verkehrskonzept innenstadt pforzheim 2013 · zustellen: (1) die grünzeitverteilung wird geändert,...
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Verkehrskonzept Innenstadt Pforzheim 2013
Auftraggeber: Stadt Pforzheim
Amt für Stadtplanung, Liegenschaften & Vermessung
in Kooperation mit
Grünflächen- und Tiefbauamt
Auftragnehmer: Professor Dr.-Ing. Hartmut Topp topp.plan: Stadt.Verkehr.Moderation
in Kooperation mit Planungsbüro R+T, Darmstadt
Bearbeitung: Februar 2013 bis November 2013
Bearbeiter: Dr.-Ing. Ralf Huber-Erler (R+T) Heidrun Rückeis (R+T) Professor Dr.-Ing. Hartmut Topp (Projektleitung) Dipl.-Ing. Holger Türr (R+T)
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Vorbemerkungen
Das Verkehrskonzept Innenstadt Pforzheim 2013 wurde im
Zeitraum Februar 2013 bis November 2013 erarbeitet. Meh-
rere Arbeitsgespräche fanden statt mit den beteiligten Dezer-
naten und Ämtern der Stadt Pforzheim, mit den für die Ent-
wicklung der östlichen Innenstadt beauftragten Planern, mit
der Projektgruppe Innenstadt des Gemeinderats, mit dem
Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis, mit dem Stadtverkehr
Pforzheim, dem Eigenbetrieb Pforzheimer Verkehrsbetriebe,
mit der Konversionsgesellschaft Buckenberg mbH und mit
der Entwicklungsgesellschaft Innenstadt Pforzheim. Für die
dabei erhaltenen wertvollen Informationen und Anregungen
möchten wir uns herzlich bedanken. Die Ergebnisse wurden
dem Gemeinderat am 13. November vorgetragen. Wir wün-
schen der Stadt Pforzheim viel Erfolg bei der Umsetzung des
für die Innenstadtentwicklung sehr wichtigen Verkehrskon-
zepts 2013.
Hartmut Topp
Kaiserslautern, Dezember 2013
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1 Die Pforzheimer Innenstadt … Seite 5
2 Mobilität & Verkehr in Pforzheim ……… 6
3 Sperrung der Schlossberg-Auffahrt ……… 8
3.1 Motorisierter Individualverkehr (MIV) ……… 10
3.2 Öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) ……… 15
3.3 Exkurs: Schrägaufzug ……… 21
3.4 Umleitungen in Störungsfällen ……… 23
4 Stadtboulevard Zerrennerstraße -
Am Waisenhausplatz ……… 25
5 Zentrale Bushaltestelle Leopoldplatz /
Leopoldstraße ……… 32
5.1 Gibt es alternative Standorte? ………..33
5.2 Neuordnung des Leopoldplatzes ……… 34
6 Phasenmodell ……… 40
7 Fazit und Empfehlungen ……… 42
Quellen ……......44
Anhang
A1 Leistungsfähigkeit im MIV ………...A2
A2 ÖPNV-Vorrang an Knotenpunkten ……….A14
A3 Beispiele für Schrägaufzüge ……….A15
A4 Friedrich-Ebert-Straße, Kassel ……….A16
A5 Mönckebergstraße, Hamburg ……….A18
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1 Die Pforzheimer Innenstadt
Der Wiederaufbau der Pforzheimer Innenstadt nach dem verheerenden Bombenan-
griff vom 23. Februar 1945 folgte dem Leitbild der gegliederten und aufgelockerten
autogerechten Stadt. Darunter leidet die Stadt auch heute noch. Repräsentanten der
autogerechten Stadt sind - neben anderen - die Zerrennerstraße mit dem Waisen-
hausplatz, der Straßenzug Berliner Straße - Goethestraße sowie die Schlossberg-
Auffahrt.
Mit ihren aktuellen städtebaulichen und verkehrlichen Planungen für die Innenstadt
will die Stadt Pforzheim Stadtraum als Lebensraum mit mehr Urbanität zurück ge-
winnen. Grundlage und Voraussetzung dafür ist der im Süden und Osten weiter ge-
fasste, insgesamt 4,3 km lange Innenstadtring über Calwer Straße, Holzgartenstra-
ße, Parkstraße und Lindenstraße (Bild 1) sowie die Planungen der Stadt im Öffentli-
chen Personennahverkehr und im Fahrradverkehr. Drei Teilbereiche der Innen-
stadt sind von besonderer Bedeutung:
Schlossberg mit Schlosskirche
Zerrennerstraße / Waisenhausplatz
Leopoldplatz / Leopoldstraße
Der Schlossberg mit der Schlosskirche ist die Keimzelle und zusammen mit dem
Marktplatz die historische Mitte der Stadt. Vor der Zerstörung war er Teil der Altstadt
mit ihrem Netz schmaler Gassen. Die Schlossberg-Auffahrt stört das städtebauli-
che Potenzial dieses Bereichs mit Schlosskirche, Blumenhof und Schlosspark; sie ist
ein Fremdkörper im Stadtgrundriss (Bild 3). Im Werkstattverfahren zur baulichen
Neuordnung der östlichen Innenstadt wurde die Schlossberg-Auffahrt grundsätz-
lich in Frage gestellt. Zu prüfen war, unter welchen Bedingungen und mit welchen
Folgen für den Motorisierten Individualverkehr (MIV) und für den Öffentlichen Perso-
nennahverkehr (ÖPNV) die Schlossberg-Auffahrt als Verkehrsstraße aufgegeben
werden kann.
Die heute mit über 30.000 Kfz pro Tag hoch belastete vierspurige Zerrennerstraße
mit dem Waisenhausplatz wird in Pforzheim ganz treffend auch „Zertrennerstaße“
genannt. Mit den Rampen der Tiefgarage mitten im Straßenraum des Waisenhaus-
platzes (Bild 10) bildet sie eine Schneise quer zur wichtigen und bedeutsamen Fuß-
gängerverbindung vom Wasser der Enz und Nagold über Stadttheater, Congress-
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Centrum, Rathaus, Marktplatz und Schlossberg hinauf zum Hauptbahnhof / ZOB.
Gleichzeitig ist die Zerrennerstraße zusammen mit Leopoldstraße und Bahnhofstraße
und der Haltestelle Waisenhausplatz eine wichtige ÖPNV-Achse, die von acht Stadt-
buslinien befahren wird. Die Zerrennerstraße soll zum Stadtboulevard mit zwei Spu-
ren für den MIV bei Tempo 20 als Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich oder als
Tempo 30-Straße umgestaltet werden.
Leopoldplatz und Leopoldstraße bilden neben Hauptbahnhof / ZOB die wichtigste
Haltestelle des ÖPNV als zentrale Bushaltestelle der Innenstadt, unmittelbar am
westlichen Auftakt der Fußgängerzone. Hier verkehren an beiden Haltestellen (Leo-
poldplatz und Leopoldstraße) zusammen 14 Stadtbuslinien und 16 Regionalbuslinien
mit insgesamt ca. 1.735 Bussen pro Werktag. Der Leopoldplatz wird von Bussen
dominiert (Bild 13); Aufenthaltsqualität ist kaum gegeben. In der Verbindung mit dem
Hauptbahnhof / ZOB kommt es in der Bahnhofstraße zu einer starken Bündelung von
28 Buslinien mit insgesamt 1.625 Bussen pro Werktag (Auskunft Verkehrsverbund
Pforzheim-Enzkreis - VPE). Zu klären ist u.a., wie zusätzliche Linien des geplanten
Metrobus-Systems hier abgewickelt werden können, vor allem aber, wie die Aufent-
haltsqualität auf dem Straßenzug des Leopoldplatzes verbessert werden kann.
2 Mobilität & Verkehr in Pforzheim
Mobilität und Verkehr sind in Pforzheim stärker als in anderen Städten vom Auto
geprägt: 52 % MIV-Anteil an allen Wege im Binnenverkehr und 58 % MIV-Anteil an
allen Wegen im Gesamtverkehr (Binnenverkehr plus Quell- und Zielverkehr) sind im
Vergleich zu ähnlich großen Städten recht hohe Werte. „Das großzügig ausgebaute
Hauptverkehrsstraßennetz in der Innenstadt und in zentrumsnahen Bereichen dürfte
hierbei eine ebenso entscheidende Rolle spielen wie die unattraktive Ausstattung
des Angebots für Radfahrer und Fußgänger sowie das gute Parkraumangebot“ (VEP
2010). Eine extreme Besonderheit ist der mit 1 bis 2 % verschwindend geringe Rad-
verkehrsanteil, der nicht allein mit der bergigen Topografie erklärt werden kann. Der
ÖPNV-Anteil von 17 % liegt in der Größenordnung vergleichbarer Städte.
Nach den verkehrsplanerischen Zielen der Stadt Pforzheim sollen künftig 50% (statt
heute 42 %) aller Wege im Mobilitätsverbund aus zu Fuß, Fahrrad und ÖPNV zu-
rückgelegt werden (VEP, 2010 / Nahverkehrsplan 2011). Neben einer Erhöhung des
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extrem niedrigen Radverkehrsanteils soll das durch einen höheren Anteil des ÖPNV
am Gesamtverkehr erreicht werden. Gemäß VEP 2010 erfordert das einen „Quali-
tätssprung im Angebot und in der Fahrgastbedienung“. Nach einer Diskussion einer
Stadtbahn geht es jetzt um die Weiterentwicklung des Busverkehrs durch ein zusätz-
liches „höherwertiges Bussystem“ (Metrobus). Es wird davon ausgegangen, dass
dadurch ca. 4 % der innenstadtbezogenen Autofahrten auf den ÖPNV verlagert wer-
den können (VEP 2010).
Trotz dieser Ziele geht der aktuelle Pforzheimer VEP (VEP 2010) bis 2020 von Zu-
wächsen im MIV aus: + 3,1 % im Binnenverkehr, + 5,2 % im Quell- und Zielverkehr
plus die Verkehre aus neuen Gewerbegebieten und der Konversion der Buckenberg-
Kaserne. In einer Reihe anderer Städte gleicher Größenordnung stagniert der MIV in
den Kernstadtbereichen oder ist sogar leicht rückläufig (Ahrens, 2011). Dessen un-
geachtet gehen die folgenden Untersuchungen zur Sperrung der Schlossberg-Auf-
fahrt von den für 2020 prognostizierten Verkehrsbelastungen (Bild 2) des VEP 2010
aus. Als Straßennetz wird das für 2015 (Netz 2015) projektierte zugrunde gelegt; das
heißt ohne Westtangente und ohne Durchbindung der Güterstraße, aber mit dem im
Süden und Osten weiter gefassten Innenstadtring und einer reduzierten Zerrenner-
straße (Bild1).
Bild 1: Der Pforzheimer Innenstadtring ab 2015 gemäß VEP 2010
(Stadt Pforzheim, 2010)
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Der Pforzheimer Innenstadtring (Bild 1) ist überwiegend vierspurig mit oder ohne Zu-
satzspuren an den Knotenpunkten. Dabei fällt auf, dass in Teilbereichen immer wie-
der auf den äußeren Fahrspuren der vierspurigen Fahrbahn auch in den Spitzenzei-
ten des Verkehrs geparkt wird. Man könnte das als „stille Reserve“ des Innenstadt-
rings bezeichnen, wenn für das Parken andere Lösungen gefunden werden könnten.
Allerdings sind für die Leistungsfähigkeit des Innenstadtringes grundsätzlich die Kno-
tenpunkte maßgebend. 14 von insgesamt 19 Knotenpunkten müssen - auch ohne
Sperrung der Schlossberg-Auffahrt - angepasst werden, um die Prognose-Verkehrs-
belastungen bei ausreichender Verkehrsqualität abwickeln zu können. Die Anpas-
sungsmaßnahmen laufen zurzeit und werden voraussichtlich 2014 abgeschlossen.
Bild 2: Verkehrsbelastungen 2020 (Kfz pro Werktag) auf dem Netz 2015
mit Schlossberg-Auffahrt gemäß VEP 2010 (Stadt Pforzheim, 2010)
3 Sperrung der Schlossberg-Auffahrt
Die Schlossberg-Auffahrt in ihrer heutigen verkehrstechnischen Form (Bild 3) domi-
niert den topografisch, historisch und kulturell sensiblen Schlossberg. Sie stört das
städtebauliche Potenzial dieses Bereichs zwischen Blumenhof und Schlosskirche
einerseits und zwischen Marktplatz und Hauptbahnhof andererseits; sie ist ein
Fremdkörper im historischen Stadtgrundriss.
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Die Schlossberg-Auffahrt hat heute eine Verkehrsbelastung von ca. 13.300 Kfz pro
Werktag (Analyse 2008, VEP 2010), davon sind knapp 4 % Schwerverkehr und ca.
140 Busse des regionalen ÖPNV (4 Linien) plus 13 Busse im Schülerverkehr. Im
Prognosefall 2020 (Netz 2015) sind es trotz der Annahme einer allgemeinen Ver-
kehrszunahme mit ca. 12.600 Kfz pro Werktag (Bild 2) sogar etwas weniger, was mit
dem neu definierten Innenstadtring und der reduzierten Zerrennerstraße (siehe Kapi-
tel 4 Stadtboulevard Zerrennerstraße) zusammenhängt. …………………..
Bild 3: Schlossberg gestern und heute: Eingriff in den historischen Stadtgrundriss
Ausgehend von den im VEP 2010 (Stadt Pforzheim, 2010) für 2020 prognostizierten
Verkehrsbelastungen sind zwei Planfälle zu untersuchen: (1) Die Schlossberg-Auf-
fahrt wird für den MIV (motorisierter Individualverkehr) gesperrt, außer Erschließung;
(2) die Schlossberg-Auffahrt wird auch für den ÖPNV gesperrt und komplett aus dem
Netz der Verkehrsstraßen herausgenommen. Die Erschließung könnte dann über
eine kleine Stichstraße als Verkehrsberuhigter Bereich vom Bahnhofplatz bis zum
Blumenhof erfolgen; das entspricht dem Verlauf der historischen Straßenverbindung
vom Bahnhof - und weiter über Alter Schlossberg - zum Marktplatz (Bild 3 links). Für
den Fahrradverkehr ist bei der Neuordnung dieses Bereichs eine Verbindung zwi-
schen Ecke Deimlingstraße / Östliche Karl-Friedrich-Straße und Bahnhofplatz / ZOB
zu berücksichtigen.
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3.1 Motorisierter Individualverkehr (MIV)
Planfall 1: Sperrung für den MIV, ÖPNV bleibt
Der Verkehrsentwicklungsplan (VEP 2010) definiert zur Entlastung der Innenstadt ei-
nen im Süden und Osten weiter gefassten Innenstadtring über Calwer Straße, Holz-
gartenstraße, Parkstraße und Lindenstraße (Bild 1). Weitergehende Planungen, den
Innenstadtring im Norden statt über Lindenstraße / Luisenstraße über Anshelmstraße
/ Güterstraße zu führen, sind wegen ihrer Langfristigkeit nicht Gegenstand vorliegen-
der Betrachtungen. Innerhalb des Innenstadtrings schlägt der VEP einen „Parkring“
vor über Zerrennerstraße, Deimlingstraße und Schlossberg-Auffahrt, der im Norden
und Westen mit Luisenstraße, Berliner Straße und Goethestraße mit dem Innenstadt-
ring identisch ist.
Der Parkring mit der Schlossberg-Auffahrt war Grundlage eines - noch nicht abge-
schlossenen - Gutachtens zur Modernisierung des Parkleitsystems (Stadt Pforzheim,
2011). Eine ringförmige Erschließung aller Parkierungsanlagen ist allerdings keine
Voraussetzung für ein funktionsfähiges Parkleitsystem. Die Parkierungsanlagen kön-
nen auch sternförmig angefahren werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin,
den Parkring statt über die Schlossberg-Auffahrt weiter zu fassen über die „Nase“
Östliche Karl-Friedrich-Straße, Parkstraße und Lindenstraße. Das Gutachten zum
Parkleitsystem wird zurzeit entsprechend überarbeitet.
Die durch eine Sperrung der Schlossberg-Auffahrt für den MIV verursachten Ver-
kehrsverlagerungen werden mit dem VISUM-Modell des Verkehrsentwicklungsplans
untersucht. Das Modell wurde vom Büro Brenner als 4 h-Nachmittagsmodell entwi-
ckelt und geeicht; die 24 h-Werte sind durch Multiplikation mit dem Faktor 3,5 ermit-
telt. Das birgt gewisse Ungenauigkeiten, da insbesondere die Radialstraßen morgens
und nachmittags je unterschiedliche Richtungsorientierung aufweisen. Für die Innen-
stadtstraßen und für den hier genauer zu untersuchenden Innenstadtring spielt das
jedoch eine geringere Rolle.
Die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt führt zu Veränderungen der Verkehrsbelas-
tungen in weiten Teilen der Innenstadt über den Innenstadtring hinaus und insbe-
sondere auch auf dem Innenstadtring selbst (Bild 5). Zusatzbelastungen ergeben
sich insbesondere für Parkstraße, Berliner Straße, Goethestraße und Östliche Karl-
Friedrich-Straße, in geringerem Umfang auch für Jahnstraße, Holzgartenstraße und
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Lindenstraße. Deutlich entlastet werden Luisenstraße, Bahnhofplatz, Nordstadtüber-
führung, Deimlingstraße und Kreuzstraße (Bild 5).
Bild 4: Verkehrsbelastungen 2020 (Kfz pro Werktag) im Netz 2015
bei Sperrung der Schlossberg-Auffahrt (R+T auf Basis VEP 2010)
Bild 5: Differenzen der Verkehrsbelastungen ohne (Bild 2) und mit Sperrung (Bild 4)
der Schlossberg-Auffahrt (R+T auf Basis VEP 2010)
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Die den Berechnungen der Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte (Anhang A1)
zugrunde zu legenden Stundenbelastungen ergeben sich für den Nachmittag aus
den 4 h-Belastungen multipliziert mit 0,28. Zunächst wird von den im VISSIM-
Simulationsprogramm verwendeten Signalprogrammen ausgegangen. Wenn sich
dann für einzelne Verkehrsströme Überlastungen oder unzureichende Reserven er-
geben, wird versucht, eine ausreichende Leistungsfähigkeit in vier Schritten her-
zustellen: (1) die Grünzeitverteilung wird geändert, (2) die Spuraufteilung in den Zu-
fahrten wird durch Markierung geändert, (3) eine Abbiegebeziehung wird unterbun-
den und (4) die Spuraufteilung wird auch baulich geändert. Die Einzelheiten der Er-
mittlung der Leistungsfähigkeiten sind im Anhang in Kapitel A1 dargestellt. In einem
zweiten Schritt wurde die Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte des Innenstadtrings -
einschließlich der Bedingungen für den ÖPNV - mittels einer VISSIM-Simulation des
Verkehrsablaufs untersucht (Planungsbüro R+T, 2013b).--------------------------------------
Bild 6: Übersicht zur Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte des Innenstadtrings
bei Sperrung der Schlossberg-Auffahrt
Die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt führt nicht an allen Knotenpunkten des In-
nenstadtrings zu zusätzlichen Verkehrsbelastungen, einige - Lindenstraße / Bahn-
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hofplatz / Nordstadtüberführung und Bahnhofstraße / Luisenstraße / Bahnhofplatz -
werden sogar entlastet (in Bild 6 hellgrün markiert). Das gilt insbesondere auch für
die Knotenpunkte Deimlingstraße / Östliche Karl-Friedrich-Straße und Deimlingstraße
/ Zerrennerstraße / Zehnthofstraße innerhalb des Innenstadtrings.
Alle Knotenpunkte des Innenstadtrings, an denen sich durch eine Sperrung der
Schlossberg-Auffahrt zusätzliche Verkehrsbelastungen ergeben, sowie der Kreisver-
kehr Anshelmstraße wurden hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit untersucht (Bild 6
und Kapitel A1).
Danach ist nach den VISSIM-Simulationen eine ausreichende Leistungsfähigkeit oh-
ne irgendeine Maßnahme gegeben an den Knotenpunkten (in Bild 6 dunkelgrün
markiert) Westliche Karl-Friedrich-Straße (Leopoldplatz) / Goethestraße, Jahnstraße
/ Dillsteiner Straße, Jahnstraße / Bleichstraße und am Kreisverkehr Anshelmstraße.
Durch Änderung der Grünzeitverteilung (Grünzeitanpassung) - Schritt 1 der Maß-
nahmen - kann eine ausreichende Leistungsfähigkeit an folgenden Knotenpunkten
(in Bild 6 gelb markiert) hergestellt werden: Lindenstraße / Parkstraße, Altstädter
Kirchweg / Parkstraße, Holzgartenstraße / Parkstraße, Jahnstraße/ Kaiser-Friedrich-
Straße / Weiherstraße, Westliche Karl-Friedrich-Straße / Berliner Straße und Berliner
Straße / Luisenstraße.
Eine Ummarkierung der Fahrspuren als Schritt 2 der Maßnahmen (in Bild 6 orange
markiert) wird erforderlich am Knotenpunkt Calwer Straße / Jahnstraße. Ein Sonder-
fall ist der Knotenpunkt Zerrennerstraße / Goethestraße: Hier bedarf es auf dem In-
nenstadtring im Zuge der Goethestraße keiner Anpassung, wollte man aber den
Rechtsabbieger aus der Zerrennerstraße mit voller Leistungsfähigkeit regeln, wäre
hier eine Ummarkierung der Fahrspuren erforderlich; das aber stände der Absicht
entgegen, den Verkehr in der Zerrennerstraße zu drosseln.
Lediglich am Knotenpunkt Östliche Karl-Friedrich-Straße / Parkstraße könnte in
der nachmittäglichen Spitze des Verkehrs stadtauswärts eine ausreichende Leis-
tungsfähigkeit nur hergestellt werden unter Aufgabe der Busspur, was nicht zielfüh-
rend ist (deshalb in Bild 6 rot markiert). Hier wird es stadtauswärts in der Nachmit-
tagsspitze zu Verkehrsverlagerung in den Straßenzug Zehnthofstraße / Altstädter
Kirchenweg kommen; das aber ist am Knotenpunt Altstädter Kirchenweg / Parkstra-
ße kein Problem.
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Bauliche Maßnahmen (Schritt 4 der Maßnahmen) und auch Unterbindungen von Ab-
biegebeziehungen sind nirgends erforderlich.
Als Fazit ist festzuhalten, dass die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt für den
MIV eine realistische Option ist. Einzelheiten der Signalsteuerung, zum Beispiel
einzügiges Queren für Fußgänger auch an sehr breiten Straßen oder die Abhängig-
keiten benachbarter Knotenpunkte, sind durch die VISSIM-Simulation vertieft unter-
sucht worden. Im Ergebnis sind keine Einschränkungen über die in Bild 6 dargestell-
ten zu erwarten. Auch für den den Innenstadtring kreuzenden ÖPNV gibt es danach
keine gravierenden Probleme (Planungsbüro R+T, 2013a und 2013b).
Wenn die Schlossberg-Auffahrt für den MIV gesperrt wird, für den ÖPNV aber offen
bliebe, ergeben sich innerhalb des Straßenquerschnitts Rückbaumöglichkeiten auf
ein 6,25 m breites Fahrbahnband für den Begegnungsfall zweier Gelenkbusse (Bild
7). Diese Begegnungsfälle sind selten, können aber nicht ausgeschlossen werden.
Auf jegliche Spuraufweitung über die erforderlichen Schleppkurven hinaus kann ver-
zichtet werden; in den Einmündungsbereichen in die Östliche Karl-Friedrich-Straße
am Ende der Fußgängerzone und in den Bahnhofplatz sowie im Übergang vom Blu-
menhof zur Schlosskirche können breite Übergänge für Fußgänger im Fahrbahnbe-
lag verdeutlicht werden (Bild 7). Auch ist es möglich, das Fahrbahnband etwas „ecki-
ger“ und damit weniger fahrdynamisch zu führen (Bild 7 rechts). Es bleibt aber grund-
sätzlich die Schlossberg-Auffahrt in ihrer heutigen Linienführung bestehen.
Bild 7 macht deutlich, dass die Rückbaumöglichkeiten der Schlossberg-Auffahrt
bei einer Sperrung allein für den MIV bei weitem nicht ausreichen, um hier zu ei-
ner dem historisch und kulturell bedeutsamen Ort angemessenen Neuordnung zu
kommen. Ziel muss es deshalb sein, die Straße auch für den ÖPNV zu sperren, und
sie als Verkehrsstraße komplett aus dem Netz zu nehmen. Es bliebe dann nur noch
eine schmale verkehrsberuhigte Anliegerfahrbahn zwischen Bahnhofplatz und Stifts-
hof / Blumenhof, die bei Schrittgeschwindigkeit auch als Mischverkehrsfläche gestal-
tet werden könnte. Dieser Straßenverlauf entspricht der historischen Situation (Bild 3
links), während der untere Teil der Schlossberg-Auffahrt aus den 1950er Jahren der
autogerechten Stadt stammt (Bild 3 rechts).
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Bild 7: Rückbaumöglichkeiten der Schlossberg-Auffahrt bei Sperrung für den MIV
3.2 Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)
Planfall 2: Komplettaufgabe als Verkehrsstraße
Nachdem mit Planfall 1 gezeigt worden ist, dass eine Sperrung der Schlossberg-Auf-
fahrt für den MIV eine realistische Option ist, wird im Folgenden untersucht was eine
Komplettaufgabe der Schlossberg-Auffahrt als Verkehrsstraße für den Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) bedeutet und welche Anpassungsmaßnahmen erfor-
derlich werden.
Die Schlossberg-Auffahrt wird heute von vier Regionalbuslinien (735, 736, 738, 739)
in Richtung und Gegenrichtung befahren. Darüber hinaus gibt es 13 Schulbusse, die
zwischen ZOB und dem Stadtteil Buckenberg verkehren. Stadtbusse benutzen die
Schlossberg-Auffahrt gar nicht.
Die Regionalbuslinien werden im Stunden-Takt betrieben mit Verdichtung in den
Spitzenzeiten. In der Überlagerung von drei Linien ergibt sich zwischen Niefern und
der Pforzheimer Innenstadt ein 20 min-Takt. Insgesamt fahren werktags ca. 140 Re-
gionalbusse plus ca. 13 Schulbusse über die Schlossbergauffahrt. Es handelt sich
ganz überwiegend um 12 m-Solobusse; 18 m-Gelenkbusse sind die Ausnahme. Alle
fünf (vier plus eins) Regionalbuslinien erreichen die Pforzheimer Innenstadt über die
Eutinger Straße. Sie haben am ZOB / Hauptbahnhof ausnahmslos ihre Endhaltestel-
le.
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Bei einer Sperrung der Schlossbergauffahrt auch für Busse ergeben sich für die
Regionalbuslinien zwei Alternativen (Bild 8):
1. Ab Einmündung der Lindenstraße in die Eutinger Straße / Östliche Karl-
Friedrich-Straße über die Lindenstraße zum ZOB.
2. Bis zur Deimlingstraße wie heute über die Östliche Karl-Friedrich-Straße,
dann durch die engere Innenstadt über Deimlingstraße, Zerrennerstraße,
Leopoldstraße, Bahnhofstraße und Bahnhofplatz zum ZOB.
Bild 8: Mögliche alternative Linienwege der Regionalbusse bei Sperrung
der Schlossberg-Auffahrt
Die Alternative 2 durch die engere Innenstadt (Bild 8) ist um ca. 800 m länger als
über die Schlossberg-Auffahrt. Auf der Strecke liegen vier Haltestellen (Marktplatz,
Waisenhausplatz, Leopoldstraße, Bahnhofstraße), die allerdings nicht alle von den
Regionalbussen bedient werden müssen; es reichen zwei Halte an Marktplatz oder
Waisenhausplatz und in der Leopoldstraße. Die Fahrzeitverlängerung durch 800 m
Strecke und eine zusätzliche Haltestelle dürfte in der Größenordnung von vier Minu-
ten pro Richtung, bzw. acht Minuten pro Umlauf liegen. Die Alternative 2 wird auch in
der vertiefenden ÖPNV-Untersuchung (Planungsbüro R+T, 2013a) empfohlen. Ob es
im Einzelfall zu Sprungkosten eines weiteren Busses plus Fahrer führt, ist bisher
nicht untersucht.
Inzwischen liegen allerdings Erfahrungen vor aus der temporären Sperrung der
Schlossberg-Auffahrt vom 16. April 2013 bis zum 27. Juni 2013 wegen der Baustel-
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le am Bahnhofplatz. Die Regionalbusse fuhren während dieser Zeit durch die engere
Innenstadt über Zerrennerstraße, Leopoldstraße und Bahnhofstraße (entsprechend
Alternative 2 in Bild 8). Laut Auskunft des Verkehrsverbundes Pforzheim-Enzkeis hat
das zu keinen Problemen und insbesondere nicht zum Einsatz weiterer Busse ge-
führt - mit der Ausnahme von Verspätungen in den Spitzenzeiten des Verkehrs auf
der Fahrt vom ZOB über die Zerrennerstraße. Das aber erledigt sich durch den Aus-
bau des Innenstadtrings und die Umgestaltung der Zerrennerstraße zum Stadtboule-
vard (siehe Kapitel 4).
Die Führung der Regionalbusse durch die engere Innenstadt über Zerrennerstra-
ße, Leopoldstraße und Bahnhofstraße ist also eine machbare Alternative zur Füh-
rung über die Schlossberg-Auffahrt. Sie hat für die Fahrgäste aus der östlichen Regi-
on zudem den Vorteil mindestens einer, vielleicht auch zwei oder sogar drei weiterer
Innenstadt-Haltestellen - zusätzlich zur bestehenden Haltestelle Marktplatz.
Die Bahnhofstraße weist mit ca. 1.625 Bussen pro Werktag eine hohe ÖPNV-
Frequenz auf. Eine weitere Bündelung des ÖPNV in der Bahnhofstraße mit zusätz-
lich ca. 140 Bussen pro Werktag ist vertretbar, wie die Erfahrungen mit der temporä-
ren Sperrung der Schlossberg-Auffahrt gezeigt haben. Künftig sollen auch Busse des
geplanten Metrobus-Systems über Leopoldplatz und Bahnhofstraße fahren. Dabei ist
allerdings bisher nicht klar, in welchem Umfang Metrobuslinien heutige Buslinien er-
setzen bzw. additiv zu ihnen angeboten werden.
Die Alternative 1 über die Lindenstraße (Bild 8) vermeidet die Nachteile der Um-
wege und der längeren Fahrzeiten. Der Linienweg über die Lindenstraße ist sogar
etwas kürzer (350 m) als der über die Schlossberg-Auffahrt. Der Abschnitt der Lin-
denstraße zwischen Eutinger Straße / Östliche Karl-Friedrich-Straße und Parkstraße
ist für die Linienbusse des Regionalverkehrs problemlos zu befahren. Im folgenden
Abschnitt der Lindenstraße zwischen Parkstraße und ZOB (Bild 8) kommt es zu einer
Überlagerung des „MIV-Vorbehaltnetzes“ mit dem ÖPNV, was nach den Zielsetzun-
gen des Pforzheimer VEP nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Die Linden-
straße ist vierspurig mit der für Pforzheim typischen Eigenart, dass auch in den Spit-
zenzeiten des Verkehrs auf den äußeren Fahrspuren der vierspurigen Fahrbahn
beidseitig geparkt wird (Bild 8). Wenn man das Parken unterbände, ergäbe sich hier
ein problemloser Ablauf des regionalen Buslinienverkehrs (zusätzlich zu der dort
heute bereits verkehrenden Stadtbuslinie 8). Die Einfahrt der Regionalbusse in den
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ZOB von der Lindenstraße aus würde - so wie auch vom Schlossberg aus - über den
ZOB Süd und unter der Nordstadt-Überführung hindurch erfolgen.
Bild 9: Die Lindenstraße Richtung Osten von der Brücke am ZOB Süd
Die Lindenstraße hat bei Sperrung der Schlossberg-Auffahrt im höchst belasteten
Abschnitt unmittelbar westlich der Parkstraße eine MIV-Verkehrsbelastung von
16.900 Kfz pro Werktag, so viel wie auch die Östliche Karl-Friedrich-Straße (16.600)
und etwas weniger als die Zerrennerstraße (19.800). Das Unterbinden des Parkens
in der Lindenstraße (Bild 9) ist bei dieser Verkehrsbelastung keine Voraussetzung für
die Führung der Regionalbus-Linien durch die Lindenstraße. Denn maßgebend für
die Leistungsfähigkeit sind die Knotenpunkte, in diesem Fall Lindenstraße / Bahnhof-
platz / Nordstadt-Überführung und Lindenstraße / Parkstraße. Zwischen Parkstraße
und ZOB hätten die Regionallinien keine Haltestelle. Unabhängig davon kann es Be-
hinderungen des Busverkehrs durch einparkende Fahrzeuge geben; das dürfte je-
doch in der Lindenstraße weniger häufig sein, da es sich hier ganz überwiegend um
Langzeitparker handelt. Eine Haltestelle wäre in der Lindenstraße unmittelbar östlich
der Parkstraße einzurichten; hier sind die Verkehrsbelastungen geringer, und dieser
Abschnitt der Lindenstraße ist nicht Teil des Innenstadtrings.
Die Führung der Regionalbusse über die Lindenstraße ist allerdings für die Fahrgäste
aus der östlichen Region mit dem Ziel der Einkaufs-Innenstadt weniger attraktiv als
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die Führung durch die innere Innenstadt. Bei einer Verlagerung aller regionalen Bus-
linien in die Lindenstraße entfiele zudem die für die Regionalbusse wichtige Halte-
stelle Marktplatz, die dann eine reine Stadtbushaltestelle der Linie 1 wäre. Nach einer
überschläglichen Hochrechnung der Fahrgastzählungen aus den Jahren 2002/03
durch den Verkehrsverbund Pforzheim / Enzkreis wird die Haltestelle Marktplatz
werktäglich von ca. 1.300 ein- und aussteigenden Fahrgästen (in der Summe) der
Regionalbusse benutzt. Der Marktplatz ist von der Haltestelle Marktplatz ca. 170 m
entfernt, der ZOB 250 m; die Differenz wäre marginal, wenn der Höhenunterschied
nicht wäre.
Wegen des Höhenunterschieds von ca. 22 m zwischen Marktplatz und Hauptbahn-
hof / ZOB wäre der Wegfall der Haltestelle Marktplatz für die Regionalbusse - insbe-
sondere in einer alternden Gesellschaft - trotz der geringen Unterschiedes in den
Entfernungen zum Marktplatz von Relevanz. Die Überwindung des Höhenunter-
schieds betrifft allerdings nicht nur die Fahrgäste der Regionalbusse sondern die
Pforzheimer Bevölkerung insgesamt. Deshalb wird die Frage, wie man mit dem Hö-
henunterschied zwischen Innenstadt und Hauptbahnhof grundsätzlich umgehen
kann, in einem gesonderten Exkurs (Kapitel 3.3) behandelt. Mal davon abgesehen
bestände für Fahrgäste aus der Region die Option, an den Haltestellen Eutinger Tal-
weg oder Zeppelinstraße zwischen Stadt- und Regionalbus umzusteigen, was aller-
dings die Attraktivität der regionalen Verbindungen schmälert.
Ein Kompromiss könnte darin bestehen, einen Teil (eine oder zwei) der Regional-
buslinien über die Haltestelle Marktplatz, Deimlingstraße, Zerrennerstraße, Leopold-
straße und Bahnhofstraße zum ZOB (Bild 8, Alternative 2) zu führen und den Rest
über die Lindenstraße (Bild 8, Alternative 1). Auch denkbar wäre es, Regionallinien
aus dem Osten mit denen aus dem Westen durchzubinden, damit jeweils sowohl
ZOB als auch Leopoldplatz / Leopoldstraße bedient würden. Das gleiche wäre zu
erreichen, wenn die Regionallinien über die Lindenstraße zum ZOB (Bild 8, Alternati-
ve 1) und zurück über Leopoldstraße und Waisenhausplatz (Bild 8, Alternative 2) -
oder anders herum - fahren würden (Schleifenlösung). Letzteres hätte gegenüber
heute über die Schlossberg-Auffahrt nur drei Minuten Umlaufverlängerung zur Folge.
Beide Ansätze - Durchbindung und Schleifenlösung - haben allerdings den Nach-
teil, dass wegen fehlender Pufferzeit am ZOB eventuelle Störungen sich im Netz
20
fortpflanzen. Im Falle der Durchbindung müsste das regionale ÖPNV-Konzept ganz
neu entworfen werden.
Soviel zu der bestehenden ÖPNV-Situation am Schlossberg; darüber hinaus gibt es
eine Überlegung, die Schlossbergauffahrt in das zukünftige Metrobussystem ein-
zubeziehen. Das Metrobussystem besteht aus Durchmesserlinien, die alle sowohl
den Hauptbahnhof als auch den Leopoldplatz bedienen sollen. Im ursprünglichen
Konzept war vorgesehen, die Äste der Durchmesserlinien so zu verknüpfen, dass
man die Schlossberg-Auffahrt für das Metrobussystem überhaupt nicht gebraucht
hätte. So sollte der Ast Buckenberg / Haidach mit dem Ast Wilferdinger Höhe ver-
knüpft werden, was über Zerrenner Straße, Leopoldstraße, Bahnhofstraße, Bahnhof-
platz und Nordstadtüberführung erfolgen würde. Neuere Überlegungen gehen davon
aus, als erste Linie des Metrobussystems den Ast Buckenberg / Haidach mit dem Ast
Birkenfeld / Ittersbach zu verknüpfen. Das allerdings würde über Schlossberg-Auf-
fahrt, Bahnhofplatz, Bahnhofstraße und Leopoldplatz führen oder alternativ über Ge-
sellstraße, Kanzlerstraße, Parkstraße und Lindenstraße. Die Alternative über die
Parkstraße hat den Nachteil der Überlagerung des ÖPNV mit hohen MIV-Belastun-
gen.
Der Ast Buckenberg / Haidach ist der mit den meisten prognostizierten Fahrgästen
(11.700 Fahrgäste pro Werktag), gefolgt von den Ästen Birkenfeld / Ittersbach (9.000
Fahrgäste pro Werktag) und Wilferdinger Höhe (7.300 Fahrgäste pro Werktag). Von
daher sind beide Verknüpfungsvarianten unter ÖPNV-Netzaspekten denkbar. Den
Ast Birkenfeld / Ittersbach könnte man bei einer Verknüpfung der Äste Buckenberg /
Haidach und Wilferdinger Höhe am ZOB enden lassen. Für die zusätzliche Belastung
der Bahnhofstraße durch Busse wäre das neutral, da eine Prämisse des Metrobus-
systems die Bedienung sowohl des ZOB als auch von Leopoldplatz / Leopoldstraße
vorsieht.
Es ist deutlich geworden, dass es für die Führung der vier Regionalbuslinien, die
heute die Schlossberg-Auffahrt benutzen, eine Reihe von Alternativen gibt. Die
fahrgast-freundlichste und während der temporären Sperrung der Schlossberg-
Auffahrt bereits getestete Alternative ist die durch die innere Innenstadt über Zerren-
nerstraße, Leopoldstraße und Bahnhofstraße.
21
Aber auch Lösungen unter Einbeziehung der Lindenstraße sind denkbar. Wenn man
über eine barrierefreie, aufzuggestützte Überwindung des Höhenunterschieds zwi-
schen Marktplatz und Hauptbahnhof gemäß Exkurs (Kapitel 3.3) als Nutzen für die
gesamte Pforzheimer Bevölkerung nachdenkt, ist die Aufgabe der Haltestelle Markt-
platz für Regionalbusse im Fall der Verlagerung aller Linien in die Lindenstraße ver-
tretbar. Als Kompromiss könnte aber auch ein Teil der Regionalbusse die Halte-
stelle Marktplatz weiterhin bedienen.
Das Metrobussystem braucht die Schlossberg-Auffahrt nicht, wenn man zur ur-
sprünglich geplanten Verknüpfung der Äste Buckenberg / Haidach und Wilferdinger
Höhe zurückkehrt. Da das Metrobussystem sich eh noch in der konzeptionellen Pla-
nung, ist eine solche Änderung leicht diskutierbar.
Inzwischen liegt eine vertiefende Untersuchung zum ÖPNV (Planungsbüro R+T,
2013a) vor, die vorstehende Aussagen erhärtet und sich klar für die Führung der Re-
gionalbusse durch die Innenstadt ausspricht. Die Aufgabe der Schlossberg-Auffahrt
ist also auch aus Sicht des ÖPNV eine realistische Option.
3.3 Exkurs: Schrägaufzug
zwischen Marktplatz und Hauptbahnhof / ZOB
Der Weg vom Wasser der Enz, Nagold und des Metzelgrabens mit dem Schmuck-
museum über die Enzstege, Waisenhausplatz, Platz des 23. Februar, Marktplatz und
Schlossberg zum Hauptbahnhof ist funktional, stadthistorisch und vom Erlebniswert
eine der wichtigsten, vielleicht die bedeutsamste Fußgängerverbindung der Stadt.
Heute ist dieser Weg zwischen Marktplatz und Blumenhof / Schlosskirche noch nicht
einmal barrierefrei, es sei denn man benutzt den privaten Aufzug im C&A-Geschäft.
Der Höhenunterschied zwischen Marktplatz (+ 258 m üNN) und Hauptbahnhof / ZOB
(280 m üNN) beträgt ca. 22 m.
Es gibt eine Reihe von Städten, die vergleichbare und größere Höhenunterschiede
erfolgreich durch Aufzüge oder Schrägaufzüge überwinden und auch ein Stück weit
inszenieren. Das hat Tradition, weite Verbreitung und gehört zur Charakteristik der
Stadt, beispielsweise in Lissabon (Elevador de Santa Justa und andere), Valparaiso,
Chile oder Marburg an der Lahn. In Europa gibt es weitere historische Beispiele in
22
Bad Schandau, Bern (Stadtlift Münsterpromenade), Luzern, Stockholm (Slussen)
oder Paris (Montmatre). Neuere Beispiele sind Luxemburg (Aufzug Oberstadt -
Grund im Zusammenhang mit einem Parkhaus), Salzburg (Mönchsbergaufzug),
Marburg (Oberstadtaufzug) oder Sellin, Rügen (Seebrücken-Schrägaufzug über 17 m
- siehe Bild A2 im Anhang A3).
In Marburg verbinden drei Stadtaufzüge Unterstadt und Oberstadt: zwei Aufzüge im
Zusammenhang mit einem Parkhaus und der 1991 in Betrieb genommene Ober-
stadtaufzug am zentralen Rudolphsplatz über eine Höhe von 32 m. Diese Aufzüge
haben städtische Funktionen, wenig touristische. Aktuell wird ein Schrägaufzug zwi-
schen der Oberstadt und dem ca. 60 m höher gelegenen Schloss diskutiert.
Auch in jüngster Zeit wurden Stadtlifte als Schräg- oder Senkrechtaufzüge eingerich-
tet, so zum Beispiel 2011 in Meißen (Panorama-Aufzug Burgberg - Schrägaufzug -
siehe Anhang A3 und Bild A2 im Anhang A3), Koblenz (Schrägaufzug zur Festung -
siehe Anhang A3), Rorschach, Schweiz (AufZug am Bahnhof) oder Chur, Schweiz
(Schräglift über 30 m Höhe zwischen zwei Schulen).
Bild 10: Mögliche Schlossberg-Schrägaufzüge: 9,5 bis 15m hoch; 70 bis 110m lang
In Pforzheim gliedert sich der 22 m Höhenunterschied zwischen Marktplatz und
Bahnhofplatz in zwei Abschnitte (Bild 10): vom Marktplatz zum Blumenhof (ca. 10 m
Höhendifferenz) und von dort zum Hauptbahnhof (ca. 12 m). Die Schlosskirche liegt
23
etwa 5 m höher als der Blumenhof; von dort bis zum Eingang der Bahnhofunterfüh-
rung im Schlosspark sind es nur noch 2,5 bis 4 m Höhenunterschied. Je nach Lage
würde ein Schrägaufzug eine Höhe von 9,5 m (über Alter Schlossberg zum Blumen-
hof) bis 15 m (über Alfons-Kern-Staffel auf Niveau der Schlosskirche) überwinden.
Für die Neuordnung der Bebauung an der Östlichen Karl-Friedrichstraße / Schloss-
berg könnte die Integration eines Schrägaufzugs eine zusätzliche Aufgabenstellung
sein. In Verbindung mit einer Passage könnte auch ein Senkrechtaufzug in Frage
kommen.
Schrägaufzüge funktionieren ohne Personal wie herkömmliche Aufzüge. Sie haben
üblicherweise Kabinen für 8, 16, 25 oder 50 Personen. Beim Pforzheimer Schloss-
berg-Aufzug wird davon ausgegangen, dass ihn vorzugsweise ältere Menschen und
in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen und solche mit Gepäck oder Kinderwagen
benutzen. Dafür würde eine 8er Kabine ausreichen. Wenn auch Fahrräder transpor-
tiert werden sollen, wird wegen der erforderlichen Länge die 16er Kabine gebraucht.
Die Leistungsfähigkeit mit 16er Kabine liegt im Pforzheimer Fall (ca. 75 m schräge
Länge) bei ca. 340 Personen pro Stunde und Richtung.
Die Investitionskosten eines Schrägaufzuges mit 16er Kabine der Pforzheimer
Größenordnung (Alfons-Kern-Staffel, ca. 75 m schräge Länge, Höhenunterschied 14
m) liegen bei knapp 1 Mio. € (Auskunft Firma Doppelmayr) ohne eventuelle Stations-
bauten. Als ersten Anhalt für die Betriebskosten mögen folgende Beispiele dienen:
So betrugen 2012 die laufenden Kosten des Marburger Oberstadtaufzugs für War-
tung ca. 7.000 €/a, für die Beseitigung von Schäden durch Vandalismus ca. 5.000
€/a und für sonstige Bauunterhaltung ca. 14.500 €/a (Auskunft Stadt Marburg). Van-
dalismus ist ein Problem, aber es ist nicht größer als in anderen Anlagen des Öffent-
lichen Verkehrs. Die jährlichen Betriebskosten (Instandhaltung, Energie, Versiche-
rung)ibeim Schrägaufzug in Hohenwerfen (Höhe 114 m) in Österreich liegen bei ca.
16.000 €/a (Auskunft Firma Doppelmayr).
3.4 Umleitungsverkehre in Störungsfällen
In den Abstimmungsgesprächen zu vorliegendem Gutachten wurde verschiedentlich
auf die Umleitungsfunktion der Schlossberg-Auffahrt in Störungsfällen durch Baustel-
len, Unfälle und Volksfeste hingewiesen - sowohl unter Aspekten des MIV als auch
24
des ÖPNV. Nun wird man Städtebau und Stadtentwicklung einer Innenstadt nicht so
sehr an solchen Störungsfällen orientieren, gleichwohl wird im Folgenden auf dieses
ernst zu nehmende Argument eingegangen.
Es ist richtig, dass dem MIV nach Sperrung der Schlossberg-Auffahrt im nördlichen
Bereich der Innenstadt nur noch zwei Nord-Süd-Verbindungen (Goethestraße - Berli-
ner Straße und Parkstraße - Anshelmstraße) zur Verfügung stünden; im südlichen
Bereich sind es drei (Jahnstraße, Deimlingstraße, Parkstraße). Es gibt allerdings au-
ßerhalb der Innenstadt in ca. 700 m Entfernung nach Osten den Straßenzug Zeppe-
linstraße - Blücherstraße, der auch Teil des Vorbehaltnetzes gemäß VEP 2010 ist. Im
Westen wären die Durlacher Straße und Verbindungen über die Baumannbrücke
und/oder Viktoriabrücke als Ausweichstrecken in den seltenen Fällen einer Vollsper-
rung zu diskutieren.
Grundsätzlich gilt, dass Baustellen so zu organisieren sind, dass es nicht zu Vollsper-
rungen kommt; außerdem können nicht termingebundene Arbeiten in die verkehrs-
schwächeren Ferienzeiten gelegt werden.
Der ÖPNV müsste im Falle einer Sperrung der Bahnhofstraße über den Innenstadt-
ring (Luisenstraße - Berliner Straße) umgeleitet werden. Die Sperrung der Bahnhof-
straße und/oder des Leopoldplatzes für Festivitäten kann angesichts der Bedeutung
des Schlossbergs für die Stadt und die sich aus der Sperrung der Schlossberg-
Auffahrt ergebenden städtebaulichen Chancen getrost in Frage gestellt werden. Hier
werden sich andere Standorte finden lassen. An den verkaufsoffenen Sonntagen mit
Sperrung des Leopoldplatzes dürfte die Umleitung der Busse über den Innenstadt-
ring wegen des im Vergleich zum Werktag deutlich geringeren Verkehrsaufkommens
kein gravierendes Problem darstellen. Auch ist denkbar, dass die im Sonntagsver-
kehr reduzierte Anzahl von Bussen auf dem Leopoldplatz verbleiben (siehe auch Ka-
pitel 5 Zentrale Bushaltestelle Leopoldplatz / Leopoldstraße).
Die Fragen der ÖPNV-Führung bei temporärer Sperrung von Leopoldplatz und/oder
Bahnhofstraße sind im ÖPNV-Gutachten von R+T (Planungsbüro R+T, 2013a) ein-
gehend untersucht.
25
4 Stadtboulevard Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz
Die Zerrennerstraße mit dem Waisenhausplatz (Bild 11) ist ein weiteres Beispiel des
verkehrstechnischen Funktionalismus der autogerechten Stadt. Sie trennt als Ver-
kehrsschneise mit den Rampen der Tiefgaragen den innerstädtischen Einkaufs-
bereich mit der Fußgängerzone von Stadttheater und Congress-Centrum und von
den Flüssen. Die Fußgängerbrücke (Gernika-Brücke) unterstreicht die Trennwirkung;
sie ist ein Innenstadt-fremdes Element und kein adäquater Ersatz für ebenerdiges
Überqueren der Zerrennerstraße und des Waisenhausplatzes durch Fußgänger und
Radfahrer.
„Stadtboulevard“ ist ein häufig verwendeter Begriff, wenn es darum geht, eine
Hauptverkehrsstraße - auch mit Baumreihen - städtebaulich zu fassen, und MIV,
ÖPNV, Fahrrad- und Fußgängerverkehr in Längs- und Querrichtung miteinander ver-
träglich abzuwickeln. Das ist das Ziel der Stadt Pforzheim für den Straßenzug Zer-
rennerstraße - Am Waisenhausplatz. Voraussetzungen dafür sind gegenüber heute
reduzierte Verkehrsbelastungen und geringere Geschwindigkeiten um 20 oder
30 km/h.
Bild 11: Zerrennerstraße / Am Waisenhausplatz heute: Verkehrsschneise zwischen
Einkaufsbereich mit Fußgängerzone und Theater, Congress und Flüssen
Die in Bild 11 zu sehenden Rampen der unterirdisch miteinander verbundenen Tief-
garagen Theater und Marktplatz (Einfahrt Ost und Ausfahrt West) können gemäß
26
einer Machbarkeitsstudie (Planungsbüro R+T, 2012) entfallen, wenn die innere Er-
schließung angepasst wird. Zur äußeren Erschließung der Garagen reichen die Ein-
fahrt West vor dem Theater, die Ausfahrt Ost in der Zehnthofstraße und die Ein- und
Ausfahrt über den Rathaushof. Der Entfall der beiden Rampen eröffnet die Mög-
lichkeit einer ebenerdigen Überquerung der Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz
an der wichtigsten Stelle zwischen Rathaus (Platz des 23. Februar) und Theater und
Congress-Centrum. Die Zerrennerstraße als Stadtboulevard mit Mittelstreifen als
Querungshilfe wird auf ganzer Länge für Fußgänger und Radfahrer ebenerdig quer-
bar sein.
Auf der vierspurigen Zerrennerstraße mit Spuraufweitungen an den Knotenpunkten
fahren heute (Datenbasis 2008) je nach Streckenabschnitt ca. 30.000 bis 33.000 Kfz
pro Werktag (VEP 2010). Im Prognosefall 2020 (auf dem Netz 2015 mit erweitertem
Innenstadtring und auf zwei MIV-Spuren reduzierte Zerrennerstraße) sind es gemäß
VEP 2010 je nach Streckenabschnitt noch ca. 15.500 bis 21.000 Kfz pro Werktag
(Bild 2).
Die Erweiterung des Innenstadtrings, die Reduzierung der Zerrennerstraße von vier
auf zwei Fahrspuren für den MIV außerhalb der Knotenbereiche und ihre Gestaltung
als Stadtboulevard mit Tempo 20 als Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich oder als
Tempo 30-Straße führen zwischen Leopoldstraße und Deimlingstraße zu einer Ent-
lastung um ca. 12.000 bis 14.000 Kfz pro Werktag. Die Luisenstraße wird dadurch
um ca. 6.000 Kfz pro Werktag zusätzlich belastet, die Calwer Straße um ca. 3.000
Kfz pro Werktag.
Die in Kapitel 3 bzw. 3.1 Sperrung der Schlossberg-Auffahrt, Motorisierter Individual-
verkehr (MIV) beschriebene Entlastung des Straßenzugs Luisenstraße - Bahnhof-
platz um ca. 1.000 bis 5.000 Kfz pro Werktag (Bild 5) bei Sperrung der Schlossberg-
Auffahrt kompensiert einen Teil der durch die Reduzierung der Fahrspuren der Zer-
rennerstraße verursachten Mehrbelastung in dem wichtigen Bereich um den Haupt-
bahnhof. Für die Zerrennerstraße selbst ist die Sperrung der Schlossberg-
Auffahrt relativ neutral: Zwischen Goethestraße und Leopoldstraße kommt es zu
geringen Mehrbelastungen von ca. 900 bis 1.800 Kfz pro Werktag und unmittelbar
vor der Deimlingstraße sogar zu einer Entlastung um ca. 1.300 Kfz pro Werktag (Bild
5). Die Deimlingstraße und insbesondere auch der Knotenpunkt Am Waisenhaus-
27
platz / Zehnthofstraße / Deimlingstraße werden durch die Sperrung der Schlossberg-
Auffahrt deutlich entlastet (Bild 5).
In der Zerrennerstraße verkehren sechs Stadtbuslinien und zwei Regionalbuslinien
(761, 763). Die Haltestelle Waisenhausplatz wird werktäglich von insgesamt ca. 650
Bussen angefahren (Fahrplan 2013, Auskunft VPE). Damit ist die Haltestelle Wai-
senhausplatz nach ZOB / Hauptbahnhof und Leopoldplatz / Leopoldstraße die dritt-
höchst frequentierte der Stadt. Bei Führung der Regionalbuslinien, die heute über die
Schlossberg-Auffahrt fahren, durch die innere Innenstadt erhöht sich die Busfre-
quenz in der Zerrennerstraße um ca. 140 Busse pro Werktag (siehe Kapitel 3.2 Öf-
fentlicher Personennahverkehr).
Künftig wird auch eine Metrobus-Linie (Buckenberg - ZOB - Wilferdinger Höhe) über
die Zerrennerstraße und die Haltestelle Am Waisenhausplatz geführt werden. Dabei
ist zurzeit nicht klar, inwieweit der Metrobus den heutigen Stadtbus ersetzt oder ein
zusätzliches Angebot darstellt.
Die Gesamtverkehrsbelastung des Straßenzugs Zerrennerstraße - Am Waisenhaus-
platz zwischen Leopoldstraße und Deimlingstraße (Bereich Ost) liegt künftig bei
knapp 20.000 Kfz pro Werktag im MIV plus ca. 800 Busse im ÖPNV. Im Bereich
West zwischen Goethestraße und Leopoldstraße fahren je nach Streckenabschnitt
ca. 16.500 bis 22.000 Kfz pro Werktag; hier verkehrt lediglich die Buslinie 8 stadt-
auswärts. Das bedeutet, dass auf ganzer Länge zwischen Goethestraße und Deim-
lingstraße (Bild 12) außerhalb der Knotenpunkte zwei Fahrspuren für den MIV aus-
reichen.
Der Straßenzug Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz wird künftig für den Fahr-
radverkehr in West-Ost-Richtung - auch mit Zielen in der Einkaufsinnenstadt -
zentrale Bedeutung erlangen (Bild 12). Es ist die nächste Innenstadtverbindung in
unmittelbarer Nähe des Geschäftsbereichs rund um die Fußgängerzone, wenn künf-
tig bei stark zunehmendem Radverkehr das Fahren durch die Fußgängerzone wäh-
rend der Geschäftszeiten nicht mehr verträglich ist mit Aufenthalt und sorglosem
Bummel. Für Ziele in der Fußgängerzone soll sie für Radfahrer offen bleiben, nicht
jedoch für den schnellen Durchgangsverkehr. Der Enzufer-Radweg ist ebenso wich-
tig, hat aber im Gesamtnetz des Radverkehrs als Freizeitradweg eine etwas andere
Funktion; zudem soll das Nordufer zugunsten von Gastronomie vom Radverkehr be-
28
freit werden. Die zentrale Bedeutung des Straßenzugs Zerrennerstraße - Am Wai-
senhausplatz ist mit dem Radverkehrskonzept der Stadt Pforzheim (Modus Consult,
2013) abgestimmt.
Bild 12: Zentrale West-Ost-Fahrradachsen in der Pforzheimer Innenstadt
Bei Tempo 30 oder weniger sind separate Flächen für den Radverkehr bei niedrigen
Verkehrsbelastungen in der Regel nicht erforderlich. Bei den hier zugrunde zu legen-
den knapp 20.000 Kfz und 800 Bussen pro Werktag jedoch sollten Radfahrstreifen
(zumindest aber breite Schutzstreifen) vorgesehen werden. Das mag angesichts der
heutigen Radverkehrsmengen in Pforzheim nicht unmittelbar einleuchten. Es muss
deshalb daran erinnert werden, dass es Ziel der Stadt ist, den Radverkehr deutlich zu
steigern - und nicht nur von dem heutigen 1 bis 2 %-Anteil an allen Wegen auf die
3 % des VEP, sondern auf zweistellige Anteile wie in vergleichbaren Städten. Dazu
bedarf es eine offensive Angebotsplanung, die im Straßenzug Zerrennerstraße -
Am Waisenhausplatz zu der Forderung beidseitiger Radfahrstreifen in Richtlinien-
Breite von 1,85 m führt. (Siehe auch im Anhang A4 das Beispiel Friedrich-Ebert-
Straße in Kassel.)
Städtebaulich-straßenräumlich lässt sich der Straßenzug Zerrennerstraße - Am Wai-
senhausplatz in vier Abschnitte unterteilen (Bild 13): (1) der große Raum des Wai-
senhausplatzes mit der offenen Bebauung auf beiden Seiten, (2) die trichterförmige
Verengung bis hin zur Lammstraße, (3) der enge Straßenraum zwischen Lammstra-
29
ße und Baumgäßchen und (4) die trichterförmige Aufweitung hin zur Goethestraße.
Der Bereich 4 ist bereits umgebaut und steht hier nicht zur Disposition.
Bild 13: Strukturkonzept für den Stadtboulevard Zerrennerstraße - Am Waisenhaus-
-----------platz (Stadt Pforzheim, PLV)
Die Straßenraumgestaltung sollte der städtebaulichen Charakteristik der vier
Bereiche folgen und dennoch als einheitliches, durchlaufendes Straßenband er-
kennbar sein. Das heißt zum Beispiel, im Bereich 1 auf dem Platzraum zwischen
Rathaus und Congress-Centrum auf die Fahrbahn begleitende Bäume zu verzichten,
und mit den für Stadtboulevards typischen Baumreihen erst an der westlichen Eck-
bebauung der Platzes des 23. Februar zu beginnen und diese dann über die Berei-
che 2 und 3 durchzuziehen bis zum Bereich 4 am Platz der Synagoge. Für die Be-
leuchtung gilt Ähnliches: Sie sollte im Bereich 1 auf den Platz reagieren und an-
schließend in den Bereichen 2 und 3 einheitlich durchgezogen werden. Beispiele für
eine Beleuchtung befinden sich im Anhang A4 für die Friedrich-Ebert-Straße in Kas-
sel.
Im Bereich Waisenhausplatz sind Straßenentwurf und die beabsichtige bauliche
Stadtkante Süd aufeinander abzustimmen. Das gilt auch für die Situierung und
Ausgestaltung der wichtigen Haltestelle Am Waisenhausplatz.
30
Besonderes Augenmerk gilt der ebenerdigen Überquerbarkeit des Straßenzuges
Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz im Zuge des bedeutsamsten Weges der
Stadt zwischen Schlosskirche und den Flüssen. Wünschenswert ist linienhafte Que-
rungsmöglichkeit auf ganzer Länge zwischen der dann abzureißenden Gernika-
Brücke und der Lammstraße. Dafür sollte ein durchgehender Mittelstreifen von 2 m
Breite vorgesehen werden, ähnlich wie bei der Friedrich-Ebert-Straße in Kassel (An-
hang A4) oder ein großzügiger Shared-Space-Bereich. Zwischen Lammstraße und
Platz der Synagoge ist der Straßenraum mit ca. 20 m schmaler, so dass sich hier die
Frage stellt, auf den Mittelstreifen zu verzichten und die so gewonnene Breite lieber
den Seitenräumen zuzuschlagen, zumal sich in kurzer Entfernung der signalgesteu-
erte Überweg am Knoten Zerrennerstraße / Leopoldstraße befindet.
Die Frage der gemeinsamen Führung von ÖPNV + MIV oder ÖPNV + Rad auf je-
weils einer gemeinsamen Spur ist ausführlich diskutiert worden. Separate Radfahr-
streifen sorgen bei stark wachsendem Radverkehr dafür, dass der Verkehrsablauf
des MIV und ÖPNV nicht beeinträchtigt wird und umgekehrt. MIV und ÖPNV auf
gemeinsamer Fahrspur sind dann kein Problem, wenn gewährleistet werden kann,
dass der ÖPNV als Pulkführer vor dem MIV-Pulk fährt. Das muss signaltechnisch
organisiert werden. So wird es auch künftig an den Knotenpunkten Am Waisenhaus-
platz / Deimlingstraße / Zehnthofstraße, Zerrennerstraße / Leopoldstraße und Zer-
rennerstraße / Goethestraße Signalanlagen geben, über die - im Zusammenhang mit
der Haltestelle Waisenhausplatz und der Spuraufteilung im Zulauf zu den Knoten-
punkten - die Pulkführerschaft des ÖPNV organisiert werden kann.
Da Zweifel an der signaltechnischen Machbarkeit der Pulkführerschaft des ÖPNV in
Richtung Leopoldstraße bestehen, wurde ein asymmetrischer Querschnitt entwor-
fen, der in Richtung Leopoldstraße ÖPNV + Rad auf gemeinsamer Fahrspur und in
Richtung Deimlingstraße ÖPNV + MIV kombiniert (Bild 14).
Zwischen der Haltestelle Am Waisenhausplatz und der Deimlingstraße werden auf-
grund der Verkehrsbelastungen im MIV und im ÖPNV zusätzlich zu den zwei MIV-
Spuren Busspuren erforderlich, die auch die Haltepositionen aufnehmen. Die Halte-
stellen für Richtung und Gegenrichtung können kompakt gegenüber liegen oder
räumlich versetzt; der Übergang zwischen der Aufweitung um die Busspuren im Be-
reich der Haltestelle und der zweispurigen anschließenden Strecke kann symmet-
risch oder asymmetrisch erfolgen. Wichtig ist, dass im Durchgang vom Marktplatz
31
zum Ufer der Enz zwischen Theater und Congress-Centrum hindurch die Bereiche
seitlich des die künftige Stadtkante Süd bildenden Gebäudes von haltenden Bussen
frei bleiben.
Bild 14: Ein möglicher Querschnitt der Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz mit
…………unterschiedlicher Nutzung der Fahrspuren in Richtung und Gegenrichtung
…………(Skizze: Stadt Pforzheim, PLV)
Die Anordnung der Haltestelle Waisenhausplatz und ihr Bezug zum MIV und zum
Radverkehr bedürfen eine tiefer gehende verkehrsplanerische und städtebauliche
Betrachtung, die im Rahmen der Entwurfsarbeiten zum Stadtboulevard Zerrenner-
straße - Am Waisenhausplatz und in Abstimmung mit der städtebaulichen Neuord-
nung der östlichen Innenstadt zu leisten ist.
Aufgrund der Verkehrsentlastungen durch Innenstadtring, Reduzierung des Straßen-
zuges Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz auf zwei Spuren und durch die Sper-
rung der Schlossberg-Auffahrt sind auch in der Deimlingstraße künftig nur noch
zwei MIV-Fahrspuren erforderlich. Am Knotenpunkt Am Waisenhausplatz / Deimling-
straße / Zehnthofstraße sind - bei Verzicht auf den Linksabbieger aus der Deimling-
straße in die Zehnthofstraße - in allen Zufahrten außer der Zehnthofstraße nur noch
zwei MIV-Spuren erforderlich; in der Zufahrt Zehnthofstraße werden drei Spuren ge-
braucht, um eine angemessene Verkehrsqualität zu erreichen. Für den ÖPNV wird in
der Einfahrt in den Straßenzug Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz von der
Deimlingstraße aus eine Busspur erforderlich, das gleiche gilt für die Gegenrichtung
32
zwischen der Haltestelle Waisenhausplatz und der Deimlingstraße. Einzelheiten dazu
sind ebenfalls im Rahmen der Entwurfsarbeiten zum Stadtboulevard Zerrennerstraße
- Am Waisenhausplatz zu konkretisieren.
Grundsätzlich wichtig ist es, sich zunächst Klarheit zu verschaffen, wie der Straßen-
zug Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz im Endausbau aussehen soll. Da-
raus können Zeitstufen für eine abschnittsweise Umsetzung abgeleitet werden. Zwi-
schenstufen sollten die beabsichtigte anspruchsvolle Gestaltung über den gesamten
Verlauf des Straßenzuges zumindest erahnen lassen. So gesehen wird es richtig
sein, mit der endgültigen Umgestaltung des Waisenhausplatzes zu warten bis die
dort liegenden Rampen der Tiefgaragen beseitigt werden.
5 Zentrale Bushaltestelle Leopoldplatz / Leopoldstraße
Leopoldplatz (Bild 15) und Leopoldstraße bilden neben Hautbahnhof / ZOB die wich-
tigste Haltestelle des Pforzheimer ÖPNV als zentrale Innenstadt-Haltestelle. Hier
steigen werktäglich ca. 21.000 Fahrgäste aus und ein (in der Summe). Das sind etwa
ein Drittel der 60.000 Fahrgäste im Pforzheimer ÖPNV-Netz (VPE, 2010).
Bild 15: Zentrale ÖPNV-Haltestelle der Innenstadt und Fußgängerzone Leopoldplatz:
von Bussen dominiert
33
Die Haltestelle Leopoldplatz (Bild 15) wird von 17 Buslinien und werktäglich von ca.
1.000 Bussen bedient, an der Haltestelle Leopoldstraße sind es 12 Buslinien und ca.
720 Busse (Fahrplan 2012, Auskunft VPE). In der Verbindung zwischen Leopoldplatz
/ Leopoldstraße und Hauptbahnhof / ZOB kommt es mit 1.625 Bussen pro Werktag
zu einer hohen Konzentration des Busverkehrs in der Bahnhofstraße. Verkehrsrecht-
lich ist die Bahnhofstraße Fußgängerzone; Störungen des ÖPNV verursacht der Lie-
ferverkehr, insbesondere die Paketdienste.
In der Leopoldstraße gibt es vier Richtungs-Bussteige, auf dem Leopoldplatz neun.
Die Bus-Haltestreifen auf dem Leopoldplatz sind ohne Unterbrechung durchgezogen
(Bild 16); das fördert maßgeblich die Dominanz der Busse und ihrer Infrastruktur
im Erscheinungsbild des Leopoldplatzes.
5.1 Gibt es alternative ÖPNV-Standorte?
Der Leopoldplatz ist verkehrsrechtlich Fußgängerzone und dient gleichzeitig zusam-
men mit der Haltestelle Leopoldstraße als zentrale ÖPNV-Haltestelle der Pforzheimer
Innenstadt. Bei der gegenwärtigen Anordnung der Bussteige und den Breitenverhält-
nissen zwischen Fahrbahn und Seitenräumen wird wenig Aufenthaltsqualität (Bild
15) erreicht. Ansätze von Aufenthaltsqualität bestehen lediglich nahe der Bahnhof-
straße oberhalb der Treppenanlage und vor der Schlössle-Galerie. Zwischen Bus-
verkehr und Lieferverkehr kommt es zu Störungen.
Vor dem Hintergrund mangelnder Aufenthaltsqualität und der Störungen zwischen
Busverkehr und Lieferverkehr kommt es immer wieder zu Überlegungen, die Halte-
stellen teilweise oder ganz zu verlagern, bis hin zur Forderung eines busfreien Leo-
poldplatzes. Dem ist zunächst einmal entgegen zuhalten, dass ÖPNV in das Zent-
rum der Stadt möglichst nah an die eigentlichen Ziele der Innenstadtbesucher ge-
hört. Das ist in Pforzheim eindeutig die Fußgängerzone zwischen Goethestraße mit
der Schlössle-Galerie im Westen und der Deimlingstraße / Schlossberg im Osten mit
der aufzuwertenden östlichen Innenstadt.
Alternative Standorte für die zentrale Innenstadt-Haltestelle müssten ähnliche Nähe
und Erreichbarkeit der eigentlichen Ziele gewährleisten. Der Standort ZOB / Haupt-
bahnhof ist dafür nicht geeignet, weil für die westliche Innenstadt zu peripher; hinzu
34
kommt der Höhenunterschied von ca. 22 m zwischen Fußgängerzone und ZOB. We-
gen des Höhenunterschieds sind auch Standorte entlang der Luisenstraße nicht ge-
eignet.
Aus ÖPNV-Sicht am ehesten noch käme der Straßenzug Zerrennerstraße / Am Wai-
senhausplatz als Alternative für eine zentrale Innenstadt-Haltestelle in Frage. Das
allerdings stände im Gegensatz zu der Absicht, diesen Straßenzug als Stadtboule-
vard zu gestalten, und damit die Trennwirkung zwischen dem Einkaufsbereich der
Fußgängerzone und dem Stadttheater, Congress-Centrum und Fluss aufzuheben.
Die Flüsse Enz und Nagold stärker in die Innenstadt einzubeziehen, ist ein primäres
Ziel der Pforzheimer Stadtentwicklung. Hinzu käme, dass in diesem Fall die Schloss-
berg-Auffahrt für Busse offen bleiben müsste. Und das geht an das Herzstück der
historischen und kulturellen Identität der Stadt Pforzheim (siehe Kapitel 3).
Fazit der vorstehenden Standortüberlegungen ist die Beibehaltung der zentralen
Innenstadt-Haltestelle Leopoldplatz / Leopoldstraße aus übergeordneten Zielen
der Pforzheimer Stadtentwicklung. Das deckt sich mit früheren Untersuchungen
(VPE, 2010 und EPV, 2012). Als zusätzliches, gravierendes Argument kommt ge-
genüber den bisherigen Untersuchungen die beabsichtigte Sperrung der Schloss-
berg-Auffahrt hinzu, der für die künftige Stadtentwicklung hohe Priorität zukommt.
5.2 Neuordnung des Leopoldplatzes
Nachdem geeignete alternative Standorte für die zentrale Innenstadt-Haltestelle nicht
zur Verfügung stehen, sind alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, dem Leo-
poldplatz trotz seiner ÖPNV-Funktion mehr Aufenthaltsqualität zu geben. Hierzu
gibt es bereits umfangreiche Untersuchungen (VPE, 2010) mit dem Ergebnis, dass
vier oder fünf Bussteige auf dem Leopoldplatz erforderlich seien.
Die vier oder fünf Bussteige sollen hier zunächst nicht grundsätzlich in Frage gestellt
werden, wenngleich die Untersuchungen auch das Minimum von nur vier Bussteigen
für ausreichend halten. (Siehe auch weiter hinten die Empfehlung einer Haltestelle
nach der first in / first out-Regel analog dem Hamburger Beispiel der Mönckeberg-
straße.) Unklar ist zurzeit, ob sich aus dem geplanten Metrobus-System weiter ge-
35
hende Anforderungen an die zentrale Haltestelle Leopoldplatz / Leopoldstraße erge-
ben.
Es gibt an der Haltestelle Leopoldplatz / Leopoldstraße zwei unterschiedliche Be-
triebsformen: (1) tagsüber während der Werktage fahren die Busse nacheinander
in die Doppel- und Dreifach-Bussteige ein, halten für den Fahrgastwechsel in der
Regel weniger als 60 Sekunden und können danach unabhängig voneinander aus-
fahren können. (2) Abends ab ca. 20 Uhr und sonntags halten die Busse verschie-
dener Linien gleichzeitig im Rendez-vous-Betrieb, um auch bei geringerer Taktfolge
ein attraktives Umsteigen zu ermöglichen. Das Rendez-vous-Verfahren führt zu län-
geren, gleichzeitigen Halten der Busse aller hier verkehrenden Linien. Die maximal
erforderliche Anzahl der Haltepositionen ergibt sich dementsprechend aus dem
abendlichen und sonntäglichen Rendez-vous-Betrieb.
Da ein Rendez-vous-Betrieb mit dem Umsteigen begründet ist (und sich nicht aus
den originären Aus- und Einsteigern einer Haltestelle ableitet), kann man fragen, ob
diese Umsteigefunktion nicht auch am ZOB erfüllt werden könnte. Ob ein abendli-
cher und sonntäglicher Rendez-vous-Betrieb in das Betriebskonzept des ZOB passt,
kann von hier aus nicht abschließend beurteilt werden und muss geprüft werden.
Dabei sind die Umsteigewege wichtig, die am ZOB nicht länger sein dürften als zwi-
schen Leopoldplatz und Leopoldstraße. Auch am ZOB sind die Umsteigewege eben-
erdig und barrierefrei, da der abseitig gelegene ZOB-Süd künftig nur noch als Bereit-
stellungsraum fungiert - eine Ausnahme ist die Halteposition der Linie 8 Richtung
Osten an der Südseite der Nordstadtüberführung, die durch die künftig barrierefreie
Unterführung zu erreichen ist.
Rendez-vous am ZOB hätte den Vorteil, dass der Bahnhof mit Stadtbahn, Regio-
nalbahnen und Fernverkehr unmittelbar einbezogen wäre. Nachteilig wäre, dass für
die Stadtbuslinien 1 und 9, die regulär nicht über den ZOB fahren, neue Lösungen
gefunden werden müssten. Denkbar ist, diese beiden Linien werktags ab 20:00 Uhr
und sonntags - abweichend vom werktäglichen Tagesfahrplan - auch über den ZOB
zu führen.
Der Rendez-vous-Betrieb am Leopoldplatz und eine Verlagerung zum ZOB ist vom
Planungsbüro R+T (2013a) vertieft untersucht worden; hierauf wird verwiesen.
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Eine Verlagerung des Rendez-vous-Betriebs vom Leopoldplatz / Leopoldstraße zum
ZOB würde - im Gegensatz zu einer allgemeinen Verlagerung - nicht zu Kaufkraft-
verlusten in der Innenstadt führen, da es sich hier primär um Umsteigevorgänge
handelt, und da die Geschäfte der Innenstadt werktags nach 20:00 Uhr und sonntags
eh geschlossen sind.
Ein ähnliches Konzept mit zwei unterschiedlichen Betriebsformen praktiziert die Stadt
Trier mit der zentralen Innenstadt-Haltestelle unmittelbar an der Porta Nigra tagsüber
und mit einem Rendez-vous-Betrieb abends und sonntags am ca. 700 m entfernten
Hauptbahnhof.
In Magdeburg gibt es ein Liniennetz für den Tagesverkehr bis 21:00 Uhr und ein Li-
niennetz zu den Anschlusszeiten ab 21:00 Uhr. Tagsüber sind die Altstadthaltestel-
len im Breiten Weg die zentralen Innenstadt-Haltestellen für Straßenbahn und Bus;
abends findet ein Rendez-vous-Betrieb am ca. 900 m entfernten „zentralen An-
schlusspunkt“ Damaschke / ZOB unmittelbar auf der Rückseite des Hauptbahnhofs
statt.
Auf dem lang gezogenen, mehr einer Straße ähnelnden Leopoldplatz (/ Westliche
Karl-Friedrich-Straße) beträgt der Abstand zwischen der Bebauung ca. 26 m im west-
lichen Bereich, ca. 35 m in Höhe Baumstraße und über 40 m im Bereich der Trep-
penanlage im Übergang zur Bahnhofstraße. Bei der heutigen Fahrgassenbreite von
13 m (Einschließlich der beidseitigen Haltepositionen) ist die Breite der Seitenräume
völlig unzureichend für wartende Busfahrgäste und Passanten, geschweige denn für
Aufenthaltsqualität und Außengastronomie (Bild 15); es entsteht nicht der Eindruck
und das Nutzungsverhalten einer Fußgängerzone.
Es ist in den bisherigen Untersuchungen bereits aufgezeigt worden, wie die Breiten-
verhältnisse zugunsten der Seitenräume verändert werden können. Hervorzuheben
ist dabei der Vorschlag, die Fahrgasse im Mittelbereich auf kurzer, überschaubarer
Länge einspurig mit 4,50 m im Gegenverkehr zu bemessen.
Es sollte geprüft werden, ob man mit den Maßen der Haltepostionen und der
Fahrgasse nicht noch etwas weiter herunter gehen könnte: Halteposition 2,75 m,
Fahrgasse im Gegenverkehr 6,50 m und Fahrgasse im Richtungsverkehr (Richtung
und Gegenrichtung) 4 m. Die Haltepositionen müssen aus Gründen der Barrierefrei-
heit ohnehin sehr eng angefahren werden, so dass bei 2,55 m breiten Bussen plus
37
Spiegel eine Breite von 2,75 m neben einer 6,50 m breiten Fahrgasse ausreichen
müsste. Der Gewinn gegenüber heute wäre im Gegenverkehr (mit Fahrzeugbegeg-
nungen) 1 m, im Richtungsverkehr (Richtung und Gegenrichtung ohne Begegnungs-
verkehr) 3,50 m.
Wichtig ist des Weiteren, dass die Haltepositionen nicht wie heute auf ganzer
Länge durchlaufen, sondern zu „Paketen“ zusammengefasst werden. Es ist zu prü-
fen, ob - analog zum Beispiel Mönckebergstraße (Anhang A4) - ein Haltestreifen bei
flexibler Belegung der Haltepositionen ausreicht. Ein Haltestreifen von ca. 57 m Län-
ge - wie auf der Mönckebergstraße - kann ohne unabhängiges Ausfahren (1 m Ab-
stand zum vorderen Bus) folgende Kombinationen von Bussen aufnehmen: 4 Solo-
busse, 3 Gelenkbusse, 2 Gelenk- plus 1 Solobus, 1 Gelenk- plus 2 Solobusse; bei 51
m Länge sind die gleichen Kombinationen möglich mit Ausnahme der 3 Gelenkbus-
se. (In Hamburg sind auch Doppelgelenkbusse im Einsatz.)
Wie eine Querschnittsaufteilung aussehen könnte, zeigt das mit dem Leopoldplatz
vergleichbare Beispiel der 29,10 m breiten und ca. 800 m langen Mönckebergstraße
in Hamburg mit drei Bushaltestellen (Bilder 16 und 17, siehe auch Anhang A4). Sie
ist die Haupteinkaufsstraße und Flaniermeile der Hamburger Innenstadt und gleich-
zeitig mit 9 Buslinien tagsüber plus 5 Nacht-Buslinien mit über 1.800 Bussen pro
Werktag (deutlich mehr als am Leopoldplatz) ihre wichtigste ÖPNV-Busachse. An der
Haltestelle Gerhart-Hauptmann-Platz steigen ca. 11.000 Fahrgäste pro Werktag ein
und aus (in der Summe), an der Haltestelle Hauptbahnhof / Mönckebergstraße sind
es sogar ca. 17.500 (Auskunft Hamburger Verkehrsverbund).
Bild 16: Querschnitt der 29,10 m-Mönckebergstraße (Schote, 2012) der Hamburger
mmm Innenstadt im Haltestellenbereich (Kommunaltrasse + breite Seitenräume)
Die Kommunaltrasse genannte Fahrbahn dient zudem einem intensiven Taxi- und
Fahrradverkehr und bis 11:00 Uhr ebenso dem Lieferverkehr. Der Verkehrsablauf
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und das Miteinander von Bussen, Taxis, sonstigen Kfz, Radfahrern und auch mit
querenden Fußgängern sind bei Geschwindigkeiten um 20 km/h sehr entspannt. Die
breiten Seitenräume laden zu Aufenthalt und Bummel ein (Bild 19). Weitere Einzel-
heiten zur Mönckebergstraße siehe Anhang A4.
Bild 17: Mönckebergstraße mit Haltestelle Gerhart-Hauptmann-Platz in der Hambur-
……… ger Innenstadt
Es geht bei den Abmessungen um die Abwägung des beengten Raums zwischen
den Anforderungen des ÖPNV einerseits und der Fußgänger, der Aufenthaltsfunktion
und des Städtebaus andererseits. Radfahrer können sowohl parallel in der entlaste-
ten Zerrennerstraße oder - analog dem Beispiel der Mönckebergstraße - über den
Leopoldplatz geführt werden.
Soweit zu Überlegungen auf der Basis der bisher diskutierten Ansätze. Man kann an
einer „Unterwegs-Haltestelle“ Leopoldplatz allerdings - anders als an einem ZOB -
auch die weitergehende Frage stellen, ob die Busse nicht - ähnlich wie bei einer
Straßenbahn-Haltestelle - nacheinander first in / first out in eine ca. 50 m lange Drei-
fach-Haltestelle (2 18 m-Gelenkbusse + 1 12 m-Solobus, 1 Gelenkbus + 2 Solobus-
se, 4 Solobusse) einfahren und nach Fahrgastwechsel nacheinander weiterfahren. In
einem solchen Fall könnte - je nach Organisation des Lieferverkehrs - auf eine an der
Haltestelle vorbei führende Fahrgasse entweder ganz verzichtet werden oder sie
könnte mit 4 m Breite als Einrichtungs-Fahrgasse (Richtung und Gegenrichtung) für
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Lieferverkehr und Notfall-Fahrzeuge ausgebildet werden. Letzteres mit einer
3,90 m breiten Fahrgasse im Haltestellenbereich funktioniert in der Hamburger
Mönckebergstraße auch im Zwei-Richtungsverkehr problemlos und entspannt (siehe
Anhang A4). Davon konnten sich Mitglieder des Pforzheimer Gemeinderats bei einer
Exkursion nach Hamburg im Oktober 2013 vor Ort überzeugen.
Bild 18: Breite Seitenräume der Mönckebergstraße für Aufenthalt und Bummel
Lieferverkehr sollte auf den Hauptachsen des ÖPNV - Leopoldplatz, Leopoldstraße,
Bahnhofstraße - möglichst gering gehalten werden unter Benutzung der Nebenstra-
ßen Kiehnlestraße, Goethestraße (Nord), Museumstraße, Poststraße und Baumstra-
ße im Ein-Richtungsverkehr. Wichtig ist es, ein Gesamtkonzept für den Lieferverkehr
zu erarbeiten, das sich aus folgenden Bausteinen zusammensetzt: Lieferzonen und
Lieferzeiten auf einem Funktionsstreifen neben der Fahrbahn, Aktivierung der rück-
seitigen Anlieferung (Höfe), Einbeziehung des Einzelhandels und Überwachung
durch das Amt für öffentliche Ordnung.
Wie eine Übertragung des Prinzips Mönckebergstraße auf den Leopoldplatz ausse-
hen könnte, und welch große Vorteile für breitere Seitenräume und damit für mehr
Aufenthaltsqualität damit verbunden wären, zeigt Bild 19. Dabei handelt es sich zu-
nächst um eine prinzipielle Darstellung, die entwurfsmäßig vertieft und an die Pforz-
heimer Gegebenheiten im Detail angepasst werden muss.
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Bild 19: Leopoldplatz in heutiger Situation und bei Übertragung des Prinzips
…………. Mönckebergstraße (Planungsbüro R+T, 2013a)
6 Phasenmodell
Der erweiterte Innenstadtring einschließlich der Anpassungsmaßnahmen an den
Knotenpunkten ist Voraussetzung für die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt und für
die Umgestaltung des Straßenzuges Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz als
Stadtboulevard. Die Umgestaltung des Leopoldplatzes ist davon unabhängig. Der
Innenstadtring soll Ende 2014 fertiggestellt sein.
Für die Planungen zur baulichen Neuordnung der östlichen Innenstadt ist eine zeit-
nahe Entscheidung über die Schlossberg-Auffahrt dringend. Diese sollte auch
die Führung der Regional-Buslinien über die Bahnhofstraße sowie die Frage eines
Schräg- oder Senkrechtaufzugs zur Überwindung des Höhenunterschieds zwischen
Marktplatz und Schlosskirche beinhalten.
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Idealerweise wäre die Schlossberg-Auffahrt zeitgleich mit der Fertigstellung des In-
nenstadtrings Ende 2014 zu sperren. Theoretisch ist die Sperrung nur mit der Verle-
gung der Regionalbusse verknüpft und ansonsten von anderen Maßnahmen unab-
hängig. Die Kapazität der Zerrennerstraße sollte gleichzeitig mit der Fertigstellung
des erweiterten Innenstadtrings auf zwei MIV-Spuren zurückgenommen werden, um
die angenommenen Verlagerungen auf den Innenstadtring zu erreichen und unan-
gemessenen Verkehrsdruck im Bereich Deimlingstraße / Östliche Karl-Friedrich-Stra-
ße zu vermeiden.
Das allerdings ist die fachliche Idealvorstellung, der einige Zwänge entgegenste-
hen. So wird der Umbau der Tiefgaragen Rathaus und Theater als Voraussetzung für
den Entfall der Rampen auf dem Waisenhausplatz - und damit für den endgültigen
Umbau des Straßenzuges Zerrennerstraße - Am Waisenhausplatz an dieser zentra-
len und wichtigsten Stelle - länger (vielleicht bis 2017/18) dauern. Auch ist zu überle-
gen, ob die Schlossberg-Auffahrt während der baulichen Neuordnung dieses Be-
reichs sinnvollerweise noch als Baustellen-Straße zur Verfügung stehen könnte. In
diesem Fall würde die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt an den Zeitpunkt der In-
vestitionen an diesem Standort gekoppelt, wahrscheinlich nicht vor 2017, frühestens
2015. Wenn man die Schlossberg-Auffahrt früher sperrt, was fachlich durchaus zu
begrüßen wäre, müssten deutliche städtebauliche Verbesserungen im Bereich Blu-
menhof / Schlosskirche und ein Rückbau zur reinen Anliegerstraße im Mischprinzip
zwischen Bahnhofplatz und Blumenhof die Sperrung plausibel machen.
Für die Zerrennerstraße erfordern die zeitlichen Zwänge der Tiefgaragen einen
Zwischenzustand auf dem Weg zum Stadtboulevard. Der allerdings sollte sich aus
einem Endzustand ableiten und abschnittsweise (zum Beispiel zwischen Blumen-
straße und Leopoldstraße) zeitnah umgesetzt werden. Dass der wichtigste Bereich
des Waisenhausplatzes dabei erst einmal so ähnlich wie heute liegen bleibt, ist den
Zwängen der Tiefgaragen mit ihren Rampen geschuldet. Das aber heißt anderer-
seits, dass der Umbau der Tiefgaragen so schnell wie möglich anzugehen ist
Der Zeitpunkt des Umbaus des Leopoldplatzes ist grundsätzlich frei wählbar, wenn-
gleich hier Handlungsbedarf besteht. Hier kommt Einiges zusammen: die weitere
Überprüfung der Verlegung des abendlichen und sonntäglichen Rendez-vous-
Betriebs an den ZOB mit Anpassung einiger Linien (zum Beipiel Linie 1, die heute
nicht über den ZOB fährt), die Vorbereitung der Einführung des Metrobus-Systems,
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die Verlegung der heute über den Schlossberg fahrenden Regionalbusse. Von daher
stellt sich die Frage, ob unter dem Aspekt Einführung des Metrobus-Systems - viel-
leicht 2016 oder später - das gesamte Pforzheimer ÖPNV-System überprüft werden
müsste.
7 Fazit und Empfehlungen
Die Untersuchungen und Abstimmungen zum Verkehrskonzept Innenstadt Pforzheim
2013 haben drei Schwerpunkte: Schlossberg-Auffahrt, Stadtboulevard Zerrenner-
straße - Am Waisenhausplatz und die zentrale ÖPNV-Haltestelle der Innenstadt am
Leopoldplatz / Leopoldstraße. Grundlagen vorliegenden Gutachtens sind der Ver-
kehrsentwicklungsplan 2010 (Stadt Pforzheim, 2010), die dort ermittelten Verkehrs-
belastungen und der für 2015 vorgeschlagene, jetzt bereits in Umsetzung befindliche
erweiterte Innenstadtring.
Für die Pforzheimer Innenstadt und für die gesamtstädtische Entwicklung haben die
Sperrung der Schlossberg-Auffahrt mit der Neuordnung der östlichen Innen-
stadt und die Überwindung der Trennwirkung am Waisenhausplatz eine ganz
besondere, übergeordnete Bedeutung.
Es konnte gezeigt werden, dass die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt verkehrs-
technisch machbar ist; das bezieht sich auf MIV und auf den ÖPNV. Die Zusatzbe-
lastungen im Motorisierten Individualverkehr (MIV) auf Teilen des Innenstadtrings
sind - auch in den Spitzenzeiten des Verkehrs - in angemessener Verkehrsqualität
beherrschbar.
Die vier regionalen Buslinien aus östlicher Richtung, die heute über die Schloss-
berg-Auffahrt fahren, können - wie bereits während der temporären Baustellen-
Sperrung der Schlossberg-Auffahrt - über die Bahnhofstraße geführt werden. Der
Vorschlag eines Schrägaufzugs zur Überwindung des Höhenunterschieds zwi-
schen Marktplatz und Hauptbahnhof / ZOB sollte weiter verfolgt werden. Das kä-
me in der alternden Gesellschaft letztlich Allen zu Gute.
Es konnte auch gezeigt werden, dass eine Sperrung der Schlossberg-Auffahrt nur für
den MIV bei Offenhaltung für den ÖPNV keinen Sinn macht, weil die bei vollständiger
Auflassung der Straße unterhalb der Schlosskirche sich erschließenden städtebauli-
43
chen Potenziale in keiner Weise erreicht würden. Auch wäre das den Autofahrern
nicht vermittelbar. Die Erschließung von Stiftshof und Blumenhof kann über eine klei-
ne Anliegerstraße - in Shared-Space-Gestaltung - vom Bahnhofplatz aus erfolgen.
Eine ebenso wichtige Maßnahme wie die Sperrung der Schlossberg-Auffahrt ist die
Neuordnung des Waisenhausplatzes mit Aufgabe von zwei Tiefgaragen-Rampen,
Rücknahme der Fahrbahnbreite und ebenerdiger Überquerungsmöglichkeit der Stra-
ße für Fußgänger und Radfahrer in der Verbindung vom Hauptbahnhof / ZOB über
Schlossberg, Marktplatz, Rathaus, Stadttheater und Congress-Centrum zu den Flüs-
sen Enz und Nagold. Die Umgestaltung des Waisenhausplatzes und der anschlie-
ßenden Zerrennerstraße zum Stadtboulevard wird durch die Sperrung der
Schlossberg-Auffahrt nicht negativ beeinflusst - im Gegenteil, die Verkehrsbelastung
im östlichen Teil des Straßenzuges geht sogar leicht zurück.
Der Leopoldplatz hat wenig Aufenthaltsqualität. Für die zentrale ÖPNV-Innenstadt-
Haltestelle Leopoldplatz / Leopoldstraße gibt es keine sinnvolle Standort-Alter-
native. Aus ÖPNV-Sicht denkbar wäre allenfalls der Straßenzug Zerrennerstraße -
Am Waisenhausplatz. Das jedoch stände in Widerspruch zu den wichtigsten Maß-
nahmen der Neuordnung des Waisenhausplatzes und der Auflassung der Schloss-
berg-Auffahrt.
Für den Leopoldplatz sollte geprüft werden, wie - über die bisherigen Ansätze hin-
aus - der Flächenanspruch der Bussteige und die Dominanz der Busse reduziert
werden können. Die maximal erforderliche Anzahl von Bussteigen auf dem Leopold-
platz ergibt sich aus dem abendlichen und sonntäglichen Rendez-vous-Betrieb.
Deshalb sollte dessen Verlagerung in den ZOB überprüftt werden mit dem zusätzli-
chen Vorteil der Verknüpfung des Busverkehrs mit der Stadtbahn und mit dem Regi-
onal- und Fernverkehr der DB AG. In diesem Zusammenhang wird es sinnvoll, über
Änderungen des regionalen und städtischen Busliniennetzes nach 20:00 Uhr und an
Sonntagen nachzudenken: zum Beispiel, ein Liniennetz für den Tagesverkehr und
ein Liniennetz zu den Anschlusszeiten (wie in Magdeburg). Die Einführung des
Metrobus-Systems wird ohnehin zu Änderungen des Liniennetzes führen.
Die Abwicklung des Busverkehrs an der zentralen Innenstadt-Haltestelle Leopold-
platz / Leopoldstraße während der Werktage bis 20:00 Uhr sollte sich an der allge-
mein akzeptierten Hamburger Lösung in der Mönckebergstraße orientieren. Das
44
heißt, je eine ca. 50 m lange Haltestelle für Richtung und Gegenrichtung, die nach
der first in / first out-Regel befahren wird. Zwischen den Haltepositionen reicht eine
ca. 4 m breite Fahrspur. Mit einem solchen Ansatz ist eine Balance zwischen Aufent-
halt, Fußgängerverkehr, ÖPNV-Haltestelle und Erschließung zu erreichen.
Quellen
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Planungsbüro R+T (2013b): Verkehr in der Pforzheimer Innenstadt - Ergänzende Untersuchung mit
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Verfahren Perspektive Schadowstraße - Best Practice-Vorbilder für Düsseldorf
SHP Ingenieure (2009): Ausbau des Straßenzuges Friedrich-Ebert-Straße / Goethestraße.
Stadt Kassel
Stadt Pforzheim (2010): Verkehrsentwicklungsplan 2007 - 2010. Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft
Stadt Pforzheim (2011): Umbau und Modernisierung des dynamischen Parkleitsystems mit innovati-
ven Lösungen. Stand 02/11. Planungsbüro Schwarz
VPE - Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis (2010): Verbesserung der Verkehrsverhältnisse an der
zentralen Haltestelle Leopoldplatz. Vorabzug. Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft
VPE - Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis (2011): Nahverkehrsplan 2011 Stadt Pforzheim / Enzkreis