zukunftslabor eine initiative der deutschen kammerphilharmonie bremen

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»Auf einmal stehen wir klassischen Musiker dort, wo wir eigentlich hingehören, wenn wir den Gehalt dessen, was wir spielen auch wirklich ernst nehmen: mitten in der Gesellschaft. (…) Und auf einmal ist die Welt wieder offen und aufregend.« Thomas Rietschel, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Frankfurt a.M. nach dem Besuch der Premiere der Stadtteil-Oper ›Faust II‹ Kontakt: Lisa Unterberg, Leitung ›Zukunftslabor‹ Tel. 0421 - 95 885 14 [email protected] Initiator des Zukunftslabors ›Zukunftslabor‹ Neue Gesellschafts-Perspektiven durch Musik

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»Auf einmal stehen wir klassischen Musiker dort, wo wir eigentlich hin gehören, wenn wir den Gehalt dessen, was wir spielen auch wirklich ernst nehmen: mitten in der Gesellschaft. (…) Und auf einmal ist die Welt wieder offen und aufregend.«

Thomas Rietschel, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Frankfurt a.M. nach dem Besuch der Premiere der Stadtteil-Oper ›Faust II‹

Kontakt: Lisa Unterberg, Leitung ›Zukunftslabor‹Tel. 0421 - 95 885 14 [email protected] Initiator des Zukunftslabors

›Zukunftslabor‹Neue Gesellschafts-Perspektiven durch Musik

»Du hast immer eine Wahl« - so lautet das Motto, unter dem das Flaggschiff des Zukunftslabors der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, die Stadtteil-Oper, segelt. Eine Botschaft, die sich an jeden Einzelnen richtet, immer wieder, jeden Tag aufs Neue. Menschen bewegen und individuelle Potenziale mit Hilfe von Musik zu entwickeln, das ist das Ziel. Die Musiker der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen haben zur Verwirklichung dieses Zieles ihre Wahl getroffen. »Ein Weltklasseorches-ter zieht in einen Problemstadtteil. Elite goes social« titelte seinerzeit der Berliner Tagesspiegel und wünschte sich »mehr von solchen Nachrichten«. Und tatsächlich braucht die Welt mehr von solchen Nachrichten. Wenn sich nicht jeden Tag Menschen dafür entscheiden, die Welt ein bisschen besser machen zu wollen, dann wird sie zwangsläufig zu einem Ort verkommen, an dem wir irgendwann nicht nur nicht mehr leben wollen, sondern auch gar nicht mehr leben können. Und besser bedeutet heute vor allem ›ganzer‹. Weg von isolierten Einzelbereichen und beziehungslosen Individuen, hin zu integrierten, ganzheitlichen Systemen und sozialen Verbünden. Soweit wird das fast jeder unterschreiben, aber was, wenn es zu den Widerständen kommt, zu den Rückschlägen und zum Scheitern. Dann ist der Einzelne noch einmal gefragt, mit seinem Mut, seiner Tatkraft, seiner Kreativität und der Erneuerung seiner Wahl: nämlich allen Widerständen zum Trotz am als richtig erkannten fest zu halten. So wie die Musiker der Deutschen Kammerphil harmonie Bremen seit über 30 Jahren ihr Orchestermodell gegen den schleichenden ›Kultur infarkt‹ bis an die Weltspitze entwickelt haben und so wie sie nun seit immerhin schon fünf Jahren ihr ›Zukunftslabor‹ befördern. Als Experiment, als Impuls und auch als Beispiel in einer Zeit, die dringend neue Lösungen erfordert, wenn die Risse zwischen Arm und Reich, zwischen den Gewinnern und Verlierern unserer Gesellschaft, nicht eine Dimen sion annehmen sollen, die nicht mehr umkehrbar ist. Wenn unsere Gesellschaft tatsäch-lich eine Zukunft haben soll.

Helfen Sie uns, diese Vision zu verwirklichen, werden Sie Visionär und unterstützen Sie das ›Zukunftslabor‹!

Albert SchmittManaging Director Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

Ȇber musi-kalische, kultu-

relle, soziale und professionelle

Grenzen hinweg sorgt hier ein Projekt für

den Wandel einer ganzen Stadtteilkultur und ihrer

Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit.«Yasemin Karakasoglu bei der Verleihung

des Bremer Friedenspreises

Alexander ShelleyKünstlerischer Leiter ›Zukunftslabor‹

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Partner der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

»Das Gefühl von Grenze darf nicht heißen: hier bist du zu Ende, sondern: hier hast du noch zu wachsen.« Emil Gött

Alexander ShelleyKünstlerischer Leiter ›Zukunftslabor‹

Lisa UnterbergEducation und Leitung ›Zukunftslabor‹

Das ›Zukunftslabor‹ bedeutet für mich Freude, Herausforderungen und Inspirationen. Diese findet man immer dann, wenn Menschen mit Vertrauen, Offenheit und Engagement miteinander agieren und auf der Bühne stehen. Seit nunmehr fünf Jahren genieße ich das Privileg, aus nächster Nähe mitzuerleben, wie das ›Zukunftslabor‹ der Deutschen Kammerphilhar-monie Bremen dank der bewundernswerten Hingabe der Lehrer und der Musiker den teilnehmenden Schülern besondere Herausforderungen und Möglich-keiten bietet, die das Leben der Schüler grundlegend ver ändern können.

Mit vielen von ihnen habe ich Freundschaft geschlossen und ich bin stolz auf ihre Erfolge. Ich habe hier die Beweise gesehen, dass sich durch die Künste – durch Musik, Literatur, Theater, Gestaltung und Tanz – der Horizont der Schüler messbar erweitert, dass soziale Grenzen fallen und es wirkliche, greifbare Fortschritte gibt.

Das ›Zukunftslabor‹ ist ein Leuchtfeuer, das durch die intensive Arbeit zahlreicher Menschen erstrahlt – inzwischen sind bereits tausende von Schülern in die Projekte involviert gewesen. Und das ›Zukunftslabor‹ ist ein Leuchtfeuer, das auch weiterhin hell strahlend leuchten muss.

Die schönsten Erinnerungen an meine Schulzeit sind verbunden mit Musik. Während der Jugendorchester-arbeitsphasen war es die Begeisterung für Musik und eine tolle Gemeinschaft, die alle Beteiligten dazu beflügelt haben, bis an die eigenen Grenzen (und manchmal darüber hinaus) zu gehen und etwas zu schaffen, das die Zuhörer bewegt.

Künstlerische Prozesse zu ermöglichen, die auch anderen jungen Menschen zu diesen Erlebnissen verhelfen, ist mein Ziel mit der Arbeit im ›Zukunfts-labor‹. Die Neugierde auf die Potenziale und Ent-wicklung des Einzelnen treibt mich dabei an.

Wenn ich mir die Umsetzung eines idealen Projektes erträumen dürfte, dann würde ich mir eine enge Anbindung an die Netzwerke vor Ort und damit eine herausragende Nachhaltigkeit wünschen. Ich würde von einem Ort und räumlichen Voraussetzungen träumen, die die Arbeit ideal unterstützen und natür-lich von Menschen, die ihre Arbeit künstlerisch wie pädagogisch als Berufung empfinden und den Mut haben, jenseits vorgegebener Denkmuster zu arbeiten.

Mit dem ›Zukunftslabor‹ der Deutschen Kammer-philharmonie Bremen sind wir an diesem Traum schon sehr nah dran.

Alexander Shelley wurde als Gewinner des Leeds Conductors Competition 2005 als »der aufregendste und begabteste junge Dirigent, der je diese renommierte Auszeichnung bekommen hat« gefeiert. Er dirigierte bereits bei den BBC Proms und dem Kopenhagener Tivoli Festival und arbeitete u.a. mit dem

BBC Symphony Ochestra, dem Rotterdam Philharmonic, dem Mozarteum Orchestra Salzburg und dem Zurich Chamber Orchestra. Im September 2009 übernahm Shelley den Posten des Chefdirigenten der Nürn berger Symphoniker. Seitdem wird er sowohl von der Presse als auch vom Publikum gleicherma-

ßen gefeiert.

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen leitete er 2006 beim Tanzprojekt Dance4Live sowie 2008 bei dem integra tiven Musik- und Tanztheater-Projekt ›KonTakt‹. Auf

Enga gements als Dirigent beim Festival ›Sommer in Lesmona‹ 2007 und 2009 folgten regelmäßige Einladungen zu Orchesterkonzerten der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Seit 2009 ist Alexander Shelley der

Künstlerische Leiter des Zukunfts-labors.

Lisa Unterberg studiert im Anschluss an

ihr Musikpädagogik Diplom im Masterstudien-

gang Musikwissenschaften an der Folkwang Universität

der Künste und interessiert sich besonders für Fragen der

ästhetischen Bildung und Erziehung. Nach Stationen im

Ruhrgebiet hat sie im September 2011 die pädagogische Leitung

des Zukunfts labors der Deutschen Kammer philharmonie Bremen

übernommen. Zusätzlich wirkt Lisa Unterberg im Management des

PODIUM Festivals Esslingen mit.

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Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

Das Orchester erreicht sein Publikum unmittelbar

»… voller Frische und Vitalität, ja, man könnte sich beinahe vorstellen, dass knallroter Lebenssaft aus dieser Musik herausschießt, wenn man sie aufschneiden würde« Forbes Magazine, Japan

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist am Puls der Zeit und bekannt für unkonventionelle Wege

»Die weltberühmte Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist in eine Gesamtschule in einem Problemviertel gezogen. Zum Vorteil der Schüler. Und der Musiker.« brand eins

Das Orchester findet sich 2012 zum dritten Mal in Folge unter den Top 10 der japanischen Fachpresse

»Die Deutsche Kammerphil harmonie Bremen gehört zu den zehn besten Orchestern der Welt.« Ongaku No Tomo Magazine, Japan

Das Orchester interpretiert Musik aller Epochen auf höchstem Niveau

»Mit sorgfältig durchdachten, ful minant musizierten Programmen hat sich das […] Ensemble inter-national eine außerordentliche Repu-tation erworben. Davon zeugen nicht zuletzt die von Bach bis zu zeitge-nössischen Komponisten reichenden Einspielungen für den Klassikmarkt.« Begründung der Jury des Ehrenpreises der Deutschen Schallplattenkritik

Preisgekrönt Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist mehrfach ausgezeichnet, mit Auszeichnungen wie sie nie zuvor einem Orchester zuteil geworden sind.

Unter den weltbesten Orchestern das ›Heutigste‹

Beste soziale Innovation 2007

Die Kraft der MusikProbendomizil in der Gesamtschule Bremen-Ost

Hier haben Orchester und Schule zu einer Wohnge-meinschaft zusammengefunden. Ein Wort, das passt. Denn ihre Beziehung definiert sich nicht in erster Linie über glanzvolle Augenblicke auf glamouröser Bühne, sondern über alltägliche, wiederkehrende Begegnungen in vielfältigster Form, mal geplant, mal spontan, mal intensiv, mal sporadisch, mal in der Mensa oder auf dem Schulhof, mal auf der Bühne, mal im Unterricht. Das ist einmalig, unverwech-selbar, beispielhaft. An der GSO lässt sich erleben, welche Veränderungskraft der Musik innewohnt; hier lässt sich erleben, wie sich ein Bildungsbürgermärchen in der modernen Welt ereignet.

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Es ist kein imposanter Kulturpalast, keine stilvolle Villa, kein philharmonischer Konzertbau: Heimat der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen ist ein schmuckloser Schulzweckbau in einem schwierigen Stadtbezirk am östlichen Rande Bremens. In der Gesamtschule Bremen-Ost in Osterholz-Tenever – einer Großwohnsiedlung – liegt das Probendomizil des Orchesters. Hier ist ein Konzertsaal mit feiner Akustik integriert, der außergewöhnliche, ECHO-preiswürdige Aufnahmen erlaubt. Diese Schule ist auch Heimat und Gegenwart für 1.300 Schüler, deren Familien aus 90 Ländern stammen. 60 Prozent der Schüler haben einen Migrationshinter-grund, viele sind arm und sozial benachteiligt, leben von Hartz IV.

»Bei uns hat die Kultur ein Zu hause bekommen. Das spürt man tag täglich.«Franz Jentschke, Schulleiter der Gesamtschule Bremen-Ost

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Die Kraft einer SchuleBestnoten für die Gesamtschule Bremen-Ost

Sie ist die größte Gesamtschule in Bremen – und eine der besten Schulen in Deutschland, weil sie dem Lernen Flügel verleiht. Sagt die Robert-Bosch-Stiftung und zählt sie zu den Top-20 Schulen in Deutschland. Leistung, Umgang mit Vielfalt, Unter-richtsqualität, Verantwortung, Schulleben und Schule als lernende Institution sind die Kriterien dafür. Die GSO, die seit 2010 auch eine gymnasiale Oberstufe hat, wurde 1972 gegründet und ist eine integrierte Ganztagsschule. Die Schülerinnen und Schüler kommen vor allem aus Osterholz und aus den benachbarten Stadtteilen Mahndorf, Vahr und Oberneuland.

Die GSO kooperiert nicht nur mit der Deutschen Kammer philharmonie Bremen, sondern auch mit der Bremer Kunsthalle, mit dem Focke-Museum, mit dem SV Werder Bremen, der Jacobs University und mit Wissenschaftlern. Daraus erwachsen viele außer-gewöhnliche Projekte und Aktivitäten über das rein schulische Lernen hinaus in den Bereichen Kunst, Musik, Theater, Sport und Naturwissenschaften, beispielsweise das preisgekrönte ›Zukunftslabor‹. Für diese Partnerschaften bereiten eine engagierte Schulleitung und ein einsatzfreudiges Kollegium den fruchtbaren Boden. Sie geben Anstöße, sie experi mentieren, sie fordern und fördern. Welche Pädagogik möglich ist, zeigt die GSO.

It‘s showtimeAuf dem Weg zum Kult: die ›Melodie des Lebens‹

Wenn ein Kulturstaatsminister – in diesem Fall Bernd Neumann – ein bundesweites Modellprojekt im Bereich Kulturelle Bildung ausruft, lässt das aufhorchen. 2009 adelte er auf diese Weise das ›Zukunftslabor‹ für seine beispielhafte Arbeit. Aber was heißt das, wenn Phil-harmonie Schule macht? Wenn die Musiker nicht nur in der großen Welt – im Théatre des Champs-Élysées, in der New Yorker Carnegie Hall oder in der Londoner Royal Albert Hall – aufspielen, sondern auch in Bremen-Osterholz? Es heißt zum Beispiel: ›Melodie des Lebens‹. In diesem außergewöhnlichen Schulprojekt unter der künstlerischen Leitung des Entertainers, Sängers und Komponisten Mark Scheibe wird Musik zum Katalysator für individuelle persönli-che Entwicklungen und sie eröffnet neue Perspek-tiven.

›Melodie des Lebens‹ ist eine gemeinsame, bunte Bühnenshow von Profimusikern des Orchesters und schulischen Laiendarstellern der GSO; bislang zehn Stück hat es davon gegeben und sie sind schon kultig. Seit 2007 werden jährlich zwei Shows pro Schuljahr entwickelt. In ihnen geht es um Gedanken und Gefühle aus dem Alltag der Jugendlichen, um Höhen und Tiefen, um Risiken und Chancen. Die jungen Künstler verarbei-ten ihre Erfahrungen musikalisch und poetisch in Workshops mit Mark Scheibe. Ihre Arbeitsergebnisse sind erfrischend authentisch. Sie texten, singen, kompo nieren, tanzen.

Karten für die mitreißenden Shows, die auch per Live-Stream im Internet anzuschauen sind, sind immer schnell vergriffen. Doch dank der eigenen Website www.unsereShow.de ist das Projekt omnipräsent – und interaktiv. Wenn Showtime ist, verknüpft das Internet Tenever mit der ganzen Welt. Mittlerweile gibt es eine eigene Melodie-des-Lebens-Community.

»Tenever ist nicht so, wie ihr gedacht habt, so oft, wie ihr darüber gelacht habt: Tenever ist einfach geil – denn es ist unser Style!« lautet eine der frühen Liedpassagen. In den Zeilen klingt an, welches Poten-zial in der Zusammenarbeit und in dem Bühnen-abenteuer steckt. Die Lebenswelt der Jungen und Mädchen, nicht immer behütet, selten bürgerlich, von sozialen Härten geprägt, durchdringt jeden Song und jede Note der Show. Sie gibt ihnen eine eigene Platt-form, sich auszudrücken – und sie nutzen sie mit vollem Einsatz. Anstrengung lohnt sich.

Für die ›Melodie des Lebens‹ erhielt Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen die Auszeichnung ›Ausgewählter Ort 2008‹; auch ist sie Preisträger des Wettbewerbs ›Kinder zum Olymp‹. Was aber kein Preis der Welt auszudrücken vermag, ist dies: Dieses Projekt macht Hoffnung, dieses Projekt bietet außergewöhnliche Chancen.

0908 »In der Melodie des Lebens ist nicht alles Harmonie. Auch Abstieg und Enttäuschung gehör’n nun mal dazu,

keine Mühe ist vergebens und Verletzungen tun weh ... und die Melodie des Lebens wird immer weitergeh’n ...!«

Titelsong der ›Melodie des Lebens‹

Ein Stadtteil tobtVon Faust II bis Iolanta: »Du hast immer eine Wahl!«

Mit Goethe ging es los, dann kam Henning Mankell, es folgte Janosch, erst der Dichterfürst, dann die beiden so unterschiedlichen Literaten: Sie lieferten die Skripte für ein Musiktheaterprojekt, das einen ganzen Stadtteil zu mobilisieren vermag. Ausgerechnet diesen Stadtteil! »Wir sind stolz auf Osterholz«, wird am Ende von den Rängen skandiert. Ein Ort gewinnt an Selbstbewusstsein. Faust II, Afrika kommt!, Polski Blues – das sind die Namen, die einem neuen Kunst-Genre den Weg bahnen, der Stadtteil-Oper, mit mehreren hundert Mitwirkenden: Schüler und Eltern, Einwohner aus dem Stadtteil, Musiker und Schauspieler, Komponisten, Kostümbildner und Choreographen. Sie bringen mit Lust und Disziplin, Fleiß und Leidenschaft, Talent und Einsatz fesselnde Stücke auf die Bühne, die Publikum und Kritiker begeistern. Innovativ ist das Paten-Prinzip: Begleitet und unterstützt werden die Schüler von Paten aus dem Stadtteil. Das sind Träger einer bestimmten Profession, die einen thema tischen Bezug zum Bühnenstück, hilfreiche Hände oder kluge Ideen haben.

Am Anfang – im Schuljahr 2008/2009 – stand Faust II, kam Goethe nach OTe: eine zeitgenössische, an-spruchs volle Sprechoper von Karsten Gundermann mit Goethes Originaltext, moderner Musik und dem Schau spieler Dominique Horwitz, stimm- und aus-drucksstark, als Gaststar. Rund 500 reichlich bühnen-unerfahrene Schüler probten monatelang, bis sie ein fantasievolles Stück auf großer Open-Air-Bühne aufführten. So gut wie keiner von ihnen hatte zuvor Berührung mit klassischer Musik oder klassischer Literatur. Es wurde ein Happening, die Zuschauer waren ergriffen.

Für die zweite Stadtteil-Oper wurde – OTe ist ein multikultureller Ort – ein Nationenschwerpunkt im Sinne des Kulturaustausches gewählt, Afrika, genauer: Ghana. Auf dem ›Grünen Hügel‹ in Tenever wurde Henning Mankells ›Der Chronist der Winde‹ in ful-minantes Musiktheater verwandelt: ›Afrika kommt!‹.

Von Afrika nach Europa. Polen bildete das Herzstück der dritten Stadtteil-Oper im Schuljahr 2010/2011 in einem riesigen Zirkuszelt. Basis dafür war die Bühnen-fassung von ›Polski Blues‹ frei nach der gleichna migen Erzählung von Janosch, die tief in die polnische Seele – zwischen Pragmatismus und Melancholie schwankend – blickt, Werte wie Heimat, Freundschaft, Vorbilder aufgreift. Unter der musikalischen Leitung von Alexander Shelley und der Regie von Alexander Hauer mischten 18 Schulklassen mit – sowie Lehrer, Musiker natürlich, wiederum verschiedene Stadtteilgruppen und -initiativen.

Auch ›Iolanta‹ mit dem Schwerpunkt Russland im Jahr 2012 wird von der Leitidee der Stadtteil-Oper beseelt: Du hast immer eine Wahl! Unabhängig von ihrer sozia len Herkunft, ihrem Bildungshintergrund, ihren häus lichen Umständen erwerben sich die Projekt-betei ligten das Gefühl, die Welt um sich herum aktiv mit gestalten zu können. Die in diesem Projekt er fahrene Selbstwirksamkeit kann ein Anstoß sein, Chancen zu ergreifen und den eigenen Weg selbst bestimmt zu verfolgen.

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Das Projekt wird unterstützt von:

»Ich habe gelernt, dass

man immer eine Wahl hat. Und,

dass das Leben nicht immer einfach ist. Aber

man das Beste daraus machen kann.« Jasmin, Klasse 6.1

›Genial!‹ Klassik hautnah für Schüler und Jugend liche im MOKS

Vor dem Konzert alles über Beethoven und Mozart erfahren und anschließend die Musiker im Konzert live erleben. Das ist ›Genial!‹ Ein unvergessliches Erlebnis!›Genial!‹ ist eine Gemeinschaftsproduktion der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und des MOKS am Bremer Theater.

›Musikalische Schnitzeljagd‹Für kleine Entdecker:Spannung, Spaß und Bewegung inklusive

Die ›Musikalische Schnitzeljagd‹ wird von den Musikern der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen seit 1999 an wechsenlnden Orten veranstaltet. In Konzert häusern, Museen oder Rathäusern spüren junge Entdecker Klänge, Musiker und Instrumente auf, bevor alle Musi ker zum großen Abschlusskonzert zusammen kommen. Eine spannende Entdeckungstour für Kinder zwischen fünf und acht Jahren.

Erlebnisraum MusikDie Basis: vielfältige Education-Projekte der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

Begeisterung für Musik wecken, die Leidenschaft für Kunst entfachen, zum Hören verführen – oder einfach: Musik zu kommunizieren, das ist seit den Gründungs-tagen der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen vor 30 Jahren Herzenssache des Orchesters. Die Musiker haben eine ganze Reihe von Education- Pro jekten initiiert, um an dem, was sie so gut können, andere teilhaben und daran mitwirken zu lassen: Kinder, Schüler, Lehrer. Ganz nah und ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit Charisma und innerer Über-zeugung, mit neuen Formaten und offenen Türen. So wird Klassik ganz ›cool‹.

Es sind Projekte, die Musik nicht nur erklären, die Kunst nicht nur vorführen, sondern die Erlebnisräume für Musik schaffen, die Musik in all ihren Lesarten aufblättern, die zeigen wie Mozart oder Schubert, Stra-winsky oder Brahms, Schumann oder Beethoven getickt haben. Es sind Projekte, die zur eigenen Beschäftigung mit Musik inspirieren. Die Angebote sind offen für alle Schulen der Region und bilden die Basis für die vielfältigen partizipativen Projekte des Zukunftslabors. Der Blick richtet sich dabei nicht nur auf den Konzert-gänger von morgen. Musikerziehung stärkt die Kreativität und formt die Persönlichkeit, hat mithin eine gesellschaftliche Funktion.

›Response‹Musikunterricht einmal anders

Jeweils ein Komponist und ein Musiker kommen in eine Klasse, um mit den Schülern zu experimentieren und zu komponieren. In einem großen Abschlusskonzert werden die Kompositionen zusammen mit Musikern der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen vorgestellt.

In Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule, gefördert vom Senator für Bildung und Wissenschaft!

›Lehrerakademie‹Wie gestaltet man Unterricht lebendig, vielfältig und spannend?

Gemeinsam mit der Lehrerakademie Bremen, den Chaosforschern und Mathematikern des Centrums für Komplexe Systeme und Visualisierung der Universität Bremen (CeVis) und der bremer shakes-peare company bietet Die Deutsche Kammerphilhar-monie Bremen einen interdisziplinären Workshop an, der Fachlehrern aus ganz Deutschland Anregung und Anleitung für einen lebendigen, vielfältigen und spannenden Unterricht gibt.

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»Erzähle mir und ich

vergesse. Zeige mir und ich erinnere

mich. Lass mich tun und ich verstehe!« Konfuzius

Das Projekt wird unterstützt von:

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Ganz nah mit dabei Probenbesuche bei der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

Ein solches (Lern)Erlebnis vermitteln nur Probenbe-suche im Konzertsaal der Kammerphilharmonie in der Gesamtschule, so echt, unverkrampft, nah und an-regend. Musik wird er- und anfassbar. An die 50 Probentage pro Jahr ermöglichen dies, nicht nur für die Schüler, auch für Manager in Firmenseminaren oder für Sponsoren und andere Interessierte. Die Schüler werden auf die Probenbesuche sorgfältig vorbereitet: Sie werden durch das Probendomizil geführt, Instrumente werden vorgestellt, Musikstücke erläutert. Das machen die Musiker selbst. Nichts vermag stärker zu beeindrucken als solche Sinneseindrücke; nichts geht über das Original.

Wenn der Dirigent seinen Taktstock schwingt und beherzt die Tempi vorgibt, Streicher und Bläser aufspielen, sind die Schüler wie elektrisiert: Denn sie sitzen mittenmang des Orchesters, eines Orchesters, von dem die internationale Musikwelt schwärmt, sie sitzen zwischen Geige und Flöte, Fagott und Pauke, Kontrabass und Cello; sie blicken wie das gesamte Ensemble auf den Dirigenten und erleben, wie ein Meisterwerk entsteht: in konzen trierter, engagierter, disziplinierter, alltäglicher Arbeit, von Akkord zu Akkord eilend, von Motiv zu Motiv, Satz zu Satz.

Studie der Jacobs University Bremen belegt positive Effekte

Und das sind Jungen, nicht die ganz schwierigen, aber der »Mainstream der Problem gruppe«, so Boehnke. Sie kommen aus Elternhäusern mit wenig Ressourcen und wenig Bildungseifer. Diese Jungen erzielen bessere Noten, sind weniger in Schlägereien verwickelt, fühlen sich wohler an der GSO. Sie erleben, dass ihr Einsatz Früchte trägt; sie lernen eine Lektion fürs Leben.

Mädchen dagegen profitieren weitaus weniger von der Zusammenarbeit, haben die Sozialforscher heraus gefunden. Sie genießen zwar die Angebote und Aktivi täten, haben Spaß an der Musik, aber die Effekte sind weniger greifbar. Auch besagt die Studie, dass der kammerphilharmonische Radius noch größer gezogen werden sollte. Denn ein gutes Viertel der Schülerinnen und Schüler steht noch außen vor, nimmt nicht teil, hat keinen Kontakt zum Orchester. Das soll sich ändern; die≈ Studie gibt Anreize, die Wohngemeinschaft von Schule und Orchester intensiver zu gestalten und die Kooperation zu erweitern, um möglichst allen Schülern helfen zu können. Wenn sie denn wollen!

Welche Wirkung Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen an der Gesamtschule Bremen-Ost entfaltet, haben Sozial wissenschaftler der Jacobs University Bremen unter Leitung von Professor Klaus Boehnke in einer deutschlandweit einmaligen Längsschnittstudie untersucht. Ihr vorläufiges Fazit nach bisher zwei Erhebungen und Befragungen von rund 800 Schülern sowie Eltern und Lehrern: Das Engagement des Orchesters in der Schule stärkt die Schule als Ganzes, verbessert das Klassenklima, und es be-flügelt vor allem eine große Gruppe von Lernenden.

»Gesellschaftliche Veränderung fängt immer mit Außenseitern an, die spüren, was notwendig ist.« Robert Jungk, Schriftsteller und Zukunftsforscher

Alter

Positive Bewertungdes Klassenklimas

2007

Teilhabe an Projekten der Kammerphilharmonie

2007

Teilhabe an Projekten der Kammerphilharmonie

seit 2007

Positive Bewertung des Klassenklimas

2010

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.31

.49.50

Jungen

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Auszug aus der Studie der Jacobs University

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Das Buch zum Management­training der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen›Hochleistung braucht Dissonanz‹Was Teams vom 5-Sekunden-Modell der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen lernen können

Von CHRISTIAN SCHOLZ und ALBERT SCHMITT

Das 5-Sekunden-ModellEine neue Form des Managementtrainings

Neben schulischen Bildungspartnern lassen sich auch Unternehmen von der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen inspirieren. In Formaten wie dem kammer-philharmonischen 5-Sekunden-Modell, eine neue Form des Managementtrainings, steht Spitzenleistung in der Anschauung: Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen lässt sich in die Karten blicken und demon s-triert, was ihren Erfolg ausmacht. Wer sich mit ihren magischen fünf Sekunden befasst, lernt Hochleistung als genetischen Code kennen. Die Sekunde – in der Musik des westeuropäischen Kulturkreises der kleinste Abstand zwischen zwei Tönen – dient hier als Metapher für einen leistungsfördernden Spannungs zustand, der Energie und Kreativität frei setzt.

Dabei steht Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen nicht als Beispiel für eine strenge Hierarchie, sondern bietet Unternehmen ein lebendiges Beispiel für das virtuose Zusammenwirken von Einzel- und Gruppen-performance. Ein Weltklasse orchester wird zur Blaupause für Hoch leistung in Teams.

Das Modell beruht auf fünf Begriffspaaren: Notwendig-keit & Sinn, Hierarchie & Demokratie, Perfektion & Abenteuer, Energie & Konzentration, Erfolg & Spaß. Ausbalanciert geben sie den entscheidenden Kick, um stets Höchstleistungen zu erzeugen. Hochleistung gelingt nicht trotz Dissonanz, sondern Dissonanz wird zur Bedingung von Hochleistung. Disziplin als oberstes Prinzip, verbunden mit Struktur und Krea -ti vität, mit Leidenschaft, Spielfreude und Konfliktfähig-keit – das ist das Erfolgs muster der Kammerphil -har moniker und mithin ein einzigartiges Tool für die Personal- und Team entwicklung.

Probenbesuche Weltklassemusiker bei der Arbeit erleben

Besuch in der Werkstatt I Probenbesuch

Besuch in der Werkstatt IIProbenbesuch plus Präsentation des Unternehmens ›Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen‹

Besuch in der Werkstatt IIIProbenbesuch mit anschließendem Austausch mit den Musikern

Besuch in der Werkstatt IVProbenbesuch mit Live-Kommentar

Besuch in der Werkstatt V Die Bausteine I-IV lassen sich individuell auf die Bedürfnisse jedes Unternehmens abstimmen

Das ›5-Sekunden-Modell‹

Der Klassiker. Das weltweit erste Managementtraining für die Top-Führungsebene zum Thema Hochleistung. Mit Prof. Dr. Scholz, Albert Schmitt und dem gesamten Orchester

›5-Sekunden-Event‹

Auch für Großgruppen geeignet, erste Kontakt -auf nahme mit der Hochleistungs-Philosophie der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

Ein Hochleistungsteam hautnah

Konzerte der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

Hochleistung live und hautnah I Konzert der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit Einführung

Hochleistung live und hautnah II Konzert der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit anschließendem Kennenlernen der Künstler im Backstagebereich

Hochleistung live und hautnah IIIKonzert der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit einführendem Vortrag und anschließendem Kennenlernen der Künstler im Backstagebereich

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Viele große Unternehmen haben bisher die Gelegenheit genutzt, Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen aus der Nähe kennen zu lernen. Persönliche Begeg-nungen und inspirierende Gespräche sind neben herausragender Musik die Grundbausteine der Ver-anstaltungen. Begeisternde Vorträge, erklärende Einführungen und überraschende Lerntools ergänzen das jeweils maßgeschneiderte Angebot. So erhalten Führungskräfte eine neue Perspektive für ihre Arbeit durch Musik.

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen hat ein einzigartiges Portfolio entwickelt, dass eine gewinn-bringende Begegnung mit den Hochleistungsmusikern ermöglicht. Hier einige Beispiele:

Neue Perspektiven durch Musik für Unternehmen

Beste soziale Innovation 2007

»Die Deutsche Kammerphilharmonie macht ernst mit einem neuen Kulturbegriff. Ein Weltklasse-Ensemble und eine Schule unter einem Dach – das ist einmalig. Kultur als

Entwicklungsmotor einzelner Menschen, aber auch als Motor der Entwicklung von Gemeinschaften, wie dem Orchester, der Schule, dem Stadtteil oder der Stadtgemeinde.«

Jury des Zukunftsaward 2007

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Das ›Zukunftslabor‹ - Ausgezeichnet!

Impressum

HerausgeberDie Deutsche Kammerphilharmonie BremenKulturhaus Stadtwaage, Langenstr. 1328195 Bremen, Tel. 0421- 95 885 0

RedaktionAndrea Pfohl, Lisa Unterberg, Albert Schmitt

TexteDr. Christine Backhaus

Gestaltungone/one, Amsterdam/Bremen/Berlin

Druckmerlin druckerei

FotosJulia Baier Titel, S. 05, 14, 16, 20, Umschlag Innenseite hintenChris Christodoulou S. 05Markus Meier S. 07, 08, 13Petra Müting S. 19Jörg Sarbach Titel, Umschlag Innenseite vorne, S. 06, 07, 10, 12Winfried Schmitz S. 06

Grenzüberschreitung, klassischDie Kammermusikreihe der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen

Klassische Musik hat einen großen Fankreis und Liebhaber überall, aber es gibt auch viele Menschen, die Schwellenangst haben. Sie meiden Konzertsäle und gelangen so niemals in den Genuss von Live-Darbie tungen. Mit ihrer Kammermusikreihe in der ›Kammer-Philarmonie‹ der GSO sprengt Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen Grenzen. Ihr gelingt der Spagat, geübte wie ungeübte Konzert -be sucher zu begeistern: Die Menschen kommen aus der ganzen Stadt, aber besonders auch aus den umliegenden Stadteilen Osterholz-Tenever und Oberneuland, um die Kammerkonzerte zu hören.

Kammermusik gilt als die Wurzel für die besonderen Qualitäten des musikalischen Zusammenspiels der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und damit auch für ihre Erfolge auf internationalen Konzert-podien. In der Kammermusikreihe verbindet das Ensemble seine charakteristische tiefe musikalische Ernsthaftigkeit und hohe Intensität mit Neugier und Experimentier-freude. Hier präsentieren sich Orchestermitglieder im besten Sinne als ›Kammer-Solisten‹ und gehen dabei auf musikalische Entdeckungsreisen über alle Epochen hinweg. Sie wagen sich gern auf unbekanntes Terrain vor – nicht nur musikalisch, sondern auch sozial und gesellschaftlich.