schlüsselerlebnis sl krimi kapitel 5

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Schlüsselerlebnis Ein Paula-Ender-Krimi für Security Land von Ilona Mayer-Zach 23

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Schlüsselerlebnis SL Krimi Kapitel 5

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Page 1: Schlüsselerlebnis SL Krimi Kapitel 5

Schlüsselerlebnis

Ein Paula-Ender-Krimi für

Security Land

von

Ilona Mayer-Zach

23

Page 2: Schlüsselerlebnis SL Krimi Kapitel 5

FÜNF

„Nur damit Sie nicht glauben, dass das ein Scherz

ist“, fügte die Stimme am anderen Ende der Leitung

hinzu. „Vor Ihrer Eingangstür finden Sie ein kleines

Souvenir von uns. Wir behalten Sie im Auge, Frau

Ender!“

Paula fröstelte. Ihre Paranoia war also nicht aus der

Luft gegriffen. Der Mann im Hauseingang, der ge-

klaute Computer und die Unterlagen. Und während

sie hier drinnen Ordnung gemacht hatte, war drau-

ßen vor der Wohnung offenbar jemand gewesen.

Nur durch eine schlecht gesicherte Tür von ihr ge-

trennt. Dankbar streichelte sie Vivaldi übers Fell. Wie

gut, dass der Chihuahua so laut gekläfft hatte. An-

dernfalls hätten ihr die Kriminellen die Warnung

vielleicht persönlich überbracht.

Nach einem Blick durch den Spion öffnete Paula die

Tür. Auf der Fußmatte lag eine kleine Figur oder

besser das, was von ihr übrig war: ein hölzerner

Pinocchio mit abgebrochenen Armen und Beinen.

Irgendwo hatte sie so eine Figur, allerdings noch

unbeschädigt, schon gesehen! Sie überlegte, ob sie

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Page 3: Schlüsselerlebnis SL Krimi Kapitel 5

die Polizei anrufen sollte, damit die Beamten allfälli-

ge Fingerabdrücke sichern konnten. Doch dann

verwarf sie den Gedanken. Bis auf das eine Haar

hatten die Einbrecher in Paulas Wohnung keine

brauchbaren Spuren hinterlassen, hatte ihr ein Be-

amter in der Zwischenzeit mitgeteilt. Die Finge-

rabdrücke waren mit denen in der Polizeidatei vergli-

chen worden, doch ohne Erfolg. Wahrscheinlich

stammten sie von Clea und Kurt, während die Täter

mit Handschuhen gearbeitet hatten. Hier waren al-

lem Anschein nach gewiefte Profis am Werk, mit

denen nicht zu spaßen war. Paula ballte ihre Faust

und machte eine Drohgebärde in Richtung Treppen-

haus.

„Nicht mit mir!“, zischte sie zornig und holte eines der

Sackerln, die sie für Vivaldis Gackerl eingesteckt

hatte, aus ihrer Jackentasche. Vorsichtig stülpte sie

es über den malträtierten Pinocchio und steckte ihn

ein.

Dann verschwand sie wieder in der Wohnung und

verschloss die Tür hinter sich. Das Chaos kümmerte

sie vorerst nicht mehr. Das Einzige, was sie momen-

tan interessierte, waren die Gaunerzinken, der

Schlüssel und die Listen, die offenbar so wichtig

waren, dass ihr die Kriminellen sogar drohten. Paula

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dachte nicht eine Sekunde daran, den Inhalt des

Briefes an die Ganoven auszuhändigen. Gedanken-

verloren ging sie in die Küche und trank ein Glas

Wasser. Dabei fiel ihr Blick auf das Security-

Magazin, das der Sicherheitsfachberater auf dem

Küchentisch hatte liegen lassen. Eine der Seiten

erregte ihre besondere Aufmerksamkeit. Unter der

Rubrik „Klein, aber oho“ wurde eine Kugelschreiber-

kamera angepriesen, die James Bonds Liebling

genannt wurde. Wie praktisch! Daneben wurde ein

moderner Türspion vorgestellt. Er hatte einen Bewe-

gungssensor und eine Sicherheitskamera eingebaut,

die Bilder vor der Wohnungstür aufzeichnete und auf

einer SD-Card speicherte.

Wäre Paula doch schon vor dem Einbruch in eine

Security Land-Filiale gegangen und hätte sich nach

nützlichen Sicherheitseinrichtungen erkundigt, um ihr

trautes Heim auszustatten! Dann wären die Diebe

erst gar nicht bei ihr eingebrochen. Oder hätten die

Kriminellen dann eine andere Möglichkeit gefunden,

sie unter Druck zu setzen?

Es war höchste Zeit, dass Paula sich mit den Re-

cherchen für ihre letzten Artikel auseinandersetzte,

damit sie irgendwo auf irgendeine Spur stieß, die ihr

weiterhalf.

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Da war zum Beispiel das Interview mit dem Antiquitä-

tenhändler Theobald Stoch. Paula hatte ihn zu meh-

reren Kunstdiebstählen befragt, wegen denen er vor

Jahren angeklagt war. Es war ihm vorgeworfen wor-

den, wertvolle historische Kunstwerke über die

Grenze geschmuggelt zu haben. Stoch musste da-

mals mangels Beweisen freigesprochen werden. Als

Paula ihn auf diese heikle Geschichte ansprach,

hatte er sehr verärgert reagiert und sie hinausgewor-

fen. Ob er ihr die Ganoven auf den Hals gehetzt

hatte?

Paula rief Vivaldi herbei und beeilte sich aus der

Wohnung zu kommen.

Unterwegs passierte nichts Verdächtiges. Keine

Verfolger waren zu sehen, keine Autos, die neben ihr

herfuhren. Auch rief sie niemand am Handy an, um

sie noch mehr einzuschüchtern. Anscheinend waren

ihre Gegenspieler davon überzeugt, dass die erste

Drohung bereits ausreichend gewirkt hatte.

Als sie in Alinas Wohnung angekommen war, fühlte

sie sich endlich wieder wohler. Vivaldi bekam fri-

sches Wasser und Leckerlis als Belohnung für sei-

nen heldenhaften Einsatz. Dann machte Paula es

sich im Gästezimmer gemütlich. Während das Note-

book hochfuhr, räumte sie alle Unterlagen aus der

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Reisetasche und begann, sie auf dem Teppich zu

sortieren. Der Chihuahua lag neben ihr und beo-

bachtete aufmerksam jede ihrer Handbewegungen.

Paula ließ alle Termine der letzten Wochen in Ge-

danken Revue passieren und machte sich Notizen.

Noch wusste sie nicht, was wirklich wichtig war, aber

das würde sich hoffentlich früher oder später klären.

Recherchearbeit war für Paula wie ein Puzzle, das

zuletzt ein klares Bild ergab. Zumindest war es bis-

her immer so gewesen.