realisierung der constraint–induced aphasia therapy (ciat
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Universität Konstanz Mathematisch-naturwissenschaftliche Sektion
Fachbereich Psychologie Klinische Psychologie
Diplomarbeit
Thema:
Realisierung der Constraint – Induced Aphasia
Therapy (CIAT) durch Laientherapeuten
Verfasserin:
Silke Streiftau
Betreuer:
Prof. Dr. Brigitte Rockstroh
Prof. Dr. Thomas Elbert
Konstanz, im November 2006
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich allen, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben, herzlich
danken. Zuallererst vielen Dank an Frau Prof. Dr. Rockstroh und Herrn Prof. Dr. Elbert für
die Unterstützung, Betreuung und Begutachtung der Diplomarbeit.
Außerdem danke ich allen Patienten sowie ihren Angehörigen für ihre motivierte Teilnahme
und ihr großes Engagement. Die Arbeit mit ihnen hat mir viel Freude bereitet.
Mein ganz besonderer Dank gilt an dieser Stelle Dr. Marcus Meinzer. Vielen Dank für die
über den üblichen Rahmen hinausgehende Begleitung, die fachliche Unterstützung, deine
Geduld, die vielen Ermutigungen und Anregungen, die konstruktive Zusammenarbeit und das
mehrfache Korrekturlesen.
Danke auch an Daniela Djundja und Dr. Gabriela Barthel für die Unterstützung bei der
Durchführung der Diagnostik und Therapie, die aufmunternden Worte und dass ihr mir
jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung standet.
Schließlich danke ich allen anderen, die mich während dieser Zeit unterstützt und begleitet
haben, ganz besonders meiner Familie.
CIAT durch Laientherapeuten 1
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ............................................................................. 3 Tabellenverzeichnis.................................................................................. 4 1. Einleitung ......................................................................................... 5 2. Aphasie............................................................................................. 7
2.1 Definition...................................................................................... 7 2.2 Klassifikation ................................................................................ 7 2.3 Ätiologie und Lokalisation .............................................................. 9 2.4 Prävalenz .................................................................................... 11 2.5 Verlauf ....................................................................................... 11 2.6 Diagnose und Differentialdiagnose ................................................. 12 2.7 Prognose ..................................................................................... 13
3. Therapie ......................................................................................... 15 3.1 Methoden der Sprachtherapie......................................................... 15
3.1.1 Der sprachsystematische Ansatz.......................................................................15 3.1.2 Der kommunikative (oder pragmatische) Ansatz .............................................16
3.2 Eine neue Methode sprachtherapeutischer Intervention basierend auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen: Die Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT) ............................................................................................. 17
3.2.1 Grundprinzipien der Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT)............17 3.2.2 Umsetzung der CI-Prinzipien im Rahmen von Aphasietherapie......................19 3.2.3 Die Behandlungsmethode CIAT.......................................................................20
3.3 Therapieeffizienz ......................................................................... 22 3.4 Aphasietherapie durch Laien.......................................................... 26 3.5 Realisierung der CIAT durch Laientherapeuten ................................ 33 3.6 Ziele der Studie............................................................................ 34
4. Hypothesen..................................................................................... 35 5. Methoden ....................................................................................... 36
5.1 Stichprobe................................................................................... 36 5.2 Therapiegruppen .......................................................................... 39
5.2.1 CIAT Kontrollgruppe........................................................................................39 5.2.2 CIAT Angehörige .............................................................................................39 5.2.3 Besonderheit der Durchführung bei Patient 4...................................................40
5.3 Abhängige Variablen .................................................................... 41 5.3.1 Aachener Aphasie Test (AAT) .........................................................................41 5.3.2 Freies Interview ................................................................................................42
5.4 Statistische Analyse...................................................................... 42 6. Ergebnisse ...................................................................................... 44
6.1 Einzelfallsignifikanzen AAT ................................................................... 44
CIAT durch Laientherapeuten 2
6.2 Gruppenvergleich AAT................................................................. 47 6.3 Freies Interview ........................................................................... 50
7. Diskussion...................................................................................... 52 7.1 Wirksamkeit der Constraint-Induced Aphasia Therapy ...................... 52 7.2 Umsetzbarkeit der CIAT durch Laientherapeuten ............................. 55
7.2.1 Wirksamkeit der Laientherapie.........................................................................55 7.2.2 Akzeptanz der Laientherapie ............................................................................57
8. Zusammenfassung.......................................................................... 62 Literaturverzeichnis................................................................................ 64 Anhang................................................................................................. 70
CIAT durch Laientherapeuten 3
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Beispiel für „Constraint“ im Rahmen der CIMT……………………………..18
Abbildung 2 CIAT-Setting…………………………………………………………………22
Abbildung 3 Durchschnittliche Veränderung der Profilscores des AAT
im Rahmen der Therapie für beide Behandlungsgruppen…………...……….47
Abbildung 4 Signifikante Verbesserungen im Rahmen der Therapie in
den Untertests des AAT für beide Behandlungsgruppen…………………….48
CIAT durch Laientherapeuten 4
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Einflussfaktoren auf die Rückbildung aphasischer Syndrome
(aus Tesak 2001)………………………………………………………………….14
Tabelle 2 Empirische Studien zu Sprachtherapieangeboten durch Laien……….………….30
Tabelle 3 Klinische und demographische Variablen der Behandlungsgruppen…………….37
Tabelle 4 Zusammenfassung demographischer und klinischer Variablen……………...…..38
Tabelle 5 Anzahl von Patienten mit signifikanter Verbesserung in mindestens
einem Untertest oder mindestens einer Subskala des AAT
(N = Anzahl der Patienten)……………………………………………………….44
Tabelle 6 Gesamtanzahl der Untertests bzw. Subskalen des AAT, in denen
nach der Therapie Verbesserungen auftraten
(N = Anzahl der Untertests bzw. Subskalen)……………………………………..45
Tabelle 7 Anzahl der Patienten mit Verbesserungen in den einzelnen Untertests
bzw. Subskalen des AAT (N = Patienten)……………………..…………………45
Tabelle 8 Leistung im AAT für beide Behandlungsgruppen vor (prä) und
nach (post) der Therapie (T-Werte, einseitige Testung) mit
Einzelfallsignifikanzen…………………………………………………………...46
Tabelle 9 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie
innerhalb der Behandlungsgruppen (T-Werte, einseitige Testung)………………49
Tabelle 10 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen
der Therapie (T-Werte, einseitige Testung)………………………………………49 Tabelle 11 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie
innerhalb der Behandlungsgruppen (Rohwerte, einseitige Testung)……………..50
Tabelle 12 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen der
Therapie (Rohwerte, einseitige Testung)…………………………………………50
CIAT durch Laientherapeuten 5
1. Einleitung Jährlich treten bei etwa 24 000 Menschen in Deutschland infolge eines Schlaganfalls
Aphasien auf (Inzidenzrate). Die Gesamtzahl der Personen mit Aphasie nach einem
Schlaganfall zu jedem gegebenen Zeitpunkt (Punktprävalenz) beträgt in Deutschland 80 000.
Werden auch andere ätiologische Ursachen von Aphasien wie beispielsweise Tumore,
Schädel-Hirn-Traumata und Hirnentzündungen berücksichtigt, ergibt sich eine Gesamtzahl
von ca. 85 000 – 100 000 Patienten mit erworbenen Sprachstörungen (Huber et al. 2000).
Die ersten Monate nach einem Schlaganfall werden als Akutphase bezeichnet. Danach spricht
man vom chronischen Stadium, in dem keine weiteren spontanen Verbesserungen der
Symptomatik mehr erwartet werden. Die Patienten profitieren jedoch weiterhin von
sprachtherapeutischer Intervention. Eine wichtige Voraussetzung erfolgreicher Aphasie-
Therapie vor allem im chronischen Stadium scheint eine hohe Intensität zu sein (zum
Überblick: Boghal et al. 2003). Insbesondere in jüngster Zeit konnten verschiedene Studien
die Wirksamkeit hochintensiver Behandlungskonzepte nachweisen (Pulvermüller et al. 2001
Meinzer et al. 2005, Barthel 2005).
Im Rahmen der neurologischen Rehabilitation ist eine derart intensive Therapie jedoch
angesichts von Kapazitätsproblemen bei der Zuteilung von Ressourcen für
Rehabilitationsmaßnahmen meist nicht zu realisieren. In der Folge können viele Patienten vor
allem in späteren Phasen der Erkrankung keine optimale sprachtherapeutische Betreuung
erhalten. Die traditionelle Behandlung in diesem Stadium umfasst im Allgemeinen maximal
ein bis zwei Stunden Logopädie pro Woche. Nach den aktuellen Leitlinien der Deutschen
Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur Behandlung aphasischer Syndrome soll
Sprachtherapie jedoch möglichst täglich, mindestens aber dreimal wöchentlich stattfinden.
Intensive Intervallbehandlungen werden auch mehr als zwölf Monate nach dem Schlaganfall
empfohlen (Ziegler et al. 2006).
Vor diesem Hintergrund scheint es notwendig, für die Rehabilitation von Patienten mit
chronischer Aphasie neben intensiven klinischen Maßnahmen vermehrt außerklinische
Ressourcen einzubeziehen. Einen potentiell wichtigen Faktor stellen Angehörigen dar, da sie
die meiste Zeit mit den Betroffenen verbringen und, da sie persönlich involviert sind, meist
außerordentlich motiviert sind, sich aktiv an der Therapie zu beteiligen. Das Zurückgreifen
auf angelernte Laien-Therapeuten könnte eine Lösung des Widerspruchs der Notwenigkeit
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intensiver Therapie auf der einen Seite, der jedoch eingeschränkten Ressourcen im
Gesundheitssystem auf der anderen Seite darstellen.
Bisher existiert in Deutschland jedoch kein Therapiemodul, das sich effektiv im Rahmen
eines ökonomischen und motivational günstigen Gruppensettings von Laien nach kurzer
Einarbeitungszeit umsetzen lässt.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT). Das
Intensivtraining (drei Stunden pro Tag an zehn aufeinander folgenden Tagen) basiert auf
lerntheoretischen und neuropsychologischen Prinzipien. Im Rahmen von kommunikativen
Sprachspielen im Gruppensetting können mehrere Patienten gleichzeitig trainiert werden.
Aufgrund der klar definierten Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen
erscheint es möglich, dass sich das Training im nicht-professionellen Umfeld umsetzen und
als ökonomische Ergänzung konventioneller Sprachtherapie evaluieren lässt.
In der vorliegenden Pilotstudie soll die Anwendbarkeit und Effizienz der Constraint-Induced
Aphasia Therapy als therapeuten-unabhängiges Zusatzmodul zu konventioneller
Sprachtherapie durch geschulte nicht-professionelle Therapeuten geprüft werden. Dabei
werden die Ergebnisse von Patienten, die von Angehörigen trainiert werden, mit solchen, die
dieselbe Sprachtherapie von erfahrenen Therapeuten erhalten, anhand eines standardisierten
Sprachtests (Aachener Aphasie Test) verglichen.
CIAT durch Laientherapeuten 7
2. Aphasie
2.1 Definition
Aphasien sind erworbene Sprachstörungen infolge einer Hirnschädigung (z.B. Schlaganfall,
Schädel-Hirn-Trauma) nach abgeschlossenem Spracherwerb. Linguistisch werden Aphasien
als Beeinträchtigung der verschiedenen Elemente des Sprachsystems (Phonologie, Lexikon,
Syntax und Semantik) definiert. Die Störungen betreffen in der Regel, wenn auch mit
unterschiedlicher Gewichtung sowohl die Sprachproduktion, d.h. die expressiven
Sprachfertigkeiten (Sprechen und Schreiben) als auch das Sprachverständnis, d.h. die
rezeptiven sprachlichen Modalitäten (Verstehen und Lesen). Diese einzelnen Bereiche
können in unterschiedlichen Ausprägungen und Schweregraden gestört sein. Die
Beeinträchtigungen führen meist zu einem Verlust effektiver verbaler Kommunikation.
Allgemeine kommunikative Fähigkeiten, wie beispielsweise das Wissen, wie man sich bei
einer sprachlichen Kommunikation verhält, bleiben jedoch generell erhalten. Auch
differenziertes Denken und Wahrnehmen sind grundsätzlich möglich (Bucher et al. 1997).
Die Beeinträchtigung der Kommunikationsfähigkeit führt häufig zu sozialer Isolation der
Betroffenen. Sie ist mit einem erheblichen Handicap im familiären und sozialen Leben
verbunden, stellt häufig eine große Belastung auch für die Angehörigen dar sowie ein
bedeutendes Hindernis für die berufliche Wiedereingliederung. In der Folge können
psychiatrische Komorbiditäten wie Depressionen und Angststörungen auftreten (Huber et al.
2000).
2.2 Klassifikation
Für die klinische Beschreibung der Symptomatik sind vereinfachende
Klassifikationsschemata zweckmäßig. Die heutzutage gängigste Klassifikation stammt von
Poeck (1983). Dabei werden vier Standardsyndrome der Aphasie (Broca-Aphasie, Wernicke-
Aphasie, amnestische Aphasie und globale Aphasie) sowie vier Nicht-Standardsyndrome
(Leitungsaphasie, transkortikal-motorische Aphasie, transkortikal-sensorische Aphasie und
gemischt-transkortikale Aphasie) unterschieden. Mit diesem Schema ist eine
Syndromzuweisung bei 80-90% der Patienten möglich (Huber et al. 1997).
Bei der Broca-Aphasie (früher auch als expressive oder motorische Aphasie bezeichnet) ist
die Sprachproduktion bei verhältnismäßig gut erhaltenem Sprachverständnis stark
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eingeschränkt. Das Sprechen ist deutlich verlangsamt und mit erheblicher Sprechanstrengung,
undeutlicher Artikulation und gestörter Prosodie verbunden. Der Sprachfluss ist
eingeschränkt. Ein weiteres Leitsymptom ist Agrammatismus, bei dem die grammatikalische
Struktur der Sätze auf einzelne Inhaltswörter reduziert ist. Zudem werden häufig Wörter
durch phonematische Paraphasien verändert. Dabei werden einzelne Laute oder Silben
ausgelassen, umgestellt oder ersetzt (z.B. Spille statt Spinne). Die Kommunikation ist schwer
bis mittelgradig gestört.
Die Leitsymptome der Wernicke-Aphasie (früher auch als sensorische oder rezeptive Aphasie
bezeichnet) sind ein meist stark eingeschränktes Sprachverständnis, Paragrammatismus,
zahlreiche phonematische und semantische Paraphasien (Wortverwechslungen wie z.B. Bett
statt Schrank), Neologismen (Wortneuschöpfungen) bis hin zum phonematischen Jargon
(völlige Unverständlichkeit der Sprache). Der Satzbau ist stark gestört, es kommt häufig zu
Satzabbrüchen und Satzverschränkungen. Sprachmelodie, Phrasenlänge und
Sprechgeschwindigkeit sind meist unbeeinträchtigt. Der Sprachfluss ist unauffällig, teilweise
jedoch überschießend (Logorrhö). Die Kommunikation ist bei Jargon schwer, sonst schwer
bis mittelgradig gestört.
Die leichteste Form der Aphasien ist die amnestische Aphasie, die oft das Endstadium im
Rahmen der sprachlichen Rehabilitation, ausgehend von einer Broca- oder Wernicke-Aphasie
ist. Sie zeichnet sich vor allem durch Wortfindungsstörungen aus. Diese werden meist durch
Ersatzstrategien (z.B. Nennen von Oberbegriffen, Beschreiben von Eigenschaften)
kompensiert. Es treten auch einige phonematische und semantische Paraphasien auf, wobei
letztere meist einen engeren Bezug zum Zielwort haben (z.B. Messer statt Gabel). Der
Sprachfluss ist unauffällig, es kommt jedoch häufig zu Suchverhalten und Satzabbrüchen. Die
Satzbildung ist überwiegend korrekt und das Sprachverständnis nur geringfügig
beeinträchtigt. Die Kommunikation ist mittelgradig bis leicht gestört.
Die globale Aphasie (auch Totalaphasie genannt) stellt die schwerste Form der Aphasien dar.
Sie betrifft alle Bereiche der Sprache. Sprachproduktion und Sprachverständnis sind stark
beeinträchtigt. Sprachliche Äußerungen sind durch die starke Sprechanstrengung und die
schlechte Artikulation schwer verständlich. Der Wortschatz ist gering, es treten viele
Sprechautomatismen und Stereotypien auf. Dabei werden Floskeln situationsunabhängig
perseveriert. Der Sprachfluss ist stark eingeschränkt, die Kommunikation schwer gestört. Bei
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vielen Patienten ist jedoch die Intonation erhalten, mit Hilfe derer Betroffene ihren
Gesprächspartnern ihre kommunikativen Ziele verdeutlich können.
Das charakteristische Kennzeichen der Leitungsaphasie ist das im Vergleich zu den anderen
sprachlichen Leistungen unverhältnismäßig stark beeinträchtigte Nachsprechen. Bei gut
erhaltenem Sprachverständnis entspricht die Sprachproduktion einer Wernicke-Aphasie mit
vielen phonematischen Paraphasien. Die verbale Merkspanne ist stark reduziert. Der
Sprachfluss zeichnet sich durch häufiges phonematisches Suchverhalten aus. Die
Kommunikation ist mittelgradig gestört.
Eine ausgeprägte Neigung zu Perseverationen und Echolalie charakterisieren die
transkortikal-sensorische Aphasie. Spontansprache und Sprachverständnis entsprechen der
Wernicke-Aphasie: Der Sprachfluss ist unauffällig, das Verstehen jedoch eingeschränkt.
Patienten können häufig komplexe Sätze nachsprechen, ohne deren Sinn zu verstehen.
Die transkortikal-motorische Aphasie zeichnet sich durch einen stark eingeschränkten
Sprachfluss bei gutem Sprachverständnis aus. Spontansprache tritt kaum oder gar nicht auf.
Lautes Lesen ist jedoch möglich.
Der Sprachfluss bei der gemisch-transkorikalen Aphasie ist bei schlechtem Sprachverständnis
stark beeinträchtigt.
Bei allen drei transkortikalen Aphasien ist das Nachsprechen gut erhalten. Die
Kommunikation ist bei allen Formen mittelgradig bis schwer gestört.
2.3 Ätiologie und Lokalisation
Aphasien werden von einer Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS) verursacht, bei
der die Sprachregionen des Gehirns betroffen sind. Inzwischen geht man allerdings nicht
mehr davon aus, dass Aphasien nur durch Verletzungen in den „klassischen“ Spracharealen,
der Broca- und Wernicke-Region sowie ihrem verbindenden Fasterstrang, entstehen können,
sondern auch durch Schädigungen in anderen Hirnregionen (Huber et al. 2000).
Das „Sprachzentrum“ setzt sich aus verschiedenen miteinander vernetzten sprachrelevanten
Regionen zusammen. Dieses Netzwerk liegt bei etwa 90% der Menschen größtenteils in der
linken Großhirnhemisphäre und beinhaltet in erster Linie die perisylvische Kortexregion
einschließlich der Inselrinde sowie subkortikale Strukturen (Thalamus, Basalganglien).
CIAT durch Laientherapeuten 10
Zudem sind an bestimmten Sprachfunktionen (z.B. Prosodie Aspekte, Hörverständnis) auch
rechtshemisphärische Bereiche beteiligt.
Aphasien werden u.a. von Schlaganfällen, traumatischen Schädigungen, Hirntumoren sowie
entzündlichen oder degenerativen Erkrankungen des Gehirns verursacht (Tesak 2001).
Intermittierende oder dauerhafte aphasische Störungen können auch bei einem Anfallsleiden
auftreten (Chung et al. 2002). Rund 80% aller Aphasien sind Folge eines zerebralen
Gefäßinsults (Schlaganfall). Unter Schlaganfall versteht man eine „plötzlich auftretende,
blutgefäßbedingte Störung der Hirnfunktionen“ (Peuser & Winter 2000). Unterschieden
werden hierbei ischämische und hämorrhagische Infarkte. Bei einem ischämischen Insult
kommt es zu einem Verschluss der versorgenden Blutgefäße, z.B. durch eine Thrombose oder
Embolie. Infolge der Durchblutungsstörung stirbt Hirngewebe ab. Ein hämorrhagischer Insult
entsteht durch Hirnblutungen aufgrund eines Gefäßrisses (Peuser & Winter 2000).
Die Läsion, die zu Aphasien führt, liegt meist im Versorgungsbereich der Arteria media
cerebralis der sprachdominanten Hirnhälfte. Bei Rechtshändern ist fast ausnahmslos die linke
Hemisphäre sprachdominant, ebenso bei über 60 % der Linkshänder. Eine so genannte
gekreuzte Aphasie (crossed aphasia), d.h. eine Aphasie nach rechtshemisphärischer Läsion
bei Rechtshändern, ist sehr selten (Schnider 1997).
Folge einer längeren Unterbrechung der Durchblutung einer Hirnregion ist der irreversible
Zelltod in den betroffenen Bereichen. Die Funktion vorübergehend beeinträchtigter Gebiete
vor allem in direkter Nähe der Läsion kann jedoch wiederhergestellt werden. Es können
allerdings auch dauerhafte Funktionsstörungen als Folge toxischer Prozesse während der
anfänglichen Blutunterversorgung auftreten. Auch weit von der unmittelbaren Schädigung
entfernte Bereiche können in Mitleidenschaft gezogen werden. So kann eine geschädigte
Sprachkomponente mehrere mit ihm vernetzte Elemente funktional beeinträchtigen (Huber et
al. 2000).
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2.4 Prävalenz
Bei etwa 25-38% der Patienten, die einen Schlaganfall erleiden, tritt in der Folge eine
Aphasie auf, mehr als die Hälfte dieser Patienten leidet unter einer schweren Aphasie. Bei
mehr als 40% der Patienten bleibt die Symptomatik auch Jahre nach dem Schlaganfall in
unterschiedlichem Ausmaß bestehen (Pedersen et al. 1995).
Die Punktprävalenz zerebrovaskulär bedingter Aphasien wird in Deutschland auf ungefähr
80 000 geschätzt, d.h. zu jedem gegebenen Zeitpunkt leiden ca. 80 000 Patienten nach einem
Schlaganfall an Aphasie, was etwa einem Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Die
jährliche Inzidenz neu auftretender und anhaltender Aphasien infolge eines Schlaganfalls
beträgt rund 24 000.
Werden auch andere ätiologische Ursachen von Aphasien wie beispielsweise Tumore,
Schädel-Hirn-Traumata und Hirnentzündungen berücksichtigt, ergibt sich eine Gesamtzahl
von ca. 85 000 – 100 000 Patienten mit erworbenen Sprachstörungen (Huber et al. 2000).
2.5 Verlauf
Art und Ausmaß von aphasischen Störungen verändern sich im Verlauf. Bei vaskulär
bedingten Aphasien spricht man in den ersten vier bis sechs Wochen nach einem Schlaganfall
von der sog. Akutphase. Auch ohne therapeutische Intervention kann bei den meisten
Patienten in diesem Stadium eine deutliche Symptomverbesserung (Spontanremission)
beobachtet werden. Bei etwa einem Drittel der Patienten bildet sich in dieser Phase die
Symptomatik weitgehend zurück. Nach den ersten Wochen nimmt das Ausmaß der spontanen
Rückbildung immer mehr ab, die Symptomatik stabilisiert sich und es bilden sich
verschiedene relativ beständige aphasische Syndrome heraus (siehe 2.2). Nach vier Monaten
kommt es bei weiteren elf Prozent, nach sieben Monaten nur noch bei zusätzlichen sieben
Prozent der Patienten zu einer vollständigen Remission (Poeck 1983). Diese Phase (drei bis
sechs Monate nach dem Ereignis) wird im Allgemeinen als postakut bezeichnet. Unter den
initial aphasischen Patienten bilden sich bei 44% der nach sechs Monaten noch Überlebenden
die Aphasie komplett zurück (Pedersen et al. 1995).
Sechs bis zwölf Monate nach dem Ereignis ist die Spontanremission weitgehend
abgeschlossen, die Aphasie wird als chronisch bezeichnet. Spätestens nach zwölf Monaten
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setzten weitere Verbesserungen nicht mehr spontan ein, können jedoch durch
sprachtherapeutische Intervention auch im chronischen Stadium der Aphasie, d.h. auch Jahre
nach dem Schlaganfall noch erzielt werden (Robey 1998). Bei mehr als 40% aller Patienten
bleibt die Symptomatik jedoch auch Jahre nach dem Schlaganfall in unterschiedlichem
Ausmaß bestehen (Pedersen et al. 1995).
2.6 Diagnose und Differentialdiagnose
Nach Wallesch et al. (1992) ist in der Akutphase eine verlässliche Diagnose von Art und
Ausmaß der Aphasie meist nicht möglich. Stattdessen kann jedoch die sprachliche
Stimulierbarkeit der Patienten, beispielsweise mit dem Aachener Aphasie Bedside Test
(AABT, Biniek 1993) bestimmt werden. Gegen Ende der Akutphase bilden sich schließlich
relativ stabile klinische Syndromausprägungen heraus. Spätestens dann ist eine ausführlichere
neurolinguistische Diagnostik notwendig.
Zur Diagnostik der Beeinträchtigungen sprachlicher Fähigkeiten werden zunächst aphasische
von anderen Störungen, vor allem der Sprechmotorik (Dysarthrien [Störung der Ausführung]
und Sprechapraxie [Störung der Planung]) differentialdiagnostisch abgegrenzt. Dies erfolgt
durch ihre spezifischen sprachsystematischen Merkmale. Bei Dysarthrien ist die
Sprechmuskulatur betroffen. Charakteristisch sind die langsamen, schwachen und
unkoordinierten Bewegungen sowie der veränderte Muskeltonus. Neben Artikulation sind
auch Phonation und Sprechatmung beeinträchtigt. Bei der Sprechapraxie dagegen ist die
Funktion der Sprechorgane nicht betroffen, dennoch tritt artikulatorisches Suchverhalten auf
(Huber et al. 2000).
Daneben müssen Aphasien von zentral bedingten Störungen der Hörwahrnehmung,
Kommunikationsstörungen bei Verwirrtheitszuständen, Demenz, dysexekutivem Syndrom
(Frontalhirnsyndrom) sowie von organischen Psychosen abgegrenzt werden (Huber et al.
1997).
Einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des anfänglichen Schweregrads liefert der Token Test
des Aachener Aphasie Tests (AAT, Huber et al. 1983). Differenziertere Aussagen zum
Schweregrad der Störung in den verschiedenen sprachlichen Modalitäten (Sprechen, Lesen,
Schreiben, Verstehen) können durch die anderen Untertests des Aachener Aphasie Tests ermittelt werden. Dieser liefert einen psychometrisch fundierten Nachweis des Vorliegens
CIAT durch Laientherapeuten 13
einer Aphasie, eine Syndromklassifikation und eine Schweregradbestimmung. Der Aachener
Aphasie Test dient ferner einer zuverlässigen Erfassung der Veränderungen des
Störungsbildes im Verlauf. Verkürzte Screening-Verfahren können orientierenden Aufschluss
über das Vorliegen und den Schweregrad einer Aphasie ergeben, allerdings ohne die
erforderliche psychometrische Absicherung (z. B. Koller et al. 1990, Kalbe et al. 2002).
Die Diagnostik der psychosozialen Auswirkungen einer Aphasie erfordert Verfahren zur
Erfassung der kommunikativen Fähigkeiten und Strategien eines Patienten im Alltag und der
Konsequenzen für die berufliche bzw. schulische Leistungsfähigkeit. Dazu zählen in erster
Linie Verhaltensproben und ADL-Listen (Activities of daily living) sowie Fragebögen zur
Fremd- und Selbstbeurteilung (Glindemann et al. 2002, Bongartz 1998).
2.7 Prognose
Zur Zeit wird in der Literatur der Einfluss vieler Faktoren auf den zu erwartenden
Rehabilitationsverlauf diskutiert. Zu vielen Aspekten bestehen jedoch noch widersprüchliche
Meinungen. Kein Faktor hat zudem eine hinreichende Vorhersagegenauigkeit, der eine
individuelle Prognose bei einem einzelnen Patienten erlaubt. Es handelt sich lediglich um
statistische Tendenzen.
Nach Basso (1992) zählen zu den wichtigsten Prädiktoren für eine Besserung der aphasischen
Symptomatik der anfängliche Schweregrad der Aphasie sowie Größe und Lokalisation der
Hirnläsion. Laut Heiss et al. (1993) sind ischämisch bedingte Läsionen im Versorgungsgebiet
der linken mittleren Hirnarterie mit einem größeren Volumen als 100 cm3 ein sicherer
Indikator für das Bestehen einer schweren Aphasie und ein negativer prognostischer Faktor.
Verschiedene Studien weisen zudem auf die Bedeutung funktioneller Aktivierung im Bereich
der linken superior-temporalen Region hin. Die Reaktivierung linkstemporaler primärer
Sprachareale geht dabei mit deutlicheren Verbesserungen einher (Heiss et al. 2003, Karbe et
al. 1995). Die Aktivierung sekundärer linkstemporaler Sprachareale und kontralateraler
Bereiche weist dagegen auf eine schlechtere Prognose hin (z.B. Cao et al. 1999, Heiss et al.
1999, Karbe et al. 1998).
In der folgenden Tabelle werden weitere potentiell relevante Einflussgrößen auf den Ausgang
der Erkrankung dargestellt.
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Tabelle 1 Einflussfaktoren auf die Rückbildung aphasischer Syndrome (aus Tesak 2001)
Positive Prognose Negative Prognose 1. Merkmale der
Hirnschädigung
• Kleine Läsion • Anteriore Läsion • Traumatische Ätiologie
• Umschriebene Hirnschäden
• Reaktivierung linkstemporaler Sprachareale
• Kurze Zeit nach dem Ereignis
• Große Läsion • Posteriore Läsion • Zerebro-vaskuläre
Ätiologie • Diffuse Hirnschäden
• Kompensatorische
rechtshemisphärische Aktivierung
• Längere Zeit nach dem Ereignis
2. Kennzeichen der Sprachstörung
• Verständliche Sprachäußerungen, gutes Verstehen
• Geringer Schweregrad • Wenige Automatismen • Sprachtherapie
• Unverständliche Sprachäußerungen (Jargon), schlechte Verstehensleistung
• Hoher Schweregrad • Viele Automatismen • Keine Sprachtherapie
3. Eigenschaften des Patienten
• Komorbiditäten (z.B. Gedächtnis)
• Keine Depression • Weibliches Geschlecht • Linkshänder • Hoch motiviert • Familiäre Unterstützung • Hohe prämorbide
Intelligenz, hohe Schulbildung (> 12 Jahre)
• Jünger (< 50 Jahre)
• Keine Komorbiditäten • Depression • Männliches Geschlecht • Rechtshänder • Wenig motiviert • Kaum familiäre
Unterstützung • Niedrige prämorbide
Intelligenz, geringe Schulbildung (< 12 Jahre)
• Älter (> 50 Jahre)
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3. Therapie Primäres Ziel der Therapie von Aphasien ist die Verbesserung der Sprachfertigkeiten und der
Kommunikationsfähigkeit im Alltag. Es existiert eine große Vielfalt verschiedener
Therapieformen, die versuchen, dieses Ziel zu erreichen. So konzentrieren sich traditionelle
sprach-orientierte Ansätze auf das Training spezifischer Defizite (z.B. Stimulation durch
verschiedene Hilfsmittel [Schuell 1974, Duffy 1986, Shewan & Bandur 1986]).
Neuropsychologische oder neurolinguistische Ansätze wenden dagegen
informationsverarbeitende Modelle für die Diagnose und Behandlung von Sprachstörungen
an (Nickels 2002). Andere Ansätze wiederum konzentrieren sich auf kompensatorische
Strategien (z.B. Reduced Syntax Therapy, REST [Schleck et al. 1995]) oder auf Strategien,
die die Kommunikation zwischen Patient und Angehörigen über verbale oder nonverbale
Mittel verbessern sollen (Bongartz 1998).
Im Folgenden werden die zwei Hauptgruppen, in die sich die verschiedenen Therapieansätze
vereinfacht einteilen lassen, kurz vorgestellt.
3.1 Methoden der Sprachtherapie
Vereinfacht können die verschiedenen Methoden der Sprachtherapie zwei großen Subgruppen
zugeordnet werden: sprachsystematischen und kommunikativen Therapieformen
(Pulvermüller et al. 1992). Im Gegensatz zu sprachsystematischen Therapien wird im
Rahmen kommunikativer Therapieformen der funktionale Sprachgebrauch, d.h. die
Verwendung von Sprache im Alltag, geübt.
3.1.1 Der sprachsystematische Ansatz
Bei diesem Ansatz sollen durch sprachsystematische Wiederholungsübungen die betroffenen
Sprachstrukturen im Gehirn wieder aufgebaut werden. Dabei werden die einzelnen
betroffenen sprachlichen Fähigkeiten wie Nachsprechen, Lesen, Schreiben oder Benennen
trainiert, jedoch nicht primär hinsichtlich ihrer Anwendung im Alltag. Die
Sprachbehandlungen sind somit v.a. defizitorientiert, wobei der Kontext, in dem die
sprachlichen Einheiten verwendet werden, oftmals vernachlässigt wird. Ein generelles
Problem beim Training von isolierten Sprachhandlungen besteht allerdings vor allem in der
oft fehlenden Generalisierung der Trainingseffekte in die alltägliche Kommunikation.
CIAT durch Laientherapeuten 16
Deshalb gibt es vermehrt Bemühungen, Sprachinterventionen der alltäglichen
Kommunikation anzupassen. Grundprinzip dieser pragmatischen oder kommunikativen
Therapien, die im Folgenden dargestellt werden, besteht darin, dass die Sprechhandlungen,
die in der Therapie geübt werden, alltäglicher Kommunikation ähneln.
3.1.2 Der kommunikative (oder pragmatische) Ansatz
Das Hauptziel kommunikativer bzw. pragmatischer Verfahren der Sprachtherapie besteht in
der Minderung der kommunikativen Beeinträchtigungen der Erkrankung und der
Verbesserung der Fähigkeit des Patienten, sich im Alltag zu verständigen. Der direkte Bezug
zu alltagsrelevanten Sprachhandlungen wird hergestellt, indem die Verwendung einzelner
Sprachelemente im Leben des Patienten außerhalb des Sprachtrainings, d.h. der funktionale
Sprachgebrauch berücksichtigt wird. Die Patienten sollen in der Therapie
Kommunikationshandlungen ausführen, die für den alltäglichen Sprachgebrauch von
Bedeutung sind. Dabei werden sowohl sprachliche als auch nicht-sprachliche Mittel
(Prosodie, Gestik, Mimik) eingesetzt. Zum einen werden die verbliebenen verbalen
Fähigkeiten weiter gefördert und die Kommunikation durch externe Hilfen wie Notizbücher
erleichtert, zum anderen können mangelnde Fertigkeiten kompensatorisch durch nonverbale
Kommunikationsstrategien (z.B. sprachersetzende Symbolsysteme , Zeichensprache) ersetzt
werden.
Um den Transfer des Gelernten in den Alltag zu gewährleisten, sollte das therapeutische
Setting alltäglicher Kommunikation so ähnlich wie möglich sein. Bei Pulvermüller et al.
(1991) werden einige Prinzipien kommunikativer Sprachtherapie genannt. Diese sollten
beachtet werden, um in der Therapie Situationen zu schaffen, die Alltagskommunikation
ähneln. Neben dem Setting sollte auch die Struktur der Konversation mit
Kommunikationsformen im Alltag vergleichbar sein. Das Verhältnis von Wissen und
Information zwischen den Interaktionspartnern sollte dem in alltäglichen Interaktionen
entsprechen. Zudem sollte das Ziel der Konversation sowie die damit zusammenhängenden
Strategien mit dem in alltäglicher Kommunikation übereinstimmen. Außerdem sollte der
Patient die Möglichkeit haben, die kommunikativen Handlungen wiederholt zu trainieren.
Eine Therapieform, die sich an Prinzipien kommunikativer bzw. pragmatischer
Aphasietherapie orientiert, ist die Constraint-Induced Aphasia Therapy, die im Folgenden
beschrieben wird.
CIAT durch Laientherapeuten 17
3.2 Eine neue Methode sprachtherapeutischer Intervention basierend auf
neurowissenschaftlichen Erkenntnissen: Die Constraint-Induced Aphasia
Therapy (CIAT)
Die Constraint-Induced Aphasia Therapy (im Folgenden als CIAT bezeichnet) wird zu den
kommunikativen Sprachtherapien gezählt. Sie wurde aus der Kombination einer Therapie
motorischer Bewegungsstörungen nach Schlaganfall (Constraint-Induced Movement
Therapy, CIMT, Überblick siehe Taub et al. 2002) und Grundideen kommunikativer
Sprachspiele (Pulvermüller 1990) entwickelt.
3.2.1 Grundprinzipien der Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT)
Die Constraint-Induced Movement Therapy (im Folgenden als CIMT bezeichnet) ist ein
Ansatz zur Behandlung chronischer motorischer Funktionsbeeinträchtigungen bei
Schlaganfallpatienten. Die CIMT besteht aus mehreren Techniken zur
Verhaltensmodifikation, die auf der Grundlage des operanten Konditionierens beruhen
(Überblick siehe Taub et al. 2002).
Grundlage ist das Konzept des „gelernten Nichtgebrauchs“. Nach einem Schlaganfall tritt eine
vorübergehende Bewegungsunfähigkeit als Folge des kortikalen Schocks auf. In dieser Phase
führt der Gebrauch der betroffenen Extremität zu Misserfolgen (z.B. ergriffener Teller fällt zu
Boden), wird somit „bestraft“. Nach der ersten Erholungsphase sind motorische Fähigkeiten in
einem bestimmten Umfang wieder möglich. Dennoch wird die betroffene Extremität nicht
mehr angemessen benutzt, weil gelernt wurde, dass deren Gebrauch nicht erfolgreich ist.
Gleichzeitig lernen die Patienten, dass es erfolgsversprechender ist, die gesunde Extremität zu
benutzen, deren Gebrauch wird somit belohnt. Nach den Prinzipien der kortikalen
Reorganisation werden dadurch jedoch die erhaltenen efferenten Funktionen der betroffenen
Extremität weiter abgebaut. Das Rehabilitationspotential der betroffenen Extremität wird durch
den kompensatorischen Gebrauch der gesunden Extremität eingeschränkt. Der gelernte
Nichtgebrauch steht somit einer im Rehabilitationsverlauf möglichen Verbesserung
motorischer Funktionen entgegen. Damit könnte der gelernte Nichtgebrauch bei Menschen
nach einem Schlaganfall für chronische motorische Bewegungsstörungen verantwortlich sein.
Die CIMT hilft den Patienten, ihre lerntheoretisch bedingte Bewegungsunfähigkeit, den
gelernten Nichtgebrauch bzw. die konditionierte Unterdrückung von Bewegungen, zu
überwinden. Dabei wird der Einsatz der betroffenen Extremität durch Einschränkung der
CIAT durch Laientherapeuten 18
gesunden Gliedmaße (z.B. durch Tragen einer Schlinge, siehe Abbildung 1) erzwungen
(„constraint“). Der Gebrauch der beeinträchtigten Extremität wird nach den lerntheoretischen
Prinzipien „intensives Üben“ („massed practice“: mehrere Stunden pro Tag an zehn
aufeinander folgenden Tagen) und „shaping“ trainiert. Beim shaping werden erwünschte
Verhaltensweisen schrittweise durch zunehmende Komplexität bzw. Schwierigkeit der
Übungen erreicht. Anfangs werden einzelne Schritte honoriert. Für weitere Belohnung muss
dann eine zunehmend komplexere Leistung erbracht werden. Die therapeutischen Übungen
werden in ihrem Schwierigkeitsgrad dem Niveau des Patienten angepasst. So kann immer an
deren oberer Leistungsgrenze trainiert werden. Das Prinzip der Verhaltensrelevanz wird
durch alltagsnahe Übungen umgesetzt (z.B. Besteck benutzen).
Durch dieses an lerntheoretischen und neurowissenschaftlichen Prinzipien orientierte
Training konnten deutliche Verbesserungen der Bewegungsstörungen nach einem
Schlaganfall, auch über die Therapiesituation hinaus nachgewiesen werden (zum Überblick
siehe Taub et al. 2002). Es wird vermutet, dass die intensive afferente Stimulierung der CIMT
zu einer Reorganisation kortikaler Repräsentationsareale führt (z.B. Liepert et al. 1998 &
2000).
Abbildung 1 Beispiel für „Constraint“ im Rahmen der CIMT
CIAT durch Laientherapeuten 19
3.2.2 Umsetzung der CI-Prinzipien im Rahmen von Aphasietherapie
Die gleichen Prinzipien, die der CIMT zugrunde liegen, können auch auf Aphasien und deren
Therapie angewendet werden.
Auch hier findet das Konzept des „gelernten Nichtgebrauchs“ Anwendung: viele Patienten
können nach einem Schlaganfall nicht oder kaum sprechen. Zur Kompensation ihrer
sprachlichen Defizite nutzen sie verstärkt nonverbale Kommunikationskanäle (z.B. Gestik,
Mimik, Zeichnungen) und verwenden bei verbalen Äußerungen Formulierungen, die ihnen
wenig Mühe bereiten. Dieses Verhalten wird verstärkt, wohingegen Versuche, sich verbal
mitzuteilen, „bestraft“ werden (z.B. der Patient wird nicht verstanden). Langfristig verhindert
dies jedoch eine im Erholungsverlauf mögliche Verbesserung der Sprachfunktionen. Deshalb
sollten bei einem nach CI-Prinzipien aufgebauten Training dysfunktionale Ersatzstrategien
wie nicht-sprachliche Kommunikation weitgehend vermieden und verbal expressive Sprache
intensiv trainiert werden. Langfristig führt dies zu einer Überwindung des „gelernten
Nichtgebrauchs“ und zu einer Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit, vermutlich über
kortikale Reorganisationsprozesse (Meinzer et al. zur Publikation eingereicht).
Die Grundprinzipien „massed practice“, „constraint“, „shaping“ werden in der analog zu
CIMT entwickelten Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT, Pulvermüller et al. 2001)
wie folgt umgesetzt:
1) Die Patienten trainieren an zehn aufeinander folgenden Tagen drei Stunden täglich in
Gruppen von zwei bis drei Patienten („massed practice“).
2) Kommuniziert wird über gesprochene Wörter und Sätze. Non-verbale
Kommunikation durch Zeigen einer Karte wird dagegen weitgehend unterbunden
(„constraint“)1
3) Die Anforderungen werden an das Leistungsniveau der Patienten angepasst
(„shaping“) durch:
1 Es ist darauf zu achten, dass die Einschränkungen („constraints“) nicht zu eng gehandhabt werden. Nicht jede kompensatorische non-verbale Kommunikation (z.B. Gestik) soll vermieden werden. Patienten sollen primär zu verbal expressiver Kommunikation ermutigt werden anstatt andere Kommunikationskanäle oder einfache Äußerungen, die ihnen leicht fallen, zu nutzen. So soll z.B. eine vollständige Vernachlässigung der Sprache unterbunden wird. Unterstützende non-verbale Hilfen sind jedoch erlaubt (s. auch Meinzer et al. eingereicht zur Publikation).
CIAT durch Laientherapeuten 20
a) die Schwierigkeit der Therapiematerialien (z.B. hoch- und niederfrequente
Wörter),
b) die geforderten verbalen Äußerungen (z.B. kompletter Satz,
Höflichkeitsformulierungen),
c) die Leistung, die für soziale Verstärkung (Lob) durch den Therapeuten
erforderlich ist.
3.2.3 Die Behandlungsmethode CIAT
Grundlage dieser sprachtherapeutischen Intervention ist das Karten-Hergeben-Spiel von
Pulvermüller (1990), in dem Aufforderungskommunikation systematisch und wiederholt
trainiert wird.
Die Sprachtherapie wird im Rahmen eines Kartenspiels umgesetzt. Ein Spiel besteht aus
einem Satz von 30 Karten, wobei jedes Motiv zweimal existiert. Es gibt somit 15
Kartenpaare, auf denen einfache Objekte, fotografische Abbildungen, Situationen und
schriftsprachliche Items dargestellt sind. Die Teilnehmer sitzen hinter einem Sichtschutz,
damit die Karten der Mitspieler für die anderen nicht sichtbar sind (Abbildung 2). Die Karten
werden so verteilt, dass keiner der Mitspieler zwei gleiche Karten besitzt. Ziel des Spiels ist
es, möglichst viele Kartenpaare zu sammeln. Dazu erfragt ein Teilnehmer zu einer eigenen
Karte das Gegenstück bei einem Mitspieler, ohne die Karte zu zeigen. Besitzt dieser die
Karte, antwortet er passend und übergibt sie. Hat er sie nicht, verneint er die Frage mit den
entsprechenden Worten. Im Folgenden finden sich zwei Beispiele für die verbalen
Handlungsmuster des Sprachspiels.
Beispiel 1 für einen Spielzug:
Teilnehmer 1: „Hast du das Auto?“
Teilnehmer 2: „Ja, ich habe das Auto.“
Teilnehmer 1: „Gibst du mir bitte das Auto?“
Teilnehmer 2: „Ja, ich gebe dir das Auto.“
Beispiel 2 für einen Spielzug:
Teilnehmer 1: „Ich suche einen Baum. Herr X, haben Sie den Baum?“
Teilnehmer 2: „Nein, ich habe den Baum leider nicht.“
CIAT durch Laientherapeuten 21
Entsprechend dem Grundprinzip „shaping“ variieren die geforderten verbalen Äußerungen.
Dies richtet sich nach den jeweiligen sprachlichen Fertigkeiten der Patienten. Dabei soll
immer am oberen Leistungslevel der Patienten trainiert werden. So kann anfangs bei einem
sprachlich schwer beeinträchtigten Patienten das korrekte Benennen (z.B. Buch) genügen,
später wird der Name des angesprochenen Spielers gefordert (z.B. „Peter, Buch?“) bis, wenn
möglich hin zum Bilden eines kompletten Satzes (z.B. „Peter, hast du das Buch?“). Bei
sprachlich weniger beeinträchtigten Patienten können z.B. Höflichkeitsformulierungen oder
komplexere Variationen der verbalen Handlungsmuster (z.B. „Kannst du mir bitte die Karte
mit dem blauen Auto über den Tisch reichen?“) gefordert werden. Therapieelemente aus der
herkömmlichen Sprachtherapie wie Benennen, Verstehen und Üben von neuen Äußerungen
werden auch hier trainiert. Die Therapie findet jedoch in der Gruppe statt. So kann wiederholt
ein bestimmtes verbales Verhalten im Kontext eines interaktiven und kommunikativen
Gruppensettings geübt und gefördert werden. Durch das Gruppensetting wird auch eine hohe
Alltagsrelevanz erreicht. Zwischen den Teilnehmern findet ein Informationsaustausch statt.
Durch die Spielsituation entsteht eine Interaktion, die alltäglicher Kommunikation ähnelt und
dadurch von vielen Patienten als motivierender erlebt wird als das Training isolierter
defizitärer Sprachfähigkeiten. Zudem besteht dadurch eine Kontrollmöglichkeit, ob der
angesprochene Mitspieler richtig verstanden hat, indem er die richtige Karte übergibt.
Erfolgreiche kommunikative Handlungen bieten zudem für die Patienten, für die
Kommunikation nicht mehr selbstverständlich ist, einen starken Verstärker.
Aufgabe der Therapeuten besteht darin, das Sprachspiel zu leiten, gegebenenfalls auf die
Einhaltung der Regeln hinzuweisen (z.B. einen ganzen Satz bilden), die Patienten bei
Problemen zu unterstützen (z.B. bei Wortfindungsstörungen den ersten Buchstaben vorsagen)
und durch Lob erwünschte kommunikative Handlungen zu verstärken.
CIAT durch Laientherapeuten 22
Abbildung 2 CIAT-Setting
3.3 Therapieeffizienz
Heute ist die Ansicht, dass Aphasietherapie effektiv und sinnvoll ist, allgemein akzeptiert.
Verschiedene Studien weisen deutlichere Verbesserungen sprachlicher Leistungen bei
behandelten Aphasikern im Vergleich zu Unbehandelten nach (z.B. Basso et al. 1979,
Holland et al. 1996, Poeck et al. 1989, Wertz et al. 1986). Beispielhaft werden im Folgenden
einige Studien vorgestellt.
Die Ergebnisse von zwei Metaanalysen von Robey (1994 und 1998, 21 und 55 Studien)
weisen die Wirksamkeit von Sprachtherapie im Vergleich zur Kontrollbedingung ohne
Behandlung nach. Behandelte Aphasiker erzielten im Vergleich zu unbehandelten Patienten
in allen Phasen der Rehabilitation bessere Ergebnisse. Patienten mit akuter Aphasie wiesen
zwar stärkere Verbesserungen auf als chronische Aphasiker (Effektstärken: d = 1,15 bzw. d =
0,66), dennoch sind auch in diesem Stadium noch deutliche Therapieeffekte möglich.
Denkbare Einflussfaktoren auf den Therapieerfolg sind laut Robey (1998) neben
Aphasiesyndrom und Schweregrad Art und Beginn der Therapie sowie Intensität, Dauer und
Gesamtanzahl der Therapiestunden. Mit der Therapie sollte möglichst früh nach dem Ereignis
begonnen werden. Zudem sind die Verbesserungen umso größer, je intensiver die
Behandlung ist. So ergaben im chronischen Stadium Interventionen über mindestens fünf
Stunden pro Woche größere Effektstärken als Behandlungen mit zwei bis drei Stunden
wöchentlich (d = 0,55 bzw. d = 32; Weiteres zum Einfluss von Intensität s. unten).
CIAT durch Laientherapeuten 23
Auch andere Übersichtsarbeiten belegen die Wirksamkeit von Aphasietherapie und zwar in
jeder Phase der Aphasie (z.B. Holland et al. 1996, Boghal et al. 2003). Die lange
vorherrschende Meinung, dass Sprachtherapie nur unmittelbar nach dem Ereignis sinnvoll
und effektiv ist, gilt als überholt. Verschiedene Studien belegen, dass auch im chronischen
Stadium der Erkrankung, selbst bei jahrelang bestehender Aphasie noch bedeutende
Verbesserungen durch sprachtherapeutische Behandlung möglich sind (z.B. Carlomagno et.
al. 2001, Pulvermüller et al. 2001, Aftonomos et. al. 1999, Elman & Bernstein-Ellis 1999,
Katz & Wertz 1997).
Verschiedene Untersuchungen belegen die Wirksamkeit unterschiedlicher Therapieverfahren
(z.B. sprachsystematische, kommunikationsorientierte Verfahren) sowie des therapeutischen
Settings (Einzel-, Gruppensetting) (z.B. Hinckley et al. 1998, Springer et al. 1993, Poeck et
al. 1989, Holland 1980, Aten et al. 1982).
Gruppentherapie unterscheidet sich in einigen Merkmalen von einer Einzelbehandlung und
bietet im Vergleich verschiedene Vorteile. Gruppentherapie stellt die kostengünstigere
Intervention dar, ein Aspekt, der vor dem Hintergrund der abnehmenden finanziellen Mittel
im Gesundheitssystem immer mehr an Bedeutung gewinnt. Patienten können so mit gleichem
finanziellen Aufwand mehr Therapiestunden erhalten. Zudem findet in einer Gruppentherapie
alltagsnähere Kommunikation zwischen den Teilnehmern statt. Die Möglichkeit der
Interaktion mit anderen Aphasikern erlaubt vielfältigere kommunikative Handlungen als in
einem eins-zu-eins Setting (Patient versus Therapeut), in dem nur die Kommunikation mit
einem Sprachgesunden möglich ist. So eignen sich besonders Kommunikationsübungen für
die Gruppentherapie. Zudem bietet der Kontakt mit anderen Betroffenen psychosoziale
Unterstützung (z.B. Angstabbau, Senkung der Hemmschwelle, zu sprechen). Das
Kennenlernen der Stärken und Schwächen der anderen Teilnehmer ermöglicht die
Neubewertung der eigenen verbalen Fähigkeiten. Die gegenseitige Empathie und die
Wettbewerbssituation ermutigen die Patienten zu neuen, komplexeren Sprachversuchen.
Unterstützt durch die Erfahrung, sich wieder mitteilen zu können, positives Feedback,
Anerkennung und Empathie der anderen Teilnehmer sprechen die Patienten häufig auch im
Alltag mehr. Dadurch können Rückzugstendenzen im alltäglichen Leben entgegengewirkt
und so die psychosozialen Folgen der Aphasie gemindert werden. (z.B. Bollinger et al. 1993,
Elman & Bernstein-Ellis 1999, Pulvermüller et al. 2001).
CIAT durch Laientherapeuten 24
Wie oben erwähnt, scheint ein wichtiger Faktor für Therapieerfolg, vor allem im chronischen
Stadium eine hohe Behandlungsintensität zu sein (zum Überblick: Bhogal et al. 2003).
Verbesserungen der sprachlichen Fertigkeiten finden sich vor allem bei Studien mit hoher
Behandlungsintensität innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeitbereiche (Intensität: Ø 8,8
Stunden pro Woche; Dauer: Ø 11,2 Wochen) im Vergleich zu wenig intensiver, zeitlich
ausgedehnter Therapie (Intensität: Ø 2 Stunden pro Woche; Dauer: Ø 22,9 Wochen) (Bhogal
et al. 2003). Verschiedene Studien variieren jedoch zum Teil beträchtlich bezüglich der
Angaben zu Intensität und Therapiedauer. Einige Autoren halten eine verhältnismäßig lange
Dauer der Intervention (mehrere Monate) für nötig (Robey 1994, Holland 1996, Basso et al.
2001, Bhogal et al. 2003). Wie im Folgenden dargestellt wird, zeigen dagegen aktuelle
Untersuchungen, dass Verbesserungen schon innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht
werden können:
Eine Studie von Pulvermüller et al. (2001) belegt die Überlegenheit eines massierten
Trainings gegenüber einer zeitlich gestreckten Therapie. Es traten deutlichere
Verbesserungen der Sprachfertigkeiten bei intensivem Training innerhalb von zwei Wochen
auf als mit derselben Therapiestundenanzahl über einige Wochen ausgedehnt. An dieser
Studie nahmen 17 Patienten mit chronischer Aphasie (mindestens zwölf Monate nach dem
Ereignis) teil und wurden zufällig einer von zwei Gruppen zugeordnet. Die Patienten der
Experimentalgruppe erhielten Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT). Die
Kontrollgruppe bekam eine logopädische Standardbehandlung mit vergleichbarer
Gesamtstundenzahl. Allerdings erhielten die Patienten der CIAT-Gruppe die Therapie
massiert innerhalb von zwei Wochen, die Therapiestunden der Standardtherapie waren
dagegen über einen längeren Zeitraum (drei bis fünf Wochen) ausgedehnt. Die Patienten
beider Gruppen verbesserten sich signifikant im Aachener Aphasie Test (AAT). In der CIAT-
Gruppe wurden signifikant mehr Verbesserungen als in der Kontrollgruppe nachgewiesen.
Zudem wurde über vermehrte Alltagskommunikation, gemessen mit dem Communicative
Activity Log (CAL, Selbst- und Fremdrating der Quantität kommunikativer Handlungen,
Pulvermüller et al. 2001) in der CIAT-Gruppe berichtet, d.h. es fand in dieser Gruppe eine
Übertragung des in der Therapie Gelernten auf den Alltag statt.
Eine weitere Studie von Meinzer et al. (2005) repliziert die unmittelbare Effektivität der
CIAT. Bei 27 Patienten konnten innerhalb von zehn Tagen signifikante
Leistungssteigerungen im AAT, CAL und CETI (Communicative Effectivness Index,
Angehörigenfragebogen zur Untersuchung der Qualität der Alltagskommunikation)
CIAT durch Laientherapeuten 25
nachgewiesen werden. Zusätzlich wurde die Stabilität der erreichten Leistungssteigerungen in
einer follow-up Untersuchung nach sechs Monaten belegt. Während dieser Zeit traten
allerdings keine weiteren Verbesserungen auf, obwohl die Patienten ambulant Sprachtherapie
erhielten, jedoch im Schnitt nur zwei Stunden pro Woche.
Eine aktuelle Studie von Barthel et al. (2005) vergleicht die CIAT mit einer logopädischen
Standardbehandlung mit entsprechender Therapieintensität. Die Patienten beider Gruppen
zeigten vergleichbare signifikante Verbesserungen im Aachener Aphasie Test. Dies legt nahe,
dass für Therapieerfolg, insbesondere im chronischen Stadium der Aphasie, vor allem eine
intensive Behandlung entscheidend ist (Meinzer et al. 2005). Gestützt werden diese
Erkenntnisse auch durch Befunde aus anderen Bereichen der neurologischen Rehabilitation
(z.B. unilateraler Neglect, Hemiparese), die in aktuellen Studien ebenso die Effektivität
hochintensiver Behandlung nachweisen konnten (Taub et al. 2002, Frassinetti et al. 2002).
Im Rahmen der neurologischen Rehabilitation ist eine intensive Therapie jedoch angesichts
von Kapazitätsproblemen bei der Zuteilung von Ressourcen (Verfügbarkeit von Logopäden,
finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems) für intensive Rehabilitationsmaßnahmen
meist nicht zu realisieren, so dass viele Patienten vor allem in späteren Phasen der
Erkrankung keine optimale sprachtherapeutische Betreuung erhalten können. Die traditionelle
Behandlung in diesem Stadium umfasst im Allgemeinen maximal ein bis zwei Stunden
Logopädie pro Woche. Nach den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie (DGN, Ziegler et al. 2006) zur Behandlung aphasischer Syndrome soll
Sprachtherapie jedoch möglichst täglich, mindestens aber dreimal wöchentlich für je 60
Minuten stattfinden (Bauer et al. 2002). Nachweisbar wirksam ist Sprachtherapie bei einer
Intensität von fünf bis zehn Therapiestunden pro Woche (Boghal et al. 2003), eine Intensität
von zwei Wochenstunden oder weniger ist nicht ausreichend (Boghal et al. 2003, Robey
1998). Intensive Intervallbehandlungen werden auch mehr als zwölf Monate nach dem
Schlaganfall empfohlen (Ziegler et al. 2006).
Vor diesem Hintergrund scheint es notwendig, für die Rehabilitation von Patienten mit
chronischer Aphasie neben intensiven klinischen Maßnahmen vermehrt außerklinische
Ressourcen einzubeziehen, um die Therapieintensität zu erhöhen. Eine Möglichkeit stellt eine
Umsetzung von Sprachtherapie im Rahmen von Selbsthilfegruppen dar. Alternativ könnten
auch Angehörige als Laien-Therapeuten eingesetzt werden.
CIAT durch Laientherapeuten 26
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es jedoch nur vereinzelt sprachtherapeutische Angebote
durch Laien. Ebenso existieren zu diesem Thema nur wenige empirische Studien. Im
folgenden Abschnitt wird ein Überblick über den gegenwärtigen wissenschaftlichen Stand
über Zusatzangebote für aphasische Patienten durch Laien gegeben.
3.4 Aphasietherapie durch Laien
Nur wenige Studien untersuchen die Wirksamkeit und Durchführbarkeit von Sprachtherapie
durch Laien-Therapeuten. Im Anschluss werden einige Studien vorgestellt.
Wertz et al. (1986) untersuchten 37 männliche nicht-chronische Patienten (2-24 Wochen
post-onset), die randomisiert auf drei Gruppen verteilt wurden. Eine Subgruppe erhielt die
Therapie zuhause von einem in Aphasietherapie unerfahrenen Angehörigen. Diese wurden
von einem Logopäden vor und während der Therapie geschult und betreut. Patienten der
Kontrollgruppe bekamen die Therapie in einer Klinik von einem Logopäden. Beide
Therapiegruppen erhielten eine logopädische Standardbehandlung (Stimulus-Response-
Therapie) mit der gleichen Anzahl an Therapiestunden (acht bis zwölf Stunden über zwölf
Wochen) und wurden mit einer dritten Gruppe, die in dieser Zeit keine Therapie erhielt,
verglichen. Nach Therapieende verbesserten sich die Patienten aller Therapiegruppen
überzufällig (Effekt der Spontanremission bei der Gruppe ohne Therapie). In der Logopädie-
Gruppe wurden signifikant mehr Verbesserungen nachgewiesen als in der Gruppe ohne
Therapie (Therapieeffekt). Es wurde jedoch kein signifikanter Unterschied in verschiedenen
standardisierten Tests zwischen den Therapiegruppen gefunden. In der Angehörigen-Gruppe
wurden mehr Verbesserungen als in der Gruppe ohne Therapie, jedoch weniger als in der
Logopädie-Gruppe nachgewiesen. Diese Unterschiede waren jedoch nicht signifikant.
Angehörigen-Therapie ist laut den Autoren somit zumindest tendenziell sinnvoller als keine
Therapie, jedoch weniger effektiv als eine Sprachtherapie durch einen Logopäden.
In dieser Studie wurden allerdings keine chronischen Aphasiker untersucht. Die
Verbesserungen können damit aufgrund des Einflusses der Spontanremission nicht als reines
Therapieresultat angesehen werden. Laut Autoren war der Supervisionsaufwand durch die
Logopäden beträchtlich.
CIAT durch Laientherapeuten 27
In einer Studie von Lesser et al. (1986) wurden neun akute und chronische Patienten (2-33
Monate post-onset) eine Stunde pro Woche über zehn bis zwölf Wochen mit LET (language
enrichment therapy, eine Stimulationsmethode) von einem Logopäden behandelt. Zusätzlich
wurden die Patienten aufgefordert, alleine oder zusammen mit einem Angehörigen zuhause
zu üben. Bei sieben Patienten zeigten sich nach Therapieende deutliche Verbesserungen.
Allerdings handelte es sich bei diesen vor allem um Patienten mit akuter Aphasie, bei denen
die Spontanremission noch nicht abgeschlossen ist. Angaben zu Verbesserungen in der
Kontrollgruppe, die eine logopädische Standardbehandlung erhielt (nicht LET), fehlen.
Zudem ist die Zeit, die die Patienten zuhause übten, nicht vergleichbar, die Häufigkeit variiert
von nie bis täglich. Sie trainierten jedoch im Durchschnitt nicht mehr als die Kontrollgruppe.
Meikle et al. (1979) untersuchten 13 akute und chronische Patienten (4-268 Wochen post-
onset), die von verschiedenen Freiwilligen viermal pro Woche Therapie erhielten. Den
Freiwilligen wurde keine spezifische Technik vermittelt, sie nahmen an einem
Einführungskurs über Aphasie teil und erhielten eine Beschreibung der Defizite der Patienten
sowie einige Materialien für die Therapie. Als Kontrollgruppe dienten 16 Patienten, die
reguläre logopädische Therapie (vergleichbare Anzahl an Therapiestunden) erhielten.
Patienten beider Gruppen verbesserten sich überzufällig, zwischen den Gruppen konnte
jedoch kein signifikanter Unterschied gefunden werden. Allerdings verblieben die Patienten
unterschiedlich lange in der Therapie (2-84 Wochen). Laut Autoren weist diese Studie darauf
hin, dass Sprachtherapie durch Laien bzw. durch Logopäden vergleichbar effektiv ist.
In einer Studie von Worrall und Yiu (2000) behandelten Freiwillige sechs chronische
Patienten (mindestens zwölf Monate post-onset) ein bis zwei Stunden pro Woche über zehn
Wochen mit dem Programm „Speaking Out“. Dessen Ziel ist eine Verbesserung der
alltäglichen, funktionalen Kommunikation durch vermehrte kommunikative Aktivitäten im
Alltag (z.B. Telefonieren). Durch diese Aktivierung sollen die kommunikativen
Beeinträchtigungen durch die Aphasie gemindert werden. Anschließend erhielten diese
Patienten über zehn Wochen keine Therapie und verbrachten dann zehn Wochen lang ihre
Freizeit für ein bis zwei Stunden pro Woche mit denselben Freiwilligen, jedoch ohne
sprachliche Aktivitäten. Bei der Kontrollgruppe wurde eine andere Reihenfolge der Phasen
(Freizeit, keine Therapie, Therapie) eingehalten. Beide Gruppen blieben nach der letzten
Phase weitere zehn Wochen ohne Therapie. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede
CIAT durch Laientherapeuten 28
zwischen den Gruppen. Nach der Therapie konnten überzufällige Verbesserungen
nachgewiesen werden, die jedoch nicht größer waren als nach der Freizeitphase.
Bei David et al. (1982) behandelten Freiwillige zwei Stunden pro Woche 48 akute und
chronische Patienten (mindestens drei Wochen nach dem Ereignis). Sie wurden über die
individuellen Kommunikationsprobleme des Patienten informiert und erhielten allgemeine
Ratschläge für die Interaktion, jedoch keine Instruktion über spezielle Logopädie-Techniken.
Sie sollten die Patienten v.a. zu Kommunikation ermutigen. Die 48 Patienten der
Kontrollgruppe erhielten reguläre Logopädie (30 Stunden über 15 – 20 Wochen). Patienten
beider Therapiegruppen verbesserten sich, zwischen den Gruppen wurde kein signifikanter
Unterschied gefunden. Die Patienten wurden je nach Erkrankungsdauer in drei Gruppen
eingeteilt, wobei die Gruppe mit der längsten Dauer Aphasien ab zwölf Wochen einschloss.
Es wurden keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Verbesserungen der Sprachleistung
zwischen diesen drei Gruppen gefunden.
Zudem existieren verschiedene Interventionsansätze, die eine Verbesserung der alltäglichen
Kommunikation mit aphasischen Patienten indirekt über eine Intervention bei den
Konversationspartnern anstreben. Dabei erhalten jedoch die Patienten selbst keine Therapie.
Stattdessen nehmen Freiwillige oder Angehörige an unterschiedlichen Trainingsprogrammen
teil, die vor allem inhaltliche Weiterbildungen beinhalten. Sie erhalten allgemeine
Informationen über Aphasie, die daraus resultierenden kommunikativen Beeinträchtigungen
sowie psychosoziale Konsequenzen. Die Ansätze konzentrieren sich auf die Verringerung
dieser psychosozialen Konsequenzen (z.B. Gefühl der Inkompetenz), die aus missglückten
Kommunikationsversuchen resultieren. Die Gesprächskompetenz der Patienten kann
wiederhergestellt werden, indem Kommunikationspartner ihnen bei der Konversation helfen.
In den Trainingsprogrammen werden Kommunikationsstrategien und Techniken vermittelt,
die die Interaktion mit aphasischen Patienten verbessern sollen. Die Beeinträchtigung der
alltäglichen Kommunikation durch die Aphasie soll gemindert werden. U.a. soll der Patient
mehr an Konversationen beteiligt werden. In der Folge einer Erleichterung von
Kommunikation sollen alltägliche verbale Interaktionen zunehmen, was die Basis für eine
Erholung von Sprachfunktionen darstellt. Wichtig ist auch, den Patienten das Gefühl als
gleichwertiger Kommunikationspartner wahrgenommen zu werden, zu vermitteln.
CIAT durch Laientherapeuten 29
An dieser Stelle wird exemplarisch die SCA (supported conversation for adults with aphasia),
die an einem Aphasiezentrum in Kanada entwickelt wurde, vorgestellt (Kagan & Gailey
1993). Es handelt sich dabei um eine Methode, die die kommunikative Effektivität von
Aphasikern steigern und psychosoziale Konsequenzen reduzieren soll. Die Gesprächspartner
werden trainiert, Konversationen mit den Betroffenen zu fördern. Durch kommunikative
Hilfestellungen kann ein Gesunder viel zu einer besseren Kommunikation mit einem
aphasischen Patienten beitragen und diesen beim Sprechen unterstützen. Kagan vergleicht
den Kommunikationspartner mit einer externen Hilfe, einer sog. „communication ramp“.
Analog zu Rampen, die Rollstuhlfahrern Zugang zu höheren oder tieferen Ebenen
verschaffen, soll der Sprachgesunde Hilfestellungen zu erfolgreicherer Kommunikation
bieten. So sollen z.B. verbale wie non-verbale Kommunikationskanäle (z.B. Gestik,
Schreiben, Zeichnen) genutzt werden. Dem Patienten soll die Möglichkeit gegeben werden,
sich auszudrücken, indem z.B. genug Zeit gegeben wird. Wichtig ist, verbliebene Fähigkeiten
und Ressourcen des Patienten zu nutzen. Mit Hilfe dieser technischen und emotionalen
Unterstützung soll selbst Patienten mit schwerer, globaler Aphasie das Gefühl einer
natürlichen Konversation zwischen Erwachsenen vermittelt werden. Den Patienten soll das
Gefühl, ein vollwertiger, gleichberechtigter Kommunikationspartner zu sein, gegeben
werden. Freiwillige, die in dieser Methode trainiert wurden, konnten effektiver mit
aphasischen Patienten kommunizieren als Personen ohne Training. Die Patienten beteiligten
sich zudem mehr an der Konversation (Kagan 1998, Kagan et al. 2001).
Weitere Untersuchungen über eine Intervention bei Angehörigen oder nicht-verwandten
Freiwilligen finden sich bei Borenstein et al. (1987), Lyon et al. (1997), Booth & Swabey
(1999), Hinckley & Packard (2001) sowie Rayner & Marshall (2003).
Ein Überblick über die dargestellten Studien über Therapieangebote durch Laien findet sich
in Tabelle zwei.
CIAT durch Laientherapeuten 30
CIAT durch Laientherapeuten 31
CIAT durch Laientherapeuten 32
Zusammenfassend weisen die zitierten Studien darauf hin, dass Laientherapie effektiv und
sinnvoll sein kann. In mehreren Studien konnte kein signifikanter Unterschied in den
Verbesserungen der Sprachleistungen zwischen Patienten, die Therapie durch
Laientherapeuten bzw. durch professionelle Therapeuten erhielten, nachgewiesen werden
(z.B. Meikle et al. 1979, Wertz et al. 1986, David et al. 1989, Worral & Yiu 2000). Allerdings
wurden lediglich in einer Studie (Worral & Yiu 2000) ausschließlich Patienten mit
chronischer Aphasie einbezogen. Damit können die sprachlichen Verbesserungen in den
anderen Untersuchungen durch Spontanremission mitbedingt sein und nicht als reines
Therapieresultat angesehen werden. Bei Lesser et al. (1986) und Meikle et al. (1979) nahmen
Patienten mit akuter und chronischer Aphasie teil, in den Ergebnissen wird danach aber nicht
differenziert. Lediglich bei David et al. (1982) wurden die Patienten je nach
Erkrankungsdauer in drei Gruppen eingeteilt, wobei die Gruppe mit der längsten Dauer
Aphasien ab zwölf Wochen einschloss, ein Zeitraum, in dem die Spontanremission noch nicht
als abgeschlossen gilt. Zudem führten die Freiwilligen bei Meikle et al. (1979) und bei David
et al. (1982) keine spezifische Therapie durch. Bei Worral und Yiu (2000) fehlt eine
randomisierte Zuteilung der Patienten zu den Gruppen. Weitere methodologische
Einschränkungen sind geringe Stichprobengrößen (Lesser et al. 1986, Worral & Yiu 2000),
hohe drop-out – Raten (Worral & Yiu 2000, David et al. 1989), keine standardisierten
Sprachtests (David et al. 1989) sowie eine niedrige Anzahl an Therapiestunden pro Woche
(Lesser et al. 1986, David et al. 1989). Zudem erschwert die Tatsache, dass Patientengruppen
zum Teil unterschiedliche Sprachtherapien erhielten (Meikle et al. 1979, Lesser et al. 1986)
sowie die hohe Variabilität der Therapiestunden (Meikle et al. 1979) die Interpretation der
Ergebnisse.
Alle anderen dargestellten Studien untersuchten keine Sprachtherapie, sondern den Einfluss
von indirekten Interventionen bei den Kommunikationspartnern.
Ziel der vorliegenden Studie war es, diese methodischen Einschränkungen zu überwinden,
indem nur chronische Patienten untersucht wurden, die randomisiert zwei
Behandlungsgruppen zugeteilt wurden und dieselbe intensive Sprachtherapie erhielten.
Einziger Unterschied zwischen den Gruppen bestand darin, dass die Behandlung entweder
durch geschulte Laien oder durch professionelle Therapeuten durchgeführt wurde.
CIAT durch Laientherapeuten 33
3.5 Realisierung der CIAT durch Laientherapeuten
Eine Voraussetzung für die Durchführung einer Sprachtherapie durch Laien sind klare
Anweisungen, nach denen die Therapeuten handeln. Außerdem sollte der
Supervisionsaufwand zu bewältigen sein.
Die CIAT erfüllt diese Forderungen. Zum einen handelt es sich um eine Sprachtherapie mit
klar definierten Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen. Daher sollte
es möglich sein, dass auch unerfahrene Laien nach kurzer Einweisung dieses Training
durchführen können. Zum anderen erwies sich CIAT als hoch effektive Sprachtherapie bei
einer großen Spannweite aphasischer Syndrome. Innerhalb kurzer Zeit (zwei Wochen)
konnten signifikante Verbesserungen der sprachlichen Fertigkeiten auch bei chronischen
Aphasien nachgewiesen werden (Pulvermüller et al. 2001, Meinzer et al. 2005). Die CIAT
sollte somit eine Therapie sein, die sich in einem ökonomischen und motivational günstigen
Gruppensetting von Laien nach kurzer Einarbeitungszeit umsetzten lässt.
Die Sprachtherapie wurde auch bisher an der Universität Konstanz durch in der CIAT
erfahrene Therapeuten gegeben und nur zum Teil durch ausgebildete Sprachtherapeuten.
Dennoch konnten signifikante Verbesserungen erzielt werden. Dies legt nahe, dass eine
Durchführung der CIAT auch durch trainierte Laien-Therapeuten umsetzbar ist.
Da bisher keine Erfahrung bestand bezüglich der Durchführbarkeit einer solchen Therapie
durch Laien, wurde beschlossen, diese Möglichkeit im Rahmen einer Pilotstudie zunächst in
einem klinischen Umfeld mit unmittelbarer Verfügbarkeit der supervidierenden Therapeuten
zu testen, um bei potentiellen Problemen jederzeit intervenieren zu können. Ein erfahrener
Therapeut sollte immer erreichbar sein und im Falle von Schwierigkeiten eingreifen oder
gegebenenfalls die gesamte Therapie übernehmen.
Da die meisten Patienten von ihren Angehörigen für die Dauer der Therapie begleitet werden,
wurden in der vorliegenden Studie aus pragmatischen Gründen Angehörige als Laien-
Therapeuten eingesetzt. Somit konnte auch dem Wunsch der Angehörigen nach mehr
Beteilung und Miteinbeziehung an der Therapie Rechnung getragen werden. Zudem sind
Angehörige im Umgang mit aphasischen Patienten erfahren. Obwohl einige der Angehörigen
zuhause mit den Patienten Sprachübungen durchführten, verfügte keiner über eine formale
Logopädie-Ausbildung oder war mit der CIAT vertraut. Erklärten sich mehrere Angehörige
CIAT durch Laientherapeuten 34
einer Gruppe bereit, als Therapeut aktiv mitzuwirken, wurden die Therapietage aufgeteilt, so
dass jeden Tag nur ein Angehöriger die Therapie durchführte.
In einer Schulung wurden zunächst allgemeine Informationen über Aphasie,
Therapiemöglichkeiten, neueste Erkenntnisse aus der Forschung bezüglich der Dauer und
Intensität von Sprachtherapie v.a. bei chronischen Aphasien vermittelt. Anschließend wurden
den Teilnehmern die Grundzüge der CIAT beispielhaft durch einen erfahrenen Therapeuten
demonstriert. Daraufhin erfolgte die Schulung der Angehörigen „on task“, wobei ein
professioneller Therapeut unmittelbare Hilfestellung bei der Durchführung leistete.
Dieser zog sich immer mehr zurück, so dass nach zwei bis drei Tagen ein Angehöriger die
Therapie selbstständig durchführte. Ein erfahrener Therapeut saß jedoch in einem
benachbarten Raum und war somit bei Fragen und Problemen erreichbar. Am Ende jedes
Therapietages fand eine kurze Besprechung statt, welche Kartensets in der Therapie
verwendet wurden, welche Schwierigkeiten und Verbesserungen auftraten. Daneben wurden
eventuell auftretende Fragen besprochen.
3.6 Ziele der Studie
Die vorliegende Untersuchung dient der Evaluation der Durchführung der CIAT durch Laien-
Therapeuten. Im Rahmen dieser Pilotstudie sollen erste Hinweise zur Effektivität,
Durchführbarkeit und Akzeptanz, die anhand einer kleinen Stichprobe gewonnen wurden,
dokumentiert werden.
Dazu wird eine Patientengruppe von geschulten Laien-Therapeuten trainiert. Deren
Therapieergebnisse werden den Resultaten einer in klinischen und demographischen
Variablen vergleichbaren Kontrollgruppe, die dieselbe Intervention von erfahrenen
Therapeuten erhält, gegenüber gestellt. Die Verbesserungen der Symptomatik werden
unmittelbar im Anschluss an die Therapie auf Gruppenebene und auf Einzelfallbasis
verglichen.
Abhängige Variable ist der Aachener Aphasie Test (Huber et al. 1983). Daneben wurde mit
den Angehörigen ein freies Interview durchgeführt, um Hinweise auf die Durchführbarkeit
und Akzeptanz der Therapie aus Sicht der Laien-Therapeuten sowie Verbesserungsvorschläge
zu erhalten.
CIAT durch Laientherapeuten 35
4. Hypothesen
H 1: Wir erwarten, dass sich die CIAT im vorliegenden Setting als durch Laien durchführbar
erweist.
H 2: Wir erwarten, im Rahmen der vorliegenden Pilotstudie Hinweise auf notwendige
Rahmenbedingungen sowie potentielle Probleme bei der Durchführbarkeit der CIAT durch
Laientherapeuten zu erhalten.
H 3: Im Vergleich zu den Sprachfähigkeiten vor der Therapie erwarten wir nach der
zweiwöchigen Intensivtherapie signifikante Verbesserungen sprachlicher Leistungen für
beide Behandlungsgruppen im Gruppenmittel und auf Einzelfallbasis.
H 4: Wir erwarten vergleichbare Verbesserungen beider Trainingsgruppen.
CIAT durch Laientherapeuten 36
5. Methoden
5.1 Stichprobe
Insgesamt wurden 22 Patienten nach zerebrovaskulärem Schlaganfall behandelt. Die
Rekrutierung erfolgte über eine Auswahl von Patienten, die sich aufgrund eines Zeitungs-
bzw. Fernsehberichts gemeldet und an der Therapie interessiert gezeigt hatten. Von den
behandelnden Logopäden und Ärzten wurden mit Einverständnis der Patienten Gutachten
erbeten, anhand derer die Auswahl getroffen wurde. Ausschlusskriterien waren Restaphasie
(Alloc-Klassifikation des Aachener Aphasie Test, Huber et al. 1983), visueller Neglect,
schwere Visusminderungen oder Gedächtnisstörungen, sowie globale oder fortschreitende
Hirnfunktionseinschränkungen (z.B. altersbedingte Hirnatrophie, Morbus Alzheimer,
Morbus Parkinson). Auch Patienten mit globaler Aphasie konnten teilnehmen, wenn
expressive Sprachfähigkeiten zumindest ansatzweise vorhanden waren. Während der
Therapie nahmen die Patienten an keinem anderen Rehabilitationsprogramm teil.
Um die Effekte spontaner Erholung zu minimieren, wurden nur Patienten im chronischen
Stadium der Aphasie rekrutiert (Chronizität hier definiert als über sechs Monate nach dem
Schlaganfall).
Die Zuteilung zu einer der beiden Behandlungsgruppen (CIAT Angehörige und CIAT
Kontrollgruppe) fand folgendermaßen statt: Aus einer vorliegenden Liste geeigneter Patienten
wurden aufgrund des Schweregrades jeweils potentielle Trainingsgruppen vorselektiert (je
zwei bis drei Patienten). Die betreffenden Patienten und deren Angehörige wurden kontaktiert
und informiert, dass sie nach dem Zufallsprinzip zwei verschiedenen Behandlungsgruppen
zugeteilt werden. Eine dieser Behandlungsgruppen wird nach einer Einweisungsphase durch
professionelle Therapeuten von den Angehörigen trainiert. Falls pro Behandlungsgruppe
mindestens zwei Angehörige vor Beginn der Randomisierung zustimmten, das Training
durchzuführen, wurde sie in die Randomisierungsphase eingeschlossen. Nach Feststehen von
mindestens zwei Therapiegruppen wurden diese zufällig den Behandlungsbedingungen
zugeteilt.
Die Patienten wurden an den Kliniken Schmieder in Allensbach behandelt.
Die relevanten klinischen und demographischen Variablen aller Patienten sind in Tabelle drei
und vier dargestellt.
CIAT durch Laientherapeuten 37
CIAT durch Laientherapeuten 38
Die Mehrzahl der Patienten hatte eine mittelgradige Aphasie (N = 13). Sieben Patienten
waren leichtgradig betroffen, zwei Patienten litten unter einer schweren Aphasie. In der
Gruppe CIAT Angehörige wiesen acht Patienten eine mittelgradige Aphasie und drei
Patienten eine leichtgradige Aphasie auf. Bei fünf Patienten der CIAT Kontrollgruppe wurde
eine mittelgradige, bei zwei eine schwere und bei vier eine leichte Aphasie diagnostiziert
(Tabelle 4).
Tabelle 4 Zusammenfassung demographischer und klinischer Variablen
CIAT Angehörige (N = 11) CIAT Kontrollgruppe (N = 11)
Geschlecht Weiblich N = 2 Männlich N = 9
Weiblich N = 4 Männlich N = 7
Ätiologie Verschluss N = 10 Blutung N = 1
Verschluss N = 10 Blutung N = 1
Alter (Jahre) Ø 63,6 (±10,1) range: 44-80
Ø 52,9 (±13,2) range: 35-80
Zeit seit Schlaganfall (Monate)
Ø 44,9 (±17,8) range: 23-79
Ø 30,1 (±18,2) range: 6-72
Syndrome Broca N = 4 Wernicke N = 4 Amnestisch N = 2 Global N = 1 Nicht-klassifiziert N = 0
Broca N = 7 Wernicke N = 1 Amnestisch N = 0 Global N = 2 Nicht-klassifiziert N = 1
Die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige waren signifikant älter als die Teilnehmer der
CIAT Kontrollgruppe (F(1,20) = 4.6, p < .05). Bezüglich aller weiteren demographischen und
klinischen Variablen, einschließlich der initialen Schweregradausprägung der Aphasie,
gemessen anhand des Profil-Scores des Aachener Aphasie Test (AAT-Profil vor
Therapiebeginn: F(1,20) = 1.00, p > .3) und der Erkrankungsdauer (F(1,20) = 3.5, p > .07)
unterschieden sich die Behandlungsgruppen nicht.
Eine Patientin wurde zweimal behandelt (Tabelle 3, Patientin 3/15). Zunächst nahm sie im
Rahmen der Kontrollgruppenstudie teil. Anschließend wurde sie sechs Monate nach
Abschluss der ersten Interventionsphase einer Angehörigengruppe zugeteilt. Somit konnte
CIAT durch Laientherapeuten 39
ergänzend im Einzelfall untersucht werden, ob weitere Verbesserungen auch nach einer
wiederholten Intensivtherapie noch möglich sind und ob sich die in der ersten
Interventionsphase erzielten Leistungssteigerungen über einen Zeitraum von sechs Monaten
als stabil erweisen.
5.2 Therapiegruppen
Alle Patienten erhielten über zwei Wochen in Kleingruppen von zwei bzw. drei Patienten
intensives Sprachtraining (drei Stunden pro Tag über zehn Tage). Die Patienten nahmen an
einer der folgenden Behandlungsgruppen teil:
1. CIAT Kontrollgruppe (N = 11): Durchführung der Therapie durch in der CIAT
geschulte Neuropsychologen.
2. CIAT Angehörige (N = 11): Durchführung der Therapie durch Laientherapeuten
(Angehörige der Patienten) nach einer Schulung. Eine begleitende Supervision
fand nach Abschluss jedes Trainingstages statt.
Alle Patienten nahmen bis zum Ende der Therapie teil. Kein Patient brach die Therapie
aufgrund von Motivationsmangel oder Überanstrengung ab2.
5.2.1 CIAT Kontrollgruppe
Patienten der CIAT Kontrollgruppe erhielten die intensive Sprachtherapie wie unter Punkt
3.2.3 beschrieben durch erfahrene Therapeuten der Universität Konstanz.
5.2.2 CIAT Angehörige
Zunächst erhielten Patienten und Angehörige eine etwa zwei Stunden dauernde Schulung.
Allgemeine Informationen über Aphasie, Therapiemöglichkeiten, neueste Erkenntnisse aus
der Forschung bezüglich der Dauer und Intensität von Sprachtherapie, v.a. bei chronischen
Aphasien wurden vermittelt. Patienten und Angehörige wurden ausdrücklich informiert, dass
es bisher bezüglich der Durchführbarkeit einer solchen Therapie durch angelernte Laien noch
keinerlei Erfahrung gibt und dies mit ihrer Teilnahme an der Pilotstudie erstmals untersucht
wird.
2 Bei einem der Patienten der Angehörigengruppen (Patient 4) wurde ergänzend zur CIAT eine Einzeltherapie nach den Prinzipien der PACE durchgeführt (Siehe Einzelfalldiskussion: 5.2.3).
CIAT durch Laientherapeuten 40
Anschließend wurden den Teilnehmern die Grundzüge der CIAT beispielhaft durch einen
erfahrenen Therapeuten demonstriert. Daraufhin erfolgte die Schulung der Angehörigen „on
task“, wobei ein professioneller Therapeut unmittelbare Hilfestellung bei der Durchführung
leistete. Er unterstützte die Angehörigen v.a. dabei, das jeweilige Leistungniveau der
Patienten zu ermitteln und entsprechend die Schwierigkeit der Übungen und der geforderten
verbalen Formulierungen anzupassen.
Der Therapeut zog sich im Laufe der nächsten beiden Tage immer mehr zurück und saß am
Ende des dritten Tages nur noch beobachtend im Raum. Ab dem vierten Tag führte ein
Angehöriger die Therapie selbstständig durch, ein erfahrener Therapeut saß jedoch in einem
benachbarten Raum und war somit bei Fragen und Problemen jederzeit erreichbar. Lediglich
bei der Auswahl der Kartensets wurde v.a. in der ersten Woche noch zu Beginn der Therapie
Hilfestellung gegeben. Am Ende jedes Therapietages fand eine kurze Besprechung statt,
welche Kartensets in der Therapie durchgeführt wurden, welche Schwierigkeiten und
Verbesserungen auftraten. Daneben wurden eventuell auftretende Fragen besprochen.
5.2.3 Besonderheit der Durchführung bei Patient 4
Bei der Einteilung der Patienten zu den Gruppen wurde darauf geachtet, dass sich in jeder
Gruppe Patienten mit ähnlicher Symptomschwere befanden. Da der Großteil der Patienten
von außerhalb kam, war es nicht möglich, diese persönlich kennen zu lernen und bezüglich
ihrer Symptome und damit ihrer Gruppeneignung zu beurteilen. Die Entscheidung erfolgte
somit aufgrund von Gutachten von Logopäden und Ärzten.
Patient vier wurde aufgrund des logopädischen Gutachtens als leichtgradige Aphasie
klassifiziert und entsprechend einer Patientengruppe mit leichteren Aphasien zugeteilt. Vor
Ort zeigte er jedoch deutlich schwerere sprachliche Beeinträchtigungen als aufgrund der
Sprachtestergebnisse zu erwarten war. Damit war er hinsichtlich seiner kommunikativen
Fertigkeiten weitaus schwerer beeinträchtigt als die anderen Teilnehmer. Dadurch ergaben
sich Probleme im Gruppensetting. Zum einen war der Patient selbst überfordert, zum anderen
konnten die übrigen Teilnehmer nicht an ihrem Maximum trainieren, da dieser Patient viel
Zeit und Hilfe des Therapeuten erforderte. Deshalb wurde entschieden, den Patienten für eine
Stunde pro Tag aus der Gruppe auszugliedern. In dieser Zeit erhielt er Einzeltherapie nach
dem PACE-Ansatz (Promoting aphasics' communicative abilities) von Davis (Davis &
Wilcox 1985), die ebenso von einem Angehörigen durchgeführt wurde.
CIAT durch Laientherapeuten 41
Die PACE-Therapie orientiert sich ebenfalls an Prinzipien kommunikativer Aphasietherapie
und beinhaltet verschiedene Sprechakte wie Informieren, Rückversichern und Vermutungen
äußern, die Handlungen in natürlicher Kommunikation ähneln. Diese können in der Therapie
wiederholt geübt werden. Dabei decken Patient und Therapeut abwechselnd Bildkarten auf
und müssen ihrem Gegenüber den Inhalt dieser Karte vermitteln, ohne dass dieser sie sieht.
Der Patient darf und soll dabei alle ihm zur Verfügung stehenden kommunikativen Mittel
ausschöpfen, um zum kommunikativen Ziel (Verstehen durch sein Gegenüber) zu kommen.
Der Therapeut hat die Möglichkeit, durch Raten und Nachfragen zu helfen.
Es handelt sich hierbei um ein pragmatisches Vorgehen, da sonst das Gruppentraining
erschwert worden wäre. Es stellt allerdings nicht die prinzipielle Durchführbarkeit der CIAT
durch Laien in Frage, sondern gibt den Hinweis darauf, dass man ein besonderes Augenmerk
auf die Gruppenzuteilung legen muss. Da die Ergebnisse dieses Patienten nicht das gesamte
Resultat der vorliegenden Studie beeinflusste und er die meiste Therapiezeit in der Gruppe
trainierte (24 von 30 Stunden), wurde er nicht aus der statistischen Analyse ausgeschlossen.
5.3 Abhängige Variablen
5.3.1 Aachener Aphasie Test (AAT)
Alle Patienten wurden unmittelbar vor und nach der Therapie mit dem Aachener Aphasie
Test (AAT, Huber et al. 1983) untersucht.
Der Aachener Aphasie Test (im Folgenden als AAT bezeichnet) ist das Standardverfahren zur
Diagnostik von Aphasien in Deutschland und besteht aus den folgenden fünf Untertests, die
verschiedene sprachliche Modalitäten testen: Token Test (TT), Nachsprechen (NS),
Schriftsprache (SS), Benennen (Be) und Sprachverständnis (SV). Jeder Untertest setzt sich
wiederum aus mehreren Subskalen zusammen, die eine genaue Einschätzung der spezifischen
Defizite erlauben. Die Einteilung der Aphasien erfolgt anhand der vier Standard-Syndrome
(globale, amnestische, Wernicke- und Broca- Aphasie), Nicht-Standard-Syndrome, nicht-
klassifizierbare Aphasien und modalitätsspezifische Sprachstörungen. Der Profil-Score, ein
gewichteter Durchschnitt über alle Untertests, ermöglicht eine quantitative Bewertung des
Schweregrades. Der AAT ist für die wiederholte Anwendung auch innerhalb weniger Tage
geeignet (im Rahmen der Validierung ergaben sich nach zwei Tagen hohe Retest-
Reliabilitäten, siehe Handanweisung AAT, Huber et al. 1983).
CIAT durch Laientherapeuten 42
Die Bewertungskriterien für die Untertests sind in der Handanweisung des AAT mit
Beispielen ausführlich beschrieben. Allgemein stehen hohe Punktzahlen in den Untertests für
geringe sprachliche Einbußen. Nur beim Token Test bedeutet eine hohe Punktzahl eine
stärkere Beeinträchtigung (Fehlerscore). Durch Addieren der einzelnen Itempunktwerte
werden die in den Untertests erhaltenen Rohpunktwerte errechnet. Jedes Item wird auf einer
vierstufigen Skala quantitativ eingestuft. Dabei können null (massive Beeinträchtigung) bis
maximal drei Punkte (keine Störung) gegeben werden. Lediglich beim Token Test wird nach
richtig bzw. falsch beurteilt und die Fehlerpunkte werden gezählt. Für die Transformation der
Rohpunktwerte in Prozentränge und T-Werte stehen Tabellen zur Verfügung.
Das Handbuch des AAT bietet Normen für signifikante individuelle Verbesserungen für die
einzelnen Untertests sowie für die Subskalen der Untertests Nachsprechen, Schriftsprache,
Benennen und Sprachverständnis (kritische Differenzen, Handanweisung AAT).
5.3.2 Freies Interview
Am Ende einzelner Therapietage sowie nach der zweiwöchigen Therapie wurde mit den
Angehörigen ein kurzes freies Interview durchgeführt, um Hinweise auf die Durchführbarkeit
und Akzeptanz der Therapie aus Sicht der Laien-Therapeuten sowie Verbesserungsvorschläge
zu erhalten.
5.4 Statistische Analyse
Für die statistische Analyse der Daten wurde das Programm JMP 4.0 (SAS-Institute Inc. 1998
– 2000) verwendet.
Zunächst wurden mögliche Unterschiede in demographischen und klinischen Variablen
zwischen den Behandlungsgruppen zum Zeitpunkt der ersten Testung geprüft. Unterschiede
hinsichtlich kontinuierlicher Variablen wurden dabei anhand univariater Varianzanalysen,
Unterschiede hinsichtlich kategorialer Variablen anhand von χ2 – Tests ermittelt.
Verbesserungen der sprachlichen Leistungen zwischen den Behandlungsgruppen im Rahmen
der Therapie wurden anhand von Varianzanalysen mit Messwiederholung evaluiert.
Verbesserungen der sprachlichen Leistungen nach Therapieende innerhalb der
Therapiegruppen wurden für alle Untertests des AAT und den Profil-Score, als Maß für die
globale Aphasieschwere, anhand von T-Tests evaluiert (einseitige Testung). Alle
Berechnungen wurden anhand t-transformierter Rohwerte durchgeführt. Bei
CIAT durch Laientherapeuten 43
unterschiedlichen Ausgangswerten kann es allerdings bei der Analyse von T-Werten zu einer
Überschätzung von Veränderungen zugunsten der Gruppe mit den höheren Anfangswerten
kommen3. Um mögliche Verzerrungen der Ergebnisse zu kontrollieren, wurde die
Gruppenanalyse der AAT-Ergebnisse nicht nur anhand von T-Werten, sondern auch anhand
von Rohwerten durchgeführt. Die Resultate der T-Wert – Ergebnisse konnten bestätigt
werden.
Die Einzelfallsignifikanzen entsprechen kritischen Differenzen für Untertests und Subskalen
(nach AAT-Handanweisung, Signifikanzniveau α = 0,10, Huber et al. 1983).
Es wurde eine direktionale (einseitige) Hypothesentestung angewendet, da lediglich Patienten
mit chronischer Aphasie, bei denen mit stabiler Symptomatik zu rechnen ist, behandelt
wurden. Daher waren Verschlechterungen der Symptomatik im Rahmen des
Therapieintervalls nicht zu erwarten.
3 Bei einer Normalverteilung sind die Werte in den Randbereichen weniger dicht verteilt. Bei sehr schwer oder nur leicht beeinträchtigten Patienten kann es daher durch die Transformation der Rohpunktwerte in T-Werte zu einer Überschätzung der Veränderung kommen.
CIAT durch Laientherapeuten 44
6. Ergebnisse
6.1 Einzelfallsignifikanzen AAT
Insgesamt wurden 22 Patienten (CIAT Kontrollgruppe, N = 11, CIAT Angehörige N = 11)
untersucht.
Die Einzelfallanalyse ergab bei einseitiger Testung signifikante Verbesserungen in
mindestens einem Untertest des AAT nach Therapieende bei sieben von elf Patienten der
Gruppe CIAT Angehörige. Bei weiteren drei Patienten konnten überzufällige
Leistungssteigerungen in mindestens einer Subskala des AAT nachgewiesen werden. In der
Kontrollgruppe verbesserten sich acht von elf Patienten signifikant in mindestens einem
Untertest des AAT, bei drei weiteren Patienten ergaben sich überzufällige
Leistungssteigerungen in mindestens einer Subskala. Lediglich ein Patient in der Gruppe
CIAT Angehörige erreichte weder in einem Untertest noch in einer Subskala eine
Signifikanz. Die Behandlungsgruppen unterschieden sich nach Therapieende nicht signifikant
bezüglich der Verbesserungen im Einzelfall (Anzahl der Patienten mit mindestens einer
Verbesserung in einem Untertest oder einer Subskala) zwischen den Gruppen (χ2(2,18) =
1.45; p > .48, Tabelle 5). Signifikante Verbesserungen im AAT-Profilscore, als Maß für eine
allgemeine Verringerung des Schweregrads der Aphasie traten bei neun von elf Patienten der
Gruppe CIAT Angehörige sowie bei allen elf Patienten der Kontrollgruppe auf.
Tabelle 5 Anzahl von Patienten mit signifikanter Verbesserung in mindestens einem
Untertest oder mindestens einer Subskala des AAT (N = Anzahl der Patienten)
Mindestens ein Untertest
Mindestens eine Subskala
Keine Verbesserungen Gesamt
CIAT Ang. N = 7 N = 3 N = 1 NAng. = 11
CIAT Kon. N = 8 N = 3 N = 0 NKon. = 11
Gesamt Nsubtest = 15 Nsubscala = 6 Nkeine Verb. = 1 NGesamt = 22
Insgesamt verbesserten sich die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige in zehn Untertests
und 17 Subskalen, die der Kontrollgruppe in zwölf Untertests und elf Subskalen (Tabelle 6).
Die Gesamtzahl verbesserter Untertests und Subskalen war ebenfalls vergleichbar zwischen
den Behandlungsgruppen (χ2(2,18) = 0.54; p > .4).
CIAT durch Laientherapeuten 45
Tabelle 6 Gesamtzahl der Untertests bzw. Subskalen des AAT, in denen nach der Therapie
Verbesserungen auftraten (N = Anzahl der Untertests bzw. Subskalen)
Untertest Subskala
CIAT Ang. N = 10 N = 17
CIAT Kon. N = 12 N = 11
Gesamt Nsubtest = 22 Nsubscala = 28
Die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige verbesserten sich überzufällig in den Untertests
Token Test, Schriftsprache und Benennen sowie in den Subskalen der Untertests
Nachsprechen, Benennen und Sprachverständnis. Bei den Patienten der Kontrollgruppe
zeigten sich signifikante Leistungssteigerungen in allen Untertests (Tabelle 7).
Tabelle 7 Anzahl der Patienten mit Verbesserungen in den einzelnen Untertests bzw.
Subskalen des AAT (N = Patienten)
Signifikanz in AAT Untertest
Signifikanz in AAT Subskala
CIAT Ang. CIAT Kon. CIAT Ang. CIAT Kon.. Token Test N = 4 N = 4 ––– ––– Nachsprechen N = 0 N = 3 N = 8 N = 3 Schriftsprache N = 2 N = 2 N = 0 N = 2 Benennen N = 4 N = 2 N = 3 N = 4 Sprachverständnis N = 0 N = 1 N = 6 N = 2
Die Leistungen im AAT (T-Werte) sowie die Einzelfallsignifikanzen aller Patienten im AAT
nach Therapieende sind in Tabelle acht dargestellt. Die Einzelfalldaten (Rohwerte des AAT)
aller Patienten finden sich im Anhang.
Bei Patientin 3 und 15, die zweimal behandelt wurde, konnten auch nach der wiederholten
Intensivtherapie weitere signifikante Verbesserungen nachgewiesen werden. Die in der ersten
Therapie erzielten Leistungssteigerungen erwiesen sich als stabil.
CIAT durch Laientherapeuten 46
CIAT durch Laientherapeuten 47
6.2 Gruppenvergleich AAT Die Patienten der Gruppe CIAT Angehörige waren signifikant älter als die der CIAT
Kontrollgruppe (F(1,20) = 4.6, p < .05). Dieser Altersunterschied wurde jedoch nicht in die
statistische Analyse als Kovariate einbezogen, da individuelle Verbesserungen durch
Therapie nicht mit dem Alter der Patienten korreliert sind (Meinzer et al. 2005).
Der Profilscore des AATs war bei Therapiebeginn zwischen den Gruppen vergleichbar
(Profilcore: F(1,20) = 1.00, p > .3). Die signifikante Verbesserung im AAT Profil-Score
beider Gruppen unmittelbar im Anschluss an die Therapie weist auf eine reduzierte
Aphasieschwere der Patienten nach der Intervention hin (Zeit: F (1,20) = 64,8, p < .0001;
Gruppe CIAT Ang.: t(10) = 5.13, p < .001; Gruppe CIAT Kon.: t(10) = 7.25, p < .0001,
einseitige t-Tests) (Abbildung 3). Die Behandlungsgruppen unterschieden sich nicht im
Ausmaß der Verbesserungen nach der Therapie (Interaktion Zeit*Gruppe: F(1,20) = 0.76,
p > .3).
Abbildung 3 Durchschnittliche Veränderung der Profilscores des AAT im Rahmen der
Therapie für beide Behandlungsgruppen
47
49
51
53
55
57
prä post
AAT-Profil
T-W
erte CIAT Ang.
CIAT Kon.
Die Behandlungsgruppen unterschieden sich zu Beginn der Therapie in den T-Werten in
keinem der Untertests des Aachener Aphasie Tests (F(1,20) = 0.04 - 4.28, p > .05 für alle
Untertests).
CIAT durch Laientherapeuten 48
Für beide Gruppen konnten im Rahmen der Therapie signifikante Verbesserungen in allen
Untertests des Aachener Aphasie Test nachgewiesen werden (Zeit: F (1,20) = 13.08 – 38.76,
p < .002 für alle Untertests; Gruppe CIAT Ang.: t(10) = 2.53 – 5.13, p < .02 für alle
Untertests; Gruppe CIAT Kon.: t(10) = 1.99 – 7.25, p < .05 für alle Untertests; einseitige t-
Tests) (Abbildung 4, Tabelle 9). Diese Verbesserungen waren für alle Untertests des AAT
zwischen den Behandlungsgruppen vergleichbar (Interaktion Zeit*Gruppe: F(1,20) = 0.07 –
1.93, p > .1 für alle Untertests, Tabelle 10).
Abbildung 4 Signifikante Verbesserungen im Rahmen der Therapie in den Untertests des
AAT für beide Behandlungsgruppen
CIAT Ang.
47
49
51
53
55
57
59
prä post
Untertests
T-W
erte
TTNSSSBeSV
CIAT Kon.
47
49
51
53
55
57
59
61
prä post
Untertests
T-W
erte
TTNSSSBeSV
CIAT durch Laientherapeuten 49
Tabelle 9 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie innerhalb der
Behandlungsgruppen (T-Werte, einseitige Testung)
CIAT Ang. CIAT Kon.
Profilscore t(10) = 5.13, p < .001 t(10) = 7.25, p < .0001
Token Test t(10) = 3.89, p < .01 t(10) = 2.69, p < .02
Nachsprechen t(10) = 4.89, p < .001 t(10) = 3.93, p < .01
Schriftsprache t(10) = 3.01, p < .01 t(10) = 1.99, p < .05
Benennen t(10) = 2.53, p < .02 t(10) = 2.90, p < .01
Sprachverständnis t(10) = 3.73, p < .01 t(10) = 2.82, p < .01
Tabelle 10 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen der
Therapie (T-Werte, einseitige Testung)
Profilscore Token Test
Nach- Sprechen
Schrift- sprache
Benennen Sprach-
verständis
Haupteffekt Zeit
F (1,20) = 64.8,
p < .0001
F(1,20) = 18.56
p < .001
F(1,20) = 38.76
p < .0001
F(1,20) = 13.08
p < .002
F(1,20) = 13,96
p < .002
F(1,20) = 20,92
p < .001
Interaktion Zeit*Gruppe
F(1,20) =
0.76, p > .3
F(1,20) =
0.10 p > .7
F(1,20) =
0.27 p > .6
F(1,20) =
1.93 p > .1
F(1,20) =
0.20 p > .6
F(1,20) =
0.07 p > .7
Um eine potentielle Überschätzung der Verbesserungen aufgrund der Transformation von
Roh- in T-Werte zu kontrollieren (siehe Methoden), wurden die vorherigen Analysen auch
anhand der Rohwertveränderungen durchgeführt. Die oben genannten Ergebnisse konnten
bestätigt werden. Die Behandlungsgruppen unterschieden sich hinsichtlich der mittleren
Rohwertpunkte zu Beginn der Therapie nicht signifikant voneinander. Für beide
Behandlungsgruppen ergaben sich im Aachener Aphasie Test auch anhand der Rohwerte
signifikante Verbesserungen nach der Therapie. Diese Veränderungen waren zwischen den
Gruppen vergleichbar (Tabelle 11 und 12).
CIAT durch Laientherapeuten 50
Tabelle 11 Verbesserungen in den Untertests des AAT im Rahmen der Therapie innerhalb
der Behandlungsgruppen (Rohwerte, einseitige Testung)
CIAT Ang. CIAT Kon.
Token Test t(10) = -3.45, p < .01 t(10) = -2.74, p < .03
Nachsprechen t(10) = 7.6, p < .0001 t(10) = 3.26, p < .01
Schriftsprache t(10) = 4.6, p < .001 t(10) = 2.46, p < .02
Benennen t(10) = 3.05, p < .01 t(10) = 4.30, p < .001
Sprachverständnis t(10) = 3.78, p < .01 t(10) = 1.95, p < .04
Tabelle 12 Haupteffekte und Interaktionen in den Untertests des AAT im Rahmen der
Therapie (Rohwerte, einseitige Testung)
Token Test Nach-
sprechen Schrift- sprache
Benennen Sprach-
verständis
Haupteffekt Zeit
F(1,20)=18.25 p < .001
F(1,20)=34.69 p < .0001
F(1,20)=20.64 p < .001
F(1,20)=24,55 p < .0001
F(1,20)=12,55 p < .003
Interaktion
Zeit*Gruppe
F(1,20)=.008
p > .9
F(1,20)=.03
p > .8
F(1,20)=.13
p > .7
F(1,20)=.01
p > .9
F(1,20)=.01
p > .9
6.3 Freies Interview
Alle Angehörigen waren von der leichten Durchführbarkeit der CIAT positiv überrascht und
trauten sich bereits nach einem Tag zu, die Therapie alleine durchzuführen. Kein Angehöriger
fühlte sich überfordert oder alleine gelassen. Dennoch wurde die Erreichbarkeit eines
erfahrenen Therapeuten, der im Nebenzimmer saß und immer ansprechbar war sowie die
Besprechungen vor und nach der Therapie als positiv bewertet. Ebenso sahen Patienten wie
Angehörigen es als vorteilhaft an, dass in jeder Gruppe nicht nur ein Angehöriger, sondern
abwechselnd zwei oder drei als Laien-Therapeuten tätig waren. Alle Angehörigen beurteilten
die CIAT als eine gut von Laien durchführbare Sprachtherapie. Sowohl Patienten als auch
deren Angehörige berichteten während der Therapie über Erfolge und subjektive
CIAT durch Laientherapeuten 51
Verbesserungen, und bewerteten die CIAT positiv. Auch die Dauer (drei Stunden pro Tag
über zehn Tage) wurde nicht als belastend empfunden. Alle Patienten verblieben bis zum
Ende in der Therapie, bei Patienten und Angehörigen konnten hohe Compliance und
Vertrauen festgestellt werden.
Die Angehörigen fühlten sich in ihrer Rolle als Therapeut durchweg wohl und äußerten sich
sehr positiv darüber, dass sie in die Therapie miteinbezogen wurden und aktiv ihre
aphasischen Angehörigen unterstützen konnten. Viele gaben an, auch zuhause weiterhin
Aspekte der Therapie umsetzen zu wollen und äußerten sich sehr positiv über die Idee einer
Umsetzung von Laientherapie in Selbsthilfegruppen in der Zukunft.
CIAT durch Laientherapeuten 52
7. Diskussion Ziel der vorliegenden Pilotstudie bestand in der Untersuchung der Durchführbarkeit und
Effizienz der Constraint-Induced Aphasia Therapy durch geschulte Laien-Therapeuten. Dies
wurde im Rahmen einer randomisierten Pilotstudie umgesetzt. Insgesamt wurden 22
Patienten zufällig zwei Behandlungsgruppen zugeteilt, wobei beide Gruppen nach den
gleichen therapeutischen Prinzipien behandelt wurden, das Training jedoch entweder durch
erfahrene Therapeuten oder durch geschulte Laientherapeuten umgesetzt wurde.
7.1 Wirksamkeit der Constraint-Induced Aphasia Therapy
Die Wirksamkeit der CIAT konnte im Rahmen der vorliegenden Untersuchung repliziert
werden. Signifikante Verbesserungen sprachlicher Leistungen konnten für beide
Behandlungsgruppen im Rahmen der zweiwöchigen Intensivtherapie sowohl auf
Gruppenebene als auch im Rahmen der Einzelfallanalyse in einem standardisierten Sprachtest
nachgewiesen werden. Dies repliziert die Befunde früherer Studien (Pulvermüller et al. 2001,
Meinzer et al. 2005, Barthel 2005), die ebenfalls im Rahmen kurzer Interventionszyklen
signifikante Verbesserungen der Symptomatik nachweisen konnten. Die besondere
Bedeutsamkeit der erzielten Verbesserungen ergibt sich v.a. aus der Tatsache, dass neben den
signifikanten Verbesserungen der Gesamtgruppe bei insgesamt 21 von 22 Patienten auch im
Rahmen der Einzelfallanalyse überzufällige sprachliche Leistungssteigerungen gezeigt
werden konnten. Die Verbesserungen konnten in allen Untertests des Aachener Aphasie
Tests, d.h. in den verschiedenen sprachlichen Modalitäten nachgewiesen werden. Zudem
verbesserten sich 20 von 22 Patienten signifikant im AAT-Profilscore, was auf eine reduzierte
Aphasieschwere nach der Therapie hinweist.
Die dritte Hypothese, nach der eine signifikante Zunahme der Sprachfähigkeiten nach der
Therapie für beide Behandlungsgruppen im Gruppenmittel und auf Einzelfallbasis erwartet
wurde, kann somit bestätigt werden.
Verbesserungen im Rahmen der CIAT konnten bei einer großen Spannweite aphasischer
Syndrome nachgewiesen werden. Dies deckt sich mit früheren Befunden zur CIAT (Meinzer
et al. 2005, Meinzer et al. zur Publikation eingereicht). Die CIAT scheint auch für sprachlich
schwer beeinträchtigte Patienten geeignet zu sein, sofern expressive Sprachfertigkeiten
zumindest ansatzweise vorhanden sind.
CIAT durch Laientherapeuten 53
Zum ersten Mal wurde im Rahmen der vorliegenden Studie eine Patientin (3/15) wiederholt
mit CIAT behandelt. Zu beiden Untersuchungszeitpunkten konnten signifikante
Leistungssteigerungen nachgewiesen werden. Auch bei Wiederholung des zweiwöchigen
Intensivtrainings traten weitere Verbesserungen der Symptomatik auf. Zudem erwiesen sich
die Verbesserungen im Anschluss an die erste Interventionsphase über den Zeitraum von
sechs Monaten als stabil. Dies repliziert im Einzelfall die Ergebnisse einer früheren Studie
(Meinzer et al. 2005), in der im Rahmen einer 6-Monats-Katamnese über die Gesamtgruppe
von 27 Patienten sowie im Einzelfall die Stabilität der durch CIAT erzielten Verbesserungen
nachgewiesen werden konnten.
In den bisherigen Studien zur Wirksamkeit der CIAT (Pulvermüller et al. 2001, Meinzer et al.
2005) wurde nicht untersucht, welcher Aspekt des Trainings (Intensität, shaping, constraints,
hohe Alltagsrelevanz der Übungen, Gruppensetting) zur unmittelbaren Wirksamkeit beiträgt.
Dies stellt jedoch einen wichtigen Gesichtspunkt dar, insbesondere aufgrund der Tatsache,
dass CIAT bei einem breiten Patientenspektrum zu Verbesserungen der Symptomatik führt.
Als eine der entscheidenden Komponenten gilt die Behandlungsintensität. In einer aktuellen
Studie (Barthel 2005) wurde dies hinsichtlich eines Vergleichs von CIAT mit hochintensiver
konventioneller Sprachtherapie, die im Anschluss an eine modellorientierte Diagnostik (in
Anlehnung an das Logogen-Modell von Nickels 2000) umgesetzt wurde, überprüft. Im
Gegensatz zur ersten Wirksamkeitsstudie (Pulvermüller et al. 2001), die ebenfalls
konventionelle Aphasietherapie und CIAT, allerdings in unterschiedlicher Intensität
vergleicht, konnten beim Vergleich beider Interventionsgruppen in der Studie von Barthel
(2005) keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen im AAT
unmittelbar nach Therapieende und im Rahmen einer 6-Monats-Katamnese nachgewiesen
werden, was auf die Bedeutung hoher Behandlungsintensität bei chronischer Aphasie
hinweist. Interessanterweise führte die individualisierte, an der individuellen Symptomatik
orientierte logopädische Behandlung, die aufgrund des Einzelsettings (Netto-Therapiezeit)
potentiell eine intensivere Betreuung ermöglicht nicht zu einer deutlicheren Verbesserung der
Symptomatik als im Rahmen des Gruppensettings der CIAT. Unter Umständen spielt damit
ein weiterer CIAT-Faktor (z.B. „constraints“) eine entscheidende Rolle für den
Therapieerfolg.
In der Studie von Pulvermüller et al. (2001) unterschieden sich die Interventionen
(konventionelle Logopädie versus CIAT) nicht nur hinsichtlich der dargebotenen Intensität,
sondern auch bezüglich der Verhaltensrelevanz der Übungen sowie des erzwungenen
CIAT durch Laientherapeuten 54
Gebrauchs verbal expressiver Sprache („constraint“). In einer aktuellen Studie von Maher et
al. (2006) wurde speziell dieser Einfluss der Unterbindung non-verbaler
Kommunikationsstrategien („constraint“) untersucht. Hierzu wurden neun Patienten entweder
nach Prinzipien der PACE trainiert oder mittels einer Modifikation der CIAT (Constraint-
Induced Language Therapy, CILT). In dieser Gruppe war nur verbal expressive Sprache
erlaubt. Jegliche alternative Kommunikationsform wie Schreiben oder Gestikulieren wurde
unterbunden. Patienten der PACE-Gruppe war Kommunikation jeglicher Modalitäten erlaubt.
Beide Trainingsgruppen erhielten über einen Zeitraum von zwei Wochen an acht Tagen drei
Stunden täglich Sprachtherapie. Bei Patienten beider Gruppen konnten signifikante
Verbesserungen der sprachlichen Leistungen nachgewiesen werden. Zwischen den Gruppen
ergaben sich keine signifikanten Unterschiede, wobei in der CILT Gruppe stabilere
Verbesserungen festgestellt wurden. Allerdings ist die Aussagekraft dieser Studie durch
einige methodische Mängel (z.B. kleine Stichprobengröße, keine randomisierte Zuteilung der
Patienten zu den Gruppen) eingeschränkt. Dennoch deutet diese Studie darauf hin, dass die
Intensität der Intervention für den Therapieerfolg zwar wichtig, jedoch vermutlich nicht der
einzige ausschlaggebende Faktor ist, sondern u.U. auch die Unterbindung non-verbaler
Kommunikationsstrategien („constraint“) entscheidend ist. Dies könnte die geringfügig
bessere Leistung der CILT-Gruppe erklären.
Eine alternative Erklärung für den Therapieerfolg der CIAT im Sinne einer Generalisierung
der Therapieeffekte auf eine bessere Benennleistung im Alltag ergibt sich aus dem Gebrauch
semantischer (z.B. Nennen von Eigenschaften des gesuchten Objekts) und phonologischer
Hinweisreize (z.B. Anfangsbuchstabe oder ähnlich klingendes Wort vorsagen) in der
Therapie. Patienten werden in der CIAT ermutigt, selbst solche „cues“ als Hilfe (z.B.
Umschreiben des gesuchten Wortes, übergeordnete Kategorien nennen) zu verwenden, um
das Benennen zu erleichtern. Damit könnten lexikalische semantische Repräsentationen
verbessert sowie der Abruf im Allgemeinen erleichtert werden.
Zusammenfassend kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine definitive Aussage
getroffen werden, welcher CIAT-Faktor entscheidend zum Therapieerfolg beiträgt. Dies
verdeutlicht die Notwendigkeit weiterer Studien, um zu klären, welche Faktoren essentiell für
den therapeutischen Erfolg der CIAT (und anderer Interventionsparadigmen) sind. Die
vorliegende Studie repliziert jedoch allgemein die Wirksamkeit der CIAT.
CIAT durch Laientherapeuten 55
7.2 Umsetzbarkeit der CIAT durch Laientherapeuten
Obwohl bisherige Studien zur Umsetzbarkeit therapeutischer Ansätze durch Laien auf die
generelle Wirksamkeit hinweisen (z.B. Meikle et al. 1979, Wertz et al. 1986, David et al.
1989, Worral & Yiu 2000), ist die Aussagekraft dieser Studien aufgrund methodischer
Mängel wie geringe Stichprobengrößen (Lesser et al. 1986, Worral & Yiu 2000), hohe drop-
out-Raten (Worral & Yiu 2000, David et al. 1989) sowie fehlende Randomisierung der
Patienten zu den Gruppen (Worral & Yiu 2000) eingeschränkt.
Andere Ansätze zielen auf eine allgemeine Informationsvermittlung ab, untersuchen jedoch
nicht eine spezifische Umsetzung therapeutischer Module durch Laien (z.B. Kagan 1998,
Borenstein et al. 1987, Lyon et al. 1997, Booth & Swabey 1999, Hinckley & Packard 2001
sowie Rayner & Marshall 2003). Generelles Ziel dieser Ansätze stellt nicht primär eine
Verbesserung der aphasischen Symptomatik dar, sondern des generellen Befindens bzw. eine
Verringerung der psychosozialen Konsequenzen der Aphasie.
Ziel der vorliegenden Untersuchung war, die Umsetzbarkeit der CIAT durch
Laientherapeuten im Rahmen einer randomisierten und kontrollierten Untersuchung zu
evaluieren sowie Hinweise auf Probleme zu erhalten, die dabei entstehen können.
7.2.1 Wirksamkeit der Laientherapie
Für beide Therapiegruppen ergaben sich vergleichbare Verbesserungen der sprachlichen
Leistungen in einem standardisierten Sprachtest. Sie unterschieden sich nicht signifikant
hinsichtlich des Ausmaßes der Verbesserungen, weder bezüglich der Verbesserungen im
Einzelfall noch auf Gruppenebene. Insbesondere im Rahmen der Angehörigen-
Trainingsgruppe konnten ebenfalls deutliche und im Einzelfall signifikante Verbesserungen
sprachlicher Leistungen nachgewiesen werden. Dies ist besonders beachtlich, da sich die
Patienten der Angehörigen-Gruppe aufgrund der Randomisierung durch ein signifikant
höheres Lebensalter und eine tendenziell längere Erkrankungsdauer auszeichneten. Die
Ergebnisse weisen auf die Effektivität der CIAT hin, auch wenn diese durch geschulte
Laientherapeuten durchgeführt wird. Dies repliziert die Resultate anderer Studien, dass für
Therapieerfolg v.a. die Intensität des Trainings entscheidend ist (z.B. Pulvermüller 2001,
Boghal 2003, Meinzer et al. 2005, Barthel et al. 2005). Die vergleichbare Wirksamkeit weist
darauf hin, dass die CIAT nach kurzer Einweisung auch durch Laien umgesetzt werden kann.
Die vierte Hypothese, aufgrund derer vergleichbare Verbesserungen beider Trainingsgruppen
erwartet wurden, wurde somit bestätigt.
CIAT durch Laientherapeuten 56
Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit anderen Studien, die ebenfalls die Effektivität von
Sprachtherapie durch Laien-Therapeuten nachweisen konnten (Meikle et al. 1979, Wertz et
al. 1986, David et al. 1989, Worral & Yiu 2000).
Geschulte Angehörige konnten somit unter Supervision die CIAT mit vergleichbarer
Effektivität durchführen wie erfahrene Therapeuten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass
Logopäden durch Freiwillige ersetzt werden können. Für deren Schulung und Betreuung, für
die Auswahl der Patienten sowie die Evaluation ihrer Sprachfertigkeiten anhand von
Sprachtests sind professionelle Therapeuten unerlässlich. Laien-Therapie kann eine
ergänzende Alternative für Patienten sein, die aufgrund eingeschränkter Ressourcen
(Verfügbarkeit von Logopäden, finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems) zu wenig
oder keine Therapie erhalten. In diesen Fällen könnten Logopäden eine adäquate Diagnose
stellen, einen Behandlungsplan ausarbeiten, Therapiematerialien zur Verfügung stellen,
Freiwillige schulen und betreuen sowie Fortschritte der Patienten überwachen. Damit könnte
der Widerspruch der Forderung notweniger intensiver Therapie auf der einen Seite, der
jedoch eingeschränkten Ressourcen im Gesundheitssystem auf der anderen Seite durch das
Zurückgreifen auf trainierte Laien-Therapeuten gelöst werden und der momentane Zustand
(allgemein zu wenig Sprachtherapie) behoben werden.
Es wird vermutet, dass v.a. das interaktive und kommunikative Training innerhalb eines
strukturierten Settings gut für eine Durchführung durch Laientherapeuten geeignet ist. Die
CIAT erwies sich vermutlich aufgrund dieser spezifischen Kennzeichen als im Laienkontext
umsetzbar und auch durch Laientherapeuten gut durchführbare Sprachtherapie. Auch der
Supervisionsaufwand war akzeptabel.
Andere Therapieverfahren eignen sich allerdings u.U. weniger gut für eine durch Laien
durchgeführte Therapie. Bei der CIAT handelt es sich um eine Sprachtherapie mit klar
definierten Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen (z.B. durch Lob
soziale Verstärkung bestimmter erwünschter kommunikativer Handlungen). Dadurch konnten
auch unerfahrene Laien innerhalb kurzer Zeit in der Durchführung geschult werden.
CIAT durch Laientherapeuten 57
Als Testverfahren wurde der Aachener Aphasie Test (AAT, Huber 1983) verwendet. Er
eignet sich zur wiederholten Testung innerhalb weniger Tage (im Rahmen der Validierung
des AAT wurden hohe Retest-Reliabilitäten bei Testungen im Abstand von zwei Tagen
erreicht, siehe Handanweisung AAT, Huber et al. 1983). Da die Grenzen der
Konfidenzintervalle sehr konservativ gewählt sind, kann davon ausgegangen werden, dass die
erzielten Verbesserungen als Therapieeffekt angesehen werden können. In einer aktuellen
Studie von Barthel et al. (2006) konnte zudem die Stabilität der Ermittlung von
Sprachleistungen über wiederholte Baseline-Messungen belegt werden. Die sprachlichen
Fähigkeiten waren über einen Zeitraum von zwei Tagen vergleichbar.
In der vorliegenden Studie wurden keine multiplen Voruntersuchungen zur Sicherung der
Stabilität der Symptomatik vorgenommen. Allerdings nahmen nur Patienten im chronischen
Stadium der Aphasie teil, in dem entscheidende Veränderungen der Symptome innerhalb
kurzer Zeiträume ohne Therapie nicht mehr zu erwarten sind (Robey 1998). Dies wird auch
durch eine Studie von Barthel et al. (2006) belegt, in der hohe Korrelationen zwischen zwei
Vormessungen bei der Analyse von Spontansprache nachgewiesen wurden. Dies weist darauf
hin, dass Spontansprache im Rahmen zweier Vortestungen im Abstand von zwei Tagen stabil
ist.
Auch auf Nachuntersuchungen zur Sicherung der Stabilität der erzielten Verbesserungen
wurde verzichtet. Die Studie von Meinzer et al. (2005) liefert einen Hinweis zur Stabilität
erreichter Leistungssteigerungen. Dabei wurden 27 mit CIAT trainierte Patienten nach sechs
Monaten erneut untersucht. Die während der Therapie erzielten Verbesserungen erwiesen
sich auf Gruppenebene sowie im Einzelfall als stabil. Dies konnte in der vorliegenden Studie
im Einzelfall bestätigt werden. Eine Patientin nahm wiederholt teil. Ihre sprachlichen
Verbesserungen im Rahmen der ersten Interventionsphase erwiesen sich über den Zeitraum
von sechs Monaten bei Beginn der zweiten Therapie als stabil.
Ein Verfahren zur Überprüfung der Generalisierung der Therapieeffekte in den Alltag im
Sinne einer verbesserten Alltagskommunikation wurde aufgrund des Pilotcharakters der
Studie nicht durchgeführt. Die Studie von Meinzer et al. (2005) weist jedoch auf eine
Zunahme kommunikativer Aktivität im Alltag hin.
7.2.2 Akzeptanz der Laientherapie
Die Akzeptanz der CIAT war groß, kein Patient brach das Training wegen
Motivationsmangel oder Überanstrengung aufgrund der hohen Intensität ab. Das massierte
Darbieten der Therapie scheint kein Nachteil zu sein. Die Angehörigen waren von der
CIAT durch Laientherapeuten 58
leichten Durchführbarkeit der CIAT positiv überrascht, sie fühlten sich weder überfordert
noch alleine gelassen. Trotz fehlender Vorerfahrung im Umgang mit CIAT zeigten die
Angehörigen hohes Selbstvertrauen in ihrer Rolle als Therapeut. Keiner gab Probleme beim
Anpassen des Schwierigkeitsgrades der Sprachübungen an das jeweilige Leistungsniveau der
Patienten an. Allen gefiel die Teilnahme an der Studie und sie arbeiteten motiviert mit.
Die erste Hypothese, nach der die Durchführbarkeit der CIAT durch Laien erwartet wurde,
kann damit bestätigt werden.
Die ständige Erreichbarkeit eines erfahrenen Therapeuten im Nebenzimmer sowie die
Besprechungen vor und nach der Therapie und die tägliche Supervision nach Beendigung des
Trainings wurden jedoch als sinnvoll und notwenig erachtet. Der Therapeut war zwar
während des Trainings nicht im selben Raum anwesend, die Angehörigen hatten jedoch die
Sicherheit, dass bei Problemen Hilfe verfügbar war. Die Patienten zeigten eine hohe
Akzeptanz der Laien-Therapeuten, auch zwischen Angehörigen traten keine sozialen oder
Rollenkonflikte auf.
Nur bei einem Patienten traten während der zweiwöchigen Therapie Probleme auf. Er zeigte
deutlich schwerere sprachliche Beeinträchtigungen als aufgrund der Sprachtestergebnisse zu
erwarten war. Um die sich ergebenden Probleme im Gruppensetting (Patient selbst
überfordert, die übrigen Teilnehmer können nicht an ihrem Maximum trainieren) zu lösen,
erhielt er eine Stunde pro Tag Einzeltherapie nach dem PACE-Ansatz (Promoting aphasics'
communicative abilities) von Davis (Davis & Wilcox 1985), die ebenfalls von einem
Angehörigen durchgeführt wurde. Dies schränkt jedoch nicht generell die Umsetzbarkeit der
CIAT durch Laientherapeuten ein. Es weist darauf hin, dass bei der Umsetzung im
Laienkontext besonders auf die Gruppeneinteilung bzw. die Eignung der einzelnen Patienten
im Sinne des Schwergrads ihrer Aphasie geachtet werden muss.
Die Angehörigen äußerten sich positiv darüber, dass sie in die Therapie miteinbezogen
wurden und aktiv ihre aphasischen Familienmitglieder unterstützen konnten. Das
Rehabilitationspotential von Angehörigen ist nicht zu unterschätzen. Da sie die meiste Zeit
mit den Patienten verbringen, können sie, wenn sie in den Rehabilitationsprozess
miteinbezogen werden, aktiv die Erholung der Funktionsbeeinträchtigungen der Patienten
unterstützen. Durch ihr erworbenes Wissen und die Übung können sie auch nach Abschluss
des Intensivtrainings weiterhin Aspekte der Therapie umsetzen, in den Alltag integrieren und
so die Sprachfähigkeiten der Patienten weiterhin fördern und unterstützen. Vor allem kann so
CIAT durch Laientherapeuten 59
verhindert werden, dass die Angehörigen die Kommunikation für die Patienten übernehmen,
was eine weitergehende Verbesserung der Sprachfunktionen der Patienten verhindert.
Dennoch kann dies logopädische Behandlungen durch ausgebildete Sprachtherapeuten nicht
ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Auch sollte das mögliche Konfliktpotential beim
Auftreten der eigenen Angehörigen als Therapeuten nicht unterschätzt werden. In der
vorliegenden Studie traten keine sozialen oder Rollenkonflikte auf. Das Risiko derartiger
Spannungen wurde in dieser Untersuchung u.U. durch die Tatsache, dass sich pro Gruppe
zwei oder drei Angehörige als Therapeuten abwechselten, minimiert. Dennoch sollte in
weiteren Studien, die sich mit Sprachtherapie im Laienkontext befassen, das potentielle
Risiko interindividueller Konflikte zwischen Patienten und Angehörigen bedacht werden.
Unter Umständen eignen sich unbekannte freiwillige Helfer besser als Laien-Therapeuten.
Die zweite Hypothese, nach der diese Studie Hinweise auf notwendige Rahmenbedingungen
sowie potentielle Probleme bei der Durchführbarkeit der CIAT durch Laientherapeuten gibt,
kann ebenfalls bestätigt werden.
In der vorliegenden Studie wurde erstmals die Effektivität und Durchführbarkeit einer
spezifischen sprachtherapeutischen Intervention im Laienkontext im Rahmen einer
randomisierten und kontrollierten Untersuchung evaluiert. Weitere kontrollierte Studien sind
jedoch nötig, um die Wirksamkeit von CIAT durch geschulte Laien-Therapeuten bestätigen
zu können. Diese Studien sollten auch die Langzeitstabilität der erreichten
Leistungssteigerungen und den Einfluss der Therapie auf die alltägliche Kommunikation
untersuchen. Auch andere therapeutische Verfahren sollten in kontrollierten Studien auf ihre
Durchführbarkeit durch Laien hin überprüft werden. Von dieser Untersuchung kann nicht auf
eine grundsätzliche Durchführbarkeit von Sprachtherapie im Laienkontext geschlossen
werden. Die Durchführung durch Laien war vor allem aufgrund der klaren Struktur, den
vorgegebenen Regeln und manualisierbaren therapeutischen Verhaltensweisen der CIAT
sowie der Schulung und Supervision der Angehörigen möglich.
In der vorliegenden Untersuchung erwies sich die CIAT als effektiv und im Laienkontext
umsetzbar. Eine weitergehende Umsetzung im Rahmen von Selbsthilfegruppen scheint
aufgrund der positiven viel versprechenden Ergebnisse dieser Studie (durch kurzes Training
und tägliche Supervision können Laien vergleichbare Verbesserungen erzielen wie erfahrene
Therapeuten) möglich und erfolgversprechend. Freiwilligen dieser Selbsthilfegruppen könnte
CIAT durch Laientherapeuten 60
Trainingsmaterial zur Verfügung gestellt werden und sie könnten in einer zweitägigen
Schulung als Laien-Therapeuten ausgebildet werden. Für die weitere tägliche Supervision
könnten die neuen Medien (Telefon, Internet) genutzt werden. Die Schulung und Betreuung
der Laien-Therapeuten könnte auch durch ansässige Logopäden vor Ort erfolgen. Damit
könnten viele aphasische Patienten auch im chronischen Stadium der Aphasie intensive
Sprachtherapie erhalten, die ihnen momentan aufgrund eingeschränkter Ressourcen im
Gesundheitssystem häufig vorenthalten bleibt.
Das Hauptaugenmerk dieser Studie lag auf der Verbesserung der sprachlichen Defizite der
Patienten. Dennoch müssen in der Behandlung chronischer Aphasiker auch andere Faktoren
mitberücksichtigt werden. Vor allem in jüngster Zeit herrscht in der Forschung wachsendes
Interesse an der Verringerung der psychosozialen Konsequenzen von Aphasie (z.B. wenig
Teilnahme am sozialen Leben, reduziertes Selbstwertgefühl). Das Ziel entsprechender
Studien besteht u.a. in der Reintegration der Patienten in das soziale Leben, der Verbesserung
des emotionalen Wohlbefindens sowie in der Umsetzung eines Trainings von Angehörigen,
um Interaktionen mit Patienten zu erleichtern (z.B. Lyon et al. 1997, Kagan 1998, Hinckley &
Packard 2001, Rayner & Marshall 2003).
Mit einer Umsetzung der CIAT in Selbsthilfegruppen könnte nicht nur die Gesamtzahl an
Therapiestunden erhöht, sondern auch negative psychosoziale Konsequenzen der Aphasie
gemindert werden. Eine derartige Umsetzung könnte eine generelle sprachliche Aktivierung
der Patienten sowie eine Besserung des allgemeinen Wohlbefindens von Patienten und deren
Angehörigen bewirken, indem Patienten sich durch den Kontakt zu anderen Betroffenen
wieder vermehrt am sozialen Leben beteiligen. In der vorliegenden Studie berichteten die
Patienten über eine Zunahme gemeinsamer Unternehmungen (z.B. Restaurantbesuche,
Ausflüge). Sie beteiligten sich wieder mehr am sozialen Leben, womit auch die Situationen,
in denen sie sprachlich aktiv wurden und damit selbst zu ihrer sprachlichen Rehabilitation
beitrugen, zunahmen. Parallel lernten die Angehörigen durch die Schulung und durch ihre
Rolle als Therapeut, wie sie aktiv die Patienten dabei unterstützen können (z.B. Zeit lassen,
Patient zur Kommunikation ermutigen, weniger sprachliche Tätigkeiten selbst übernehmen).
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass diese Studie den Hinweis liefert, dass die
Durchführung von Sprachtherapie durch geschulte Laien unter Supervision prinzipiell
möglich und effektiv ist. Das Zurückgreifen auf trainierte nicht-professsionelle Therapeuten
als Ergänzung zu konventioneller Logopädie könnte ein Weg sein, v.a. Patienten im
CIAT durch Laientherapeuten 61
chronischen Stadium der Aphasie notwendige und effektive intensive Sprachtherapie
zukommen zu lassen, die ihnen häufig aufgrund der eingeschränkten Ressourcen im
Gesundheitssystem vorenthalten bleibt. In der Zukunft könnte das Einführen dieses
Vorgehens in Selbsthilfegruppen ein weiterer Schritt sein, um die Behandlungssituation von
aphasischen Patienten zu verbessern.
CIAT durch Laientherapeuten 62
8. Zusammenfassung
Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass für erfolgreiche Aphasie-Therapie vor
allem im chronischen Stadium eine hohe Behandlungsintensität entscheidend ist. Im Rahmen
der neurologischen Rehabilitation ist dies jedoch aufgrund begrenzter Ressourcen
(Verfügbarkeit von Logopäden, finanzielle Ressourcen des Gesundheitssystems) meist nicht
zu realisieren. In der Folge erhalten viele Patienten vor allem in späteren Phasen der
Erkrankung keine optimale sprachtherapeutische Betreuung.
Eine Alternative, um die Behandlungssituation aphasischer Patienten zu verbessern, könnte
das Einbeziehen von Laientherapeuten als Ergänzung zu konventioneller Sprachtherapie sein.
In der vorliegenden randomisierten Kontrollstudie wurde die Effektivität und Durchführbarkeit
der Constraint-Induced Aphasia Therapy (CIAT) durch nicht-professionelle Therapeuten
untersucht. Dabei wurden die Ergebnisse von Patienten, die von geschulten Angehörigen
trainiert wurden, mit solchen, die dieselbe Sprachtherapie von erfahrenen Therapeuten
erhielten, anhand eines standarisierten Sprachtests (Aachener Aphasie Test) verglichen. Die
CIAT, eine kommunikative Sprachtherapie, findet in einem interaktiven, ökonomischen und
motivational günstigen Gruppensetting statt. Sie zeichnet sich durch verschiedene
lernpsychologische Prinzipien aus: „massed practice“ (intensives Üben: 30 Stunden an zehn
aufeinander folgenden Tagen), „constraints“ (Einschränkung nicht beeinträchtiger
Verhaltensweisen, d.h. non-verbaler Kommunikation), „shaping“ (schrittweise Steigerung der
Anforderungen) sowie Verhaltensrelevanz (Sprachübungen im therapeutischen Gruppensetting
ähneln alltäglicher Kommunikation).
Beide Behandlungsgruppen verbesserten sich signifikant unmittelbar nach Therapieende in
einem standardisierten Sprachtest (Aachener Aphasie Test). Es wurden keine Unterschiede im
Ausmaß der Verbesserungen zwischen den Gruppen gefunden.
Alle Patienten verblieben bis zum Ende in der Therapie, Angehörige und Patienten zeichneten
sich durch hohe Compliance und gegenseitiges Vertrauen aus. Die CIAT erwies sich als gut
durch Laien durchführbare Therapie.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass CIAT, von geschulten Laien unter Supervision
durchgeführt, eine Ergänzung zu konventioneller Sprachtherapie darstellen kann, um die
Gesamtzahl an Therapiestunden zu erhöhen. In der Zukunft könnte das Einführen dieses
CIAT durch Laientherapeuten 63
Vorgehens in Selbsthilfegruppen ein weiterer Schritt sein, um die Behandlungssituation
aphasischer Patienten zu verbessern.
CIAT durch Laientherapeuten 64
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CIAT durch Laientherapeuten 70
Anhang
A) Abkürzungsverzeichnis
AABT Aachener Aphasie Bedside Test
AAT Aachener Aphasie Test
AAT-Profil Profilscore des Aachener Aphasie Tests
ADL Activities of daily living
CADL Communicative Abilities in Daily Living
CAL Communicative Activity Log
CETI Communicative Effectivness Index
CIAT Constraint-Induced Aphasia Therapy
CIAT Ang. Gruppe CIAT Angehörige
CIAT Kon. Gruppe CIAT Kontrollgruppe
CIMT Constraint-Induced Movement Therapy
Be Untertest Benennen des Aachener Aphasie Tests
DGN Deutsche Gesellschaft für Neurologie
Exp.gruppe Experimentalgruppe
L Schweregrad der Aphasie: leichgradig
LET Language Enrichment Therapy
M Schweregrad der Aphasie: mittelgradig
Nicht-klass. Nicht-klassifizierte Aphasie
Nicht-stand. Nicht-standardisierte Tests
NS Untertest Nachsprechen des Aachener Aphasie Tests
PACE Promoting aphasics' communicative abilities
REST Reduced Syntax Therapy
S Schweregrad der Aphasie: schwer
SCA Supported Conversation for Adults with Aphasia
SS Untertest Schriftsprache des Aachener Aphasie Tests
Stand. Standardisierte Tests
SV Untertest Sprachverständnis des Aachener Aphasie Tests
TT Untertest Token Test des Aachener Aphasie Tests
ZNS Zentrales Nervensystem
CIAT durch Laientherapeuten 71