Über das vorkommen von chlorierten biphenylen und hexachlorbenzol neben chlorierten insektiziden in...

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57. Jg., He/t 10, 1970 Kurze Originalmitteilungen 497 f]ber das Vorkommen yon chlorierten Biphenylen und Hexachlorbenzol neben chlorierten Insektiziden in Humanmilch und menschlichem Fettgewebe L. ACKER und E. SCHULTE Institut fiir Lebensmittelchemie der Universitgt Mfinster Bet Untersuchungen fiber Riickstgnde an chlorierten In- sektiziden in menschlichem Depotfett [1] waren gelegentlieh einige Peaks in den Gaschromatogrammen aufgefallen, die sich auch bet weiterer Reinigung der Extrakte nicht ganz hatten zurfiekdriingen lassen. Die Natur dieser Verbindungen konnte damals nicht aufgeklgrt werden. In der leizten Zeit mehrten sich nun VerSffentlichungen fiber das Vorkommen yon chlorierten Biphenylen (PCB = polychlorinated biphenyls) im Fettgewebe und in Organen yon RaubvSgeln, SeevSgeln, Seetieren und Fischen [2--7]. Diese Verbindungen erseheinen im Gaschromatogramm hinter DDE und k6nnen den Nachweis yon Isomeren und Metaboliten yon DDT nnd yon anderen chlorierten Insektiziden erheblich stSren. Die PCB sind ein Gemisch schwer trennbarer Verbindungen mit untersehiedlichem Chlorgehalt (30--60%). Sie linden Anwendung hauptMichlich auf zwei Gebieten: In der Elektro- technik als unbrennbares Isolier- und Kfihlmittel far Trans- formatoren und in der Lack- und Kunststofftechnik als alkali- und s/iurefester Weichmacher. Ffir die letztere An- wendung haben sieh besonders hSher chlorierte ]3iphenyle mit etwa 60% C1 bew~ihrt. Diese Verbindungen sind es auch, die man bisher in Organismen gefunden hat. Sie gelten als toxisch. Wir vermuteien, dab es sich bet den st6renden Stoffen in Humanmilch und in Humanfett um die gleichen Verbindungen handeln kOnnte. In der Tat ergab die eingehende gaschromato- graphische Untersuchung eindeutige Hinweise f/ir das Vor- liegen dieser Stoffgruppe. Die chlorierten Verbindungen wur- den an zwei S~tulen unterschiedlicher Polaritgt aufgetrennt. Als Vergleich diente ein Handelsprgparat mit einem Chlor- gehalt yon etwa 60%. In den Gaschromatogrammen der Extrakte aus Frauenmilch und Humanfett lieBen sich mehrere der st6renden Peaks bes~cimmten Fraktionen des Vergleich- pr&parates zuordnen. Humanmilch und menschliches Fett- gewebe enthielten neben DDE, DDT und Hexachlorcyclo- hexan (HCH) nicht unerhebliche Mengen an diesen Verbin- dungen (Tabelle). Es lgBt sich im Augenblick nicht angeben, Tabelle. Gehalt an chlorierben [nsektiziden, chlorierten Bi-" phenylen (PCB) und He~:achlorbenzol (HCB) in Humanmilch (43 Proben) und in menschlichem Fettgewebe (20 Proben) a ga + L) r Humanmilch Mittelwerte [ppm~, bez. auf Milch bez. auf Milchfett .Fe#gewebe Mittelwerte [ppm], bez. auf Fett o, o3t o, o81 o,112 o, ot8 o, to3 o,153 1,t 2,7 3,8 0,54 3,5 5,3 1,1 2,2 3,3 0,45 5,7 6,3 Die Frauenmilchproben wurden yon der Frauenklinik (Direktor: Prof. Dr. G. Reiffenstuhl), die Proben an mensch- lichem Fettgewebe vom Pathologischen Institut (Direktor: Prof. Dr. W. Giese) sowie vom Institut flit gerichtliche Medi- zin (Sachbearbeiier: Dr. Bohn) (alle Universitgt Mfinster), zur Verf/igung gestellt. woher das PCB stammt, das sich im menschlichen Fettgewebe anreichert und ins Fett der Muttermilch ~bergeht. Fast ebenso schwer zu erklgren ist die Herkunft yon Hexa- chlorbenzol (HCB). Diese Verbindung wurde gaschromato- graphisch und massenspektrometrisch identi~iziert. HCB war bereits yon Koeman u. Mitarb. [5] in Muscheln, Fischen und 35* VSgeln gefunden worden. Es dient als Saatbeizmittel, doch kann man sich schwer vorstellen, dab dies als Quelle fiir die starke Anreicherung ausreicht. In diesen Untersuchungen wurden erstmalig in Humanmilch und menschlichem Fettgewebe FICB und PCB naehgewiesen. Eingegangen am 8. und 17. Juti t970 Ill Wfinscher, K., Acker, L.: Medizin u. Ern~hrung 10, 75 (1969). -- [2] Jensen, S.: New Scientist 32, 612 (1966). -- [3] Holmes, D.C., Simmons, J.H., Tatton, J. O'G.: Nature 216, 227 (1967). - - [4] Risebrough, R. W., et al.: ibid. 220, 1098 (1958). -- [5] Koeman, J.H., Ten Noever de Brauw, M.C., DeVos, R.H.: ibid. 221, 1126 (t969).- [61 Jensen, s., et al.: ibid. 224, 247 (1969). -- [7] Bagley, G. E., Reichel, W. L., Cromartie, E.: J. Assoc. off. analyt. Chemists. S3, 251 (t970). Einflug von Glucose auf den Einbau von 14C-Thymidin, -Uridin und -Leucin in Asciteszellen D. ROSl~NI{I~ANZ und F. SCHNEIDER Physiologisch-chemisches Institut der Universitgt Tiibingen Setzt man einer nahezu glucosefreien Suspension von Ascites- zellen in vitro Glucose zu, so ffihrt das zu einer Hemmung des l~C-Thymidin-, -Uridin- und -Leucin-Einbaus in die DNS, RNS und Proteine der Zelle (Fig. 1). Eine Anfangskonzentration yon 10 -am Glucose fflhrt zu einer Hemmung des Thymidineinbaus auf etwa 30%, des Uridineinbaus auf etwa 60% und des Leu- cineinbaus auf etwa 50% der Kontrolle. Einbauhemmungen lassen sich bet einer Zellzahl yon ca. 2 X t 06/ml bereits bet Kon- zentrationen yon 2--3 x t0 -4 m Glucose im Medium nachwei- sen. % d. Kontrotie 100~\i~ 501i ~ I 1,0 2,0 3x10-3 Gtucose Fig. t Einbau yon 14C-Thymidin - - , l~C-Uridin ...... , l~C-Leucin ........ in Asciteszellen in Abh&ngigkeit yon der Glucosekonzentration nach 60 rain Inkubationszeit Da Glucose als wichtigste Energiequelle der meisten Gewebe die Syntheseleistung der Zelle nicht herabsetzt, mfisseI1 die beobachteten Einbauhemmungen Ausdruck einer verstgrkten Synthese yon Vorstufen der Protein- und Nucleinsguresynthese seth, die zu einer Verd~mnung der markierten Verbindungen ftihr*. Folgende Angriffspunkte der Glucose kommen ill Be- tracht: 1. Einsparung yon Substraten, die ohne Glucose zur Energiegewinnung herangezogen werden. 2. Bereitstellung yon Substraten zur Synthese yon Nucleotiden und Aminosguren. 3. t~nergielieferung ft~r die vermehrte Synthese yon Vorstufen. I~&me die Thymidin- und Uridin-Einbauhemmung allein dnrch die vermehrte Bereitstdlung yon Ribose-t-P zustande, mnB noch erklgrt werden, warum Thymidin bedeutend st&rker und schndler betroffen wird als Uridin. Berficksichtigt man, dab die absoluten Einbauraten fiir LTridin bis zu 20mal h6her sind als ffir Thymidin, so ergibt sich rein rechneriseh, daI3 zur Ver- minderung des Uridineinbaus nm einen bestimmten Prozent- satz eine bis zu 20real grSl3ere Ribose-1-P-Menge benStigt wird als zur Verminderung des Thymidineinbaus um denselben Prozentsatz. Damit allein Igl3t sich der untersehiedliche ]~in- flul3 yon Glucose auf den Thymidin- und Uridineinbau nieht

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57. Jg., He/t 10, 1970 Kurze Originalmitteilungen 497

f]ber das Vorkommen yon chlorierten Biphenylen und Hexachlorbenzol neben chlorierten Insektiziden in H u m a n m i l c h und menschl ichem Fettgewebe

L. ACKER und E. SCHULTE

Inst i tut fiir Lebensmittelchemie der Universitgt Mfinster

Bet Untersuchungen fiber Riickstgnde an chlorierten In- sektiziden in menschlichem Depotfett [1] waren gelegentlieh einige Peaks in den Gaschromatogrammen aufgefallen, die sich auch bet weiterer Reinigung der Extrakte nicht ganz hat ten zurfiekdriingen lassen. Die Natur dieser Verbindungen konnte damals nicht aufgeklgrt werden. In der leizten Zeit mehrten sich nun VerSffentlichungen fiber das Vorkommen yon chlorierten Biphenylen (PCB = polychlorinated biphenyls) im Fettgewebe und in Organen yon RaubvSgeln, SeevSgeln, Seetieren und Fischen [2--7]. Diese Verbindungen erseheinen im Gaschromatogramm hinter DDE und k6nnen den Nachweis yon Isomeren und Metaboliten yon DDT nnd yon anderen chlorierten Insektiziden erheblich stSren. Die PCB sind ein Gemisch schwer trennbarer Verbindungen mit untersehiedlichem Chlorgehalt (30--60%). Sie linden Anwendung hauptMichlich auf zwei Gebieten: In der Elektro- technik als unbrennbares Isolier- und Kfihlmittel far Trans- formatoren und in der Lack- und Kunststofftechnik als alkali- und s/iurefester Weichmacher. Ffir die letztere An- wendung haben sieh besonders hSher chlorierte ]3iphenyle mit etwa 60% C1 bew~ihrt. Diese Verbindungen sind es auch, die man bisher in Organismen gefunden hat. Sie gelten als toxisch. Wir vermuteien, dab es sich bet den st6renden Stoffen in Humanmilch und in Humanfet t um die gleichen Verbindungen handeln kOnnte. In der Tat ergab die eingehende gaschromato- graphische Untersuchung eindeutige Hinweise f/ir das Vor- liegen dieser Stoffgruppe. Die chlorierten Verbindungen wur- den an zwei S~tulen unterschiedlicher Polaritgt aufgetrennt. Als Vergleich diente ein Handelsprgparat mit einem Chlor- gehalt yon etwa 60%. In den Gaschromatogrammen der Extrakte aus Frauenmilch und Humanfet t lieBen sich mehrere der st6renden Peaks bes~cimmten Fraktionen des Vergleich- pr&parates zuordnen. Humanmilch und menschliches Fett- gewebe enthielten neben DDE, DDT und Hexachlorcyclo- hexan (HCH) nicht unerhebliche Mengen an diesen Verbin- dungen (Tabelle). Es lgBt sich im Augenblick nicht angeben,

Tabelle. Gehalt an chlorierben [nsektiziden, chlorierten Bi-" phenylen ( P C B ) und He~:achlorbenzol (HCB) in Humanmilch (43 Proben) und in menschlichem Fettgewebe (20 Proben) a

ga +

L) r

Humanmilch Mittelwerte [ppm~, bez. auf Milch bez. auf Milchfett

.Fe#gewebe Mittelwerte [ppm], bez. auf Fe t t

o, o3t o, o81 o,112 o, ot8 o, to3 o,153 1,t 2,7 3,8 0,54 3,5 5,3

1,1 2,2 3,3 0,45 5,7 6,3

Die Frauenmilchproben wurden yon der Frauenklinik (Direktor: Prof. Dr. G. Reiffenstuhl), die Proben an mensch- lichem Fettgewebe vom Pathologischen Inst i tut (Direktor: Prof. Dr. W. Giese) sowie vom Inst i tut flit gerichtliche Medi- zin (Sachbearbeiier: Dr. Bohn) (alle Universitgt Mfinster), zur Verf/igung gestellt.

woher das PCB stammt, das sich im menschlichen Fettgewebe anreichert und ins Fet t der Muttermilch ~bergeht. Fast ebenso schwer zu erklgren ist die Herkunft yon Hexa- chlorbenzol (HCB). Diese Verbindung wurde gaschromato- graphisch und massenspektrometrisch identi~iziert. HCB war bereits yon Koeman u. Mitarb. [5] in Muscheln, Fischen und

35*

VSgeln gefunden worden. Es dient als Saatbeizmittel, doch kann man sich schwer vorstellen, dab dies als Quelle fiir die starke Anreicherung ausreicht. In diesen Untersuchungen wurden erstmalig in Humanmilch und menschlichem Fettgewebe FICB und PCB naehgewiesen.

Eingegangen am 8. und 17. Juti t970

Ill Wfinscher, K., Acker, L.: Medizin u. Ern~hrung 10, 75 (1969). - - [2] Jensen, S.: New Scientist 32, 612 (1966). - - [3] Holmes, D.C., Simmons, J . H . , Tatton, J. O'G.: Nature 216, 227 (1967). - - [4] Risebrough, R. W., et al.: ibid. 220, 1098 (1958). - - [5] Koeman, J . H . , Ten Noever de Brauw, M.C., DeVos, R . H . : ibid. 221, 1126 ( t 9 6 9 ) . - [61 Jensen, s., et al.: ibid. 224, 247 (1969). - - [7] Bagley, G. E., Reichel, W. L., Cromartie, E.: J. Assoc. off. analyt. Chemists. S3, 251 (t970).

Einf lug von Glucose auf den Einbau von 1 4 C - T h y m i d i n , - U r i d i n u n d -Leucin in Asciteszellen

D. ROSl~NI{I~ANZ und F. SCHNEIDER

Physiologisch-chemisches Inst i tut der Universitgt Tiibingen

Setzt man einer nahezu glucosefreien Suspension von Ascites- zellen in vitro Glucose zu, so ffihrt das zu einer Hemmung des l~C-Thymidin-, -Uridin- und -Leucin-Einbaus in die DNS, RNS und Proteine der Zelle (Fig. 1). Eine Anfangskonzentration yon 10 - a m Glucose fflhrt zu einer Hemmung des Thymidineinbaus auf etwa 30%, des Uridineinbaus auf etwa 60% und des Leu- cineinbaus auf etwa 50% der Kontrolle. Einbauhemmungen lassen sich bet einer Zellzahl yon ca. 2 X t 06/ml bereits bet Kon- zentrationen yon 2--3 x t0 -4 m Glucose im Medium nachwei- s e n .

% d. Kontrotie 100~\i~

501i ~

I 1,0 2,0 3x10-3 Gtucose Fig. t Einbau yon 14C-Thymidin - - , l~C-Uridin . . . . . . , l~C-Leucin . . . . . . . . in Asciteszellen in Abh&ngigkeit yon der Glucosekonzentration nach 60 rain Inkubationszeit

Da Glucose als wichtigste Energiequelle der meisten Gewebe die Syntheseleistung der Zelle nicht herabsetzt, mfisseI1 die beobachteten Einbauhemmungen Ausdruck einer verstgrkten Synthese yon Vorstufen der Protein- und Nucleinsguresynthese seth, die zu einer Verd~mnung der markierten Verbindungen ftihr*. Folgende Angriffspunkte der Glucose kommen ill Be- tracht: 1. Einsparung yon Substraten, die ohne Glucose zur Energiegewinnung herangezogen werden. 2. Bereitstellung yon Substraten zur Synthese yon Nucleotiden und Aminosguren. 3. t~nergielieferung ft~r die vermehrte Synthese yon Vorstufen. I~&me die Thymidin- und Uridin-Einbauhemmung allein dnrch die vermehrte Bereitstdlung yon Ribose-t-P zustande, mnB noch erklgrt werden, warum Thymidin bedeutend st&rker und schndler betroffen wird als Uridin. Berficksichtigt man, dab

�9 die absoluten Einbauraten fiir LTridin bis zu 20mal h6her sind als ffir Thymidin, so ergibt sich rein rechneriseh, daI3 zur Ver- minderung des Uridineinbaus nm einen bestimmten Prozent- satz eine bis zu 20real grSl3ere Ribose-1-P-Menge benStigt wird als zur Verminderung des Thymidineinbaus um denselben Prozentsatz. Damit allein Igl3t sich der untersehiedliche ]~in- flul3 yon Glucose auf den Thymidin- und Uridineinbau nieht