unaufgefordert nr. s961

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Sonderausgabe der Studentenzeitung UnAufgefordert Oktober 1996 Foto: AUe Selbstmord" Kollektiver 11 Die Universitäten müssen bis zum Jahr 2000 nochmals 150 Millionen Mark einsparen. - "md Fugminn-Husing ulluttm die E,gebni»f Spa ....... U5U' Im Ergebnis der Sparklausur des Berliner Senats kommen auf die Universitäten neue Sparauflagen zu. Bis zum Jahre 2000 müssen die Universitäten zusänlich 150 Millionen Mark ein- sparen, wobei sie die Tariferhöhungen im Personalbereich wdterhin mit rund 50 Millionen DM jährlich selbst ausglei- chen müssen. Die Sparlast bis zur Jahrtaustndwe:nde: erhöht sich mit diesen neuen Summen und mit den Einsparungen des Haushaltsstrukturg6dz auf 376.8 Millionen DM. bis zum Jahre 2003 werden nun 750 Millionen DM fallig. Für die Universitäten sind diese Summen nur noch durt:h dra- stisc:he Strukturs<:hnitte umzusetzen, HdK-Präsident l(lthar R(lmain sprach vom im Wissen- schaftsberrich. Die Idee des Berliner Stnats, mit den Universitikn einen mehrjährigen Vertrag llbzuschließen und so FUr Planungs- sicherheit zu sorgen, ist durch die Entscheidungen in weite Ferne gerückt. Auch eine weitere Erhalhlng der 85.000 Berfiner Studien- plätze über das Jahr 2000 hinllus könne angesichts der "schrecklichen Spal1ummen" (Radunski) nicht mthr garan- tiert werden. Damit ist der als eindeu- tiger aus der sechstagigen SparkJausur de:s Berliner $e:nats gegangen, hier wurde:n die: proze:ntual höchsten Sparrate:n angesetzt. Michaele Schreyer, Haushaltsexpe:rtin der Gru- nen im Berliner Abgeordnetenhaus bezeichnete die Entscheidung im Wisse:nschaftsbereich schlicht als _dumm-, we:rde doch so der Stadt ihre Zukunftsfähigkeit genom- men. Wissenschaftssenator Radunski sieht die Berliner Hochschulen mit der zusätzli- chen Sparauflage von 1SO Mil- lionen Mark vor _erhebliche Schwierigkeiten- gestellt, die nur durch den Erhalt der Ko- alition zu rechtfertigen seien. Als wunerträgliches Tüpfelchen auf dem I- wertete er die Wri- gerung der Finanzse:natorin, die Personal haushalte der Hochschulen aU$Zufinanzieren. Er fuhle sich in diesem Punkt .ungerecht behandelt-, sei doch allen Be:teiligten kJar ge:- wese:n, daß die Ausfinanzie- rung der Ptoonalhaushalte e:in _Knackpunkt" in den Vertrags- verhandlungen zwischen Uni- versitäten und Staat ge:we:- sen sei. ZWdr habe die: Finanzsenatorin am Ende der VetJiandlungen zugesichert. die Hochschu- len bis zum Jahre 2000 von weiteren Einspa- rungen auszunehmen, Betlingung sei allerdings der Abschluß e:ine:s Vertrage:s.. Fur TU-Präsident Schumann ist aber mit den Entscheidunge:n des Berliner .die gemeinsame Basis für ei- nen Vertrag hinfällig geworden': Zwar wolle: man nach wie: vor mit dem Staat Ober einen Vertrag verhandeln, aber die Aussicht auf Erfolg, SO HU- Präsident Meyer, hänge von der .Einsichtsfä- higkeit· der Politik ab, die .unsinnigen Sparauf- lagen· wieder zurÜckzunehme:n. Bis zum 05. November will die Wissenschafts- ve:rwaltung nun klären, wie die Kürzungen im aufgeteilt werde:n sollen. steht bisher nur uber die jährlichen Sparraten. '997 wird der landeszuschuß für dir Hochschu- Ie:n wie bisher um 68,3 MilHone:n Mark ge:senkt, ne:ue Einsparungen komme:n nicht hinzu. Im Jahr 1998 beträgt die: Absenkung 95,S Millione:n DM, Ed± toria3::--.--. Die Sparpolitik des Senats verhe:iBt nichts Gute:sJ lnsgesamt 376,8 Mio. DM sollen im Wissen- schaftsbereich gespart wemen. Die Wahrschein· nchkeit für einen Vertrag zwischen Staat und Uni5j ist in de:n lrtzten Tagen in die: Ferne Was auf die Unis im einze:lnen zukommt. ist noch un- gewiß. Um Eudl abergenauer zu hat sich e:in Teil der UnAuf-Redaktion die: Spar- beschlüsse zum AnlaB genornme:n eine: Neuerung einzufUhren. UnAuf-Njuhs erscheinen jetzt nicht nUI Rge:Im:ißig in der UnAuf, sondm auch UII· regelmäßig zu aktuellen hochschUlpolitischen An· ässen.

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Das ist Sonderausgabe Nummer 1 der Studentenzeitung der Humboldt-Universität zu Berlin aus dem Jahr 1996 vom 25. Oktober 1996.

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~N,DUhsSonderausgabe der Studentenzeitung UnAufgefordert Oktober 1996

Foto: AUe

Selbstmord"Kollektiver11Die Universitäten müssen bis zum Jahr 2000 nochmals 150 Millionen Mark einsparen.

­OifP9~n "md Fugminn-Husing ulluttm die E,gebni»f d~r Spa....... U5U'

Im Ergebnis der Sparklausur des Berliner Senats kommen aufdie Universitäten neue Sparauflagen zu. Bis zum Jahre 2000müssen die Universitäten zusänlich 150 Millionen Mark ein­sparen, wobei sie die Tariferhöhungen im Personalbereichwdterhin mit rund 50 Millionen DM jährlich selbst ausglei­chen müssen. Die Sparlast bis zur Jahrtaustndwe:nde: erhöhtsich mit diesen neuen Summen und mit den Einsparungendes Haushaltsstrukturg6dz auf 376.8 Millionen DM. bis zumJahre 2003 werden nun 750 Millionen DM fallig.Für die Universitäten sind diese Summen nur noch durt:h dra­stisc:he Strukturs<:hnitte umzusetzen, HdK-Präsident l(ltharR(lmain sprach vom ~k(lllektiven Selbstmord~ im Wissen­schaftsberrich.Die Idee des Berliner Stnats, mit den Universitikn einenmehrjährigen Vertrag llbzuschließen und so FUr Planungs­sicherheit zu sorgen, ist durch die Entscheidungen in weiteFerne gerückt.Auch eine weitere Erhalhlng der 85.000 Berfiner Studien­plätze über das Jahr 2000 hinllus könne angesichts der"schrecklichen Spal1ummen" (Radunski) nicht mthr garan­tiert werden.

Damit ist der Wissenschllft:sbe:~ich als eindeu­tiger ~rlierer aus der sechstagigen SparkJausurde:s Berliner $e:nats gegangen, hier wurde:n die:proze:ntual höchsten Sparrate:n angesetzt.Michaele Schreyer, Haushaltsexpe:rtin der Gru­nen im Berliner Abgeordnetenhaus bezeichnetedie Entscheidung im Wisse:nschaftsbereichschlicht als _dumm-, we:rde doch so der Stadt

ihre Zukunftsfähigkeit genom­men. WissenschaftssenatorRadunski sieht die BerlinerHochschulen mit der zusätzli­chen Sparauflage von 1SO Mil­lionen Mark vor _erheblicheSchwierigkeiten- gestellt, dienur durch den Erhalt der Ko­alition zu rechtfertigen seien.Als wunerträgliches Tüpfelchenauf dem I- wertete er die Wri­gerung der Finanzse:natorin,die Personal haushalte derHochschulen aU$Zufinanzieren.Er fuhle sich in diesem Punkt.ungerecht behandelt-, seidoch allen Be:teiligten kJar ge:­wese:n, daß die Ausfinanzie­rung der Ptoonalhaushalte e:in_Knackpunkt" in den Vertrags­verhandlungen zwischen Uni-versitäten und Staat ge:we:­

sen sei. ZWdr habe die: Finanzsenatorin am Endeder VetJiandlungen zugesichert. die Hochschu­len bis zum Jahre 2000 von weiteren Einspa­rungen auszunehmen, Betlingung sei allerdingsder Abschluß e:ine:s Vertrage:s.. Fur TU-PräsidentSchumann ist aber mit den Entscheidunge:n desBerliner ~nats .die gemeinsame Basis für ei­nen Vertrag hinfällig geworden': Zwar wolle: man

nach wie: vor mit dem Staat Ober einen Vertragverhandeln, aber die Aussicht auf Erfolg, SO HU­Präsident Meyer, hänge von der .Einsichtsfä­higkeit· der Politik ab, die .unsinnigen Sparauf­lagen· wieder zurÜckzunehme:n.

Bis zum 05. November will die Wissenschafts­ve:rwaltung nun klären, wie die Kürzungen imeinz~lne:n aufgeteilt werde:n sollen. Klarh~it be~

steht bisher nur uber die jährlichen Sparraten.'997 wird der landeszuschuß für dir Hochschu­Ie:n wie bisher um 68,3 MilHone:n Mark ge:senkt,ne:ue Einsparungen komme:n nicht hinzu. Im Jahr1998 beträgt die: Absenkung 95,S Millione:n DM,

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Ed± toria3::--.--.Die Sparpolitik des Senats verhe:iBt nichts Gute:sJlnsgesamt 376,8 Mio. DM sollen im Wissen­schaftsbereich gespart wemen. Die Wahrschein·nchkeit für einen Vertrag zwischen Staat und Uni5jist in de:n lrtzten Tagen in die: Ferne ~riickt Wasauf die Unis im einze:lnen zukommt. ist noch un­gewiß. Um Eudl abergenauer zu infurm~~lI. hatsich e:in Teil der UnAuf-Redaktion die: Spar­beschlüsse zum AnlaB genornme:n eine: NeuerungeinzufUhren. UnAuf-Njuhs erscheinen jetzt nichtnUI Rge:Im:ißig in der UnAuf, sondm auch UII·

regelmäßig zu aktuellen hochschUlpolitischen An·ässen.

J1999 müssen die Universitäten mit 123,3 Mil·lionen DM weniger auskommen und im Jahre2000 werden noch einmal 89,7 Milliollen DMfällig.

Wie diese Summen an den UnivC:Tsitäten um­gesetzt werden sollen, ist noch völlig unklar.Kommt es zu keinem Vertragsabschluß, werdeder Senat die Universitäten zu Strukturent­scheidungen auffordern, so Radunski gegen­über UnAufgefordert (siehe Interview). Für dieHU bedeutet dies bei vorsichtiger Umlage derSparraten den Verlust von zwei oder drei Fa­kultäten oder aber ein allgemeiner 15 prozen­tiger Personalabbau.

Die Sparsummen könnten allerdings auch überden Verkauf von Liegenschaften erbracht w(r­den. Als Ergebnis der 5parklausur wlll der Senatden Universitäten nun 40 Prozent des Erlöseszur Sicherung ihrer Haushalte überlassen. DieUniversitäten hatten in ihrem Vertragsentwurf75 Prozent Beteiligung gefordert.

Eine weitere Möglichkeit:, zusätzliche Einnah­men zu erzielen, ist für Radunski nach wie vordie Einführung von Studiengebühren in Höhe von1000 DM. Die SPO hatte sich während der Klau­sur strikt gegen eine Einführung gewandt, siemöchte erst eine einheitliche Bundesregelung indiesem Punkt abwarten. Trotz der Verweigerungder SPD möchte Radunski noch in dieser legisla-

turperiode eine Entscheidung des BerlinerSenatsüber die Einführung von StudiengebÜhren her­beiführen.

Neben den Sparbeträgen im konsumtiven Be­feich (Sach~ und Personalmittel) wird auch imHochschulbau gespart oder aber zumindest ver­schoben. Zum Beispiel wird der geplante gemein­same Bibliotheksneubau für TU und HdK auf un­bestimmte Zeit verschoben, für TU-Kanzler UlrichPodewils eine unverständliche Entscheidung, dieder TU am Ende durch die nun notwendige An­mietung notwendiger Stellflächen zusätzlicheKosten bringt. Wesentlich dramatischer könntesich die Entscheidung auswirken, den Umzug desInstituts für Chemie nach Adlershof um ein Jahrzu verschieben. Für die Universitätsleitung der HUist dies ein ernstes Signal für den de!Jtlichen Rück­lOg des Berliner Senats aus dem Projekt Adlers~hof und den langsamen Tod der HU-Naturwis­senschaften, deren marode Ge~ude nicht saniertwurden, da man mit einem schnellen Umzug inden geplanten .Wissenschafts~ und Wirtschafts­standort Adlershor rechnete. Radunski versuch­te am Freitag vergangener Woche gegen dieseSichtwfise noch anzukämpfen (siehe Interview),während der Regierende Bürgermeister nur nochvon ffAkzenten· spraCh, die in Adlershof umge­setzt werden sollen.

Besser sieht es hingegen für die Sanierung der

Charit~ aus. Ofr Neubau der Inneren Medizin sollebenso fortgesetzt werden wie die Modernisie­rung der zentralen Sterilisation !Jnd des Gebäu­des der Nebenchirurgie. Nicht saniert hingegenwerden das Institut für Pathologie und dieZfntralküche. Damit dürfte auch der Aufoau fi­nes Medizin-Historischen Musfums an der Cha­rit~ zunächst gestoppt sein (sifhe UnAuf Nr. 67).

Bei der bereits geplanten Absenkung der Lan­dfSZUschüsse von dfrZfit 540 Millionen Markauf 450 Millionen Mark (2003) für die drfiUniversitätsklinika wird fS ebenfalls nicht b)ei~

bfn. Gfplant ist fine Reduzierung der Zuschüs­se für die universitären Poliklinikfn von momen­tan 53 Millionfn Mark jährlich auf achtMillionen Mark im Jahre 1999, der Gesamtzu­schuß für den Medizinbereich würdf damit nurnoch 405 Millionen Mark betragen.

Ob es bis zurVfrabschiedung des Haushalts fürdas Jahr 1997 bei diesen Sparmaßnahmen bleibt,ist noch ungewiß. Bei den Beratungen der Frak­tionen der großen Koalition in diesfr Woche wirdwegen dfr gfplantfrJ Gfwfrbesteuerfrhöhungund dfr geplanteIl Vermögensäußerung inMi!liardenhöhe mit .heftigen Diskussionen- gf­rechnft.ln der SPD fordem neben dem Vize-Vor­sitzenden Klaus~Uwe Benneter u.a. auch die Ju­sos einen $ondfrpart6tag, auch wegen derBfschlüsSf im WisSfnschaftsbereich. 11

Einsparunoen im Gesamthaushalt in Höhe von 7.3 Mrd. bei einer Nettoneuverschulduna von 5.4 Mrd.

Bereiche 1997 bis 2000 Bemerkunaen

Aktivierung von Vermögfn 5,8 Mrd. - -vorgezogene Anhebung der Gewfrbesteuer 227 Mio. - -ErhÖhung der Zweithundesteuer - 24 Mio. -Vfrpackungsstfuer 10 Mio. - Steufr für EinweggeschirrStellplatzabgabe 30 Mio. - für Invfstoren, die keinf

Parkplätze bauenerhöhte Gfbühren für Baugenehmigungen,Staatsprüfungen, Polizei- u. FeuerwehreinsätZf insg. 45 Mio. - -Gebidsreform 165 Mio. - von jetzt 23 auf 12 BezirkfSchule, JugendVerbeamtung d('( Lehrerinnen im Osttfil 138 Mio. - -Kürzung der lehr~ und lernmittel 25 Mio. - -Kürzung der Jugendhilfff6rdfrung 7,6 Mio. - -höhere Kosten für Hort- u. Vorschulbetreuung noch nicht beziffertAusgleichszahlungen für Brandenburger Schülerinnen - 50 Mio. -Sozialleistungen, GesundheitKürzung von Sozialhilfeleistungen noch nicht beziffertKüflung des Pflegegeldfs für Blinde u. Sehbehinderh': 11,6 Mio. - -Kürzung dfr lfistungen f. Krifgsflüchtlinge aus Bosnifn um 2()<\b - -Abbau von Krankenhausbetten ca. 60 Mio. - von jftzt 26.550 auf 24.000Rfduzifrung des Krankfnhaussanierungsprogramms - 200 Mio. -Verzögerung öfffntlicher BauprojekteTU-Bibliothek - - ~chadfn durch zusätzi. Mieten

für die TU: 2,9 Mio.Topographif des TerrorS,Museum für Verkehr und Tfchnik noch nicht beziffertJudisches Museum, 2 OberstufenZ('ntren in B!Jch u. Marzahn noch nicht bfziffertObergrenzen für chul- u. Kitabautfn noch nicht beziffertWohnungsbauReduzierung von 30.000 auf 22.000 Wohnungfn nOCh nicht bfzifffrtKultur 25 Mio. 100 Mio. -Wissenschaft: Hochschulen 6B,3 Mio. 150 Mio. der außerunivfrsitäre Bfrfich

bleibt unangetastetKürzung des Charite-Ausbaus noch nicht bezifffrtpauschale Minderausgaben in allen Ressorts 300 Mio. - noch nicht aufgelöst -

Wider die VernunftDie Verabschiedung der Sparvorschläge stößt allseits auf Kritik und Unverständnis.

Sfeht die Regierung vor dem Offenbarungseid?

"Archaische RitualeN nannte HU-Präsident Mey«:r das Ver­fahren, mit dem sich die Berliner Koalitionäre auf c:inen Hau­halt 1997 einigen wollten. Sechs Tage schlossen sich die Se­natoren und Fraktionsspitzen von CDU und SPD in einerGrunewalder Villa ein, giftden sich vier Tage an, um in denletzten st:chsundzwanl.ig Stunden endlich zu konkR'ten, wennauch nicht sinnvollen Entscheidungen zu kommen. Das Er­gebnis ihrtr Sparklausur nahm sich dann wie das Ritual ar­chaisch aus - der Berliner Politik fällt seit nunmehr zwd Jah­rtn nichts mehr zur HaushaltskriR des Landes rio.

Völlig ij~mächti9t und ~chtlich erschöpft tra­tcn der Regierende Bürgermeister EberhatdDiepgen und die aufgedrehte fjnanzs~natorin

Ann~tt~ Fugmann~H~~sing vor die Presse, umihren in s~chs Tagen ausgehandelten Sparplanzur weiteren Konsolidierung des Berliner Haus­halts vorzustellen.

Neben den bereits ständig auf der Liste ver~

tretenen Einsparungen im Sozial~, Bildungs- undKulturbereich kommen mit dem 97er Haushalteine Vielzahl untersc:hiedlichster Absurditätenhinzu. Mit derVeraulkrung von Landesvermögenin Höhe von 5,7B Mrd. DM soll ein großer Teilder Finanzierungslücke geschlossen werden,wobei noch völlig offen ist. wie. Relativ sicherist allerdings der geplante Verkauf samtlich~r

Aktienanteile der zu 5O,B llb dem Land gehören~

den lkwag. Daneben wird auch an einen Ver­kauf der Gasag und der Berliner Wasserwerkegedacht. Allein der Verkauf der Bewag~Aktien,

so erhoffen sich di~ S~natorlnnen, soll ein~n

Betrag von ca. 3 Mrd. DM einbring~n. Abge~­

hen davon, daß all~n pot~ntiellen Käuferinnen

Konkurs verschoben...auf nächstes Jahr

der Aktien bewußt sein dürfte, daß es sich beidieRn Veraulkrungen milde gesagt um Panik~

verUufe handelt, was notwendigerweise auf diePreise drückt, ist diese Entscheidung ein ener­giepolitischer Skandal. Ein Einfluß auf Prei~ undMarktstrategien wird hierdurch nicht mehr mög­li<:h sein.

Trotz der Tatsache, daß der Berlin~r Haushaltzwar für das Jahr 1997 durch eine schier wahn­sinnig~ .Vermögensaktivierung· knapp am Of­fenbarungseid vorbtischrammt, kann dies nichtdarüber hinwegtauschen, daß die jetzigen Ein~

sparung nicht struktureller Natur sind und we­d~r lang- noch mittelfristig ein Einsparpotentialdarstellen. Sefbiges gilt auch für die nun dochzu vtroeamtenden lehr~r, die zwar kurzfristigzur Haushaltsentlastung beitragen, langfristig

jedoch den Staat teuer zu ste­hen kommen.Unt~r dem Schlagwort .Struk­

turtlleVtrbesseruogen bis 1999­find~t sich die geplante Bezirks­reform, die nilCh Angaben desSenats bei einer Verringerungvon 23 auf 12 (!) Bezirke einEinsp4rvo1umen von 165 Mio.DM ~rbringen soll. So sollenunteranderem die Bezirke Mit­

te, Tiergarten und Kteuzberg sowie PrenzlauerBerg und Wedding zu zukünftigen Bezirken tu­sionier~n. Der Haken dabei ist die für die Umset­zung nötige 2/3 Mehrheit im Abgeordnetenhaus,die aufgrund einer fraktionsübergreifendenProtestfront und einer hauchdünnen Mehrheit dergroßen K(lali!ion von vier Stimmen äußerst frag­lich erscheint.

Kreuzbergmittetiergarten

Wirklich absurd ersch~int der Kostenausgleichrar Brandenburger SchülerIn-nen. Dieser Vorschlag sieht vor, k(in (kill

ein Abkommen mit dem LandBrandenburg zu schließen, wo­nach dieses eine Ausgleichs­zahlung von ca. 50 Mio. DM ab1999 an das land Beflin leistensoll, um auch weiterhin Bran­denburger Jugendlich~n denSchulbesuch in Berlin tU er~

möglichen.Zugespitzt ließt sich bei Eta­

blierung dieses Modells tine un~

glaublicheVielzahl YOI'I MOglich­keiten schaffen, die wiederumdas BrandenbtJrger Finanzsäc:kelfutlten. Eine Straßtnabriebs~

gebUhr für Autos mit dem Kenn­zeichen B-._ wäre hier nur einBeispiellIon vielen.

Besonders hart werden dieEinsparungen Asylantinnenund Pflegebedürftige treffen.So sollen die vom land anKriegsflüchtlinge aus Bosniengezahlten Sondetvtrgütungenentfallrn und lediglich die imAsylbewerberleistungsgesetzv(){ge~henen Sachleistungenbezogen werden können.

Die Pflegebedlirftigen, die

seit EinfUhrung der Pflegeversicherung durch dasgrobe Netz dieser Regelung fallen und deshalbfinanzielle Zuwendungen seitens des landes be­ziehen, werden nun .generell auf den Durch­schnitt der anderen Bundesländer· angepaßt.

Beispiel für planerisches Mißmanagment sei~

tens der Koalltionlire ist auch der Baustopp fürdas ~reits fertig geplante Projekt der gemein­samen Bibliothek von Technischer Universitätund Hochschule der Künste. Hier taflen mit je­dem Jahr der verzögerten ~rtigstellung eineSumme von 2,9 Mio. DM Mietkosten für Aus­weichobjekte an.

Auch Vertragsstrafen für Planerinnen. Archi·tektlnnen und Bauunternehmen werden billi­gend in Kauf genommen. Es fragt sich nur, war­um es ausgerechnet wieder Wissenschafts- undKultureinrichtungen wie der Neubau für die ~To­pographie des Terrors· oder das Museum fürVerkehr und Technik sind, deren Planungen aufEis gelegt werden. Wenn der Senat mittlerweilebereit ist, horrende Summen für die Aufschie­bung von Bauvorhaben zu bezahlen, warumdann nicht für die wirklich teuren Projekt~ wiedie Milliardengräber von Messehallen bisTiergartentunnel? •

Foto: Aue

Njuhs UnAuf••f.rd....' 3

NJU 5Es tut •

ffilr sehr leid!Wissenschaftssenator Peter Radunski über die Ergebnisse der Sparklausur im Wissenschaftsbereich. I

\UnAufgefordert: Nach dem Ende du Sparklau­SUt du Be:rliner 5l:nau sttht der Wissen­schaftss«:nator als Verliuef da. Sie habtn dieAusfinanziefung der Ptrsonalhaushalte nichterreichen kl)nnen und mÜSRn bei den Uni­versitäten in den n~ct1sttn vier Jahren nocheinmal 150 Millionen DM einsparen.

Radunski: Ich habe nicht verloren, sondern d­nen politischen KompromiB gemacht. Ich habe!mitdi~mKompromiß wie: meine KolJtgen auchder Stadt t'int' politische Stabilität gegebt:n, diesie dringend bt:nlltigt

Wkso konnten Sk sich bei de:r Ausfinanzierungnicht durchsetzen, obwohl es hier nur um e:i­nen relativ geringen zusatzHchen 8etrag geht?

Mir tut es st:hr leid, daß es in der Frage der Aus­finanzierung zu keiner Einigung gekommen ist.Ich finde diese Entscheidung in der Sache auchnicht richtig, halte: sie aber ange:sichts de:r Not-

wendigkeit. den KonsoliditrungsprozeB des lan­dts Rerlios zum Erfolg zu bringen, gerade nochfür vtrtrdbar.Es wird in den nächsten Jahren in di~m Punktweitet 'h:rhandlungen gebtn. zumal die IkrlinerHochschulen hier g~enübtr ande~n öffentlichenBerliner lnstitutionc:n klar benachteiligt sind.

Mit der fehlenden Ausfinanzlen.lng ist aberauch de:r e:rfolgre:iche: Abschluß einc:s beide:r­se:itige:n Ve:rtragc:s in we:ite: Entfe:rnung gc:rückt

Ich glaube immt'r an politische: Vernunft ~nnc:s ble:ibt bei de:m Ange:bot, daß de:n Univc:rsiU­te:n e:ine: Ausnahmc:ste:llung e:ingeraumt wird. Mitdie$(m Vtortrag ble:ibt c:s bc:i de:r Garantie:, daßke:ine: we:itere:n Sparbe:tragt' bis zum Jahre: 2000hinzukomme:n. Eine: solche: Chance: sollte: je:tztvon dt'n UniversiUte:n auch ernsthaft ge:prilftund dann ge:nutzt we:rden.

Bis wann mus5(n sich nun die Univc:rslUte:n

e:ntsche:ide:n. ob sie: (ine:n Ve:rtrag abschlie:ßenwollen oder nicht?

Ich setze: ke:ine fristen. Zunächst mussen wirjetzt nach (inem Senatsbeschluß unseren Ver­tragsentwurf formulieren, damit wir mit denUniVC:rsltäten über einen gemeinsamen Ve:rtragvtrhande:ln konnen.

Wie wollen Sie bei Scheitern der Vertragsver­handlunge:n zwiSC'hen Universität und Senatdie: alte:n und ne:uen Sparsummen an den Uni­ve:rsi1äte:n umsetztn?

Dann beginntjtnes WKhselspiel zwische:n Uni­versitäten und Staat, welchrs seit Jahrtn ditBerliner Hochschulpolitik bestimmt. Die Univtr­sitäten müssen sich in ditser schwie:rigen Haus­haltssituation auch zu ihre:r Autonomie beke:n­ne:n und sc:lber hande:ln. Unsere Universitätenmlissen jetzt in der Lage sein. über Strukturan­derungen selbst zu entscheiden.

Haben denn Strukturdis­kussionen während der Spar­klausur im Wisse:nschafts­bereich eine Rolle gespielt?

Ne:in. Ich habe das ausge­schlossen, we:il ich nichl möch­te. daß man ZlIffi Nachte:il ei­ne:s Institutsoder einer fakultätgesaml!le:rliner finanzpro­bleme klärt. Dies ist im früh­jahr so geschehen und darf sichin dieser form nicht wiederho­Ie:n.

Hinsichtlich Adlershof scheinte:s aber doch Strukturentschei­dungen gegeben zu haben.Oiepgen hai am Oonne:rstagvon ~Akzenle:n· gesprochen.die in Adlershof gesetzt wer­de:n sollen. Stirbt das ProjektAdlershof?

Adle~hof soll we:iterhin in ~i­

nem Gesamtkonzept umge­setzt werden. Mit derVerschie­bung de:s Aufbaus de:r Chemieum ein Jahr wird am KonzeptAdlershof nicht ge:riittelt we:r­den. •

,\

4 , Njuhs

Für die Unis unannehmbar!HU-Präsident Hans Meyer über die Auswirkungen der Sparklausur auf die Berliner Universitäten.

Sie sind nun erst seit zwei Monaten Präsidentan der HU, doch bereits mittendrin in der näch­sten .Sparkrise~ der Berliner Hochschulen.

Macht das Amt noch Spaß?

Die Pharmazie, im Frühjahr geschlossen undnun per Verfassungsurteil wieder Bestandteilder Universität. soll von dieser nach Meinungdes Wissenschaftssenators nun zusätzlich fi­nanziert werden. Es wird seiner Meinung nachhier keine Korrektur der Sparsummen geben ...

Ich haltt: das für eine sehr unvorsichtigt: Mei·nung, denn sie provoziert den Gedanken, erneut

zum Verfassungsgericht zu marschieren. Denndie Voraussetzung für die Sparauflagen war jadie Schließung der Pharmazie, die nun über einUrteil wieder rückgängig gemacht wurde. Alsomuß unsder Staat die Kosten für die Pharmazieauch ersetzen.Ich verstehe zwar, daß der Staat uns gegenübernun so eine Art .Strafsanktion· verhängen möch·te, aber daß ist ein rechtlich riskantes Verhalten.

l1li

Foto: Alze

Es bleibt spannend.

Dann geht das normale politi·sehe Spiel weiter. Das heißt fürjede Sparmaßnahme trägt derSenat die politische Verant­wortung und wir nicht. Wenndie Sparmaßnahmen für unsunerträglich werden, müssenwir protestieren...

.•.also die Fortsetzung einesaltbewährten Berliner Rituals?

...wir haben in unserem Ver- Prof. !-13m M~(f

tragsentwurf ja ähnliches an-geboten, möchten aber 75 Prozent vom Verkauf­erlös bekommen. Hier wird man ebenfallsverhandeln müssen. Inwieweit die einzelnenUniversitäten liegenschaften räumen können,ohne dabei Schaden zu erleiden, ist noch offen.Aber der Idee, finanzielle Mittel über den Ver­kauf von liegenschaften zu t:rwirtschaften, ste­hen wir angesichts der Berliner Haushaltslagepositiv gegenüber. Bei einem Grundsatz: Es darfdabei kein Schaden für die Funktionsfahigkeit

der Universität entstehen!

Das notwendigt: Geld kannnun aber auch über den Vt:r­kauf von Grundstücken er­wirtschaftet werden. Der Staatbietet 40 Prozent für jede ver­äußerte liegenschaft der Uni­wrsität..•

Staatsseite abgeschlossenwerden können?

Protestieren kann man auf dieverschiedenste Art und Weise.Ich denke, man sollte das Po­tential an Protest nicht schonzum jetzigen Zeitpunkt strate~gisch ausbreiten.

Mit der Verschiebung des Umzugs der Chemienach Adlershof um ein Jahr ist auch die Rea­lisierung des Gesamtprojekts Adlt:rshof sehrunwahrscheinlich geworden.

Ich halte es für außerordentlich bedauerlich, daßdas einzig interessante Innovations· und lnve­stitionsvorhaben des Landes Berlin nun wennnicht gestoppt, so doch verschoben wird.Es wäre sicherlich ehrlicher gewesen, jetzt of­fen zuzugeben, daß man der Meinung ist, Adlers­hofsei für Berlin nicht mehr leistbar, als nun sozu tun. man müsse es nur um ein Jahr verschie~ben.

Nein, ich denke nicht. Verträge bestehen darin,daß zwei Seiten ihre Interessen artikulieren. Wirhaben unsere Interessen genannt, und jetzt hatdie Staatsseite zunächst die Grundlagen für ihreInteressen gelegt. Ich sehe mit Spannung demjetzt folgenden Vertragsentwurf entgegen, demdann sicherlich Verhandlungen folgen werden.

Die' Sf:natssl.':ite ist auf die Vorschläge der Uni­versitäten zum Abschluß eines Vertrages schein­bar nicht eingegangen. Ist für Sie damit dieIdee eines Vertragsabschlusses gestorben?

Was werden dit: Universitäten tun, wenn trotzallem Optimismus keine Verträge mit der

UnAufgefordert: Der Berliner Senat möchtedM Berliner Hochschulen bis zum Jahre 2000zusätzliche Sparauflagen in Höhe von 150Millionen DM aufdrücken. Wie soll das um­gesetzt werden?

Meyer: Das ist nicht umsetzbarl Selbst wenn wirauf alles verzichten, was für eine vernünftigeUniversitälsausbildung notwendig wäre, könn~

ten die Berliner Hochschulen diese zusätzlichenSLlmmen nicht umsetzen. Das sind illusionäreVorstellungen, die leider immer noch von demfalschen Gedanken genährt werden, daß dieUniversitäten lediglich Zuwendu/1gsempfängerund damit Kostgänger des Staates sind.

Der St:nat wird sich $chwt:rlich dazu bewt:gt:n

lassen, die beschlossenen Sparsummen wiederzurückzunt:hmen...

...dann muß sich dt:r Senat auch fragen lassen,ob er sich wirklich sicher ist. daß diese Vorstel·lungen, die er vom künftigen Haushalt hat, nichtnur der Erhaltung der Koalition dienen, sondern

in seinen Augen auch realistisch umzusetzensind. Ich möchte bezweifeln, daß letzteres derFall ist.Man hat sich in Berlin auf ein rigoroses Spar.

programm geeinigt, von dem man weiß, daß esso nicht durchsetzbar ist.

Sie stehen also weiteren Verhandlungen of­ftn gegenüber?

Bei diesen Verhandlungen kann sich natürlichherausstellen, daß das Gesamtergebnis für dieUniversitäten unannehmbar ist. In diesem Fallekönnen wir keinen Vertrag abschließen.Ein Ergebnis der Verhandlungen könnte aberauch die Rücknahme der beschlossenen Spar~

summen sein, die so in der Realität nicht umzu·setzen sind.

Njuhs 5

JUNIDie Meinungen gehen auseinander.Die Reaktionen der Universitätspräsidenten auf die Sparpläne sind unterschiedlich.

Bereits am Donnerstag reagierte der Präsident der Techni­schen Universität Berlin, eieter Schuhmann, auf die be­schlossenen Sparauflagen des Berliner Senats mit Entrü­stung: "Die ersten Informationen über Teilergcbnisse ausder Senatsklausur, die den Wisscnschaftsbereich in Berlinbdrdfen, batätigen die schlimmsten Bcfürchtungen derHochschulen. Ganz offenbar haben in den letzten Monatenund Tagen die Politiker [.•.] den Präsidenten und Hochschu­len nicht zugc:hört.· Für Schumann ist ..mit den nun vorlie­genden VOßtel1ungcn dc:s Berlinc:r Senats die gemeinsameBasis für einen Vertrag hinf"allig geworden," Ndlen einemandauerndc" EinsteUungsstop bdurchtd man 3m Tiergar­ten, daß die Universität bald keinen Mittelbau mehr habenwird. Mldztendlich bedeutrn diese Entscheidungen des Ber­liner Senats den Ruin der TU Berlin.M

Hans Meyer, Präsident der Humboldt-Univer­sitat zu Berlin, bestätigte in einem Interviewmit UnAufgefordert {siehe S. 5), daß die ver­langten Einsparungen in ihrem vollen Umfangzwar nicht erbracht werden können, ein völli­ges Scheitern des Vertrages sieht er jedoch nochnicht.

Mit "Bestürzung und Unglaubfon" hat auch dieHochschule der Künste die erneuten Sparauf­lagen des Berliner Senats zur Kenntnis genom­men. Sie gingen an die Substanz des Wissen­schaftsstandortes Berlin und seien keineRationalisierungs- und Umstrukturierungs­maßnahmen mehr, heißt es in der Presseerklli­wng der HdK vom 24. Oktober 1996. "Es istnicht mehr einsichtig, was in einem Vertragzwischen den Universitäten und Senat nochverhandelt werden kann, wenn durch die Ein­sparungen der eigentliche Gegenstand, näm­lich die Planungssicherheit, mangels Planungs­möglichkeiten entfällt", stellt die Unileitung derHdK abschließend fest.

"Bestürzungund Unglaube"

Einer Stellungnahme der Freien Universitätzufolge ist man auch dort nicht erfreut überdas Ausmaß der Kürzungen. "Wenn der sena­tor jedoch einen Vertrag wahr machen kann,der garantiert sicher ist, dann können undmüssen wir uns darauf einstellen", erklärt Pres­sesprecher Uwe Nef von der FU. Im übrigenkönne man zu den SparbeschlOssen nichts sa­gen. da ja noch unbekannt ist, wie gr06 dieSparrate ist, welche die Freie Universität be-

trifft. Unklar sei bisher auch,ob die Fachhochschulen mit­betroffen sind. Mit welchenMitteln und in welchen Berei­chen an der Freien Universi­tät g~partwerden soll, ist zurZeit noch ungeklärt. Vielesdeute jedoch auf einen unbe­grenzten Einstellungsstop hin.-Von einem totalen Zusam­menbruch der Universität, wiees der Präsident der TU getanhat, möchte ich nicht spre­chen", so Herr Nef von derPressestelle der FU.

Unterschiedliche Tönebei den Studenten

"Die Sparauflagen - ja, wirklich schlimm,nicht?" kann man im AStA der FU hören. Eineoffizielle Stellungnahme der Dahlemer Studen­tenvertretung gibt es jedoch noch nicht. "Wirmüssen uns die Beschlüsse jetzt erstmal inRuhe ansehen, bevor wir irgendwas bekanntgeben", erklärt Ulrike Gonzales von der fU.Schneller war die Studentenvertretung der TU,die schon am Freitag eine Stellungnahme ver­faßt hat: HNach den Beschlüssen des BerlinerSenates sieht die Zukunft der Berliner Bildungs­landschaft nicht nur düster, sondern pech­schwarz aus."

Etwas optimistischer klingt es an der Hum­boldt-Univt:rsiUit. Jan Ottker, Sozialreferent imRefRat, spricht von Erleichterung darüber, daßzunächst keine Studiengebühren eingeführtwurden. "Man muß jetzt aufpassen. wie langees dabei bleiben wird angesichts der geplan­ten bund~sweiten Einführung von Studienge­bLihren." Ansonsten seien die zusätzlichenSparmaßnahmen natOrlich eine weitere Ein­schränkung der Reformfähigkeit der Universi­täten, da sie sich jetzt weiterhin und verstärktim Abbau befänden. Ein Scheitern des Vertra­ges wird hier noch nicht gesehen. Immerhingäbe dieser den Universitäten eine größereSelbständigkeit; allerdings auch mehr Verant­wortung. "Wir haben momentan die BefOrch­tung, daß die Zusammenarbeit mit der Uni­leitung schwieriger wird; erklärt Mare Beyu,Öffentlichkeitsr~f~rentim HU-Refflat.

In drei Stellungnahmen hat sich auch die Op-

Anschuldigungenvon der Opposition

position zu den Sparbeschlüssen gdulkrt. Ein­heitlich wird hier vom Unvermögen der Regie­rungskoalition gesprochen, d~m -das V~rmö­

gen der Stadt zum Opfer" fällt, so Michaele$chreyer und Arnold Krause in ihrer gemeinsa­men Pressurldlirung von Bündnis 9O/Die GrO­nen. Scharf kritisiert werden vor allem die ge4

planten VermÖQensveräulkru ngen zur Sanieru"gdes Haushaltes.

-Als schlechter Witz müssen die Globalspar­summen Hir die einzelnen Ressorts bezeichnetwerden", so Harald Wolf, Fraktionsvorsitzen­der der POS. Sie seien nichts anderes als dasEingeständnis, daß die Klausur in ihrem we­sentlichen Vorhaben ohne Ergebnis geendethat. "Es ist nicht abzusehen, daß die einzelnen~natsressorts nun alleine fertig bringen sol­len, wozu sie gemeinsam nicht willens waren."

Für Harald Wolf ist der Verzicht auf Sludien-gebühren der einzig begrüßenswerte Punkt."Ansonsten hat Senator Radunslli seine Haus­aufgaben in keiner Weise ge:macht. Wenn manmit den Universitäten einen Vertrag abschlie­ßen will, dann kann man nicht erpresserischeEinsparsummen vorgeben. an statt mit ihnen

"Triefnasenkabinettohne Phantasie"

darüber zu sprechen, durch welche Struk­turentscheidungen in welchen Zeitr3umen Ein­spanmgen erzielt werden können."

Sybille Volkholz, wissenschftspolitische $pre­cherin von Bündnis SOIDie Grünen, hält die Ko­alition angesichts der Ergebnisse schlicht fürüberfordert: -In soichen schwierigen Zeiten istmehr Phantasie gefordert, als dieses Triefna­senkabinett besitzt."

Ein Verdacht liegt allgemein nahe: Oie $par­runde erfüllte lediglich den Zweck, die Koaliti­on zu retten; und um dieses nicht zu gefähr­den, verschließt man die Augen sogar vor derTatsache, daß ein Umsetzen der Sparsummenschlicht unmöglich ist. •

6 UnAuf....rcI.rt Njuhs

Äußerst zweifelhaftes VerfahrenDie Schließun~ der Pharmazie an der Humboldt-Universität

und der Zahnmedizin an der Freien Universität sind verfassungswidrig und damit nichtig.

Die im Zuge des Berliner Nachtragshaushaltes 1991'> verab­schiedete Schließung zweier Institute an HU und FU verstößtgegen die Berliner Verfassung. Zu diesem Schluß kommt dasBerliner Verfassungsgericht in seinem Urteil vom 22. Okto­ber (Al.: VerfGH 44/96).

Im Frühjahr diesen Jahres verabschiedete derBerliner Senat ein Haushaltsstrukturgesetz, daseine Reihe gravierender Kürzungen vorsah. Un­ter Federführung des Hauptausschusses, der ein­zelne Teile an die entsprechenden Fachausschüsseverwies, wurde innerhalb eines Monats ein Spar­paket von uber fünf Milliarden DM auf den Weggebracht Aufgrund des rechtlich äußerst zwei­felhaften Verfahrens entschlossen sich dieOppositionsfraktionen von POS und Bündnis 90/Die Grünen zu einem abstrakten Normen­kontroUverfahren vor dem BerlinerVerfassungs­gericht. welches nun entschieden wurde.

Demnach ist die Schließung der beiden Institu-te nicht mit Artikel 21 Satz 1 der Berliner Verfas­sung vereinbar, der das Grundrecht der Wissen~schaftsfreihell verbürgt.

In der Urteiisbegründung wird jedoch die posi­tive Grundaussage sehr schnell relativiert. OieRichterinnen führen aus, daß grundsätzlich kei­ne Bedenken bei der Schließung von Fachberei­chen oder Studiengängen seitens des BerlinerSenats bestehen, Dies ergibt sich aus den in Art.70 Grundgesetz (GGl überantworteten Gesetz­gebungsbefugnissen. Diese verleihen den Ländernsämtliche Gesetzgebungskompetenz, solange dasGG sie nicht dem Bund zuspricht. Zwar hat derBund nach Art. 75 GG von dem Recht Gebrauchgemacht, ein Rahmengesetz zu erlassen, jedochenthält dieses keine Vorschrift, die das bfanstan­dete Vorgehen des Berliner landesgesetzgebersals kompetenzwidrig ausweise. Einzig dem in §

60 des Hochschulrahmengesetzes verankertenZusammenwirken von land und Hochschule istnicht entsprochen worden. Während der Behand­lung durch den Wissenschaftsausschuß des Ber­liner Abgeordnetenhauses wurde den Präsi­dentinnen der Universitäten lediglich einzehnminütiges Statement zugestanden (sieheUnAuf Nr. 74, S. 14f.).

Während der Verhandlung kam es zum offe­nen Eklat zwischen den Verhandlungsparteien.Als deutlich wurde, daß das Gericht der Argu­mentation der Senatsseite nicht folgen wolle,

Foto: Fisihn

daß er trotz des Urteils an der Absenkung derHaushalte von HU und FU festgehalten wird. Fürdie HU bedeutet dies eine zusätzliche Sparlastvon 20 Millionen Mark. Nun wird von seiten derUnileitungen überlegt, ob ein weiterer Gang vorGericht zum Einklagen der Finanzen Aussicht aufErfolg hätte (siehe Interview mit Meyer).

Parole:Mir doch egal! 111

Derweil hat dieses Urteil auch Auswirkungenfür die Technische Universität. Dort hatte derAkademische Senat gegen die geforderte Schlie­ßung einer Vielzahl von lehramts~ und Magister­teilstudiengängen alternative Sparvorschi~ge vorallem im Bereich kostenintensiver Mietobjektegesetzt. Die Senatsverwaltung beharrte jedoch ineiner schier unglaublichen Arroganz auf derDurchsetzung ihrer Vorgaben, so daß sich sogardas Abgeordnetenhaus mit dem Konflikt beschäf­tigen soll. Das Urteil könnte nun also Signalwir~

kung haben, da es ausdrticklich die Beteiligungdtr Hochschulen und deren Kompetenz betontund die Mißachtung der Universit~tsvorschläge

ebenfalls als verfassungswidrig eingestuft wer­den müßte.

Eines jedoch zeigt das Beispiel der TU beson­ders deutlich: Die Schließung von Studiengän­gen ist politisch gewollt und nicht allein finanzi·eil begründet. a

legte diese ein ausgefertigtesDokument mit Abwägungs~vermerken seitens der Wissen­schaftsverwaltlillg vor, mit demeine ausreichende Beteiligungder Universitäten nachgewie­

sen werden soHte. Die angeblichen Adressaten,der Präsident der Freien Universität sowie die Ab­geordneten der Opposition, sahen jedoch nacheigener Aussage dieses Papier während der Ge­richtsverhandlung zum ersten Mal.

Auch in seinen weiteren Ausführungen beziehtsich das Verfassungsgericht auf die 1973 getrof­fene Grundsatzentscheidung des Bundesverfas­sungsgerichts zur Wissenschaftsfreiheit. Hiernachist die verfassungsmäßig festgeschriebene Wis­senschaftsfreiheit zugleich mit einem sogenann­ten Teilhaberecht ausgestattet, das den Wissen­schaftierInnen einen Anspruch auf .personelle,finanzielle und organisatorische Mittel· zusichert.Jedoch stehen die Ansprüche der Wissen­schaftlerinnen von vornherein unter den Vorbe­halt des Möglichen. So ist es nach Ansicht desGerichts zulässig, unter Anbetracht der bestehen­den Sparzwänge. die Millel der Wissenschaftzugunsten der Haushaltskonsolidierung einzu­schr~nken. Auf gut Deutsch heißt dies nicht we­niger, als daß ein landesgesetzgeber, wenn er sichmit Projekten wie dem Bau des umstrittenenTiergartentunnels mal wieder einen finanziellenBruch gehoben hat, die Hochschulen zur Aderlassen darf, um dem land das .Blut» für die nöti~

ge Operation zu liefern.Als erste Reaktion auf das Urteil ließ der

Wissenschaftssenator Peter Radunski erklären,

Prot~st 9~9c" die Sc:hli~ßungen

,

. ,Teilhaberecht

contra Sachzwang

Njuhs UnAufgefordert ... 7

NJUHSPressestimmen,

sei nichts gewesen: Der Gesetz­mangel ist schließlich aufhc:bbar-

"Nicht berauschend, aber vertretbar' ;e~~i~~r~~~tr~~~~~~;~~:~'u~:~Di~ KroipromiB entspricht der Problemlage derStadt I L'ingstclIaush:alts-KIausur in Berlin bee:ndet kehr der KomlXtenz und der 5or9-~ falt in die Wisstnschaftspolitik. Die

Hochschulen ha~n Gesprächs- und5par~r('itschart gezeigt. Nun ist derStoat am Zug.

Berliner Zeitung, 23. Oktober

.~Die Universitäten müSsen~eit~re i80 Millionen spare~'• DasAusgleichsangebot:· . '.köonen in Adlershof ihre geplan-

PlammgSsicherheit bis 2000 lao Gebäude bauen.

AuYWol: il/S; lkfb9~elDie Welt 8erliner Uol"getlpost. krliner Zeitvng. elie tageszeitung

BerIin schiebt den KonJ(lA'S vor siCh lIer

Repro: UnAuf

Berliner Ignoranz

Die Botschaft des Berliner Richterspruchs istverheerend: Oie Funktionäre glaubten zu Un-

Technologiepark Adlershof ­Realisierung fraglich

recht. Politik ohnr: das Volk machen zu können.Genau zr:hn Minuten wurden den Hochschulr:neingr:räumt, ihrr: Argumente gegen massive undunsinnige Einschnittr: vorzubringen. Mit dr:mProzeß dr:mokratischr:r WiHensbildung und Ent­scheidungsfindung hat das nicht mehr viel zutun. In zr:hn Minuten kann man ein Haus spren­gen, umgestalten kann man r:s nicht.

Frankfurter Rundschau. 23. Oktober

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Kahlschia )leim Zweittiett.._..--"""".=,,,,",-, <l!ft _~ k~ .....

Nach der Sparklausur des Sr:nats wird es im·mer fraglichr:r. ob dr:r gr:plante Technologie­park Adlershof realisiert werden kann. (u.)Wissenschaftssr:nator Peter Radunski hatte (...)schon längr:r bezweifelt. ob sich bei der ge­genwärtigen finanzlage eine Art Berliner.Silicon-Valtey" auf der griinen Wir:se bauenläßt. Wenn nicht plötzlich ein warmer Geld­regen über Berlin niedergeht. wird der Tr:ch·nologie-Park Adlershof wohl auf ahsehbart: Zeitin der Versenkung verschwinden", hieß es ge­stern in Senatskreisen.

Berlin~r Morgenpost. 25.0ktobtr

Zwn Schluß streichtDiepgen das Frühstück

, Senatoren nach Verhandlungsmarathon erschöpft

Löwe Radunski

Bei den Koalitionliren in der Sparklausur mußes wie eine KopfnuB gewirkt habtn: Das Haus­haltsstrukturgesen (_J ist in Teilen verfassungs­widrig. (_) Die V~rli~rer vor Gericht, der BerlinerS~nat, könntr: über das Urteil hinweggehen, als

In Berlin wird kein Theatergeschlossen, die Büh­nen haben trotz Sparmaßnahmen Planungs­sicherheit fijr di~ nächsten Jahre. (..,) Das ist einErgebnis der Sparklausur des Berliner Senats imKulturbereich. Kulturs~nator ~t~r Radunski zeig­te sich über das Ergebnis .bei all~n Problemen"zufrieden. _Er hat sechs Stunden lang gekämpftwie ~jn löwe", so sein Sprecher Axel Wall­rabenst~in.

Suddeutsch~ Zeitung, 25. Oktober

Tadel Tür Gesetzgeber

Einzeln werden die Senato-ren zum "Kamingtspräch" zi­

tiert. wie die Ressortrunden gmannt werden. ('_lBei zunehmender Kälte und abnehmendem Ta­geslicht ist die Reihe an Kultur-und Wissenschaftssenator PtterRadunski. Dem CDU-Mann. vom"Kugelblitz" redet schon lange nie­mand mehr, weht eisiger Wind insGesicht. Seinen Staatssekretärschickt er zwischenzeitlich aufdenFlur. Bei Kultur und Wissenschaftwird Landowsky laut. SPD-Haus­haltsmann Klaus Wowereit giftetzuriick. Das Klima erreicht einen neuen Tiefpunkt.Oiepgen, so wird es r~istriert. schweigt, als obihn das alles nicht mehr interessiere. Nach sed1sStunden hat es auch Radunski hinter sich ge­bracht C.)_ Hinter vorgehaltener Hand wird von)rrsinnigen. nicht zumutbaren Einschnitten" ge­sprochen. Radunski ist fest entschlossen, die Ent­scheidung positiv zu verkaufen.

Der Tagesspiegel, 25. Oktober

Die Welt. 25.0ktobtr

•Widerstand in den

'} Fraktionen gegen die'ßparpläne des Senats '

~SPDdmktUbfor~1\.lCh . iVorf.lel\ll~indefCDU~~rbe;~·,

Nichts ist prima

~mpressum:--~

Berliner Sparkur

Noch etwas hat die Sparklausur gezeigt: Grg...lk Koalitionen sind - entg~en der landläufi­g('n Meinung - nicht der Garant für Haushatts­konsolidierung. Oton auch die Partrl(r in solchenBundnisstn sthen nicht nur auf den Etat, son­dern schitlen häufig zuerst auf das politischeProfil.

Doch selbst dem Regierenden Bürgermeister,der den Verlauf der Klausur noch mit ~prima.

prima. prima" beschrieb, erscheint deren Ergeb­nis "nicht berauschend". Prima rur ihn ist allen­falls, daß es nicht zum Koalitionsbruch kam. Undprima für leute wie den Kultur- und Wissen­schaftssenator, die weiterhin an die wundersa­me Brotvermehrung gtauben, ist, daß sie sichbesonders hartnllckig den Sparzwängen wider­setzten und damit meinen, Gutes erreicht zuhabtn. Ansonsten aber ist nichts prima.

Der Taguspiegel, 25. Okto~

~uhs

nderausgabe der UnAufgefordert.El'SC'heint unregelmäßig.Herausgeber: S1l.Identenpariamentder Humboldt-Universität zu Berlin.Iftedaldion: Sammi Sandawi. Frank Dalichow,~ranzisca Busse. Jens Schier (veorantw.1San:: Stefan Bet:tz

~Kontalr.t ÜKr':UnAufgefordert

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