untersuchung zur spezifischen strahlenempfindlichkeit ... · building tests showed no significant...
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Untersuchung zur spezifischen
Strahlenempfindlichkeit
humaner Fibroblasten
mit Röntgenstrahlung
verschiedener spektraler Zusammensetzung
Strahlenklinik
der Medizinischen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
zur
Erlangung des Doktorgrades Dr. med.
vorgelegt von
Alexander Frank Miederer
aus
Roth
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als Dissertation genehmigt von der
Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler Gutachter: PD Dr. L. Distel Gutachter: Prof. Dr. R. Fietkau Tag der mündlichen Prüfung: 04. Dezember 2014
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Meinen Eltern,
Oma
und Yvonne
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Inhaltsverzeichnis
1. Zusammenfassung ................................................................................ 1
1.1 Hintergrund und Ziele ................................................................... 1
1.2 Methodik ....................................................................................... 1
1.3 Ergebnisse .................................................................................... 2
1.4 Schlussfolgerung .......................................................................... 2
2. Summary ............................................................................................... 3
2.1 Background and aims ................................................................... 3
2.2 Methods ........................................................................................ 4
2.3 Results .......................................................................................... 4
2.4 Conclusion .................................................................................... 4
3. Einleitung ............................................................................................... 5
3.1 Wunsch und Wirklichkeit im 19. Jahrhundert ................................... 5
3.2 Eckpunkte der geschichtlichen Entwicklung ..................................... 6
3.2.1 Röntgens Entdeckung der X-Strahlen ....................................... 6
3.2.2 Entdeckung der Radioaktivität und natürlicher Isotope .............. 7
3.2.3 Gefahrenbewusstsein ................................................................ 7
3.3 Grundlagen der Röntgendiagnostik .................................................. 8
3.3.1 Technische Modalitäten der Röntgenstrahlerzeugung .............. 9
3.3.2 Physikalische Grundlagen ....................................................... 10
3.3.3 Zellschäden durch ionisierende Strahlung ............................... 11
3.4 Zielsetzung der Arbeit .................................................................... 12
4. Material und Methoden ........................................................................ 14
4.1 Zellkulturen ..................................................................................... 14
4.1.1 Kultivierung .............................................................................. 14
4.1.2 Vorbereitung auf Bestrahlung .................................................. 16
4.1.3 Bestrahlung ............................................................................. 17
5
4.2 Immunostaining .............................................................................. 18
4.2.1 Prinzipielles Vorgehen ............................................................. 18
4.2.2 Verwendete Indikatorproteine .................................................. 19
4.3 Immunfluoreszenzmikroskopie und digitale Auswertung ................ 21
4.3.1 Mikroskopische Aufnahme der Fibroblasten ............................ 21
4.3.2 Auswertung der gefärbten Foci ................................................ 22
4.4 Koloniebildungstest ........................................................................ 24
4.4.1 Prinzip ...................................................................................... 24
4.4 Röntgenanlage ............................................................................... 26
4.4.1 Herstellerspezifikationen des Röntgengenerators ................... 27
4.4.2 Aufbau ..................................................................................... 28
4.4.3 Strahlenfeld ............................................................................. 29
4.5 Dosimetrische und spektrale Messverfahren ................................. 30
4.5.1 Szintillationszähler ................................................................... 30
4.5.2 Fricke-Dosmetrie ..................................................................... 40
4.5.3 Ionisationskammern ................................................................ 47
4.5.4 Geiger-Müller-Zählrohre .......................................................... 50
5. Ergebnisse ........................................................................................... 53
5.1 Spektralanalyse .............................................................................. 53
5.2 Dosimetrie ...................................................................................... 54
5.3 Bestrahlungsplanung ..................................................................... 56
5.4 Foci-Auswertung ............................................................................ 59
5.4.1 Differenzierte Datenermittlung ................................................. 59
5.4.2 Gepoolte Datenauswertung ..................................................... 62
5.5 Koloniebildungstest ........................................................................ 68
5.5.1 Ergebnisse der ersten Versuchsreihe ...................................... 68
5.5.2 Ergebnisse der zweiten Versuchsreihe.................................... 69
5.6 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................ 70
6. Diskussion ........................................................................................... 73
7. Literaturverzeichnis .............................................................................. 79
6
8. Abkürzungsverzeichnis ........................................................................ 83
9. Anhang ................................................................................................ 84
9.1 Verwendete Stoffgemische ............................................................ 84
9.2 Röntgenspektren ............................................................................ 86
10. Danksagung ....................................................................................... 96
11. Lebenslauf ......................................................................................... 97
1
1. Zusammenfassung
1.1 Hintergrund und Ziele
Röntgenologische Untersuchungstechniken haben sich in den letzten
Jahrzehnten zu unverzichtbaren Methoden der schnellen, sicheren und
zuverlässigen Diagnostik weiterentwickelt. Doch unbestritten ist auch die
biologisch schädigende Wirkung ionisierender Strahlung.
Dabei ist vom Gesetzgeber bisher innerhalb des Röntgenspektrums keine
Spezifikation zur energieabhängigen biologischen Wirksamkeit erfolgt,
obgleich in den letzten Jahren Hinweise auf eine höhere RBW bei
niedrigen Photonenenergien gesammelt wurden.
Ziel dieser Arbeit war es, die biologische Wirksamkeit
verschiedenenergetischer Röntgenstrahlung unter dosisäquivalenten
Bedingungen zu ermitteln.
1.2 Methodik
Dreh- und Angelpunkt der methodischen Untersuchung war die
Bedingung, die Zellkulturen mit möglichst äquivalenten Dosen zu
bestrahlen. Problematisch zeigte sich jedoch die Dosimetrie unter dem
Gesichtspunkt der sehr unterschiedlich zusammengesetzten
Röntgenspektren (EPh,max = 30kV; 40kV; 130kV mit gefiltertem
Niederenergieanteil) und den damit einhergehenden physikalischen
Eigenschaften, insbesondere der Absorptionsbedingungen. Daher wurde
für die Dosimetrie ein multimodaler Ansatz gewählt, um die jeweiligen
Stärken der verwendeten dosimetrischen Verfahren bestmöglich zu
vereinen beziehungsweise um die Gefahr einer systematischen
Fehlmessung zu minimieren. Chemische als auch physikalische
dosimetrische Verfahren kamen zum Einsatz, letztendlich kann auch die
erzielte biologische Wirkung als Form der Dosimetrie gewertet werden.
Dabei wurden sowohl vier Proteine des DNS-Schadens-Signalweges
immunologisch gefärbt als auch die dosisabhängige Koloniebildung an
humanen Fibroblasten angewandt.
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1.3 Ergebnisse
Die immunologische Färbung der Doppelstrangbruch-Indikatoren lieferte
heterogene Ergebnisse, welche keine eindeutige Tendenz zur
Abhängigkeit der biologischen Wirksamkeit von der Art der
Röntgenstrahlung zuließen. Auch die durchgeführten Koloniebildungstests
zeigten keine signifikante Änderung der Überlebensfraktion in
Abhängigkeit des verwendeten Spektrums der Röntgenstrahlung.
Einschränkend muss gesagt werden, dass verschiedene
Dosimetrieverfahren zu unterschiedlichen Absolutdosen unter gleichen
Versuchsbedingungen führten, wobei unter Berücksichtigung der
verschiedenen spezifischen Vor- und Nachteile der jeweiligen
Messverfahren versucht wurde, eine Dosisäquivalenz unter den
Messreihen zu erreichen.
1.4 Schlussfolgerung
Es konnten im Zuge dieser Arbeit keine eindeutigen Hinweise gefunden
werden, dass bei niedrigen Beschleunigungsspannungen von 30kV und
40kV im Vergleich zu 130kV eine erhöhte biologische Wirksamkeit der
Röntgenstrahlung vorliegt.
Unter Berücksichtigung anderer Publikationen zeigen sich diesbezüglich
widersprüchliche Resultate, wobei jeweils die Dosimetrie der
verschiedenen Röntgenspektren auf Grund ihrer unterschiedlichen
physikalischen Eigenschaften als kritischer Punkt der Versuchsreihen
angesehen werden kann.
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2. Summary
2.1 Background and aims
Examination techniques based on x-ray usage have been developing over
the last few decades to diagnostic methods being fast, safe and reliable.
But their harming effects on biological tissues are well known, too.
According to that, legislative authority hasn’t set up any specification on
energy dependent biological effectiveness of x-ray irradiation, although
there is evidence of higher relative biological effectiveness at lower photon
energies being proved by recent studies.
The main aim of this dissertation was to evaluate the biological
effectiveness of x-ray beams with different photon energies at equal
doses.
2.2 Methods
The key element of the process was to irradiate the cell samples at dose
equivalent conditions. Dosimetry was difficult to manage due to very
different x-ray spectrums (EPh,max = 30kV; 40kV; 130kV with filtered low
energy proportion) and thereby unequal physical properties of mainly
absorption conditions. Because of that dosimetry was set up with different
techniques to combine each advantages of the particular method as well
as to reduce systematic miscalculations. Both chemical and physical
methods of dosimetry were used. In the end, there were also biological
effects used as some kind of dose monitoring. On the one hand, four
proteins of the DNA damage signal pathway were immunological marked;
on the other hand, dose dependent colony building of human fibroblasts
was observed.
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2.3 Results
Immunologic marking of double strand break indicators showed
heterogenous results, which couldn’t prove clearly any dependence of
biological effectiveness on the kind of x-ray irradiation. Likewise the colony
building tests showed no significant change of survival fraction as a
function of the applied x-ray spectrum.
We have to admit restrictively that different dosimetric methods resulted in
odd doses under equal irradiation conditions. According to that, keeping
the specific advantages and disadvantages of different dosimetric
methods in mind, we tried to achieve best dose equivalence under these
conditions.
2.4 Conclusion
There is no significant evidence proving that lower acceleration voltages
like 30kV or 40kV result in elevated biological effectiveness of x-ray
beams in contrast to 130kV.
According to other publications our results differ from those. Maybe
different dosimetric methods interfere with the different physical properties
resulting in those different findings.
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3. Einleitung
3.1 Wunsch und Wirklichkeit im 19. Jahrhundert
„Elektra. Ein physikalisch-diagnostisches Märchen aus dem zwanzigsten
Jahrhundert.“ (Hopf 1892)
Dieses Märchen des Arztes und Schriftstellers Ludwig Hopf alias
Philander erzählt von einem jungen Landarzt, der nach Abschluss des
Medizinstudiums bei seinem ersten Patienten, dem Dorfpfarrer, nicht recht
weiß, woran der Geistliche leidet. Bei einem Abendspaziergang „seufzte
er und setzte sich ermattet auf eine Ruhebank: [*] ‚Ach [*], wenn es
doch ein Mittel gäbe, den Menschen durchsichtig zu machen wie eine
Qualle!‘ “(Hopf 1892)
In dem Märchen erscheint daraufhin die Fee Elektra, „[*] der Geist des
zwanzigsten Jahrhunderts [*]“ (Hopf 1892). Mit Hilfe deren Wunder-
lichtes gelingt es dem jungen Mediziner, den Pfarrer zu durchleuchten und
die krankmachenden Trichinen in seinem Körper als Ursache der
Beschwerden zu identifizieren.
Der junge Arzt war sich bewusst, mit Hilfe des zauberhaften Lichtes der
Fee „[*]ein Mittel von unberechenbarem Nutzen für die Menschheit in der
Hand zu haben.“ (Hopf 1892)
Diese im Jahre 1892 veröffentlichte Geschichte zeigt die bis dato
wahnwitzige Vorstellung, mittels Zauberlichtes einen Menschen zu
durchleuchten, um medizinische Diagnosen zu stellen.
Drei Jahre darauf revolutionierte die Entdeckung elektromagnetischer
Strahlung eben solcher Eigenschaften durch Wilhelm Conrad Röntgen die
Medizin. Nun war es tatsächlich möglich geworden, mittels
hochenergetischen „Lichtes“ solide Materie zu durchdringen und darauf
beruhend medizinische Diagnostik mit Hilfe jener Strahlung zu betreiben.
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3.2 Eckpunkte der geschichtlichen Entwicklung
Die erfolgreiche Entwicklung des Einsatzes ionisierender Strahlung in der
Medizin beruht auf den bahnbrechenden Entdeckungen der
Naturwissenschaftler des frühen zwanzigsten Jahrhunderts sowie der
konsequenten Weiterentwicklung zur heutigen hochtechnisierten und
spezialisierten medizinischen Nutzung.
Einige Meilensteine dieser Entwicklung sollen hier zu Beginn Einzug
finden.
3.2.1 Röntgens Entdeckung der X-Strahlen
Der an die Universität Würzburg berufene Professor Wilhelm Conrad
Röntgen, welcher bereits im Alter von 30 Jahren habilitierte, verfasste
zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten. Bei der Untersuchung von
Kathodenstrahlen stellte er am 08. November 1895, lange nachdem seine
Assistenten das Laboratorium verlassen hatten, eine merkwürdige
Erscheinung fest. Bei der Entladung von Hochspannungsimpulsen in einer
evakuierten Glasröhre begann ein in der Nähe stehender,
berylliumbeschichteter Schirm gelbliche Fluoreszenzerscheinungen zu
zeigen. Diesem Phänomen widmete Röntgen seine volle Aufmerksamkeit,
wobei er feststellte, dass bis in zwei Meter Entfernung von der
Hochspannungsröhre die Fluoreszenz zu beobachten war. Selbst ein
dazwischen gestelltes tausendseitiges Buch vermochte die Anregung
zwischen Röhre und Leuchtschirm nicht zu unterbinden. Erst einige Lagen
Stanniol warfen einen „Schatten“ auf die Leuchterscheinung. Im
Folgenden deckte Röntgen den Glaskolben der Kathodenstrahlapparatur
mit schwarzem Karton ab, wobei er die durchdringende Wirkung der von
ihm X-Strahlung genannten elektromagnetischen Wellen erkannte.
Die Entdeckung der später zu seinen Ehren „Röntgen-Strahlung“
genannten Emissionen aus der Kathodenstrahlröhre veröffentlichte
Röntgen unter anderem in der Schrift „Über eine neue Art von Strahlen“.
(Röntgen 1896) 1901 wurde der erste Nobelpreis für Physik ihm zu Ehren
verliehen. (Knutsson 1974)
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3.2.2 Entdeckung der Radioaktivität und natürlicher Isotope
Angespornt durch die neuerliche Beschreibung der Röntgenstrahlen
untersuchte der französische Physiker Antoine Henri Becquerel im
Frühjahr 1986 die Fluoreszenzerscheinungen natürlicher Gesteine wie
Uranerz. Durch die Fähigkeit, Fotoplatten zu schwärzen, schloss
Becquerel auf eine nicht sichtbare, den Röntgenstrahlen ähnliche
Emission. Damit beschrieb er erstmals die spontane Aussendung von
Strahlung aus natürlichen Elementen, die Radioaktivität.
Später zeigte Becquerel, dass die Uranemission aus schnellen Elektronen
besteht. Vereinbarungsgemäß wurde diese Strahlenart β-Strahlung
genannt.
Die Eheleute Marie und Pierre Curie vertieften auf Becquerels
Entdeckungen basierend die Erforschung radioaktiver Elemente.
Zahlreiche neue Elemente wie Polonium oder Radium wurden von ihnen
nachgewiesen oder zumindest theoretisch vorhergesagt.
Im Laufe der Zeit wurden die verschiedenen Emissionsarten natürlicher
Radioisotope untersucht und deren Mechanismen erklärt. Deren
Klassifikation in α-, β--, γ- sowie β+- und Neutronenstrahlung ist bis heute
gültig und unter anderem auch Grundlage für die Beurteilung der
biologischen Wirkung ionisierender Strahlung.
3.2.3 Gefahrenbewusstsein
Bereits im Jahr nach der Entdeckung der „X-Strahlen“ durch Wilhelm
Conrad Röntgen wurde versucht, die durch beschleunigte Elektronen
erzeugte elektromagnetische Emission therapeutisch zu nutzen. Einer der
ersten dokumentierten Einsätze aus dem Jahre 1896 beschreibt die
Bestrahlung eines Naevus pigmentosus. (Freund 1903)
Die Entdeckung von Strahlung, die feste Materie zu durchdringen
vermochte, trieb zu Beginn des 20. Jahrhunderts mannigfaltige
Entwicklungen voran. Leider war über die Gefahren und Spätfolgen des
Einsatzes ionisierender Strahlung zunächst wenig bekannt. Der Radiologe
Heinrich Ernst Albers-Schönberg berichtete zwar bereits 1909 während
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eines Symposiums der Deutschen Röntgengesellschaft von einer
maßgeblich strahleninduzierten Neoplasie seiner rechten Hand (Scherer
1992), jedoch fand erst 1925 ein Kongress auf internationaler Ebene in
London statt, der den Erfahrungsaustausch der Radiologen aus
verschiedenen Ländern vorantrieb. Davon ausgehend formierte sich 1928
in Stockholm die Internationale Strahlenschutzkommission. (Clarke und
Valentin 2009)
Im Laufe der Weiterentwicklung der medizinischen Anwendung
ionisierender Strahlen und nicht zuletzt durch die Erfahrungen aus den
Atombombenabwürfen sowie Unfällen kerntechnischer Anlagen wie in
Tschernobyl verfügen wir heutzutage über ein fundiertes Wissen bezüglich
der biologischen Strahlenwirkung von hochenergetischen Teilchen- und
Photonenemissionen.
Die Gesetzgebung setzt neue wissenschaftliche Erkenntnisse wiederum in
novellierte Richtlinien zum Strahlenschutz um.
Dabei stehen den staatlichen Organen nationale und internationale
Fachgremien wie die Strahlenschutzkommission oder die ICRP in
beratender Funktion zur Seite.
3.3 Grundlagen der Röntgendiagnostik
Die Röntgenuntersuchung zählt in verschiedenster Form zu den
medizinischen Standarddiagnostika, welche mannigfaltige Möglichkeiten
des Einsatzes bieten. Je nach Verwendungszweck werden jedoch
unterschiedliche Anteile des elektromagnetischen Spektrums verwendet,
um jeweils die bestmögliche Aussagekraft unter Applikation der
niedrigsten Strahlenexposition zu erzielen.
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3.3.1 Technische Modalitäten der Röntgenstrahlerzeugung
Röntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung in einem Spektrum,
welches zwischen dem niederenergetischerem ultravioletten Licht
(Photonenenergie bis etwa 100eV) und dem höherenergetischem Bereich
der γ-Strahlung (ab ca. 250keV Quantenenergie) liegt. Dabei sind die
Übergänge fließend und ist gerade die Differenzierung zur Gamma-
Emission eher durch den Ursprung der Strahlung als durch deren
Photonenenergie zu treffen.
Röntgenstrahlung ist demnach diejenige elektromagnetische Emission, die
in einer sogenannten Röntgenröhre beim Auftreffen von im Vakuum
beschleunigten Elektronen auf die Anode der Beschleunigungsstrecke
emittiert wird. Dabei entstehen einerseits Photonen eines
Energiekontinuums, dessen obere Grenzenergie der kinetischen Energie
der Elektronen entspricht. Andererseits werden auch charakteristische
Röntgenemissionen diskreter Energien ausgesandt, was dadurch zu
erklären ist, dass die beschleunigten Elektronen im Anodenmaterial nicht
nur abgebremst werden, sondern dort auch Hüllenelektronen aus Atomen
herausschlagen können. Werden diese „Lücken“ durch Hüllenelektronen
höherer Energiezustände besetzt, so wird die Energiedifferenz der
Niveaus in Form eines Photons ausgesandt.
Dabei ist zu beachten, dass die elektrische Leistung, welche zur
Beschleunigung der Elektronen verwandt wird, nur zu etwa einem
Hundertstel als Nutzstrahlung emittiert wird. Die restliche Energie wird an
Abbildung 1: Schematischer Aufbau einer Röntgenröhre und Spektrum derer Emission
Emax
10
der Anode in Wärme umgesetzt, was eine suffiziente Kühlung erforderlich
macht.
In der medizinischen Anwendung ist die Beschleunigungsspannung der
Elektronen ein wichtiger Parameter, der einsatzspezifisch modifiziert wird.
Des Weiteren beeinflusst die Filterung des primären Röntgenspektrums
maßgeblich die Eigenschaften der Wechselwirkung der Strahlung.
Das Strom-Zeit-Produkt, welches bei Röntgenanlagen aus dem
Elektronenstrom zur Anode und der Dauer der Emission der
Röntgenstrahlung gebildet wird, ist bei sonst konstanten Parametern direkt
proportional zur Anzahl der emittierten Photonen und damit auch zur
Dosis.
3.3.2 Physikalische Grundlagen
Die Energiedosis D ist zunächst ein streng physikalischer Begriff, der die
Energieabsorption einer Masse, vermittelt durch Strahlung, beschreibt. Die
SI-Einheit ist das Gray, woraus folgt:
D =∆E
∆mmit �D�=
1J
1kg=1Gy
Die Dimensionen von Photonenenergie und Dosis sollen an einem
vereinfachten Beispiel verdeutlicht werden:
Angenommen, man würde eine Röntgen-Thorax-Aufnahme mit
Photonenstrahlung der mittleren Energie E�Ph= 80keV durchführen und die
applizierte Dosis für den Patienten sei D=0,10mGy bei einer bestrahlten
Thoraxmasse von m=20kg, so bedeutete dies eine Gesamtenergie von
E=D·m=2,0mJ und damit n=E
E�Ph=1,6·1011 Photonen, welche diese
Energiedosis vermittelten (denn die Energie von einem Elektronenvolt ist
äquivalent zu 1,6·10-19 Joule).
Im Folgenden betrachten wir jedoch in der Theorie nur die
Wechselwirkung eines dieser Milliarden Photonen, um grundlegende
Kenntnisse über deren Eigenschaften darzustellen.
Untersuchungen von verschiedenen, ionisierenden Strahlenarten zeigten,
dass die Energiedosis als physikalische Definition nicht zur Beschreibung
biologischer Effekte ausreichte. So vermögen es schwere, geladene
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Alpha-Teilchen zum Beispiel bei einem zwanzigstel der Energiedosis einer
Photonenemission im Röntgenbereich eine vergleichbare biologische
Wirkung zu erzielen.
Es zeigte sich, dass die Art der Strahlung neben der deponierten Dosis
erheblichen Einfluss auf die biologische Wirksamkeit hat.
Diesem Umstand wurde durch Einführung der relativen biologischen
Wirksamkeit (RBW, englisch RBE für relative biological effectiveness)
Rechnung getragen. Hierzu wird die Energiedosis einer beliebigen
Strahlenart der Energiedosis einer Referenzstrahlung (250kV-
Röntgenemission) gegenübergestellt, bei der gleiche biologische Wirkung
erzielt wird.
Es gilt also: RBWX = D(X)
D(Referenz) bei biologisch gleicher Wirkung
Unter Berücksichtigung des daraus abgeleiteten Bewertungsfaktors q
können Energiedosen in die sogenannte Äquivalentdosis umgerechnet
werden, wodurch die strahlenspezifische biologische Effektivität mit
eingerechnet wird.
Äquivalentdosis H = q · D mit [H] = 1Sv
Gy · 1Gy = 1Sv („Sievert“)
Für Photonenstrahlung gilt die von der ICRP vorgeschlagene und in der
deutschen Strahlenschutzverordnung festgelegte RBW von 1,0 für alle
Quantenenergien der Photonen. (Veith 2012)
3.3.3 Zellschäden durch ionisierende Strahlung
Röntgenstrahlung gehört zu den dünn ionisierenden Strahlenarten, da
diese dadurch gekennzeichnet sind, dass ihre Energieabgabe in
durchdrungener Materie schrittweise und über eine relativ lange Strecke
erfolgt. Außerdem besteht die Wirkkomponente der Strahlung
hauptsächlich aus der Erzeugung von Sekundärelektronen durch
Streuung und Ionisation, welche wiederum durch Ihre Ladung und Masse
einen größeren LET (Linearen Energie Transfer) besitzen. Das bedeutet,
dass die durch Röntgenstrahlung induzierten Sekundärelektronen ihre
Energie in kürzeren Distanzen deponieren und somit lokal größere
Schädigungen an Zellkompartimenten hervorrufen. Des Weiteren bilden
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sich durch Ionisationsprozesse hoch reaktive Radikale und Ionen, welche
mit chemischen Bindungen interagieren und diese verändern können.
Kritisch für das Überleben einer Eukaryotenzelle ist dabei maßgeblich die
Schädigung der Chromosomen. Die Zellkompartimente außerhalb des
Kernes sind gegenüber den chemischen Veränderungen durch
ionisierende Strahlung wesentlich unempfindlicher.
3.4 Zielsetzung der Arbeit
Wie bereits geschildert kommen in der medizinischen Anwendung
unterschiedliche Spektren der Röntgenstrahlung zum Einsatz, welche an
die jeweiligen Anforderungen angepasst sind.
So wird bei der Mammographie beispielsweise „weiche“, d.h.
niederenergetische Röntgenstrahlung bis zu Photonenenergien von
maximal 30keV zur radiologischen Darstellung des Brustgewebes
verwendet, da hierdurch eine gute Kontrastierung der Weichteile erzeugt
wird und die zu durchstrahlende Dicke des Gewebes gering ist.
Im Gegensatz dazu muss bei computertomographischen Aufnahmen eine
hohe Beschleunigungsspannung von 80kV bis 120kV gewählt werden, da
der gesamte Körperdurchmesser inklusive der knöchernen Strukturen
durchdrungen werden muss, um eine Bildrekonstruktion zu ermöglichen.
Gleichzeitig sinkt die Strahlenbelastung und steigt die Durchdringungs-
fähigkeit durch Herausfilterung niederenergetischer Photonenanteile, da
diese durch geringe Halbwertsschichtdicken hauptsächlich zur
Dosisapplikation innerhalb des Körpers und nur in geringem Maße zur
Bilddarstellung beitragen.
Für die Berechnung der Äquivalentdosen bietet die Gesetzgebung in Form
der Strahlenschutzverordnung organspezifische Wichtungsfaktoren, die
deren Strahlenempfindlichkeit berücksichtigen. Die spektrale
Zusammensetzung der Röntgenemission ist jedoch nicht weiter
differenziert, jegliche Photonenenergie dieser Strahlenqualität wird mit
einer RBW von 1,0 gewichtet.
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Seit den 1990ern wurden jedoch immer wieder Daten publiziert, die darauf
hinwiesen, dass gerade niedrige Photonenenergien eine, bei gleicher
Dosis, größere biologische Wirksamkeit besitzen. (Nikjoo, Munson et al.
1999; Goggelmann, Jacobsen et al. 2003; Lehnert, Dorr et al. 2008)
Dementsprechend wurden im Zuge dieser Dissertation Röntgenspektren
mit maximalen Photonenenergien von 40keV mit gefilterter,
hochenergetischer Strahlung von Ua=130kV verglichen.
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4. Material und Methoden
4.1 Zellkulturen
Die Bestimmung von DNS-Doppelstrangbrüchen und die auf dieser
Grundlage getroffene Einschätzung der biologischen Wirksamkeit der
applizierten Strahlendosis erfolgte an menschlichen, primären Haut-
Fibroblasten.
Die verwendete Zelllinie zeigte eine im Vergleich zu anderen verfügbaren
Zellkulturen geringe Rate an spontanen DNS-Schäden. Dieser Umstand
sollte die Aussagekraft der radiogen induzierten DNS-Schädigung stärken.
4.1.1 Kultivierung
Die Kultivierung der Zellpopulation wurde aus kryokonservierten
Fibroblasten in der 18. Zellteilungsphase seit deren Gewinnung aus dem
Spenderorganismus begonnen. Die laborintern „HFF-15“ bezeichnete
Zelllinie stammte von einem Hautpräparat eines männlichen Kindes.
Die Startpopulation wurde in eine 50ml-Kulturflasche überführt und mit der
im Anhang spezifizierten Nährlösung überschichtet. Im Brutschrank
vermehrten sich die Fibroblasten bei 37°C Umgebungstemperatur sowie
einem dort herrschenden Kohlenstoffdioxidanteil von fünf Volumenprozent
an der Gesamtatmosphäre. Durch optische Kontrolle unter einem
Polarisationsmikroskop wurde der Zeitpunkt ermittelt, an dem die
Fibroblasten, welche nur einschichtig am Boden der Kulturflaschen
wuchsen, umgesetzt werden mussten. Dem liegt zu Grunde, dass durch
gegenseitige Kontaktinhibierung das Wachstum und die Zellteilung der
Fibroblasten eingestellt wird, sobald die Zelldichte einen kritischen Wert
erreicht.
Erfahrungsgemäß konnte nach drei bis vier Tagen Kultivierung eine
Umsetzung in neue Kulturflaschen erfolgen. Hierzu wurde zuerst das
verbrauchte Nährmedium abgesaugt, die Fibroblasten verblieben
angeheftet am Boden der Anzuchtflaschen. Um die Desmosomen-
vermittelte Adhäsion zu lösen und damit die Zellen zu mobilisieren wurde
15
1ml des Enzyms Trypsin auf den Zellrasen geschichtet und das
Kulturfläschchen anschließend in den Brutschrank verbracht, da die dort
herrschenden 37°C mit dem Temperaturoptimum der Protease
übereinstimmten. Nach 2 Minuten konnte die Wirksamkeit der Behandlung
erneut am Polarisationsmikroskop überprüft werden. Durch fehlende
Adhärenz schwommen die Zellen nun in kugelförmiger Gestalt in der
Enzymlösung. Eine zu lange Einwirkdauer hätte jedoch neben den
desmosomalen Brücken auch die Transmembranproteine und andere
Proteine der Zellwände der Fibroblasten angedaut, so dass die Wirkung
des Trypsins durch Zugabe von 9ml Nährlösung blockiert wurde.
Anschließend wurde die Zellsuspension auf zwei Kulturflaschen zu je 5ml
(10ml entsprechend 1ml inaktives Trypsin sowie 9ml Nährlösung)
aufgeteilt und erneut im Brutschrank bis zur nächsten Verdopplungsphase
angezüchtet. Dabei zeigte sich nach wenigen Stunden breits die
Anheftung der Zellen am Boden der Anzuchtflaschen, was durch die
typische Form der Fibroblasten ausgehend von der initialen Kugelform zu
sehen war.
Das gezeigte Verdoppelungsschema wurde nun solange durchgeführt, bis
eine ausreichende Zahl an Zellen zur Weiterbehandlung zur Verfügung
stand. Bedingt durch die bei jeder Umsetzung erfolgte Verdopplung der
verfügbaren Anzuchtfläche folgte die Wachstumskurve der Fibroblasten
annähernd einem exponentiellen Verlauf zur Basis 2, was rasch für eine
ausreichende Menge an Zellmaterial sorgte.
Abbildung 2: a) mäßig dichte Zellpopulation b) Fibroblasten vor der Umsetzung c) nach Trypsin-Zugabe
a b c
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Abbildung 3: a) Zell-Pellet b) Ergebnis der Zellzählung
4.1.2 Vorbereitung auf Bestrahlung
Für die Applikation der Röntgenstrahlung wurden schließlich die
gezüchteten Fibroblasten erneut nach dem aufgezeigten Schema aus den
Anzuchtflaschen gelöst, dann jedoch nach Deaktivierung des Trypsins
zentrifugiert (t=8min bei rcf=370g). Dabei setzte sich ein immer noch
vitales Zell-Pellet am Boden ab, welches nach Abgießen des Überstandes
in frischem Nährmedium resuspendiert wurde. Eine 100µl-große Probe
dieser Suspension diente der Bestimmung der Zellzahl unter
Zuhilfenahme eines
CASY-Partikelzählers,
welcher nebenbei
auch eine Unter-
scheidung in vitale
und abgestorbene
Bindegewebszellfrag-
mente aufgrund deren
Größe treffen konnte (siehe Abbildung 3).
Nun wurden die Fibroblasten für eine letzte Wachstumsphase auf
Deckgläschen überführt, welche zugleich der mikroskopischen
Betrachtung nach Bestrahlung und Färbung dienten. Dazu wurden die
24x60mm großen, zuvor im gespannten Dampf sterilisierten
Deckgläschen in diese aufnehmende Petrischalen überführt und darauf
die Fibroblastensuspension verteilt. Nach Überschichtung mit Nährlösung
wurden die Zellen erneut für 48 Stunden im Brutschrank belassen.
Nach dieser Zeit hatte sich ein dichter Zellrasen auf den Glasscheibchen
gebildet.
In Versuchsreihe 3 wurde eine Modifikation der Aussaat vorgenommen.
Es zeigte sich nämlich, dass bei der Anzucht in runden Petrischalen mit
einem Durchmesser von 8cm, entsprechend einer Fläche von
APetri=50cm², die auf die eingelegten Deckgläschen (ADG=14cm²)
verbrachten Fibroblasten auch von den Glassscheiben herunterwanderten
und sich auf dem Boden der Petrischälchen anhefteten. Diese Zellen
konnten im weiteren Verlauf verfahrenstechnisch nicht mehr analysiert
a b
17
werden. Daher kamen als Anzuchtgefäße in oben genannter
Versuchsnummer Quadriperm®-Gefäße zum Einsatz. Diese zeichneten
sich durch quadratische Form aus, welche passgenau die Fibroblaten
tragenden Glasscheiben aufnehmen konnten. Somit konnte die Zelldichte
der auswertbaren Fibroblasten gesteigert sowie deren Teilungsaktivität
minimiert werden. Dies war unter dem Gesichtspunkt, dass nur Zellen in
der G0-Phase ausgewertet wurden, günstig hinsichtlich der zur Verfügung
stehenden Menge an gefärbten und auswertbaren Zellkernen.
4.1.3 Bestrahlung
Zur Dosisapplikation wurden die vitalen Zellkulturen mit den Petrischalen
im Strahlenfeld der Röntgenröhre positioniert.
Dabei wurde auf die jeweils identische
Positionierung der Deckgläser geachtet, da
diese innerhalb der Petrischalen einen
gewissen Bewegungsspielraum hatten und
somit die Ausrichtung anhand der
Kulturschälchen eine ungenügende
Dosisäquivalenz innerhalb der Zelllinien zur
Folge hätte haben können. Abbildung 4
verdeutlicht das optisch kontrollierte
Positionierungsverfahren innerhalb des fest auf der Trägerschiene
markierten Nutzstrahlenfeldes. Näheres zum Strahlenkegel unter Kapitel
4.4.2 bis 4.4.3.
Nachdem die eingestellte Zieldosis auf die Zellkulturen eingewirkt hatte,
konnten die Fibroblasten zuletzt je nach Versuchsreihe nochmals
entweder 30 Minuten oder 24 Stunden im Brutschrank Schadenreparatur
an der DNS vollziehen, bevor in den folgenden Schritten alle
Stoffwechselvorgänge gestoppt wurden.
Abbildung 4: Positionierung der Deckgläser im Strahlenfeld
rot: Dosismesspunkt
18
γH2AX 1:1500 +Ki-67 1:50
M
R
ATMpS1981 1:300
+Ki-67 1:50
p53BP1 1:50
+Ki-67 1:50
PML 1:50
+Ki-67 1:50
Sekundär-Antikörper: G/M (grüner Goose-Anti-Mouse-AK) 1:400
C/R (roter Chicken-Anti-Rabbit-AK) 1:200 Fettstiftmarkierung
M
M
M R
R
R
Abbildung 5: Anordnung der Antikörper auf den Deckgläsern mit jeweiliger Verdünnung
4.2 Immunostaining
4.2.1 Prinzipielles Vorgehen
Die auf den Deckgläsern bestrahlten Zellkulturen wurden nach der jeweils
zugeteilten Reparaturzeit im Brutschrank biologisch inaktiviert (geblockt)
und für die Fluoreszenzfärbung vorbereitet.
Begonnen wurde mit einer fünfminütigen Waschung mit 1x PBS auf einem
Schüttler, um Nährmedium grob zu entfernen.
Anschließend erfolgte die Inaktivierung biologischer Prozesse mittels
Überschichten mit Formaldehyd-Lösung für 15 Minuten unter einem
Abzug. Nach Ablauf dieser Zeitspanne durchliefen die Deckgläser eine
dreimal fünfminütige Behandlung mit 1xTBS unter stetigem Schwenken.
Daraufhin wirkte die Blocking-Lösung für 24 Stunden auf die Zellkulturen
ein, welche wiederum mittels dreimal fünfminütiger Waschung mit 1xTBS
entfernt wurde. Durch diesen Arbeitsschritt wurden unspezifische
Proteinbindungen inaktiviert und somit die Spezifität der
Antikörperbindung gesteigert.
Nach Lufttrocknen der Deckgläser konnte die Einteilung in vier
Quadranten erfolgen. Ein mit Fettstift gezogenes Kreuz verhinderte dabei
das Ineinanderlaufen der wasserlöslichen Antikörper, welche nun in der
entsprechenden Verdünnung auf die Deckgläser aufgetragen wurden,
wobei das Schema gemäß Abbildung 5 Anwendung fand.
Pro Quadrant wurde
dabei jeweils ein
unterschiedliches In-
dikatorprotein für
DNS-Schäden so-
wie das Zellzyklus-
Protein Ki-67 ange-
färbt.
Die primären Anti-
körperlösungen
19
wirkten über einen Zeitraum von 48h bei einer Umgebungstemperatur von
T=4°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von rH=100% auf die fixierten
und permeabilisierten Zellkerne ein. Nach dieser Inkubation erfolgte das
Abwaschen der Antikörperlösung durch dreimaliges Prozessieren einer
fünfminütigen Waschung in 1xTBS.
Nun wurden die primären Antikörper durch gegen diese selbst gerichtete
Immunglobuline opsoniert. Der Sekundärantikörper war dabei mit einer
fluoreszierenden Markierung versehen, so dass jene unter entsprechender
Anregung sichtbar gemacht werden konnte. Auch dieser Inkubationsschritt
erfolgte innerhalb von 24 Stunden unter dampfgesättigter Atmosphäre im
Kühlschrank, was ein Austrocknen der wässrigen Trägerlösung
verhinderte.
Im letzten Färbeprozess wurden die Zellkerne unspezifisch markiert.
DAPI-Lösung interkalierte dabei zwischen den DNS-Strängen und verlieh
dem gesamten Zellkern eine homogene, blau fluoreszierende Färbung.
Zuletzt wurden die Deckgläser mittels einer öligen Lösung (Vectashield®)
auf beschrifteten Objektträgern blasenfrei adhäriert.
4.2.2 Verwendete Indikatorproteine
Der multimodale Ansatz mittels vier verschiedener Proteine der DNS-
Schadens-Signalkaskade sollte der Auswertung der Zellschädigung durch
die Bestrahlung größere Aussagekraft verleihen.
Dabei wurde der Ansatz verfolgt, dass die zwar zahlenmäßig geringer
auftretenden, schwerwiegenden Doppelstrangbrüche der DNA-
Doppelhelix diejenigen radiogenen Effekte im Zellkern darstellen, welche
die Mutations- und Überlebensraten maßgeblich bestimmen. Zwar treten
Einzelstrangbrüche und Punktmutationen häufiger auf, diese werden
jedoch durch Reparaturkaskaden sehr zuverlässig und meist folgenlos
wiederhergestellt. Was die Zellzyklusarreste beziehungsweise bleibende
Mutationen induziert, sind die komplexeren Brüche des Doppelstranges.
(Radford 1985; Roots, Kraft et al. 1985)
Folgende Antigene wurden dabei mittels der beschriebenen
Immunfluoreszenzmethode gefärbt:
20
53BP1 - Tumor protein p53 binding protein 1
Das phosphorylierte p53 Binding Protein 1 (p53BP1) spielt durch Bindung
an das Tumorsuppressorgen p53 eine bedeutende Rolle in der
Zellzykluskontrolle im Zusammenhang mit strahleninduzierten Schäden.
Dabei ist es an der Aktivierung von p53, dem G2/M-Arrest und der
Kontrolle innerhalb der S-Phase beteiligt. Eine geringere Rolle wird ihm
auch bei der Wechselwirkung mit Brca1 sowie Chk2 zugesprochen. Die
Aktivierung der p53BP1-Kaskade selbst läuft über den „Strahlensensor“
ATM, welcher separat besprochen wird. (Wang, Matsuoka et al. 2002;
Cuddihy und Bristow 2004)
γH2AX
Die DNS der eukaryoten Zelle ist durch bestimmte Proteine, die
sogenannten Histone, kondensiert, das heißt platzsparend um diese
Proteinaggregate herumgewickelt. Dabei setzen sich die Histon-Oktamere
aus den Typen H2A, H2B, H3 und H4 zusammen. In den 80er Jahren des
20. Jahrhunderts wurde durch Gelelektrophorese eine Variante des H2A-
Proteins, das H2AX, entdeckt. Dies besitzt eine Schlüsselrolle in der DNA-
Doppelstrangbrucherkennung. (Redon, Pilch et al. 2002) Durch
phosphorylierte ATM-Monomere wird an in der Nähe zu einem
Doppelstrangbruch liegenden H2AX-Histonen eine Phosphatgruppe an
Serin-139 gebunden. Diese Phosphorylierung von H2AX zu γH2AX
erstreckt sich über 2·106 Basenpaare (vom Doppelstrangbruch aus
gezählt). Bei einer Dosisapplikation von einem Gray pro Zellkern werden
1% des chromatingebundenen H2AX durch Phosphatbindung markiert,
dies entspricht 35 Doppelstrangbrüchen im gesamten Genom. (Rogakou,
Pilch et al. 1998)
pATMser1981
Die ATM-Kinase ist ein Sensor für sowohl strahleninduzierte Schäden als
auch andere Schädigungen an Säuger-Zellen. (Pandita, Lieberman et al.
2000) DNS-Schäden werden aus einem Komplex von MRE11, RAD50
21
und NBS1 erkannt und phosphorylieren ihrerseits ATM-Dimere, welche
nun selbst die Histone H2AX in der unmittelbaren Umgebung des
markierten Schadens an Serin-139 mit einer Phosphatgruppe
versehen.(West und van Attikum 2006)
PML
Das PML-Gen (von Promyelozytenleukämie) kodiert eine Proteinstruktur,
welche als kumuliertes Aggregat ähnlich den Histonen mit DNS-Strängen
interkaliert und sogenannte PML nuclear bodies formiert.(Shen, Lin et al.
2006) Wird die DNS-Integrität nun durch Umwelteinflüsse wie ionisierende
Strahlung verletzt, so lösen sich aus der Quartärstruktur einzelne PML-
Proteine heraus und aktivieren durch die größere Oberfläche die p53-
Signalkaskade, um auf die Schädigung der Erbinformation adäquat zu
reagieren. (Dellaire und Bazett-Jones 2004) Nicht nur die Apoptose-
Kontrolle, sondern auch die DNS-Reparatur wird unter anderem durch
PML-Proteine reguliert. (Bernardi und Pandolfi 2003)
4.3 Immunfluoreszenzmikroskopie und digitale
Auswertung
4.3.1 Mikroskopische Aufnahme der Fibroblasten
Um die immunologisch markierten Fibroblasten der Datenverarbeitung
zuzuführen, mussten digitale Aufnahmen derselben erstellt werden.
Ein System, bestehend aus einem Leica-Fluoreszenzmikroskop sowie
einer CCD-Kamera von MetaSystems (CoolCube) lieferten die
Bildvorlage. Das Steuerungsprogramm Metafer unterstützte dabei die
halbautomatische Gewinnung von fusionierten Panoramaaufnahmen der
Objektträger. Folgendes Vorgehen wurde dabei gewählt:
Bis zu acht Objektträger gleichzeitig wurden in einem Automatiklader des
Mikroskops positioniert und die Versuchsbedingungen der einzelnen
Zellreihen an die Software zur Namensgebung der Bilddatensätze
übermittelt. Die Nomenklatur enthielt dabei Versuchsreihe,
22
Versuchsbedingungen (Beschleunigungsspannung und Reparaturzeit)
sowie angefärbte Proteine. Nach manueller Einstellung des
aufzunehmendes Bereiches sowie der Belichtungszeiten erfolgte eine
automatisierte Erstellung eines 11.264 mal 8.832 Bildpunkte großen TIFF-
Bildes aus einzelnen Aufnahmen mit dem 40x-Okular. Je nach Zelldichte
auf dem Objektträger waren damit bis zu 1.000 Zellen auf dem Gesamtbild
erfasst.
4.3.2 Auswertung der gefärbten Foci
Auf Grundlage der fusionierten mikroskopischen Aufnahmen konnte die
quantitative Erfassung der gefärbten Foci in den Zellkernen der
Fibroblasten erfolgen. Die dazu verwendete Software Biomas auf Basis
des Bildanalysetool Optimas 6.5 unterstützte die Auswertung unter
folgenden Gesichtspunkten:
Nach initialem Laden des zu bearbeitenden TIFFs erfolgte eine selektive
Kanaltrennung der Farbinformationen von rot, grün und blau, welche mit
8bit Graustufen ersetzt wurden. Somit lagen also die relevanten
Informationen, nämlich die Kernfärbung (blau) sowie das jeweilige
Indikatorproteine nebst Ki-67 (grün und rot) als getrennte,
helligkeitscodierte Bildinformation vor. Diese Dreiteilung aus 8bit-
Graustufen-Bildern zog sich den gesamten Analyseprozess fort. Eine
Glättung und moderate Weichzeichnung der Bilder verbesserte das
Ausführen des letztendlich folgenden, automatischen Suchalgorithmus’
nach Foci.
Im nächsten Schritt ermittelte das Bildanalyseprogramm nach Markierung
einer Zelle durch den Benutzer anhand des DAPI-TIFFs die einzelnen
Zellkerngrenzen und erzeugte für jeden Farbkanal drei neue Bilddateien.
Diese enthielten in einem festen Raster die selektierten Zellkerne, wobei
die Information der Kerngrenzen, analysiert aus der DAPI-Färbung, auch
auf die antikörpergefärbten Bilder übertragen wurde, da hier keine
Kerndimensionen wegen des fehlenden Blau-Kanals ausgelesen werden
konnten. Automatisch wurden bei der Sortierung alle Kerne, deren Größe
einen definierten Schwellenwert unter- bzw. überschritt, aussortiert, da
23
diese mit großer Wahrscheinlichkeit nur Bruchstücke oder
aneinandergelagerte Kerne darstellten.
Im Anschluss an die automatisierte Aufarbeitung der relevanten Zellkerne
mussten nochmals manuell diejenigen Markierungen gelöscht werden, die
falsch gefärbte oder anderweitig irreguläre Kerne oder Bruchstücke
enthielten.
Daraufhin wurden im Informationskanal der Ki-67-Färbung
schwellenwertgesteuert alle Zellen oberhalb einer bestimmten
Leuchtintensität aus der Auswahl entfernt. Dadurch ließen sich diejenigen
Fibroblasten, welche sich nicht in der G0-Phase des Zellzyklus befanden
und unabhängig von strahleninduzierten Prozessen hochregulierte
Reparaturproteine exprimiert hatten, aussondern. (Rothkamm, Krüger et
al. 2003; Branzei und Foiani 2008)
Nun blieben lediglich korrekt gefärbte, in der G0-Phase fixierte Zellkerne
ohne Artefakte jedweder Art in der Programmauswahl übrig. Diese
Fibroblastenkerne konnten nun der AutoFoci-Routine zugeführt werden.
Diese ermittelte nach benutzergesteuerter Anpassung von oberem und
unterem Schwellenwert der Leuchtintensität eines Focus für jeden
Zellkern die Anzahl der angefärbten Proteinakkumulationen.
Schwankungen der Lumineszenz der Färbung konnte durch manuelles
Deselektieren von Kernen oder Hinzufügen nicht erkannter Protein-Foci
entgegengewirkt werden.
Die somit erfassten Daten wurden automatisch einer Tabellenkalkulation
zugeführt; diese umfasste unter anderem die Anzahl der ausgewerteten
Zellen sowie deren jeweilig ermittelte Foci-Zahl inklusive der Lumineszenz
der jeweiligen Spots. Weitere statistische Grundfunktionen ermittelten
Maximum, Minimum, Mittelwert als auch den Median der Foci-Zahl.
24
Zellen mittels DAPI-Kanal
( blau ) automatisch erkennen und auf allen drei Kanälen sortieren
Mittels Ki67-Signal Zellen außer-halb G0-Phase schwellenwert-
gesteuert ausschließen
Foci des Zielproteins automatisch zählen
lassen und ggf.
manuell korrigieren
abschließende Datenübermittlung in Tabellenkalkulation
Farbkanäle trennen ( rot, grün, blau ) und in 8-bit Graustufen umwandeln
morphologisch atypische Zellkerne im
DAPI-Kanal ( blau ) aussortieren
mikroskopisch gewonnenes
Fusionsbild des Objektträgers laden
4.4 Koloniebildungstest
4.4.1 Prinzip
Ein Verfahren, um Noxen dosisabhängig auf ihre zellschädigende Wirkung
zu testen, stellt der Koloniebildungstest dar. Dabei werden Petrischalen
mit einer definierten Anzahl an Test-Zellen bestückt und der zu
untersuchenden Noxe in unterschiedlicher Konzentration ausgesetzt. Eine
Negativkontrolle dient zur Referenzwertermittlung, da nicht alle
ausgesäten Zellen auch weiterhin Mitosen vollziehen. Anschließend
werden die Kulturen im Brutschrank inkubiert, bis sich lichtmikroskopisch
monoklonale Kolonien von mindestens 50 Zellen, in diesem Falle
Fibroblasten, gebildet haben. Diese können nun mit Methylenblau
angefärbt und unter optischer Kontrolle gezählt werden.
Dabei erhält man aus der Negativkontrolle zunächst die
Ausplattierungseffizienz, welche besagt, wie viele Zellen nach der Aussaat
auch wirklich teilungsfähig geblieben sind und eine Kolonie aus
monoklonalen Derivaten bildeten.
Abbildung 6: Ablauf der PC-gestützten Foci-Auswertung
25
Dem gegenüber ermittelt man aus der behandelten Probe, bezogen auf
die Kontrolle, die Überlebensrate, welche besagt, wie groß der Anteil an
teilungsfähig gebliebenen Zellen nach Einwirkung einer Noxe im Vergleich
zu Negativkontrolle ist.
4.4.2 Durchführung
In den Versuchsreihen wurden die Fibroblasten der Zelllinie HFF-15 nach
bekanntem Schema mittels Trypsinbehandlung aus den Anzuchtflaschen
gelöst und in Nährmedium suspendiert. Anschließend wurden die Zellen in
der Zentrifuge vom restlichen Medium abgeschieden (8min bei 370rcf) und
in 2ml Kulturlösung resuspendiert. Ausgehend von dieser Stammlösung,
deren Zellkonzentration mittels des Partikelzählers CASY ermittelt wurde,
erfolgte eine Verdünnung auf Konzentrationen von 1,0 · 104Zellen
ml sowie
1,0 · 103 Zellen
ml. Diese Verdünnungen dienten der Überführung in mit Medium
beschickte Petrischalen, wobei die Fibroblastenmenge nach folgendem Schema
verteilt wurde:
Dosis Kontrolle 0,5 Gy 1,0 Gy 2,0 Gy 4,0 Gy 6,0 Gy 8,0 Gy
Fibroblastenzahl 500 500 500 750 1500 2000 3000
Die höhere Zellzahl bei großer Dosis stützt sich auf die wesentlich
geringere Überlebensfraktion und diente somit der Verbesserung der
Ergebnisermittlung, da sonst zu wenige Kolonien zur Auswertung zur
Verfügung gestanden hätten.
Nachdem die Fibroblasten in die Petrischalen überführt und durch
Schwenken homogen verteilt wurden, verblieben sie bis zur Bestrahlung
für 4 bis 24 Stunden im Brutschrank, um erneut am Boden der Gefäße
anzuwachsen.
Nun erfolgte die Dosisapplikation in den definierten Abstufungen mittels
Röntgenstrahlung, wobei drei Versuchsreihen mit den
Beschleunigungsspannungen 30kV, 40kV sowie 130kV mit zusätzlicher
Kupferfilterung angelegt wurden.
Tabelle 1: eingesäte Zellen in Abhängigkeit von der Dosisapplikation beim Koloniebildungstest
26
Nach der Bestrahlung verblieben die Petrischalen im Brutschrank, wobei
wöchentlich das Nährmedium ersetzt wurde. Nach zwei bis drei Wochen
konnte eine ausreichende Zellzahl pro Kolonie unter dem
Polarisationsmikroskop festgestellt
werden, woraufhin das Nährmedium
abgegossen und die Schalen mit
Methylenblaulösung überschichtet
wurden. Der Farbstoff wirkte 30
Minuten auf die Zellen ein und wurde
im Anschluss mit destilliertem Wasser
aus den Petrischalen heraus-
gewaschen. Nach Lufttrocknung
konnten nun die gefärbten Kolonien
per Hand markiert und gezählt werden.
4.4 Röntgenanlage
Da die korrekte Dosisapplikation Dreh- und Angelpunkt dieser Dissertation
war, wurde hinsichtlich einiger Gesichtspunkte besonderer Wert auf die
Analyse der Bestrahlungsapparatur sowie der Dosimetrie gelegt. Die
Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt.
Abbildung 7: gefärbter Koloniebildungstest
27
Tabelle 2.1: technische Daten der verwendeten Röntgenröhre
4.4.1 Herstellerspezifikationen des Röntgengenerators
Die Produkte aus der Isovolt-Serie von General Electric, die zur
Erzeugung der ionisierenden Strahlung verwendet wurden, hatten
folgende Spezifikationen:
Unipolare Röntgenröhre ISOVOLT 160 M2 0.4-3.0
maximale Beschleunigungsspannung Umax 160kV
maximaler Anodenstrom Imax
19mA (4mA bei U=Umax; >19mA bis zur max. Anodenverlustleistung möglich)
Brennfleckgröße (großer/kleiner Focus) nach EN 12 543
5,50mm / 1,00mm
maximale Anodenverlustleistung (großer/kleinerFocus)
3,0kW / 0,64kW
Eigenfilterung
1,0mm Beryllium und Aluminium, entspricht etwa 2mm Aluminium
Hochspannungserzeuger 160kV Titan E mit Bedien-/Kontrolleinheit
Hochspannungswelligkeit 5 V/mA; 40 kHz
Anzeigegenauigkeit Spannung Absolutgenauigkeit
0.1 kV < ±1%
Anzeigegenauigkeit Strom Absolutgenauigkeit Reproduzierbarkeit (bei konstantem Temperaturlevel)
0,1 mA ± 1% ±0.01%
Zeitwahl (in Minuten)
0,1 bis 99,9 in Schritten von 0,1 = 6s (entspricht Intervallen von 6,0 Sekunden)
Tabelle 2.2: technische Daten der Kontrolleinheit der Röntgenanlage
28
4.4.2 Aufbau Die Erzeugung der
Röntgenstrahlung erfolgte
mittels der beschriebenen
Röntgeneinheit von
General Electric, welche in
einem bleigeschirmten
Schrank mit Türkontakt-
schaltern betrieben wurde.
Innerhalb des Bleikäfigs
bestand die Möglichkeit,
verschiedene Ebenen
mittels passenden
Einschüben zu nutzen. Die
Zellbestrahlung erfolge in
der High-Dose-Ebene,
welche durch den geringen
Abstand zur Röntgenanode
niedrige Bestrahlungszeiten
bei Dosisleistungen von bis
zu 10 Gy
min erlaubte. Die
Bohrung im mittleren
Bleiboden von 6mm
Durchmesser erlaubte es
weiterhin, den am Boden
befindlichen Szintillator zur Spektralanalyse heranzuziehen. Dieser
musste auf Grund der hohen Empfindlichkeit maximal weit entfernt von
der Röntgenquelle positioniert werden.
Längenangaben im
mm
Abbildung 8: Aufbau der Bestrahlungsanlage
29
4.4.3 Strahlenfeld
Das Nutzstrahlenfeld der Röntgenröhre wurde in zweierlei Hinsicht
untersucht. Zum einen wurde die absolute Dosismessung durchgeführt,
welche in den folgenden Kapiteln genauer dargestellt wird.
Zum anderen sollten nähere Untersuchungen zu den spektralen
Eigenschaften der erzeugten Strahlung gemacht werden, wie im Kapitel
Szintillationszähler nachzulesen ist.
Des Weiteren wurde die Schwärzung von Röntgenfilmen als
Untersuchungsmethode zum Strahlengang eingesetzt. Verwendet wurden
sowohl spezielle Röntgenfilme ohne Verstärkerfolie, als auch
empfindlichere Filmfolien in Verstärkerkassetten.
Die belichteten Aufnahmen zeigten die Dimensionen des Strahlenfeldes in
der jeweiligen Aufnahmeebene (siehe auch Abb. 8), sowie grob die
Homogenität des erzeugten Nutzfeldes und dessen Randbereich. Auch
wenn hier die Schwärzung von Filmen kein Verfahren für die exakte
Absolutdosimetrie darstellte, so konnten durchaus relative
Dosisunterschiede über die Graustufenwerte der digitalisierten Filme
kenntlich gemacht werden.
Eine unter gleichen Bedingungen durchgeführte Filmaufnahme im
Abstand von zwei Jahren konnte die Konstanz des Strahlenfeldes über
diesen Zeitraum zeigen, wobei auch die durch den unterschiedlichen
Austrittswinkel an der Anode winkelspezifisch am Anodenmaterial
geschwächte Strahlung auf dem digital aufbereiteten Bild erkennbar ist.
Abbildung 9 zeigt die aufbereiteten Röntgenfilme.
30
Abbildung 9: a)Aufnahme Wechselebene vom 30.04.2010 b) Aufnahme vom 28.02.2012 jeweils aufgearbeitetes Röntgenfilmbild mit Histogramm und Abstufung der
grauwertabhängigen Einfärbung
4.5 Dosimetrische und spektrale Messverfahren
4.5.1 Szintillationszähler
Ein mögliches Verfahren, um spektrale Untersuchungen von Röntgen- und
Gammastrahlung vorzunehmen und durch deren Analyse unter anderem
auch Rückschlüsse über Dosisverteilungen zu treffen, stellt die Messung
mittels Szintillationskristallen dar. Das zugrunde liegende Prinzip der
Szintillation wird unter anderem in digitalen Bildwandlern von Röntgen-
und nuklearmedizinischen Anlagen eingesetzt.
Die hier verwendete Messapparatur bestand aus folgenden Komponenten:
• Gamma-Detektor 09101.00 (Firma Phywe)
• Betriebsgerät für Gamma-Detektor 09101.93 (Firma Phywe)
• Vielkanalanalysator (erweiterte Version) 13727.99 (Firma Phywe)
• Analyse-Software PhyweMeasure (Version 1.0; Firma Phywe),
installiert auf:
• Laptop (Hawlett Packard)
a b
Intensität Intensität
Grauwert Grauwert
31
Funktionsprinzip:
Szintillation
Die Szintillation (lateinisch scintillare = „funkeln, flackern“) steht für einen
physikalischen Effekt, welcher die Aussendung von niederenergetischen
Photonen eines Kristalles beschreibt, dessen Atome durch
hochenergetische elektromagnetische Strahlung angeregt wurden. Im
konkreten Fall ist der eingesetzte Szintillator ein Einkristall, bestehend aus
mit Thallium dotiertem Natrium-Iodid. Röntgen- und γ-Strahlung, welche
den Kristall passiert, vermag in der Kristallstruktur Elektronen aus dem
Verband zu schlagen, welche analog zur Halbleitertechnik als freie
Elektronen diffundieren und ein „Loch“, also eine positive Ladungslücke,
hinterlassen. Diese Ladungen können durch den Kristall wandern und bei
Wechselwirkung mit einem der Aktivatorzentren, welche durch die geringe
Beimischung an Thallium erzeugt werden, diese anregen. Beim
Zurückfallen in den Grundzustand senden die Aktivatorzentren ihrerseits
Photonen im sichtbaren Bereich (λ = [400nm; 800nm]) aus, welche den
Einkristall wegen seiner optischen Eigenschaften sehr gut passieren
können. Entscheidend ist, dass die Energie der erzeugten Photonen
proportional zur Anregung der Kristallstruktur ist, welche wiederum linear
von der einfallenden Photonenenergie der Röntgenstrahlung ist. Somit
können nach Prozessierung der Lichtblitze des Kristalls quantitative
Aussagen über die zugrundeliegende Anregung durch hochenergetische
Photonen getroffen werden.
32
Impulserzeugung
Zur Umwandlung der optischen Impulse in elektrische Signale bedient
man sich folgender Technik:
Abbildung 10: Aufbau eines Szintillationszählers
Wie in Abbildung 10 skizziert wird der Szintillationskristall nicht zuletzt
aufgrund seiner Empfindlichkeit (Bruchgefahr) von einem
Aluminiummantel umhüllt, welcher auch als Reflektor für Lichtblitze dient.
An einer Seite des Kristalls treffen die erzeugten Lichtimpulse auf eine
Photokathode, an der die Lichtblitze Elektronen herausschlagen, deren
kinetische Energie der Photonenenergie abzüglich der zur Herauslösung
aus der Kathode notwendigen Bindungsenergie entspricht. Diese
einzelnen Photoelektronen müssen nun verstärkt werden, um verwertbare
Messimpulse zu erzeugen. Dazu werden sie durch mehrere
Beschleunigungsstrecken geschleust. Bei jedem Aufprall auf eine
sogenannte Dynode lösen sich pro einschlagendem Elektron mehrere
Sekundärelektronen. Die Hintereinanderschaltung mehrerer Dynoden löst
so am Ende eine regelrechte „Lawine“ an Sekundärelektronen aus, die am
Messausgangswiderstand R6 einen ausreichend großen Spannungsabfall
bewirkt. Auch dieser Spannungsabfall ist der Energie des Photoelektrons
und somit der Energie des Photons, welches den Szintillationskristall
angeregt hat, direkt proportional. Zusammenfassend kann also festgestellt
werden, dass unter Zuhilfenahme des beschriebenen Szintillationszählers
ein hochenergetisches Photon in einen proportionalen negativen
33
Spannungspuls „übersetzt“ werden kann, welcher anschließend digital
weiterverarbeitet wird.
Signalaufbereitung
Das am Ende des Photomultipliers erzeugte Rohsignal aus der
verstärkten Antwort der Photokathode dient als Grundlage für die digitale
Weiterverarbeitung. Dazu müssen die Spannungspulse jedoch noch
aufbereitet werden. Zu allererst invertiert ein Pulsformer das negative
Signal vom Szintillationszähler und erzeugt einen positiven Sinuspuls, der
nun vom Operationsverstärker des Vielkanalanalysators vergrößert wird.
Ein nachgeschalteter Differenzverstärker kann mittels individuell
eingestelltem Offset Rauschen und Messwerte im unteren Energiebereich
ausblenden. Darauf wurde bei der in dieser Arbeit vollzogenen
Auswertung verzichtet, da auch ein nachträgliches Ausblenden von
Datenbereichen in der Tabellenkalkulation möglich ist. Im letzten Schritt
wird das analoge Signal nun zum Weiterverarbeiten digitalisiert. Der
verwendete Vielkanalanalysator bot die Möglichkeit, das aufbereitete
Analogsignal über einen separaten Ausgang oszillografisch darzustellen.
Zum besseren Verständnis wird dies im folgenden Kapitel zur
Messsoftware aufgegriffen und erläutert.
Digitale Auswertung
Die Kenntnis der Prinzipien des Szintillationszählers erleichtert das
Verständnis der Funktionsweise der Analysesoftware, die aus den
Spannungspulsen des Verstärkers Photonenenergien berechnet.
Die Auswertung des prozessierten Signales aus dem Szintillationzählers
erfolgte mit Hilfe des Messprogramms „Phywe Measure“. Dieses rechnet
die Impulshöhe des exportierten Signales aus dem Vielkanalanalysator in
Photonenenergien um. Dabei wird ausgenutzt, dass die Höhe des
Eingangssignals direkt proportional zur Energie des detektierten Photons
im Szintillationskristall ist. Zur Kalibrierung der Messkurve wird ein
Gamma-Strahler mit bekannten diskreten Energieniveaus eingesetzt, in
diesem Fall wurde auf Grund der zu erwartenden Photonen im
34
Energiebereich bis 160keV (entspricht der maximalen
Beschleunigungsspannung der Röntgenröhre) ein radioaktives Präparat
gewählt, welches diesen zu kalibrierenden Bereich ebenfalls abdeckt. Es
zeigte sich nämlich, dass die ersten Kalibrierversuche mit Caesium-137
zwar für einen Messbereich bis etwa 2 MeV eine hinreichende Präzision
erlaubte, jedoch war die Gamma-Emission von 662keV weit außerhalb
des Zielbereichs der Röntgenröhre.
Daraufhin wurde der im Vergleich zum Cs-137-Präparat zwar weniger
aktive (etwa 50Bq versus 2000Bq), jedoch mit mehreren im erstrebten
Messbereich liegenden Gammaenergien strahlende Testadapter von
Thermo Scientific, welcher aus Lutetiumoxid besteht, benutzt. Das
enthaltene Lu-176 zeigt in dessen Zerfallsreihe unter anderem γ-Zerfall
mit folgenden Energiestufen (die relative Häufigkeit des Zerfalls wird in
Klammern angegeben):
55keV (26%); 63keV (6,9%); 88keV (13%); 202keV (84%); 307keV (93%)
Die fettgedruckten Energien wurden zur linearen Drei-Punkt-Kalibrierung
der Messsoftware herangezogen. Dabei ergab sich ein Kompromiss aus
dem Zielbereich (0 – 160 keV) und der Intensität der Energiestufen,
welche aufgrund der relativ geringen Aktivität lange Zeit detektiert werden
mussten, um eine ausreichende Genauigkeit bei der Peak-Bestimmung zu
gewährleisten. Der bereits erwähnte lineare Zusammenhang aus
Spannungsänderung am Messausgang und Energie des
zugrundeliegenden Photons wird von der Software folgendermaßen
Interpretiert:
Wie bereits erwähnt erhält der Analog-Digital-Wandler des
Messverstärkers einen positiven Sinuspuls, dessen Spannungsänderung
direkt proportional zur Energie des Röntgen-Photons ist, das im Kristall
eine Szintillation ausgelöst hat. Abbildung 11 zeigt eine Darstellung zweier
unterschiedlich energetischer Detektionsereignisse, welche am Eingang
des A/D-Wandlers abgegriffen wurden.
35
2ms/cm
1V/cm
Abbildung 11: Messsignaldarstellung am Oszilloskop
Die analoge Impulshöhe wird
mit 12bit, also 212 = 4096
Stufen digitalisiert, welche
von der Software als
Eingangsdatensatz ange-
nommen wird. Diese wertet
die ersten 4000 Stufen als
sogenannte Messkanäle
aus, wobei Kanalnummer 0
der niedrigsten und
Kanalnummer 3999 der höchsten Energie entspricht. Mit Hilfe der
Kalibrierung können den Kanalnummern Photonenenergien zugeordnet
werden, was eine quantifizierbare spektrale Auswertung ermöglicht.
Dies erfolgt, indem die Intensitätsmaxima der Kanalnummern den
bekannten Zerfallsenergien des verwendeten Präparates zugeordnet
werden, in diesem Fall den spezifischen Energien der Lutetium-
Zerfallsreihe. Die Software erstellt daraufhin eine lineare Regression nach
dem Schema:
E(x) = m · x + t
mit E(x) ≙≙≙≙ Photonenenergie; x ≙≙≙≙ Kanalnummer; m ≙≙≙≙ Steigung;
t ≙≙≙≙ Nullpunktabgleich
Somit kann jede der 4000 Kanalnummern mit einer Auflösung von circa
0,2 keV einer diskreten Photonenenergie zugeordnet werden. Diese
Kalibriermethode ist schematisch in Abbildung 12 dargestellt.
In der weiteren Auswertung hat sich gezeigt, dass Photonen mit Energien
kleiner 11keV durch sekundäre Wechselwirkungen innerhalb des
Szintillationskristalles detektiert werden, da diese die Aluminiumhülle des
Detektors nicht in ausreichendem Maße durchdringen können.
36
Abbildung 12:Kalibrierung anhand dreier bekannter Emissionslinien von Lu-176
Signalqualität
Da die Szintillationsmessung zwar wenig zur Absolutdosimetrie
beigetragen hat, jedoch ein Großteil der Vorversuche zur spektralen
Analyse der Röntgenquelle mit dessen Hilfe durchgeführt wurde, konnten
im Verlauf der Messungen systematische Fehler reduziert und wichtige
Erkenntnisse zum korrekten Betriebsablauf gewonnen werden.
Schon früh zeigte sich, dass die Messung von Spektren mit Hilfe des
Szintillationszählers unter einer nicht veränderbaren Einschränkung
stattfand. Dies betraf die Trennschärfe von Energiestufen. So gab der
Hersteller eine Unschärfe monoenergetischer Energieimpulse von ±6%
an. Dies zeigte sich bereits beim Kalibrieren der Messsoftware, da die
verwendeten γ-Photonen diskreter Energien als Verteilungsfunktion mit
0
50
100
150
200
250
300
350
0 500 1000 1500
En
erg
ie (
keV
)
Kanalnummer
Kalibrierpunkte
lineare Näherung
37
Abbildung 14: Energieschwankung dreier bekannter Emissionen in Relation zur Detektortemperatur
der erwarteten Energie als Maximum sowie abfallenden Flanken bis zu
den angegebenen 6% Abweichung zu jeder Seite detektiert wurden.
Des Weiteren zeigten sich bei Messungen, die an unterschiedlichen
Tagen durchgeführt wurden, geringe Abweichungen der
Energiekalibrierung, welche sich über den gesamten Messbereich
erstreckten. Eine anfängliche Vermutung, basierend auf Erfahrungen der
NASA im Einsatz von sattelitengestützten Spektrometern, welche unter
den Außentemperaturen des Weltraumes eine andere Energieausbeute
im Szintillationskristall zeigten als unter Raumtemperatur, wurde mit einer
Messreihe untersucht. (Mitrofanov, Bartels et al. 2010)
Dazu befand sich der Szintillationszähler zur Kühlung auf +4°C in einem
Kühlschrank. Daraufhin wurde er aus diesem entnommen, an die
Geräteperipherie angeschlossen und ein diskretes Zerfallsspektrum von
Caesium-137 über einen Zeitraum von 35 Minuten aufgezeichnet.
Gleichzeitig wurde die Erwärmung des Detektors auf Raumtemperatur
mithilfe eines Temperaturfühlers überwacht. Anschließend wurde die
Stabilität der gemessenen Zerfallsenergien durch Aufzeichnung dreier
Photonenenergien überprüft, welche sich nicht proportional zur
Temperatur änderten und innerhalb einer Messungenauigkeit von
E0+0,45% pendelten. Somit wurde eine Temperaturabhängigkeit im
Rahmen der herrschenden Raumtemperaturschwankungen ausge-
schlossen. Die grafische Darstellung der Versuchsergebnisse ist in
Abbildung 13 und 14 einzusehen.
0,999
1,000
1,001
1,002
1,003
1,004
1,005
10 15 20
E/E
0
Temperatur ( °C )
1307 keV654 keV1152 keV
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
0 10 20 30
Tem
pera
tur
T (
°C)
Zeit t (min)
Abbildung 13: Zeit-Temperatur-Verlauf der Spektrometererwärmung
38
Als weiterer Schritt wurde überprüft, ob die Komponenten des
Szintillationszählers über die Betriebszeit hinweg stets gleich kalibriert
arbeiteten. Hierbei stellte sich heraus, dass in der Tat innerhalb der ersten
zwei Stunden nach Inbetriebnahme der Messapparatur eine Schwankung
der Photonenenergiedetektion festzustellen war. Daher neigte der
Szintillationszähler, welcher softwareseitig nach oben aufgezeigtem
Vorgehen zu Beginn von Messungen, also nach dem Einschalten der
Komponenten, kalibriert wurde, im Versuchsverlauf eine Abweichung von
charakteristischen Spektrallinien zeigte, welche ja eigentlich
monoenergetische und stabile Energieniveaus darstellen.
Ein vierstündiger Versuch brachte Gewissheit über die zu Beginn
auftretende Photonenenergieverschiebung. Dazu wurde in regelmäßigem
Abstand die 662keV-Emission von Caesium-137 detektiert. Abbildung 15
zeigt die Unterschätzung der Photonenenergie innerhalb der ersten zwei
Stunden seit Inbetriebnahme der Messgerätschaften sowie die danach
einsetzende Stabilisierung der Ergebnisse.
Als weitere Erkenntnis konnte die beste Glättung der primär gezeigten
Spektren mit Hilfe des Langzeitversuches ermittelt werden. Denn
naturgemäß überlagern sich auch bei den hier getätigten Messungen das
eigentliche Signal mit Rauschen unterschiedlicher Herkunft, wie z.B.
thermisches Rauschen in den Halbleiterelementen oder Interferenzen
durch nicht ausreichend abgeschirmte Datenleitungen. Daher verfügt der
Operationsverstärker über einen justierbaren Offset, welcher nicht benötigt
wurde, sowie die Auswertungssoftware Phywe Measure über eine
einstellbare Glättung der Spektrenaufnahmen. Dabei stehen 22 Stufen
von keiner bis starker Glättung zur Verfügung. Den besten Kompromiss
aus Rauschunterdrückung und geringem Informationsverlust lieferten
dabei niedrige Einstellungen um 5 von 21 Stufen. Abbildung 15 zeigt drei
verschiedene Glättungen der Messergebnisse aus dem Langzeitversuch
zur Energiestabilität, nämlich keine (0/21), mäßige (5/21) sowie starke
Glättung (10/21).
39
Abbildung 16: 160kV-Röntgenspektrum, aufgenommen an drei unterschiedlichen Tagen
Abbildung 15: Langzeitauswertung der ermittelten Emissionsenergie der 662keV-(Caesium-137)-
Photonen mit drei verschiedenen Software-Glättungen (0/21, 5/21, 10/21) des Messprogramms
Unter Berücksichtigung der Hypothese, die Szintillationsmessung bedürfe
einer zweistündigen Warmlaufphase, ehe korrekte Messungen zu
erwarten seien, erklärt sich auch die zuvor erhobene Auswertung dreier an
unterschiedlichen Tagen ermittelten Spektren unter sonst gleichen
Aufnahmebedingungen, abgesehen von unterschiedlichen Einschaltzeiten
der Apparaturen (Abbildung 16).
98,0%
98,5%
99,0%
99,5%
100,0%
100,5%
101,0%
101,5%
102,0%
0:0
0
0:1
0
0:2
0
0:3
0
0:4
0
0:5
0
1:0
0
1:1
0
1:2
0
1:3
0
1:4
0
1:5
0
2:0
0
2:1
0
2:2
0
2:3
0
2:4
0
2:5
0
3:0
0
3:1
0
3:2
0
3:3
0
3:4
0
3:5
0
4:0
0
E(t
) / E
(0)
Zeit t (h:min)
Cs-137 0/21Cs-137 5/21Cs-137 10/21Cs-137 Vorversuch
0
100
200
300
400
500
600
700
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160 170
dete
kti
ert
e P
ho
ton
en
Photonenenergie (keV)
29.11.2011
05.12.2011
12.12.2011
40
4.5.2 Fricke-Dosmetrie
Die durch DIN 6800 Teil 3 normierte Eisensulfatdosimetrie, auch Fricke-
Dosimetrie genannt, stellte für die in dieser Arbeit genutzten
Dosisbestimmungen eine wesentliche Grundlage dar.
Hauptargument für die Wichtigkeit dieses chemischen Messverfahrens
sind die stark an die eigentliche Zellbestrahlung angelehnten
Messbedingungen, die bei der Fricke-Dosimetrie angewandt wurden.
Prinzip
Abb. 17: Prinzip der eingesetzten Eisensulfatdosimetrie
Die Eisensulfatdosimetrie erlaubt indirekt Rückschlüsse über die auf die
Messlösung eingewirkte Strahlendosis, indem die Oxidation von Fe2+-
Ionen quantitativ ermittelt wird. Innerhalb gewisser Grenzen, welche für
diese Versuchsreihen eingehalten wurden, besteht ein linearer
Zusammenhang zwischen eingewirkter Dosis und Oxidation von Fe2+ zu
Fe3+.
Dabei erfasst die Messmethode die direkte Oxidation des Eisens durch
Strahlenwechselwirkung als auch die quantitativ häufigere Reaktion von
ionisierender Strahlung mit den Wassermolekülen in der Messlösung,
deren Spaltprodukte als Oxidationsmittel die Eisenionen in den Zustand
Fe3+ überführen. Somit stellt man die oxidativen Bedingungen, denen sich
die bestrahlten Zellkulturen gegenüber finden, in guter Näherung dar.
Die Messlösung ist weiterhin so zusammengesetzt, dass ein
nachträgliches Reduzieren der Eisen-(III)-ionen verhindert wird. Somit
41
Abbildung 18: Auszug aus dem Tabellenwerk nach Tabelle 3: Effektive Photonenenergie Drexler und Wachsmann (Wachsmann, 1976) nach Filterung und Röhrenspannung
kann die Auswertung der stabilisierten Fricke-Lösung zeitversetzt zur
Bestrahlung erfolgen, ohne dass die Dosisumrechnung verfälscht wird.
Messverfahren
Für die Fricke-Dosmietrie stehen laut DIN 6800 Teil 3 zwei Messlösungen
zur Verfügung, die sich in lediglich in Ihrem Einsatzgebiet unterscheiden,
welches sich nach der zu erwartenden effektiven Photonenenergie richtet.
Dabei ist die effektive Photonenenergie bei nicht monoenergetischer
Strahlung definiert als diejenige Photonenenergie monochromatischer
Strahlung, welche die identische Halbwertsdicke wie das
multienergetische Spektrum besitzt.
Für die Bestimmung dieser effektiven Photonenenergie kann unter
Kenntnis der Beschleunigungsspannung der Wolfram-Röntgenröhre sowie
der Vorfilterung der Primärstrahlung mithilfe eines Tabellenwerkes nach
Wachsmann und Drexler die effektive Photonenenergie abgelesen
werden. (Wachsmann und Drexler 1976)
Die Messlösungen wurden aus den geforderten Substanzen hergestellt,
wobei jeweils zwei unabhängig voneinander produzierte, gleichwertige
Lösungen Messfehler minimieren sollten.
In Schwefelsäure (0,4-molar bei Lösung I bzw. 0,05-molar für Lösung II)
als Trägerlösung wurden Ammonium-Eisen(II)-Sulfat
[(NH4)2Fe(SO4)2 · 6H2O] sowie Natriumchlorid [NaCl] auf Konzentrationen
von in beiden Fällen 0,001 mol/l titriert.
Spannung / Filter Faktor Eeff
(keV)
30kV / 2mm Al 0,68 20,4
40kV / 2mm Al 0,60 24
130kV / 1mm Cu 0,56 72,8
42
0 1 2 3 4 5
Exti
nkti
on
(1)
Zeit nach Bestrahlungsende (min)
Abbildung 19: Verlauf der Nachreaktion bei der Fricke-Dosimetrie
Diese Stammlösung musste gekühlt und lichtgeschützt gelagert werden,
um vorzeitige Eisenoxidation zu unterbinden, und konnte bei Bedarf durch
eine 1:10-Verdünnung mit entionisiertem Wasser zur eigentlichen
Messlösung herabkonzentriert werden.
Zur Dosisbestimmung wurde die Messlösung in Portionen von 3,2ml auf
die auch zur Zellkultur verwendeten Petrischalen verteilt, was eine
Schichtdicke von 1,5mm ergab. Die Zellkulturen waren ebenfalls mit
dieser Dicke an Nährlösung überschichtet. Der Deckel der Petrischale
blieb aufgelegt, da die Zellbestrahlung ebenfalls in geschlossenen
Kulturschalen erfolgte.
Nun wurde die auf Raumtemperatur eingestellte Messlösung sowohl mit
verschiedenen Strahlenqualitäten (30kV, 40kV sowie 130kV
Beschleunigungsspannung) als auch einer Reihe verschiedener Strom-
Zeit-Produkte zur späteren Regressionsanalyse bestrahlt.
Nach Abschluss der Dosisapplikation wurde der Messlösung 5 Minuten
unter lichtgeschützten Bedingungen Zeit für die Nachreaktion eingeräumt,
damit die Reaktionsvorgänge der entstandenen Radikale mit dem Fe2+
ablaufen konnten. (Die DIN 6800 empfiehlt mindesten 2 Minuten)
Der zeitliche Verlauf der Nachreaktion direkt nach Bestrahlungsende wird
in Abbildung 19 dargestellt.
Anschließend wurde die Fricke-Lösung in toto in eine geeignete
Messküvette überführt und bei λ=304nm photometrisch gemessen. Das
verwendete Photometer Lambda2 von Perkin Elmer erlaubte es, mit zwei
Strahlengängen direkt den Unterschied zwischen einer Küvette, beschickt
mit unbestrahlter Fricke-Lösung, sowie der bestrahlten Messlösung zu
ermitteln.
43
Die Extinktionsänderung beschreibt dabei die Konzentration des
entstandenen Fe3+ durch direkte und indirekte Strahlenwechselwirkung;
die auf die Lösung eingewirkte Dosis errechnet sich nach folgender
Formel:
pLösFe
06
Lös dρεG
)E(E109,65D
3 ⋅⋅⋅
−⋅=
+
mit E-E0 ≙ Extinktionsänderung;
GFe3+ ≙ Ausbeutefaktor nach effektiver Photonenenergie;
ε ≙ molarer dekadischer Extinktionskoeffizient für λ=304nm und T=25°C
ρLös ≙ Dichte der Messlösung
dp ≙ Schichtdicke der Messlösung im Photometer
Für eine Gesamtdosis bis zu 4·103Gy und einer maximalen Dosisleistung
im Bereich von 107Gy·s-1 können so die absoluten Dosiswerte ermittelt
werden.
Die für diese Arbeit verwendeten Bestrahlungszyklen boten eine maximale
Dosisleistung von nicht mehr als 100mGy·s-1; lediglich die Gesamtdosen
lagen unterhalb des grob umrissenen empfohlenen Dosisbereiches der
DIN-Norm. Dies lag mit Sicherheit an der Tatsache, dass die
Extinktionsänderung mittels Photometer innerhalb des Messbereiches des
Selben liegen muss. Durch Anschluss des verwendeten Photometers an
einen PC gelang es, die minimale Empfindlichkeit der Extinktion um eine
Zehnerpotenz auf 1·10-4 zu verkleinern, was auch für geringe Dosen und
damit minimale Extinktionsänderungen reproduzierbare und plausible
Dosiswerte lieferte.
Ergebnisse
Die folgenden Grafiken zeigen die Ergebnisse der Eisensulfatdosimetrie in
Abhängigkeit der Beschleunigungsspannung an der Röntgenröhre,
bezogen auf das Strom-Zeit-Produkt.
Dabei lieferten vier Messreihen die Dosiswerte. Bei den Vorversuchen
erfolgte die Dosimetrie mittels einer minimalen Extinktionsempfindlichkeit
von 1·10-3. Danach lieferte ein PC die eben erwähnte gesteigerte
44
Empfindlichkeit auf �E ≥ 1·10-4. Die Hochdosisreihe sollte den
Messbereich bis in die von der DIN vorgeschlagene Minimaldosis von
10Gy erweitern, um die Plausibilität der Messwerte im niedrigeren
Dosisbereich zu bestätigen. Die Auswertung im Zielbereich erfolgte durch
Einstellung der Röntgenröhre auf den zu erwartenden
Bestrahlungsvorgang der Zellkulturen. Außerdem wurde eine vierte
Messreihe freundlicherweise durch zwei Laborpraktikanten angelegt.
Durch die Wertepaare konnte eine lineare Regression ermittelt werden,
welche für eine frei wählbare Zieldosis das dazu erforderliche Strom-Zeit-
Produkt liefert. Im Einzelnen bedeutet das:
0,030GytImAs
Gy106,1t)(I;D 4
30kV −⋅⋅⋅=− für I = 40mA
0,075GytImAs
Gy101,55t)(I;D 3
40kV −⋅⋅⋅=− für I = 40mA
0,063GytImAs
Gy102,15t)(I;D 3
30kV −⋅⋅⋅=− für I = 20mA
Abbildung 20a: Dosisverlauf bei 30kV Röhrenspannung und I=40mA
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000
Do
sis
(G
y)
I·t (mAs)
30kV Vorversuch
30kV Hochdosis
30kV Zielbereich
30kV Praktikum
45
Abildung 20b: Dosisverlauf bei 40kV Röhrenspannung und I=40mA
Abbildung 20c: Dosisverlauf bei 130kV Röhrenspannung,1mm Kupferfilterung und I=20mA
Diese Regressionen stützten sich auf die Annahme, dass die Dosis direkt
proportional zum Anodenstrom der Röntgenröhre und auch zur
Bestrahlungsdauer wäre. Allerdings waren zu Beginn des
Bestrahlungsvorganges die eingestellten Parameter am Bedienpult der
Röntgeneinrichtung nicht an der Röhre anliegend, vor allem der
Anodenstrom baute sich erst innerhalb von sechs Sekunden zum Sollwert
auf. Daher gelten die oben stehenden Dosisgleichungen nur für den dazu
angegebenen Strom, da zu diesem passend der Dosisverlust zu
Bestrahlungsbeginn eingerechnet wird.
Um diesen Sachverhalt zu beweisen, wurde eine Bestrahlungsserie mit
einem Luftionisationsdosimeter aufgezeichnet. Dabei wurde
angenommen, dass vor allem bei hohen Strömen die Kondensatoren an
der Sekundärseite der Hochspannungskaskade zu Beginn nicht die
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000
Do
sis
(G
y)
I·t (mAs)
30kV Vorversuch30kV Hochdosis30kV Zielbereich30kV Praktikum
0
2
4
6
8
10
12
14
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000
Do
sis
(G
y)
I·t (mAs)
30kV Vorversuch30kV Hochdosis30kV Zielbereich
46
geforderten Ladungen lieferten. Auch am Ist-Wert der Bedientafel war zu
Beginn der Bestrahlung ein geringerer Strom zu erkennen, der sich
allmählich an den Soll-Wert anpasste.
Ein weiterer Erklärungsansatz stützt sich auf die technische Gegebenheit,
dass der Röhrenstrom durch die Glühspannung der
Hochspannungskathode gesteuert wird, zu Beginn weniger Elektronen
aus der noch kalten Heizwendel emittiert werden und somit ein geringerer
Anlaufstrom resultiert.
Daher erfolgte eine Messung der Gesamtdosen bei identischem mAs-
Produkt. Eigentlich sollten die Dosen identisch sein. Die Überlegung
bezüglich des langsamen Leistungsaufbaues am sekundärseitigen
Spannungswandler und der zu Beginn geringeren Menge freigeglühter
Elektronen würde jedoch fordern, dass bei geringen Strömen die Dosis
pro Strom-Zeit-Produkt größer ist.
Diese Vermutung konnte durch die Messreihe bestätigt werden, und zwar
zeigte sich der Dosisverlust zu Beginn umso größer, je höher der Strom
gewählt wurde. Die Bestrahlungsdauer konnte mittels des Bedienpultes
nur in Intervallen von sechs Sekunden verändert werden. Also wurde zur
ersten Serie mit I·t=40·6mAs=240mAs (größter Strom und kleinste
Zeiteinheit) eine Zweite mit dem nächstmöglichen Zeitintervall von zwölf
Sekunden bei I=40mA sowie anderen Zeiten bzw. Strömen mit jeweils
I·t=40·12mAs=480mAs gemessen. Hierbei war kein stromabhängiger
Unterschied im Dosiszugewinn festzustellen. Das heißt, dass nur
innerhalb der ersten sechs Sekunden ein Leistungsabfall gegenüber dem
theoretisch erwarteten Wert stattfindet. Näheres zu den verwendeten
Ionisationskammerdosimetern und dem eben erwähnten Versuch im
nächsten Kapitel, insbesondere Abbildung 22.
47
Tabelle 4: Spezifikationen der verwendeten Messkammern und eingesetzte Dosimetersysteme
4.5.3 Ionisationskammern
Zur Absolutdosimetrie standen zwei verschiedene, geeichte
Messkammern sowie zwei dazu gehörige Dosisberechnungsgeräte zur
Verfügung. M
ess
kam
mer:
M
odell
(Hers
telle
r)
Mess
bere
ich
Photo
nen
Kam
mer-
volu
men
Ansp
rech
-ve
rhalte
n
Fenst
er-
mate
rial
max.
Betr
iebs-
spannung
Abbild
ung
PTW 23332 / 30016 (PTW,
Freiburg, D)
30 keV –
50 MeV
0,3 cm³
1,0·10-8
Gy
C
0,5 mm Acrylglas
1,18 cm³
g
500 V
PPC40 (CNMC,
Nashville, USA)
kein Bereich
angegeben
0,4 cm³
1,3·10-8
Gy
C
1,0 mm Acrylglas
1,18 cm³
g
300 V
Dosimeter
Unidos® (PTW, Freiburg, D)
Dose1 (IBA GmbH, Schwarzenbruck, D)
Die Dosimeter Dose1 sowie Unidos® ermöglichten eine (nach
entsprechender Eichung auf die Messkammer) Echtzeitermittlung sowohl
der Dosisleistung als auch der seit einem definierten Zeitpunkt erfassten
absoluten Dosis. Dabei wird eine Messkammer mit definiertem Volumen
als Dosimetriegrundlage verwendet. Durch zwei in die Kammer integrierte
Elektroden werden durch ionisierende Strahlung erzeugte, elektrisch
geladene Gaspartikel zu den entsprechenden gegengleich geladenen
Elektroden „gesaugt“ und über den ermittelten Strom die dazu
proportionale Dosis ermittelt.
48
Abbildung 21: gemessene Dosis in Abhängig- Abbildung 22: Dosisabfall in Abhängigkeit des keit vom Strom-Zeit-Produkt Röhrenstromes
Als BIAS-Spannung an den Elektroden kamen kammerabhängig 300V
bzw. 400V zum Einsatz. Um die Hintergrundstrahlung, welche
selbstverständlich auch zu Ionisierungen innerhalb der Messkammer
beiträgt, auszublenden, wurde die von ihr innerhalb eines Zeitraumes von
einigen Minuten vermittelte Ionendosis aufgezeichnet, gemittelt und
automatisch herausgerechnet (Nullpunktabgleich der Gerätesoftware).
Um die Zuverlässigkeit dieser Messmethode zu ermitteln, wurden
verschiedene Versuchsreihen angelegt, bei der die Zählkammern die
Dosis bei unterschiedlichen Strom-Zeit-Produkten ermitteln sollten.
Einerseits konnte so gezeigt werden, dass auch bei winzigen
Ladungsmengen im Bereich von 10-8 Coulomb pro Gray Dosisapplikation
auf die Zählkammer und damit resultierenden Detektor-Strömen von etwa
2·10-10 Ampere die ermittelten Dosen sehr stabil und präzise waren (vgl.
auch Abbildung 21).
Außerdem stellte sich bei den dosimetrischen Echtzeitmessungen eine
interessante Besonderheit heraus, die bei der Bestrahlungsplanung der
Fibroblasten noch berücksichtigt werden musste.
Bei der Regressionsanalyse der Beziehung zwischen dem Strom-Zeit-
Produkt auf der einen sowie der Dosis auf der anderen Seite zeigte sich
nämlich eine Abweichung der Geraden vom Ursprungspunkt in Richtung
negativer Dosis. Dabei wurde der Fixpunkt ( Strom-Zeit-Produkt | Dosis ) =
(0|0) nicht als zwingender Bestandteil der linearen Regression
R² = 0,9998
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
0 1000 2000 3000 4000 5000
Do
sis
(G
y)
I·t (mAs)
240mAs
480mAs
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0 10 20 30 40
Do
sis
(G
y)
Strom (mA)
49
eingebunden, auch wenn dieser selbstverständlich Bestandteil der
Funktion D (I;t) sein muss, denn bei I·t=0mAs muss gelten D=0; es wurde
ja noch keine Röntgenstrahlung erzeugt und demnach keine Dosis
appliziert. Des weiteren ist eine negative Dosis nicht plausibel.
Der Grund, warum der Nullpunkt nicht in die Regression einbezogen
wurde, ist letztendlich die hervorragende lineare Näherung aller Strom-
Zeit-Dosis-Messwerte mit einem Pearson‘schen Korrelationskoeffizienten
R ≥ 0,995 unter Ausschluss des Punktes (0|0).
Die verwendeten Ionisationsdosimeter zeigten in Echtzeit die momentane
Dosisleitung an, welche, wie zu erwarten, über den Messzeitraum
konstant sowie der linearen Regression äquivalent war. Lediglich im
ersten Messintervall nach Beginn der Bestrahlung lag die tatsächliche
Dosisleistung unter der in allen darauffolgenden Differenzierungen der
Dosis nach der Zeit.
Dies musste bedeuten, dass innerhalb des ersten, kleinsten einstellbaren
Bestrahlungsintervalls der Röntgenröhre von 6 Sekunden (=0,1min am
Bedienpult) die Dosisleistung noch nicht ihren Sollwert erreicht.
Zum Beweisen dieser Hypothese und zur näheren Differenzierung dieses
Effektes wurde folgende Messreihe durchgeführt: bei U=40kV wurde die
Dosis mittels einer Ionisationskammer unter konstanten Bedingungen
ermittelt, wobei der Röhrenstrom sowie die automatische Bestrahlungszeit
unter gleichbleibendem Strom-Zeit-Produkt variiert wurden, explizit in
folgenden Abstufungen:
Tabelle 5: Versuchsbedingungen zur stromabhängigen Dosisausbeute
Wir erwarteten eine konstante Dosisapplikation, sofern das Strom-Zeit-
Produkt ebenfalls gleich bliebe. Was sich jedoch herausstellte war eine mit
steigendem Strom abfallende Dosis innerhalb der ersten 6 Sekunden der
Bestrahlung, danach blieb das in dieser Zeit aufgetretene Energiedefizit
konstant, die Röhre lieferte also die erwartete Leistung proportional zum
Strom und der Zeit. Die Ist-Wert-Anzeige des Röntgenbedienpultes zeigte
I·t 240 mAs 480 mAs I (mA) 40 20 10 5,0 2,5 1,3 40 20 10 5,0 2,5 1,3
t (s) 6 12 24 48 96 186 12 24 48 96 192 370
50
Abbildung 23: a) RadEye B20 b) Photonenenergieabhängiges Ansprechen der Zählkammer (Quelle: Herstellerhandbuch)
bei hohen Soll-Strömen über 10mA einen zu Beginn deutlich niedrigeren
Wert, was die fehlende Dosis innerhalb dieses Intervalls erklären würde.
Zusammenfassend führte diese Erkenntnis dazu, dass bei der späteren
Bestrahlungsplanung ein stromabhängiger Korrekturfaktor miteinbezogen
werden musste.
4.5.4 Geiger-Müller-Zählrohre
RadEye
Zusätzlich stand ein tragbares Dosismessgerät der Firma Thermo
Scientific zur Verfügung. Das auf einem Geiger-Müller-Zählrohr
aufgebaute Modell RadEye B20-ER spricht nach Herstellerangaben
gleichmäßig auf Gamma-Quanten im Energiebereich von 17-1.300 keV
an, sofern der mitgelieferte und bei den Versuchen auch eingesetzte
H*(10)-Filter vor der Zählkammer positioniert wird.
Durch Anbindung des RadEye B20-ER an eine PC-gestützte
Messsoftware per USB gelang es in der Frühphase der
Dosimetrieversuche, erste Messwerte der Röntgenröhre zu ermitteln. Die
maximale Aktivität der Messung liegt laut Herstellerspezifikation bei
500 kBq oder 100 mSv/h.
a b
0%50%
100%150%200%250%300%350%400%
10 100 1000 10000
rela
tives A
nsp
rech
en
Photonenenergie (keV)
-- kein Filter
−−−− H*(10)-Filter
51
Abbildung 24: Dosimetrieergebnisse bei I=1,0mA
Im Versuchsverlauf zeigte sich jedoch bereits ab 100kBq bzw. 25 mSv/h
eine unerwartete Abflachung der Messkurve (Abb. 24), weswegen dies als
Messbereichsbegrenzung für die folgenden Versuche angenommen
wurde.
Im weiteren Verlauf stellte sich jedoch heraus, dass die angezeigten
Dosiswerte nicht den Ansprüchen der erforderlichen Absolutdosimetrie
genügten. Grund dafür ist der Aufbau des Messgerätes. Da das Geiger-
Müller-Zählrohr die Aktivität der zu messenden Probe lieferte, jedoch nicht
die Energie des detektierten Photons, welche die Zählkammeratmosphäre
ionisiert hatte, konnte die Dosis unter dem Aspekt, dass die
Röntgenstrahlung unterschiedliche mittlere Photonenenergien, abhängig
von der Beschleunigungsspannung, aufwies, nicht exakt ermittelt werden.
Vielmehr errechnete das Messgerät die Dosis aus der Aktivität und einem
Proportionalitätsfaktor, also in linearer Näherung. Dies bewiesen
Messungen, bei welchen für verschiedene Beschleunigungsspannungen
der Röntgenröhre jeweils Aktivität und Dosisleistung aufgezeichnet
wurden.
Zusätzlich bewies die Messung eines weiteren Geiger-Müller-Zählrohrs
zumindest die Richtigkeit der Aktivitätsmessung, welche bei beiden
Zählrohren proportionale Anzeigen lieferten.
0
10
20
30
40
50
0
50
100
150
200
0 20 40 60 80 100 120 140
mSv/hkBq
Röhrenspannung (kV)
Aktivität
Dosisleistung
52
Abbildung 25: Vergleich der Dosimetrieergebnisse von RadEye B20-ER und weiterer Zählkammer bei I=1,0mA
0
2
4
6
8
10
12
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120
Do
sis
leis
tun
g (m
Sv
/h)
Akti
vit
ät
(kB
q)
Röhrenspannung (kV)
Aktivität
Dosisleistung
Geiger-Müller
Aktivität (RadEye)
Dosisleistung (RadEye)
Aktivität (Zählrohr)
53
Abbildung 26: Vergleich der eigenen Spektralaufnahmen mit einer Literaturquelle
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140
dete
kti
ert
e P
ho
ton
en
Photonenenergie (keV)
*
5. Ergebnisse
5.1 Spektralanalyse
Zwar lag das Hauptaugenmerk dieser Dissertation auf der Auswertung der
Strahlenschäden der Fibroblastenzelllinie, jedoch war die spektrale
Aufarbeitung der verschiedenen Bestrahlungsbedingungen von großem
Nutzen. Für dosimetrische Zielsetzungen eignete sich der verwendete
Szintillationszähler jedoch aus verschiedenen Gründen nicht.
Zum einen zeigten sich neben dem Bremsstrahlenspektrum und den
erwarteten Wolfram-Linien des Anodenmaterials auch Energiepeaks bei
etwa 26keV und 80keV. Vermutlich sind dies Anregungen des
Blendenmaterials, der den Hauptstrahl auf 0,1mm² für den
Szintillationszähler bündelt. Eine Blei-Antimon-Legierung würde diese
charakteristischen Emissionen erklären.
Davon abgesehen zeigten die ermittelten Spektren eine gute
Übereinstimmung mit theoretischen Modellen, siehe dazu Abbildung 26.
Weitere Spektren und daraus berechnete Modelle finden sich im Anhang.
eigene Messung
theoretische Vorhersage (Boone und Seibert 1997)
Anregung des Blendenmaterials
*
*
*
54
Tabelle 6: Angewandte Messverfahren im Vergleich
5.2 Dosimetrie
Die Ermittlung der korrekten Strahlendosen, welchen die
Fibroblastenzelllinien exponiert waren, war essentiell für die gesamte
Auswertung der dadurch induzierten Schäden. Verschiedene Messgeräte
standen zu diesem Zweck zur Verfügung, wobei durch Vorversuche die
jeweiligen Stärken und Schwächen ermittelt wurden, um ein
zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten. Fasst man die Erfahrungen mit
den Detektoren wie in Tabelle 6 zusammen, so stellt die Fricke-Dosimetrie
dasjenige Messverfahren dar, welches vor allem unter dem Aspekt der
verschiedenen Strahlenqualitäten und damit verändertem
Durchdringungs- und Absorptionsverhalten den unter den gegebenen
Möglichkeiten am besten geeigneten Weg bot, die Energiedosen zu
ermitteln.
Messverfahren Vorteile Nachteile
Fricke-Dosimetrie
Bedingungen gleich deren der Zellbestrahlung Chemische Dosimetrie ≙ Effekte, die auch Zellen schädigen
aufwendige und zeitintensive Vorbereitung sowie Auswertung, geringe Empfindlichkeit
Ionisationskammer Echtzeitmessung, schnelle und präzise Ergebnisse
misst Gasionisation, daher Kalibrierung auf verschiedene Strahlenqualitäten problematisch
Szintillationszähler Spektrale Erfassung der Strahlung
ungenau durch Vorfilterung (Aluminiumgehäuse) und Wechselwirkung mit Blendenebenen
Geiger-Müller-Zählrohr
Echtzeitmessung nur Aktivitätsmessung, keine Dosis erfassbar
Der Vergleich der beiden Ermittlungsmethoden zur absoluten Dosis mittels
Eisensulfatoxidation und Ionisationskammer zeigt, dass die acrylglas-
bzw. kohlenstoffgeschirmten Messkammern vor allem bei niedrigen
Photonenenergien eine Vorfilterung aufweisen und damit geringere Dosen
detektieren (siehe Abbildung 27).
55
Abbildung 27: Interpolierte Dosimetrieberechnungen zu verschiedenen Messgeräten
56
5.3 Bestrahlungsplanung
Die lineare Regression der Messwerte aus der Fricke-Dosimetrie erlaubte
die Berechnung der Bestrahlungsparameter, um unter verschiedenen
Röhrenspannungen und Filterungen jeweils 2,0Gy Dosis auf die
Testzellen zu applizieren. Dabei wurde der bei hohen Strömen auftretende
Leistungsabfall in der Startphase mit berücksichtigt.
Folgende Bedingungen repräsentierten dabei die Bestrahlungs-
programme:
Spannung / Filter Zieldosis Strom I Zeit t rechnerische
Dosis
30kV / 2mm Al 2,0Gy 39,6mA 1,4min (84s) 2,00Gy
40kV / 2mm Al 2,0Gy 35,8mA 0,6min (36s) 2,00Gy
130kV / 2mm Al + 1mm Cu 2,0Gy 20,0mA 0,8min (48s) 2,00Gy
Berechnungsgrundlage:
0,030GytImAs
Gy106,1t)(I;D 4
30kV −⋅⋅⋅=− für I = 40mA
0,075GytImAs
Gy101,55t)(I;D 3
40kV −⋅⋅⋅=− für I = 40mA;
bei I = 35,8mA gilt: D(35,8mA;t) = D(40mA;t) + 0,081Gy
0,063GytImAs
Gy102,15t)(I;D 3
130kV −⋅⋅⋅=− für I = 20mA
Tabelle 7: Bestrahlungsmodalitäten
57
Abbildung 28: Ermittelte Dosen der 2,00Gy-Bestrahlungsprogramme
Zur Veranschaulichung der verwendeten Parameter wurden die 2,0Gy-
Dosisprogramme mit dem Szintillationszähler aufgezeichnet. Die
Detektion der spektralen Zusammensetzung lieferte jedoch zuerst nur die
gesamte von der Röhre erzeugte Nutzstrahlung.
Was nun folgte war die Implementierung eines mathematischen Modells
zur Berechnung des Strahlenspektrums, welches in den 1,5mm
Wassersäule der Zellkulturen absorbiert wird und demnach dort die Dosis
appliziert. Dazu wurde das Spektrum detektiert, welches nach
Durchdringung des Petrischalendeckels das Nährmedium erreicht. In einer
anderen Versuchsreihe wurde mittels Wasserphantomen mit Dicken von
1,0cm bis 8,0cm der energieabhängige Absorptionskoeffizient ermittelt.
Durch Anwendung des Absorptionsgesetztes I=I0·e-µ·d kann die Absorption
innerhalb der Petrischale wie folgt vorhergesagt werden:
Für jede Photonenenergie wird die Intensität nach Passage des
Petrischalendeckels aufgezeichnet und anschließend die Intensität
abgezogen, welche durch Filterung mit 1,5mm Wasser unter
Berücksichtigung des energiespezifischen Absorptionskoeffizienten zu
erwarten war. Dies lieferte genauere Ergebnisse als die direkte Messung
der Schwächung, da diese bei der geringen Schichtdicke des Wassers nur
mit großer Varianz detektiert werden kann. (Siehe dazu auch Kapitel 9.2)
Was aus diesen Modellen ersichtlich wurde ist, dass die Spektren eine
gute Differenzierung der Strahlenwirkung von nieder- und im Kontrast
dazu hochenergetischer Strahlung ermöglichten, da bei der gefilterten
2,02±0,03
1,97±0,02
2,00±0,04
2,00±0,02
0
0,5
1
1,5
2
30kV 40kV 130kV Cu Mittelwert
Do
sis
(G
y)
58
-0,15
-0,1
-0,05
0
0,05
0,1
0,15
0,2
0,25
0,3
0,35
0
500
1000
1500
2000
2500
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140
Ab
so
rptio
nsko
effizie
nt µ
(cm
-1)
qu
an
ten
verm
itte
lte E
nerg
ie (
keV
)
Photonenenergie (keV)
30kV
40kV
130kV + 1,0mm Cu
µ (Wasser)
130kV-Strahlung Photonenenergien unterhalb von 40keV nur in sehr
geringen Umfang Anteil an der Gesamtdosis haben.
Abbildung 29: Spektrum der der Bestrahlungsbedingungen bei jeweils 2,0Gy Dosisapplikation
Abbildung 30: Spektrum der absorbierten Strahlenenergien bei jeweils 2,0Gy Dosisapplikation
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
2000
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140
dete
kti
ert
e P
ho
ton
en
Photonenenergie (keV)
30kV
40kV
130kV + 1,0mm Cu
59
5.4 Foci-Auswertung
5.4.1 Differenzierte Datenermittlung
Die folgenden Tabellen zeigen zunächst die drei Versuchsreihen einzeln
aufgelistet mit den jeweiligen Tabellen, in denen die Signifikanzniveaus
der Unterschiede der Foci nach dem T-Test für unabhängige Stichproben
gelistet sind. Der T-Test wurde herangezogen, da die Anzahl der Foci
normalverteilt sind (gemäß dem Kolmogorow-Smirnow-Test auf
Normalverteilung mit einem Signifikanzniveau von α=0,05).
p53BP1
Reparaturzeit Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3
30 m
in
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
0,10 0,05
0,24 <0,01
0,93 0,10
40kV 0,10
0,94 0,24
<0,01 0,93
0,15
130kV 0,05 0,94
<0,01 <0,01
0,10 0,15
24 h
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
40kV <0,01
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01
130kV <0,01 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
0
10
20
30
40
50
60
70
Kontrolle1
Kontrolle2
30kV30min
40kV30min
130kV30min
30kV24h
40kV24h
130kV24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
p53BP1 Versuch 1Versuch 2Versuch 3
Abbildung 31.1: Anzahl der p53BP1-Foci der jeweiligen Versuchsreihen
Tabelle 8.1: Signifikanzniveaus des Tests auf Gleichverteilung bei α=0,05
60
pATM
Reparaturzeit Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3
30 m
in
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
<0,01 <0,01
0,11 <0,01
0,47 0,05
40kV <0,01
0,34 0,11
<0,01 0,47
0,08
130kV <0,01 0,34
<0,01 <0,01
0,05 0,08
24 h
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01 0,46
40kV <0,01
0,14 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01
130kV <0,01 0,14
<0,01 <0,01
0,46 <0,01
01020304050607080
Kontrolle1
Kontrolle2
30kV30min
40kV30min
130kV30min
30kV24h
40kV24h
130kV24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
pATM Versuch 1Versuch 2Versuch 3
0102030405060708090
Kontrolle1
Kontrolle2
30kV30min
40kV30min
130kV30min
30kV24h
40kV24h
130kV24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
γH2AX Versuch 1Versuch 2Versuch 3
Abbildung 31.2: Anzahl der pATM-Foci der jeweiligen Versuchsreihen
Tabelle 8.2: Signifikanzniveaus des Tests auf Gleichverteilung bei α=0,05
Abbildung 31.3: Anzahl der γH2AX-Foci der jeweiligenVersuchsreihen
61
γH2AX
Reparaturzeit Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3
30 m
in
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
0,02 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
40kV 0,02
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01
130kV <0,01 <0,01
<0,01 <0,01
<0,01 <0,01
24 h
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
<0,01 <0,01
<0,01 0,09
0,32 0,01
40kV <0,01
0,39 <0,01
<0,01 0,32
<0,01
130kV <0,01 0,39
0,09 <0,01
0,01 <0,01
PML
Reparaturzeit Versuch 1 Versuch 2 Versuch 3
30 m
in
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
0,02 0,38
0,56 0,20
<0,01 0,99
40kV 0,02
0,05 0,56
0,49 <0,01
<0,01
130kV 0,38 0,05
0,20 0,49
0,99 <0,01
24 h
30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV 30kV 40kV 130kV
30kV
0,07 0,19
<0,01 <0,01
0,02 0,25
40kV 0,07
0,67 <0,01
<0,01 0,02
0,15
130kV 0,19 0,67
<0,01 <0,01
0,25 0,15
0
5
10
15
20
25
30
35
Kontrolle1
Kontrolle2
30kV30min
40kV30min
130kV30min
30kV24h
40kV24h
130kV24hA
nza
hl der
Foci
pro
Zelle
PML Versuch 1Versuch 2Versuch 3
Tabelle 8.4: Signifikanzniveaus des Tests auf Gleichverteilung bei α=0,05
Tabelle 8.3: Signifikanzniveaus des Tests auf Gleichverteilung bei α=0,05
Abbildung 31.4: Anzahl der PML-Foci der jeweiligen Versuchsreihen
62
0
10
20
30
40
50
60
30min 24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
Reparaturzeit nach Bestrahlung
p53BP1 30kV
40kV
130kV
5.4.2 Gepoolte Datenauswertung Wie die einzelnen Versuchsreihen zeigen, ist deren Focianzahl unter
identischen Bestrahlungsbedingungen einer gewissen Schwankungsbreite
unterworfen. Daher wurden die Immunfluorenzenzmarkierungen
derjenigen Zellen, welche unter vergleichbaren Bedingungen bestrahlt
wurden, zusammengefasst und auf Grundlage dieser gepoolten Daten die
Aussage über die Unterschiede der biologischen Strahlenwirkung
getroffen, um Fehler zu minimieren.
p53BP1
30 Minuten nach Bestrahlung wiesen die Fibroblasten, die mit
niederenergetischer Röntgenstrahlung behandelt wurden, die größte
Anzahl an Foci des phosphorylierten 53 binding Protein 1 auf. Dabei
fanden sich in der 30kV-Zellfraktion mit im Mittel 40,8 ± 15,3 Foci pro Zelle
signifikant mehr angefärbte Proteine als bei der 40kV-Fraktion mit 38,6 ±
19,2 und der 130kV-Linie mit dem geringsten Wert von im Schnitt
34,6 ± 14,1 Zellfoci.
Nach einer Reparaturzeit von einem Tag waren die p53BP1-Werte
untereinander und gegenüber dem Kontrollwert immer noch signifikant
unterschiedlich, wobei dieses Mal die 40kV-Fraktion mit 5,6 Foci pro Zelle
den größten Wert zeigte, gefolgt von der 130kV-Population mit 3,9 ± 3,3
sowie den mit 30kV bestrahlten Fibroblasten mit 3,6 ± 3,4 Foci pro Zelle.
p=0,025* p=0,004*
p<0,001*
p=0,025* p=0,004*
p<0,001*
Abbildung 32.1: Anzahl der p53BP1-Foci mit Signifikanzniveau des Tests auf Gleichverteilung
63
pATM
Das an dem Schlüsselpunkt der Doppelstrangbruch-Signalkaskade
sitzende Phospho-ATM zeigte 30 Minuten nach Applikation von 2,0Gy
Strahlendosis innerhalb der Bestrahlungsreiche wenig statistisch
erfassbare Unterschiede. Lediglich die 130kV-Fraktion lag mit 43,0 ± 12,7
Zellspots signifikant minimal über der 40kV-Bedingung mit 41,5 ± 13,4
Foci. Zur 30kV-Kolonie mit 43,4 ± 18,7 gefärbten pATM-Nachweisen
konnte kein statistisch bedeutsamer Unterschied festgestellt werden.
In der Versuchsreihe mit 24 Stunden Reparaturzeit wies die 40kV Fraktion
mit 4,2 ± 2,0 Foci pro Zelle signifikant mehr ATM-Phosphorylierungen auf,
verglichen mit den 3,0 ± 1,8 sowie 3,1 ± 1,8 nachgewiesenen Anfärbungen
bei 30kV bzw. 130kV.
γH2AX
Der γ-Histon-2AX-Phosphorylierungs-Nachweis zeigte die stärkste
Ausprägung bei 40kV mit einem Wert von 57,0 ± 11,0 gegenüber den
nicht signifikant unterschiedlichen Gruppen der 30kV- und 130kV-
Bestrahlungsfraktion, die 52,9 ± 16,1 sowie 51,8 ± 8,0 Foci pro Zelle
aufzeigten.
Nach einer Zeitspanne von einem Tag hatte die 30kV-Linie mit 3,1 ± 1,9
H2AX-Phosphorylierungs-Spots statistisch bedeutsam weniger
0
10
20
30
40
50
60
70
30min 24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
Reparaturzeit nach Bestrahlung
pATM 30kV
40kV
130kVp=0,470 p=0,032*
p=0,464
p<0,001*
p<0,001*
p=0,369
Abbildung 32.2: Anzahl der pATM-Foci mit Signifikanzniveau des Tests auf Gleichverteilung
64
Markierungen als die 40kV-Population mit 4,1 ± 2,9 sowie der 130kV-Linie
mit 3,9 ± 1,9 Zellfoci.
PML
Da die großen PML-Komplexe obligat innerhalb der DNS-Stränge
nachzuweisen sind, zeigte die unbestrahlte Kontrolle bereits 17 ± 6,5
PML-Aggregate. Bei denjenigen Zellen, welche 30 Minuten nach der
Bestrahlung fixiert wurden, zeigte die 30kV-Fraktion mit 21,6 ± 7,3 PML-
Bodies signifikant mehr Signale als die 40kV- und 130kV-Bedingungen mit
19,1 ± 6,8 sowie 19,8 ± 7,0 Foci pro Zellkern.
Auch nach 24 Stunden waren noch gegenüber der Kontrolle erhöhte PML-
Körper zu sehen, wobei mit 20,1 ± 5,5 und 19,6 ± 6,8 Signalen pro Zelle
die 30kV- und 40kV-Populationen mehr Proteinaggregate enthielten als
die 130kV-Fraktion mit lediglich 18,6 ± 6,0 Foci pro Kern.
0
10
20
30
40
50
60
70
30min 24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
Reparaturzeit nach Bestrahlung
γH2AX 30kV
40kV
130kVp<0,001*
p<0,001*
p=0,111
p<0,001*
p=0,217
p<0,001*
Abbildung 32.3: Anzahl der γH2AX-Foci mit Signifikanzniveau des Tests auf Gleichverteilung
65
Bei der statistischen Analyse ist zu berücksichtigen, dass die Annahme
der Normalverteilung der Foci auf einem Signifikanzniveau von α=0,05
zwar abgelehnt und demzufolge die Analyse der Unterschiede per
Rangsummentest durchzuführen ist, jedoch bei Annahme einer
ausreichend großen Zahl an Versuchen die Daten wieder normalverteilt
sein müssten. Leider sind durch die Immunfluorenzenzfärbung kleine
Abweichungen sowohl in der Leuchtintensität der Markierungen als auch
bei der Schwellenwertsteuerung der anschließenden Auswertung nicht zu
vermeiden, weswegen die Normalverteilung durch abweichende
Mittelwerte statistisch nicht tragbar ist. Daher wurden die p-Werte des
Rangsummentestes und des dennoch angewandten T-Testes verglichen.
Zu Erkennen ist dabei, dass die statistisch signifikanten Unterschiede
größtenteils durch beide Testverfahren ermittelt werden konnten.
0
5
10
15
20
25
30
30min 24h
Anza
hl der
Foci
pro
Zelle
Reparaturzeit nach Bestrahlung
PML 30kV
40kV
130kVp<0,001*
p=0,422
p<0,001*
p=0,162
p=0,038*
p<0,001*
Abbildung 32.4: Anzahl der PML-Foci mit Signifikanzniveau des Tests auf Gleichverteilung
66
Protein Rep- zeit.
30kV – 40 kV 30kV – 130kV 40kV – 130kV U-Test T-Test U-Test T-Test U-Test T-Test
P53BP1 30 min 0,025* 0,06 <0,001* <0,01* 0,004* <0,01*
24h <0,001* <0,01* 0,124 <0,01* <0,001* 0,08
pATM 30 min 0,47 0,15 0,464 0,72 0,032* 0,12
24h <0,001* <0,01* 0,369 0,33 <0,001* <0,01*
γH2AX 30 min <0,001* <0,01* 0,111 0,14 <0,001* <0,01*
24h <0,001* <0,01* <0,001* <0,01* 0,217 0,09
PML 30 min <0,001* <0,01* <0,001* <0,01* 0,422 0,16
24h 0,162 0,23 <0,001* <0,01* 0,038* 0,03*
0102030405060708090
100
0-4
5-9
10
-14
15
-19
20
-24
25
-29
30
-34
35
-39
40
-44
45
-49
50
-54
55
-59
60
-64
65
-69
70
-74
75
-79
80
-84
85
-89
90
-94
95
-99
≥100
betr
eff
en
de Z
ellen
Anzahl der Foci
γH2AX-Foci 40kV 30min
theoretischeNormalverteilung
n = 513x = 57,0x� = 56σ = 11,0
Abbildung 33: Reale Foci-Verteilung im Vergleich zum statistischen Modell
Tabelle 9: Vergleich der Signifikanzniveaus aus U-Test und T-Test; widersprüchliche Ergebnisse bei α=0,05 orange hinterlegt
67
0 10 20 30 40 50 60 70
Kontrolle
30kV 30min
40kV 30min
130kV 30min
30kV 24h
40kV 24h
130kV 24h
Anzahl der Foci pro Zelle
p53BP1
pATM
γH2AX
PML
0,3
40,8
38,6
34,6
3,6
5,6
3,9
0,3
43,4
41,5
43,0
3,0
4,2
3,1
0,4
52,9
57,0
51,8
3,1
4,1
3,9
17,0
21,6
19,2
19,8
20,1
19,6
18,6
Kontrolle
30kV 30min
40kV 30min
130kV 30min
30kV 24h
40kV 24h
130kV 24h
Abbildung 34: Übersicht der Foci-Auswertung
68
5.5 Koloniebildungstest
Durch die Überprüfung der Reproduktionsfähigkeit der bestrahlten
Fibroblasten konnte im Gegensatz zur Immunfluorenzenzfärbung der
verschiedenen Indikatorproteine die biologische Wirkung direkt an vitalen
Zellen überprüft werden.
Außerdem lieferten die Ergebnisse eine Dosis-Wirkungs-Beziehung, da
nicht nur die bisher verwendeten 2,0Gy Dosis appliziert wurde, sondern
eine Spannweite von D= [0Gy; 0,5Gy; 1,0Gy; 2,0Gy; 4,0Gy; 6,0Gy; 8,0Gy]
abgedeckt war. Wie bereits bei der Immunostaining-Methode wurde die
Wirkung von 30kV, 40kV und mit 1,0mm Kupfer gefilterter 130kV-
Röntgenstrahlung verglichen.
Dabei lag die Berechnungsgrundlage auf dem 2,0Gy-
Bestrahlungsprogramm; die davon abweichenden Dosen wurden durch
Manipulation der Bestrahlungszeit gesteuert.
5.5.1 Ergebnisse der ersten Versuchsreihe
Im ersten Durchgang des Koloniebildungstestes wurden die Fibroblasten
nach dem Aussäen in die Bestrahlungsgefäße für 4 Stunden im
Brutschrank belassen und danach mit der vorgesehenen Dosis bestrahlt.
Für jede Versuchsbedingung wurden zwei identische Proben verwendet
und nach 14 Tagen Wachstum im Brutschrank die Ergebnisse
ausgewertet und gemittelt.
Was bei der Auswertung der Überlebensfraktion auffiel war, dass die
130kV-Linie durchweg weniger teilungsfähige Fibroblasten nach
Bestrahlung enthielt als die niederenergetisch behandelten Reihen.
Allerdings war die Gesamtzahl der auswertbaren Kolonien sehr gering;
auch wenn sich die Varianzen der gezählten Kolonien vergleichsweise
gering und ohne Ausreißer darstellten, sollte eine zweite Versuchsreihe
zusätzliche Ergebnisse liefern.
69
5.5.2 Ergebnisse der zweiten Versuchsreihe
Bei der anschließenden Versuchsreihe wurden folgende Bedingungen
modifiziert: Zum einen lagen nun für jede Bedingung (Röhrenspannung,
Dosis) drei identische Proben vor, um die Gefahr der Abweichung durch
Ausreißer zu minimieren. Zum anderen hatten die frisch ausgesäten
Zellen nun 24 Stunden Zeit, auf den Petrischalen anzuwachsen und sich
vom Trypsinierungsverfahren zu „erholen“. Da innerhalb dieser Zeitspanne
die vitalen Fibroblasten bereits Zellteilungen vollzogen, lagen zum
Zeitpunkt der Bestrahlung mehr Zellen vor als bei Versuch eins, bei
welchem nach vier Stunden bereits die Dosis appliziert wurde.
Im Ergebnis lagen die drei Versuchsreihen erneut mit statistisch guten
Ergebnissen ohne große Ausreißer und validen Daten vor. Es zeigte sich
kein signifikanter Unterschied bei der Überlebensrate der verschiedenen
Strahlenqualitäten. Im Vergleich zu Versuch 1 lag ein geringeres relatives
Gesamtüberleben vor.
0,001
0,01
0,1
1
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0
Üb
erl
eb
en
sfr
akti
on
Dosis (Gy)
30kV
40kV
130kV
Abbildung 35: Ergebnis des ersten Koloniebildungstestes
70
Tabelle 10 zeigt für beide Versuchsreihen die Kennzahlen α und β, welche
durch linear-quadratische Regression aus den Überlebensdaten nach
folgender Formel gewonnen werden:
ln (Überlebensfraktion) = - α · Dosis - β · (Dosis)²
Bedingung Versuch 1 Versuch 2
α β α
β α β
α
β
30kV 0,0933 0,0592 1,58 0,4687 0,0509 9,21
40kV 0,3182 0,0202 15,7 0,4739 0,0432 11,0
130kV 0,4138 0,0327 12,7 0,5804 0,0425 13,7
5.6 Zusammenfassung der Ergebnisse
Letztendlich sollten die durchgeführten Zellbestrahlungen Aufschluss über
die spektrenspezifische Strahlenempfindlichkeit geben, um einen
Vergleich der biologischen Wirksamkeit von hoch- und
niederenergetischer Strahlung zu erhalten. In Anlehnung an die Studien
der letzten Jahrzehnte wurde in unseren Versuchsreihen die biologische
Wirkung des kupfergefilterten 130kV-Spektrums als Referenzwichtung mit
dem RBW130kV = 1,0 definiert.
0,001
0,01
0,1
1
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0
Üb
erl
eb
en
sfr
akti
on
Dosis (Gy)
30kV
40kV
130kV
Abbildung 36: Ergebnis des zweiten Koloniebildungstestes
Tabelle 10: Parameter der Koloniebildungstests
71
Dementsprechend wurde auf Grundlage der Anzahl der gefärbten Foci
unter Annahme einer linearen Korrelation von markierten Proteinmarkern
und Strahlenschaden für die Signalwege 53BP1, ATM und H2AX die
jeweilige RBW ermittelt. Die Ergebnisse können Tabelle 11 entnommen
werden. PML zeigte sich durch seine konstant hohe Expression als
weniger geeignet zur Bestimmung eines strahlenspezifischen
Zellschadens.
Reparaturzeit Spannung RBW im Vergleich zu 130kV
53BP1 ATM H2AX Mittel
30min 30kV 1,18±0,05 1,01±0,06 1,02±0,04 1,07±0,05 40kV 1,11±0,07 0,97±0,04 1,10±0,02 1,05±0,04
24h 30kV 0,93±0,08 0,96±0,07 0,81±0,06 0,90±0,07 40kV 1,43±0,09 1,35±0,06 1,07±0,08 1,28±0,08
Die Datenlage lässt für keine Versuchsbedingung eine in allen drei
Signalwegen signifikante Abweichung der RBW von der Referenzwirkung
der 130kV-Emission zu. Eine Mittelung der drei Referenzwerte ergibt 30
Minuten nach Dosisapplikation eine geringfügig höhere Signalexpression
sowohl für 30kV als auch für 40kV Beschleunigungsspannung. Nach 24
Stunden zeigt die 40kV-Kultur im Vergleich zur Referenzgruppe eine
relative Signalanhebung von 1,28±0,08, wohingegen die 30kV-
Versuchsreihe eher eine dezente Minderung der relativen
Proteinexpression von 0,90±0,07 aufweist.
Zur Beurteilung des Koloniebildungstestes wurde die Strahlenwirksamkeit
anhand derjenigen Dosis ermittelt, welche zur 90%igen Inaktivierung der
Zellteilung führte, analog zu den aufgeführten Studien.
Auf Grund der verbesserten Rahmenbedingungen wurde nur der zweite
Koloniebildungstest zur Berechnung herangezogen. Optisch kann man
aus Abbildung 35, der Darstellung des ersten Koloniebildungstestes,
bereits erkennen, dass die 130kV-Bedingung nur zwei Drittel der Dosis zur
äquivalenten Wirkung auf die Zellteilungsfähigkeit im Vergleich zu den
niederenergetischen Spektren erfordert, was im Gesamtkontext
unplausibel erscheint.
Tabelle 11: Relative biologische Wichtung der 30kV- und 40kV-Emissionen ±95% KI
72
Aus der Regression der linear-quadratischen Überlebensfunktion ergibt
sich folgende Wichtung der Strahlenqualitäten:
RBW(130kV; SF=10%) = 1,00 (erneut als Referenz gewählt)
RBW(30kV; SF=10%) = 0,90
RBW(40kV; SF=10%) = 0,88
73
6. Diskussion
Den Anstoß zur Untersuchung der biologischen Strahlenwirkung
niederenergetischer Röntgenstrahlung im Vergleich zu Röntgenphotonen
höherer Energie gaben mehrere Studien, welche in den letzten zwei
Jahrzehnten zwar immer wieder heterogene Ergebnisse lieferten, deren
gemeinsamer Tenor jedoch übereinstimmend eine geringfügig höhere
RBW bei niedrigen Photonenenergien war (siehe Tabelle 12).
Die Wahl der verwendeten Strahlenarten sollte zwei röntgenologische
Alltagsuntersuchungen mit sehr unterschiedlichen Strahlenqualitäten
gegenüberstellen. Zum einen die „weichen“, d.h. niederenergetischen
Röntgenphotonen im Bereich bis 30keV bzw. 40keV, welche bei der
Mammographie einen guten Weichteilkontrast erzeugen, sowie die
hochenergetische, gefilterte Strahlung im Bereich über 120kV
Beschleunigungsspannung, hier mit einer Grenzenergie von 130keV,
deren Haupteinsatzgebiet die vielfach im klinischen Alltag durchgeführte
Computertomographie darstellt.
Dabei ist zu beachten, dass abgesehen von der Strahlenqualität auch die
durchschnittlich applizierte Dosis bei den beiden diagnostischen Verfahren
differiert. Während bei der Brustgewebedarstellung ein kleines Volumen
mit durchschnittlich bis zu 3mSv effektive Dosis pro Untersuchung
exponiert wird (Weigel, Girnus et al. 2007), so wird bei der
Computertomographie ein von der Fragestellung abhängiges, größeres
und dickeres Volumen mit Organdosen von etwa 15mSv beim Thorax-
Abdomen-CT (Shrimpton, Hillier et al. 2006) bis hin zu Spitzenwerten von
100mGy bei aufwändigen, CT-gestützten Koronarangiographien (Hall und
Brenner 2008).
Eine höhere biologische Wirksamkeit der bei der CT-Untersuchung
weitestgehend herausgefilterten niederenergetischen Strahlung würde die
Dosisunterschiede dahingehend relativieren, dass die Strahlenbelastung
bei der Mammographie beispielsweise unterschätzt würde.
74
Dosimetrie
In den veröffentlichten Studien zur Differenzierung der RBW in
Abhängigkeit der Photonenenergie wurden zur Absolutdosimetrie zumeist
Ionisationskammern mit entsprechenden Korrekturfaktoren für die
jeweiligen Röntgenspektren verwendet. Vorteil dieser Messmethode sind
die schnelle Ergebnisermittlung in Echtzeit sowie die unkomplizierte
Handhabung.
Wir entschieden uns aus genannten Gründen zu einem multimodalen
Messkonzept, in dessen Verlauf sich die chemische Dosimetrie als die am
plausibelsten arbeitende Methode herausstellte. (Vergleiche dazu auch
Kapitel 4.5)
Somit wurde vermieden, dass die Absolutdosis bei niedrigen Energien
durch Vorfilterung an den Messkammern unterschätzt wurde, was eine
Erhöhung der niederenergetischen RBW zur Folge gehabt hätte (wie es
die verschiedenen Studien gezeigt haben).
Jedoch sei mit dieser Auswahl kein Anspruch auf Richtigkeit gestellt; die
dargestellten, spektrenabhängigen RBW-Daten können mittels der
erhobenen Dosimetriedaten selbstverständlich auch auf die jeweilige
Isodose unter den anderen Messmethoden skaliert werden. So ergäbe die
Umrechnung auf das mit Hilfe der Ionisakionskammer PTW 23332
erstellten Messsystem eine Erhöhung der RBW30kV sowie RBW40kV um
den Faktor 1,2.
Ermittlung der RBE
Neben der Dosimetrie, welche durch physikalisch-chemische
Messprinzipien evaluiert wurde, stand natürlich die Ermittlung der
biologischen Strahlenwirkung im Fokus dieser Dissertation. Durch die
komplexeren Arbeitsabläufe und die Ermittlung der
Photonenwechselwirkung auf Grund biochemischer Reaktionen auf
zellulärer Ebene zeigte dieser Analyseschritt größere Varianzen der
Ergebnisse, nicht zuletzt durch die höhere Anfälligkeit gegenüber
Störgrößen. Selbstverständlich wurde versucht, systematischen Fehler
durch Vorversuche zur Optimierung der Prozessabläufe und Ermittlung
75
der Messwerte aus mehreren parallelen Versuchsansätzen zu reduzieren,
wobei ein sorgfältiges Vorgehen zur Reduzierung zufälliger Fehler führte.
Eine elementare Entscheidung stellte die Bezugsquelle für die Ermittlung
der biologischen Strahlenwirkung dar. Hier wurden, auch in Hinblick auf
andere Publikationen, verschiedene Ansätze verfolgt.
Unumstritten ist, dass die Interaktion von ionisierender Strahlung mit den
Doppelsträngen des Erbgutes der entscheidende Faktor für
Strahlenschäden und deren Folgen in den untersuchten Dosen ist. Die im
zytoplasmatischen Kompartiment stattfindende Radikalbildung und
Proteindenaturierung spielt eine untergeordnete Rolle, da diese keine
Effekte auf die Kernintegrität und damit die Mutationsrate zeigt.
Einschränkend muss jedoch gesagt werden, dass diese Postulierung nicht
für extreme Dosisapplikationen gilt, welche jedoch nicht Gegenstand
dieser Untersuchungen waren. (Roos and Kaina 2006)
Genauer gesagt sind die Doppelstrangbrüche, also die punktuell
komplette Durchtrennung der Doppelhelix, die gravierendsten Folgen der
Einwirkung ionisierender Strahlung und stellen somit den limitierenden
Faktor für das Zellüberleben dar. Daher wurde deren Quantifizierung,
auch von anderen Autoren, als Bemessungsgrundlage der spezifischen
RBW herangezogen. (Frankenberg-Schwager, Frankenberg et al. 1984;
Blöcher 1988; Fox and McNally 1988)
Die Doppelstrangbrüche können über verschiedene Methoden
nachgewiesen werden. Chromosomenaberrationen sind ein Indiz für
strukturelle Schäden an der Erbsubstanz, welche fehlerhaft korrigiert
wurden. (Bender, Griggs et al. 1974; Iliakis, Wang et al. 2004)
Aber auch die Signalkaskaden der Proteine, welche nach einem Schaden
an der DNS-Kette beteiligt sind, eignen sich zu deren Nachweis. Die
Immunfluoreszenzfärbung einiger Schlüsselenzyme dieser Pathways
wurde in dieser Arbeit angewandt.
Ein Verfahren, die biologische Strahlenwirkung auf makroskopischer
Ebene einzuschätzen, fand ebenfalls Verwendung in dieser Dissertation.
Mit Hilfe des Koloniebildungstestes konnte die Fraktion der noch
76
teilungsfähigen Zellen nach Applikation einer definierten Dosis ermittelt
werden, um so indirekt Rückschlüsse über das Ausmaß des zellulären
Schadens an der Erbsubstanz zu ziehen.
Ki67
Eine Besonderheit dieser Arbeit im Vergleich zu anderen
Veröffentlichungen bezüglich spektrenabhängiger Strahlenempfindlichkeit
war die Selektion der ausgewerteten Zellen anhand des Zellzyklusmarkers
Ki-67. Grund dieser Vorgehensweise waren Hinweise auf ein
unterschiedlich starkes Ansprechen der Reparaturkaskaden in
Abhängigkeit vom momentanen Aufenthaltspunktes der Zelle innerhalb
ihres Reproduktionszyklus‘.(Sinclair and Morton 1966; Rothkamm, Krüger
et al. 2003; Branzei and Foiani 2008) Daher wurden nur diejenigen
Fibroblasten in die Auswertung aufgenommen, deren Ki-67-Expression
nicht oder nur marginal nachweisbar war, also diejenigen Zellen, welche
sich in der G0-Phase befanden und damit eine maximal dekondensierte
DNS aufwiesen. Gerade auf locker besiedelten Objektträgern wurde durch
diese Vorgehensweise ein erheblicher Anteil an Zellkernen aussortiert, da
sich diese aufgrund fehlender Kontaktinhibition noch in einer regen
Zellteilungsphase befanden.
Dosis-Rate
Die Untersuchung der verschiedenen Strahlenqualitäten bezüglich Ihrer
individuellen Wechselwirkung mit den Fibroblastenzelllinien und die
daraus resultierenden Schäden an den DNA-Doppelsträngen setzt für
aussagekräftige Ergebnisse unter Anderem auch voraus, dass abgesehen
von der zu Untersuchenden Variation des verwendeten
Röntgenstrahlenspektrums die sonstigen Versuchsbedingungen während
aller Bestrahlungszyklen möglichst konstant gehalten werden. Dem wurde
Rechnung getragen, indem alle Prozessierungsschritte der Zellkulturen,
abgesehen von der Exposition gegenüber verschieden energetischer
Röntgenstrahlung, zur gleichen Zeit unter gleichen Bedingungen erfolgten.
77
Eine kritische Analyse des Bestrahlungszyklus‘ lässt jedoch eine
Abweichung von äquivalenten Versuchsbedingungen erkennen. Auf
Grund der Steuerung der applizierten Gesamtdosis mittels der
Bestrahlungsdauer wurden nicht nur verschieden konfigurierte
Bestrahlungsspektren appliziert, auch die Dosisraten der drei
Versuchsbedingungen variierten. So wurde die Zieldosis von 2,0Gy bei
30kV Beschleunigungsspannung nach 84 Sekunden, bei 40kV nach 36
Sekunden und bei 130kV durch eine Expositionszeit von 48 Sekunden
erreicht. Demzufolge wurden Dosisraten von 1,43 Gy
min bei 30kV, 3,33
Gy
min
bei 40kV sowie 2,50 Gy
min bei 130kV Beschleunigungsspannung erreicht. Es
gibt zwar Hinweise auf eine dosisleistungsabhängige
Schadensreparaturantwort von Zellen, allerdings ist dies im Rahmen der
in dieser Arbeit angewandten Dosisraten irrelevant. (Vilenchik und
Knudson 2006)
78
Dosimetrie-methode
Ionisations-kammer
nicht angegeben
Halbleiter-detektor
Ionisations-kammer
Computer-modell
RBW
1,3
1,13
1,16
0,98
1,21
1,16
Strahlenqualität
29kV vs. 200kV Röntgenstrahlung
130kV Röntgen vs. Co-60 γ-Emission
(1,1MeV)
29kV Röntgen vs. Co-60 γ-Emission
Monoenergetische Photonen
20 vs. 100keV
10kV vs. 200kV + 0,5mm Cu
Röntgenstrahlung
29kV Röntgenstrahlung
vs. Co-60 γ-Emission
Methode
Koloniebildungstest 1-5Gy
Doppelstrangbruchinduktion
Doppelstrangbruchinduktion
Koloniebildungstest, RBW für 10%-Überlebensfraktion
Doppelstrangbruchinduktion
Autor (Jahr)
Frankenberg (2002), (Goggelmann, Jacobsen et
al. 2003)
Friedland (1999)
Nikjoo (1997, 1999, 2002)
Lehnert (2008)
Hsiao und Stewart (2008)
Ta
be
lle 1
2: L
itera
tur-E
rgeb
nisse
vorh
erig
er V
ersu
chsre
ihe
n
79
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83
8. Abkürzungsverzeichnis
Al Aluminium
ATM Ataxia telangiectasia mutated
bzw. Beziehungsweise
Co Cobalt
Cs Caesium
CT Computertomographie
Cu Kupfer
D Deutschland
DAPI 4′,6-Diamidin-2-phenylindol
GAU Größtmöglicher anzunehmender Unfall
KI Konfidenzintervall
Lu Lutetium
max. maximal
NASA National Aeronautics and Space Administration
RBE relative biological effectiveness, vgl. RBW
RBW relative biologische Wichtung, vgl. RBE
TIFF Tagged Image File Format (Bilddateienfromat)
USA Vereinigte Staaten von Amerika
Ua Beschleunigungsspannung
vgl. vergleiche
84
9. Anhang
9.1 Verwendete Stoffgemische
10-fach konzentrierte Fricke-Messlösung I bzw. II
Substanz Hersteller Menge Schwefelsäure ( 5mol/l ) Merck KGaA, Darmstadt, D 80ml bzw. 10ml Ammonium-Eisen(II)-Sulfat Merck KGaA, Darmstadt, D 392,14mg
Natriumchlorid Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
58,44mg
Aqua bidest. eigene Herstellung auf 100ml auffüllen
Nährmedium für Fibroblasten
Substanz Hersteller Menge
F-12 Nährmedium Invitrogen AG, Carlsbad CA, USA
500ml
FBS (Fetal Bovine Serum) Biochrom AG, Berlin, D 60,0ml NEA (nicht essentielle Aminosäuren)
Biochrom AG, Berlin, D 10,0ml
L-Glutamin Invitrogen AG, Carlsbad CA, USA
5,0ml
Penicillin + Streptomycin Invitrogen AG, Carlsbad CA, USA
5,0ml
PBS-Lösung (Phosphate Buffered Saline) 1-fach konzentriert
Substanz Hersteller Menge
Natriumchlorid (NaCl) Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
8,0g
Kaliumchlorid (KCl) Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
0,2g
Dinatriumhydrogenphosphat (Na2HPO4)
Merck KGaA, Darmstadt, D 1,42g
Dikaliumdihydrogenphosphat (K2HPO4)
Merck KGaA, Darmstadt, D 0,27g
pH-Einstellung mit Salzsäure (HCl) Merck KGaA, Darmstadt, D pH=7,4
Aqua bidest. eigene Herstellung auf 1000ml
auffüllen
85
TBS-Lösung 1x (Tris Buffered Saline)
Substanz Hersteller Menge
Natriumchlorid (NaCl) Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
8,0g
Kaliumchlorid (KCl) Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
0,2g
Tris [ (HOCH2)3CNH2 ] Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
3g
pH-Einstellung mit Salzsäure (HCl) Merck KGaA, Darmstadt, D pH=7,4
Aqua bidest. eigene Herstellung Auf 1000ml
auffüllen
Fixier-Lösung
Substanz Hersteller Menge PBS 1x eigene Herstellung 89,2ml 10,8ml Formaldehyd (37%) Merck KGaA, Darmstadt, D 10,8ml Triton X (0,1%) Bio-Rad Inc., Hercules CA, USA 100µl
Blocking-Lösung
Substanz Hersteller Menge PBS 1x Eigene Herstellung 90,0ml FBS (Fetal Bovine Serum) 10% Biochrom AG, Berlin, D 10,0ml BSA (Bovine Serum Albumin) Biochrom AG, Berlin, D 1,00g Natriumazid 1mol/l Merck KGaA, Darmstadt, D 300µl
Antikörper-Verdünnungslösung
Substanz Hersteller Menge TBS 1x eigene Herstellung 5,00ml BSA (Bovine Serum Albumin) Biochrom AG, Berlin, D 50,0mg
Zellkern-Färbelösung DAPI
Substanz Hersteller Menge DAPI Stammlösung (1mg/ml) Hoffmann-La Roche, Basel, CH 0,30µl
SSC Tween 4x (Standard Saline Citrate + Emulgator)
SSC:Hoffmann-La Roche, Basel, CH Tween: Carl Roth GmbH + Co KG, Karlsruhe, D
1,00ml
86
9.2 Röntgenspektren
Die hier gezeigten Röntgenspektren wurden im Zuge der Analysen zur
Charakteristik der verwendeten Röntenanlage, der Untersuchung der
emittierten Strahlung als auch bei der Etablierung des Szintillationszählers
als zuverlässiges Spektralanalysegerät generiert und aufgearbeitet.
Auf Grund der nur indirekten Assoziation zu den vorliegenden
Ergebnissen zur Untersuchung der biologischen Strahlenwirkung werden
die erhobenen Daten und Schlussfolgerungen der Versuche im Folgenden
als Anhang zur Hauptarbeit vorgestellt.
Zu Beginn kann aus Abbildung A1 die spektrale Charakteristik der
Röntgenemission erschlossen werden. Die Aufnahme wurde unter
Zuhilfenahme des Szintillationszählers bei konstantem Strom-Zeit-Produkt
erstellt. Dabei variierte die Beschleunigungsspannung der Röntgenröhre
von 20kV bis hin zu 160kV in 10kV-Schritten.
In Analogie zu diesem Versuch wurde die Spektralanalyse mit einer
zusätzlichen Kupferfilterung der Primärstrahlung (Filterdicke = 1,0mm)
durchgeführt. Abbildung A2 zeigt eine deutliche Reduktion der detektierten
Photonen mit Energien kleiner als 50keV. Dies war der gewünschte Effekt
bei der Analyse der 130kV-Emmission mit möglichst geringem
niederenergetischen Anteil.
87
Abbildung A1: Spektrum der verwendeten Röntgenröhre bei konstantem Strom-Zeit-Produkt
88
Abbildung A2: Spektrum der verwendeten Röntgenröhre bei konstantem Strom-Zeit-Produkt und Filterung mit 1,0mm Kupfer
89
Um ein weiteres Filtermedium zu testen, wurden auch mit
Aluminiumblechen unterschiedlicher Materialstärke Filterdicken von 0mm
bis 15mm realisiert und die spektrale Aufzeichnung mit einer fixen
Beschleunigungsspannung von 160kV bei alternierenden Filterstärken
durchgeführt. Hierbei erkennt man eine den Grundgedanken der
eigentlichen Versuchsreihe korrumpierende, mangelhafte Filterung der
niederenergetischen Photonen. Diese würde eine ausreichende
Absorption der unerwünschten Spektralanteile nur unter sehr dickem
Aluminiumfilter und einer damit einhergehenden Schwächung des
Nutzstrahls ermöglichen. Abbildung A3 zeigt die Ergebnisse dieser
Versuchsreihe.
Ein weiteres Experiment diente dazu, die im Wasserphantom der Dicke
1,5mm absorbierte Energiedosis mittels Berechnung aus den Spektral-
analysen zu ermitteln. Abbildung A4 zeigt in a) die kupfergefilterte
Nutzstrahlung der Maximalenergie 130keV vor und nach Passage der
Wasserschicht und die relativen Dosen, zum einen die der gesamt
emittierten Strahlendosis, sowie derjenigen Energie, welche durch den
Wasserfilter absorbiert wurde. Auf Grund der geringen Absorption,
gemessen an der detektierten Gesamtdosis, kann die im Wasserphantom
absorbierte Energie nur mit einer relativ großen Fehlerabweichung aus
mehreren Versuchsreihen ermittelt werden; die Gesamtdosis hat eine im
Vergleich minimale Standardabweichung, siehe dazu Abbildung A4b).
Aus Abbildung A5 geht hervor, dass die Röntgenröhre mit zunehmender
Spannung bei konstantem Strom-Zeit-Produkt eine annähernd
exponentielle Dosisleistungsprogression zeigt, währenddessen die in
einem Wasserphantom absorbierte Dosis bei Zunahme hauptsächlich im
hochenergetischen Energiebereich der Photonen einen Einbruch des
Dosiszuwachses zeigt, da der Absorptionskoeffizient für diese hohen
Energien stetig im Rahmen der verwendeten Energien abnimmt.
90
Abbildung A3: Spektrum der verwendeten Röhre bei U=160kV, konstantem Strom-Zeit-Produkt sowie Aluminiumfilterung verschiedener Schichtdicken
91
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Gesamtdosis
Wasserdosis
0
2
4
6
8
10
12
14
0
20
40
60
80
100
120
140
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130
rela
tive W
asserd
osisre
lati
ve G
esam
tdo
sis
Beschleunigungsspannung (kV)
Gesamtdosis
Wasserdosis
Abbildung A4 a):Szintillationszähler-Spektrum mit und ohne Wasserphantom b) relative Dosen ±1SD
Abbildung A5: Verlauf der relativen Gesamtdosis sowie der im 1,5mm-Wasserphantom absorbierten Dosis in Abhängigkeit der Röhrenspannung bei konstantem Strom-Zeit-Produkt
0
200
400
600
800
1000
1200
dete
kti
ert
e P
ho
ton
en
(1)
Photonenenergie (keV)
Leerwert nach 1,5mm Wassersäule
a b
92
0,001
0,01
0,1
1
10
10 100
Ab
so
rpti
on
sko
eff
izie
nt
µ (
cm
-1)
Photonenenergie (keV)
Eine Gegenüberstellung des Absorptionsverhaltens von Putenfleisch und
einem gleich dicken Wasserphantom stellte einen groben Vergleich der
Absorptionscharakteristik von Weichteilgewebe und der oft genutztem (da
einfacher zu handhabenden) Wassersäule dar. Dabei konnte weder die
Darstellung der Spektren durch die Filterung der beiden Medien noch die
daraus berechneten Absorptionskoeffizienten einen signifikanten
Unterschied aufzeigen.
0
5
10
15
20
25
30
35
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 160
rela
tive A
bso
rptio
n (%
)dete
kti
ert
e P
ho
ton
en
(1)
Photonenenergie (keV)
Leerwert
Wasser
Pute
Absorption Wasser
Absorption Pute
20 30 40 50 60 70 200
eigene Berechnung ± 1SD
Daten nach Les, Whalen et al. (2002)
Abbildung A6: Vergleich der ermittelten Wasserabsorption mit der Literatur
Abbildung A7: Absorptionsverhalten von Wasser und Putenfleisch
93
Bei der Analyse und dem Vergleich verschiedener Spektralaufnahmen
wurde auch untersucht, ob die theoretische Erwartung, dass bei
identischem Strom-Zeit-Produkt und sonst unveränderten
Versuchsbedingungen, identische Ergebnisse zu erzielen sind.
Eine Abstraktion dieser Bedingung wurde, dargestellt in Abbildung A8,
durch folgenden Versuch realisiert: Ein bei U=60kV und 10 Minuten
Belichtungszeit aufgenommenes Strahlungsspektrum wurde mit den
Ergebnissen der Photonenzählung während lediglich einer Minute
Expositionszeit unter identischen Bedingungen, welches im Anschluss
verzehnfacht wurde, verglichen. Die Differenz der in der jeweiligen
Photonenenergie detektierten Anzahl an registrierten Ereignissen wird in
Abbildung A8b) als graues Diagramm gezeigt. Auch wenn in einzelnen
Energiestufen Differenzen der ermittelten Photonenzahl bestehen, so ist
die über das gesamte Energiespektrum aufgezeichnete Energiedifferenz
nahe null. Daher kann durch Glättung und Aufsummierung das Rauschen
des Szintillationszählers sehr gut herausgerechnet werden.
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
0 10 20 30 40 50 60 70
de
tek
tie
rte
Ph
oto
ne
n (
1)
Photonenenergie (keV)
t=1,0min×10
t=10min
-150-100
-500
50100150
0 10 20 30 40 50 60 70
∆N (Photonen)
Abbildung A8: a) Spektrenvergleich bei gleichem Strom-Zeit-Produkt b) Differenz
a
b
94
Abbildung A9: Röntgenspektren bei Ua=160kV und verschiedener Kupfer-Filterung
0
500
1000
1500
2000
2500
0 20 40 60 80 100 120 140 160
dete
kti
ert
e P
ho
ton
en
(1)
Photonenenergie (keV)
ungefiltert
0,3mm Kupfer
1,8mm Kupfer
95
Bestrahlungsbedingungen
unbestrahlt 30min nach 2Gy 24h nach 2Gy
ge
färb
tes
Pro
tein
(b
lau =
DA
PI)
p5
3B
P1
(ro
t)
pA
TM
(g
rün
)
γH2
AX
(g
rün
)
PM
L (
rot)
be
son
de
re
Ze
llpha
sen
γH2AX-Überexpression (grün) während Mitose
Ki67-Expression (rot)
Abbildung A10: Mikroskopische Aufnahmen verschiedener Versuchsmodalitäten, fluoreszenz-gefärbt mittels Antikörper
96
10. Danksagung
Zuerst möchte ich mich bei Herrn Professor Fietkau bedanken, unter
dessen Leitung sowohl einige praktische Ausbildungsabschnitte meines
Medizinstudiums stattgefunden haben, als auch diese Dissertation erst
ermöglicht wurde.
Mein besonderer Dank gilt Herrn PD Dr. Distel, der mein Interesse an der
Strahlenmedizin geweckt und gefördert hat, sei es durch
Wahlfachangebote, Mitarbeit an Strahlenschutzprojekten oder der
Möglichkeit zur Promotion in seinem Labor. Während der Arbeiten an
dieser Dissertation war er stets ein zuverlässiger und hoch motivierter
Ansprechpartner in allen Belangen, welcher ein freies, wissenschaftliches
Arbeiten ermöglichte und mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand.
Ich bedanke mich auch bei allen Mitarbeitern des Labors für molekulare
Strahlenbiologie, insbesondere bei Frau Müller, Frau Mehler, Frau Engert
und Frau Sieber für die tatkräftige Unterstützung und Einarbeitung in die
verschiedensten Arbeitsabläufe sowie die herzliche Aufnahme in die
Arbeitsgemeinschaft.
Auch allen Mitarbeitern der Klinik für Strahlentherapie gilt mein Dank für
die hervorragende Ausbildung und Motivation während der verschiedenen
Ausbildungsabschnitte.
Auch Herrn Dr. Manfred Schmidt gebührt meine Wertschätzung für die
vertrauensvolle Aushändigung von medizintechnischem Equipment und
Hilfe bei physikalischen Fragestellungen.
Nicht zuletzt möchte ich meinen Eltern, meiner Freundin und meiner
gesamten Familie für den Rückhalt und die Unterstützung während
meines Studiums und der Arbeit an dieser Dissertation von Herzen
danken. Ohne sie wäre all dies nicht möglich gewesen.