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Seminararbeit
Random Walks and Renewal Theory
Christoph Weber
1326964
Februar 2016
Betreuung: Privatdoz. Dipl.-Ing. Dr.techn. Stefan Gerhold
Technische Universität Wien
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 3
2 Random Walk - Die Irrfahrt 6
2.1 Denition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2 Rekurrenz und Transienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.3 Die eindimensionale Irrfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.3.1 Sprungzeiten und Sprunghöhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie 16
3.1 Denition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.2 Erneuerungsprozesse und Stationarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173.3 Die Erneuerungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.3.1 Ein Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Literaturverzeichnis 26
Abbildungsverzeichnis 27
1 Einleitung
1 Einleitung
Sei Z eine faire Münze mit den beiden möglichen Zuständen z1 = Kopf und z2 = Zahl
und den Wahrscheinlichkeiten P(Z = z1) = 0, 5 und P(Z = z2) = 1− P(Z = z1) = 0, 5.
Man betrachte den Münzwurf im rechten oberen Quadranten N0 × N0 der Ebene Z2:
Start ist bei S0 = (0, 0) und bei Kopf wandert man einen Schritt nach rechts, bei
Zahl einen Schritt nach oben.
Die folgende Grak zeigt drei mögliche Ausgänge des Münzwurfs bis zu dem Zeitpunkt,
in dem eine der beiden Möglichkeiten genau 30 Mal erreicht wird:
Abbildung 1: Münzwurf
Obiges Experiment ist ein anschauliches Beispiel für eine Irrfahrt. Für ein zweites, oft-
mals verwendetes Beispiel, sei nun der ”Betrunkene” präsentiert:
A man starts from point O and walks x yards in a straight line; he then turns
through any angle whatever and walks another x yards in a second straight
line. He repeats this process n times. I require the probability that after these
n stretches he is at a distance between r and r + dr from his starting point,
O. Karl Pearson, 1905
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1 Einleitung
Abbildung 2: Drunkard's Walk
Die einfachste Variante für diesen ”Drunkard's Walk” kann man auf dem Zahlenstrahl
denieren, wo mit Wahrscheinlichkeit p = q = 12nach links oder rechts gegangen wird
und der vorige Schritt nicht von Bedeutung ist.
Abbildung 3: Ein-Schritt-Wahrscheinlichkeit
Fragestellungen wie ”Findet der Betrunkene je nach Hause” (wobei ”zu Hause” ein
beliebiger Punkt auf dem Zahlenstrahl ist) beziehungsweise ”Wenn ja, in wie vielen
Schritten?” und deren Antworten sind unter anderem bei [8], Seite 3, und [9], Seite 240,
zu nden.
Man wird sehen, dass Irrfahrten trotz ihrer Einfachheit viele grundlegenden Eigen-
schaften von Markov-Prozessen in diskreter Zeit zeigen und oftmals als ein adäquater
Einstieg in die Materie gesehen werden. [3]
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1 Einleitung
So wie bei der Irrfahrt lässt sich auch beim Thema der Renewal Theory gut mit einem
Beispiel starten:
Elektronische Geräte sind aus vielen kleinen Baugruppen zusammengesetzt. Jede Bau-
gruppe sei die Zusammenfassung von elektronischen Bauteilen, welche die selbe Funktion
haben. Sollte eine Baugruppe kaputt gehen nehmen wir an, dass sie durch eine unter
den selben Bedingungen hergestellte ersetzt wird.
Sei Xi der Zeitraum, den die i -te Baugruppe arbeitet und N(t) sei die Anzahl der freien
Baugruppen, die bis zum Zeitpunkt t installiert wurden. X1, X2, .. sind u.i.v. Zufalls-
variablen, also ist N(t) : t ≥ 0 ein Erneuerungsprozess (engl.: renewal process). Um
vorausschauend planen zu können ist es nun spannend, P(N(t) = n) und E[N(t)] zu wis-
sen. Diese und zusätzliche Informationen, wie z.B. wann der nächste Ausfall zu erwarten
ist oder wie lange der letzte Ausfall zurückliegt, zu akquirieren sind die primären Ziele
der Erneuerungstheorie. ([4], Seite 105)
Abbildung 4: Erneuerungsprozess
Abbildung 2 zeigt die mögliche Entwicklung eines Erneuerungsprozesses Xt mit Zyklus-
zeiten Si und Erneuerungszeiten Jn. [6]
Diese Arbeit basiert auf dem Buch Foundations of Modern Probability von Olav Kal-
lenberg, Kapitel 8: Random Walks and Renewal Theory, in PDF-Version unter an-
derem zu nden unter http://tomlr.free.fr/Math%E9matiques/Math%20Complete/
Probability%20and%20statistics/Foundations%20of%20Modern%20Probability%20-%
20Olav%20Kallenberg.pdf.
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
2 Random Walk - Die Irrfahrt
2.1 Denition
Als random walk oder Irrfahrt ist im Allgemeinen ein Zufallsprozess (Sn) in diskre-
ter Zeit deniert, dessen Zufallsgröÿen unabhängig und identisch verteilt (u.i.v. bezie-
hungsweise i.i.d.: independent and identically distributed) und dessen Schritte die Form
ξn = ∆Sn = Sn - Sn−1 besitzen. Allgemein nimmt man S0 = 0 an, so dass
Sn = ξ1 + ...+ ξn =∑n
i=1 ξi ∀n gilt.
Irrfahrten sind eine der einfachsten Versionen eines Markov-Prozesses. Demnach kann
man den Prozess mit Hilfe einer Übergangsmatrix darstellen, für die gilt:
fi,j =
p , falls j = i+ 1
q , falls j = i− 1
0 , sonst
Für die (unendlich groÿe) Übergangsmatrix folgt dann:... ...
... 0 q 0 p 0 ... ...
... ... 0 q 0 p 0 ...
... ...
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
2.2 Rekurrenz und Transienz
A drunk man will nd his way home, but a drunk bird may get lost forever.
Shizuo Kakutani, japanisch-amerikanischer Mathematiker
Sei Sn = ξ1+...+ξn ∀n ∈ Z+, wobei ξi ∀i ∈ 1..n u.i.v. Zufallsvektoren in Rd sind. Die
Verteilung der (Sn) ist bestimmt durch die gemeinsame Verteilung µ = P ξ−1n der Inkre-
mente.
Das occupation measure von (Sn) ist deniert als das zufällige Maÿ
ηB =∑
n≥0 1Sn ∈ B, B ∈ Bd,
wobei B die Borelmengen auf Rd sind. Ein zufälliges Maÿ Y ordnet jedem Zufallsereignis
ξi ∈ Ω ein Maÿ η auf Rd zu, welches auf beschränkten messbaren Mengen endliche Werte
annimmt. Für eine beliebige Borelmenge A ∈ Bd ist also
Y (A) : Ω→ [0,∞], ξ 7→ Yξ(A),
nichtnegative Zufallsvariable und das zufällige Maÿ der Menge A.
Ein occupation measure beschreibt also die erwartete Dauer, die ein stochastischer Pro-
zess in verschiedenen Teilen seines Zustandsraums zu einer gegebenen Stoppzeit ver-
bringt. [7]
Das dazu passende Intensitätsmaÿ ist deniert als
(Eη)B = E(ηB) =∑
n≥0 PSn ∈ B, B ∈ Bd.
Mit Bεx = y; |x−y| < ε seien die erreichbare Menge A, die mittlere Rekurrenzmenge
M und die Rekurrenzmenge R, gegeben durch
A =⋂ε>0
x ∈ Rd; EηBεx > 0
M =⋂ε>0
x ∈ Rd; EηBεx =∞
R =⋂ε>0
x ∈ Rd; ηBεx =∞ fast sicher
deniert.
Satz 2.1 (Dichotomie der Rekurrenz). Sei (Sn) Irrfahrt in Rd und die Mengen A, M
und R deniert wie oben. Dann tritt genau einer der beiden folgenden Zustände ein:
(i)R = M = A, und R ist eine geschlossene, additive Halbgruppe auf Rd
(ii)R = M = ∅ und |Sn| → ∞ fast sicher
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
Eine Irrfahrt heiÿt rekurrent, falls (i) zutrit, und andernfalls transient.
Beweis. Trivialerweise ist R ⊂M ⊂ A, also ist es möglich, die Relationen in (i) und (ii)
auch durch A ⊂ R für (i) und M = ∅ für (ii) zu verdeutlichen. Noch zu bemerken ist,
dass A eine geschlossene, additive Halbgruppe ist.
Man tree die Annahme P|Sn| → ∞ < 1, so dass P|Sn| < r unendlich oft > 0 für
ein r > 0. Mit ε > 0 bedecke man die r-Kugel um 0 mit endlich vielen oenen Kugeln
B1, ..., Bn mit Radius ε2. Es ist PSn ∈ Bk > 0 für mindestens ein k. Mit dem Hewitt-
Savage 0-1-Gesetz ergibt die letztere Wahrscheinlichkeit 1. Demnach ist die Stoppzeit
τ = infn ≥ 0;Sn ∈ Bk fast sicher endlich und die starke Markoveigenschaft bei τ
ergibt
1 = PSn ∈ Bk unendlich oft
≤ P|Sτ+n − Sτ | < ε unendlich oft
= P|Sn| < ε unendlich oft.
Also ist (in diesem Fall) 0 ∈ R.Um die Beziehung auf A ⊂ R zu erweitern wähle man ein xes x ∈ A und ε > 0. Durch
die starke Markoveigenschaft bei σ = infn ≥ 0; |Sn − x| < ε2 folgt
P|Sn − x| < ε unendlich oft ≥ Pσ <∞, |Sσ+n − Sσ| <ε
2unendlich oft
= Pσ <∞P|Sn| <ε
2unendlich oft > 0
und nach dem Hewitt-Savage 0-1-Gesetz ergibt die Wahrscheinlichkeit des linken Aus-
drucks 1. Demnach ist x ∈ R.Die zu geltende Gruppeneigenschaft folgt, wenn man beweisen kann, dass auch −x ∈ Aist. Man zeigt also
P|Sn + x| < ε unendlich oft = P|Sσ+n − Sσ + x| < ε unendlich oft
≥ P|Sn| <ε
2unendlich oft = 1.
Als nächstes nehme man |Sn| → ∞ fast sicher an. Für xes m, k ∈ N schlieÿe man aus
der Markoveigenschaft bei m, dass
P|Sm| < r, infn≥k|Sm+n| ≥ r ≥ P|Sm| < r, infn≥k|Sm+n − Sm| ≥ 2r
= P|Sm| < rPinfn≥k|Sn| ≥ 2r.
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
Das Ereignis links tritt für höchstens k verschiedene Werte von m ein und demnach ist
Pinfn≥k|Sn| ≥ 2r∑m
P|Sm| < r <∞, k ∈ N.
Mit k →∞ geht die Wahrscheinlichkeit auf der linken Seite nach 1. Die Summe konver-
giert also und man erhält EηB < ∞ für jede beschränkte Menge B. Diese Erkenntnis
führt zu M = ∅.
Nach dem allgemeinen Fall ergeben sich aus dem folgenden Satz zwei leichter veri-
zierbare Kriterien für Rekurrenz.
Satz 2.2 (Rekurrenz für d=1,2). Eine Irrfahrt (Sn) in Rd ist rekurrent bezüglich einer
der Konditionen:
(i) d = 1 und n−1SnP−−→ 0;
(ii) d = 2, Eξ1 = 0, und E|ξ1|2 <∞.
Beweis. Für (i) beachte man das Schwache Gesetz der groÿen Zahlen, speziell wird
die Bedingung erfüllt wenn Eξ1 = 0 ist. Im Gegensatz impliziert Eξ1 ∈ (0,∞] die
Behauptung Sn → ∞ fast sicher, nach dem Starken Gesetz der groÿen Zahlen. (Sn) ist
unter dieser Bedingung also transient.
Der weitere Beweis von Satz 2.2 basiert auf folgender Skalierungsrelation:
Lemma 2.3 (Skalierung). Für eine Irrfahrt (Sn) in Rd ist∑n≥0
P|Sn| ≤ rε . rd∑n≥0
P|Sn| ≤ ε, r ≥ 1, ε > 0,
wobei a . b bedeutet, dass a ≤ cb für eine Konstante c > 0 ist.
Der genaue Beweis von Satz 2.2 (ii) unter Berücksichtigung von Lemma 2.3 kommt
von Chung und Ornstein und ist auf Seite 139 von [1] zu nden.
Eine weitere Generalisierung des Rekurrenzkriteriums in Bezug auf die charakteristi-
sche Funktion µ von µ entwickelten Chung und Fuchs. Für deren Satz soll Bε = x ∈Rd; |x| < ε sein.
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
Satz 2.4 (Rekurrenzkriterium von Chung und Fuchs). Sei (Sn) Irrfahrt in Rd mit einer
Verteilung µ und man wähle ein xes ε > 0. Dann ist (Sn) rekurrent, falls
sup0<r<1
∫Bε
< 1
1− rµtdt =∞. (2.1)
Hier und in weiterer Folge bezeichnet < den reellen Teil der Zahl.
Der Beweis baut auf folgendem Lemma auf:
Lemma 2.5 (Parseval). Es seien µ und ν Wahrscheinlichkeitsmaÿe auf Rd mit charak-
teristischen Funktionen µ und ν. Dann ist∫µdν =
∫νdµ.
Auch hier kann der vollständige Beweis auf Seite 140 in [1] gefunden werden.
Falls µ symmetrisch ist in dem Sinne, dass ξ1d= −ξ1, dann ist µ reellwertig und das
letzte Kriterium des vorigen Beweises reduziert sich zu∫Bε
dt
1− rµt=∞.
Unter einer Symmetrisierung von (Sn) versteht man dann eine Irrfahrt
Sn = Sn − S′
n, n ≥ 0
wobei (S′n) eine unabhängige Kopie von (Sn) ist. Ohne Beweis sei folgendes Lemma
gültig:
Lemma 2.6 (Symmetrisierung). Falls eine Irrfahrt (Sn) rekurrent ist, so ist das auch
ihre symmetrische Version (Sn).
Für die Anwendung ergeben sich nun hinreichende Bedingungen für Rekurrenz und
Transienz.
Lemma 2.7 (hinreichende Bedingungen). Sei ε > 0 x. Dann ist (Sn) rekurrent, falls∫Bε
< 1
1− µtdt =∞ (2.2)
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
und transient, falls ∫Bε
dt
1−<µtdt <∞. (2.3)
Beweis. Wir nehmen an, Gleichung (2.2) sei erfüllt. Mit dem Lemma von Fatou (Seite
11 in [1]) erhält man für jede Folge rn 1
lim infn→∞
∫Bε
< 1
1− rnµ≥∫Bε
limn→∞
< 1
1− rnµ=
∫Bε
< 1
1− µ=∞.
Die Behauptung von Gleichung (2.1) ist also gezeigt und Sn ist rekurrent.
Aus dem Beweis des Rekurrenzkriteriums von Chung und Fuchs (Satz 2.4) stammt
folgende Gleichung, welche für den Verlauf des Beweises relevant ist:∫f⊗d(x/a)
∑n≥0
rnµ∗n(dx) = ad∫f⊗d(at)
1− rµtdt, r ∈ (0, 1) (2.4)
Andererseits nehme man nun an, Gleichung (2.3) sei korrekt. Mit kleinem ε nehmen wir
an, dass <µ ≥ 0 auf Bε ist. Wie vorher erhält man∫Bε
< 1
1− rµ≤∫Bε
1
1− r<µ≤∫Bε
1
1−<µ<∞,
und die Behauptung von Gleichung (2.1) ist nicht erfüllt. (Sn) ist also transient.
Bezugnehmend auf Satz 2.2 (Rekurrenz für d=1,2) entsteht die Frage, welche Eigen-
schaft die Irrfahrt für d ∈ [3,∞) zugewiesen bekommt. Aus den bis jetzt erhaltenen
Informationen resultiert der folgende Satz, welcher eine passende Antwort liefert:
Satz 2.8 (Transienz für d ≥ 3). Jede beliebige Irrfahrt mit tatsächlicher Dimension
d ≥ 3 ist transient.
Beweis. Man nehme an, dass die symmetrische Version wieder d-dimensional ist, da sich
andernfalls Transienz rasch durch das Starke Gesetz der groÿen Zahlen zeigen lässt. Mit
Lemma 2.6 (Symmetrisierung) reicht es zu beweisen, dass eine symmetrische Irrfahrt
(Sn) transient ist - wir wählen µ also symmetrisch. Unter Berücksichtigung der Anfangs-
verteilung von Br und Bcr für passendes r > 0 schreibt man µ als Konvexkombination
cµ1 + (1 − c)µ2, wobei µ1 symmetrisch und mit beschränktem Träger ist. Mit (rij) als
Kovarianzmatrix von µ1 und Lemma 4.10 aus [1] (Seite 67, Taylor Erweiterung) erhält
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
man
µ1(t) = 1− 1
2
∑i,j
rijtitj + o(|t|2), t→ 0.
Nachdem die Matrix (rij) positiv denit ist folgt, dass 1− µ1(t) & |t|2 für |t| klein genug,z.B. für t ∈ Bε, ist. Ein gleichartiger Zusammenhang trit auf µ zu, also ist∫
Bε
dt
1− µt.∫Bε
dt
|t|2.∫ ε
0
rd−3dr <∞.
Demnach ist (Sn) transient laut Satz 2.4 (Rekurrenzkriterium von Chung und Fuchs).
Rückblickend auf den Anfang des Kapitels folgt mit Satz 2.8 auch die Bedeutung des
Zitats von Shizuo Kakutani.
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
2.3 Die eindimensionale Irrfahrt
Die eindimensionale Irrfahrt Sn = ξ1 + ... + ξn, n ∈ Z+ heiÿt simpel, falls |ξ1| = 1 fast
sicher. Für eine simple, symmetrische Irrfahrt (Sn) sei
un ≡ PS2n = 0 = 2−2n(
2n
n
), n ∈ Z+.
Mit den obig eingeführten Begrien führt das folgende Lemma zu einem überraschen-
den Zusammenhang zwischen denWahrscheinlichkeiten un und der Verteilung der letzten
Rückkehr zum Ursprung.
Lemma 2.9. (Sn) sei eine simple, symmetrische Irrfahrt in Z, un sei deniert wie oben
und σn = maxk ≤ n;S2k = 0. Dann gilt:
Pσn = k = ukun−k, 0 ≤ k ≤ n.
Beweis. Mit der Markoveigenschaft beim Zeitpunkt 2k erhält man
Pσn = k = PS2k = 0Pσn−k = 0, 0 ≤ k ≤ n,
was den Beweis auf den Fall k = 0 reduziert. Es bleibt also zu zeigen:
PS2 6= 0, ..., S2n 6= 0 = PS2n = 0, n ∈ N.
Nach der Markoveigenschaft zum Zeitpunkt 1 ist die linke Seite gleich
1
2Pmink<2nSk = 0+
1
2Pmaxk<2nSk = 0 = PM2n−1 = 0,
wobei Mn = maxk≤nSk ist. Mit Lemma 8.10 aus [1], Seite 142, und τ = infk;Sk = 1erhält man
1− PM2n−1 = 0 = PM2n−1 ≥ 1
= PM2n−1 ≥ 1, S2n−1 ≥ 1+ PM2n−1 ≥ 1, S2n−1 ≤ 0
= PS2n−1 ≥ 1+ PS2n−1 ≥ 2
= 1− PS2n−1 = 1
= 1− PS2n = 0.
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
Zum jetzigen Zeitpunkt kann man eine umso erstaunlichere Verbindung zwischen dem
Maximum einer symmetrischen Irrfahrt und der letzten Rückkehrwahrscheinlichkeit aus
Lemma 2.9.
Lemma 2.10 (Erstes Maximum, Sparre-Andersen). Sei (Sn) Irrfahrt mit symmetri-
scher, diuser Verteilung, Mn = maxk≤n Sk und τn = mink ≥ 0;Sk = Mn. σn sei als
simple, symmetrische Irrfahrt, wie in Lemma 2.9, deniert. Dann gilt:
τnd= σn für jedes n ≥ 0.
”τnd= σn” steht für ”τn hat die selbe Verteilung wie σn”.
Hier und in weiterer Folge soll
(S1, ..., Sn)d= (Sn − Sn−1, ..., Sn − S0), n ∈ N (2.5)
für jede Irrfahrt (Sn) gelten. Die Formel ist dadurch gültig, dass (ξ1, ..., ξn)d= (ξn, ..., ξ1).
Beweis. Mit der Symmetrie von (Sn) und (2.5) erhält man
vk ≡ Pτk = 0 = Pτk = k, k ≥ 0. (2.6)
Unter Beachtung der Markoveigenschaft zum Zeitpunkt k kann man obige Gleichung
weiterführen:
Pτk = k = Pτk = kPτn−k = 0 = vkvn−k, 0 ≤ k ≤ n. (2.7)
Zu sehen ist, dass σ0 = τ0 = 0. Per Induktion wird der Rest gezeigt, also sei σkd= τk
und demnach uk = vk für alle k < n. Vergleicht man (2.7) mit Lemma 2.9 erhält man
Pσn = k = Pτn = k für 0 < k < n, und mit (2.6) lässt sich die Gleichheit auf k = 0
und k = n erweitern. Demnach folgt: σnd= τn.
2.3.1 Sprungzeiten und Sprunghöhen
Für eine allgemeine ein-dimensionale Irrfahrt (Sn) führt man nun ansteigende Sprung-
zeiten τ1, τ2, ... ein, rekursiv gegeben durch
τn = infk > τn−1;Sk > Sτn−1, n ∈ N
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2 Random Walk - Die Irrfahrt
beginnend mit τ0 = 0. Die zugehörigen ansteigenden Sprunghöhen sind deniert als die
Zufallsvariablen Sτn , n ∈ N, wobei S∞ als ∞ interpretiert wird. Auf ähnlichem Weg
werden die absteigenden Sprungzeiten τ−n und -höhen Sτ−n , n ∈ N deniert. Die Zeiten
τn und τ−n sind beliebig, also impliziert die starke Markoveigenschaft, dass die Paare
(τn, Sτn) und (τ−n , Sτ−n ) möglicherweise beendende Irrfahrten auf R2sind.
Ersetzt man die Relation Sk > Sτn−1 in obiger Denition durch Sk ≥ Sτn−1 erhält man
die schwachen ansteigenden Sprungzeiten σn und -höhen Sσn .
Dem selben Schema folgend werden auch schwache absteigende Sprungzeiten σ−n und
-höhen Sσ−n eingeführt.
Da folgende Erkenntnisse in Kapitel 3.2 von Nöten sind, werden die beiden Lemmata
im Anschluss kurz ohne Beweis vorgestellt.
Lemma 2.11 (Schwankungen und mittlere Sprungzeiten). Für eine nicht-degenerierte
Irrfahrt (Sn) in R trit nur exakt einer von drei Fällen zu:
(i)Sn →∞ fast sicher und Eτ1 <∞;
(ii)Sn → −∞ fast sicher und Eτ−1 <∞;
(iii) lim supn
(±Sn) =∞ fast sicher und Eσ1 = Eσ−1 =∞.
Lemma 2.12 (Schwankungen und mittlere Sprunghöhen). Falls (Sn) nicht-degenerierte
Irrfahrt in R ist, dann gilt
(i)Eξ1 = 0 impliziert lim supn
(±Sn) =∞ fast sicher;
(ii)Eξ1 ∈ (0,∞] impliziert Sn →∞ fast sicher und ESτ1 = Eτ1Eξ1;
(iii)Eξ+1 = Eξ−1 =∞ impliziert ESτ1 = −ESτ−1 =∞.
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3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
3.1 Denition
Man beschäftige sich nun etwas detaillierter mit dem occupation measure η =∑
n≥0 δSn
einer transienten Irrfahrt auf R, die auf Übergangs- und Ursprungsverteilung µ und ν
basiert. Aus den Anfängen des Kapitels über Rekurrenz und Transienz von Irrfahrten
weiÿ man, dass das zugehörige Intensitätsmaÿ Eη = ν ∗∑
n µ∗n lokal endlich ist (Hier
und in weiterer Folge sei mit ∗ die Faltung gemeint. Eine genaue Denition ndet sich
zum Beispiel in [2], Kapitel 10.6). Nach der starken Markoveigenschaft hat die Folge
(Sτ+n − Sτ ) die selbe Verteilung für jede endliche Stoppzeit τ . Eine ähnliche Invarianz
gilt auch für das occupation measure und die zugeordneten Intensitäten müssen über-
einstimmen. Eine Erneuerung ndet dann zum Zeitpunkt τ statt, und das komplette
Thema nennt man demnach Erneuerungstheorie.
In dem Spezialfall, dass R+ Träger von µ und ν ist, bezieht man sich auf η als Erneue-
rungsprozess, basierend auf µ und ν und auf Eη als das zugehörige Erneuerungsmaÿ.
Normalerweise ist ν = δ0, andernfalls heiÿt η verzögert.
Das occupation measure η ist ein zufälliges Maÿ auf R in dem Sinn, dass ηB eine Zu-
fallsvariable für jede beschränkte Borelmenge B ist.
Mit Lemma 10.1 aus [1], Seite 177, kann man schlieÿen, dass die Verteilung eines zufäl-
ligen Maÿes auf R+ gegeben ist durch die Verteilung der Integrale ηf =∫fdη für alle
f ∈ C+K(R+), dem Raum der stetigen Funktionen f: R+ → R+ mit beschränktem Träger.
Für ein Maÿ µ auf R und Konstante t ≥ 0 führt man das verschobene Maÿ θtµ auf R+,
gegeben durch θtµB = µ(B + t) für beliebiges B ∈ B(R+), ein.
Ein zufälliges Maÿ η auf R heiÿt stationär auf R+, falls θtηd= θ0η.
Zu gegebenem Erneuerungsprozess η mit einer Verteilung µ sei der verzögerte Prozess
η = δα∗η die stationäre Version von η, falls ν = P α−1 so gewählt ist, dass das zufälligeMaÿ η stationär auf R+ wird. Der folgende Satz zeigt, dass eine solche Version existiert,
falls µ endlichen Mittelwert hat. In diesem Fall wäre ν eindeutig durch µ bestimmt.
Es sei λ das Lebesgue-Maÿ auf R+ und δx bezeichne ein Gewicht bei x.
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3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
3.2 Erneuerungsprozesse und Stationarität
Satz 3.1 (stationärer Erneuerungsprozess). Sei η Erneuerungsprozess mit Verteilung
µ auf R+ und Mittelwert c. Dann hat η eine stationäre Version η falls c ∈ (0,∞). In
diesem Fall ist Eη = c−1λ und die Anfangsverteilung von η ist eindeutig gegeben durch
ν = c−1(δ0 − µ) ∗ λ, beziehungsweise
ν[0, t] = c−1∫ t
0
µ(s,∞)ds, t ≥ 0. (3.1)
Beweis. Mit dem Satz von Fubini folgt
Eη = E∑n
δSn =∑n
P S−1n
=∑n
ν ∗ µ∗n = ν + µ ∗∑n
ν ∗ µ∗n
= ν + µ ∗ Eη,
und so ist ν = (δ0 − µ) ∗ Eη.Ist η stationär, dann ist Eη shift-invariant und mit Lemma 1.29 (Invarianz und Lebesgue-Maÿ) aus [1] folgt Eη = aλ für eine Konstante a > 0. Demnach gilt ν = a(δ0 − µ) ∗ λ,und (3.1) stimmt, wenn man c−1 mit a ersetzt. Geht t → ∞, so bekommt man 1 = ac
nach [1], Lemma 2.4. Es ist also c ∈ (0,∞) und a = c−1.
Im Gegenzug nehme man c ∈ (0,∞) an und sei ν gegeben durch (3.1). Dann folgt
Eη = ν ∗∑n
µ∗n
= c−1(δ0 − µ) ∗ λ ∗∑n
µ∗n
= c−1λ ∗ ∑n≥0
µ∗n −∑n≥1
µ∗n
= c−1λ.
Ausgehend von Satz 3.1 kann man eine zum stationären occupation measure passende
Aussage herleiten.
Satz 3.2 (stationäres occupation measure). Sei η das occupation measure einer Irrfahrt
auf R mit Verteilungen µ und ν, von denen µ Mittelwert c ∈ (0,∞) hat und ν wie in Satz
17
3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
3.1, (3.1), gegeben durch Verteilung der Sprunghöhe µ und deren Mittelwert c, deniert
ist.
Dann ist η stationär auf R+ mit Stärke c−1.
Beweis. Mit Sn → ∞ fast sicher folgt aus Lemma 2.11 (Schwankungen und mittlere
Sprungzeiten) und 2.12 (Schwankungen und mittlere Sprunghöhen), dass die Sprungzei-
ten τn und Höhen Hn = Sτn endliches Mittel haben und mit Satz 3.1 der Erneuerungs-
prozess ζ =∑
n δHn stationär ist für die vorgegebene Wahl von ν.
Sei t ≥ 0 und σt = infn ∈ Z+;Sn ≥ t: man bemerke, dass Sσt − t die Verteilung ν
hat. Mit der starken Markoveigenschaft bei σt hat die Folge Sσt+n − t, n ∈ Z+ die selbe
Verteilung wie (Sn).
Nachdem Sk < t für k < σt erhält man θtηd= η auf R+, was die behauptete Stationarität
beweist.
Um die Stärke zu erhalten sei ηn das occupation measure der Folge Sk − Hn, τn ≤ k <
τn+1. Für Hn gilt Hn q ηnd= η0, für jedes n, nach der starken Markoveigenschaft (” q ”
bedeute paarweise Unabhängigkeit. Zur genauen Denition: [1], Seite 27). Nach dem
Satz von Fubini gilt:
Eη = E∑n
ηn ∗ δHn =∑n
E(δHn ∗ Eηn) = Eη0 ∗ E∑n
δHn = Eη0 ∗ Eζ.
Nach Satz 3.1 ist Eζ = c−1λ, so dass Eη0(0∞) = 0 und c = cEτ1 nach Lemma 2.12. Auf
R+ bekommt man
Eη =Eη0R−c
λ =Eτ1cλ = c−1λ.
Das nächste Ergebnis beschreibt das asymptotische Verhalten des occupation measure
η und seiner Intensität Eη. Unter schwachen Voraussetzungen für µ wird man sehen, wie
θtη sich der zugehörigen stationären Version η annähert, während Eη sich asymptotisch
proportional zum Lebesguemaÿ verhält. Der Einfachheit halber sei der Mittelwert von
µ in R ∪ ±∞ existent. Demnach, falls ξ eine Zufallsvariable mit Verteilung µ ist, darf
man erwarten, dass E(ξ+ ∧ ξ−) <∞ und denieren Eξ = Eξ+ − Eξ−.Es ist naheliegend, das Resultat mit Begriichkeiten der vagen Konvergenz auf R+ und
den korrespondierenden Denitionen von Konvergenz in Verteilung für Zufallsmaÿe. Zur
Denition, für lokal endliche Maÿe ν, ν1, ν2, ... auf R+ bedeutet vage Konvergenz, in
Zeichen νnv→ ν, dass νnf → νf für alle f ∈ C+
K(R+). Wenn η, η1, η2, ... zufällige Maÿe
auf R+ sind sei Konvergenz in Verteilung, i. Z. ηnd→ η, mit der Bedingung ηnf → ηf
18
3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
für jedes f ∈ C+K(R+).
Ein Maÿ µ auf R heiÿt nichtarithmetisch, falls die additive Untergruppe, entstanden
durch supp µ, dicht in R ist.
Satz 3.3 (Zweiseitiges Erneuerungstheorem, Blackwell, Feller und Orey). Sei η das occu-
pation measure einer Irrfahrt auf R mit Verteilungen µ und ν, wobei µ nichtarithmetisch
ist mit Mittelwert c ∈ R ∪ ±∞ \ 0. Falls c ∈ (0,∞) sei η die stationäre Version aus
Satz 3.2, ansonsten sei η = 0.
Dann, mit t→∞,
(i) θtηd→ η,
(ii) θtEην→ Eη = (c−1 ∨ 0)λ.
Der Beweis basiert auf zwei Lemmatas. Zuallererst wird die Verteilung νt der ersten
nichtnegativen Sprunghöhe des verschobenen Prozesses (Sn − t) betrachtet. Der ent-
scheidende Schritt für c ∈ (0,∞) ist es zu zeigen, dass νt schwach konvergiert gegen
die zugehörige Verteilung ν für die stationäre Version. Dies wird im folgenden Lemma
verdeutlicht:
Lemma 3.4 (asymptotische Verzögerung). Falls c ∈ (0,∞), dann gilt νtw→ ν mit
t→∞.
Anmerkung: νtw→ ν bedeute, dass νt schwach konvergiert gegen ν, siehe auch [1], Seite
42
Beweis. Es seien α und β zwei unabhängige Zufallsvariablen mit Verteilungen ν und ν.
Man wähle zwei u.i.v. Folgen (ξk) ⊥ (ϑ′
k) unabhängig von α und β, so dass P ξ−1k = µ
und Pϑk = ±1 = 12. Dann ist
Sn = β − α−∑k≤n
ϑkξk, n ∈ Z+,
eine Irrfahrt basierend auf einer nichtarithmetischen Verteilung mit Mittelwert 0, und
so folgt mit der Dichotomie der Rekurrenz (Satz 2.1) und der Rekurrenz für d = 1, 2
(Satz 2.2), dass die Menge Sn fast sicher dicht in R ist. Für ein ε > 0, die Stoppzeit
σ = infn ≥ 0; Sn ∈ [0, ε] ist dann fast sicher endlich.
Jetzt deniere man ϑ′
k = (−1)1k≤σϑk,k ∈ N und wie in [1], Lemma 8.10 auf Seite 142,
sei α′ , (ξk, ϑ′
k)d= α′ , (ξk, ϑk). Seien κ1 < κ2 < ... die Werte von k mit ϑk = 1, und in
gleicher Manier seien κ′1 < κ
′2 < ... für (ϑ
′
k) deniert. Mit einem conditioning argument
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3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
sind die Folgen
Sn = α +∑j≤n
ξκj und S′
n = α′ −∑j≤n
ξκ′j, n ∈ Z+,
Irrfahrten von µ und den anfänglichen Verteilungen ν und ν.
Schreibt man σ± =∑
k≤σ 1ϑk = ±1, so bemerkt man dass
S′
σ−+n − Sσ++n = Sσ ∈ [0, ε], n ∈ Z+.
Sei γ = S∗σ+ ∨S′∗σ− und unter Berücksichtigung des ersten Eintrags von (Sn) und (S
′n) im
Intervall [t,∞] erhält man
ν[ε, x]− Pγ ≥ t ≤ νt[0, x] ≤ ν[0, x+ ε] + Pγ ≥ t.
Lässt man t → ∞ und dann ε → 0 gehen und berücksichtigt man ν0 = 0 durch
Stationarität, bekommt man νt[0, x]→ ν[0, x].
Mit nachfolgendem Lemma folgt die Information, die gebraucht wird, um von (i) auf
(ii) in Satz 3.3 zu schlieÿen.
Denition 3.5. Eine Menge M Σ-messbarer Funktionen auf Ω heiÿt gleichgradig (µ)-
integrierbar, wenn zu jeder reellen Zahl ε > 0 eine µ-integrierbare Funktion g ≥ 0 auf Ω
existiert derart, dass ∫|f |≥g
|f |dµ ≤ ε
für alle f ∈M gilt. ([10], Seite 138)
Lemma 3.6 (Gleichgradige Integrierbarkeit). Sei η das occupation measure einer tran-
sienten Irrfahrt (Sn) in Rd mit beliebiger Anfangsverteilun und x gewählter Menge B
∈ Bd. Dann sind die Zufallsvariablen η(B + x), x ∈ Rd, gleichgradig integrierbar.
Beweis. Sei x ∈ Rd x und τ = inft ≥ 0;Sn in B + x. Mit η0 als das occupati-
on measure einer unabhängigen Irrfahrt, die bei 0 startet, erhält man mit der starken
Markov-Eigenschaft
η(B + x)d= η0(B + x− Sτ )1τ <∞ ≤ η0(B −B).
Nachdem (Sn) transient ist, ist zu bemerken, dass Eη0(B−B) <∞ laut dem Satz über
die Dichotomie der Rekurrenz.
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3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
Ausgestattet mit den Erkenntnissen aus Lemma 3.4 und Lemma 3.6 kann man sich
nun an den Beweis für Satz 3.3 machen.
Beweis für Satz 3.3. (c <∞) Mit Lemma 3.6 reicht es, nur (i) zu beweisen. Falls c < 0,
dann Sn → −∞ fast sicher mit dem Gesetz der groÿen Zahlen, also ist dann θtη = 0 für
t groÿ genug und (i) folgt.
Ist andererseits c ∈ (0,∞), dann νtw→ ν nach Lemma 3.4, und man darf Zufallsvariablen
αt und α mit jeweiliger Verteilung νt und ν so wählen, dass αt → α fast sicher. Weiters
sei η0 das occupation measure einer unabhängigen Irrfahrt mit Startpunkt 0.
Sei f ∈ C+K(R+) x und f erweitert auf R durch f(x) = 0 für x < 0. Nachdem ν λ
erhält man η0−α = 0 fast sicher und unter Berücksichtigung der starken Markovei-
genschaft und der dominierten Konvergenz folgt
(θtη)fd=
∫f(αt + x)η0(dx)→
∫f(α + x)η0(dx)
d= ηf.
(c = ∞) In diesem Fall ist es genug, (ii) zu beweisen. Man bemerke, dass Eη = ν ∗Eχ ∗Eζ, wobei χ das occupation measure der Folge der Sprunghöhen von (Sn−S0) und
ζ das occupation measure des selben Prozesses vor der ersten Sprungzeit ist. Es folgt
EζR− <∞ nach Lemma 2.11, mit der dominierten Konvergenz reicht es zu zeigen, dass
θtEχv= 0. Nachdem der Erwartungswert der Verteilung der Sprunghöhen unendlich ist
nach Lemma 2.12, kann man nun ν = δ0 annehmen und es sei µ eine beliebige Verteilung
auf R+ mit unendlichem Erwartungswert.
Wähle I = [0, 1] unter Berücksichtigung, dass Eη(I + t) begrenzt ist durch Lemma 3.6.
Es sei b = lim supt Eη(I + t) und wähle eine Folge tk → ∞ mit Eη(I + tk) → b. Man
kann hier die endlichen Maÿe µ∗j für j < m abziehen, um (µ∗m ∗ Eη)(I + tk) → b für
alle m ∈ Z+ zu erhalten. Mit dem umgekehrten Lemma von Fatou erhält man für ein
B ∈ B(R+)
lim infk→∞
Eη(I −B + tk)µ∗mB
≥ lim infk→∞
∫B
Eη(I − x+ tk)µ∗mdx
= b− lim supk→∞
∫Bc
Eη(I − x+ tk)µ∗m(dx)
≥ b−∫Bc
lim supk→∞
Eη(I − x+ tk)µ∗m(dx) ≥ bµ∗mB.
Für beliebiges, aber xes h < 0 mit µ ]0, h] > 0. Unter Beachtung von Eη[r, r + h] > 0
21
3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
für alle r ≥ 0 und mit J = [0, a] mit a = h+ 1 folgt aus obiger Ungleichungskette
lim infk→∞
Eη(J + tk − r) ≥ b, r ≥ a.
Als nächstes kann man aus der Identität δ0 = (δ0 − µ) ∗ Eη schlieÿen, dass
1 =
∫ tk
0
µ(tk − x,∞)Eη(dx) ≥∑n≥1
µ(na,∞)Eη(J + tk − na).
Mit k →∞ sowie obiger Abschätzung und Fatou's Lemma ergibt sich 1 ≥ b∑
k≥1 µ(na,∞).
Nachdem diese Summe laut Lemma 2.4 aus [1] divergiert folgt b = 0.
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3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
3.3 Die Erneuerungsgleichung
All diese vorangegangene Theorie kann nun verwendet werden, um die Erneuerungs-
gleichung F = f + F ∗ µ, die oftmals in der Anwendung eine Rolle spielt, genauer zu
betrachten. Die Faltung F ∗ µ ist hier deniert als
(F ∗ µ) =
∫ t
0
F (t− s)µ(ds), t ≥ 0,
wenn das Integral auf der rechten Seite existiert.
Unter passenden Regularitätsbedingungen hat die Erneuerungsgleichung die einzige Lö-
sung F = f ∗ µ, wobei µ das Erneuerungsmaÿ∑
n≥0 µ∗n bezeichnet. Zusätzliche Bedin-
gungen versichern, dass die Lösung F bei ∞ konvergiert.
Ein genaues Statement verlangt aber nach weiterer Terminologie und Dention. Unter
einer regulären Treppenfunktion soll eine Funktion auf R+ gemeint sein, die die Form
ft =∑j≥1
aj1[j−1,j)t
h, t ≥ 0,
wobei h > 0 und a1, a2, ... ∈ R. Eine messbare Funktion f auf R+ heiÿt direkt Riemann-
integrierbar, falls λ|f | < ∞ und reguläre Treppenfunktionen f±n mit f−n ≤ f ≤ f+n und
λ(f+n − f−n )→ 0 existieren.
Lemma 3.7 (Erneuerungsgleichung). Man xiere eine Verteilung µ 6= δ0 auf R+ und
zugehörigem Erneuerungsmaÿ µ und lasse f eine lokal beschränkte und messbare Funktion
auf R+ sein. Dann hat die Gleichung F = f + F ∗ µ die eindeutige, lokal beschränkte
Lösung F = f ∗ µ. Falls f auch direkt Riemann-integrierbar ist und µ nichtarithmetisch
mit Erwartungswert c, dann gilt mit t→∞ auch Ft → c−1λf .
Beweis. Iteriert man die Erneuerungsgleichung erhält man
F =∑k<n
f ∗ µ∗k + F ∗ µn, n ∈ N.
Das Gesetz der groÿen Zahlen liefert µ∗n[0, t] → 0 bei n → ∞ für xiertes t ≥ 0, also
für lokal beschränkte F bekommt man F ∗ µ∗n → 0. Falls sogar f lokal beschränkt ist,
dann gilt mit voriger Iteration und Fubini's Theorem
F =∑k≥0
f ∗ µ∗k = f ∗∑k≥0
µ∗k = f ∗ µ.
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3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
Im Gegenzug gilt f + f ∗ µ ∗µ = f ∗ µ, was zeigt, dass F = f ∗ µ die gegebene Gleichung
löst.
Nun sei µ nichtarithmetisch. Falls f eine reguläre Treppenfunktion ist, dann gilt nach Satz
3.3 (Zweiseitiges Erneuerungstheorem, Blackwell, Feller und Orey) und mit dominierter
Konvergenz bei t→∞
Ft =
∫ t
0
f(t− s)µ(ds) =∑j≥1
ajµ((0, h] + t− jh)
→ c−1h∑j≥1
aj = c−1λf.
Im allgemeinen Fall führe man reguläre Treppenfunktionen f±n ein mit f−n ≤ f ≤ f+n
und λ(f+n − f−n )→ 0 und erkenne, dass
(f−n ∗ µ)t ≤ Ft ≤ (f+n ∗ µ)t, t ≥ 0, n ∈ N.
Lässt man t→∞ und dann n→∞ erreicht man Ft → c−1λf .
3.3.1 Ein Beispiel
Um das ganze noch zu veranschaulichen, sei anschlieÿend ein aus [11], Seite 134, ent-
nommenes Beispiel eines deterministischen Populationsmodells. Vorab, der Terminologie
von [11] folgend, sei noch die Denition einer Erneuerungsgleichung wiederholt.
Denition 3.8. Seien Z, G und h Funktionen über R+, wobei G die Verteilungsfunktion
eines endlichen Maÿes über R+ ist (d. h. G ist wachsend und limt→∞G(t) < ∞. Dann
heiÿt die Integralgleichung
Z(t) = h(t) +
∫ t
0
Z(t− s)dG(s), ∀t ≥ 0,
Erneuerungsgleichung.
Zum Beispiel kommend:
Seien t ∈ R und x > 0. Wir betrachten eine beliebige Population und sind dabei am
Wachstum von Weibchen in dieser Population interessiert. Es wird vorausgesetzt, dass
es tendenziell so viele Weibchen wie Männchen gibt, und damit wird nur die Anzahl von
Weibchen berücksichtigt.
Wir denieren die folgende Gröÿen:
24
3 Renewal Theory - Erneuerungstheorie
• Z(t): Rate von Weibchen-Geburten zur Zeit t, pro Zeiteinheit
• s(x): Überlebenswahrscheinlichkeit eines Weibchens zum Alter x
• β(x): Rate von Weibchen-Geburten eines überlebenden Weibchens zum Alter x,
pro Zeiteinheit
Damit gelten die folgenden Fakten. Es gibt Z(t)dt Weibchen-Geburten in (t, t + dt). Es
gibt β(x)dt Weibchen-Geburten in (t, t + dt) eines überlebenden Weibchens zum Alter
x.
Weiter denieren wir die folgende Gröÿe, t ∈ R und x ≥ 0:
• g(x) = s(x)β(x): Rate von Weibchen-Geburten eines beliebigen Weibchens (d. h.
überlebende oder nicht) zum Alter x, pro Zeiteinheit
Damit ist g(x)dx die Anzahl von Weibchen-Geburten eines beliebigen Weibchens zwi-
schen dem Alter x und x+ dx. Wir denieren noch das folgende Integral:
• G(x) =∫ x0g(y)dy: Anzahl Weibchen-Geburten eines beliebigen Weibchens zwi-
schen dem Alter 0 und x.
Daraus folgt
G(∞) := limx→∞G(x)
> 1, Populationszunahme,
= 1, Populationsausgleich,
< 1, Populationsabnahme
Das Ziel ist es, aus Z(t), ∀t ≤ 0, eine Prognose für Z(t), ∀t > 0, zu geben.
Z(t− x)dxs(x) ist die Anzahl überlebender Weibchen in (t− x− dx, t− x) geboren und
zur Zeit t. Z(t − x)dxs(x)β(x) ist die Rate von Weibchen-Geburten aller Weibchen in
(t− x− dx, t− x) geboren und zur Zeit t, pro Zeiteinheit.
Daraus folgt die Erneuerungsgleichung
Z(t) =
∫ ∞0
Z(t− x)s(x)β(x)dx
=
∫ ∞0
Z(t− x)s(x)β(x)dx+
∫ t
0
Z(t− x)s(x)β(x)dx
=
∫ ∞0
Z(−y)s(y + t)β(y + t)dy︸ ︷︷ ︸=h(t)
+
∫ t
0
Z(t− x)g(x)dx, ∀t > 0.
25
Literatur
Literatur
[1] Olav Kallenberg: Foundations of Modern Probability (1997)
[2] Norbert Kusolitsch: Maÿ- und Wahrscheinlichkeitstheorie, 2. Auage (2014)
[3] Rudolf Grübel: Kombinatorische Markov-Ketten,
unter http://www.stochastik.uni-hannover.de/fileadmin/institut/
pdf/preprintAktualisiert.pdf , Abfrage am 23.10.2015
[4] Daniel P. Heyman, Matthew J. Sobel: Stochastic Models in Operation Research
(Volume I): Stochastic Processes and Operating Characteristics
unter https://books.google.at/books?id=IcVlwPS0qCwC&dq=renewal+
theory&source=gbs_navlinks_s, Abfrage am 23.10.2015
[5] Zitat von Shizuo Kakutani, unter https://de.wikipedia.org/wiki/
Drunkard's_Walk, Abfrage am 05.12.2015
[6] https://en.wikipedia.org/wiki/Renewal_theory, Abfrage am 04.12.2015
[7] J. W. Pitman: Occupation Measures for Markov Chains unter http://www.
jstor.org/stable/1425817?seq=1#page_scan_tab_contents, Abfrage am
16.11.2015
[8] https://www.mathi.uni-heidelberg.de/~thaeter/stochastik08/
Irrfahrtnew.pdf, Abfrage am 28.11.2015
[9] Albrecht Irle: Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik: Grundlagen - Resultate
- Anwendungen unter https://books.google.at/books?id=-mGRLA9w6VYC&,
Abfrage am 28.11.2015
[10] Heinz Bauer: Maÿ- und Integrationstheorie unter https://books.google.at/
books?id=hQUGkuT7O60C&printsec=frontcover&source=gbs_ge_summary_
r&cad=0#v=onepage&q&f=false
[11] Riccardo Gatto: Stochastische Modelle der aktuariellen Risikotheorie: Ei-
ne mathematische Einführung unter https://books.google.at/books?id=
uf4fBAAAQBAJ
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Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Münzwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2 Drunkard's Walk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
3 Ein-Schritt-Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
4 Erneuerungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
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