���

� � ��� � �!>��� � )�*�� (12.14)

Der rechte Rand erfahrt im Charakteristikenverfahren die entsprechende Sonderbehandlung.

12.2. CHARAKTERISTIKEN DER 1D-GLEICHUNGEN 143

� � �

� � ���

���

�� �� ��

���

*�*�

*��

Abbildung 12.3: Eine linkslaufende Charakteristik verlaßt das Stromungsgebiet.

Ein weiterer Sonderfall tritt ein, wenn eine von einem Innenknoten ausgehende Charakteristikdas Gebiet verlaßt. Zur Analyse der Situation betrachte man Abb. 12.3. Die Idee besteht dar-in, die linkslaufende Charakteristik *� nur bis zum Rand zu verfolgen. Da von jedem Punktin Raum und Zeit zwei Charakteristiken und somit auch vom Randschnittpunkt eine rechts-laufende Charakteristik *�� ausgeht, verfolgen wir diese weiter bis zur Basis am Zeitschritt��.Im Programm stellen wir also fest, daß unser Basiswert �� außerhalb des Stromungsgebietesist, d.h. also kleiner als �� ist. Wir berechnen dann sofort den reduzierten Zeitschritt��� als

��� � ����� � ����� � ��

(12.15)

Fur einen �-Rand (die entsprechende Prozedur fur einen �-Rand sei dem Leser zur Ubunguberlassen) interpolieren wir die Randbedingung an diesem Durchstoßzeitpunkt:

�� ����

����� �

��� ���

��

����� (12.16)

Der Basispunkt der Charakteristik ergibt sich nun aus der Integration der Differentialgleichung

��

��� �� � � ��

�>�

zwischen �� und �� �������. Man erhalt

�� � �� � ������

���� �

�>�� � �

� �

!>�� � (12.17)

Schreiben wir nun die Bedingungen auf den drei Charakteristiken hin:

��� � ����

� �� � ��� � )�*�� auf *�

��� � ����

� �� � ��� � )�*�� auf *�

�� � ��� � �� � ��� � )�*��� auf * ��

144 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

Fur die drei Unbekannten �� , ��� und ���

stehen drei Gleichungen zur Verfugung. Durchdie Auflosung erhalt man:

�� � ��� � �� � ��� � )�*��� (12.18)

��� �

��� � �

� � ��� � ��� � )�*�� � )�*��

�(12.19)

��� �

��>

��� � �� � ��� � ��� � )�*��� )�*���� (12.20)

Die expliziten Losungen fur ��� und ���

unterscheiden sich formal nicht vom Normalfall,bei dem die Basispunkte im Gebiet liegen. Es andert sich lediglich die Basispunktberechnungfur die auslaufende Charakteristik.

12.3 Charakteristiken der 2D-Gleichungen

Die zweidimensionalen Saint-Venant-Gleichungen lassen sich in Matrixform als

�������

��

��

�������

�� � � �> � �� � �

��

�������

��

��

�������

�� � � �

� � �> � �

��

�������

��

��

������� �

�� ���

��

��

darstellen.Das Ziel ist es wieder, die Charakteristiken, d.h. die Kurven in Raum und Zeit zu suchen,auf denen die drei partiellen Differentialgleichungen zu gewohnlichen entarten: Diese Kurvenwerden Charakteristiken genannt.Dies kann dadurch geschehen, daß wir die partiellen Ableitungen in der Zeit durch totaleAbleitungen auf den Charakteristiken ersetzen. Dazu versuchen wir, die Matrizen zu diagona-lisieren, wobei wir die Eigenwerte der ersten Matrix formal mit %�

%�und die der zweiten Matrix

mit %�%�bezeichnen. Die diagonalisierten Gleichungen nehmen dann die Gestalt

�������

��

��

�������

��������

��� �

���

���

� ���

��

������

�������

��

��

�������

��������

��� �

���

���

> ���

��

������

�������

��

��

������� �

�������

����

��

����

��

��

����

��

����

��

��

����

��

����

��

������� �

��������

����

����

��

������ � ���

Die Eigenwerte der Matrizen bestimmen sich aus

12.3. CHARAKTERISTIKEN DER 2D-GLEICHUNGEN 145

det

�������� ��

��� �

> �� ����

� � �� ����

������ �

��� ��

��

��

� >���� ��

��

�� �

det

������� � ��

��� �

� � � ����

> � � � ����

������ �

�� � ��

��

��

� >��� � ��

��

�� �

Folglich lassen sich die tiefengemittelten Gleichungen auf der Charakteristik

��

��� � und

��

��� � (12.21)

die der Bahnlinie entspricht, und den Charakteristiken

��

��� ��

�>� und

��

��� � �

�>� (12.22)

sowie

��

��� ��

�>� und

��

��� � �

�>� (12.23)

die man manchmal auch als Bicharakteristiken bezeichnet, auf gewohnliche Differentialglei-chungen mit totalen Ableitungen reduzieren.Da die gesamte Herleitung unabhangig vom gewahlten Koordinatensystem sein muß, geltendie Aussagen auf dem gesamten sogenannten bicharakteristischen Kegel der Form�

��

��� �

��

���

��� �

��

� >� (12.24)

Fur einen gegebenen Raum-Zeit-Punkt �� � �� formen die diesen Punkt schneidenden Kurvenden sogennannten bicharakteristischen Kegel.Die physikalische Interpretation des bicharakteristischen Kegels ist direkt mit der Hyperboli-zitat des Problems verbunden: Der von einem beliebigen Raum-Zeit-Punkt ���

��� �

�� in dieZukunft laufende Kegel umrandet das Gebiet, welches durch die Storung von diesem Raum-Zeit-Punkt beeinflußt wird (Abb. 12.4) und wird somit Einflußgebiet genannt.Umgekehrt wird der Punkt ��� �

�� �

�� aus der Vergangenheit nur von den Gebieten beein-flußt, die innerhalb des ruckwartig verlangerten bicharakteristischen Kegels liegen. Das sodefinierte Gebiet wird daher Abhangigkeitsgebiet genannt.

12.3.1 Die stationaren tiefengemittelten Gleichungen

Im stationaren Fall, bei dem die Zeitableitungen aus den Gleichungen verschwinden, andernsich die Verhaltnisse drastisch. Die tiefengemittelten Gleichungen nehmen in der Matrix-schreibweise die Form

146 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

)���

)��

��

��

)��

��

)��

/ � � � � � � � � � � � � � � � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � �� �� 120)���

/ � � � � � � � � � % # � % � �

� � � � � � � � � � � � � � � � � � �� �� 120)���

��

)���

Abbildung 12.4: Der bicharakteristische Kegel im Fall einer konstanten Geschwindigkeit 5� ��� ���.

�� � � �> � �� � �

��

�������

��

��

�������

�� � � �

� � �> � �

��

�������

��

��

������� �

�� ���

��

��

Da die Zeit � nicht mehr als Variable zur Verfugung steht, wahlen wir ohne Beschrankung derAllgemeinheit die y-Richtung als Parameter fur die zu bestimmenden Charakteristiken. Aufihnen sind die totalen Ableitungen einer Funktion dann

���

����

��

��

Lost man nach der lokalen Ableitung auf und ersetzt diese in den Gleichungen

��������� ��

��� � ����

��

> �� ����� �

�����

� �� �����

�������

�������

��

��

������ �

�� � � �

� � �> � �

��

�������

��

����

����

��

������� �

�� ���

��

��

Der Term mit den verbleibenden lokalen Ableitungen entfallt genau dann, wenn seine Deter-minante Null ist:

12.3. CHARAKTERISTIKEN DER 2D-GLEICHUNGEN 147

det

��������� ��

��� � ����

��

> �� ����� �

�����

� �� �����

������� � �

was auf den Charakteristiken

��

����� � �

��� � �� � ���� � ��

und

��

����� � ���� � �� � ��

�� � ��der Fall ist [26]. Im Gegensatz zum hyperbolischen instationaren Fall sind die Gleichungen

� bei schießenden Stromungen (�� � �� $ ��) hyperbolisch

� und bei stromenden Stromungen (�� � �� , ��) elliptisch.

Dieser Sachverhalt ist bei der numerischen Behandlung der stationaren Gleichungen zuberucksichtigen.

12.3.2 Inverse Bicharakteristikenverfahren fur die 2D-Gleichungen

Es sei nun ein numerisches Verfahren vorgestellt, welches die Navier-Stokes-Gleichungen mitHilfe der Bicharakteristiken lost. Dazu ist zu untersuchen, wie sich die Losung auf den Strom-linien als auch den Bicharakteristiken verhalt. Die dieses Verhalten darstellenden Gleichungenheißen Kompabilitatsbedingungen [?].Indem die Terme der Kontinuitatsgleichung umgestellt werden zu

�� �

�� �

�� ����

���

�� (12.25)

liest sich die Kompabilitatsbedingung auf einer Stromlinie ab als

��

��� ����

���

��� (12.26)

Der bicharakteristische Kegel wird durch die Einfuhrung des Winkels ( parametrisiert:

��

��� ��

�>� ���( (12.27)

��

��� � �

�>� ���( (12.28)

Somit erhalt man fur die totale Ableitung der Wassertiefe � auf einem bicharakteristischenKegel mit der Kontinuitatsgleichung

148 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

��

���

�� ���

�>� ���(�

�� �� �

�>� ���(�

��>� ���(

��

�>� ���(

�� ��

�� ��

�� (12.29)

Und in der selben Art erhalt man fur die Impulsgleichungen

��

���

�� ���

�>� ���(�

�� �� �

�>� ���(�

� �>��

��>� ��� (

��

�>� ���(

�� �� (12.30)

und

��

���

�� ���

�>� ���(�

�� �� �

�>� ���(�

� �>��

��>� ���(

��

�>� ���(

�� ��� (12.31)

Werden (12.29) mit >, (12.30) mit�>� ���( und (12.31) mit

�>� ���( multipliziert und

schließlich addiert, so erhalt man fur die Kompabilitatsbedingung auf den bicharakteristischenKurven

>��

���

�>� ��� (

��

���

�>� ���(

��

��� (12.32)

�>������ (

�� ���( ���(

��

���

�� ���� (

���>� ���� (�� � ���(��� �

Zur numerischen Losung kann ein inverses tetrahedrales Netz [?] benutzt werden: Dazu be-trachte man drei bicharakteristische Kurven (Abb. 12.5), die durch die willkurlichen Winkel( � � �7� �7� gegeben seien und sich von einem Knoten (���

���� ���) in der Zeit

zuruck bewegen (Abb. 17). Wieder werden die Basispunkte der drei Kurven zur Zeit �� mitden Gleichungen (12.27) und (12.28) bestimmt und die Werte von �,� und � an diesen Punk-ten interpoliert. Aus den Kompabilitatsbedingungen (12.32) fur alle drei Bicharakteristikenkonnen nun die gesuchten Werte zum Zeitpunkt ��� durch das Ersetzen der totalen Ableitun-gen durch Vorwartsdifferenzen bestimmt werden.In einem inversen pentahedralen Netz [19] werden vier bicharakteristische Kurven und dieStromlinie verwendet, so daß auch die partiellen Ableitungen in (12.26) ohne Interpolationbestimmt werden konnen.

12.4 Das semiimplizite Verfahren von Casulli

Das semiimplizite Verfahren von Casulli [5] ist ein Losungsverfahren fur Differentialglei-chungssysteme, die die Kontinuitatsgleichung enthalten. Diese enthalt als Losungsfunktionen

12.4. DAS SEMIIMPLIZITE VERFAHREN VON CASULLI 149

� �)) 2 �� �

� ��

� )) 2 ��

� ��

� )) 2 ��

� ��

� )) 2 ��

� �� ��

� 2)�

� ��

� )) 2 ��

� ��

� )2 �

� ��� � 2

� �� ��

� 2)�

� ��� � )) 2

� ��� � 33 2

� ��

� )2 �

� �� ��

� 2

Abbildung 12.5: Das inverse tetrahedrale Netzwerk auf einem rechteckigen Gitter.

die Wassertiefe � und die Geschwindigkeit �, wobei durch letztere eine Kopplung mit der Im-pulsgleichung entsteht. Ziel ist es, die Kontinuitatsgleichung implizit in � und explizit in � zudiskretisieren, wodurch die Gleichungen entkoppelt werden. Aus Stabilitatsgrunden sind je-doch in der Kontinuitatsgleichung auch implizite Anteile von � zu berucksichtigen. Sie habendaher die allgemeine zeitdiskrete Form:

��� � ����

� ����� ����

�� � �

Die Operatoren �� und�� konnen dabei durchaus von �� und �� abhangen. Problem ist ���,da es an dieser Stelle noch nicht bekannt ist. Es wird aus einem zeitdiskreten Verfahren fur dieKontinuitatsgleichung gewonnen, welches die folgende Form haben muß:

��� � ���� ����

��

Setzt man dieses Verfahren in die Kontinuitatsgleichung ein

��� � ����

� ��

����

� ������

�����

�� � �

dann bleibt eine implizite Gleichung zuruck, in der nur noch � zum neuen Zeitschritt gesuchtwird. Nach der Losung dieser Gleichung laßt sich nun auch mit Hilfe der vorangegangenenGleichung ��� bestimmen.Das Verfahren funktioniert also nur, wenn man die Geschwindigkeitsterme in der Impulsglei-chung explizit und stabil diskretisieren kann.In den von Casulli entwickelten Verfahren wird der semiimplizite Algorithmus auf einemgestaffelten Finite-Volumen-Gitter angewendet. In den Zentren der Volumina ist dabei jeweils

150 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

die Wassertiefe � und auf den Randern die Stromungsgeschwindigkeit � abgespeichert, letz-tere werden durch halbzahlige Indizes gekennzeichnet.Die Integration der Kontinuitatsgleichung in der konservativen Form

����

�� �

uber das Volumen � liefert

��� � �� ��

���� ����

� ��� � ���

������ ����

��� �

Dabei ist die Stabilitat des Verfahrens garantiert, wenn lediglich � im Flußterm implizitgewahlt wird. Auf den Volumenrandern berechnet sich der Wasserstand als Mittelwert derangrenzenden Volumina:

�� ��� ��� � �

� �

Die so diskretisierte Kontinuitatsgleichung ist noch nicht losbar, da uns die Geschwindigkeitzum neuen Zeitschritt � � � fehlt. Jene gewinnen wir aus der Impulsgleichung, auf die einLagrangeverfahren angewendet wird. Dies ist absolut stabil, in der zeitdiskretisierten Formschreibt es sich als:

��� � ���

� >���

�� �

Die Geschwindigkeit � ist an Knoten mit Halbindizes abgespeichert und die Ableitung derWassertiefe wird durch eine zentrale Differenz diskretisiert:

��� ��� � � ���

��� >

��� � � ���

��� � (12.33)

Die in der Kontinuitatsgleichung auftauchenden Geschwindigkeiten ��� ��� und �

�� ���� werden

schließlich substituiert:

��� � �� ��

�� ��� � � ����

��� >��

��������

� � ��� ��� ��� � ����

� ��� �� ��

� ����

�� �

(12.34)Der Algorithmus des Gesamtverfahrens besteht aus drei Schritten:

� 1. Schritt: Berechne die Werte der Geschwindigkeiten an den Basen der Bahnlinien� ���.

� 2. Schritt: Lose das Gleichungssystem (12.34) fur die Wassertiefe ���.

� 3. Schritt: Lose die Impulsgleichungen (12.33) fur die Geschwindigkeit ���.

Den ersten Schritt hatten wir schon eingehend in Kapitel 8 untersucht. Wir wollen nundie Eigenschaften des Gleichungssystems (12.34) untersuchen. Laufen wir die vorhandenenLosungsknoten von 0 � � bis durch, so sehen wir, daß die Gleichung fur den ersten und

12.4. DAS SEMIIMPLIZITE VERFAHREN VON CASULLI 151

letzten Knoten nicht gultig sein kann, hier fehlen uns Randbedingungen, die Werte ���� und

���� mussen also vorher bekannt sein. Das Gleichungssystem (12.34) schreibt sich nun inMatrizenform ���� � � als:

�������

� � ��� ��� �� ��

. . . . . . . . .���� ���� ��

� ��� � �

�������

�����������

����...

������

����

������� �

�����������

��...

���������

�������

Im Inneren der Matrix sind Diagonal- und Extradiagonalelemente durch Gleichung (12.34)vorgegeben, sie lauten:

� � � �>���

������� �� � ��� � �

� �

�� � � >��

������� �� � �

�Die Matrixelemente der rechten Seite sind:

� � �� �

��

��

�� � � ��

�Offensichtlich ist das Innere der Matrix symmetrisch, und die Randbedingungen zerstorendiese Symmetrie. Wir wollen diese also aus dem zu losenden Gleichungssystem herausnehmenund reduzieren dieses auf die Knoten zwischen 0 � � und � �:

��������� �� ��� ��� �� ��

. . . . . . . . .���� ���� ����

� ��� ���� ����

�������

��������

����.........

������

�������� �

�������

�� � ������

��...

�������� � �����

�������

Die Matrix ist nun symmetrisch und positiv definit. Sie zahlt daher zu dem denkbar gutmutig-sten Matrizentyp und kann mit nahezu allen Gleichunglosern gelost werden.Das Verfahren ist unabhangig von Zeitschritt stabil. Der Beweis hierzu ist etwas schreibin-tensiv und soll daher nur angedeutet werden. Er verwendet die in Abschnitt 3.3.2 dargestellteBeweistechnik. Die linke Seite der Stabilitatsbedingung

������ � �

�������

besteht aus dem Betragsquadrat des Vektors �� und ist daher immer positiv. Die rechte Seiteist immer negativ. Dies liegt am negativen Vorzeichen der � , die die Beziehung � � �� � �� � erfullen. Die auf der Diagonalen der Matrix erscheinenden � mit negativem Vorzeichenheben sich jeweils mit dem positiven, aber ansonsten identischen Term der nachsten Zeile auf.

152 KAPITEL 12. DIE SAINT-VENANTSCHEN GLEICHUNGEN

12.5 Bewertung

Fur die Saint-Venantschen Gleichungen existieren noch eine Vielzahl von weiteren Losungs-verfahren, die Tan Weiyan in seinem 1992 erschienenen Buch Shallow Water Hydrodynamics[27] zusammengestellt hat. Die Mehrheit dieser Losungsverfahren krankt an der Stabilitat.Sowohl die Charakteristikenverfahren als auch das semiimplizite Verfahren von Casulli sindstabil, letzteres ist in dem zitierten Buch noch nicht beschrieben. Die Implementation des Cha-rakteristikenverfahrens fur den zweidimensionalen Fall ist allerdings extrem umstandlich undes ist auch nur schwer erweiterbar fur die bisher nicht berucksichtigten Prozesse in tiefeninte-grierten Stromungen. Da dies beim Casulliverfahren nicht der Fall ist, soll es als Standardver-fahren zur Losung der Saint-Venantschen Gleichungen empfohlen werden.

Kapitel 13

Galerkinverfahren

Wahrend die Methode der Finiten Differenzen die Differentialoperatoren diskretisiert, wirdbei der Methode der Finiten Elemente der Raum der Losungsfunktionen diskretisiert. Die Dif-ferentialoperatoren bleiben dabei unangetastet.Der Gewinn dieses Vorgehens gegenuber den Finiten Differenzen besteht im besseren geome-trischen Auflosungsvermogen der Methode der Finiten Elemente. Mit ihr lassen sich Differen-tialgleichungen im Zweidimensionalen auch auf Dreiecksgittern oder im Dreidimensionalenauf Tetraedern losen. Dadurch konnen komplexe Rander besser aufgelost und lokale Verfeine-rungen des Netzes berucksichtigt werden.Da aber nun auch Finite Volumen auf unstrukturierten Geometrien (d.h. insbesondere Drei-ecksgittern im zweidimensionalen) angewendet wurden, wie sie vorher nur den Finiten Ele-menten vorbehalten waren, ist ein Wettkampf zwischen diesen beiden Methoden eingelautetworden, bei dem aller Voraussicht nach die Finiten Elemente in der reinen Hydromechanikden Kurzeren ziehen werden. Sie sind nicht nur rechenintensiv und recht instabil, sondernauch nicht konservativ.Ein wesentlicher Vorteil der FE-Verfahren ist die Produktion von sogenannten schwachenLosungen, die auch mit unstetigen Materialparametern fertig werden, so wie sie an den Kon-taktflachen zwischen zwei Medien auftreten. Wenn nur die Wassersaule eines Gewassers mo-delliert wird, hat man nicht mit unstetigen Materialeigenschaften zu kampfen. Dies ist in derKontinuumsmechanik anders, daher wird die FE-Methode dort auch intensiv genutzt.In diesem Kapitel werden wir das Galerkinverfahren als Kochrezept zur Finite Elemente Me-thode kennenlernen.

13.1 Das Standard-Galerkinverfahren

Wir wollen die Losung � der recht abstrakten Gleichung

�� � (13.1)

suchen. � sei ein linearer Differentialoperator. Beim Standard-Galerkin-Verfahren wird imersten Schritt der unendlichdimensionale Raum der Losungsfunktionen durch einen endlich-dimensionalen Teilraum ersetzt, welcher durch die Basisfunktionen

(� ��� (�

153

154 KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN

aufgespannt sein soll.Die gesuchte Losung (genauer: die Projektion der Losung) laßt sich dann als

�� ��� ��

� (

darstellen und in die Differentialgleichung einsetzen:

�� ��

� �( �

Um hieraus ein algebraisches Gleichungssystem zu gewinnen, wird die Gleichung der Reihenach mit den Ansatzfunktionen (�, 1 � � ��� multipliziert und uber das Losungsgebietintegriert:

�� ��

� �

�( (��� � �

(��� 1 � � ��� (13.2)

In ihrer Funktion als Multiplikatoren bezeichnet man die Ansatzfunktionen an dieser Stelleauch alsWichtungsfunktionen. Sie sind der Trager des Integrals, denn nur dort wo die Wich-tungsfunktionen nicht Null sind, wird das Integral jeweils ausgewertet.Es ist somit ein lineares Gleichungssystem mit der Matrix

�( (��� und der rechten Sei-

te �

(��� entstanden. Gesucht sind die Unbekannten ��, ... , �� , aus denen sich dann die

vollstandige Losung konstruieren laßt.

13.2 Die Poissongleichung in der Hydrodynamik

Eine der wichtigsten partiellen Differentialgleichungen ist die Poissongleichung, sie hat dieForm:

�� ����

�����

�����

���

Sie taucht in der Hydromechanik an verschiedenen Stellen auf, wir wollen hier nur zwei Bei-spiele herausnehmen, die Potentialstromungen, sowie die Druck-Korrektur-Verfahren.

13.2.1 Potentialstromungen

Die Massenerhaltung in inkompressiblen Fluiden wird durch die Kontinuitatsgleichung

���

���

�� �

beschrieben. In der Theorie der Potentialstromungen geht man davon aus, daß sich das Vek-torfeld der Geschwindigkeiten rotationsfrei ist, d.h.:

rot 5� � �

13.2. DIE POISSONGLEICHUNG IN DER HYDRODYNAMIK 155

Dann laßt sich zeigen, daß die Geschwindigkeit 5� durch eine skalarwertige Funktion ( in derForm

5� � grad ( (13.3)

ersetzt werden kann. Setzen wir diese in die Kontinuitatsgleichung ein, dann bekommt mandie Laplacegleichung

div grad ( ��(

����(

����(

��� � (13.4)

die der homogene Spezialfall der Poissongleichung ist.

13.2.2 Druck-Korrektur-Verfahren

Eine Poissongleichung fur den Druck wird bei Druck-Korrektur-Verfahren gelost, welche dieNavier-Stokes-Gleichungen unter Anwendung des Operator-Splittings entkoppeln.Dazu wird der Druck zum unbekannten Zeitschritt ��� in der Form

��� � �� � ��

geschrieben. Dabei werden die Navier-Stokes-Gleichungen in zwei Gleichungen

5����� � 5����

� 5� grad 5� � 5 � �

�grad �� � ��5�

5��� � 5�����

��� ��

�grad ��

zerlegt. Die Addition beider Gleichungen ergibt die ursprunglichen Navier-Stokes-Gleichungen, wobei der Druckterm zum unbekannten Zeitschritt berechnet wird.Der Trick des Verfahrens besteht darin, daß man fur �� einen bekannten Druck einsetzt. Dieserkann entweder

� der hydrodynamische Druck zum Zeitschritt �

� oder der hydrostatische Druck [6] sein.

In beiden Fallen verschwindet der Druck als gesuchte Variable aus den Navier-Stokes-Gleichungen.Von der zweiten Teilschrittgleichung wird die Divergenz gebildet. Da man div 5��� � � errei-chen will, verbleibt die Losung der Poissongleichung

��� ��

��div 5������ (13.5)

Im Gegensatz zur exakten Druck-Poissongleichung taucht in ihr nur der Druck als gesuchteVariable auf, die rechte Seite ist nach der Losung der ersten Schrittes bekannt.Druck-Korrektur-Verfahren existieren in den verschiedensten Variationen fur stationare alsauch instationare Probleme. Zu nennen sind u.a. die Familie der SIMPLE-Algorithmen [21].

156 KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN

13.3 Losung der 1D-Poissongleichung

Als einfaches Beispiel fur die Anwendung des Galerkinverfahrens wollen wir nun die Pois-songleichung im Eindimensionalen

���

����

numerisch losen. Der Leser studiere diesen Abschnitt sehr genau, nur dann wird ihm die An-wendung des Standard-Galerkin-Verfahrens in Fleisch und Blute ubergehen.Im ersten Schritt werden die Funktion � und durch Lagrangesche Ansatzfunktionen ( aufden Knoten 0 interpoliert, d.h.

� ��

� (

��

(

Man erhalt:

�� ��

� ��( ���

��� ��

(

Offensichtlich sind nun die Ableitungen auf die Ansatzfunktionen ubertragen worden.Im zweiten Schritt multiplizieren wir mit den Wichtungsfunktionen, die im Standard-Galerkinverfahren die Ansatzfunktionen (� selbst sind:

�� ��

� ��( ���

(� ��� ��

( (� 1 � � ���

Im dritten Schritt integrieren wir uber das gesamte Losungsgebiet � � ��� �� �:

�� ��

�����

��( ���

(��� ��� ��

�����

( (��� 1 � � ���

Man sieht hier, daß zur Losung der Poissongleichung mindestens Ansatzfunktionen zweiterOrdnung vonnoten sind, da ansonsten die linke Seite verschwinden wurde. Allgemein folgernwir, das die Ordnung einer Differentialgleichung (d.h. die maximale Ableitungsordnung) auchdie Ordnung der Ansatzfunktion bestimmt. Hier laßt sich allerdings als Trick die partielleIntegration anwenden, der die Anwendung linearer Ansatzfunktionen ermoglicht. Fur die linkeSeite gilt

�� ��

�����

��( ���

(��� ��� ��

� �( ��(�

�������

��

��� ��

�����

�( ��

�(�����

Somit erhalten wir:

13.3. LOSUNG DER 1D-POISSONGLEICHUNG 157

�� ��

� �( ��(�

�������

��

��� ��

�����

�( ��

�(����� �

�� ��

�����

( (��� 1 � � ���

Wir bestimmen zuerst den Term

�� ��

� �( ��(�

��������

���

��(�

��������

���

������(���� �� ��

������(����� �

���������

��

����� � fur 1 �

�����

���� fur 1 � �

Durch die partielle Integration werden also Neumannsche Randbedingungen am ersten undletzten Knoten automatisch in das Verfahren eingebunden. Fur alle Innenknoten reduzierensich die Gleichungen zu:

��� ��

�����

�( ��

�(����� �

�� ��

�����

( (��� 1 � � ���

Dieses lineare Gleichungssystem wird ubersichtlicher, wenn man zur Abkurzung die Koeffizi-enten

! � �

�����

( (��� (13.6)

der Massenmatrix& und die Koeffizienten

� � �

�����

�( ��

�(����� (13.7)

der Steifigkeits- oder Diffusionsmatrix ; einfuhrt. Letztere hat ihre Bezeichnung in der Vor-wegnahme kommender Dinge. Man erhalt das sehr einfach aussehende Gleichungssystem

�;� �&

Im vierten Schritt mussen die Koeffizientenmatrizen berechnet werden, was im wesentlichenauf die Auswertung verschiedener Integrale uber Kombinationen der Ansatzfunktionen hin-auslauft.Die Massenmatrix ist symmetrisch, d.h. es gilt ! � � !� . Desweiteren sind nur die Koeffi-zienten von Null verschieden, bei denen beide Ansatzfunktionen einen nichtverschwindendenUberlapp haben. Es verbleibt somit,! � ��,! � und! � � zu berechnen. Fur diese folgt nachlanger ermudlicher Rechnung

158 KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN

! �

�������

�� � � ��

��

��

�� �

�������

�� � � �

��

��

�� ����

und

! � �� � ! � � ���

Die Steifigkeitsmatrix ist ebenfalls symmetrisch und tridiagonal, mit

( ���

��

���������

� fur � � � �� und � � � �

� � � �� fur � �� � � � � ��

� � � � fur � � � � � �

ergibt sich sofort

� ��

��� � �� � � � � � � �

���

Insgesamt ergibt sich somit an Innenknoten 1 � � ��� � � das Verfahren

� �� � �� � � �

���� �� � � � �

Somit nimmt auch das FE-Verfahren auf einem aquidistanten Gitter die außerliche Form einesFD-Verfahrens an. Die Inhomogenitat taucht allerdings in der Form einer raumlichen Wich-tung auf. Das so entstandene lineare Gleichungssystem ist nun mit einem geeigneten Loser zulosen.

13.4 Integrationsverfahren

Wir wollen nun von dem Spezialfall einer aquidistanten Diskretisierung absehen und zu-dem auch mehrdimensionale Probleme betrachten. Um das Gleichungssystem der FE-Diskretisierung aufzubauen, sind im wesentlichen verschiedene Integrale aus Kombinationender Ansatz- und Wichtungsfunktionen und deren Ableitungen auszuwerten.

13.4.1 Die Integraltransformationsformel

Dabei ist auch hier die Transformation auf ein Referenzelement eine wichtige Rechentechnik.Ist � das Element, uber welches integriert werden soll und �� das Referenzelement, so giltder Integraltransformationssatz:�

��

�� � ���� �

���

�8 : <����C1 �� (13.8)

wobei C1 die Determinante der Jakobimatrix

13.4. INTEGRATIONSVERFAHREN 159

C1 �

���

���'

���'

���'

���2

���2

���2

���3

���3

���3

���

der Transformation ist.

13.4.2 Analytische Integration

Optimal sind analytische Integrationsbeziehungen, die bei einfachen Elementgeometrien etwaim 1D-Fall, bei 2D-Dreiecken oder 3D-Tetraedern existieren. So hilft bei der Integration desEinheitslinienelementes die Formel

���

8��� 8��8 � � �

��� � � �� (13.9)

Auch auf dem 2D-Einheitsdreieck laßt sich jedes Polynom mittels���

8:�� �� �

�� � �� �� (13.10)

integrieren und fur das Einheitsquadrat gilt���

8:�� ��

��� ���� � �� (13.11)

wobei hier jedoch zu beachten ist, daß bei allgemeinen Vierecken die Jakobideterminante nichtkonstant ist.

13.4.3 Numerische Integration

Bei komplexeren Elementen muß man auf numerische Integrationsverfahren ausweichen. Alsnumerische Integrations- oder Quadraturformeln bezeichnet man Ausdrucke der Art (im 2D):

��

�� ���� ��� ��

� �� � � (13.12)

Die Punkte �� � � bezeichnet man als Stutzstellen und die Vorfaktoren � als Gewichte derQuadraturformel. Der wichtigste Begriff der numerischen Integrationstheorie ist der des Ex-aktheitsgrades, welcher die Ordnung des Polynoms ist, fur die die Quadraturformel exakt ist.So besitzt eine Integrationsformel den Exaktheitsgrad 2, wenn sie fur alle Polynome der Form

�� �� � �� � ����� ���� � ����� � ����� � ����

den exakten Integralwert liefert. Somit ist zuerst zu entscheiden, wie genau die Integrations-formel sein muß; im Beispiel der Transportgleichung treten Produkte der Ansatzfunktionen inder Massenmatrix auf. Sind die Ansatzfunktionen linear, dann sollte der Exaktheitsgrad derIntegrationsformel zwei sein.

160 KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN

Uber den Begriff des Exaktheitsgrades wird auch die Konstrukionsweise von Quadraturfor-meln deutlich: Man bestimmt das exakte Integral eines Polynoms gegebener Ordnung undhieraus die Gewichte bzw. Stutzstellen.Als Beispiel sei eine Integrationsformel des Exaktheitsgrads 1 fur das Einheitsdreieck gesucht.Das Polynom ersten Grades ist

�� �� � �� � ���� � ����

und fur das Integral uber das Einheitsdreieck gilt exakt��

�� ���� ��

��� �

���� �

���� �

��� �

��� �

���

woraus man leicht die Integrationsformel��

�� ���� � �

��

abliest. Integrationsformeln, die fur einen gegebenen Exaktheitsgradmit der geringsten Anzahlan Stutzstellen auskommen, nennt man Gauß-Quadraturformeln. Diese sind fur verschiedeneElementtypen und fur verschiedene Exaktheitsgrade in der Literatur tabelliert.Das Durchfuhren der Integration und das Aufstellen des algebraischen Gleichungssystemsist eine Ursache des wesentlich hoheren Rechenaufwandes der FE gegenuber der FD oderFV-Methode, bei denen dieser Rechenschritt entfallt. Desweiteren ist der Rechenaufwand derFE-Methode deswegen wesentlich hoher, weil die entstehenden Matrizen bei ungunstiger Git-ternummerierung oftmals voll besetzt sind, wahrend FDM und FVM Bandmatrizen hervor-bringen.

13.5 Die Poissongleichung auf Dreiecken

Die bisherige Darstellungen zum Galerkinverfahren haben weniger mit Finiten Elementen alsvielmehr mit der Herleitung eines neuen Finite Differenzen Verfahrens zu tun. Sie haben abergezeigt, wie man mit dem Galerkinverfahren zu brauchbaren Diskretisierungen kommt. Wirwollen uns nun den eigentlichen Finiten Elementen, die im zweidimensionalen oftmals Drei-ecke sind, zuwenden.Wir gehen davon aus, daß das Losungsgebiet � durch + Dreiecke � trianguliert ist, die voninsgesamt Knoten aufgespannt werden. Ein Beispiel fur eine ganz einfache Triangulierungist in Abbildung 13.1 dargestellt. Die Topologie eines solchen Dreiecksgitters bildet man imsogenannten Elementverzeichnis ab, welches jedem Element einer gewissen Schlusselnummerdie zugehorigen Knoten zuordnet. Das Knotenverzeichnis enthalt dagegen die Knotennummerals Schlussel und ordnet diesen ihre �- und �-Koordinaten zu. Hilfreich ist es jedoch auch, hierdie angrenzenden Elemente zu verzeichnen.Bei der Entwicklung der Diskretisierung gibt es nun zwei vollkommen analoge Betrachtungs-weisen. Wir hatten im vorhergehenden Abschnitt die knotenbezogene Betrachtungsweiseangewendet, nun wollen wir es mit der elementbezogenen Betrachtungsweise versuchen.Unser Testbeispiel sei der Einfachheit halber die Poissongleichung im zweidimensionalen:

13.5. DIE POISSONGLEICHUNG AUF DREIECKEN 161

���

��

���

���

���

���

�!�

E1

E3E2

E4

E5

E6

Abbildung 13.1: Eine einfache Beispieltriangulation.

Elementschlussel Knoten 1 Knoten 2 Knoten 31 1 7 42 1 4 23 1 2 34 2 6 35 1 3 56 1 5 7

Knotenschlussel x-Koodinate y-Koordinate Anzahl der Patchelemente Elemente1 �� �� 5 1,2,3,5,62 �� �� 3 2,3,43 �� �� 3 3,4,54 �� �� 2 1,25 �� �� 2 5,66 �� �� 1 47 �� �� 2 1,6

Tabelle 13.1: Element- und Knotenverzeichnis zu der einfachen Beispieltriangulation.

162 KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN

��

�����

���

Wir erinnern uns daran, daß wir das allgemeine Interpolationsproblem dadurch gelost haben,daß das Gesamtgebiet in Finite Elemente zerlegt wurde und die Interpolation nur auf einemsolchen Teilelement durchgefuhrt wurde (siehe Kapitel 6). Genauso bauen wir nun die Ansatz-funktion aus den einzelnen Dreiecken zusammen, setzen also

���� �� � ����� �� falls (x,y) in Dreieck k

wobei die Funktion ����� �� im Dreieck � die dortige Interpolationsfunktion und ansonstenNull ist. Auf dem Dreieck � ist die Ansatzfunktion durch die entsprechende lineare Interpola-tionsfunktion

����� �� � �����(������ �� � �����(������ �� � �����(������ ��

definiert, wobei die Koeffizienten durch die Gleichungen (6.11) und (6.10) gegeben sind. DieGewichte �����, ����� und ����� beziehen sich dabei auf die drei Knoten des �-ten Dreieckes.Wir setzen zunachst die Ansatzfunktionen fur die gesuchte Losung � und die Inhomogenitat in die zu losende Differentialgleichung und bekommen

�� ��

��� � div grad (�� � ���

��

�� �(�� �

In jedem Dreieck bzw. Finitem Element gibt es nur drei Unbekannte, also mussen wir durchMultiplikation mit den drei Ansatzfunktionen des Dreieckes drei Gleichungen erzeugen:

�� ��

��� �(���� div grad (�� � ���

��

�� �(�� �(����

Die Integration uber das Dreieck �� fuhrt zu:

�� ��

��� �

���

(���� div grad (�� ��� ���

��

�� �

���

(�� �(������

Spatestens an dieser Stelle sollten wir uns wieder Gedanken daruber machen, daß die Diver-genz des Gradienten, also zweite Ableitungen der linearen Ansatzfunktionen Null sind. Somitverschwindet die ganze rechte Seite. Glucklicherweise steht uns aber auch hier das Mittel derpartiellen Integration in Form der 1. Greenschen Formel�

��

(���� div grad (�� ��� �

����

(���� grad (�� ��5A ����

grad (���� grad (�� ���

zur Verfugung, so das alle Ansatzfunktionen hochstens einmal abgeleitet werden. Unser nunschon algebraisches Gleichungssystem bekommt die Gestalt:

�� ��

��� �

()����

(���� grad (�� ��5A ����

grad (���� grad (�� ���

*+ �

�� ��

�� �

���

(�� �(������

13.5. DIE POISSONGLEICHUNG AUF DREIECKEN 163

Dieses recht komplexe mathematische Objekt wollen wir detaillierter betrachten. Die linkeSeite enthalt wieder die Massenmatrix &�, bloß daß diese nun auf ein Dreieck � beschranktist. Sie wird mit dem auf das Dreieck beschrankte Inhomogenitat � multipliziert:

�� ��

��� �

()����

(���� grad (�� ��5A ����

grad (���� grad (�� ���

*+ �&� �

Die linke Seite besteht im hinteren Teil aus einer Matrix-Vektor-Multiplikation mit derDiffusions- oder Steifigkeitsmatrix;�:

�� ��

��� �

����

(���� grad (�� ��5A �;��� �&� �

Ist das Dreieck�� durch die Knoten ��� ���, ��� ��� und ��� ��� aufgespannt, dann bekommtman nach kurzweiliger Rechnung fur die Elemente der Massenmatrix

&� �

�����

( (���

��

� ���

�;��

��

�� � � �

� � �� � �

��

und fur die Elemente der Diffusionsmatrix

;� �

�����

( �

(��

�( �

(����

��

� ���

���� � ���� � ��� � ����

�;��

�� � �� ��� � �� � �

��

� ��� � ������ � ��� � ��� � ������ � ����;��

�� � �� ���� � ��� � �

��

���� � ���� � ��� � ����

�;��

�� � � ��

� � ��� � �

��

Die linke Seite beginnt mit einem Integral uber den Rand des Dreiecks �. Der Randnorma-lenvektor 5A steht dabei senkrecht auf dem Rand und weist aus dem Dreieck hinaus. Physi-kalisch beschreibt dieser Term den Austausch zwischen benachbarten Dreiecken, ist also furdie Kommunikation zwischen letzteren verantwortlich. Er ist also extrem wichtig und damitwir an dieser Stelle keine Fehler machen, entledigen wir uns seiner Berechnung durch Sum-mation uber alle Elemente. Dabei stossen an jeder Innenkante zwei Elemente zusammen, diedenselben Kommunikationstermmit umgekehrten Vorzeichen haben, weil die Randnormalen-vektoren antiparallel zueinander orientiert sind. Der Randintegralterm bleibt damit nur nochan den Aussenkanten des Gesamtgebietes � stehen:

�����

�� ��

��� �

���

(���� grad (�� ��5A ���

���

;��� ���

���

&� �

164 KAPITEL 13. GALERKINVERFAHREN

Diese Summation uber alle Elemente ist algorithmisch nicht trivial und soll hier nur skizziertwerden. Zunachst erweitern wir die 3x3-Gleichungssysteme zu NxN-Gleichungssystemen, indem die zu einem Element gehorigen Knoten an die Stellen ihrer Globalnummerierung ein-gefugt werden und der Rest der Matrizen mit Nullen aufgefullt werden. Das Massenmatrix-Vektor-Produkt fur Element 1 aus Abbildung 13.1 hatte dann die folgende Gestalt:

&� �;���D��

��

����������

� � � � � � �� � � � � � �� � � � � � �� � � � � � �� � � � � � �� � � � � � �� � � � � � �

����������

����������

� � � � � � �

����������

Diese Gleichungen konnen dann im zweiten Schritt summiert werden, da sie nun diesselbeGestalt haben. Diesen Prozess bezeichnet man als Kompilation der Systemmatrix.Schließlich muss das so erhaltene algebraische Gleichungssystem gelost werden.

13.6 Zusammenfassung

Das Standard-Galerkinverfahren zur Losung einer Differentialgleichung besteht aus vier Teil-schritten. Zunachst wird die gesuchte Funktion durch eine Ansatz- oder Testfunktion ersetzt,die in der Regel aus einer Linearkombination von Interpolationspolynomen besteht. Um so-viele Gleichungen wie Unbekannte zu erzeugen, wird im zweiten Schritt die Ausgangsglei-chung mit jeder Interpolationsfunktion multipliziert. Dieses Differentialgleichungssystem be-steht nun aus genauso vielen Gleichungen wie Unbekannten und wird nun durch Integrationuber den Losungsraum in ein algebraisches Gleichungssystem uberfuhrt. Der letzte Schrittbeinhaltet die Losung dieses Systems.

Kapitel 14

Zeitabhangige Finite-Elemente-Methoden

Die Probleme der Stromungsmechanik sind zumeist zeitabhangig, wir hatten bei der Vor-stellung des Galerkinverfahrens bisher nur mit stationaren Problemen zu kampfen. Um dieZeitabhangigkeit in das Losungsverfahren zu bekommen gibt es prinzipiell zwei Moglichkei-ten. Man wahlt eine beliebiges Zeitschrittverfahren, so wie wir diese in Kapitel 2 kennen-gelernt haben. Die Losungsfunktion liegt nun diskret auf den in das Verfahren eingehendenZeitschritten vor und wird jeweils durch ortsabhangige Ansatzfunktionen approximiert. Die-ses Verfahren druckt sich um eine Finite-Elemente-Darstellung der Zeitabhangigkeit, es sollim folgenden Abschnitt anhand der eindimensionalen Transportgleichung demonstriert wer-den.Die zweite Klasse von FE-Verfahren fur zeitabhangige Probleme besteht in der Verwendungorts- und zeitabhangiger Ansatzfunktionen.

14.1 Losung der 1D-Transportgleichung

Als einfaches Beispiel ziehen wir mal wieder die eindimensionale Transportgleichung

�� �

��

���

�heran.Die Zeitableitung diskretisieren wir mit einem expliziten Eulerverfahren, wobei es dem Leseruberlassen bleibt, die Methodik auf andere Zeitintegrationsschemata auszudehnen.

��� � ����

� ���

��

����

�Im ersten Schritt werden die Funktionen ��� und �� nun durch Lagrangesche Ansatzfunktio-nen ( auf den Knoten 0 interpoliert, d.h.

�� ��

�� (

��� ��

��� ( �

Man erhalt:

165

166 KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN

�� ��

���� � ��

���

( � ��� ��

�� ( �

��� ��

��

��( �

�Offensichtlich sind nun alle Ableitungen auf die Ansatzfunktionen ubertragen worden.Im zweiten Schritt multiplizieren wir mit den Wichtungsfunktionen, die im Standard-Galerkinverfahren die Ansatzfunktionen (� selbst sind:

�� ��

���� � ��

���

( (� � ��� ��

�� ( �(� �

�� ��

��

��( �

�(� 1 � � ���

Im dritten Schritt integrieren wir uber das gesamte Losungsgebiet � � ��� �� �:

�� ��

���� � ��

���

�����

( (���� ��� ��

��

�����

( �(��� �

�� ��

��

�����

��( �

�(���

Genau wie bei der Poissongleichung wird der Diffusionsterm auch hier partiell integriert, da-mit man mit linearen Ansatzfunktionen arbeiten kann:

�� ��

��

�����

��( �

�(��� �

�� ��

�� �( �(�

�������

��

��� ��

��

�����

�( �

(����

Somit erhalten wir:

�� ��

���� � ��

���

�����

( (���� ��� ��

��

�����

( �(��� �

�� ��

�� �( �(�

��������

��� ��

��

�� ��

�( �

(����

Wir bestimmen zuerst den Term

�� ��

�� �( �(�

��������

� ���

�(�

��������

� ���

�����(��������

�����(����� �

������������

����� fur 1 �

����

����� fur 1 � �

Durch die partielle Integration werden also Neumannsche Randbedingungen am ersten undletzten Knoten automatisch in das Verfahren eingebunden. Fur alle Innenknoten reduzierensich die Gleichungen zu:

�� ��

���� � ��

���

�����

( (��� � ��� ��

��

�����

( �(��� � �

�� ��

��

�����

�( �

(����

14.1. LOSUNG DER 1D-TRANSPORTGLEICHUNG 167

Dieses lineare Gleichungssystem wird ubersichtlicher, wenn man zur Abkurzung die Massen-matrix nach Gleichung (13.6) und die Steifigkeitsmatrix nach Gleichung (13.7) verwendet.Zusatzlich sei hier die Advektionsmatrix� mit den Koeffizienten

� � �

�����

( �(��� (14.1)

eingefuhrt. Man erhalt das sehr einfach aussehende Gleichungssystem

��&��� � �

��& � ����;���

Im vierten Schritt mussen die Koeffizientenmatrizen berechnet werden, was im wesentlichenauf die Auswertung verschiedener Integrale uber Kombinationen der Ansatzfunktionen hin-auslauft.Die Massenmatrix ist symmetrisch, d.h. es gilt ! � � !� . Desweiteren sind nur die Koeffi-zienten von Null verschieden, bei denen beide Ansatzfunktionen einen nichtverschwindendenUberlapp haben. Es verbleibt somit,! � ��,! � und! � � zu berechnen. Fur diese folgt nachlanger ermudlicher Rechnung

! �

�������

�� � � ��

��

��

�� �

�������

�� � � �

��

��

�� ����

und

! � �� � ! � � ���

Die Diffusionsmatrix ist ebenfalls symmetrisch und tridiagonal, mit

( ���

��

���������

� fur � � � �� und � � � �

� � � �� fur � �� � � � � ��

� � � � fur � � � � � �

ergibt sich sofort

� ��

��� � �� � � � � � � �

���

Die Advektionsmatrix ist nicht symmetrisch, aber ebenfalls tridiagonal:

� � � � � �� � ��

�� � � �

Insgesamt ergibt sich somit an Innenknoten 1 � � ��� � � das Verfahren

��

"��� �� � ����

� ��� �

�� �

� �� � ��� � �

� �

#� �

�� � � �� �����

� ��� �� � ��� � �

� �

���

168 KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN

Somit nimmt auch das FE-Verfahren auf einem aquidistanten Gitter die außerliche Form einesFD-Verfahrens an. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch in der Darstellung der Zeitablei-tung, die auf beiden Zeitebenen in Form einer raumlichen Wichtung auftaucht. Damit ist dasVerfahren letztlich nicht explizit, obwohl alle Terme auf der bekannten Zeitebene �� diskre-tisiert wurden. Wir erhalten somit beim reinen Standard-Galerkin-Verfahren immer impliziteSchemata und mussen folglich ein Gleichungssystem losen.

Mass-lumping

MitMass-lumping-Technikenwird die Massenmatrix diagonalisiert, so daß auch explizite Ver-fahren konstruiert werden konnen. Die einfachste Technik ist das Zeilensummenverfahren: Da-bei ersetzt man in der Massenmatrix die Diagonalterme durch die Summe der Terme in einerZeile. Die Massenmatrix wird so zu

! � ���

��Æ ��

und es ergibt sich das altbekannte zentrale explizite Verfahren

��� � �� ��

� ��� � � �� ��

���� �

�� �� � ��� � �� �

����

Mass-lumping kann auch partiell angewendet werden, indem zwischen der ursprunglichen undder diagonalisierten Matrix kontinuierlich gewichtet wird.Mass-lumping ist ein Trick zur Konstruktion expliziter Verfahren, welches die Minimaleigen-schaft des Residuums zerstort. Man sollte sich damit abfinden, daß bei der Anwendung derFEM immer ein implizites Gleichungssystem zu losen ist.

14.2 Die Diskretisierung der Zeit durch Finite Elemente

Die mit der Methode der Finiten Elemente konsistente Diskretisierung der Zeit erfolgt durchdie Einfuhrung zeitabhangiger Ansatz- und Wichtungsfunktionen. Um das Wesentliche dieserVorgehensweise herauszuarbeiten, sei wieder die allgemeine homogene Evolutinsgleichung

�� �� � �

betrachtet, wobei wir uns um die Ortsabhangigkeit der Losung und des Operators � nichtscheren wollen.Die gesuchte Losung wird im ersten Schritt als Lagrangesche Interpolationsfunktion zwischenden Zeitschritten ��� und �� angeschrieben:

����� � ��(� � ���(��

Die Ortsabhangigkeit des Problems verbirgt sich nun in den Funktionen �� und ���. Wirwollen zwischen den beiden Zeitschritten lineare Ansatzfunktionen verwenden:

(���� ���� � ���� � �� und (����� �

�� ����� � ��

14.3. SCHWACHE LAGRANGEVERFAHREN 169

Man bezeichnet eine solche Formulierung dann als konsistent mit der Diskretisierung desRaumes, wenn beide Ansatzfunktionen gleich geartet, also z.B. linear sind. Setzen wir die-se Ansatzfunktion also in die Evolutionsgleichung ein:

��� � ����

� ����(� � ���(��

�� �

Wieder soll mit den Ansatzfunktionen auch gewichtet werden. Es entstunden so zwei Glei-chungen, wobei allerdings nur der Wert ��� unbekannt ist. Daher brauchen wir nur mit einerFunktion zu wichten, wir entscheiden uns zunachst fur (�� und integrieren gleich zeitlichzwischen �� und ���:

��� � ����

�������

(����� �

���� �����

��

(�(����� ���

�������

(��(����

�� � �

Wieder konnen die Integrale analytisch ausgewertet werden. Das Ergebnis fuhrt auf die zeit-diskretisierte Gleichung:

��� � ����

��

��� �

���� � �

Die mit linearen Ansatzfunktionen konsistente Diskretisierung der Zeit schlagt also einenCrank-Nicolson-Faktor von � � �� vor.Genauso hatte man nun aber auch die Ansatzfunktion (� als Wichtungsfunktion verwendenkonnen. In diesem Fall lautete die zeitdiskretisierte Evolutionsgleichung:

��� � ����

��

��� �

���� � �

Laßt man nun in Verallgemeinerung dessen beliebige Linearkombinationen der Ansatzfunk-tionen (� und (�� als Wichtungsfunktionen zu, dann ist zu folgern, daß der Crank-Nicolson-Faktor � im Intervall [1/3, 2/3] liegen sollte. Eine rein explizite oder implizite Diskretisierungder Zeit und nachfolgende Finite-Elemente-Verfahren fur die Raumabhangigkeit fuhren alsozu Inkonsistenzen.

14.3 Schwache Lagrangeverfahren

Wir wollen uns nun den advektiven Termen bzw. der Lagrangeschen Zeitableitung zuwenden.Zuruckblickend hatten sich zu deren Losung die Lagrangeverfahren in einem gewissen Sinneals ideal erwiesen, sie waren stabil, weil sie sich stark an der Physik der Advektion orientierten.Die bisher untersuchten Lagrangeverfahren hatten allerdings zwei Schwachstellen. Zum einenfuhrt die lineare Interpolation an der Basis der Charakteristiken zu einer gewissen numerischenDiffusion, die jedoch bei der Verwendung von Interpolationsverfahren zweiter Ordnung wei-testgehend unterdruckt werden konnte. Schwierigkeiten bereiten solche Verfahren allerdingsimmer noch auf unstrukturierten Gittern. Zum anderen waren die Verfahren nicht massener-haltend, da die Advektionsgleichung selbst nicht konservativ ist.Das nun vorgestellte schwache Lagrangeverfahren hat beide Schwachen nicht. Die Konserva-tivitat ist dadurch gewahrleistet, daß das Verfahren auf der konservativen Form der Advekti-onsgleichung

170 KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN

�� div�5� � � �

aufbaut und somit massenerhaltend ist [12], [13].Die schwache Formulierung wird durch die Multiplikation mit einer orts- und zeitabhangigenAnsatzfunktion E und entsprechender Integration konstruiert:

�������

��

�� div�5� �

�E���� � �

Die partielle Integration uber die Zeit und Anwendung des Greenschen Integralsatzes uber denOrt liefert

��

��E�������

�E�����������

��

�E

�� 5�gradE

����� �

�������

���

E 5��A�

Die Ansatzfunktionen E werden nun so gewahlt, daß

E

�� 5�grad E � �� (14.2)

Dies ist unproblematisch, wenn man die nur ortsabhangigen Lagrangeschen Ansatzfunktionen( zum Zeitschritt ��� ansetzt und die Funktionen zum Zeitschritt �� als Losung von Gl. (14.2)mit dem starken Charakteristikenverfahren bestimmt. Es verbleibt dann das Gleichungssystem

��

��E�������

�E��� �

�������

���

E 5��A (14.3)

zu losen. Dies ist jedoch i.a. in hochstem Maße rechenaufwendig, da die advektierten Ansatz-funktionen keine Lagrangefunktionen sind und die Auswertung der Integrale nur numerischerfolgen kann.Fur das schwache Lagrangeverfahren laßt sich im 1D-Fall ein Schema unter der Voraussetzungeiner konstanten Courant-Zahl kleiner Eins bestimmen [11]. Unter Einbezug des Diffusions-schrittes ergibt sich dieses als

��

,������ � ����

� � �����

�� �

���� � ���� � �

���

-� �

���� � ��������

����

����� � ���� � ����

���� �������

���� � ����� � ��� � �

���

����

Das Ergebnis fur den Transport einer steilen Front in Abb. 14.1 ist uberragend. Es zeigt eineverschwindende numerische Diffusion und keine mit der Pecletzahl verbundenen Oszillatio-nen.

14.4. UPSTREAM-STRATEGIEN: PETROV-GALERKIN-VERFAHREN 171

� � � � � � + � � + � � � , + ) � � �

� � � �

� � +

� � + �

� � , +

) � � �

Abbildung 14.1: Simulation einer steilen Front mit dem schwachen Lagrangeverfahren, blau:analytische, rot: numerische Losung.

14.4 Upstream-Strategien: Petrov-Galerkin-Verfahren

Da die schwachen Lagrangeverfahren bisher noch nicht auf unregelmaßigen Geometrien im-plementiert und getestet wurden, weil der Aufwand hierfur sehr groß ist, muß auf andere Ver-fahren ausgewichen werden, um das Upstream-Prinzip bei der Behandlung der advektivenTerme nicht zu verletzen.Der Upstream-Effekt wird durch die Verwendung modifizierter Wichtungsfunktionen erzielt.Diese sind so geformt, daß in das Schema letztlich mehr Informationen aus der Gegenstrom-richtung eingeht.Ganz allgemein bezeichnet man Verfahren, bei denen die Wichtungsfunktionen �� von denAnsatzfunktionen ( verschieden sind als Petrov-Galerkin-Verfahren. Gl. (13.2) wird dann zu:

$�

$�� ��

� (

%� ��

%� � (14.4)

14.4.1 Das Verfahren nach Christie

Eine gegen die Stromungsrichtung verzerrte Wichtungsfunktion ist z.B. fur den 1D-Fall durch[8]:

����� � (���� � 2��� ����

��� � ��������� �� ����

�� � ����

�fur ���� � � � ��

����� � (����� 2���� � �

���� � ������� ��� � �

��� � ��

�fur �� � � � ���

gegeben, wobei sich fur 2� � � die lineare Ansatzfunktion ergibt. Ansatz- und Wichtungs-funktion nach Christie sind in Abb. 14.2 dargestellt.

172 KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN

14.4.2 Das Streamline Upwind/Petrov-Galerkin (SU/PG) Verfahren

Ein auf beliebige mehrdimensionale Elemente verallgemeinerungsfahiges Upwind-Verfahrenist das Streamline Upwind/Petrov-Galerkin (SU/PG) Verfahren von Brooks und Hughes [3].Hier werden die Wichtungsfunktionen nur in der jeweiligen Stromungsrichtung durch denAnsatz

� ��� � ( ��� � 25�

�5��grad ( ��� (14.5)

verandert, wobei 2 der Upstream-Parameter ist. Fur den linearen 1D-Fall sind die entsprechen-den Wichtungsfunktionen in Abb. 14.2 dargestellt.Zur Funktionsweise des SU/PG-Verfahrens vergleichen wir die Anwendung des Standard-Galerkin-Verfahrens auf den advektiven Term�

5� grad � ( ��

mit der Anwendung des SU/PG-Verfahrens:��

5� grad � ( � 25��

�5��grad � grad ( ��

dann erscheint ein zusatzlicher Term, der die Form eines Diffusionstermes hat. Das SU/PG-Verfahren stabilisiert die Advektion also durch die Zufugung einer kunstlichen numerischenDiffusion in Stromungsrichtung. Die numerische Diffusion ist im eindimensionalen Fall durch

���� � 2�

gegeben.Fur die Wahl des Upwind-Parameters 2 existiert bisher keine geschlossene Theorie. Sie be-stimmt jedoch entscheidend die Stabilitat des Verfahrens als auch die numerische Diffusion.Brooks und Hughes [3] selbst schlagen

2 ���

�mit einer numerischen Diffusion von

���� ����

��*/���

���vor, Hervouet und Moulin [14] erhalten mit Hilfe der Fourier-Analyse ein Maximum an Sta-bilitat fur

2 � */��

�mit einer numerischen Diffusion von

���� ��*/��

��*/����

���Offensichtlich ist das Verfahren nach Brooks und Hughes fur Courantzahlen großer eins unddas Verfahren nach Hervouet fur Courantzahlen kleiner eins weniger diffusiv.

14.5. ZUSAMMENFASSUNG 173

� �

� � � � � �

i-1 i i+1 i-1 i i+1

Abbildung 14.2: Upwind-Wichtungsfunktionen nach Christie et al. und SU/PG

14.5 Zusammenfassung

In der Praxis lassen sich zeitabhangige Probleme bei der Verwendung von raumlich linearenAnsatzfunktionen durch eine Vorschaltung des Crank-Nicolson-Verfahrens zur Zeitdiskretisie-rung losen. Der Crank-Nicolson-Faktor sollte dann nicht kleiner als 1/3 und nicht großer als2/3 sein.Bei der Advektion zeigt das schwache Lagrangeverfahren exzellente Eigenschaften bei ein-dimensionalen Problemen. Die Ausarbeitung und Ubertragung des Algorithmus auf mehrdi-mensionale Probleme ist daher ein lohnendes Forschungsfeld.

174 KAPITEL 14. ZEITABHANGIGE FINITE-ELEMENTE-METHODEN

Kapitel 15

Finite Elemente und Funktionalanalysis

Nun gehts ans Eingemachte: Um zu verstehen, warum die FEM funktioniert, mussen wir tiefin den Hexenkessel der Funktionalanalysis eintauchen.

15.1 Funktionenraume

Die Funktionalanalysis behandelt Funktionen als eine Form von Vektoren. Grundlage hierfurist die Tatsache, daß Funktionen mit gewissen Eigenschaften Vektorraume bilden. So ist z.B.jede Linearkombination von stetigen Funktionen wieder eine stetige Funktion, den so erzeug-ten Vektorraum der stetigen Funktionen auf einem Gebiet � bezeichnet man mit * ����.Wir wollen durch den Index 0 die Menge aller Funktionen bezeichnen, die auf dem Rand� eines Gebietes � Null sind. *�

���� bezeichnet also die auf � stetigen Funktionen, dieauf dem Gebietsrand Null sind. Da beliebige Linearkombinationen solcher Funktionen dieseEigenschaften wieder erfullen, bilden solche Funktionen ebenfalls einen Vektorraum.Auch Funktionenraume werden durch Basen aufgespannt. So besagt der Satz von Fouriernichts anderes, als daß die trigonometrischen Polynome

� ��� � ��� �� ��� � ��� ��� � ��� �� ��� � ���

eine Basis des Vektorraumes *���� �7�� bildet, da sich jeder Vektor (d.h. zwischen � und �7stetige Funktion) durch eine Reihe

��� ����

������

��� ��� �� � �� ��� ���

d.h. durch eine unendliche Linearkombination von trigonometrischen Polynomen, darstellenlaßt. Und der Satz von Taylor liefert uns eine Basis fur den Raum der analytischen d.h. unend-lich oft stetig differenzierbaren Funktionen *��)=�; sie lassen sich namlich als Reihe

��� ������

����

darstellen. Die Polynome

� � �� �� ���

175

176 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

bilden somit eine Basis des Raumes der analytischen Funktionen.Aber schon an dieser Stelle offenbart sich der wesentliche Unterschied zu den ’bekannten’Vektorraumen der linearen Algebra: Funktionenraume sind unendlichdimensional, d.h. ihreBasen bestehen aus unendlich vielen Funktionen.Und hier offenbart sich die Notwendigkeit, numerische Analysis zu treiben. Ohne die Defini-tion des Begriffes Algorithmus heranzuziehen, wird niemand die Zeit haben, einem unendlichlange wahrenden Rechenprozeß zu folgen.Damit werden wir geradezu gezwungen, die mathematische Sunde1 zu begehen, unendlichdi-mensionale Funktionenraume auf endliche zu reduzieren. Lasset uns konkret werden.Bezuglich einer beliebigen Basis

(� (� (� ���

des Losungsraumes laßt sich die gesuchte Losung � als Linearkombination

� ������

��(� (15.1)

darstellen. Der Prozeß der Diskretisierung besteht darin, eine Teilbasis mit endlich vielen soge-nannten Ansatzfunktionen auszuwahlen und die Funktion � durch die approximierte Funktion��

�� ���

���

��(� (15.2)

zu ersetzen. Liest man diese Gleichung von links nach rechts, so drangen sich drei Fragen auf:

� Wie gut ist diese Approximation der Losung ?

� Wie bestimmt man die Koeffizienten der Linearkombination und somit die approximier-te Losung ?

� Wie wahlt man den durch die Teilbasis reprasentierten endlichdimensionalen Funktio-nenraum sinnvoll aus ?

Bevor wir mit der Bearbeitung der dritten Frage beginnen, vertiefen wir unsere Kenntnisseuber einige spezielle Funktionenraume.

15.2 Hilbertraume

Ein Hilbertraum ist eine algebraische Struktur; andere sind die Korper, Ringe oder Vek-torraume. Algebraische Strukturen bestehen immer aus bestimmten Mengen, auf denen ge-wisse Rechenregeln erlaubt sind. Die Mathematiker beschaftigen sich mit solchen sehr allge-meinen und daher sehr abstrakten algebraischen Strukturen aus folgendem Grund: Sie unter-suchen, welche Behauptungen und Satze fur diese allgemeine Struktur gelten und zeigen dann

1 Es gibt tatsachlich eine theologische Definition von Sunde als Abstand zum Transzendenten. Das Ziel derInformatik, immer endliche Algorithmen zu konstruieren, ist somit die reine Sunde.

15.2. HILBERTRAUME 177

im speziellen, daß gewisse Objekte der Mathematik diese algebraische Struktur aufweisen.Damit erspart man sich eine Menge Beweisarbeit.Wir werden diese Schlußweise gleich verstehen. Die algebraische Struktur, in der die Methodeder Finiten Elemente –und der großte Teil der Physik uberhaupt– spielt, ist der Hilbertraum.Def.: Ein Hilbertraum F besteht aus einem vollstandigen Vektorraum mit einem Skalarpro-dukt.Der Begriff der Vollstandigkeit besagt formal, daß der Grenzwert jeder Cauchyfolge Elementdes entsprechenden Raumes ist. So wichtig dieser Begriff auch ist – wir werden ihn hinfortnicht benotigen.Unter dem Skalarprodukt �� �� zweier Vektoren � und � versteht man eine (durchaus sehrbeliebige) Rechenvorschrift die den beiden Vektoren eine reelle Zahl zuordnet. Sie mußallerdings folgende Eigenschaften erfullen:

(SP1): �2�� � 6�� �� � 2��� �� � 6��� ��

(SP2): �� 2�� � 6��� � 2�� ��� � 6�� ���

(SP3): �� �� � �� ��

In einem Hilbertraum wird der geometrische Begriff des Senkrechten verallgemeinert:

Def.: Zwei Vektoren � und � heißen orthogonal oder senkrecht zueinander, wenn �� �� � �gilt.

Wir wollen nun, wie schon angekundigt, die Denkweise der Algebra an folgendem Satz uben:

Satz: Ein Vektor � ist genau dann der Nullvektor, wenn er zu jedem anderen Vektor desHilbertraumes orthogonal ist. Anders ausgedruckt: Der Nullvektor steht senkrecht auf demgesamten Hilbertraum.

15.2.1 Der Hilbertraum �����

Wir betrachten die Menge der Funktionen

����� �

��� � �� )= und

��

��� ,�./0

Man nennt solche Funktionen quadratintegrabel. Sie bilden genauso wie die stetigen oder n-fach differenzierbaren Funktionen einen Vektorraum, denn jede Linearkombination solcherFunktionen ist wieder quadratintegrabel.Zusatzlich ist ����� mit dem Skalarprodukt

� >� �

��

>�� (15.3)

178 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

ein Hilbertraum. Der Leser bestatige, daß das so definierte Skalarprodukt, welches ja eigentlichein Integral ist, auch tatsachlich die Eigenschaften eines Skalarprodukts erfullt.Mit dem eingefuhrten Skalarprodukt konnen nun Funktionen zueinander orthogonal sein. Undohne einen aufwendigen Beweis zu fuhren, sehen wir sofort, daß die Funktion genau dannuberall Null ist, wenn

>�� � � fur alle > �����.

15.2.2 Schwache Ableitungen und Sobolevraume

Zur Definition von Sobolevraumen benotigen wir Multiindizes. Diese sind Indexvektoren derForm

2 �

��� 2�

...2�

���

wobei

2 ����

��

2 �

Die partiellen Ableitungen einer Funktion � bis zur Ordnung 2 schreibt man dann als

�4��

�4�� ����4��

Die partielle Integration verwandelt das Produkt aus einer Funktion eins und einer abgeleitetenFunktion zwei in die Differenz aus einem Randwertterm und dem Integral uber das Produktder Funktion zwei und der Ableitung der Funktion eins. Ist eine der Funktionen auf dem Randdes Integrationsgebietes Null, dann verschwindet dabei der Randwertterm. Dieser Satz giltauch fur beliebige partielle Ableitungen:�

�4��

�4�� ����4��

��� � �����4���

��4��

�4�� ����4��

�� wenn � *�� ���

Diese Eigenschaft kann man umgekehrt dafur verwenden, eine besondere Form der partiellenAbleitung zu definieren, die sogenannte schwache Ableitung.Def.: Die Funktion � �� ;�4�� heißt schwache Ableitung von �, wenn sie die Bedingung�

���� � �����4���

��4��

�4�� ����4��

��

fur alle � *�� ��� erfullt.Warum diese Verrenkungen ? Schwache Formulierungen nutzen ganz allgemein eine Eigen-schaft des Integrationsbegriffes aus, das Verhalten der zu integrierenden Funktion auf Null-mengen zu ubersehen. Solche Nullmengen sind z.B. einzelne Punkte im Eindimensionalen,Linien im zweidimensionalen oder Flachen im Dreidimensionalen. Ist eine Funktion oder eineihrer Ableitungen auf einer solchen Nullmenge unstetig, dann ist sie nach der der klassischen

15.2. HILBERTRAUME 179

Definition der Ableitung dort nicht differenzierbar, die schwache Ableitung exisitiert dahinge-gen schon.Als SobolevraumF���� bezeichnet man den Hilbertraum

F���� �1� ����� � ;4� ����� 2 � �2

Die Sobolevraume F���� bestehen also aus Funktionen �, von denen alle partiellen Ablei-tungen bis zur Ordnung � quadratintegrabel sind. Wir sehen, daß diese sehr theoretisch ausse-henden Gebilde lediglich Schreibarbeit ersparen: Hier wird einmal wieder heißer gekocht alsgegessen.Das Skalarprodukt dieser Hilbertraume ist durch

���$���� ���4���

������

;4����

Jedem ist naturlich klar, daß

���$���� �

������

�� �

��

��

��

��

��

��

��

ist und zur Ubung schreibe man einmal ���$���� aus. Der immer noch nicht geschockte Lesersieht sofort, daß

���$���� � ���"����

Schließlich wollen wir mit F�� ��� die Einschrankung des Raumes F

���� auf Funktionenbezeichnen, die auf dem Rand � Null sind.

15.2.3 Operatoren in Hilbertraumen

Die Operatorentheorie versucht, sehr komplexe Operatoren (etwa Differentialoperatoren) wiedie Systemmatrizen algebraischer Gleichungssysteme zu behandeln. Die Ergebnisse dieserTheorie sehen daher oftmals sehr einfach und wohlbekannt aus, obwohl die Grundlagen derTheorie doch sehr komplex sind.Ein Operator � ist eine Abbildung in einem Hilbertraum. In Hilbertraumen, die Funktionenenthalten, konnen diese etwa Differentialoperatoren sein. Man kann nun eine Norm fur dieOperatoren definieren, indem man

��� � �������

� ��� ���� ��

�(15.4)

setzt. Die Norm eines Operators gibt also so etwas wie die maximale Auswirkung des Ope-rators auf den zugrundeliegenden Hilbertraum an. Ist die Norm nicht unendlich, so heißt derOperator beschrankt. Fur die Norm zweier hintereinandergeschalteter Operatoren �� und ��

gilt die wichtige Beziehung

������ � ��������� (15.5)

180 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

Der nachste Satz ist ein machtiges Werkzeug fur die Analyse numerischer Verfahren.

Modifizierter Satz von Kellogg: Sei ��� �� � ����� � � fur alle � eines reellen Hilbert-raumes und � � ���. Dann gilt fur beliebiges��

��) � ��������) � ��� ������� � �� (15.6)

Beweis: Es gilt

��) � ��������) � ��� �������� �

�������

���) � ��� ������� �) � ��� ��������

��) � ������ �) � �������

��

�������

��� ��� ��� ���������� � ��� ��� � ��� ������������

�� �� � ��������� � ��� ��� � �����������

�� �

Die Ungleichung ist erfullt, wenn der Zahler kleiner als der Nenner ist, also nach kurzerRechnung:

������ � ��� ��� � ��� � ���������� � �

bzw.

� � �

�� ����� � ��� ��

���������(15.7)

was der Fall ist, wenn � positiv semidefinit und � � ��� ist.

15.2.4 Eigenwerte linearer Operatoren

Analog dem Vorgehen in der Linearen Algebra versucht man auch fur lineare OperatorenEigenwerte und Eigenvektoren zu finden, respektive die Gleichung

�� � ' � (15.8)

zu losen. Auf jeden durch einen Eigenvektor � aufgespannten Unterraum wirkt der Operator� als Streckung um den Faktor ' .Ideal ist die Eigenwerttheorie dann, wenn die Eigenvektoren ein Orthonormalsystem desLosungsraumes bilden. Jede potentielle Losung � laßt sich dann als Linearkombination

� ��

. � (15.9)

mit

. � �� � � (15.10)

darstellen. Der Operator � nimmt dann die Form

�� ��

. �� � �� (15.11)

15.3. DUALRAUME 181

an. Dies ist insbesondere fur sogenannte kompakt-symmetrische Operatoren moglich.

15.3 Dualraume

Keine lineare Abbildung ist so einfach gebaut, wie die, die einem Vektor eine reelle Zahlzuordnet. Daher hat man diesen Abbildungen einen eigenen Namen gegeben, man bezeichetsie als lineare Funktionale.Als Dualraum B � � ��B )=� bezeichnet man die Menge aller stetigen linearen Funktionalevon einem Vektorraum B in die reellen Zahlen. Da Linearkombinationen von linearen Funk-tionalen wieder lineare Funktionale sind, ist B � ein Vektorraum.Mit Hilfe der Operatornorm konnen wir den Dualraum zu einem normierten d.h. Banachraummachen. Fur ? B � setzen wir:

�?�5 � � �������

� ?������5

�(15.12)

� �5 � wird als Dualnorm bezeichnet.Stellen wir uns die zunachst außerst dumm erscheinende Frage nach der Anzahl der stetigenlinearen Funktionale auf einem Vektorraum. Antwort gibt der

Darstellungssatz von Riesz: Zu jedem stetigen ? B � existiert genau ein � B , so daß

?��� � �� �� und �?�5 � � ���5 (15.13)

Somit hat der Dualraum ebensoviel Elemente wie der zugehorige Vektorraum. Desweiterenhaben wir eine einfache Konstruktionsvorschrift; alle stetigen linearen Funktionale lassen sichmit Hilfe von Skalarprodukten konstruieren.Den Dualraum zum Sobolevraum F�

� ��� bezeichnet man mit F��� ��� oder leider etwas

schlampig als F�����. Auf F��� ��� lautet die Dualnorm:

����� � ���( ���

� �� ��"��������

�(15.14)

15.4 Bilinearformen

Wenn wir eine Gleichung mit linearem Differentialoperator � mit Hilfe des Galerkinverfah-rens diskretisieren, bekommen wir am Ende Ausdrucke der Form:�

�������

Diese sind allerdings nicht notwendig symmetrisch und auch nicht positiv. Die von einemSkalarprodukt eingeforderten Eigenschaften sind also zu streng, um diesen Ausdruck zu be-schreiben.

182 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

Genauso wie das Skalarprodukt ordnen Bilinearformen zwei Vektoren eine reelle Zahl zu,diese muß jedoch nicht positiv und die Abbildung muß nicht symmetrisch sein:

Def: Sei ein Vektorraum B , die Vektoren � � und der Skalar 2 gegeben.��� �� � B � B � )= heißt Bilinearform, falls sie in beiden Komponenten linear ist. Es giltalso:

��2��� � ��� �� � 2���� �� � 2���� ��

��� 2��� � ���� � 2��� ��� � 2��� ���

Das bekannteste Beispiel fur eine Bilinearform sind die quadratischen Formen

��� �� � ������

bei denen der Vektor � zuerst mit einer Matrix � und dann mit einem Vektor � skalarmultipliziert wird. Man kann somit jeder linearen Abbildung dargestellt durch eine Matrixeine Bilinearform durch das Skalarprodukt zuordnen.

Def: ��� �� heißt stetig-beschrankt, falls ein */ $ � existiert mit

��� �� � */������Fur die quadratischen Formen ergibt sich mit Hilfe der Cauchy-Schwarzeschen Ungleichung

������ � ������� � ���������der Wert */ � ���.Wir wollen nun obigen Sachverhalt umkehren und untersuchen, ob jeder Bilinearform ineindeutiger Weise ein linearer Operator � zugeordnet ist. Dies funktioniert nur fur diestetig-beschrankten Bilinearformen:

Satz: Einer stetig-beschrankten Bilinearform ist in eineindeutiger Weise ein stetig-beschrank-ter linearer Operator � zugeordnet mit

��� �� � �����

und fur die Operatornorm gilt:

��� � */

Einer der wichtigsten Ergebnisse der Theorie der Bilinearformen und deren zugeordnetenOperatoren ist eine exakte Bedingung fur die Losbarkeit der Gleichung �� � �, d.h. fur dieExistenz der Inversen ���:

Satz: Der inverse Operator ��� existiert genau dann, wenn die Bedingungen

��$ ���� ���� �� � � B ��� � �� � � B � ��� � �� � %

��$ ���� ���� �� � � B ��� � �� � � B � ��� � �� � %�

15.4. BILINEARFORMEN 183

oder die sogenannten Babuska-Bedingungen

��$ ���� ���� �� � � B ��� � �� � � B � ��� � �� � %��� ���� �� � � B ��� � �� $ �

gelten.

Wir benotigen noch folgende wichtige

Def: Eine Bilinearform heißt V-elliptisch, falls ein *. $ � existiert mit:

��� �� � *.���� fur alle � BGanz offensichtlich ist *. � �, falls die Bilinearform ein Skalarprodukt ��� �� � �� ��und die Norm aus diesem kanonich durch ��� �

��� �� erzeugt wird. Der Begriff der V-

Elliptizitat wird also erst fur unsymmetrische Bilinearformen interessant. Stetig-beschrankteV-elliptische Bilinearformen sind somit nach oben und in einem gewissen Sinne auch nachunten beschrankt.Der Hauptsatz fur die Methode der Finiten Elemente ist der folgende

Satz: Die Bilinearform � sei stetig und V-elliptisch. Dann hat das Variationsproblem

suche � B mit ��� �� � ��� fur alle � B

genau eine Losung der Form � � ��� in B und es gilt die Abschatzung

���5 � �

*.� �5 � (15.15)

Damit liegt das Standard-Galerkin-Verfahren offen vor uns. Wir brauchen lediglich denLosungsraum B durch einen endlichen Teilraum B� ersetzen. Besitzt dieser die Basis ( 0 �� ��� , so laßt sich die Losung als

�� ��� ��

� (

darstellen. Die Gleichung ���� ��� � ���� ist genau dann fur alle �� erfullt, wenn sie furjeden Basisvektor ( in der Form ���� ( � � �( � erfullt ist, denn schließlich laßt sich auchjedes �� als Linearkombination der Basis darstellen.Unter anderen Umstanden laßt sich aber auch ein Minimierungsproblem definieren:

Satz: Die Bilinearform � sei symmetrisch und V-elliptisch. Dann hat das Minimierungspro-blem

suche � B , so daß � ��� � ��� ��� � ��� minimal ist

ein eindeutiges Minimum, welches �� � erfullt.

184 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

15.5 Variationsaufgaben

Wir wollen nun in einer kurzen Zusammenstellung untersuchen, fur welche Probleme eine Va-riationsaufgabe existiert. Dabei versuchen wir uns wieder an die Navier-Stokes-Gleichungenheranzuarbeiten. Wir werden allerdings nur bis zur Transportgleichung gelangen, da wir nochkeine nichtlinearen Probleme untersucht haben.

15.5.1 Die Poissongleichung

Die Poissongleichung

�� ���

�����

�����

��� (15.16)

taucht in der Hydrodynamik als Druck-Poisson-Gleichung auf. Sie wird mit einer Wichtungs-funktion � multipliziert und uber das Gesamtgebiet � integriert:�

����� �

��

���

Setzt man voraus, daß � auf dem Rand des Gebietes � Null ist, fuhrt die Anwendung derersten Greenschen Formel�

����� � ���

grad � grad ��� �

���

�grad � 5����% (15.17)

zu

���

grad � grad ��� �

��

��%

Mit der Bilinearform

��� �� ��

��

grad � grad ���

wurde das ursprungliche Differentialgleichungsproblem in ein Variationsproblem uberfuhrt.Ohne es zu beweisen, glauben wir, daß die Bilinearform beschrankt-stetig, V-elliptisch undsymmetrisch ist.

15.5.2 Die Helmholtzgleichung

ist das Resultat der zeitlichen Diskretisierung der Diffusionsgleichung:

����� � (15.18)

Wieder wird mit einer Wichtungsfunktion � multipliziert, die auf dem Rand des Losungsge-bietes Null ist. Dann wird integriert und die erste Greensche Formel angewendet. Es verbleibtdas Problem

15.5. VARIATIONSAUFGABEN 185

��

��� � grad � grad ��� �

��

��%

zu losen. Die Bilinearform

��� �� ��

��

��� � grad � grad ���

ist stetig-beschrankt, symmetrisch und da

��� �� � �

��� � �grad ��� ��

� ��� �� �� �

�� � �grad ��� ��

� ����� �� ���$����

F����-elliptisch.

15.5.3 Die stationare Transportgleichung

sei in der Form

�� 5� grad �� ��� � (15.19)

mit der Advektionsgeschwindigkeit 5� und der Diffusivitat � untersucht. Der schon bekannteWeg fuhrt auf die Bilinearform

��� �� ��

��

�� � 5� grad � � � �grad � grad ���

die stetig-beschrankt aber nicht mehr symmetrisch ist. Damit laßt sich fur die stationare Trans-portgleichung kein Minimierungsproblem formulieren. Da

5� grad � ��� � ��

���%� �

5�� grad ��� � � �

5�� grad ���

und wenn � F�� ���, folgt

� �

5� grad � ��� � �

und somit

��� �� � �

�� � 5� grad ��� � �grad ��� ��

� �

�� � �grad ��� ��

� ����� �� ���$����

Somit ist � nur nochF�� ���-elliptisch, d.h. die Losungsfunktion muß auf dem Rand Null sein,

was einer homogenen Dirichletrandbedingung entspricht. Der nach der zeitlichen Diskreti-sierung verbleibende Rest der Transportgleichung scheint sich ein gegen die Anwendung derFE-Methode zu wehren.

186 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

15.6 Gemischte Finite Elemente

Auf einem Dreiecksgitter lassen sich mit den drei Eckknoten Ansatzfunktionen erster Ord-nung und wenn man z.B. die Kantenmitten noch hinzunimmt, Ansatzfunktionen zweiter Ord-nung definieren. Als gemische FE-Methoden bezeichnet man solche, bei denen verschiedeneVariablen durch Ansatzfunktionen verschiedener Ordnung dargestellt werden. Das klassischeBeispiel hierzu ist

15.6.1 Das Stokes-Problem

Es beschreibt eine stationare advektionslose inkrompressible Stromung:

� � ��

�grad �� ��5� � 5

div 5� � �

(15.20)

Ein entsprechendes Problem tritt aber auch nach der Anwendung lagrangescher Verfahren auf,womit das Stokes-Problem nicht nur akademischen Charakter hat.Um so allgemein wie moglich zu bleiben, multiplizieren wir die Impulsgleichungen mit5� *�� ���, die Kontinuitatsgleichung mit @ ��

����, integrieren uber �, wobei Druckund viskose Terme partiell integriert werden:

� � ��

��

� div 5� �� �

��

� grad 5� grad 5� �� �

��

5�5 ��

��

@ div 5� �� � �

Man beachte, daß nun die vektoriellen Impulsgleichungen zu einer skalaren Gleichung zusam-mengeschrumpft sind. Fuhren wir die Skalarprodukte

��� �� �

��

grad 5� grad 5� ��

��� �� �

��

� div 5���

ein, so bekommt das Stokes-Problem in der Variationsformulierung die Form:

� � ��

���� 5�� � ���5� 5�� � �5� 5 �

��@ 5�� � �

Die Diskretisierung des Stokes-Problems erfolgt wieder dadurch, daß wir Geschwindigkeitund Druck in unterschiedlichen endlichen Raumen B� und G� suchen wollen.

15.7. KONVERGENZ 187

15.6.2 Die Babuska-Brezzi-Bedingung

In Analogie zur Abschatzung (15.15) kann man folgendes Stabilitatskriterium aufstellen:

����� � ����� � *� ���Man kann weiterhin zeigen, daß dieses Stabilitatskriterium dann erfullt ist, wenn die soge-nannte Babuska-Brezzi-Bedingung

���(��5�

@�div ����

����� � ��@��� $ � (15.21)

erfullt ist. Bei dieser Abschatzung betrachten wir zuerst den wichtigen hinteren Teil, er besagt,daß der vordere Teil großer als Null sein muß, d.h. er darf nicht Null werden. Daher solluns vom vorderen Teil der Abschatzung nur der Zahler interessieren. Das darin befindlicheIntegral soll also im Supremum echt großer als Null sein. Dies ist eigentlich sehr einfach, manbraucht also nur den Raum B� genugend groß wahlen, dann wird sich fur jedes @� G� schonirgendein Kandidat �� B� finden, der diese Bedingung erfullt. Ziel ist es aber, den Raum B�

in Abstimmung mit dem Raum G� moglichst klein zu wahlen.Normalerweiser erreicht man dies, indem man fur die Geschwindigkeitsapproximation An-satzfunktionen hoherer Ordnung als fur den Druck wahlt. So fuhrt die Wahl quadratischerAnsatzfunktionen fur die Geschwindigkeit und linearer Ansatzfunktionen fur den Druck zustabilen Verfahren. Werden Ansatzfunktionen gleicher Ordnung gewahlt, so ist der Interpola-tionsraum fur den Druck zu reichhaltig, die Losung fangt an zu oszillieren.

15.7 Konvergenz

Die Konvergenztheorie von FE-Verfahren benotigt Methoden der Funktionalanalysis und Ap-proximationstheorie und daher sollen auch hier nur die wesentlichen Ergebnisse vorgestelltwerden.Die Konsistenzordnung in der Zeit ist bei der Darstellung der Zeitableitung durch Eulerver-fahren 1 und bem Crank-Nicolson-Verfahren 2. Der raumliche Diskretisierungsfehler ist beielliptischen (z.B. stationare Probleme) und parabolischen Problemen durch:

fehler � ��� (15.22)

wobei � ein Maß fur die Kantenlange ist und die Dreiecke nicht zu spitz sind. Eine sehr guteEinfuhrung in die Konvergenztheorie der FEM ist [16].

188 KAPITEL 15. FINITE ELEMENTE UND FUNKTIONALANALYSIS

Kapitel 16

Gleichungsloser

Die bei impliziten Verfahren entstehenden Gleichungssysteme sind

� linear, da die nichtlinearen advektiven Terme entweder explizit oder mit Hilfe desNewton-Raphson-Verfahrens linearisiert werden und

� schwach besetzt, da lediglich die bei der Diskretisierung der partiellen Ableitungen ver-wendeten nachsten Knoten nichtverschwindende Matrixelemente erzeugen.

Bei den linearen Gleichungslosern unterscheidet man direkte und iterative Verfahren. DirekteVerfahren losen das Gleichungssystem durch eine sukzessive Elimination der gesuchten Va-riablen, iterative Gleichungsloser bestimmen die Losung als Grenzwert einer Naherungsfolge.

16.1 Diskretisierung und Systemmatrix

Wesentlich zur Effizienz der Gleichungsloser tragt bei, wie die nichtlinearen advektiven Ter-me diskretisiert werden. Da bei diesen fast immer upwind-Strategien zu berucksichtigen sind,entstehen hier unsymmetrische Terme. Dies ist der Grund dafur, daß hier oft explizite Verfah-ren mit den entsprechenden Stabilitatsrestriktionen verwendet werden, damit die advektivenTerme nicht in das Gleichungssystem mit einbezogen werden mussen. Die Diskretisierung derdiffusiven Terme erzeugt dagegen immer symmetrische und positiv-definite Matrizen.Die Numerierung der Knoten entscheidet dann uber das spezielle ’Aussehen der Systemmatri-zen. Bei zweidimensionalen FD-Verfahren erzeugt eine Numerierung in Richtung der Koordi-natenachsen eine Tridiagonalmatrix (Bandweite 2), wahrend eine Diskretisierung in Diagona-len zu den Koordinatenachsen eine Blocktridiagonalmatrix erzeugt.Auch bei der Anwendung von FE-Methoden versucht man, den Rechenaufwand durch intel-ligente Numerierung zu minimieren. Hier sind vor allem die Numerierungsalgorithmen vonRosen und Cuthill-McKee zu nennen, die Matrizen minimaler Bandbreite zu erzeugen versu-chen.

16.2 Direkte Gleichungsloser

Wegen der Große der zu losenden Gleichungssysteme kommen direkte Verfahren in mehrdi-mensionalen hydrodynamisch-numerischen Modellen nur selten zur Anwendung.

189

190 KAPITEL 16. GLEICHUNGSLOSER

Gleichungsloser Voraussetzungen Anzahl der Operationen

Gauß/LU-Zerlegung Pivotisierbarkeit ��

- fur Bandmatrix Pivotisierbarkeit ����

Cholesky-Zerlegung symmetrisch, positiv-definit ���

- fur Bandmatrix symmetrisch, positiv-definit ����

Tabelle 16.1: Direkte Gleichungsloser

Neben der Frage, welche Voraussetzungen die Matrix zur Anwendung des Gleichungsloserserfullen muß, ist man speziell an seiner Losungsgeschwindigkeit interessiert. Diese wird uberdie Anzahl der erforderlichen wesentlichen Operationen d.h. Multiplikationen und Divisionenquantifiziert. In Tafel 16.1 sind dafur die Anwendungsvoraussetzungen und der fuhrende Termder wesentlichen Operationen in Abhangigkeit von der Große des Gleichungssystems fur dasGaußsche Eliminationsverfahren und die Cholesky-Zerlegung dargestellt.

16.3 Iterative Gleichungsloser

Iterative Gleichungsloser fuhren die Losung eines Gleichungssystems auf eine Fixpunktform

��� � +�� (16.1)

mit einer Iterationsmatrix + zuruck. Das Verfahren konvergiert dann, wenn der Spektralradius� der Iterationsmatrix d.h. der Betrag des großten Eigenvektors kleiner eins ist. Die Konver-genzgeschwindigkeit ist dann umso schneller, desto kleiner der Spektralradius ist.Die Effektivitat eines iterativen Gleichungslosers kann deshalb nicht so einfach bestimmt wer-den, wie es fur direkte Gleichungsloser der Fall war, denn sie setzt sich aus der Konvergenz-geschwindigkeit und dem Rechenaufwand pro Iteration zusammen. So kann ein sehr rechen-aufwendiges Verfahren dennoch sehr schnell sein, wenn die Konvergenzgeschwindigkeit ent-sprechend hoch ist.Als iterative Gleichungsloser werden vielfach die der Klassen der SOR, ADI und CG-Verfahren verwendet, wobei Gesamtschritt- und Einzelschrittverfahren wegen ihrer langsamenKonvergenz nur selten Anwendung finden.SOR-Verfahren (Successive Overrelaxation) sind Verallgemeinerungen des Einzelschrittver-fahrens, bei denen das Ergebnis des letzteren uber einen Relaxationsparameter zwischen denIterationen gewichtet wird. Die Konvergenz des SOR-Verfahrens ist dann gesichert, wenn die

16.3. ITERATIVE GLEICHUNGSLOSER 191

Systemmatrix positiv definit ist. Die Konvergenzgeschwindigkeit hangt von der Wahl des Re-laxationsparameters ab, fur den im Fall einer sogenannten Diagonal-Block-Tridiaginalmatrixein optimaler Wert bestimmt werden kann.ADI-Verfahren (Alternating-Direction-Implicit) losen das Gleichungssystem, indem die Sy-stemmatrix in ihre verschiedenen Anteile der Ortsableitungen zerlegt wird. Bei einem zweidi-mensionalen Problem wird also abwechselnd das Gleichungssystem, welches aus der Diskre-tisierung der x-Ableitungen und den y-Ableitungen entsteht, gelost. Dabei wird die Reihenfol-ge in jedem Iterationsschritt gewechselt. ADI-Verfahren sind mit Operator-Splitting Methodenverwandt, diese verallgemeinern die Grundidee des ADI-Verfahrens auf die zu losenden Diffe-rentialgleichungen und zerlegen diese etwa auch nach physikalischen Anteilen. ADI-Verfahreneigenen sich außerdem besonders fur die Verarbeitung auf Vektor- und Parallelrechnern.Konjugierte-Gradienten-Verfahren (CG-Conjugate Gradients) fuhren die Losung eines Glei-chungssystems auf die Minimierung einer quadratischen Form zuruck. Sie benotigen pro Ite-rationsschritt einen relativ hohen Rechenaufwand, dafur ist ihre Konvergenzgeschwindigkeitallerdings sehr hoch.Schließlich seien noch Mehrgitterverfahren erwahnt, die ein Gleichungssystem auf verschie-denen sukzessive grober werdenden Gittern lost. Hierdurch kann ein optimales Konvergenz-verhalten erzielt werden, da hochfrequente Fehleranteile auf den feinen und niederfrequenteauf den groben Gittern eliminiert werden. Allerdings haben Mehrgitterverfahren noch keinenEinzug in kommerzielle hydrodynamisch-numerische Programmpakete genommen.

192 KAPITEL 16. GLEICHUNGSLOSER

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