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Ökoregionen & Makroökologie 2. Meere und Brackgewässer 2.5 Meeresküsten

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Ökoregionen & Makroökologie

2. Meere und Brackgewässer2.5 Meeresküsten

Zonierung des Litorals

Aus Janke et al. 1990

MSpThw =Mittleres Springtidenhochwasser

MNThw =Mittleres Nipptidenhochwasser

MNTnw =Mittleres Nipptidenniedrigwasser

MSpTnw =Mittleres Springtidenniedrigwasser

Wirkende Kräfte

Brandung Felsküste

Zerkleinerung des Materials:Blöcke→Geröll→Kies→Sand

SandstrandKüstendünenMarschen, Mangroven

Ablagerung von Schlick (Ton & org. Material)

Verlagerung durch Strömung

Verlagerung durch Wind

Anpassungen von Organismen in der Gezeitenzone

• Toleranz gegenüber Temperaturschwankungen• Toleranz gegenüber Änderungen des Salzgehalts

– poikilosmotisch (Strandschnecke, Seepocken)– homoiosmotisch: Hypertonieregulation (Schnecken marinen Ursprungs,

Enchytraeiden, Krebse), Hypo- und Hypertonieregulation (Strandkrabben, Asseln, Amphipoden, landlebende Arthropoden)

• Schutz vor UV-Strahlung• Gewährleistung der Sauerstoffversorgung

– Kiemenatmer: Feuchthalten der Kiemen– Landtiere: Überdauerung in luftgefüllten Spalten, Herabsetzung des

Sauerstoffverbrauchs• Anpassungen gegenüber Dichteänderungen

Biologischer Rhythmik

Zeitgeber:• Tageslicht (24 h)• Mond (14,7 d)• Gezeiten (12,4 h)

Aus Tischler 1993

Felsküsten

Horn & Gibson 1991

Felsküsten

Eulitoral: Zone zw. Hoch- und Niedrigwasser• Vertikale Zonierung (ausgeprägt im gemäßigten Klima): Trockenheit, hohe

Temperaturen, Besonnung, Wellenschlag

• Horizontale Verteilung (Lage zum Aufprall des Wassers): Felslücken, Anhäufung von Detritus, Sukzession

• Konkurrenz und Feinde

Sublitoral Eulitoral Supralitoral

Braunalgen

Seepocken

Biotische Faktore

Abiotische Faktore

Smith & Smith 2009

Felsküsten

Supralitoral:• Spritzone:

– nur gelegentlich von Springtiden überflutet– Meeres- und Landbewohner– starke Windeinwirkung, salzhaltige Luft,

Wasserspritzer, Schwankungen der Temperatur & Luftfeuchte

• Steilwände und Felsinseln:– Brutplätze für Vögel

Sandstrand und Küstendünen

• Prallhang mit bewegtem und durchspülten Sand

• Farbstreifen-Sandwatt– graugelb: Umlagerung– blaugrün: Cyanobakterien– rot: Schwefelpurpurbakterien– schwarz: Desulfurikanten

• Zone des Strandanwurfs• trockener Innenstrand und

Dünen

Aus Janke et al. 1990

Psammon:• Meso-/Mikropsammon (< 5 mm):

Nematoden, Turbellaria, Anneliden, Krebse, Gnathostomulida, Gastrotricha, Loricifera, Tardigrada, Meeresmilben, Nacktschnecken, Zwergmedusen, Mosstierchen, Protozoen

• Import von Detritus und Plankton als Nahrungsgrundlage

• hohe Individuendichte (2000 Ind./100 cm³)

Aus Tischler 1993

Marschküsten: Watt• Schwemmland aus Sedimenten

feinster Mineralteilchen & org. Partikel

• Eintrag von Plankton• nährstoffreich• Verlandung → Salzwiesen• Boden-Typ

– Sandwatt (> 1% org. Anteil)– Sand-Schlickwatt– Schlickwatt (5 – 10 % org. Anteil)

Aus Janke et al. 1990

Beispiel: Wattenmeer

• Ca. 450 km Küstenlänge

• 3500 km² Wattfläche

• Entstehung vor ca. 4000 Jahren

Tardent 1993

Beispiel: Wattenmeer

Reise 1991

Biotische Faktoren

Tardent 1993

Biotische Faktoren

Aus Janke et al. 1990

Biotische Faktoren

Reise 1991

Wattwurm (Arenicola marina)

Einflüsse des Menschen:Deichbau & Landgewinnung

• Umwandlung der Überschwem-mungsflächen in Weiden und Äcker

• Verlust von 80 % der Salzwiesen-flächen seit 1600

Reise 1991

1 km

Landgewinnung im Bereich der westfriesischen Inseln

Einflüsse des Menschen:Deichbau & Landgewinnung

Folgen:• Verminderung des Eintrags von pflanzlichem Detritus

aus den Salzwiesen• Verstärkte Umlagerung von Sedimenten

Vertiefung & Erweiterung der Priele und BaljenVerlagerung der Außensande und Barrieren-Inseln landwärts

• Verlust an Brackwasser- und Salzwiesenarten• Zunahme der filtrierenden Muscheln; Rückgang der

Detritusfresser• Vordringen von Arten der tieferen Nordsee; Rückgang

von Flachwasserarten

Einflüsse des Menschen:Veränderung der Artengemeinschaft

Nagelrochen (Raja clavata)Europäischer Stör (Acipenser sturio)

Europäische Auster (Ostrea edulis)

Rückgang & Aussterben:

Sandröhrenwurm (Sabellaria alveolata & S. spinulosa)

Einflüsse des Menschen:Veränderung der Artengemeinschaft

Nehring & Leuchs 1999

Neubesiedlung: Anteil der Neozoen am Gesamtartenbestand 3 – 10 %

Einflüsse des Menschen:Nähr- & Schadstoffe

• Phosphat- und NitratZunahme der Planktonproduktion Sauerstoffmangel bei geschichtetem WasserZunahme der MiesmuschelbänkeZunahme algenfressender Schnecken und anderer BodentiereZunahme fädiger Grünalgen (G. Enteromorpha) Sauerstoffmangel im Boden

• Öl• Schwermetalle• chlorierte Kohlenwasserstoffe (z.B. polychlorierten

Biphenyle, PCB), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK oder PAH)

• Tributylzinn (TBT)

Einflüsse des Menschen:Nähr- & Schadstoffe

• Phosphat- und NitratZunahme der Planktonproduktion Sauerstoffmangel bei geschichtetem WasserZunahme der MiesmuschelbänkeZunahme algenfressender Schnecken und anderer BodentiereZunahme fädiger Grünalgen (G. Enteromorpha) Sauerstoffmangel im Boden

• Öl• Schwermetalle• chlorierte Kohlenwasserstoffe (z.B. polychlorierten

Biphenyle, PCB), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK oder PAH)

• Tributylzinn (TBT)Reise 1991

Einflüsse des Menschen:Nähr- & Schadstoffe

Schaumbildung an Brandungs-stränden durch gallertbildende Planktonalge (Phaeocystis globosa)

Fädige Grünalgen (G. Enteropmorpha)

Marschküsten: Salzwiesen• Entstehung aus Watt (Erstbesiedler Queller

Salicornia & Schlickgräser Spartina)• Salzregulation der Halophyten:

– selektive Salzaufnahme– Abwerfen von Blättern mit salzgesättigter

Lösung in den Vakuolen– Salzablagerungen in den Vakuolen der

Sprosse– Abscheidung von überschüssigem Salz aus

epidermalen Drüsen– Sukkulenz

• Hohe Produktion, geringer Anteil an Konsumenten

Aus Janke et al. 1990

Marschküsten: Salzwiesen

Mangroven• trop. und subtrop.

Gezeitenwälder an Küsten mit Schwemmland („trop. Marschküsten“)

• bis zu 30 m hohen, immergrünen Bäumen und bis zu 2 m hohen Sträuchern (obligate Halophyten)

• Lebensräume– Flussmündungs-

mangroven– Küstenmangroven– Riffmangroven

Aus Tischler 1993

Anpassungen der Pflanzen

Keimung:• Viviparie• Kryptviviparie

Wurzelatmung:• Stelzwurzeln• Luftwurzeln• Lentizellen mit feinen Öffnungen, die Endringen von Wasser

verhindern

Anpassungen an den Salzgehalt:• Einschränkung der Transpiration• Ultrafiltration• Erhöhung der Saugkräfte durch Salzspeicherung in den Vakuolen• Eliminierung von Salz durch abfallende Blätter oder

Salzausscheidung („Salzdrüsen“)

VerbreitungRegion Fläche in km² (Anteil an

Gesamtfläche)

Süd- und Südostasien 75.000 (42 %)

Australasien 19.000 (10 %)

Nord- und Südamerika 49.000 (27 %)

Westafrika 28.000 (16 %)

Ostafrika und Mittlerer Osten 10 000 (6%)

Gesamt 180.000

Verbreitung

www2.tu-berlin.de/~kehl/

Bedrohungen

• > 50 % der Mangroven bereits verschwunden• Ursachen:

– Umwandlung in Plantagen– Trockenlegung– Zuchtfarmen für Shrimps– Holzgewinnung

• Folgen:– Rückgang der Fischbestände– Verschlammung von Riffen– Fehlende Produktion– Fehlender Küstenschutz

Nettoprimärproduktion ausgewählter Lebensräume

Ökosystem Nettoprimär-produktion (kg•m-²•a-1)

Eintrag(kg•m-²•a-1)

Wattenmeereulitoral 0,2 bis zu 0,2

Salzwiesen 0,2-1,9 bis zu 1,5

Seegrasbestände 0,4-0,6

Großalgenbestände bis zu 4,0

Ökoregionen & Makroökologie

2. Meere und Brackgewässer2.6 Ästuarien und andere Brackgewässer

Typen von Brackwässern

1. Meere, die noch eine schmale Verbindung zu den Ozeanen haben (Ostsee, Schwarze Meer) oder in früheren Zeiten hatten (Kaspische Meer, Aralsee)

2. Brackwässer im Küstenbereich mit geringer oder fehlender Strömung (Fjorde, Lagunen, Strandtümpel)

3. Brackwässer mit starker Strömung in den Mündungsgebieten der Flüsse (Ästuarien)

4. Unterirdisches Küstengrundwasser5. Brackwasser im Binnenland (Salzquellen,

Brackwassersümpfe, brackige Seen)

Ästuarien• trichterförmig erweiterte

Flussmündung• Einfluss der

Gezeitenströme• Übergang Süßwasser

zum Salzwasser• hoher Gehalt importierter

Schwebstoffe• z.B. Nördliche

Amazonasmündung

Physikalische & chemische Eigenschaften: Salzgehalt

• polyhalin (3,0-1,8 %)• α-mesohalin (1,8-0,8 %)• β-mesohalin (0,8-0,3 %)• oligohalin (0,3-0,05 %)

Physikalische & chemische Eigenschaften: Salzgehalt

Erhöhung des Salzgehalts durch:• Meerwasser• Lösung von Salzen aus dem Untergrund• Verdunstung

Erniedrigung des Salzgehalts durch:• Einfluss von Süßwasser• Schmelzwässer• Infiltration von Grundwasser• Niederschläge

Physikalische & chemische Eigenschaften: Sauerstoff

• meist gute O2-Versorgung

• bei stabiler Schichtung tiefere Schichten häufig O2–Armut aufgrund von:– geringem vertikalen Austausch

– hoher biologischer Aktivität

– niedriger Durchflussrate

• Substrat extrem O2–arm:– viel organisches Material, hohe biologischer Aktivität

– geringer Austausch

Physikalische & chemische Eigenschaften

Temperatur• zeitlich (tageszeitlich, saisonal) und räumlich (horizontal,

vertikal) variabel:– rasches Aufheizen durch Sonne– Temperaturunterschiede von Fluss- und Meerwasser– Schichtungsverhältnisse

Trübung• Fracht suspendierter Partikel meist hoch

• geringe Lichtdurchflutung, führt zu geringer Primärproduktion

Physikalische & chemische Eigenschaften

Substrat• schlammige oder sandige Sedimente sowie ausgeflockte

Suspensionspartikel• hoher Anteil an organischem Material

Strömung• wechselnde Strömungen durch Ebbe und Flut• meist schwache Wellenbewegung

Brackwasser als Lebensraum• Euryhaline Arten:

– Vorkommen in Süß-, Brack- und Meerwasser– Respirationsrate vom Salzgehalt unabhängig– meist Arten mit limnischen Ursprung, einige Arten mit marinem

Ursprung, zyklisch euryhaline Arten (katadrome und anadrome Tiere)

• Limnische Arten– meist empfindlich gegen Salzwasser (nur wenige Arten bei > 1,8

% Salzgehalt)– Erniedrigung der Respirationsrate im Brackwasser

• Marine Arten– für meiste Arten 1,8 % Salzgehalt untere biol. Grenze– Erhöhung der Respirationsrate im Brackwasser

• Spez. Brackwasserarten– überwiegend oder ausschließlich im Brackwasser– meist Arten mit stammesgeschichtlich marinen Ursprung

Artenzusammensetzung

Aus Tischler 1993

Besonderheiten der Lebensgemeinschaft

• Artenarmut:– rel. artenarm, jedoch reich an Individuen

• Abnahme der Körpergröße– häufig geringere Körpergrößen, z.B. Nesseltiere, Mollusken,

Echinodermata, Fische• Abweichung der Form

– Änderungen der Struktur, z.B. Rotalgen, Nesseltiere• Abweichung in Entwicklung & Fortpflanzung

– verzögerte Entwicklung und Wachstum bei euryhalinen Organismen– Sterilität, z.B. bei Algen, Seegras, Seestern, Polychaet

• Mischcharakter– Lebensgemeinschaften aus limnischen und marinen Arten– Verknüfung unterschiedlicher Lebensräume

• Nahrungsbeziehungen– viele Arten polytroph– lange und umfangreiche Nahrungsnetze

Mischcharakter des Lebensraumes

Aus Tischler 1993

Verzahnung der Brackwasserlebewelt mit der umgebenden Landschaft am Beispiel von Meeresvögeln, die im Bereich der salinen Lagunenzone brüten.

Ökologische AnpassungenMorphologie• Tiere:

– Anpassungen an Leben im Schlamm (z. B. Haarsäume um Eingänge der Atmungsorgane)

• Gefäßpflanzen:– Aerenchym zur O2 – Versorgung der Wurzel– hoher Lignin – Gehalt

Ökologische AnpassungenPhysiologie• Tiere:

– Osmokonformer (poikiloosmotische Tiere): Anpassung des Salzgehalt der Körperflüssigkeiten an umgebendes Wasser

– Osmoregulatoren (homoiosmotische Tiere): Aufrechterhaltung des internen Salzgehalts unabhängig vom umgebenden Wasser (z.B. durch Ausscheidung über Kiemen, Salzdrüsen, bluthyperosmotischen Harn)

• Gefäßpflanzen:– Erhöhung der Ionenkonzentration in den Wurzeln– Drüsen zur Salz - Exkretion– Einlagerung von Salzen in Blätter und deren Abwurf

Ökologische AnpassungenVerhalten• Vergraben im Schlamm:

– geringere Schwankungen von Salinität und Temperatur

– Schutz vor Fressfeinden• Wanderungsmuster:

– Verlagerung empfindlicher Stadien (Eier, Jungtiere) ins offene Meer (einige Krabben-Arten)

– Nutzung der futterreichen und sicheren Ästuare als Kinderstuben (viele Fisch-Arten)

Stoff- und EnergieflüssePrimärproduktion• sehr hohe Produktivität: bis 20 000 kcal / m2 * a• systeminterne Primärproduzenten: v.a. Algen und

bodenlebende Diatomeen, Phytoplankton, Seegras

• externe Quellen organischen Materials: Salzmarschen, Fluss, Meer

• große Menge an Detritus (Schweb- / Sinkstoffe): bis zu 100 mg / l (Meerwasser: 1- 3 mg / l)

Stoff- und Energieflüsse

Stoff- und EnergieflüsseNahrungsnetze• großer Nahrungsreichtum• komplexe Netze durch Eurytrophie und interspezifischen

Verknüpfungen• unvollkommene Energienutzung• wesentliche Glieder der Nahrungskette:

– Detritus (und Bakterien)– Primärproduzenten: Algen, Phytoplankton, Diatomeen– detritusfressende und filtrierende Organismen (z. B. Muscheln,

Krebse, Borstenwürmer)– Prädatoren (Fische, Vögel)