wirksamkeit der metoprolol-therapie in der prävention supraventrikulärer arrhythmien nach...
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K. WenkeM. H. A. ParsaM. ImhofB. M. Kemkes
Wirksamkeit der Metoprolol-Therapie in derPrävention supraventrikulärer Arrhythmiennach koronarer Bypass-Operation
β-BLOCKERZ Kardiol 88:647–652 (1999)© Steinkopff Verlag 1999
Efficacy of metoprolol in preventionof supraventricular arrhythmiasafter coronary artery bypassgrafting
Summary Atrial fibrillation is in20–50 % the most frequent dysrhyth-mia after coronary artery bypass graft-ing (CABG) and a possible cause forhemodynamical complications and pro-longation of the medical treatment inpatients. Therefore, the effect of β-blocking with metoprolol for preven-tion of supraventricular arrhythmias(SVA) was investigated in a prospec-tive and randomized trial. 200 patientsafter CABG were randomized in a drugand control group (average age 63.2years, 154 male, 46 female). Patients ofthe drug group (n = 100) were treatedwith metoprolol (1 mg/kg/BW) be-ginning on day one after operation,whereas patients of the control group(n = 100) received therapy only in caseof occurrence of atrial fibrillation.ECG, blood pressure, and electrolyte
concentrations were measured regu-larly until the tenth day after surgery.Reasons for exclusion were an ejectionfraction < 30 %, SA- and AV-block orsimultaneous application of epine-phrine and metoprolol. There were nosignificant differences between thepatients of drug and control group withrespect to age, sex, ejection fraction,previous medication, number and typeof bypass grafts, cardiopulmonary by-pass time, and perioperative ischemicevents. However, a statistically signifi-cant difference was seen in the occur-rence of supraventricular arrhythmiasin both groups, 4 patients of thetherapy group (4 %) in contrast to 37patients of the control (37 %) devel-oped supraventricular arrhythmias dur-ing the postoperative observation pe-riod (p < 0.0001). Both groups differedin total time of hospital stay by 1.5days (control group: 9.83 ± 2.88 days;drug group: 8.42 ± 2.81 days), whichwas statistically significant (p < 0.05).All patients of the drug group could bedischarged with a stable sinusrhythm,whereas 7 patients of the control groupwere discharged with persistent atrialfibrillation. The difference was stati-stically significant as well (p < 0.01).Neither typical side effects of metopro-lol, nor AV-blocks, bradycardia(f < 60/min) or symptoms of low bloodpressure could be observed. The con-clusion of this trial is a recommenda-tion for a preventive application of
50 mg metoprolol/day after coronaryartery bypass surgery, which can re-duce the incidence of SVA as well asthe hospital stay statistically signifi-cant.
Key words Coronary artery bypassgrafting – supraventricular arrhythmia– metoprolol
Zusammenfassung Tachykardes Vor-hofflimmern ist mit 20–50 % die häu-figste Herzrhythmusstörung nachBypass-Operationen und kann zuhämodynamischen Komplikationen impostoperativen Verlauf führen. In einerprospektiven, randomisierten Studiewurde die Wirksamkeit von Metoprololin der Prävention der postoperativensupraventrikulären Arrhythmien unter-sucht. 200 Koronarpatienten (Alter imMittel 63,5 Jahre, 154 m/46 w) wurdenin eine Therapie- bzw. in eine Kontroll-gruppe randomisiert. Patienten derTherapiegruppe (n = 100) wurden abdem ersten postoperativen Tag mit 50 mg Metoprolol behandelt, in derKontrollgruppe (n = 100) erhielten diePatienten primär keine präventive anti-arrhythmische Therapie. EKG, Blut-druck und Serumelektrolyte wurdenregelmäßig bis zum 10. postoperativenTag kontrolliert. Ausgeschlossen wur-den Patienten mit reduzierter LVEF (< 30 %), SA- und AV-Blockierungenund Asthma bronchiale. Es ergaben Z
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Eingegangen: 2. September 1998Akzeptiert: 6. Mai 1999
Dr. K. Wenke (✉) · M. H. A. ParsaM. Imhof · B. M. KemkesAbt. f. HerzchirurgieStädt. Krankenhaus München-BogenhausenEnglschalkinger Str. 77D-81925 München
Einleitung
Supraventrikuläre Arrhythmien (SVA), Vorhofflimmern undVorhofflattern, sind die häufigsten Rhythmusstörungen impostoperativen Verlauf nach herzchirurgischen Eingriffen,insbesondere nach Bypass-Operationen (11, 19, 21). SVAkönnen postoperativ auch bei Patienten ohne vorher bekannteHerzrhythmusstörungen auftreten. Die Häufigkeit von SVAnach operativer Myokardrevaskularisation wird in der Litera-tur zwischen 20 % und 50 % angegeben (20, 26, 28). Obwohlsupraventrikuläre Arrhythmien nach koronaren Bypass-Ope-rationen keine unmittelbar vitale Bedrohung für den Patientendarstellen, können sie dennoch den postoperativen Verlaufkomplizieren und die Dauer des Krankenhausaufenthaltesverlängern. Des weiteren können SVA die Gefahr ventrikulä-rer Tachykardien sowie zerebraler Insulte induzieren (4). Dasklinische Erscheinungsbild der symptomatischen SVA wirdvon den Patienten subjektiv als unangenehm empfunden undmacht in der Regel eine umgehende medikamentöse Therapienotwendig.
Seit den Anfängen der kardialen Bypass-Chirurgie suchtman nach präventiven antiarrhythmischen Konzepten zur me-dikamentösen Behandlung der postoperativen SVA. DieWirksamkeit von Elektrolytsubstitution und Antiarrhythmikaverschiedener Klassen ist in zahlreichen Studien untersuchtworden (8, 9, 10, 13). Die bedeutendste Rolle spielten dabeidie β-Rezeptor-Antagonisten, die sowohl in der Prophylaxeals auch in der Therapie der SVA wirksam waren (1, 18, 21,22, 23, 24). Nach kardiochirurgischen Eingriffen mit derHerz-Lungen-Maschine wird jedoch in der postoperativenPhase aufgrund von Hypovolämie und Hypotonie in der Re-gel von der Applikation sämtlicher Antihypertensiva Abstandgenommen. Aus diesem Grund ist der Einsatz von β-Blockernin der Kardiochirurgie in der unmittelbar postoperativenPhase trotz der hohen Inzidenz der SVA nicht üblich.
In der vorliegenden Studie sollte die membranstabilisie-rende Wirkung des β-Blockers Metoprolol in niedriger Dosie-rung in der Prophylaxe postoperativer SVA nach Myokard-revaskularisation untersucht werden. Die präventive postope-rative Behandlung mit Metoprolol sollte dem bisher üblichenkardiochirurgischen Konzept ohne präventiven postoperati-ven Einsatz von Antiarrhythmika gegenübergestellt werden.
Patienten und Methode
Patienten
In einem Zeitraum von Januar bis Juni 1998 wurden 200Koronarpatienten (154 m/46 w) mit einem durchschnittlichenLebensalter von 62,5 Jahren (41–82 Jahre) vor Bypassopera-tion nach einer Zufallszahlenreihe unmittelbar nach Bypass-operation prospektiv in eine Therapie- und Kontrollgrupperandomisiert (jeweils 100 Patienten). Die Randomisierung er-schien ethisch vertretbar, da bis zum heutigen Zeitpunkt keineinheitliches Behandlungskonzept zur Therapie der SVA nachBypassoperationen vorliegt. Ausgeschlossen wurden Patien-ten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion unter 30 %,Asthma bronchiale, präoperativ beschriebenen Bradykardien,SA- und AV-Blockierungen. Auch adrenalinpflichtige, kreis-laufinstabile Patienten wurden nicht in die Studie aufgenom-men, womit sich die im Durchschnitt relativ gute LVEF inunseren Patientengruppen erklärt. Klinische, angiographischeund kardiochirurgische Basisdaten der Patienten der jeweili-gen Gruppen sind in der Tabelle 1 zusammengefaßt.
Studiendesign
Die Patienten der Therapiegruppe erhielten ab dem erstenpostoperativen Tag täglich morgens und abends Metoprolol in
648 Zeitschrift für Kardiologie, Band 88, Heft 9 (1999)© Steinkopff Verlag 1999
sich in Hinsicht auf Alter, Geschlecht,LVEF, präoperative Medikation, Artund Anzahl der Bypassgrafts, Opera-tions- und Bypasszeit sowie periopera-tive Myokardischämien keine signi-fikanten Unterschiede zwischen denGruppen. Signifikant unterschiedlichwar jedoch das Auftreten supraventri-kulärer Arrhythmien in den beidenGruppen, 4 Patienten der Therapie-gruppe (4 %) gegenüber 37 Patientender Kontrollgruppe (37 %) zeigten impostoperativen BeobachtungsintervallVorhofarrhythmien (p < 0,0001). Diedurchschnittliche Verweildauer in
stationärer Behandlung betrug in derTherapiegruppe 8,42 ± 2,81 Tage ver-sus 9,83 ± 2,88 Tage in der Kontroll-gruppe, der Unterschied zwischen denGruppen war signifikant (p < 0,05).Alle Patienten der Metoprolol-Gruppeverließen das Krankenhaus in stabilemSinusrhythmus, wohingegen 7 Patien-ten der Kontrollgruppe mit supraventri-kulären Arrhythmien entlassen wurden,der Unterschied zwischen den Gruppenwar ebenfalls signifikant (p < 0,01).Nebenwirkungen der Metoprolol-The-rapie wurden nicht beobachtet, ins-besondere traten keine AV-Blockierun-
gen, Bradykardien oder symptoma-tische Hypotonien auf. Zusammen-fassend kann festgestellt werden, daßdie präventive Therapie mit Metoprolol(50 mg/Tag) die Inzidenz supraventri-kulärer Rhythmusstörungen nachBypass-Operationen sowie den sta-tionären Aufenthalt nach Operationsignifikant verringert und somit beifehlender Kontraindikation als Rou-tinetherapie empfohlen werden kann.
Schlüsselwörter Koronare Bypass-operation – supraventrikuläreArrhythmien – Metoprolol
einer Dosierung von jeweils 25 mg in oraler Form (1 mg/kgKörpergewicht). Mit der niedrigen Dosierung sollten anti-hypertensive und bradykarde Effekte vermieden werden.Diese Therapie wurde über den gesamten stationären Aufent-halt streng beibehalten und nach Entlassung als Dauerthera-pie empfohlen. Kombinationen mit anderen Antiarrhythmikawurden nicht vorgenommen. Patienten der Kontrollgruppeerhielten keine präventive antiarrhythmische Therapie, nachAuftreten von SVA wurden diese Patienten entsprechend derbisherigen Vorgehensweise digitalisiert oder mit Verapamilbehandelt. Als Zielgröße wurde das Auftreten von SVA, Vor-hofflimmern und Vorhofflattern mit tachykarder Überleitung(Herzfrequenz > 120/min in Ruhe), nicht jedoch Sinustachy-kardien auf Grund von postoperativen Gegebenheiten (Hypo-
volämie, Anämie oder Schmerz) definiert. Das vorher fest-gelegte Therapieschema machte ein Doppelblindverfahrenentbehrlich. Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich in bei-den Gruppen bei Ereignisfreiheit auf zehn Tage postoperativ.Traten bei einem Patienten der Kontrollgruppe SVA auf, sowurde der Beobachtungszeitraum nach dem Kaplan-Meier-Verfahren als zensiert betrachtet und wie erwähnt eine ad-äquate antiarrhythmische Therapie eingeleitet. Auf die Gabevon Metoprolol wurde in dieser Gruppe jedoch verzichtet. BeiAuftreten von SVA in der Therapiegruppe wurde die Meto-prolol-Medikation beibehalten.
Kontinuierliches Blutdruck- und EKG-Monitoring sowieengmaschige Elektrolytbestimmungen wurden in der Inten-siv- und Intermediärstation bis zum zweiten postoperativenTag in beiden Gruppen in gleicher Weise durchgeführt. NachVerlegung auf die Allgemeinstation wurden bei allen Patien-ten am zweiten, dritten und fünften postoperativen Tag sowie
649K. Wenke et al.Supraventrikuläre Arrhythmien nach Bypass-Operation
Tab. 1 Klinische, angiographische und chirurgische Charakteristika derPatienten
Therapiegruppe Kontrollgruppe pMittelwert ± SD Mittelwert ± SD
Präoperativ:Alter (Jahre) 63,17 ± 9,2 63,9 ± 9,5 n. s.EF (%) 63,4 ± 13,1 62,2 ± 14,0 n. s.Geschlecht (m/w) 79/21 75/25 n. s.Präop. b-Blocker 61 56 n. s.Präop. SVA 0 0 n. s.Perioperativ:Bypasszeit (min) 73,3 ± 21,6 76,7 ± 23,8 n. s.Anzahl der Grafts 3,09 ± 0,85 3,12 ± 0,85 n. s.Periop. Infarkt 8 4 n. s.
SD: Standardabweichung; p: Signifikanzniveau; n. s.: nicht signifikant;SVA: supraventrikuläre Arrhythmie
Tab. 2 Postoperativer Vergleich der Therapie- und Kontrollgruppe.
Therapiegruppe Kontrollgruppe pMittelwert ± SD Mittelwert ± SD
Postop. ZVD (mm Hg) 6,4 ± 2,7 7,2 ± 3,0 n. s.Kalium (mmol/l) 4,29 ± 0,37 4,35 ± 0,38 n. s.Hämoglobin (g/dl) 10,86 ± 1,0 10,51 ± 1,1 n. s.pO2 (mm Hg) 101,4 ± 23,3 103,1 ± 30,7 n. s.Häufigkeit der SVA 4 37 < 0,0001Behandlungsdauer 8,42 ± 2,81 9,83 ± 2,88 < 0,01(Tage)
SD: Standardabweichung; p: Signifikanzniveau; n. s.: nicht signifikant;SVA: supraventrikuläre Arrhythmie
Abb. 1 Zeitpunkt des Auftretenssupraventrikulärer Arrhythmien
vor Entlassung routinemäßig EKG-Kontrollen und Elektro-lytbestimmungen vorgenommen. Der arterielle Blutdruck undPuls wurden dreimal täglich bei allen Patienten gemessen,Pulsunregelmäßigkeiten und Tachykardien wurden in jedemFall elektrokardiographisch dokumentiert. Das Auftreten vonSVA bei Patienten mit präoperativ stattgehabter β-Blocker-Therapie im Sinne eines Reboundphänomens konnte aus-geschlossen werden.
Statistik
Die Häufigkeiten der SVA der Therapie- und Kontrollgruppewurden in einer Kontingenztafel zusammengefaßt, mittels χ2-Test ausgewertet und mit Hilfe der Kaplan-Meier-Analysegraphisch dargestellt. Zum allgemeinen Vergleich zwischenTherapie- und Kontrollgruppe sowie zum Vergleich des Blut-drucks vor und unter Therapie mit Metoprolol wurde der t-Test für verbundene und nichtverbundene Stichproben her-angezogen. Der Beobachtungszeitraum wurde auf zehn Tagepostoperativ und das Signifikanzniveau auf p < 0,05 fest-gelegt.
Ergebnisse
In Hinsicht auf Alter, Geschlecht, linksventrikuläre Pump-funktion, Operations- und Bypasszeit, perioperative Myo-kardinfarktrate sowie Anzahl der angelegten Bypassgraftsergaben sich zwischen den Patienten beider Gruppen keine
signifikanten Unterschiede (Tab. 1). Insgesamt 41 Patientenbeider Gruppen (18,5 %) entwickelten im postoperativenBeobachtungsintervall SVA, wobei sich die höchste Prä-valenz mit insgesamt 18 Fällen am zweiten postoperativenTag fand. Die Ergebnisse sind in Abbildung 1 zusammen-gefaßt.
Aufgeteilt nach Gruppenzugehörigkeit entwickelten post-operativ nur 4 Patienten (4 %) der Therapiegruppe gegenüber37 Patienten (37 %) des Kontrollkollektives SVA. Der Unter-schied zwischen beiden Gruppen war mit p < 0,0001 hochsignifikant. In Abbildung 2 ist die aktuarisierte Ereignis-freiheit der Therapiegruppe gegenüber der Kontrollgruppenach Kaplan-Meier-Analyse dargestellt. Die durchschnitt-liche Dauer der SVA betrug in der Therapiegruppe 1,0 ± 0Tage gegenüber 2,8 ± 1,8 Tage in der Kontrollgruppe und warnicht signifikant unterschiedlich (p = 0,058). Der durch-schnittliche Krankenhausaufenthalt belief sich in der Kon-trollgruppe auf 9,83 ± 2,88 Tage gegenüber 8,42 ± 2,81 Tagein der Therapiegruppe und war damit signifikant unterschied-lich (p < 0,05). 7 Patienten der Kontrollgruppe (7 %) mußtenmit Vorhofflimmern nach Hause entlassen werden. Dem-gegenüber konnten alle Patienten der Therapiegruppe mitstabilem Sinusrhythmus entlassen werden.
Ansonsten ergaben sich bei den übrigen postoperativ er-hobenen Parametern wie durchschnittlicher zentraler Venen-druck, Serum-Kalium, Hämoglobin und Sauerstoffpartial-druck keine signifikanten Unterschiede zwischen den Grup-pen (Tab. 2).
Klinisch manifeste Nebenwirkungen von Metoprolol wur-den während der Therapie nicht beobachtet. Insbesondere
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Abb. 2 Aktuarisierte Ereignis-freiheit von Patienten der Thera-pie- und Kontrollgruppe
traten keine Fälle von AV-Blockierungen, Bronchialobstruk-tion, peripheren Durchblutungsstörungen oder Bradykardien(Herzfrequenz < 60/min) auf. Bei keinem Patienten der The-rapiegruppe mußte die Medikation wegen Hypotonie abge-setzt werden. Die durchschnittlichen Blutdruckwerte derPatienten der Therapiegruppe zeigten keinen signifikantenUnterschied vor und während Therapie mit Metoprolol.
Diskussion
Die Häufigkeit und Therapie von SVA nach herzchirurgischenEingriffen sind in zahlreichen Studien untersucht worden (11,19, 21). Vor allem klinisch manifeste bzw. hämodynamischwirksame SVA, deren Inzidenz in der Literatur abhängig vonder Erfassungsmethode zwischen 20 und 50 % angegebenwird, bedürfen in der Regel einer antiarrhythmischen Thera-pie (26, 28). Bei postoperativer Durchführung eines Langzeit-EKG-Monitorings fanden Parker et al. sogar eine Häufigkeitder SVA von 100 %, wobei kurzfristige, klinisch nicht mani-feste SVA sowie Sinustachykardien mitregistriert wurden(23). Bis heute existiert kein einheitliches Therapiekonzeptzur Prävention postoperativer SVA. Wegen der negativ ino-tropen Wirkung fast aller Antiarrhythmika, mit Ausnahmevon Digitalis, wird auf deren prophylaktischen Einsatz in derpostoperativen Phase nach Bypassoperationen im Regelfallverzichtet. Mit der Substitution von Kalium zur Erhaltungeines normalen Serumspiegels in der postoperativen Phasekönnen SVAnur selten vermieden werden. Dies erfordert eng-maschige Kontrollen und kann somit nur in einer Intensivein-heit optimal gewährleistet werden. Auch die prophylaktischeApplikation von Magnesium konnte die Inzidenz von SVAnicht senken, deren Dauer jedoch günstig beeinflussen (8, 10,15, 16). Zur Prävention von SVA kommen verschiedene anti-arrhythmisch wirksame Medikamente zur Anwendung. Amhäufigsten werden Digitalis-Präparate, Verapamil und die β-Rezeptoren-Antagonisten Propanolol, Acebutol, Nadolol,Timolol, Atenolol und Metoprolol (2, 3, 5, 6, 12, 14, 18, 23,27, 29, 30) eingesetzt. Die β-Rezeptoren-Antagonisten geltenals die mit Abstand wirksamste Substanzklasse, gefolgt vonVerapamil und Digitalis bei hämodynamisch stabilen Patien-ten (1, 21). Die antiarrhythmische Wirkung der β-Rezeptoren-Antagonisten wird mit der Antagonisierung der postoperativgesteigerten sympathikotonen Aktivität mit nachweisbar er-höhten Katecholaminspiegeln im Serum erklärt (7, 17). Me-
toprolol ist eines der am häufigsten eingesetzten Antihyper-tensiva und zugleich ein Antiarrhythmikum der Klasse II,weshalb es in unserer Untersuchung bezüglich seiner Wirk-samkeit in der Prävention postoperativer SVA untersuchtwurde. Janssen et al. (14) konnten 1988 eine Abnahme der In-zidenz von SVA unter Metoprololgabe um mehr als 60 % er-zielen. Paull et al. (22) randomisierten zwischen 1990 und1995 100 Bypass-Patienten in eine Metoprolol- und Placebo-gruppe, wobei primär kein signifikanter Unterschied in derHäufigkeit von SVA gezeigt werden konnte. Jedoch tratennach Änderung der kardioprotektiven Maßnahmen währendder Studie signifikant weniger SVA auf.
Auch in unserer Untersuchung führte die präventiveApplikation von Metoprolol zu einer hochsignifikanten Re-duktion supraventrikulärer Arrhythmien im postoperativenVerlauf im Vergleich zu den nicht präventiv behandeltenPatienten. Trotz der vergleichsweise niedrigen Dosierung (1 mg/kg Körpergewicht) ließ sich bezüglich der präventivenantiarrhythmischen Wirkung ein Maximum erzielen. Die In-zidenz der SVA betrug in der Therapiegruppe lediglich 4 %.Damit konnte eine sehr hohe, bisher nicht beschriebene anti-arrhythmische Effektivität einer präventiven Metoprolol-Therapie nachgewiesen werden. Die durch die Metoprolol-Therapie erzielte postoperative Rhythmusstabilität resultierteauch in einer signifikant kürzeren stationären Verweildauerund somit kostengünstigeren Behandlung der Patienten. BeimVergleich unserer Daten mit anderen vergleichbaren Studienimponiert eine große Schwankungsbreite bei der Angabepostoperativer SVA (11, 19, 21, 25, 26, 28). Ein wesentlicherGrund dafür liegt in einer eingeschränkten Vergleichbarkeitder Studien untereinander sowie in den unterschiedlichen undnicht immer eruierbaren Selektions- und Erfassungsver-fahren. Der Umstand resultiert nicht zuletzt daraus, daß β-Blocker nicht bei allen kardiochirurgischen Patienten ein-setzbar sind und je nach zur Verfügung stehenden Über-wachungsmöglichkeiten einer überlegten Indikationsstellungunterliegen. Komplikationen und β-Blocker-spezifische Ne-benwirkungen wurden in der vorliegenden Untersuchungnicht beobachtet, erklärbar mit der geringen Applikations-dosis von ca. 50 mg Metoprolol pro Tag.
Auf Grund der vorliegenden Daten kann die niedrig do-sierte postoperative Anwendung von Metoprolol in derPrävention supraventrikulärer Rhythmusstörungen nachMyokardrevaskularisation bei hämodynamisch stabilen Pa-tienten bedenkenlos empfohlen werden.
651K. Wenke et al.Supraventrikuläre Arrhythmien nach Bypass-Operation
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