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Di Marino/Linder MB1
Sachinformationen Feste im LichtIn diesem Papier haben wir einige für die Unterrichtseinheit "Feste im Licht" grundlegende
Sachinformationen zusammengestellt. Wir gliedern diesen Text in vier Teile:
1. Das Phänomen Fest
2. Feste in den fünf Weltreligionen
3. Lichterfeste in den fünf Weltreligionen
4. Das Symbol Licht
1. Das Phänomen FestFeste zeichnen sich durch das aus, was im Alltag oft nicht ausgedrückt oder betätigt wird: Gefühle und
Beziehungen, Glaube und Überzeugungen, Ästhetik und Körperkraft, Musse und Meditation, Musik
und Tanz, Spiel und Wettkampf, gutes Essen und Fasten, Wünsche und Gebete, Gedichte und
Lesung usw. Diese Elemente sind in den verschiedenen Kulturen und Religionen ganz unterschiedlich
ausgeprägt (Sieg 2003, S. 146). Feste können auch als Kompensatoren der Alltagslasten wirken und
haben einen Erholungscharakter. Man kann sich von der Arbeit entfernen und von der Arbeit feiern
(ebd.). Feste verleihen neue Kraft, sie vergewissern den Sinn der Arbeit, der Familie und
Gemeinschaft, des Wertes des eigenen Lebens, der Einbettung in einen grossen Zusammenhang
(ebd.). Feste strukturieren das Leben und die Zeit in Abschnitte mit Anfang und Ende, planbar und
überschaubar. Die natürliche Zeitstruktur wird durch die Feste sichtbarer und zugänglich: Die
natürlichen Anfänge und Endpunkte werden mit Gebeten, besonderen Riten und Festen verbunden
(ebd.). Zeiträume zwischen den Festen sind Übergänge zu Phasen, die besonders krisenhaft sein
können: Sie können besondere Arbeitsleistung und Konzentration beanspruchen und besonderen
Zusammenhalt und Solidarität der Gemeinschaft (ebd.). Vorher und Nachher versichern sich die
Menschen in den Festen der Hilfe Gottes und der Verlässlichkeit der zwischenmenschlichen
Beziehungen (ebd., S. 147). Durch Feste offenbaren die Menschen, die einer Religion angehören, ihre
Daseinsberechtigung und ihren Stellenwert, ihren Anspruch auf Religionsfreiheit und gesellschaftliche
Anerkennung (ebd.). "Durch die öffentliche Wahrnehmbarkeit der Feste wird auch die Pluralität der
Gesellschaft wahrnehmbar." Die Menschenmenge strukturiert sich, die Unterschiede werden
ersichtlich und machen die Veränderung der Gesellschaft deutlich (ebd.). Was eine Religion
ausmacht, wird von den Inhalten der Feste zusammengefasst. Die Feste erzählen die
Gründungsgeschichten und thematisieren die jeweils wesentlichen Glaubensinhalte (ebd.). Die
Rangordnung der Feste und der theologischen Inhalte werden von der Länge und dem Reichtum der
Ausgestaltung gekennzeichnet. Der Festkreis einer Religion kann Einstieg und Wegweiser in die
Lebenspraxis und Theologie einer Religion sein (ebd.). In den Festen werden die Religionen öffentlich
wahrnehmbar, oft wird die Wahrnehmung der Religion von der Wahrnehmung der Feste bestimmt. Die
Feste sind aber auch Chancen zur Selbstdarstellung (ebd., S. 148).
Feste ermöglichen die Annäherung und einen kurzzeitigen, gastweisen Aufenthalt in einer Religion.
Sie sind griffiger, anschaulicher und überschaubarer als umfangreiche theologische Systeme. Feste
bieten die Möglichkeit, Fremde unbedenklich einzuladen, oft ist dies gar empfohlen oder konstitutiv für
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ein Fest (ebd.). Viele Feste erleichtern die Begegnung und das Kennenlernen, auf diese Weise
können Feste nicht nur den Einstieg zum Dialog sondern auch dauerhafte Beziehungen ermöglichen
(ebd.). Feste sind eine gute Gelegenheit für einen ersten Kontakt; Feste mit Gemeinsamkeiten regen
das gemeinsame Feiern an (ebd., S. 158).
Eine wesentliche Motivation für das Feiern von Festen ist, dass sich einladendes, schenkendes
Verhalten auf der Ebene von sozialen Werten wie familiärem Glück und menschlicher Verbundenheit
lohnt (Schaufelberger/Zangger 2007, S. 9). Religiöse Feste werden auch im Glauben gefeiert, dass
eine Gottheit (oder ein Heiliger) zu einer bestimmten Zeit die Menschen besucht, um ihnen besonders
nahe zu sein. Die Rolle von Gastgebern oder Gästen werden von ihnen wechselseitig eingenommen,
sodass sich die Feiernden als Schenkende und Beschenkte erleben können (ebd., S. 10). In den
Festen geht es darum, sich um den Nächsten besonders um den bedürftigen Nächsten zu kümmern.
Die Gemeinschaft ist sehr wichtig: "Ein Fest wird erst zum Fest, wo menschliche Einsamkeit
überwunden wird." (ebd., S. 11). Wichtige Phasen im Übergang zum Fest sind das Ablegen vom
Alltag, die Vorbereitungen, das augenblickliche Innehalten an der Schwelle zum Fest, somit trennen
sich die Beteiligten vom Alltag und stimmen sich auf das kommende Fest ein (ebd., S. 14). Die
Vorbereitungen sind oft aufwändig. Man reinigt und schmückt Räume, die Menschen waschen sich
und machen sich schön: Die äussere Reinigung der Räume entspricht der inneren körperlich-
seelischen Reinigung (ebd., S. 13). Schönheit (Ordnung), Überfluss und die Betonung der besonderen
Würde von bedeutungsvollen Ereignissen oder Hauptpersonen charakterisieren die Feste und lassen
sie vom Alltag unterscheiden (ebd., S. 15). Das Haus wird gereinigt und schön dekoriert, der Tisch
wird mit wertvollem Geschirr gedeckt. Die Menschen machen sich schön, ziehen schöne Kleider an
und tragen wertvollen Schmuck. Mit wichtigen Gegenständen wird sorgfältig und bewusst
umgegangen; einem arrangierten Handlungsablauf wird gefolgt, in welchem alles eine besondere
Bedeutung hat (ebd., S. 14). Feste betonen einen Moment des Überflusses und der
überschäumenden Freude: Es wird gegessen und getrunken, getanzt und gesungen. Durch Bilder,
Spiele, Musik usw. werden oft Inhalt und Bedeutung des Festes sinnlich vermittelt. Somit wird bei den
Beteiligten eine feierliche Stimmung und starke Emotionen geweckt (ebd., S. 15). Feste rhythmisieren
den Alltag und die Tätigkeiten der Menschen. Sie vermitteln auch ein Gespür für Lebensrhythmen und
eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod (ebd., S. 18). Sie markieren Punkte im Jahreskreis, an
denen die Menschen eine veränderte Haltung einnehmen sollen, weil eine neue Phase im Kreislauf
der Natur beginnt während die Vergangene zu Ende geht. Der Kreislauf der Natur führt Gesetze vor
Augen, denen sich auch der Mensch unterworfen erlebt: Sterben und Werden (ebd.). Manchmal sind
naturbezogene Feste mit der Erinnerung an wichtige geschichtliche Ereignisse verbunden (ebd., S.
21). Naturbezogene Feste verbanden sich zu einem Fest von vorrangig historischer Bedeutung, die
alten naturreligiösen Feste hinterliessen Spuren in der neuen Tradition (ebd., S. 20). Offenbar wurden
auch uralte Symbole wiederaufgenommen. Aufgrund der Migration oder religiöser Mission bewegten
sich die Menschen und mit ihnen auch ihre Traditionen, die sich am neuen Ort mit ansässigem
Brauchtum verbinden können (Inkulturation) (ebd., S. 22). Die Datierung von Festen hat oft eine
symbolische Bedeutung. Durch die Aufnahme von Elementen aus anderen Traditionen können
religiöse Feste einen starken Naturbezug bewahren (ebd.).
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Für die kindliche Entwicklung und für die Identität einer Religionsgemeinschaft sind Feste und Feiern
Schlüsselerlebnisse (ebd., S. 28). Feste und Feiern sind in Familien und besonders für die Kinder
bedeutsame Ereignisse. Kinder lieben und brauchen Feste, die durch die vielen Zuwendungen und die
sinnlichen Freuden Inseln des Wohlgefühls sind (ebd., S. 27). Da die Feste das Urvertrauen in die
Welt festigen und vertiefen, sind sie für die kindliche Entwicklung sehr wichtig. Ein Gefühl des
Getragen-, Geliebt- und Genährtsein begleiten das Kind, welches mit dem Erwachsenwerden oft diese
Fähigkeit zur kindlichen Festfreude verlieren kann (ebd.). In Migrantenfamilien zeigt sich die
Neuentdeckung von Bräuchen und Festen im Zusammenhang mit der nachkommenden Generation
eindrücklicher (ebd.).
Die Religion und das Festbrauchtum werden oft viel bewusster als im Herkunftsland gepflegt. Die
Situation am neuen Ort zwingen zu mehr Improvisation und Flexibilität, die Familie als Ort der
Traditionsvermittlung gewinnt an Bedeutung (ebd.). Die Kinder werden aktiver in die Festgestaltung
einbezogen. Die Bräuche, Symbole und Festinhalt werden ihnen sinnlich und anschaulich erläutert:
Ihre Vermittlung geschieht dementsprechend elementar, sinnlich, emotional und handlungsorientiert
(ebd., S. 28). Feste vermitteln Heimat, überliefern uraltes Wissen, ermöglichen das Überleben der
Tradition, inszenieren Fülle und Schönheit und fördern die Identifikation mit der eigenen Kultur (ebd.).
2. Feste in den fünf Weltreligionen2.1 JudentumIn den Festen ist fast die ganze jüdische Geschichte und Lehre verkörpert, die die Traditionen in
Geschichten, Handlungen, Liedern, Speisen usw. von Generation zu Generation weiterreichen
(Breuilly et al. 2009, S. 19). Jüdische Feste und Gedenktage machen für die Feiernden ein Ereignis
der jüdischen Geschichte zur Gegenwart: Durch das Nachvollziehen der alten Ereignisse in
Symbolen, Riten und Erzählungen entsteht eine tiefgründige, identitätsstiftende Verbundenheit mit den
Vorfahren, der Geschichte und den ethischen und religiösen Zusagen und Herausforderungen (Sieg
2003, S. 10). Konnte für das jüdische Volk die Gefahr mit Gottes Hilfe abgewendet werden, sind
Freudenfeste entstanden, konnte man es nicht, sind Trauertage entstanden (ebd.). Traditionell werden
die Feste in vier Kategorien eingeteilt: Feiertage aus der Tora (Schabbat. Rosh ha-Schana, Jom
Kippur, Sukkot, Pessach, Schawuot) Feste der Rabbiner (Chanukka, Purim, Simchat Tora, die
Fastentage), Nationale Feiertage, Trauertage (Shoah-Gedenktag, 10. Tewet, 17. Tamus und 9. Aw.)
(ebd.). Der wichtigste Feiertag ist der wöchentliche Schabbat, der den jüdischen Kalender strukturiert.
Im Judentum dauert der Tag von Sonnenuntergang zu Sonnenuntergang, der Schabbat beginnt am
Freitagabend, die Feiertage beginnen jeweils am Tag vor dem angegebenen Datum (ebd.). Einige
Feste sind für Kinder besonders bedeutsam, weil sie Geschenke bekommen oder mit Spielen daran
beteiligt sind (ebd., S. 14). Jüdische Feste sind aber auch sehr "pädagogisch": Sie bieten viele
Gegenstände und Riten, die den Inhalt eines Festes greifbar und erfahrbar machen, und die
Möglichkeit, an derer Vorbereitungen und Durchführungen sich vielfach zu beteiligen (ebd., S. 14–15).
2.2 ChristentumKatholische Feste sind von einer über tausendjährigen Tradition getragen, die sich sowohl in Würde
und Reichtum der Liturgie als auch in der Tiefe der Anteilnahme und Andacht der Gläubigen
niederschlägt (Sieg 2003, S. 32). "In den christlichen Festen steht Jesus Christus mit dem, was er
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zwischen Gott und den Menschen bewirkt hat, im Mittelpunkt." (ebd., S. 28). Marienfeste haben in
katholischen und orthodoxen Kirchen auch eine grosse Bedeutung. Weitere Feste sind den
christlichen Zeugen bzw. ihren Reliquien sowie Engeln gewidmet, oder sie gehen von Andacht und
Busse der Gläubigen aus (ebd.). "Die Grundüberzeugung ist, dass Gott in Jesus Christus die ganze
Welt und jeden einzelnen Menschen von den Sünden erlöst hat. Indem Gott in Jesus Christus Mensch
wurde, ist das Reich Gottes angebrochen. Diese Verbindung von Himmel (Himmel ist eine Chiffre für
Gott) und Erde wird in den Festen aktualisiert und in der grundlegenden Bedeutung für Glauben und
Leben der Christen bekräftigt und entfaltet." (ebd.). "Im Zentrum jedes Festes steht der Gottesdienst,
der reich an Farben, Gesten und Symbolen ist." (ebd., S. 32). Es werden Feste des Herren und Feste
der Heiligen unterschieden: Jeder Tag ist einem oder mehreren Heiligen gewidmet, sie werden in
bestimmten Gegenden von Berufsgruppen oder Orden besonders verehrt. Zu den Heiligenfesten
gehören auch die Marienfeste (ebd.). Weihnachten, Epiphanie, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten,
Fronleichnam, Herz-Jesu-Fest und Christ-Königs-Fest sind Herrenfeste und bilden die Grundlinie des
Kirchenjahres (ebd.). Viele der katholischen Feste gehören auch in das protestantische Festjahr,
werden aber selten mit Gottesdiensten gefeiert und sind kaum noch im öffentlichen Bewusstsein
(ebd.).
Während katholische und orthodoxe Traditionen grossen Wert auf Feste, Farben und Zeremonien
legen, legen die Protestanten aus historischen Gründen weniger Wert auf Zeremonien und Feste, die
für sie die Tradition verkörpern und gegen die sie rebelliert haben (Breuilly et al. 2009, S. 42). In der
protestantischen Kirche wurden viele Feste abgeschafft oder auf den Sonntag verlegt, um den
Wohlstand zu heben und Arbeitszeit zu gewinnen. Marien- und Heiligenverkehrung wurde, um klar zu
stellen, dass die Menschen ausschliesslich durch den Glauben an Jesus Christus erlöst und mit Gott
versöhnt werden, bekämpft (Sieg 2003, S. 28). Wissen, Verstehen und Tun wurden wichtiger als
Feiern, die Predigt wurde wichtiger als die Riten des Gottesdienstes. Die Reduktion hat aber auch
Raum für eine reiche Kirchenmusik geschaffen (ebd.). In den protestantischen Kirchen verschwand
das Fasten fast völlig, die Askese wurde in den Alltag verlegt, Spenden an Bedürftige und soziales
Engagement traten auf. Heute werden katholische Traditionen häufig wieder aufgegriffen (ebd., S. 28–
29).
Traditionell wird von den orthodoxen Kirchen der Julianische und nicht der Gregorianische Kalender
verwendet: Im Julianischen Kalender liegen alle Termine 13 Tage später als im Gregorianischen
Kalender (Breuilly et al. 2009, S. 46). Im Zentrum orthodoxer Feste steht die Göttliche Liturgie. "Durch
die spirituelle Kraft der Liturgie werden die Grenzen zwischen Erde und Himmel, Gegenwart und
Zukunft bzw. Endzeit überschritten: Die irdische Liturgie wird zur himmlischen, die irdische Gemeinde
vereinigt sich mit der himmlischen zum gemeinsamen Gotteslob." (Sieg 2003, S. 36). Eine orthodoxe
Eigenheit sind die Ikonen, nach besonderen Vorschriften gemalte und für den liturgischen Gebrauch
geweihte Bilder: Jesus, Maria, Apostel, Trinität, Heilige und Engel werden durch die Ikone
vergegenwärtigt und zum jeweiligen Fest ins Zentrum des Gottesdienstes gestellt (ebd.).
2.3 IslamBei islamischen Festen wird nichts anderes gemacht als sonst auch: Vom Essen, Beten, Reden wird
etwas mehr, intensiver und geruhsamer und vom Arbeiten etwas weniger gemacht (Sieg 2003, S. 67).
Es gibt nur wenige festgesetzte Rituale und kein Arbeitsverbot, Festriten sind meist im Umfeld der
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Feste entstandene Volkstraditionen, die je nach Herkunftsland verschieden sein können (ebd.). Dies
entspricht dem theologischen Gehalt der Feste: Es geht um die Erneuerung und Stärkung des
Glaubens und der Hingabe an Gott, die ein Muslim geleitet durch Gottes Zeichen und das Vorbild der
Propheten leisten kann, was das Leben eines Muslims jeden Tag bestimmen sollte (ebd.). Eine
besondere Bedeutung hat für die Muslime das Fasten im Ramadan: Man sollte auf Essen, Trinken,
sexuelle Aktivitäten, auf Rauchen usw. verzichten, man sollte auch starke emotionale Ausbrüche
vermeiden, dabei den Mitmenschen freundlich und grosszügig begegnen (ebd., S. 72). Zum Fasten
gehört vor allem das Üben von Selbstbeherrschung und das Entwickeln von Mitgefühl mit Armen und
Bedürftigen, das Empfinden von Dankbarkeit für Gottes Gaben, das Erleben von Gemeinschaft beim
Fasten und beim gemeinsamen Fastenbrechen und das Gewinnen an Zeit und Offenheit für spirituelle
Erfahrungen (ebd.). Die Beachtung von Gottes Befehlen im täglichen Leben und einige jährliche
Bräuche werden in der Ausübung des Islam betont, deswegen ist das Feiern von Festen weniger
wichtig als in anderen Religionen (Breuilly et al. 2009, S. 67). Die grossen Feste des Islam, welche
alle Moslems feiern, sind die beiden Ids und die drei heiligen Nächte. Das arabische Wort Id ("Zeit"
oder "Jahreszeit") ist für Feste reserviert, die Mohammed einführte. Das gemeinsame Freitagsgebet in
der Moschee ist auch ein Id, weil es eine periodische freudige Zeit ist (ebd., S. 72). Die Ids können
zwei oder drei Tage dauern und die vorgeschriebenen Gebete und Rituale müssen am ersten Tag des
Festes ausgeführt werden. Im Islam hat es viele lokale Feste mit eignen Traditionen, einige Gruppen
haben ihren eigenen Feiertag (ebd.). Der islamische Kalender ist ein reiner Mondkalender ohne
Angleichung an den Sonnenkalender, jeder Monat beginnt mit der Beobachtung der Mondsichel nach
Neumond (ebd.). Muslimische Feste können in unterschiedlichen Ländern auf verschiedene Tage
fallen, weil je nach Wetter und Breitengrad die Beobachtung des Neulichts anders sein kann (ebd.).
2.4 HinduismusIm Hinduismus gibt es über 1000 bekannte Feste, also mehr als das Jahr Tage hat: An diesen Tagen
werden die einzelnen Göttinnen und Götter noch mehr als im Alltag verehrt (Sieg 2003, S. 128). Es
gibt drei Gruppen von Festen: Tempelfeste, bei denen die Bilder der Tempelgottheiten in
Prozessionen gefeiert werden, Feiern der Geburtstage von göttlichen Inkarnationen und Puranische
Feste, die inhaltliche Legenden und Ereignisse haben und moralische Beispiele geben (ebd.).
Der Kalender der Hindus besteht aus 12 lunaren Monaten zu jeweils 30 lunaren Tagen, die Monate
sind in Hälften von je 15 Tagen geteilt (Breuilly et al. 2009, S. 86). Am Tag des Neumondes beginnt
die lichte Hälfte des Monats, mit dem Vollmond die dunkle Hälfte des Monats (ebd.). Da das lunare
Jahr nur ungefähr 354 Sonnentage dauert, werden alle zwei oder drei Jahre der lunare und der solare
Kalender durch den Einschub eines lunaren Extra- Monats synchronisiert (ebd.). Wegen der
differenzierenden Jahreszeiten in den diversen Teilen Indiens variieren der Beginn des neuen
Agrarjahres (traditionell als Neujahr) und der Beginn der lunaren Monate (ebd.). Um agrarische
Ereignisse zu feiern oder historischen Personen und Begebenheiten zu gedenken, finden in Indien
eine Vielzahl von lokalen und regionalen Feste zu Ehren von Gottheiten eines Gebietes oder einer
Gemeinschaft statt (ebd.). In Bezug auf religiöse Rituale, besondere Speisen und die zugrunde
liegenden Überlieferungen, gibt es regionale Unterschiede (ebd.).
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2.5 BuddhismusDer südliche oder Theravada-Buddhismus wird in Thailand, Myanmar, Kambodscha, Laos und Sri
Lanka und in Teilen von Indien, Bangladesch und Vietnam praktiziert (Breuilly et al. 2009, S. 110). Die
wesentlichsten religiösen Feste werden durch einen Mondkalender festgesetzt, doch Neujahr wird
nach dem Sonnenjahr berechnet. Zur Angleichung an den Sonnenkalender wird alle zwei bis drei
Jahre ein zusätzlicher Monat eingeschoben (ebd.). Für die Monate wurden Pali-Namen verwendet, der
Pali-Kalender beruht auf dem antiken indischen Sanskrit-Kalender (ebd.). Die meisten buddhistischen
Kalender beginnen mit dem Todestag Buddhas, welcher nicht als sein endgültiger Tod, sondern als
sein endgültiger Übergang in das Nirvana gilt (ebd.). Der Festtagskalender umfasst in buddhistischen
Ländern diverse Feierlichkeiten, welche direkt buddhistisch oder mit buddhistischen Ritualen oder mit
lokalem Brauchtum, regionalen oder internationalen Ereignissen verbunden sind (ebd.). Die Menschen
haben an diesen Festen gewöhnlich frei und feiern mit ihren Familien; es gibt oft Paraden, Kapellen,
Strassentheater, Imbissstände usw. (ebd.).
Der östliche Buddhismus wird hauptsächlich in China, Vietnam, Japan und Korea praktiziert. Viele
Buddhisten haben in diesen Ländern starke Verbindungen zu anderen grossen religiösen Traditionen
(ebd., S. 118). Es ist gewöhnlich, dass die Feste verschiedener Traditionen ebenso intensiv gefeiert
werden. Das Jahr folgt einem Mondkalender und beginnt im Januar oder Februar. Ein Mondjahr ist um
zehn, elf oder zwölf Tage kürzer als ein Sonnenjahr (ebd.). Um Mond- und Sonnenkalender
angleichen zu können, wird alle zwei bis drei Jahre ein zusätzlicher Monat eingeführt (ebd.). In
grossen Städten und im Osten Japans wurden religiöse Feste nach und nach an Sonnendaten
angepasst, für manche religiöse Zeremonien in kleinen Gemeinden und im Westen Japans sind die
Monddaten gültig (ebd., S. 119).
Der nördliche Buddhismus wird in Tibet, der Mongolei, Teilen Chinas und in den Himalaya- Regionen
von Bhutan, Nepal und Indien praktiziert. Der Festkalender folgt dem tibetischen Kalender mit zwölf
Mondmonaten (ebd., S. 124). Neujahr fällt auf den ersten Tag des ersten Mondmonats, jeder Monat
beginnt mit einem Neumond. Zur Einpassung an den Sonnenkalender wird alle drei Jahre ein
Schaltmonat eingefügt (ebd.). Nach der Unterdrückung des tibetischen Buddhismus und der Flucht
des Dalai Lama wurden die öffentlichen Feiern verboten (ebd.). Das Religionsverbot wurde zu Beginn
der 80er-Jahre ein wenig gelockert und kleine Feste zugelassen. Traditionen des tibetischen
Buddhismus werden heute durch eine weit verstreute tibetische Gemeinde bewahrt (ebd.). Die
meisten Feste des tibetischen Jahres werden auch in anderen Regionen des tibetischen Buddhismus,
oft unter anderen Namen, gefeiert. Jedes Land und jede Region kennt auch eigene Feste (ebd., S.
125).
3. Lichterfeste in den fünf Weltreligionen3.1 Chanukka (25. Kislew – 1. Tewet)Mit Chanukka wird einerseits Gottes Macht, hoffnungslose Situationen zu verändern, gefeiert.
Anderseits gedenkt es eines erfolgreichen Aufstandes gegen Fremdherrschaft und die Bewahrung der
religiösen Authentizität (Breuilly et al. 2009, S. 30). Chanukka ist ein acht Tage dauerndes Lichterfest,
das an die Wunder der Makkabäerzeit erinnert. Das Fest bedeutet "Einweihung" und wird in der
dunkelsten Zeit des Jahres um die Wintersonnenwende gefeiert (Bernhard/Ebel 2011, S. 18). Dabei
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wird ein neunarmiger Leuchter angezündet und in guter Stimmung den Abschluss eines guten Jahres
gefeiert (Sieg 2003, S. 18). Die Makkabäer waren jüdische Freiheitskämpfer, die die griechische
Eroberung und die Vernichtung des jüdischen Volkes verhinderten (ebd.). Über diesen Freiheitskampf
wird in den zwei Makkabäerbüchern, die nicht zur hebräischen Bibel der Juden gehören, berichtet. Die
Rabbiner haben nach 160 v. Chr. Chanukka als das jüngste Fest des jüdischen Kalenders eingeführt,
in dem man das Überleben der Nation feierte (ebd.). Unter Antiochus IV. Epiphanes wurden die Juden
verfolgt und der Tempel in Jerusalem entweiht, unter Judas Makkabäus wurde der Tempel im Jahre
164 v. Chr. von den Juden zurückerobert, von griechischen Götzenbildern gereinigt und neu
eingeweiht (ebd., S. 11). Das koschere Öl, das für die Weihe des Tempels notwendig war, war nur in
kleiner Menge vorhanden, diese reichte aber auf wunderbare Weise für acht Tage (ebd.). Aus diesem
Grund gibt es für Chanukka in jeder Familie einen neunarmigen Leuchter: An jedem Tag wird von
rechts nach links (entsprechend der Leserichtung im Hebräischen) eine von acht weiteren Kerzen mit
Hilfe einer neunten Kerze, des Schamasch ("Diener") angezündet (ebd.). Traditionell wird ein Leuchter
mit Öllämpchen verwendet, welcher an das zugrundeliegende Ereignis erinnert, auch Leuchter mit
Kerzen sind aber beliebt. Einfache Chanukkia können auch aus Holz oder Ton angefertigt werden
(Bernhard/Ebel 2011, S. 18). Der Leuchter soll so platziert werden, dass man ihn von aussen sehen
kann, um das Wunder zu verkünden (Breuilly et al. 2009, S. 30). Dabei werden Segensworte rezitiert,
Lieder gesungen, mit dem Trendel (oder Dreidel) gespielt, Geschichten erzählt, Besuche gemacht und
die Kinder beschenkt (Sieg 2003, S. 11). Das Trendel – halb Kreisel, halb Würfel und aus
verschiedenen Materialien – wurde von den in Deutschland lebenden Juden schon im Mittelalter für
das Spielen zum Andenken an das Chanukka-Wunder entwickelt (ebd., S. 16-17). Auf den vier Seiten
des Trendels stehen die vier hebräische Buchstaben Nun, Gimel, He und Schin, die mit "Ein grosses
Wunder (das Chanukka-Wunder) geschah dort" übersetzt werden können, und aus denen man die
Spielregeln ableiten kann (ebd.). Das Spiel geht darauf zurück, dass die fremden Machthaber den
Juden verboten hatten, die Tora zu studieren, und die Kinder mit dem Trendel spielten, wenn Soldaten
auftraten (Bernhard/Ebel 2011, S. 18). Zu Chanukka werden spezielle in Öl gebratene Speisen wie
Latkes und Sufganiot zubereitet, die an das Wunder vom Öl, das nicht ausging, erinnern (Breuilly et al.
2009, S. 31). Auch wenn man die Feste nicht vermischen sollte, gibt es Gemeinsamkeiten zwischen
Chanukka und Weihnachten (Sieg 2003, S. 19). Beide Feste finden am 25. des Monats statt, da aber
die jüdischen Monate gemäss den Mondphasen kürzer sind als die des Sonnenjahres, liegt der 25.
Kislew meist früher im Dezember: Auch mit dem 25. Dezember fängt eine achttägige Festzeit an, in
der der erste und der letzte Tag die Bedeutendsten sind (ebd., S. 18). Beide Festtage wurden auf das
Datum eines heidnischen Festes gelegt (Chanukka auf das Fest der syrischen Gottheit Baal
Schamem und Weihnachten auf das römische Natalis Solis Invicti) und sind durch die Abwehr und
Konkurrenz gegenüber ein und demselben heidnischen Kult und Fest verbunden (ebd., S. 19).
Dennoch sind beide Feste mit dem Gedanken der Errichtung des Königtums Gottes (für Christen: des
Reiches Gottes) auf der Erde und beide sind Feste der Hoffnung auf eine bessere Welt und feiern das
"Licht der Welt" (ebd.).
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3.2 Advent (ab vierter Sonntag vor Weihnachten) und Weihnachten (25. Dezember und 7. Januar)Advent, welcher "Ankunft" bedeutet, ist eine Vorbereitungszeit auf die Ankunft Christi als
Neugeborener und Weltenrichter am Ende der Zeit (Sieg 2003, S. 29). Christen bereiten sich darauf
vor, Weihnachten mit der Familie zu feiern und zu bereiten, aber auch Jesus in ihr Inneres im Geiste
zu empfangen (Breuilly et al. 2009, S. 48). Der 1. Advent eröffnet das Kirchenjahr und wird sehr oft als
Familiengottesdienst gefeiert (Sieg 2003, S. 29). Die Zeit der Adventsfeiern und Weihnachtskonzerte,
Proben für Krippenspiele und Backen, Weihnachtspost und Weihnachtsmärkte usw. beginnt. Es
beginnt aber auch die Zeit der Besinnung bei Kerzenschein, der Spendenfreudigkeit, der
Wohltätigkeitsveranstaltungen (ebd.). In den dunklen und kalten Wintern Nordeuropas waren grüne
Zweige, Kranz und Licht schon immer ein Zeichen des Segens und der Hoffnung auf neue
Lebensmöglichkeiten. Gottes Segen und Hoffnung beruhen für Christen auf Jesus Christus, dessen
Geburtstag, das Weihnachtsfest, im dunklen und kalten Winter liegt (ebd., S. 23). Der Adventskranz
wurde von dem evangelisch-lutherischen Theologen und Erzieher Heinrich Wichern eingeführt. Knapp
hundert Jahre später war er auch in katholischen Gegenden zu finden (ebd., S. 29). Wichern wollte die
Kinder und Jugendlichen seines Waisenheims "Rauhes Haus" beglücken: Er liess einen grossen,
runden Kerzenleuchter aus Holz aufhängen, der vom 1. Advent an für jeden Wochentag eine kleine
rote und für jeden Sonntag eine grosse weisse Kerze trug, die täglich bei der Andacht angezündet
wurden (ebd.). Zu dem Anzünden der Kerzen wurde ein Vers der Bibel vorgelesen, der das Leben wie
ein Licht erhellen machen konnte. An Weihnachten erstrahlte dann der ganze Kranz (ebd., S. 23).
Heute wird der Adventskranz mit vier Kerzen geschmückt, zu jedem Adventsonntag wird eine Kerze
angezündet bis zu Weihnachten alle vier brennen (Breuilly et al. 2009, S. 48). Das zunehmende Licht
des Adventskranzes weist auf die Annäherung der Ankunft des Lichts hin, womit die Geburt Jesu
gemeint ist (Bernhard/Ebel 2011, S. 16).
Weihnachten, dessen Name von der germanischen Festzeit der geweihten Nächte stammt, erinnert
an die Geburt Jesu Christi gemäss der Weihnachtsgeschichten des Matthäus- und Lukasevangeliums
(Sieg 2003, S. 29). Das Geburtsdatum ist nicht überliefert, die moderne Leseart datiert es etwa in das
Jahr 4 v. Chr. (Breuilly et al. 2009, S. 49). Die Angaben im biblischen Geburtsbericht (Lk 2,1–20)
führen zu keinem eindeutigen Ergebnis und geben keine Hinweise auf Jahreszeit oder Tag
(Bernhard/Ebel 2011, S. 16). Das Fest wurde aus theologischen Gründen auf die dunkelste Zeit des
Jahres gelegt, in vielfältiger Weise wird an diesem Fest Lichtsymbolik eingesetzt (ebd.). Um dem
römischen Fest des Sol Invictus, des unbesiegbaren Sonnengottes, christlich zu besetzen, wurde ab
217 n. Chr. an diesem Tag die Geburt Jesu gefeiert (Sieg 2003, S. 29). An Weihnachten wird die
Geburt Jesu, der Sohn Gottes, gefeiert. Somit wird das Kommen Gottes auf die Erde gefeiert, welcher
die Gestalt eines Menschen annimmt und bis zum Tod am Kreuz Höhen und Tiefen menschlichen
Lebens durchgeht (Bernhard/Ebel 2011, S. 16).
In der ganzen Welt unterscheiden sich die Gottesdienste am Weihnachtstag stark in Lage und
Charakter, ebenso wie öffentliche und private Feiern (Breuilly et al. 2009, S. 51). Da um Mitternacht
der Christtag beginnt, feiern viele Kirchen am 24. Dezember spätabends eine Messe (ebd.). In
verschiedenen Ländern wird vor allem am Tag vor dem Weihnachtsfest, an Heilig Abend gefeiert: Die
Geschenke liegen unter dem Tannenbaum, Weihnachtgebäck und weitere Süssigkeiten füllen den
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Tisch (Sieg 2003, S. 29). Das Weihnachtsmahl unterscheidet sich von Land zu Land sehr und hängt
häufig davon ab, was für ein Festmahlvorhanden ist (Breuilly et al. 2009, S. 51). Am Nachmittag
werden im Gottesdienst meist Krippenspiele aufgeführt, abends stehen Weihnachtslieder und
Weihnachtsgeschichte und um Mitternacht die Lichtsymbolik im Mittelpunkt (Sieg 2003, S. 29).
Gottesdienste, Spenden an Bedürftige, Bescherung, Festessen und Zusammenkommen von Familien
und Freunden sind Bestandteile des Festes (ebd.). Das Weihnachtsfest mit seinen Symbolen und
Geschichten fasziniert und wirkt weit über das Christentum hinaus (ebd., S. 39).
"1223 wollte der heilige Franz von Assisi armen Menschen die Armut und Mühsal der Geburt Jesu
näherbringen." (Breuilly et al. 2009., S. 50). Er brachte einen Esel und einen Ochsen in eine Höhle im
Wald und streute Heu über einen Stein, so sahen und begriffen viele seiner Zuhörer während der
Predigt, wie ein lebendes Kind im Heu lag und strampelte (ebd.). Franz von Assisi war nicht der Erste,
der eine Weihnachtskrippe herstellte, seine Verehrung sorgte aber dafür, dass sich diese Sitte schnell
in Europa verbreitete. Heute ist Krippenschnitzerei ein weltweites Brauchtum, welches lokale
Kunstformen aufgreift (ebd.).
Die Sitte des Weihnachtsbaums geht auf Martin Luther zurück. Während er am Weihnachtsabend
nach Hause ging, sah er die Sterne glitzern und fand es so schön, dass er versuchte dieses Bild mit
der Befestigung der Kerzen auf einem Tannenbaum darzustellen (Breuilly et al. 2009, S. 51). Der
Weihnachtsbaum wird seit dem 16. Jahrhundert in unzähligen Haushalten, in Kirchen und öffentlichen
Plätzen Jahr für Jahr aufgestellt (Bernhard/Ebel 2011, S. 17). Der Lichterglanz, der Geruch des
Nadelbaums, die Rolle bei der Bescherung der Geschenke gehören zu Weihnachten und machen der
Weihnachtsbaum bei Kindern und Erwachsenen sehr beliebt (ebd.). Baum und Baumschmuck haben
eine hohe symbolische Bedeutung: Der 24. Dezember ist nach römisch-katholischer Tradition der
Namenstag von Adam und Eva (ebd.). In früheren Zeiten wurden an diesem Abend Paradiesspiele
durchgeführt: Hinter diesem Brauch steht der Gedanke, dass die Menschen erlösungsbedürftig sind
und, dass durch Jesus Christus die Sünde Adams und Evas aufgehoben wird (ebd.). Rote Äpfel
wurden in Anlehnung an die Schöpfungsgeschichte an immergrüne Pflanzen gehängt, aus diesen
entwickelten sich die Weihnachtsbaumkugeln (ebd.). Der Stern, welcher auf die Baumspitze gesetzt
wird, erinnert an den Stern von Bethlehem, der die Weisen zum Jesuskind führte (Mt 2,1–12) (ebd.).
Als Christbaumschmuck werden in Deutschland und der Ukraine falsche Spinnweben und in
Schweden Schmuck aus Stroh verwendet (Breuilly et al. 2009, S. 51). Mistelzweige, Stechpalme und
Efeu gehören auch zu den Weihnachtspflanzen. Die Benutzung von immergrünen Pflanzen ist älter
als das Christentum: Die Römer verwendeten Stechpalmen beim Saturnalienfest, Mistelzweige
wurden im Altnordischen mit dem Tod und Auferstehung des Sonnengottes Baldur in Verbindung
gesetzt (ebd.).
3.3 ʼId al-Fitr – Fest des Fastenbrechens (1.–3. Schawwal)Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Kalenders, welcher zu verschiedenen Jahreszeiten
stattfindet, da der Islamische Kalender ein Lunarkalender ist (Breully et al. 2009, S. 74). Es ist der
Monat, in dem der Engel Gabriel dem Propheten den Koran gegeben haben soll. Während dieses
Monats fasten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang alle ausser Kinder, Schwangere, Reisende
und Schwerkranke (ebd.). Kinder werden schrittweise in das Fasten eingeführt: Zuerst versuchen sie
es einen Teil des Tages, dann einen Tag der Woche, dann an aufeinanderfolgenden Tagen (ebd.).
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Wer krankheitshalber oder aus anderen Gründen nicht fasten kann, holt es nach; wer gar nicht fasten
kann, spendet Geld oder Nahrung. Essen und Trinken in der Öffentlichkeit ist verboten, deswegen
muss derjenige, der nicht fasten kann, zu Hause essen und trinken (ebd.). Der Ruf zum Gebet am
Abend zeigt das Ende des Tagesfastens an, in der Moschee werden in jeder Nacht etwa ein Drittel
des Korans rezitiert und besondere Gebete gesprochen (ebd.). Abends versammeln sich Familie und
Gäste, besucht man Freunde und Verwandte, versucht man zerstörte Beziehungen zu heilen.
Tagsüber arbeitet man, die Arbeitszeit ist aber oft um eine bis zwei Stunden verkürzt (ebd.). Jede
Kultur hat ihre besonderen Ramadan-Speisen, es gibt keine speziellen Regeln. Gegen Ende des
Ramadans säubern Muslime ihr Haus, bereiten Geschenke und neue Kleider vor und planen das
zweite Hauptfest des Islam (ebd., S. 75). Am Ende des Monats Ramadan beginnt mit dem Erscheinen
der Mondsichel das Fest des Fastenbrechens (Sieg 2003, S. 69). Dank und Freude bezeichnen diese
drei Tage: Dank an Gott, der das Einhalten des Fastens ermöglicht und den Glauben gefestigt hat;
neue Lebensfreude, die durch Geselligkeit, Geschenke und Glückwünsche ausgedrückt wird (ebd.).
Während dieser drei Tage werden Süssigkeiten verschenkt, deswegen wird das Fest auch mit dem
türkischen Namen Seker Bayram "Zuckerfest" bezeichnet (ebd.). Um die grossen Mengen aufnehmen
zu können, finden die frühmorgendlichen Id-Gebete oft im Freien statt. Später werden die Gräber der
Verwandten besucht, Geschenke getauscht und gefeiert (Breuilly et al. 2009, S. 75). Spezialität des
Festes sind kandierte Mandeln, Schokolade und Nüsse, zum Hauptfest wird oft ein gefülltes Lamm mit
verschiedenen Beilagen serviert (ebd.). In Anerkennung von Gottes guten Gaben, der weltweiten
Familie des Islams und der Bedürfnisse der Hungrigen, wird am Ende des Ramadans ein Zakat
gespendet (ebd.). Dies ist der Zakat al-fitr, welcher zusätzlich zum verpflichtenden Zakat, der eine der
fünf Säulen des Islams bildet, gespendet wird (ebd.). Viele Muslime spenden ihn vor dem Ende des
Ramadan, obwohl dieser vor dem Beginn des Id-Gebets gespendet werden soll, auf diese Weise
können auch die Bedürftigen das Fest vorbereiten, (ebd.).
3.4 Diwali (13. Tag der dunklen Hälfte im Ashvina)"Diwali ist das Lichterfest zu Ehren von Vishnu und Laksmi, das den Jahreslauf beschliesst." (Sieg
2003, S. 128). Die Feier beginnt am Abend einer Neumondnacht (Oktober/November). Tausende
kleine Öllämpchen leuchten in der Dunkelheit; Bäume und Bildstöcke, Berge und Seen sind
wundervoll beleuchtet (ebd.). Zauberhaft wird die Feier an den Flüssen: Die Lichter werden auf kleine
Flösse und Holzstämme gesetzt und werden langsam flussabwärts getrieben. Alle schauen den
Lichtern nach, bis sie im Dunkel verlöschen, sie sollen die Dämonen vertreiben (ebd., S. 128–129).
Die Öllämpchen dienen als Wegweiser für die Göttin Lakshmi, die Glück und Wohlstand beschert
(Bernhard/Ebel 2011, S. 19). Das Lichterfest dauert fünf Nächte, ausserindische Hindu-
Gemeinschaften begnügen sich oft mit zwei Tagen (Breuilly et al. 2009, S. 100). In den Tagen vor
Diwali werden bei Türschwellen und in Höfen Rangolimuster angelegt, um Lakshmi willkommen zu
heissen. Die Muster sind aus Reis, Sand, Kreide oder Pulver und zeigen Gottheiten, religiöse
Symbole, Tiere, Bäume oder sind geometrisch. Manchmal werden Fussabdrücke als Lakshmis
Spuren dargestellt (ebd., S. 101). Zu den Ritualen des Festes gehört es, Süssspeisen zu essen und
Süssigkeiten Kindern, Nachbarn und Freunden zu schenken. Es ist ein Fest des Neubeginns und des
Beginns eines neuen Geschäftsjahres (Bernhard/Ebel 2011, S. 19).
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Das Fest ehrt Lakshmi, Gemahlin Vishnus und Göttin des Wohlstands und des glücklichen Geschicks
und feiert die Rückkehr von Sita und Rama in ihr Königreich nach 14 Jahren im Exil (Breuilly et al.
2009, S. 100). Diwali stammt aus "Deepavali" her ("Lampenreihe") und steht symbolisch für den
Triumph des Lichts und des Guten über die Finsternis und das Böse. Das Lichterfest bedeutet für
manche Hindus den Beginn des neuen Jahrs, eine Phase der Erneuerung und markiert traditionell das
Ende des Wirtschaftsjahres (ebd.). Das Haus wird gesäubert, Karten und Geschenke werden
ausgetauscht, Diwas ("Tonlampen") werden als Willkommen für Lakshmi entzündet (ebd.). Diwali wird
auf vielfältige Weise zelebriert, Rituale und Gottheiten, die geehrt werden, unterscheiden sich gemäss
regionaler Traditionen (ebd.). Lakshmi wird am 13. Tag der dunklen Hälfte im Ashvina mit
Dhantrayodashi ("Wohlstand" und "13. Tag") als Göttin des Reichtums und der Grosszügigkeit verehrt.
Es wird um Wohlstand gebetet, der Reichtum muss aber nicht missbraucht werden (ebd., S.100–101).
Lakshmi wird in der Puja rituell gereinigt, bekleidet, mit Girlanden geschmückt; Blumen, Früchte,
Süsses und Ghee ("geklärte Butter") werden geopfert (ebd., S. 101). Auf den indischen Märkten findet
man während des Festes Diwali-Waren wie Diwas, Kerzen, Feuerwerk, Diwali-Süssigkeiten und -
Leckereien und Hatri (kleine Tongebilde mit Abbildern Lakshmis) (ebd.). Süssigkeiten, meist auf
Ghee-Basis werden unter Verwandten und Freunden geschenkt und sind eine traditionelle Opfergabe
an die Göttin (ebd., S. 100). Einige Gerichte wie Barfi sind in ganz Indien beliebt, es gibt aber auch
viele regionale Spezialitäten (ebd., S. 103). In der dritten Nacht, in der der Neumond den Beginn des
Monats Kartika anzeigt, werden farbenprächtige Feuerwerke und Knallkörper als Zeichen für das
Licht, das die Finsternis überwindet, angezündet (ebd., S. 100). Durch Familientreffen, den Austausch
von Geschenken und Karten und gemeinsame Festessen werden Differenzen beigelegt und
Freundschaftsbande gestärkt (ebd.). Diwas werden mit Öl oder Ghee gefüllt und in Fenster, auf
Dächer und um Höfe herum aufgestellt; häusliche und Tempel- Schreine werden auch von Diwas
umkränzt (ebd.). Abends wird Lakshmi und das glückliche Geschick, welches sie bringt, von Kerzen
begrüsst. In der ersten Nacht wird auch Yama, der Gott des Todes geehrt: Die Andachten sollen den
verfrühten Tod von Familien fernhalten und daran erinnern, dass der Tod ein Teil des natürlichen
Zyklus ist (ebd., S. 101). Der nachfolgende Tag heisst Narak Chaturdashi ("Hölle" und "14. Tag") und
erinnert an den Dämon Naraksur, der 16'000 Frauen versklavte und von Vishnu besiegt wurde. In
Westbengalen wird der Sieg von der Göttin Kali über den Dämonen Raktavija und in Südindien
Narasimhas Sieg über den Dämonenkönig Hiranyakashipu zelebriert (ebd.). An Narak Chaturdashi
baden und parfümieren sich die Menschen, dann teilen Familie und Freunde ein festliches Frühstück.
Untertags werden Vishnu, Kali oder andere Gottheiten die Puja, abends werden entlang von Wegen,
in Fenstern, in Höfen und auf Dächern Diwas entzündet (ebd.). Der dritte Tag von Diwali und der letzte
in Ashvina sind ganz speziell Lakshmi gewidmet. Geschäftsbücher werden geschlossen, Puja werden
im Tempel oder vor einem häuslichen Schrein dargebracht. Mit dem Ritual wird Lakshmi für den Erfolg
im vergangenen Jahr gedankt und um ihren Segen für das kommende Jahr gebeten (ebd., S. 102).
Die Diwas, die überall erstrahlen, erinnern an die Lichter, die zu Ehren von Sitas und Ramas Rückkehr
in das Königreich Ayodyha entzündet wurden (ebd.). Der vierte Tag ist ein Familientag: Kinder
bekommen Geschenke, Frauen bekommen von ihren Ehemännern einen neuen Sari oder
Goldschmuck. Viele besuchen den Tempel mit Speiseopfern, die nach dem Ende der Pujas als
Prashad geteilt werden (ebd.). Der zweite Kartika und letzte Tag von Diwali ist als Bhaibij
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("Geschwistertag") bekannt und erinnert an den Besuch des Gottes Yama bei seiner Schwester
Yamuna, der Göttin des Flusses Yamuna (ebd.). An diesem Tag besuchen Brüder ihre Schwestern
und weiblichen Verwandten zur Stärkung der Familienbande: Sie tauschen Geschenke aus und
geniessen ein von Frauen zubereitetes Mahl (ebd., S. 103).
3.5 Loy KrathongLoy bedeutet "schwimmen oder schweben", Krathong ist ein kleines Floss aus Bananen- oder
Palmenblättern, Loy Krathong bedeutet also "Lichter schwimmen auf Schiffchen" (Bernhard/Ebel
2011, S. 19). Das buddhistische Lichterfest hat hinduistische Wurzeln und findet im Oktober oder
November in der Vollmondnacht des zwölften Mondmonats nach dem Ende der Regenzeit statt, der
Termin richtet sich nach dem Mondkalender (ebd., S. 19). Buddhisten, vor allem aus Thailand, danken
der Wassergöttin für massgerechten Regen, der für Wachstum, aber nicht für Überschwemmungen
gesorgt hat (ebd.). Nach dem Monsunregen zwischen Juni und Oktober sind die Flüsse aufgewühlt
und bedrohen mit ihren Fluten Leben und Habe der Reisbauern (Asien-Feste 2011). Um
Überschwemmungen abzuwenden und als Dank für den Regen, der eine gute Reisernte verspricht,
wird den Wassergeistern und der Wassergöttin Mae Khongka sowie die Reisgötttin Mea Bhosop
geopfert (ebd.). Sie werden besänftigt und für das, was die Menschen den Gewässern antun, um
Verzeihung gebeten (ebd.). Zur Entstehung dieses Festes gibt es viele farbige Mythen und Legenden
(ebd.). Nach einer dieser Legenden sind die Wurzeln des Festes im alten Königreich von Sukothai zu
suchen, wo Nang Nobhama, eine Hofdame im Palast des Reichsgründers Ramakhamhaeng, die
ersten Krathongs schwimmen liess (ebd.). Der König war von den Krathongs so begeistert, dass er die
Hofdame zur Frau nahm und die Vollmondnacht des zwölften Monats zum Loy Krathong-Festtag
erklärte (ebd.). Loy Krathong aus Bananen- und Palmenblättern, mit Blüten und Räucherstäbchen
geschmückt und mit Münzen, Nahrungsmitteln und persönlichen Beigaben bestückt, schwimmen auf
allen Gewässern (Bernhard/Ebel 2011, S. 19). Die Flüsse, Teiche, Kanäle bieten ein zauberhaftes
Bild, wenn die leuchtenden Schiffchen sie in Lichtergärten verwandeln (Asien-Feste 2011). Nach
einem alten thailändischen Sprichwort wird das kommende Jahr umso glücklicher je länger man das
Kerzenlicht sehen kann (ebd.). Heute sind die Krathongs wahre Kunstwerke geworden, in manchen
Städten finden auch Wettbewerbe statt, bei denen die originellsten und schönsten Krathongs
ausgezeichnet werden (ebd.). Chiang Mai feiert das Fest, welches drei Tage dauert, unter dem
Namen Yi Peng: Der Nachthimmel wird von unzähligen Laternen, die von Heissluftballons angetrieben
werden, erhellt. Die Wahl einer Miss Loy Krathong gehört auch zu den Traditionen des Festes
(Bernhard/Ebel 2011, S. 19).
4. Das Symbol LichtIn vielen Festen werden Symbole verwendet: Das Symbol kann das Verbindende sein, das sich in den
unterschiedlichen Festen andersartig konkretisiert (Sieg 2003, S. 20). Das Symbol Licht bietet sich als
gemeinsames Thema an: Die Bedeutung von Licht als Symbol und Metapher ist in den verschiedenen
Kulturen, Religionen, Sprachen ähnlich und kann leicht erschlossen werden (ebd.). Licht steht für Gott
und Gottes Wort, Vollkommenheit, Heiligkeit, Weisheit, Rettung und Heil, Klugheit und Verstand. Das
Wechselspiel zwischen Dunkelheit und Licht lässt sich vielfältig erkunden, erleben und gestalten
(ebd.).
Di Marino/Linder MB1
Licht gehört zu den Ursymbolen der Menschheit. Licht bedeutet Leben, Orientierung und Wärme. Die
Gegenseite des Lichts ist die Dunkelheit, welche Orientierungslosigkeit, Bedrohung und Todesgefahr
bedeutet (Bihler 1999, S. 47). Die Götter (z. B. bei den Griechen) wohnen im Licht und repräsentieren
strahlende Helligkeit, in einigen Religionen ist die Gottheit selbst Licht (Bihler 1992/2009, S. 12). Auch
im Christentum ist die Lichtsymbolik von grundlegender Bedeutung: Die Herrlichkeit Gottes wird z. B.
mit einem unbeschreiblichen Lichtglanz beschrieben. Jesus selbst beschreibt sich als "Licht der Welt",
das Leben schenkt und seine Jüngern fordert, selbst Licht in der Welt zu sein (ebd.). Liturgie und
Brauchtum des Kirchenjahres durchzieht die Lichtsymbolik: vom Adventskranz, dem wachsenden
Licht, zu den vielen Lichtern am Weihnachtsbaum, über das Fest der Darstellung des Herrn mit der
Kerzenweihe bis zum feierlichen Licht der Osternacht. Kein Gottesdienst ist ohne Kerzenlicht denkbar,
das "ewige Licht" (ebd.). Verkörperungen der Lichtsymbolik sind die Sonne, die Sterne, der
Regenbogen, das Feuer, die Kerze (Bihler 1999, S. 47). Die Sonne bestimmt den Tagesablauf,
vertreibt das Dunkel der Nacht, spendet Leben. Die Sterne lassen die Finsternis nicht so finster
erscheinen, bestimmen die Jahreszeiten und sind Wegweiser (ebd.). Der Regenbogen ist ein Symbol
des Glücks, entsteht durch die Begegnung der Sonne mit dem Regen, ist ein Zeichen für die
Wiederspiegelung des Lebens (ebd.). Das Feuer ist ambivalent: Feuer ist etwas Bedrohliches, kann
aber auch Licht, Wärme, Geborgenheit und Gemütlichkeit bedeuten (ebd.).
Licht ist ein zentraler Bereich religiöser Symbolik und so grundlegend, dass Kinder schon vor der
Schulzeit von Lichterfahrungen betroffen werden (Halbfas 1993, S. 263). Die Aussagefähigkeit und die
Wandlungsmöglichkeit der Lichtsymbolik sind so reich wie kein anderes Symbolfeld. Man begegnet ihr
in allen Kulturstufen, in allen Religionen und – metaphorisch – von den Anfängen der Philosophie bis
in die Gegenwart hinein (ebd.). Licht kann die wegweisende Leuchte im Dunkeln, die Entmachtung der
Finsternis, aber auch die blendende Überfülle und die allgegenwärtige Helle sein, in der alles
darinsteht (ebd.). Licht und Finsternis können die absoluten metaphysischen Gegenmächte
repräsentieren, die sich ausschliessen und das Weltgefüge zustande bringen (ebd.). Das Licht enthüllt
die Nichtigkeit des Dunkels; Licht schafft Raum, Distanz, Orientierung, angstloses Schauen. Bei den
Griechen bedeutet das Wort phôs, Licht, die Helligkeit und die Erhelltheit des Daseins, das zum Leben
gehört (ebd., S. 263–264). Die Freude am Licht gehört zum griechischen Lebensgefühl: Die
olympischen Götter wohnen im Licht, glänzende Helligkeit repräsentiert Zeus, zum Symbol dessen die
Lichtkuppel des Himmels steht (ebd., S. 264). Die Anschauung, dass die Gottheit selbst Licht ist bzw.
aus Lichtsubstanz besteht, begegnet uns in verschiedenen Religionen: Charakteristisch dafür ist die
Gnosis (ebd.). Im Neuen Testament handelt es sich um die dóxa Gottes, was "Herrlichkeit", "Klarheit"
oder "Glanz" bedeutet; von ähnlichen Lichterlebnissen sprechen auch die Mystiker (ebd.). Ganz
anderer Art sind einige Lichtsentenzen der Evangelien, wo das Licht metaphorisch verstanden wird,
ohne dass Übergänge zum Symbol im kultischen Bereich ausgeschlossen werden. Christus erscheint
als "das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet", er fordert auch seine Jünger auf, Licht zu sein
und das Licht weiterzugeben (ebd., S. 265). Diese neutestamentliche Lichtmetaphorik findet ihre
Weitergabe und kultische Gestaltung in der Liturgie des Kirchenjahres: Der weihnachtliche Festkreis
feiert den Sieg des Lichtes über die Finsternis; in der Feier der Osternacht geht das "Lumen Christi"
auf (siehe Osterkerze, Osterfeuer ...) (ebd., S. 265–266). Die Sonnensymbole der vorchristlichen Zeit,
die den Sieg des Neuen Jahres über die winterliche Kälte und Dunkelheit darstellten, partizipieren an
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der allgemeinen Übertragung elementarer Symbolik in christlichem Kult und Brauchtum (ebd., S. 266).
Die weihnachtliche Festzeit entfaltet ihr Mysterium in Bräuchen der Lichtsymbolik: Adventskranz und
Christbaum verheissen das "neue Licht". An der österlichen Lichtsymbolik nimmt auch die Feier der
Sakramente teil, vor allem die Tauffeier und die Wortverkündigung, die ohne brennende Kerze nicht
geschieht (ebd.). Vor dem Tabernakel brennt das ewige Licht, welches an die Gegenwart des Lichtes
der Welt erinnert; das Sonnenlicht, welches in den gotischen Kirchenraum einfällt, gilt ebenfalls als
Licht Christi (ebd.). Dunkel und Licht sind aufeinander bezogen: Ohne Dunkel wäre das Licht nicht
Licht und umgekehrt. Das Leben braucht verschiedene Zonen und Übergänge von Licht und Dunkel
(ebd., S. 267). Licht treibt die Finsternis aus, hält die Dämonen auf und nimmt die Angst, mit dem
Aufgang der Sonne verschwinden Spuk und Zauber. Durch alle Jahrtausende belegen Volksglaube
und Religionsgeschichte diese Einstellung (ebd., S. 284). Künstliche Lichtträger – Fackel, Lampe,
Laterne, Kerze – haben im Kampf gegen dämonische Kräfte eine grössere Bedeutung als bannende
Lichter gewonnen: Diese treffen für alle vorchristlichen Kulturen und Religionen zu (ebd.). Nach einem
anfänglichen Sträuben gegen die Übernahme heidnischer Lichtbräuche, gab es gleich zahlreiche
Anleihen und Übernahmen, so dass es eine Verbindung vorchristlicher und christlicher Elemente
entstand (ebd.). Im Totenkult erfolgte die Übernahme des brennenden Lichts, im Evangelienkult wurde
der Brauch des Kerzentragens bezeugt, in den Händen der Neugetauften tauchte die brennende
Kerze auf usw. (ebd.). Die immer reichere Verwendung von Kerzen bei allen gottesdienstlichen
Handlungen in und ausserhalb der Kirche wirkte als die beste Voraussetzung für die Erhaltung und
Ausgestaltung volkstümlicher Lichtbräuche (ebd.). Brennende Lampen und Lichter sollen gegen den
Teufel und seine Helfershelfer schützen und abwehren: Die Abwehrkraft der geweihten Kerze
verstärkte sich (ebd.). Die brennende Kerze ist auch als reinigender Feuerbrand bei den wichtigen
Ereignissen des Lebens wie Geburt, Hochzeit, Tod benutzt (ebd.). Die christliche Symbolik versuchte
die primitive Anschauung – durch Lichter dunkle Mächte bannen – zu überwinden und das brennende
Licht als "ewiges Licht", also als Symbol des göttlichen Lebens zu deuten (ebd., S. 285). Die heutige
eher diffuse Anschauung bewahrt alle Mischungen von christlicher und abergläubischer Deutung. Mit
der brennenden Kerze werden auch Licht und Leben gleichgesetzt: Die antike Philosophie und Kunst
kannte die Vorstellung von einem Lebenslicht, das mit dem "göttlichen Funken" im Menschen in
sympathetischer Bindung stand. "Mit dem Erlöschen des Lichtes war auch der Tod dieses Menschen
gekommen." (ebd.). Sowohl in Märchen und Sagen als auch in der moderneren Literatur wird dieses
Motiv oft ausgeführt. Die heutigen Licht- und Kerzenbräuche sind weiterhin mannigfaltig: die
herbstlichen Laternengänge, Martinszug, Adventskranz, Weihnachtsbaum, Geburtstagskerzen,
Taufkerze/Osterkerze, Kerze bei der Erstkommunion, Kerze bei der Hochzeitsfeier, Grablichter, Votiv-
und Andachtskerzen (ebd.).
Tage (Licht) und Nächte (Finsternis) folgen aufeinander in unabänderlichen Rhythmus, erst
zusammen ergeben sie ein neues Datum (Früchtel 1991, S. 42). Im Jahresablauf gibt es Phasen, in
denen es spät hell und früh dunkel wird und andere, in denen früh die Sonne aufgeht und die Tage
sich ausdehnen. Diese Vorgänge sind in einen langfristigen Rhythmus eingebunden (ebd.). Tag und
Nacht haben je für sich ihre "Licht- und Schattenseiten", wir erfahren sie als ambivalent. Die Nacht hat
für uns Wohltaten und Gefahren bereit: Die Ruhe der Nacht gibt uns die Möglichkeit, uns zu erholen
und ins Land der Träume zu wandern. Die Kälte und der Frost der Nacht, das Schweigen der Nacht,
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die Angst und die Einsamkeit repräsentieren ihre Schattenseite (ebd., S. 43). Am Tage können wir
arbeiten, feiern, die Wirklichkeit gestalten, über besondere Leistungen stolz sein usw. Der Tag kann
sich aber auch in monotonen Arbeitsvollzügen, in Ereignislosigkeit, in Untätigkeit oder in
unverschuldeter Arbeitslosigkeit dahinziehen (ebd.). Wir ordnen dem Tag und der Nacht
unterschiedliche Verhaltensweisen nach der Natur der Sache zu: Die Nacht ist eher die Zeit der
Passivität und der Tag eher die Zeit der Aktivität. "Die natürliche Korrespondenz von
Verhaltensweisen und Tageszeiten verleitet Menschen dazu, sie 'widernatürlich' einzuebnen oder in
ihr Gegenteil zu verkehren." (ebd.). Unsere Wertvorstellungen darüber, was dem Tag und der Nacht
angemessen ist, wird durch gesellschaftliche Trends verändert. Man spricht gewöhnlich von der
Dunkelheit, die alles bedeckt, in der man versinken und verschwinden kann, in der man nichts
unterscheiden kann, in der alles undefinierbar und undifferenziert wirkt, was bei Tage nicht der Fall ist.
In der Nacht ist unser wichtigstes Sinnesorgane, das Auge, ausser Kraft: Wir können nichts sehen,
aber auch nichts erkennen (ebd., S. 44). In unserer Bewusstseinsbildung und in unseren
Erkenntnisprozessen ist das Wahrnehmen- und Unterscheidenkönnen sehr wichtig. Im hellen Licht
des Tages sind die Unterschiede deutlich zu sehen, für denjenigen, der sehen will. Unsere
Sehfähigkeit kann sich während dem Tag steigern, so können Erkenntnisprozesse voranschreiten
(ebd., S. 45). Die Nacht mit ihrer Dunkelheit und ihrer Finsternis wird als bedrohlich und destruktiv
erlebt, umgekehrt erscheint der Tag mit seiner Helligkeit und seinem Licht. Der Mensch wird ein
lebendiger Mensch, wenn er "das Licht der Welt" erblickt, hingegen wenn "sein Lebenslicht erlischt"
wird er von der "Nacht bzw. Finsternis des Todes umfängt" (ebd.). Das sind keine natürlichen
Kontraste, sondern konträre Mächte, die einander ausschliessen oder widerstreiten. Tag und Nacht
werden ambivalent erlebt mit Vor- und Nachteilen; Licht und Finsternis sind nicht wertneutral, sie sind,
im Guten wie im Bösen, eindeutig (ebd.). "Tag und Nacht sind Naturgegebenheiten, Licht und
Finsternis sind Existenzgegebenheiten." Finsternis kann sowohl in der Nacht als auch am Tag
erfolgen und beide umfangen; Licht kann am Tag und in der Nacht aufstrahlen und die menschliche
Finsternis verändern. Der seelische Zustand von Licht oder Finsternis kann in sein jeweiliges
Gegenteil verwandelt werden (ebd., S. 50). Licht und Finsternis sind nicht nur Naturgegebenheiten,
sondern Symbole für menschliche Verhaltensweisen und Symbole, die die Beziehung Menschen-Gott
charakterisieren (ebd., S. 57).
LiteraturverzeichnisAsien-Feste (2011), Die Homepage über Feste in Südost-Asien,
www.asien-feste.de/Beschreibungen/Loy_Krathong/loy_krathong.html [2. März 2017]
Bernhard, Florence / Ebel, Eva (2011): Die Kerzenflamme – mehr als nur ein Licht! Winterthur.
Bihler, Elsbeth (1999): Symbolkreis «Licht»: Arbeitsblätter für die Grundschule, Limburg.
Bihler, Elsbeth (1992/2009): Symbole des Lebens – Symbole des Glaubens, Band I: Licht – Feuer.
Werkbuch für Religionsunterricht und Katechese. Limburg.
Breuilly, Elizabeth / O'Brien, Joanne / Palmer, Martin (2009): Die religiösen Feste der Welt, Wissen
Sie, was Ihre Nachbarn bei Chanukka feiern? Warum sie Ramadan halten? Wien.
Früchtel, Ursula (1991): Mit der Bibel Symbole entdecken, Göttingen.
Halbfas, Hubertus (1993): Religionsunterricht in der Grundschule. Lehrerhandbuch 1, 6. Aufl.
Düsseldorf.
Di Marino/Linder MB1
Schaufelberger, Christine / Zangger, Michael (2007): Feste und Feiern. Impulsheft zum Themenfeld
Religion und Kultur, Zürich.
Sieg, Ursula (2003): Feste der Religionen. Werkbuch für Schulen und Gemeinden. Mit Festkreisen
und Freiarbeitsmaterial, Düsseldorf.