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7 *Uzpzwe#--x-y:*9 2020/Nr. 1 CLASS : aktuell Andreas Woyke Zwischen Funkenflug und Feuer Christian Euler Viola Solo Andreas Sieling Sauer Orgel im Berliner Dom Zuzana Ferjencˇíková Gipfelsturm mit Liszt Norddeutscher Kammerchor Distler und Zimmermann Thomas Wise & Giorgos Kanaris Französische Lieder Mona Asuka Mozart MAGAZ IN

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  • 7 *Uzpzwe#--x

    -y:*9 2020/Nr. 1

    CLASS: aktuell

    Andreas WoykeZwischen Funkenflug und Feuer

    Christian Euler Viola Solo

    Andreas Sieling Sauer Orgel im Berliner Dom

    Zuzana Ferjenčíková Gipfelsturm mit Liszt

    Norddeutscher Kammerchor Distler und Zimmermann

    Thomas Wise & Giorgos Kanaris Französische Lieder

    Mona Asuka Mozart

    Magazin

  • WWW.FESTIVAL-BEGEGNUNGEN.DE

    TianwaYang13. – 16.8.2020

    Die Kasseler Musiktage präsentierendas Kammermusikfestival

    Tianwa Yang Violine | Erika Geldsetzer ViolineWen Xiao Zheng Viola | Liisa Randalu Viola

    Mikael Samsonov Violoncello | Oren Shevlin VioloncelloMarkus Becker Klavier | William Youn Klavier

    Kassel

  • CLASS : aktuell

    CLASS: aktuell 1/2020 Inhalt

    4 Andreas Woyke Ein Garant für Gänsehaut

    6 Andreas Sieling spielt Berliner Komponisten auf der großen Sauer Orgel im Berliner Dom

    7 Zuzana Ferjenčíková startet mit einer Liszt Gesamteinspielung

    8 Norddeutscher Kammerchor präsentiert Werke von Distler und Zimmermann

    9 Ioana Cristina Golcea & Theo Plath Junge Preisträger stellen sich vor

    Sir Simon Rattle & das BRSO Wagners Walküre live

    10 Christian Euler – Viola Solo Mutig – wirkungsvoll und verzaubernd

    11 Trio Parnassus gratuliert Christian Heinrich Rinck zum 250. Geburtstag

    12 Gerhard Siegel & Gabriel Dobner stellen spätromantische Kunstlieder vor

    Florian Fellmair zeigt einen ideenreichen und witzigen Beethoven

    13 Trio Roseau – Mozart Serenade

    14 Thomas Wise & Giorgos Kanaris Französische Lieder

    Mona Asuka spielt Klavierwerke von W.A. Mozart

    15 David Schollmeyer mit Bill Evans auf der Orgel

    16 Beethoven Orchester Bonn Klangstarke Beethoven-Box zum Jubiläum

    17 Im Blickpunkt Neuheiten vorgestellt von CLASS

    25 Festspielguide mit freundlicher Genehmigung von www.crescendo.de

    Lesetipp 28 Musik von Alexander Weprik 29 Venedig – Stadt der Musik

    Es gibt Musikzeitschriften, die sollten eigentlich gar nicht Musikzeitschriften

    heißen. Ich nenne sie die Musikverwaltungsblätter. In diesen Zeitschriften geht

    es nicht um Musik, jedenfalls nicht um die ertönende Musik selbst, nicht um

    das Hervorbringen und Erleben von organisiertem Klang. Es geht in ihnen nicht

    ums Komponieren, Spielen und Improvisieren. Nicht darum, wie wir Musik hören,

    fühlen und genießen. Diese Zeitschriften beschäftigen sich vielmehr nur mit

    der Organisation und Steuerung des Musiklebens. Da liest man von Musikver-

    bandspräsidenten und Musikspielstättenförderungen, von Wettbewerbs preis-

    trägern und Fachausschusstagungen und Vereinsreformvorschlägen. Man liest

    dort auch eine Menge zum Beispiel über Musikvermittlungsstrategien – oder

    eigentlich eher über Kongresse, Sitzungen, Symposien und Seminare, auf denen

    über Musikvermittlungsstrategien diskutiert wurde. Diese Zeitschriften leisten

    also quasi nur die Musikverwaltungs-Verwaltung.

    Musik ist Erleuchtung Musikpolitik ist grundsätzlich lebenswichtig, ganz klar. Aber eine Musikzeitschrift,

    die an Musik nur noch die bürokratischen Rahmenbedingungen wahrnimmt, als

    gehe es hier um die Durchstrukturierung von industriellen Herstellungsprozessen,

    hat sich längst von der Musik verabschiedet. Wenn ich mit den Redakteuren

    solcher Zeitschriften Kontakt habe, komme ich mir immer ganz rückständig vor.

    Ich bin nämlich jemand, der von Musik noch bewegt wird, auch von der Musik

    von vorgestern. Ich bin jemand, der täglich neue Hör-Entdeckungen macht, ständig

    in wechselnde Klangerfahrungen eintaucht, laufend von akustischen Ereignissen

    begeistert werden will. Jemand, der mit der Bewältigung des Klangerlebnisses

    Musik noch lange nicht zu Ende ist. Diese Verwaltungsredakteure aber – die

    sind längst fertig mit dem, was klingt.

    Ich denke mir oft: Der ethische Wert von Musik liegt doch eigentlich ganz in ihr

    selbst, in ihrem Ertönen und ihrem Gehörtwerden. Im Klangerleben gründet ihre

    kathartische Wirkung. Durch den Reiz der strukturierten Töne fördert sie unsere

    Empathie. In ihrer ästhetisch gestalteten Vielfalt wird sie zum Modell für die

    friedliche Koexistenz von Gegensätzen. Es ist diese ethische Überzeugungskraft,

    die rechtfertigt, dass wir der Musik Fachverbände, Fachausschüsse und Wett be-

    werbe widmen. Wenn eine Musikzeitschrift also das Klangerlebnis selbst nicht in

    den Mittelpunkt stellt, beraubt sie sich ihrer eigenen Daseinsberechtigung. Wenn

    wir Musik behandeln, als ginge es nur um die Optimierung von Unternehmens-

    abläufen, Betriebsstrukturen und Fabrikationsstrecken, haben wir das alles

    Entscheidende verpasst. Musik ist vor allem Erleuchtung – nicht Kulturwirtschaft.

    Mir ist es wichtig, dass eine Musikzeitschrift von Musik handelt. Vom Vergnü-

    gen der Töne, vom Erlebnis klanglicher Abläufe, von den Ideen der inneren

    Komposi tion. Mir ist es wichtig, dass sich Menschen – Komponisten, Interpreten,

    Hörer – austauschen über ihr Musikempfinden, über die Wirkung der Klangfarben,

    der Rhythmen, der Harmoniewechsel, über ihre Begeisterung, ihre Erschütte-

    rung, ihr Glück.

    Auch Ihnen wünsche ich von Herzen, dass Sie liebe Mitmenschen haben, mit denen zusammen Sie Musik hören und darüber reden können.

    IhrHans-Jürgen Schaal

    CLASS: aktuell -Magazin 2020/1 3

    Impressum

    Herausgeber/Verlag: CLASS e.V. Association of Classical Independents in Germany Bachstraße 35, 32756 Detmold Tel. 05231-938922 | [email protected]

    Redakteur (v.i.S.d.P): Dr. Rainer Kahleyss Titel-Foto: © Christian Jungwirth Grafische Gestaltung: Ottilie Gaigl Druck: Westermann Druck, Braunschweig

    Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

    Druckauflage: 120.000 Exemplare | Alle Tonträger dieser Ausgabe finden Sie auch unter www.bielekat.de

    Sehr geehrte Leserinnen und Leser, ab sofort können Sie CLASS: aktuell auch mit Hilfe einer App lesen. Den abgebildeten QR-Code bitte für das Betriebs system IOS von Apple und Android von Google benutzen.

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  • CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    M it diesen Worten schließt Attila Csampais Rezension über Andreas Woykes 2018 bei ARS erschienene CD „Festas Suramericanas“. Das von der internationalen Fachpresse begeistert auf-genommene Album mit Klavierwerken von Heitor Villa-Lobos und Alberto Ginastera ist mit dem Supersonic Award sowie Nominierun-gen für ICMA und Opus Klassik ausgezeich-net. „Mit unglaublicher Virtuosität und un-gestümem Drängen entfacht Andreas Woyke in seinem Klavier eine elektrisierende Mu-sik, die den Teufel in der Hölle erschrecken dürfte“, so Remy Franck (pizzicato) über die Einspielung, dessen Herzstück Villa-Lobos‘ extrem schwieriges „Rudepoema“ ist. Elek-trisiert hat Villa-Lobos den Pianisten durch dessen Brasilien-Reisen.

    v  ARS Produktion ARS 38 260 (Hybrid-SACD)

    r ARS Produktion ARS 38 258 (Hybrid-SACD)

    4

    „Diese Musik, fasziniert mich vor allem

    aufgrund ihrer Kontraststärke und besonders

    ihrer orchestralen Farbenwelt.“

    Mit Alberto Ginastera ist Andreas Woyke seit seiner Jugend vertraut – zwei seiner Lehrer waren Argentinier.

    „Ginasteras früher Kompositionsstil ist

    akademischer und weniger zügellos, dennoch

    ebenso energiegeladen. Das ganze Album ist

    ein schöner Spiegel der südamerikanischen

    Mentalitätsvielfalt.“

    Ein doppelter kreativer Funkenflug | CD

    Ebenfalls 2018 veröffentlichte der deut-sche Wahlösterreicher Andreas Woyke das Album „Braiding Chopin“(ARS), in welchem er

    Werke des Romantikers mit seinen eigenen jazz-beeinflussten Kompositionen in einen spannenden Dialog setzt und so ein neues, dramaturgisches Gesamtkonzept schafft – ähnlich dem seiner früheren CD „Braiding Bach“ (ARS, 2008).

    Ein „kreativer Funkenflug“ – so Martin Gasser in einer Rezension – ist Woykes Schaffen in der Tat, betrachtet man allein dessen Vielseitigkeit: Solist und Kammer-musiker, Klassiker und Jazzer, Komponist und Improvisator, ausübender Musiker und Lehrer.

    „Auftreten und Lehrtätigkeit sind zwei Kom

    ponenten, die sich gegenseitig sehr befruchten

    – ich kann meinen Studierenden immer neue

    Erfahrungen aus meinem Auftrittsleben mit

    geben und schöpfe gleichzeitig wert volle Inspi

    ration aus meiner Arbeit mit ihnen“,

    so Woyke, der an der Kunstuni Graz eine Kammermusikklasse betreut und ab und zu für diese auch komponiert.

    Ready for departure | Konzertleben

    Das Konzept seiner Braiding-Alben bringt Andreas Woyke regelmäßig ins Konzertleben ein. Aber auch im klassischen Mainstream ist er äußerst erfolgreich. Seine Tourneen füh-ren ihn rund um den Globus, vom amerikani-schen Kontinent bis nach Fernost. In euro-päischen Konzerthäusern wie Musikverein Wien, Gasteig München, Philharmonie Köln ist er ebenso zu hören wie in internationa-len Sälen – Townhall New York, State Theatre

    CLASS : aktuell

    Ein fesselndes Hörabenteuer

    Ausgewählte Konzerte 2020

    20. 06. 2020 Graz, Kasemattenbühne

    22. 07. 2020 Ljubljana

    29. 09. 2020 Brasília, Teatro Claudio Santoro

    19. 10. 2020 Wien, Odeontheater

    www.andreas-woyke.com

  • CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Painting Acts von Maler*innen, mal zu Stummfilmen – wie z.B. Dziga Vertovs Epos „Der Mann mit der Kamera“ (1929), ein in Schnitttechnik und Animation kompromiss-loser Spiegel russischen Alltags.

    „Dieser Film widerspricht jeglichem Stumm

    filmKlischee und verlangt vom Musiker über

    70 Minuten äußerste Intensität und Gestal

    tungskraft – ein für das Publikum wie für

    mich selbst sehr spannendes Erlebnis!“

    Gänsehaut pur erlebten auch die knapp 200 000 Besucher*innen der AirPower 2019. „Woyke 7 – AirPower unplugged“ hieß das Projekt, in dem der Pianist live zu einer Kunstsegelflug-Vorführung improvisierte.

    „Normalerweise fliegt Team Blanix zu einem

    CDSoundtrack, der präzise auf das Flugpro

    gramm abgestimmt ist. Muss dieses aufgrund

    unvorhergesehener Wetter si tua tio nen kurzfristig

    verändert werden, wird ein perfekt zur Musik

    synchroner Ablauf schwierig. So kam Display

    Organisator Dieter Springer mit der LiveImpro

    Idee auf mich zu – ein in dieser Form weltweit

    nie da gewesenes Projekt, und auch für mich

    einzigartig in meiner bisherigen Laufbahn!“

    On cue | Jazz

    Den Anstoß, sich dem Jazz zuzuwenden, gaben Woyke zwei einschneidende Hörer-fahrungen: Die Aufnahme des berühmten

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    elli Pretoria, Oriental Arts Center Shanghai oder

    Sala Sao Paulo – dort zuletzt unter Leitung der brasilianischen Musikerlegende Joao Carlos Martins, dessen bewegende Lebensgeschich-te ihn schon seit langem fasziniert. Zu weite-ren Dirigenten seiner Laufbahn zählen Kazushi Ono, Gerard Korsten oder Heribert Beissel.

    Von seinen Reisen kehrt er stets mit spannenden Erfahrungen zurück.

    „Konzertreisen sind oft zeitlich zu knapp

    bemessen, um ein Land eingehender kennen

    zulernen. Aber sowohl im Dialog mit den je

    weiligen Veranstaltern als auch dem Publi

    kum lernt man viel über seine Mentalität.“

    Passion nicht nur für Tango | Kammermusik

    Ein wichtiger Teil seines Künstlerlebens ist die langjährige Zusammenarbeit mit dem Cellisten Friedrich Kleinhapl, mit dem zu-sammen etliche preisgekrönte CDs bei ARS vorliegen. Neben klassischem Standard-repertoire fällt hier vor allem das Album ‚Pasión Tango‘ auf (ARS, 2014).

    „Die Vorbereitung auf dieses Album war

    spannend, da Astor Piazzollas ‚Grand Tango‘

    die einzige bekannte TangoOriginalkomposi

    tion für Cello und Klavier ist. Fast alle anderen

    Stücke auf der CD sind Arrangements, die wir

    selbst weiterbearbeitet haben. Unser gemein

    sames Musizieren hat sich im Laufe der Zeit

    zu blindem Verstehen entwickelt und bezüg

    lich unseres Zugangs zur Musik sind wir auf

    einer Wellenlänge. Und das TangoProgramm

    bietet mir viel Raum für Improvisation.“

    Woyke 7 | Improvisation

    Ein Aspekt, der in Andreas Woykes Leben unverzichtbar ist und den er für alle Mu-siker*innen als wichtig erachtet, gerade die Klassischen.

    „Es hilft enorm bei der eigenen Stilfindung.

    Und man darf nicht vergessen – viele der großen

    Komponisten wie Bach, Beethoven, Chopin

    oder Liszt improvisierten meisterhaft.“

    Der Blick auf Woykes Improvisations-projekte mutet spannend an: Mal zu Live-

    ARS Produktion ARS 38 161 (Hybrid-SACD)

    5

    „Köln Concert“ von Keith Jarrett (ECM, 1975) und ein Live-Auftritt von Al di Meola.

    „Später im Studium lernte ich viele Jazz

    Kolleg*innen kennen, mit denen ich zusam

    menspielte und dabei ebenso viel lernte wie

    durch das Hören der JazzGrößen, die mir ne

    ben den Genannten auch heute stetige Inspi

    rationsquellen sind: Pat Metheny, Lyle Mays,

    Miles Davis, John Coltrane, Chick Corea, Herbie

    Hancock und nicht zuletzt Friedrich Gulda,

    dessen grenzüberschreitenden Konzerte mich

    sehr beeinflusst haben.“

    Heute spielt er regelmäßig in verschie-denen Besetzungen von Duo über Combo bis hin zum stilistisch vielfältigen Pianisten-Ensemble „pianoARTventure“.

    Dankbarkeit | Menschen

    Derer sind viele, die Andreas Woykes Werdegang unterstützend begleitet haben – angefangen bei den Eltern, die seine Bega-bung früh entdeckten, und seinen Mentoren.

    „Meine Lehrer Siegfried Fiedler, Pal Molnar,

    Aldo Antognazzi und Julio Largacha haben

    mir eine fundierte Ausbildung in meiner Hei

    matstadt Siegen gegeben, bevor Pavel Gililov

    in Köln und Rudolf Kehrer in Wien mich auf

    dem Weg zum eigenen Stil weiter prägten.

    Ihnen allen gegenüber empfinde ich große

    Dankbarkeit – und natürlich all jenen Men

    schen, die mich gegenwärtig unterstützen.“

    In einem so vielfältigen Musikerleben bleibt wenig Zeit für Anderes. Woyke nimmt sie sich, wann immer er kann. Er fotografiert gerne, betreibt grafisches Design, liebt die Natur, philosophiert gerne mit seinen beiden Kindern oder Freunden über das Leben – und natürlich immer wieder über die Musik.

    Gerfried Gombocz

    „Als Musiker hat man das Glück,

    das, wofür das Herz am meisten brennt,

    als seinen Beruf ausüben zu können.

    Besser geht es doch nicht, oder?“

  • 6CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Berlin! Orgelwerke Berliner Komponisten

    Felix Mendelssohn Bartholdy, Otto Dienel,

    August Haupt, Philipp Rüfer und Franz Wagner

    Andreas Sieling an der Sauer Orgel im Berliner Dom

    MDG 946 2161-6 (Hybrid - SACD) Weitere Einspielungen:

    R asant entwickelte sich Berlin im 19. Jahrhundert vom schlammigen Pro-vinznest zur Metropole von Weltrang. Im selben Tempo ging es mit Kunst und Kultur bergauf, und auf dem Gipfelpunkt errichtete Wilhelm Sauer sein prachtvolles Orgelwerk, das 1905 gemeinsam mit dem Berliner Dom geweiht wurde. Domorganist Andreas Sieling hat aus dieser überaus fruchtbaren Gold-gräberzeit exklusive Berliner Orgelmusik zu-sammengetragen, darunter einige Erstauf-nahmen – und eine unerwartete Zugabe, die berlinerischer nicht sein könnte.

    Felix Mendelssohn darf da natürlich nicht fehlen. Drei Präludien und Fugen op. 37 des Ur-Berliners sind die ältesten Beispiele auf dieser liebevoll produzierten Super Audio CD. Orgelunterricht erhielt Mendelssohn beim Marienorganisten August Wilhelm Bach, der wie kein anderer die Berliner Kirchenmusik über Jahrzehnte prägte. Auch Otto Dienel lernte bei ihm; für seine populären „Orgel-vorträge“ zur Mittagszeit verknüpfte er ge-schickt klassische Formen wie die Choral-

    sierte als Abschrift unter der Hand, bis ein ehemaliger Schüler in den USA eine Edition besorgte. Rüfer war auch als Lehrer sehr gefragt; Karl Straube und Albert Becker ge-hörten zu seinen Schülern.

    Andreas Sieling kann an „seiner“ Sauer Orgel aus dem Vollen schöpfen: 113 Regis-ter auf 4 Manualen und Pedal ermöglichen einen Farbenreichtum sondergleichen. Die hervorragend eingerichtete pneumatische Traktur erlaubt virtuoses Spiel auch bei voll-griffigen Akkorden; der samtig-volle Klang des meisterhaften Instruments bringt die Qualität der Kompositionen besonders gut zur Geltung – am besten natürlich in echten drei Dimensionen der 2+2+2-Wiedergabe zu erleben. Und dann ist da ja auch noch die Zugabe, die (und nur das sei hier verraten) dem opulenten Klangkolorit des Domes noch weiter die Tore öffnet… Lisa Eranos

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    Öffnet die Tore weit Andreas Sieling spielt an der großen Sauer Orgel im Berliner Dom

    bearbeitung mit programmatischen Klängen.Franz Wagner, August Haupt und Philipp

    Rüfer dürften auch Eingeweihten heute kaum mehr bekannt sein. Dabei waren alle drei zu Lebzeiten äußerst erfolgreich. Haupts Konzertfuge, hier erstmal eingespielt, kur-

    MDG 606 1630-2 MDG 946 1740-6 (Hybrid - SACD)MDG 946 1514-6 (Hybrid - SACD) MDG 606 1572-2

    Aktuelle Konzerte: Andreas Sieling

    17. 04. 2020 Friedenskirche Krefeld (mit Ben Becker)

    15. 05. 2020 Gedächtniskirche Speyer

    30. 05. 2020 Berliner Dom, Das Bach-Projekt XI. Konzert: Bach und Pfingsten

    17. 06. 2020 London, Westminster Cathedral Werke von Muffat, Liszt und Tournemire

    03. 07. 2020 Berliner Dom, Das Bach-Projekt XII. Konzert: Bach im Spiegel der Romantik

    www.organist.de

    CLASS : aktuell Sauer Orgel Berliner Dom

  • 7CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    CLASS : aktuell

    D as hätte Franz Liszt sicher sehr ge-fallen: Für die erste Folge der Ge-samteinspielung aller Lisztschen Orgelwerke hat sich Zuzana Ferjenčíková das großartige Aloys-Mooser-Instrument in der Kathedrale zu Fribourg ausgesucht. Liszt selbst ist 1836 gemeinsam mit George Sand nach Fribourg gereist, um sich die Orgel prä-sentieren zu lassen; inspiriert von diesem Wunderwerk entstanden in der Folge immer wieder Kompositionen und Bearbeitungen für die Orgel, deren Klanggestalt sich mit der Ent-wicklung des Orgelbaus weiterentwickelte.

    Überraschung gleich zu Beginn: Das be-rühmte Präludium und Fuge über B-A-C-H prä-sentiert Ferjenčíková in der selten gespielten Urfassung, die der Liszt-Schüler Alexander Winterberger 1856 im Merseburger Dom zur Uraufführung gebracht hat. Das schroffe Auf-einandertreffen von wuchtigen Akkorden und brillanter Virtuosität hat Liszt 15 Jahre später zugunsten filigraner Detailarbeit gemildert – ein Grund mehr, der hier eingespielten Rarität mit besonderer Aufmerksamkeit zu begegnen.

    Ein weiteres Schwergewicht schließt diese erste SACD ab: Einleitung, Fuge und Magni-ficat aus der Symphonie zu Dante´s Divina Commedia zeigen Liszts große komposito-rische Meisterschaft, die drei Stadien des Jenseits, die auch als Allegorie auf das menschliche Streben allgemein gedeutet werden können, sind motivisch eng mitein-

    Gipfelsturm Zuzana Ferjenčíkovás Liszt Edition im authentischen Klang

    ander verknüpft und gipfeln in fulminanter Klangpracht. Den choralartigen Trauergesang nach dem eröffnenden Rezitativ registriert Ferjenčíková mit Moosers berühmter Voix humaine, für die der Meister des frühroman-tischen Orgelbaus einen eigenen Schwell-kasten konstruiert hat.

    Wie weit Liszts Interesse an Musik seiner Zeitgenossen und früherer Generationen reichte, lässt sich an Ferjenčíkovás Programm-auswahl trefflich ablesen. Da finden sich Be-arbeitungen von Bach bis Otto Nicolai, sowie

    als besonderes Schmankerl, ein Regina coeli laetare von Orlando di Lasso. Als Bonus gibt´s das gleich zweimal, nämlich zusätzlich auf der historischen Manderscheidt-Orgel aus dem 17. Jahrhundert. Wie das Mooser-Instrument ist auch diese besondere Orgel in allerfeinster SACD-Technik aufgenommen und in voller Klangpracht am besten in 3D zu bewundern. Klaus Friedrich

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    Aloys-Mooser-Orgel, Cathédrale Saint-Nicolas

    Franz Liszt (1811 -1886)

    Sämtliche Orgelwerke – Volume 1

    Zuzana Ferjenčíková, Aloys-Mooser-Orgel

    Cathédrale Saint-Nicolas, Fribourg (CH)

    MDG 906 2140-6 (Hybrid-SACD)

    Weitere Einspielung:

    Jean Guillou (1930-2019):

    Orgelwerke – Volume 1

    Fantaisie op. 1/1954; Säya (L’Oiseau bleu) op. 50/1993Hymnus op. 72 /2008; Tableaux d’une Exposition Pictures at an Exhibiton/Bilder einer Ausstellung(transkribiert von Jean Guillou 1988)

    Stahlhuth -Jann-Orgel St. Martin, Dudelange (LU)

    MDG 906 2089-6 (Hybrid-SACD)

    Aktuelle Konzerte: 18. 04. 2020 St. Peter und Paul, Ratingen – Festkonzert zu Jean Guillous 90. Geburtstag

    27. 06. 2020 „250 Jahre Hölderlin“, Nürtingen

    13. 08. 2020 Große Walcker-Orgel (1916), Doesburg (NL)

    23. 09. 2020 Hoher Dom zu Essen

    24. 05. 2021 Konzerthaus Berlin

    www.ferjencikova.info

  • 8CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    CLASS : aktuell

    Musikalische Erneuerung zwischen Gloria und Jazz

    Der Norddeutsche Kammerchor präsentiert Distler und Zimmermann

    H ugo Distlers Verdienste um die evan-gelische Kirchenmusik des 20. Jahr-hunderts sind kaum zu überschätzen. Seine klare, von Leichtigkeit und Transpa-renz geprägte Tonsprache wurde prägend für Generationen von Kirchenmusikern und Komponisten. Mit dem bestens aufgeleg-ten Norddeutschen Kammerchor hat Maria Jürgensen nun ein Programm aus Distlers „Liturgischen Sätzen“ im reinsten A-Cappella-Klang eingespielt, dazu im ergänzenden Kontrast Heinz-Werner Zimmermanns jazz-inspirierte Chorvariationen über Distlers „Nürnberger Großes Gloria“.

    Den „Liturgischen Sätzen“ liegen originale lutherische Melodien aus der Zeit der Refor-mation zugrunde. Die verschiedenen Kyrie- und Gloria-Gesänge des 16. Jhs. finden bis heute Verwendung im lutherischen Gottes-

    dienst. In Distlers ein- bis sechsstimmigen Sätzen aus op. 13 steht immer der Text im Vordergrund, ungewohnte und spannende Harmonik ergibt sich immer wieder aus einer sehr individuellen, wortbezogenen Stimm-führung.

    Die rhythmischen Finessen dieser jahr-hundertealten Musik hat Zimmermann auch und gerade in Distlers Fassung des „Nürn-berger Großen Glorias“ fasziniert. Der sta-tische Choral wird unter der freien Sopran-Oberstimme zum „Walking Bass“ – ein grandioser Effekt! Das umfangreiche Varia-tionswerk, das von Sprechgesang bis zur

    Wohl uns des feinen Herren

    Werke von Hugo Distler und Heinz Werner Zimmermann

    Christina Roterberg, Sopran | Arvid Gast, Orgel

    Norddeutscher Kammerchor, Maria Jürgensen

    MDG 902 2156-6 (Hybrid-SACD) Psalmodie allerhand kontrapunktische Virtuo-sität aufweist, endet in großartiger, mit Blues-anspielungen gefärbter Steigerung.

    Ergänzt wird das ambitionierte A-Cappella-Programm in einer 3-D-Neuaufnahme aus der Klosterkirche in Cismar durch die Orgel-sonate op. 18 sowie die Drei Geistlichen Konzerte für Sopran und Orgel op. 17, in denen die Orgel mit dem Gesang im dekla-matorischen Dialog zu stehen scheint. Christina Roterberg und Arvid Gast treffen den Tonfall dieser filigranen Musik perfekt, die in feinster Super Audio CD-Technik an Distlers Lübecker Wirkungsstätte, an der historischen Stellwagen-Orgel in St. Jakobi, eingefangen wurde. Klaus Friedrich

    Heinz Werner Zimmermann und Hugo Distler

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    Aktuelle Konzerte: 01. 05. 2020 Stiftskirche Stuttgart

    02. 05. 2020 Stadtkirche Durlach

    31. 07. 2020 | 01. 08. 2020 Stadtkirche Ludwigslust„Ein Fest für die Ludwigsluster Klassik“ – Konzerte im Rahmen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern

    21. 11. 2020 Højer Kirke (Dänemark)

    22. 11. 2020 Kirche Hamburg-Sinstorf

    www.norddeutscherkammerchor.de

    MDG 902 1694 - 6 (Hybrid-SACD) MDG 902 1829 - 6 (Hybrid-SACD) MDG 903 2004 - 6 (Hybrid-SACD)

  • CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    CLASS : aktuell

    9

    D ie Edition Primavera bei Genuin hat sich als wahre Talentschmiede herausgestellt: Seit 2007 sind bei Genuin 44 Preisträger-CDs des Deutschen Musikwettbewerbs erschienen, u.a. mit Ni-colas Altstaedt, Nils Mönkemeyer, Andreas Martin Hofmeir oder Simon Höfele. Viel ver-sprechen dürfen wir uns auch von den bei-den Wettbewerbspreisträgen 2018, Ioana Cristina Goicea und Theo Plath.

    Die junge rumänische Geigerin Ioana Cristina Goicea und ihr Landsmann und Kla-vierpartner Andrei Banciu lassen die spät-romantischen Werke von Richard Strauss, Erich Wolfgang Korngold und eine Welterst-einspielung von Stan Golestans Violinsona-te in allen Farben leuchten – romantischer Überschwang im besten Sinne des Wortes. Als Duo musizieren die beiden seit dem Studium in Leipzig 2012.

    Theo Plath wiederum knüpft sich Fagott-konzerte verschiedener Epochen vor. Gemein-sam mit der Deutschen Radio Philharmonie unter Leo McFall stellt er romantische Fa-gottkonzerte von Carl Maria von Weber und Bernhard Crusell zwei modernen, französi-schen Kompositionen von Marcel Bitsch und André Jolivet gegenüber. Plath zeigt hier ein-drücklich ein weites Spektrum der Ausdrucks-möglichkeiten des Fagotts, das auch heute noch als Soloinstrument wenig bekannt ist. Karin Hesse

    Junge Preisträger Der virtuose Fagottist Theo Plath und die rumänische Geigerin Ioana Cristina Goicea

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    B ei BR-KLASSIK erschien 2015 der konzertante Mitschnitt von Richard Wagners Oper „Das Rheingold“. Er war Dokument von Sir Simons Gastspiel beim Symphonieorchester des Bayerischen Rund-funks. Die Aufnahme wurde allgemein als Referenz wahrgenommen, zumal hierbei auch eine exquisite Riege von Spitzensolis-tinnen und -solisten zur Verfügung stand.

    Zu jenem Zeitpunkt war bereits klar, dass Rattles „Rheingold“ der Auftakt für die ge-samte Opern-Tetralogie „Der Ring des Nibe-lungen“ werden würde. Und so ging die Ko-operation zwischen Sir Simon Rattle und dem BRSO in Sachen Wagner im Februar 2019 in eine weitere Runde. Daraus resul-tierend liegt nun „Die Walküre“ vor: Erneut mitgeschnitten bei konzertanten Aufführun-gen, erneut mit einer handverlesenen Be-setzung. Die Live-Konzerte wurden von der Fachpresse enthusiastisch gefeiert, und es ist kaum vorstellbar, dass diese Albumver-öffentlichung auf andere Reaktionen sto-ßen könnte. Dies ist eine Opernveröffentli-chung, wie man sie heute nicht mehr häufig findet: Bis in die Nebenrollen exquisit be-setzt, wunderbar und namhaft dirigiert und ausgestattet mit einem perfekten Aufnah-meklang! René Brinkmann

    Winning-Team: Sir Simon Rattle und das BRSO

    Richard Wagner: Die Walküre BRSO, Sir Simon RattleStuart Skelton, Eric Halfvarson, James Rutherford, Eva Maria Westbroek, Iréne Theorin, Elisabeth Kulman, u.a.BR 900177 (4 CDs)

  • 10CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Viola Solo

    Max Reger: Suite op. 131d

    Paul Hindemith: Sonate (1937)

    Alfred Pochon: Passacaglia

    Igor Stravinsky: Elegy

    Christian Euler, Viola

    MDG 903 2160-6 (Hybrid-SACD)

    C hristian Euler wagt, was sich nicht viele trauen: Eine ganze Stunde Musik mit Bratsche allein, ohne Be-gleitung. Eulers voller, warmer und überaus differenzierter Ton trägt durch dieses an-spruchsvolle und dennoch kurzweilige Pro-gramm, das neben einigen „Klas-sikern“ auch mit der einen oder anderen Rarität aufwarten kann.

    Als Wettbewerbsstück ist Alfred Pochons Passacaglia entstanden. Bachs große Chaconne für Violine solo ist bis ins Detail unverkenn-bar das Vorbild, und dennoch findet Pochon, der als Kammermusiker

    in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhun-derts beachtliche Erfolge feiern konnte, ei-nen echt bratschengemäßen Tonfall. Eulers dichte Tongebung macht aus diesem sicher-lich nur nebenbei entworfenen Werk ein ganz besonderes, opulentes Klangerlebnis.

    Auch Reger orientierte sich – wie sollte es anders sein – an Bach und gibt mit gleich drei Solosuiten für Viola diesem Ins-trument eine besondere Empfehlung. Die immensen tech ni schen Anforderungen meis-tert Christian Euler natürlich mit Bravour; darüber hinaus gelingt es ihm, den harmo-nisch immer wieder kühnen Satz musika-lisch sehr sinnvoll zu erfüllen, sehr zum Vorteil dieser unterschätzten Kostbarkeiten.

    Und natürlich Hindemith – die Viola war ja sein ureigenstes Instrument und trotz ambi-tionierter Tonalität orientiert er sich bis Mitte des 20. Jhts. immer noch an den klassischen Vorbildern. Einen besonderen Höhepunkt er-reicht diese Veröffentlichung mit Strawinskys Elegie: Sie ist konsequent zweistimmig und dennoch stilistisch weit entfernt von Bach oder Reger. Hier eröffnet Strawinsky einen ganz neuen Klangkosmos, der in der dreidi-mensionalen Wiedergabe dieser in feinstem Akustikklang aufgenommenen Super Audio CD einfach nur verzaubert. Klaus Friedrich

    Henri Vieuxtemps

    (1820 -1881)

    Werke für Viola

    und Klavier

    MDG 903 2063-6

    (Hybrid-SACD)

    Paul Hindemith

    (1895 -1963)

    Sonaten für Viola

    und Klavier

    op. 11,4 & op. 25,4

    Solosonaten

    op. 11,5 & 25,1

    MDG 903 1952-6

    (Hybrid-SACD)

    Englische Musik

    für Viola und Klavier

    Arnold Bax: Sonata

    Arthur Bliss: Sonata

    Ralph Vaughan

    Williams: Suite

    MDG 903 1796-6

    (Hybrid-SACD)

    Weitere Einspielungen von Christian Euler

    mit Paul Rivinius am Klavier:

    Mutig. Wirkungsvoll. Verzaubernd …

    Christian Euler präsentiert sein

    Programm Viola Solo

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  • 11CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    CLASS : aktuell

    Christian Heinrich Rinck

    (1770 - 1846)

    Kammermusik – Vol. 1

    Klaviertrios op. 32

    Sonate D-Dur

    Trio Es-Dur

    Violinsonaten

    „très faciles“ Nr. 1-3

    Trio Parnassus

    MDG 903 2171-6

    (Hybrid-SACD)

    Weitere Einspielungen:

    Bernhard Molique

    (1802 - 1869)

    Kammermusik – Vol. 1

    MDG 303 2116-2

    Kammermusik – Vol. 2

    MDG 303 2132 - 2

    E s muss nicht immer Beethoven sein: Auch Johann Christian Heinrich Rinck feiert in diesem Jahr seinen 250. Ge-burtstag. Zu Lebzeiten hochgeschätzt und mit Auszeichnungen überhäuft, ist seine Mu-sik nahezu vollständig in Vergessenheit gera-ten. Das Trio Parnassus hat sich mit Rincks Oeuvre für Kammermusik auseinandergesetzt und entdeckte dabei einen Komponisten, der auf höchst individuelle Weise rokokohafte Ele-ganz mit romantischen Einfällen verbindet.

    Schon in der äußeren Form seiner Werke erweist sich Rinck als unabhängiger Geist: Die drei Klaviertrios op. 32 umfassen nur jeweils zwei Sätze, die „Sonate“ D-Dur für Klaviertrio besteht gar nur aus einem einzi-gen. Den verschollenen Cellopart der Sonate hat Ulrich Rasche anhand der Bassfiguren des Klavieres rekonstruiert. Grüblerisches Auswalzen von Themen und Motiven ist Rinck fremd; in oft knappen Dimensionen entfaltet er eine luftige Leichtigkeit, die aber immer wieder von überraschenden Bre-chungen konterkariert wird.

    Vielleicht ist es dieses Unbeschwerte, das Rinck dazu veranlasste, die hier einge-spielte Violinsonate mit dem Zusatz „très facile“ zu versehen. Das Fehlen technischen Anspruchs kann es jedenfalls nicht gewe-sen sein, denn sowohl Klavier als auch Vio-line haben immer mal wieder, besonders im

    Zum 250. Geburtstag Das Trio Parnassus entdeckt Christian Heinrich Rinck

    charmanten Variationssatz, alle Hände voll zu tun. Mozart ist bei diesem frühen Werk nicht weit.

    Das abschließende Trio in Es-Dur ent-spricht mit seinen drei Sätzen dann am ehesten klassischen Formvorstellungen. Mit langsamer Einleitung und ausdrucksstarken Harmonien kommt dieses gewichtige Werk Beethovens Tonsprache sehr nahe. Damit ist diese im feinsten 3-D-Klang aufgenommene SACD eine sehr willkommene Erweiterung des geburtstagsgeschwängerten musikali-schen Horizonts! Lisa Eranos

    Aktuelle Konzerte

    16. 05. 2020 Bad Waldsee Musikfestwochen Donau-Oberschwaben

    09. 07. 2020 Festival Gezeitenkonzerte Ostfriesland

    26. 07. 2020 Lugano

    Beethoven-Rinck„Ein Konzert für Christian Heinrich und Ludwig“

    14. 10. 2020 Schloßkirche Darmstadt

    15. 10. 2020 Landesmuseum Detmold

    www.trioparnassus.com

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    Z wei der größten Anhänger des hochromantischen Kunstliedes waren – es überrascht nicht – auch außergewöhnliche Opernkomponisten: Richard Wagner (1813 1883) und Richard Strauss (1864 1949). Die Kunstlieder stellen auch eine Art Höhepunkt im Werk des Deutschen Franz Schubert dar.

    Während Wagner allumfassende Musikdramen unter weitgehender Ausgrenzung von allem anderen pflegte, arbeitete Strauss erfolgreich in Genres von Kammermusik bis hin zu großen Symphonien.

    Große Lieder zeichnen sich durch die psychologische Wirkung aus, die mit rein musikalischen Mitteln erreicht wird, wobei Details zu Umfang, Harmonie und Chromatik sowie die Rolle der Begleitung eine tiefere Reflexion über oft ganz oberflächliche Liebeslyrik ermöglichen. Solche Möglichkeiten zur reicheren Erforschung nahmen im späten 19. Jahrhundert zu, als Dichter – zusammen mit Philosophen und Psychologen – tiefer in die menschliche Psyche eindrangen. Manuela Neumann

    Spätromantische Kunstlieder Gerhard Siegel und Gabriel Dobner legen ihre neue CD unter dem Label Hänssler Classic vor.

    Richard Strauss / Richard Wagner: LiederGerhard Siegel, Tenor / Gabriel Dobner, Klavierhänssler CLASSIC HC19078

    Arnold SchönbergBrettl-Lieder Richard Strauss KrämerspiegelKurt Hessenberg Lieder eines Lumpen

    Profil Edition Günter Hänssler PH15032

    A us dem umfangreichen VariationenSchaffen Beethovens wählte der Wiener Pianist Florian Feilmair, der bereits bei internationalen Wettbewerben für seine Interpretationen des 3. und 5. Beethoven Klavierkonzerts ausgezeichnet wurde, vier Variationswerke, in welchen der Komponist ein eigenes Thema heranzieht, um es zu variieren. Die monumentalen EroicaVariationen op. 35 finden sich neben den komprimierten und reduzierten Variationen in cMoll WoO 80 und den als Gelegenheitskomposition entstandenen Variationen in GDur WoO 77. Die Einspielung schließt mit der Sonate op. 111, deren zweiter Satz einer der längsten und komplexesten Variationssätze der Wiener Klassik ist und die homogene Einbindung der Variationsform innerhalb mehrsätziger Werke in Beethovens Klavierliteratur darstellt. Jedes dieser vier Werke hat eine eigene Semantik und zeigt einen von Ideenreichtum, Witz, tiefster Ausdruckskraft und vollendeter Formenbeherrschung sprühenden Beethoven.

    Eingespielt wurden die Werke auf einem YamahaFlügel aus dem Jahr 1997, einem Instrument mit Charakter. Energischer Anschlag entlockt dem Konzertflügel die schroffen Kontraste, wie sie Beethoven zum Beispiel in den EroicaVariationen fordert. Der warme, dunkle Teint unterstützt den Pianisten bei der Erzeugung eines sphärischen, jedoch nicht aufgesetzt pathetischen Klangs in der Sonate op. 111. Manuela Neumann

    Ideenreichtum und Witz

    Ludwig van Beethoven Variations op. 35, WoO 80, WoO 77 und Sonata op. 111Florian Feilmair, Klavierhänssler CLASSIC HC19070

    CLASS: aktuell Magazin 2020/1

  • CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    CLASS : aktuell

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    N ach fulminantem Start legt das Trio Roseau nach: Mit Volume 2 sind nun Wolfgang Amadeus Mozarts sämtli-che Bassetthorntrios in Ulf-Guido Schäfers Übertragung für Trio d´anches erhältlich. Zwei weitere höchst unterhaltsame Diverti-menti hat Schäfer aus den 25 – zum Teil recht rätselhaft überlieferten – Einzelsätzen zusammengestellt. Tief anrührende Bruch-stücke aus „Così fan tutte“ setzen zum sere-nadenhaften Tonfall der Trios einen drama-tischen Kontrapunkt.

    Luftig, sonnig, windig, heiter… Eine frische Mozart Serenade mit dem Trio Roseau

    Eigentlich ist das Trio d´anches, beste-hend aus Oboe, Klarinette und Fagott, ja ein Kind des 20. Jahrhunderts. Vor allem franzö-sische Komponisten fühlten sich vom homo-genen, der menschlichen Singstimme nicht unähnlichen Klang dieser Besetzung inspi-riert. Ob Mozart es ihnen gleich getan hätte,

    ist Spekulation – nicht jedoch, dass seine Musik in Schäfers Arrangements so authen-tisch wirkt, als wäre sie bereits in Wien so komponiert worden.

    Schäfer selbst spielt die Klarinette im Trio Roseau – jenes Instrument, das Mozart in seinen letzten Lebensjahren überaus fas-zinierte. Und so finden sich gerade in den späten Opern immer wieder anspruchsvolle Solopassagen – eine wahre Fundgrube für den Arrangeur und die beiden anderen So-listen Rachel Frost an der Oboe und Malte Refardt am Fagott.

    Damit begibt sich das Trio Roseau in die lange und vielfältige Tradition der Operntrans-kriptionen für Harmoniemusik, die schon zu Mozarts Zeiten nicht zuletzt deshalb äußerst beliebt waren, weil man sie unter freiem Himmel aufführen konnte. Mit dieser brand-neuen Super Audio CD entfaltet sich ein veri-tables dreidimensionales Klangbild, das im heimischen Wohnzimmer frisches Sere na-den gefühl verbreitet. Lisa Eranos

    Wolfgang Amadeus Mozart (1756 -1791)Vol. 2: Cosi fan tutte KV 588 (Harmoniemusik)Divertimenti KV 439b (III, IV)Trio RoseauMDG 903 2144-6 (Hybrid-SACD)

    Weitere Einspielung:Vol. 1: Divertimenti KV 439b La Clemenza di Tito KV 621Harmoniemusik für Trio d’anches von Ulf-Guido SchäferMDG 903 2095-6 (Hybrid-SACD)

    Aktuelle Konzerte:

    03. 07. 2020 Schleswig-Holstein Musikfest Ahrensburg

    04. 07. 2020 Schleswig-Holstein Musikfest Hasselburg

    29. 08. 2020 Festival „Summerwinds“Münster

    www.trioroseau.de

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    Trio Roseau: Malte Refardt, Rachel Frost, Ulf-Guido Schäfer

  • N ach „Sehnsuchtslieder“ (HC16080) ist die aktuelle Einspie-lung „Invitation au Voyage“ das zweite Album mit Thomas Wise (Piano) und Giorgos Kanaris (Bariton), das beim Label Hänssler Classic erscheint.

    Giorgos Kanaris konzertiert als Liedsänger ebenso wie als Opern-sänger. Zusammen mit dem Dirigenten und Pianisten Thomas Wise gab er eine Vielzahl von Liederabenden mit Werken wie Schumanns „Dichterliebe“ und „Liederkreis“, Schuberts „Schwanengesang“, „Winterreise“ und „Die schöne Müllerin“, Ravels „Don Quichotte à Dulcinée“ und Lieder von Richard Strauss und Hans Pfitzner.

    Diese Aufnahme bietet eine farbenfrohe Kollektion französischer Gedichte von Paul Verlaine, Charles d’Orléans, Paul Morand, Charles

    Baudelaire und vielen mehr, vertont von den führenden französischen Komponisten ihrer Zeit. Manuela Neumann

    Eine musikalische Reise in das Frankreich am Beginn des 20. Jahrhunderts

    Invitation au VoyageDon Quixote and French Songs Debussy, Ibert, Ravel, DuparcGiorgos Kanaris, BaritonThomas Wise, Klavier hänssler CLASSIC HC19068

    Bereits erschienen:Sehnsuchtslieder von Beethoven und Schuberthänssler CLASSIC HC16080

    Giorgos Kanaris

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    A ls Mona Asuka vier Jahre alt war, bekam sie eine Musikkas-sette mit Werken eines gewissen Wolfgang Amadeus Mozart geschenkt – es brach eine Zeit für die Familie an, in der sie immer wieder auf Play drückte und ihre neue Entdeckung zum Le-ben erwecken wollte. Ein Ergebnis dieser frühen Liebe ist diese CD, die unter anderem das Menuett Nr. 1 KV 1 beinhaltet – geschrieben von Mozart im Alter von vielleicht fünf oder sechs Jahren und im Notenbuch seiner Schwester überliefert.

    Geboren 1991, gab die deutsch-japanische Pianistin Mona Asuka ihr Konzertdebüt mit dem Münchner Rundfunkorchester im Alter von elf Jahren. Seitdem erhielt sie Einladungen zu Solokonzerten und Auf-tritten mit berühmten Orchestern aus aller Welt. Birgit Niemeyer

    Musik von zeitloser Schönheit, gespielt mit Energie und Empfindsamkeit

    Wolfgang Amadeus Mozart (1756 -1791)KlavierwerkeMona Asukahänssler CLASSIC HC19082

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    www.mona-asuka.com

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    CLASS : aktuell

    CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

  • CLASS : aktuell

    Bill Evans On The Organ

    Fi r s t Re l e a s e

    D av i d S c h o l l m eye r plays 15 Original Jazz Piano Transcriptions Beckerath Organ | Große Kirche Bremerhaven

    Bill Evans (1929 -1980)

    On The Organ

    David Schollmeyer spielt 15 Original

    Jazz Klaviertrankriptionen

    auf der Beckerath Orgel der

    Große Kirche Bremerhaven

    MDG 906 2159 -6 (Hybrid-SACD)

    J azz auf der Orgel? Mit der Musik des le-gendären Bill Evans geht das ganz her-vorragend, wie die neue Aufnahme von David Schollmeyer eindrucksvoll unter Be-weis stellt. Aus allen Schaffensphasen des einzigartigen Jazzpianisten hat Schollmeyer Stücke ausgesucht, die neben einem er-hellen den Überblick über Evans Lebens-werk auch ein ebenso audiophiles wie genüßliches Orgelportrait seiner großen Bremerhavener „Hausorgel“ ergeben.

    Oft bewundert wurden Evans heraus-ragende pianistische Fähigkeiten, die sich weniger in artistischer Virtuosität als im überaus klangsensiblen Spiel äußerten. Seine großartigen Soli sind meist einstim-mig gehalten – der Saxofonist Lee Konitz war hier sein großes Vorbild. Die Orgel gibt diesen Improvisationen ihren bläserischen Charakter zurück – ein Aha-Effekt für man-chen Jazzkenner!

    Evans war ein großer Liebhaber des Jazz-Walzers. Gleich fünf derartige Prezio-sen – natürlich auch Evans bekannteste Komposition „Waltz for Debby” – finden sich in Schollmeyers Sammlung. Schon in der Originalversion orgelmäßig erscheint hin-

    Jazziger Orgelschmaus David Schollmeyer spielt Bill Evans Jazz Piano Transkriptionen

    gegen das singuläre „Peace Piece“, eine freie Improvisation über einen einzigen osti-naten Takt. Wie eine konzentrierte Passa-caglia oder ein englisches Ground entfaltet das berühmte Stück auf der Orgel eine un-gemein suggestive Wirkung.

    Das (Kontra-)Bassfundament wird meist vom äußerst präzise ansprechenden Prinzi-

    pal 16’ der Beckerath-Orgel in der Großen Kirche zu Bremerhaven gebildet. Die elek-trischen Koppeln erlauben auch bei voller Registrierung absolute rhythmische Strin-genz – eine Grundvoraussetzung für den Groove, den Schollmeyer wunderbar leicht-füßig durchzuhalten vermag. In dreidimen-sionalem Klangbild auf Super Audio CD ist

    dieses ungewöhnliche Pro-gramm für jazzferne Orgel-freunde ebenso wie für orgel-ferne Jazzfreunde ein echter audiophiler Ohrenschmaus.

    Lisa Eranos

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    David Schollmeyer Beckerath Orgel, Große Kirche Bremerhaven

    Aktuelle Konzerte(Bill Evans Programm)

    13. 06. 2020 Große Kirche Bremerhaven – Präsentation der CD bei der Langen Nacht der Kultur

    19. 07. 2020St. Nicolai, Helgoland

    29. 08. 2020 St. Marien, Uelzen

    8. 11. 2020 Friedenskirche, Siek

    www.grosse-kirche.de

    15CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

  • 16CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    E inhelliges Lob spendete die Fach-presse dem Bonner Beethoven-Zyklus: „Lohnend!“ die Pastorale, „prachtvoll, dicht und wirklich schön“ die Eroica, „her-vorragend transparent“ die Siebte… Zum Geburtstag des wohl größten Sohnes der Bundesstadt erscheinen die neun Sinfonien nun im attraktiven Schuber, dazu etliche wenig gespielte Ouvertüren und – als Zu-ckerl obendrauf – „Egmont“ in der Neuauf-nahme mit dem fabelhaften Matthias Brandt in einer eigens angefertigten, verdichteten Version des ergreifenden Dramas.

    „Eine mustergültige Interpretation“ wird diesem „Egmont“ attestiert – ein deutlicher Hinweis, dass das traditionsreiche Beet-hoven-Orchester nicht beim einmal Erreich-ten stehen bleibt. Die Sinfonien und Ouver-türen sind allesamt unter der Stabführung des energischen Stefan Blunier entstanden, ein Fundament, auf dem sein Nachfolger Dirk Kaftan mit dem Egmont bereits äußerst erfolgreich aufbauen konnte.

    Eine Einladung zum direkten Vergleich gibt´s gleich dazu: Die Ouvertüre zu „Egmont“ hat auch Blunier eingespielt, zusammen mit „Die Weihe des Hauses“, „König Stephan“ und „Die Ruinen von Athen“. Auch die selten zu hörende Ouvertüre „Zur Namensfeier“ dürfte selbst für den einen oder anderen Beethoven-Enthusiasten eine willkommene Repertoireerweiterung darstellen.

    Alle Werke wurden natürlich in feinster Super Audio CD-Technik eingefangen und

    liebevoll in echte drei akustische Dimensio-nen abgemischt. So kommen auch audiophile Musikliebhaber auf ihre Kosten – kein Wun-der, war doch der „farbenfrohe, hochdyna-mische räumliche Klang“ für die hörsensible Fachkritik eine lobende Erwähnung wert. Und wer bisher die Vorteile des von MDG entwi-

    Ludwig van Beethoven (1770 -1827)

    Egmont

    Schauspielmusik op. 84

    Matthias Brandt, Sprecher

    Olga Bezsmertna, Sopran

    Beethoven Orchester Bonn,

    Dirk Kaftan

    Sinfonien 1 - 9 & Ouverturen

    Die Ruinen von Athen op. 113

    Zur Namensfeier op. 115, Egmont op. 84

    Die Geschöpfe des Prometheus op. 43

    Coriolan op. 62; König Stephan op. 117

    Die Weihe des Hauses op. 124

    Beethoven Orchester Bonn

    Stefan Blunier

    MDG 337 2170-2 (7 CDs)

    ckelten 2+2+2 Recording noch nicht reali-siert hat, bekommt nun gehöriges Klangfutter des Jubilars für diese Lautsprecheranord-nung, die die Akustik der Beethovenhalle und die Strahlkraft des Beethoven-Orches-ters bis ins Feinste originalgetreu abbildet.

    Klaus Friedrich

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    Fortschrittlich. Weihevoll. Audiophil.Klangstarke Bonner Beethoven Box zum Jubiläum

    CLASS : aktuell

    Stefan BlunierDirk Kaftan

    www.beethoven-orchester.de

  • CLASS : aktuell

    17CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Im Blickpunkt

    Wolfgang Amadeus Mozart (1756 -1791)Haffner Serenade + Marsch D-Dur Ein musikalischer SpaßDie Kölner Akademie Michael Alexander WillensBIS-SACD-2394

    Neben den gefeierten Serien von Auf-nahmen der gesamten Klavierkon-zerte von Mozart, Mendelssohn und Beethoven mit Ronald Brautigam stellen die Kölner Akademie und Michael Alexander Willens einen Überblick über Mozarts Serenaden und andere Nebenwerke zusammen. Ihre erste SACD in dieser Reihe enthielt die Posthorn-Serenade.

    Gekonnte Unterhaltung

    Seitdem hat das Team Werke aufgenommen, die mit den Frei-maurern in Verbindung stehen. Hier eine der berühmtesten Serenaden, benannt nach Sigmund Haffner, der sie für die Feierlichkeiten im Zusam-menhang mit der Hochzeit seiner Schwester im Jahr 1776 in Auftrag gab. Ein besonderes Merkmal von Mozarts Serenaden – und die groß-formatige Haffner ist da keine Aus-nahme – ist die Einbeziehung virtu-oser Solostimmen, die hier von Alexander Janiczek ausgeführt wird.

    Auf der reichlich gefüllten SACD (fast 86 Minuten!) folgt nach der imposanten Serenade Mozarts „Mu-sikalischer Spaß“ K 522. Ein Werk in vier Sätzen, eine entzückende und sehr gekonnt gestaltete Parodie musikalischer Inkompetenz.

    Orchester

    Richard Strauss (1864 -1949)Also sprach Zarathustra/BurleskeDaniil Trifonov, KlavierBRSO, Mariss JansonsBR-Klassik 900182

    Kaum ein Dirigent wurde von Publi-kum und Musikkritik gleichermaßen so geschätzt wie Maestro Mariss Jansons. Seine musi kalische Hei-mat hatte der Lette seit 2003 beim Chor und Symphonieorchester des BR gefunden. Dort entwickelte sich zwischen Klangkörpern, Chefdirigent und BR-Tonmeistern ei ne einmalige kreative Trias, die man in dieser Tiefe und Innigkeit selten erlebt.

    Ein besonderes Projekt – da es noch zu Jansons‘ Lebzeiten von lan-ger Hand geplant worden war – ist nun bei BR-Klassik erschienen: Es ist ein Richard Strauss-Album mit der symphonischen Dichtung „Also sprach Zarathustra“. Sie steht hier neben der noch immer wenig be-kannten, aber höchst reizvollen „Burleske“ – Strauss‘ einsätzigem „Mini-Klavierkonzert“.

    Bei der „Burleske“ stand niemand Geringeres als der aktuell wohl be-gehrteste Klaviervirtuose zur Verfü-gung, um dieses selten gespielte Strauss-Kleinod in bislang nie da-gewesener Qualität mitzuschneiden: Daniil Trifonov.

    Jansons und Trifonov zusammen für Strauss

    Dass diese Aufnahme ein Live-Mitschnitt ist, merkt man an der einmaligen Hingabe und Energie im Orchester, wie man sie nur bei Kon-zerten auffangen kann und am nicht geschnittenen Schluss-Applaus. Es ist eine typische Besonderheit, auf die Maestro Jansons stets ausdrück-lich bestanden hat. Der Schluss-Applaus verdeutlicht, worum es dem Dirigenten ging: Musik zu den Men-schen zu bringen – was für eine liebe-volle Geste und welch Ausdruck der Verbundenheit zwischen Künstler und Publikum!

    Leonard Bernstein (1918 -1990)Symphony no. 1 „Jeremiah“Symphony no. 2 „The Age of Anxiety“Anna Larsson, MezzosopranRoland Pöntinen, KlavierArctic Philharmonic Christian LindbergBIS-SACD-2298

    Im Alter von 21 Jahren schrieb Leo-nard Bernstein das, was er als „he-bräisches Lied“ bezeichnete, unter Verwendung eines Textes aus den Lamentationen Jeremias. Drei Jahre später wurde das Lied der letzte Satz seiner Sinfonie Nr. 1, und im Januar 1944 dirigierte Bernstein selbst die Uraufführung des Werkes. Was be-klagt wird, ist die Zerstörung Jeru-salems 586 vor Christus.

    Außermusikalisch inspiriert

    In den nächsten Jahren nahm Bernsteins Karriere als Dirigent Fahrt auf, als das Musical „On the Town“ ihn am Broadway bekannt machte. Gegen Ende der 1940er Jahre kehrte er jedoch zum sympho-nischen Genre zurück – erneut mit einer außermusikalischen Inspira-tion. W. H. Audens Gedicht „The Age of Anxiety“ spielt während des Weltkriegs und gliedert sich – wie die Symphonie – in sechs Abschnit-te, in denen vier Charaktere ihre Ängste, Hoffnungen und das Stre-ben nach Sinn und Identität zum Ausdruck bringen. Bernstein ent-schied sich dafür, alle vier Charak-tere durch ein einziges Instrument, das Klavier, darzustellen, aber er wollte das Werk nicht als Klavier-konzert bezeichnen. Das Instru-ment tritt jedoch an verschiedenen Stellen in den Vordergrund und in einem der letzten Abschnitte liefert Bernstein die wohl üppigste und rhythmisch schillerndste Vorstel-lung des Klaviers in der symphoni-schen Literatur.

    Richard Strauss (1864 -1949)Eine Alpensinfonie, op. 64Tod und Verklärung, op. 24Oslo Philharmonic Orchestra Vasily PetrenkoLAWo CLASSICS LWC1192

    Das Oslo Philharmonic Orchestra und Vasily Petrenko bieten hier die drit-te und letzte Veröffentlichung in der Reihe mit Aufnahmen von Richard Strauss‘ sinfonischen Dichtungen.

    Die Musiker ernteten in Norwegen und im Ausland hervorragende Kriti-ken für ihre ersten beiden Aufnahmen in dieser Strauss-Reihe: LWC1166 („Also Sprach Zarathustra“ und „Ein Heldenleben“) und LWC1184 („Don Quijote“, „Don Juan“ und „Till Eulen-spiegels lustige Streiche“).

    Vasily Petrenko ist heute einer der profiliertesten Dirigenten und hat zahlreiche Auszeichnungen für seine Aufnahmen des russischen Repertoi res erhalten. Mit den Osloer Philharmo nikern hat er Werke von Prokofjew, Schostakowitsch, Strauss und Szymanowski, sowie einen gro-ßen Zyklus mit Orchesterwerken von Alexander Scriabin aufgenommen.

    Hervorragendes Echo

    Die Osloer Philharmoniker er-blickten 1919 das Licht der Welt, und im Laufe des nächsten halben Jahrhunderts wuchs der Ruf des Orchesters stetig. 1979 ging der Stab des Chefdirigenten an Mariss Jansons über, und unter seiner Lei-tung erreichten die Osloer ihr volles Potenzial und wurden ein ernstzu-nehmender Rivale der großen phil-harmonischen Orchester von Wien, Berlin und New York.

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    CLASS : aktuell Im Blickpunkt

    CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Johann Sebastian Bach (1685 -1750)Johannes-Passion (2. Fassung von 1725 in solistischer Besetzung)Benedikt Kristjánsson, Tenor Felix Schwandtke, BassÆlbgut: Isabel Schicketanz Stefan Kunath, Florian Sievers Martin SchicketanzWunderkammerCoviello CLASSICS CoV92007 (2 CDs)

    „Eine lebenslange Baustelle“ war seine Johannes-Passion für Johann Sebastian Bach, wie es der Booklet-text treffend formuliert. Im Gegen-satz zur in einem Guss geschriebe-nen und auch so wirkenden großen Schwester, der Matthäuspassion, hat Bach hier immer wieder Teile geän-dert und ergänzt – und doch nie zu einer endgültigen Fassung gefunden. Dabei haben vor allem die früher entstandenen Teile ihren Reiz: Weniger erhaben im Tonfall, dafür spontaner, eckiger, intimer.

    Besonders in der zweiten Fas-sung, 1725 entstanden, sind diese Eigenarten nach Meinung des En-sembles besonders spürbar: „In ih-rem intimeren Tonfall schien uns die Zweite Fassung der Johannes-passion ideal für eine Aufnahme, die ohne Dirigent ganz aus dem Innen-leben der musikalischen Linien he-raus gesteuert wird, aus dem Hören aufeinander, im Geben und Nehmen spontaner Ideen.“

    Passion aus dem Innenleben

    Die Wunderkammer wird ihrem Namen wieder einmal gerecht: Sie findet im Ensemble Ælbgut einen adäquaten Partner im solistisch be-setzten Orchesterpart, und beide gemeinsam finden auch bei Bach immer noch Unerhörtes.

    Oratorium

    Johann Sebastian Bach (1685 -1750)Matthäus-Passion BWV 244Carolyn Sampson, SopranAki Matsui, Sopran Damien Guillon, AltClint van der Linde, AltMakoto Sakurada, TenorZachary Wilder, TenorChristian Immler, BassToru Kaku, BassBenjamin Bruns, EvangelistBach Collegium Japan Masaaki SuzukiBIS-SACD-2500

    Masaaki Suzuki und sein Bach Col-legium Japan nahmen im März 1999 erstmals die Matthäuspassion auf. Zwanzig Jahre später, im April 2019, war es wieder soweit, als sich die Sänger und Spieler im Konzertsaal des Saitama Arts Theatre in Japan versammelten. „Eine tiefe Freude“, beschreibt Masaaki Suzuki seine Gefühle bei der Gelegenheit, Bachs großes Fresko der Passion Christi zum zweiten Mal aufzunehmen.

    Eine tiefe FreudeUnd diesmal haben er und sein

    Ensemble eine tiefe und kollektive Vertrautheit mit Bachs Chormusik mit in den Konzertsaal gebracht, nachdem sie in der Zwischenzeit mehr oder weniger alles an Bach-schen Vokalwerken aufgenommen hatten, einschließlich der gesamten geistlichen und weltlichen Kantaten. Ganz bewusst wurde die Interpreta-tion gestaltet auch im Hinblick auf Erkenntnisse der historischen Auf-führungspraxis. So wurde sogar eine neue Orgel eigens gebaut und be-schafft (Orchester I) und für das Or-chester II ein Cembalo eingesetzt.

    Suzuki hat für seinen Evangelis-ten den jungen deutschen Tenor Benjamin Bruns ausgewählt, der zum ersten Mal bei BIS auftritt. Unter den anderen Solisten sind bekann-te Namen wie Carolyn Sampson, Damien Guillon, Makoto Sakurada und Christian Immler.

    Konzert

    Dmitri Shostakovich (1906 -1975)ViolinkonzerteIvan Pochekin, GeigeRussisches NationalorchesterValentin UryupinProfil Edition Günter Hänssler PH19073

    Ivan Pochekin ist einer der brillantes-ten Vertreter der russischen Violinis-ten seiner Generation. Der rasante Fortschritt seiner Karriere begann 2005, als er den Dritten Internatio-nalen Niccolò Paganini Violinwett-bewerb in Moskau gewann.

    Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart

    „Shostakovichs Musik vermittelt sehr genau, was bis vor kurzem im Leben der Menschen in meinem Land geschah. Ich spüre es tief und möchte es dem Publikum vermitteln, als ob ich die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart nach-vollziehen würde, um dies zu be-wahren. Authentizität. Das Konzert Nr. 1 (1948) konzentriert sich auf Emotionen; hier ist der Protagonist voller Energie und Hoffnung und es gibt eine innere Erweiterung. Was das Konzert Nr. 2 (1967) betrifft, so hat es eine andere Philosophie, seine Emotionen scheinen kristalli-siert worden zu sein. Weisheit und die Außenperspektive des Kompo-nisten dominieren.“ sagt Pochekin.

    Die Entstehung des Ersten Violin-konzertes a-Moll, op. 77 spiegelt die Stimmung in der Sowjetunion jener Zeit wider, die als Jahre des „Kalten Krieges“ bezeichnet werden – die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Aufgrund der restriktiven Kulturpoli-tik des Sowjetregimes in Bezug auf zeitgenössische Musik beschloss Shostakovich, das Werk sieben Jah-re lang, bis 1955, zurückzuhalten. Shostakovichs Zweites Violinkonzert in cis-Moll op. 129 ist sein letztes konzertantes Werk.

    CPE Bach (1714 -1788)KlavierkonzerteD-Dur Wq 11 c-moll Wq 43/4 e-moll Wq 24Berliner Barock Solisten Michael Rischehänssler CLASSIC HC19041

    Nur für sich selbst geschrieben? Nach Bach´s eigenen Worten ist es so und weiter bekennt er sich, er habe sich dabei alle Freiheiten er-laubt. Michael Rische hebt seit vie-len Jahren den reichen Werk-Schatz aus der Vergessenheit und erkennt nach 18 eingespielten Klavierkon-zerten, wie nah CPE Bach mit sei-nen Kompositionen der Gegenwart ist. Zu Recht stellt der Pianist die provokante Frage, ob CPE Bach ein Komponist unserer Zeit ist.

    Michael Rische kennt seinen CPE Bach, er spielt ihn virtuos und eben-so elegant mit viel innerer Span-nung. Der Vater Johann Sebastian ist vergessen, der Sohn ebnet be-reits den Weg für das romantische Konzert, und Rische trifft genau den Puls dieses Stürmen und Drängens einerseits, aber auch die zarte, sensible Seite der Musik.

  • CLASS: aktuell -Magazin 2020/1 19

    CLASS : aktuell Im Blickpunkt

    Geistliche Musik

    Johann Sebastian Bach (1685-1750)Matthäus-PassionWerner Güra, Tenor (Evangelist)Benoit Arnould, Bass (Jesus)Dorothee Mields, Aleksandra Lewandowska, Sarah Van Mol, Alex Potter, Marine Fribourg, Thomas Hobbs, Valerio Contaldo, Stephan MacLeod, Matthew BrookGli Angeli Genève Stephan MacLeodclaves CLA50-3012

    „Diese Aufnahme wurde im April 2019 im Ernest-Ansermet Studio in Genf nach fünf Konzerten in der Schweiz in den vorangegangenen Tagen aufgenommen. Der Wunsch, dem Rhythmus des Passionsdramas und der Logik der musikalischen Abfolgen so treu wie möglich zu bleiben, der bei einer Live-Auffüh-rung leichter zu spüren ist als bei der relativen Abstraktion vor den Mikrofonen, veranlasste uns, lange Takes aufzunehmen, manchmal mit bis zu 10 oder 12 Minuten Musik, um dem Gefühl einer Liveaufführung so nahe wie möglich zu kommen.

    Passion im KreisIm Konzert mit kleinen Vokal-

    gruppen stellt Gli Angeli Genève die Sänger unabhängig vom Repertoire generell vor die Instrumente, um dem Gesang eine möglichst prominente Rolle einzuräumen. Da die entschei-dende Rolle des Publikums im Studio nicht durch die Mikrofone ersetzt werden kann, stellen wir uns bei der Aufnahme in einen großen Kreis. Wir können uns spielen, singen, vib-rieren, atmen und reagieren sehen. Und innerhalb unseres Kreises können wir gemeinsam reagieren, in einen Dialog treten und voller Vergnügen und Ehrfurcht spüren, wie dramatisch und kraftvoll dieses Werk ist.“ (Stephan MacLeod)

    Vokalmusik

    Salieri – ganz privatLieder und KantatenDiana Tomsche, Sopran-SoloEsther Valentin, Mezzosopran-SoloMiriam Burkhardt, SopranBarbara R. Grabowski, AltThomas Jakobs, TenorFlorian Löffler, TenorPhilipp Schädel, BassMarkus Lemke, BassAndrius Puskunigis, Solo-OboeHeidelberger SinfonikerTimo Jouko Herrmann, Leitunghänssler CLASSIC HC19079

    Über das persönliche Leben des Komponisten Antonio Salieri ist heute nur sehr wenig bekannt, da der berühmte Tonkünstler so gut wie keine privaten Dokumente hinter-lassen hat. Eine Autobiographie des Komponisten, die neben anderen Auf-zeichnungen 1865 von seinem Enkel Eduard Rumfeld der Gesellschaft der Musikfreunde übergeben wurde, ist verschollen. Um sich Salieri anzu-nähern, muss man also auf Quellen wie Tagebücher und Briefe enger Freunde zurückgreifen. Als ergiebig hat sich dabei das Tagebuch von Joseph Rosenbaum erwiesen, der mit einer Tochter von Salieris Lehrer Florian Leopold Gassmann verheira-tet war und über Jahre freundschaft-lichen Umgang mit dem Künstler pflegte. Mit dieser Aufnahme nähern sich die Heidelberger Sinfoniker und Vokalsolisten unter der Leitung von Timo Jouko Herrmann Salieri als Pri-vatperson mit Werken, die von ihm für Anlässe im Freundeskreis kom-poniert wurden. In ihnen zeigt sich der Künstler in einem ganz anderen Licht als in den repräsentativen Schöpfungen, die er als Opernkom-ponist der Welt geschenkt hat.

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    Hans Werner Henze Works for Double Bass Daniele Roccato / Ludus Gravis / Orchestra Sinfonica Abruzzese / Tonino Battista Ersteinspielung

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    Alberto Posadas Poética del Laberinto SIGMA Project Ersteinspielung

    Lachenmann | Finnissy | Kuwabara | Schüttler | Smolka Other Stories Trio Accanto Ersteinspielungen

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    WER_478_CLASS_69x280_4c_. 06.03.2020 12:20 Seite 1

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    CLASS : aktuell Im Blickpunkt

    CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Kammermusik

    Joseph Haydn (1732 -1809) Sämtl. Streichquartette Vol. 11 op. 17. 1, 3, 5 Leipziger StreichquartettMDG 307 2141-2

    Sämtl. Streichquartette Vol. 12op. 17. 2, 4, 6MDG 307 2142-2

    Mit den Quartetten Nr. 2, 4 und 6 komplettiert das umtriebige Leipziger Streichquartett Joseph Haydns Opus 17 und präsentiert damit die inzwi-schen zwölfte Folge eines außergewöhnlichen Quartettzyklus´. Einmal mehr trifft historisch informiertes Spiel auf Quartettkultur von Weltrang, und einmal mehr beweisen die Leipziger, dass Haydns Quartette von Beginn an meisterhaft erdacht sind und nur die allerbeste Behandlung verdienen.

    Denn erst durch Joseph Haydn ist das Streichquartett zur Königsdis-ziplin der Kammermusik avanciert. Die vier gleichartigen, nur im Tonum-fang unterschiedlichen Instrumente, zwingen die Musik auf das Wesent-liche; es gibt keinerlei instrumentatorische Raffinesse, die über mögliche Flachstellen der Komposition hinweghelfen könnte. Aber das hat Haydns Musik ja auch gar nicht nötig.

    Die zehn Jahre Erfahrung, die Haydn bis hierher sammeln konnte, hört man seinem Opus 17 an. Deutlich konzentrierter ist die Form, statt eines unterhaltsamen Reigens eingängiger Melodien beschränkt er sich auf we-nige Themen, aus denen ein Satz oder gar ein ganzes Quartett entwickelt wird. Die außergewöhnliche Kunstfertigkeit der Instrumentalisten, die ihm in Esterháza zur Verfügung standen, ermutigte Haydn zu spritzigen Einlagen, die immer wieder aufblitzen.

    Reduktion als Prinzip, könnte man dem Opus 17 voranstellen. Aber welcher Reichtum: Haydn konzentriert sich auf sehr wenige Themen und Motive, oft ist es selbst in den Kopfsätzen nur ein einziges. Wie dies dann allerdings ausgearbeitet wird, zeugt von allerfeinster Genialität. Da gibt es Abspaltungen, Variationen, Auslassungen und Verästelungen, und wenn Haydn im Kopfsatz von Nr. 2 das Thema mit sich selbst polyphon-kontrapunktisch durchführt, zeigt sich der Komponist fast schmunzelnd als wahrer Meister seines Faches.

    Das hindert ihn nicht daran, gehörig mit den Erwartungen der Zuhörer zu spielen, etwa durch das Einschieben einer ungeraden Anzahl Takte in ein ansonsten traditionelles Menuett. Dass die gewohnte Periode der Tanzschritte dadurch augenzwinkernd zum Stolpern gebracht wird, mag damalige Zuhörer in ihrer Behaglichkeit aufgeschreckt haben – heute freuen sich nicht nur Kenner an den originellen Einfällen des esterhazyschen Hofkomponisten. Zu den ganz großen Momenten in dieser Sammlung gehört aber auch manch langsamer Satz, etwa das Adagio aus Nr. 3, das den Hörer in harmonisch weit abgelegene Gefilde führt.

    Das Leipziger Streichquartett verwendet für seine Haydn-Edition Bögen aus der Entstehungszeit der Werke. Das macht sich in schlanker Tonge-bung und federnder Artikulation bemerkbar, die die feinen Werke gleichwie zum Sprechen und zum Leuchten bringt. Wieder eine neue Chance sich für ausgewählte Momente offline der modernen Rastlosigkeit zu entziehen. Unter den sensiblen Händen der vier Spitzenmusiker aus Leipzig entfalten die selten zu hörenden Quartette einen Reiz, wie er charmanter nicht ausfallen könnte.

    Ganz groß. Leuchtend. Und originell. Die Gesamteinspielung von Haydns op. 17 mit dem LSQ

    Gustav Jenner (1865 -1920)Klarinetten-Sonate op. 5Trio für Klarinette, Horn und KlavierMartin Litschgi, KlarinetteNadja Helble, HornIryna Krasnovska, KlavierMDG 603 1343-2

    Wer kann schon von sich behaupten, von Brahms gelobt worden zu sein? Gustav Jenner, das Kompositions-talent, vor dem selbst der grantige Hanseat den Hut zog, schuf zwei un-bekannte, faszinierende Kammermu-sikwerke, die hier zum ersten Mal auf CD präsentiert wurden: das Es-Dur-Trio für Klarinette, Horn und Klavier sowie die Klarinettensonate op. 5.

    Brahms als GradmesserVon Keitum auf Sylt stammend,

    wo er 1865 geboren wurde, verbrach-te Gustav Jenner seine Schulzeit zunächst in Mülheim a. d. Ruhr und ab 1884 in Kiel. Bereits in jungen Jahren lernte er Klavierspielen und nahm zusätzlich Kompositionsun-terricht. Die positive Antwort von Johannes Brahms („...stehe Ihnen in vollem Maße zu Diensten“) ver-anlasste Jenner im Februar 1888 von Kiel nach Wien umzuziehen – Jenner wurde zum einzigen Kompo-sitionsschüler, den Brahms jemals annahm.

    Jenners Zeit in Wien dauerte mit kurzen Unterbrechungen bis 1895, als er sich um die freigewordene Stelle als Akademischer Musikdi-rektor an der Universität Marburg bewarb. Marburg sollte mit Gustav Jenner einen höchst kompetenten und agilen Hochschullehrer erhal-ten: 1900 wurde ihm der Professo-rentitel und 1904 die Ehrendoktor-würde verliehen.

    Kammermusik

    Edvard Grieg (1843 -1907)Die drei Violinsonaten:Nr. 1 F-Dur op. 8; Nr. 2 G-Dur op. 13 Nr. 3 c-moll op. 45 Eldbjørg Hemsing (*1990)HomecomingEldbjørg Hemsing, ViolineSimon Trpčeski, KlavierBIS-SACD-2456

    Nach gefeierten Aufnahmen der Konzerte von Dvořák und Schosta-kowitsch, von Tan Dun und Josef Suk kehrt die norwegische Geigerin Eldbjørg Hemsing zu ihren Wurzeln in diesem Grieg-Rezital zurück. Jede Violinsonate Griegs markiert eine ent-scheidende Phase in der künstleri-schen Entwicklung des Komponisten. Mit 22 Jahren schloss er die F-Dur-Sonate ab und versuchte, sich von den Einflüssen seiner Ausbildung am Leipziger Konservatorium zu befreien. Das Werk trägt zwar noch den Stem-pel deutscher Romantik, enthält aber Elemente norwegischer Volkstänze und Hardanger-Geigen-Techniken.

    Zwei Jahre später, 1867, war Grieg als Sympathisant der Bewegung für ein unabhängiges Norwegen tief in das Projekt des Aufbaus einer natio-nalen Kultur involviert. In seiner So-nate Nr. 2 nutzte er nationale Merk-male weitaus konsequenter als zuvor. Griegs letztes „Verbrechen für die Geige“, wie er sagte, war die Sonate in c-Moll, die 20 Jahre nach Sonate Nr. 2 komponiert wurde. Er war jetzt ein international angesehener Kom-ponist, Pianist und Dirigent, und die Sonate spiegelt diese neue Phase seines Lebens wider, die Grieg selbst als einen „weiteren Horizont“ be-zeichnete. Eldbjørg Hemsing schließt diese SACD mit ihrer eigenen Kom-position „Homecoming“. Es ist eine Reihe von Variationen über eine Melodie aus dem Tal, in dem sie aufgewachsen ist, und eine Verbeu-gung vor ihrem Ururgroßvater Grieg, der dieselbe Melodie fast 150 Jah-re früher in seiner großformatigen Ballade Op. 24 erklingen ließ.

  • CLASS : aktuell Im Blickpunkt

    21CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Laute

    Jan Antonín Losy (1650 -1721)note d‘oro – LautensuitenJakob Lindberg, LauteBIS-SACD-2462

    Jan Antonín Losy wurde um 1650 in eine wohlhabende böhmische Familie geboren. Nach dem Tod sei-nes Vaters, des ersten Grafen von Losinthal, erbte er nicht nur seinen Titel, sondern auch beträchtlichen Reichtum. So konnte er sein Leben der Musik widmen und sein Können als Lautenist wurde europaweit be-kannt. Im Gegensatz zu professio-nellen Musikern musste Losy seine Musik weder verkaufen noch ver-öffentlichen, aber glücklicherweise ist sie in zahlreichen Manuskripten erhalten geblieben. Heute haben wir fast 200 Stücke des Grafen Losy, von denen viele einst in größeren Suiten oder Partiten zusammenge-fasst waren.

    Reichhaltige Hommage

    Als Komponist folgte Losy dem Beispiel französischer Meister wie François Dufaut, brachte jedoch eine Vorliebe für die italienische Melodie mit, insbesondere in den vielen überlieferten Arien, Rondeaus und Menuetten. Für diese reichhal-tige Hommage an Losy hat Jakob Lindberg 36 Stücke ausgewählt und in sechs Suiten zusammengefasst. Er spielt sie auf seiner Laute aus dem 16. Jahrhundert vom deutschen Lautenmacher Sixtus Rauwolf – ein Instrument, das 1715 einen neuen Hals bekam und zu einer elfchöri-gen Laute, der wichtigsten Lautenart zu Losys Lebzeiten, „modernisiert“ wurde.

    Klavier

    Frédéric Chopin (1810 -1849)KlavierwerkeVier Balladen; Vier ScherziEtüden op. 10; Etüden op. 25 Polonaise-Fantaisie op. 61Svjatoslav RichterURANIA RECoRDS WS 121385 (2 CDs)

    Die Diskographie von Sviatoslav Richter ist eine der ungeordnetsten und komplexesten eines Pianisten überhaupt. Richter hat für mehrere russische, europäische und ameri-kanische Labels aufgenommen, er hat keinem Komponisten bestimm-te Monographien gewidmet und er hat zu jeder Zeit seiner Karriere Dutzende von Liveaufnahmen auto-risiert. Das Ergebnis ist eine erheb-liche Verwirrung.

    Erhebliche Verwirrung

    Seine von John Hunt zusammen-gestellte Diskographie enthält unter der Überschrift „Chopin“ 23 Seiten mit Aufnahmen, die über fast 40 Jahre gemacht wurden. Balladen, Scherzi, Studien usw. sind unorga-nisiert und oft Teil von Aufnahmen, die an verschiedenen Orten zu unter-schiedlichen Zeiten mit unterschied-lichen Klangtechniken gemacht wur-den. Die Zusammenstellung einer „organischen“ Sammlung von Studio-aufnahmen war die Aufgabe, die Ziel dieser 2-CD-Box war. Auf diese Wei-se ist es möglich, die interpretatori-schen Ansätze dieses vielseitigen Pianisten aus seinen goldenen Jah-ren im komplexesten Repertoire des polnischen Komponisten nach zu verfolgen.

    Kammermusik

    Ludwig van Beethoven (1770 -1827)Klaviertrios Vol. 1: Trio c-moll op. 1,3 Trio Es-Dur op. 70,2; Allegretto B-DurSitkovetsky TrioBIS-SACD-2239

    Mit den drei Klaviertrios Op. 1 wid-mete sich Beethoven einem Genre, das bis dahin weitgehend mit unter-haltsamer Salonmusik verbunden war, und erhob es zur Konkurrenz für die Königsdisziplin der Kammermu-sik, das Streichquartett. Die Werke sind sowohl formal als auch inhalt-lich innovativ – insbesondere beim Trio Nr. 3 c-Moll. Es ist daher ange-bracht, dass das Sitkovetsky Trio dieses Werk ausgewählt hat, um den Zyklus der Klaviertrios des Komponisten zu eröffnen. Dass das c-Moll-Trio Pionierarbeit geleistet hat, bewies Haydn, der zu dieser Zeit Beethovens Lehrer war: er riet von seiner Veröffentlichung ab. Denn er befürchtete, dass es nicht „so schnell und einfach verstanden werden würde“ – aber die Trios op. 1 wurden zu einem kommerziellen Er-folg und zu Vorboten einer neuen musikalischen Ästhetik.

    Etwa zwanzig Jahre später, 1813, als E.T.A. Hoffmann die beiden Trios op. 70 rezensierte, war die neue Ära fest etabliert, und Hoffmann bestätigten die Werke, „wie Beet-hoven den romantischen Geist der Musik tief in seiner Seele trägt“.

    Romantischer Geist der Musik

    Zwischen den beiden hier aufge-nommenen vollständigen Trios plat-zieren die Sitkovetskys Beethovens allerletzten Beitrag zum Genre des Klaviertrios, das kleine Allegretto in B-Dur, WoO 39. Es wurde im Juni 1812 für Maximiliane, die zehnjäh-rige Tochter von Franz und Antonie Brentano komponiert – oder, wie auf der Titelseite des Manuskripts zu lesen ist, „für meine kleine Freun-din Maxe Brentano, um ihr Klavier-spiel zu fördern“.

    Lied der WälderDuo ImTakt Olga Dubowskaja, Domra + Mandoline Olesya Salvytska, KlavierProfil Edition Günter Hänssler PH20013

    Die aus Weißrussland und der Ukra-ine stammenden Musikerinnen Olga Dubowskaja und Olesya Salvytska konzertieren seit 2005 als Duo ImTakt. Sie pflegen die in Deutsch-land selten zu hörenden Besetzungs-varianten: Mandoline & Klavier und Domra & Klavier.

    Das Duo zeichnet sich durch eine besondere Ausdruckskraft aus und widmet sich mit Hingabe jedem Stück. Die Künstlerinnen wählen die Kompositionen sorgfältig aus, be-vorzugen Musik aus dem reichen Repertoire ihrer Heimatländer. Des Öfteren greifen die beiden Freundin-nen selber zur Feder und bearbeiten die Stücke, darunter auch berühmte klassische Werke. Geachtet wird da-rauf, dass die Klangeigenschaften der Instrumente die Stimmung der ausgesuchten Musik wiederspiegeln. Meistens benötigt das Repertoire keine Bearbeitung, da mediterrane und slawische Musik für diese Be-setzung reichlich vorliegt.

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    CLASS : aktuell Im Blickpunkt

    CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Komponistenportrait

    Bartolomeo Bernardi (1660 -1732)Qual di feroce tromba Kantaten und ViolinsonatenI Solisti AmbrosianiTullia Pedersoli, SopranDavide Belosio, Geige Claudio Frigerio, CelloEmma Bolamperti, Cembalo Enrico Barbagli, Orgel URANIA RECoRDS LDV 14056 (Ersteinspielung – 2 CDs)

    Einiges an Bartolomeo Bernardi bleibt geheimnisvoll, da wir nur we-nige Quellen zu seiner Biographie haben. Er stammte aus Bologna, war zunächst als Geiger in Bologna und Mantua tätig. Dann zog er nach Kopenhagen, wo er zunächst als „Compositore e Sonatore“ (Kom po-nist und Geiger) und später als Ka-pellmeister am Hof des Königs von Dänemark und Norwegen wirkte.

    Großes kompositorisches

    TalentBernardis kompositorisches Ta-

    lent zeigt sich nicht nur in seinen eigenwilligen Violinsonaten, son-dern wird auch in seinem Titel als „Philharmonic Fellow“ dokumentiert, nämlich Mitglied der wichtigsten italienischen Musikakademie seiner Epoche. So nennt er sich selbst im Titel vieler seiner Werke seit den frühen „Sonate da camera op. 1“ von 1692. Auf dem aktuellen Plat-tenmarkt gibt es einige Aufnahmen der Musik von Bernardi, die für ver-schiedene Ensembles geschrieben wurden, aber sie bilden nicht sein gesamtes Schaffen ab. Außerdem ist von seinen Werken leider nicht viel übrig geblieben, da viele bei einem Brand in Kopenhagen 1745 vernichtet wurden.

    Diese CD liefert die Aufnahme bisher unveröffentlichten Materials, ergänzt so das Bild dieses interes-santen Komponisten.

    Hörbuch

    Fanny & Felix Mendelssohn Zwei Leben für die Musikeine Hörbiografie von Jörg HandsteinMartina Gedeck, Sabin Tambrea Udo Wachtveitl Münchener RundfunkorchesterChor des Bayerischen RundfunksBR-Klassik 900925

    Die hochmusikalischen Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn ver-brachten eine unbeschwerte Jugend, in der die Musik eine wesentliche Rolle spielte. Während Felix ein be-rühmter Komponist und Dirigent wur-de, musste Fanny ihre kompositori-sche Begabung – den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend – einer Rolle als Ehefrau und Mutter unterordnen.

    In seiner neuen Hörbiografie, die neben Felix ganz bewusst auch Fanny Mendelssohn in den Fokus der Betrachtung rückt, beleuchtet Jörg Handstein, der langjährige Autor der Hörbiografie-Reihe des BR, die Lebensgeschichten dieser beiden bedeutenden Kreativen des frühen 19. Jahrhunderts.

    Zwei Leben für die Musik

    Der Titel der neuen Hörbiografie lautet denn auch: „Zwei Leben für die Musik“. Die Verknüpfung der Lebensstationen und Kompositionen Felix’ mit denjenigen seiner älteren Schwester Fanny eröffnet profunde Einblicke in die Zeit- und Musikge-schichte. Die enge Verbindung der beiden Geschwister zueinander, ihre ähnlich hohe musikalische Begabung ist plastisch mitzuerleben: in den bio-grafischen Fakten ebenso wie in zahl-reichen Musikbeispielen von Werken Felix’ und Fannys. Beider Lebensge-schichten – wie gewohnt auf Grund-lage originaler Quellen erarbeitet und begleitet von zahlreichen Beispielen beeindruckender Musik – widmet sich die ausführliche Hörbiografie: spannend erzählt, lebendig gespro-chen von Martina Gedeck, Sabin Tambrea und Udo Wachtveitl.

    Anthologie

    Café BeethovenBagatellen von und über Ludwig van Beethoven Für Chor, Mezzosopran, Schauspieler und Klaviervon Rudolf HerfurtnerElvira Bill, Mezzosopran Thomas Weissengruber, Schauspieler Christopher Bruckman, Klavier Chorwerk Ruhr, Florian HelgathCoviello CLASSICS CoV92006

    „Behagliche Kaffeehaus-Melancho-lie“ wählte Autor Rudolf Herfurtner für die Szenerie dieses originellen Beitrags vom Chorwerk Ruhr zum Beethoven-Jahr. Den Meister selbst wähnt man beim Hören der fiktiven moderierenden Texte hier in zerschlis-sener Kleidung (auch diese wird beschrieben) sitzen, und tatsächlich ging Beethoven wegen seiner chro-nisch unaufgeräumten Wohnung selbst gern ins Kaffeehaus. Der Wiener Schmäh des Kellners führt mit feiner Ironie durchs Programm.

    Nahbares vom TitanÜber Beethovens Liebschaften,

    sein Aussehen, seine Mäzene und sonderbaren Marotten erfahren wir einiges; musikalische Analyse fin-det nur in dezenten Andeutungen statt. Bewusst werden Werke unter-schiedlicher Stilhöhe gegeneinan-der gesetzt, also Beethovens „di-cke Brocken“ gegen die kleineren. Übergangslos plaudernd gleitet der Kellner-Erzähler immer wieder wie selbstverständlich von persönlichen Anekdoten ins musikalische Werk hinüber. Gemeinsam mit einem hoch-karätigen Ensemble um Elvira Bill und Florian Weissengruber gelingt Florian Helgath und dem Chorwerk Ruhr tatsächlich ein ganz unübli-ches, nahbares Beethoven-Portrait.

    Gesang

    Killer InstinctsLucky Day overture, Political Science, Justice, Lied des Lotterieagenten, Hitler, Just the right Bullets, I put a Spell on You, Life‘s been good, Abschied von der Erde u.a.Sarah Maria Sun, SopranThe GurksMode MoDE321

    „Killer Instincts ist eine politisch in-korrekte Täterstudie. Und parodiert außerdem jene jüngste Generation rechtsnationalistischer Politiker, die über Feindbilder und simple Lösun-gen schwadronieren und damit wie-der in eine erschreckende neue Mode gekommen sind. Für diesen Zweck habe ich zynische, schwarz-humorige Monologe versammelt. Deren Sprecher sind skrupellose, faule, feige, ruhmsüchtige, geldgie-rige, machtgeile, schlaumeierische, charismatische Narzisten, die uns um den Finger wickeln. Die Immora-lität ihrer Lebensrezepte ist offen-sichtlich, dennoch werden wir ver-führt, uns mit diesen charmanten Biestern zu identifizieren.

    Charmante BiesterInteressanterweise sind solche

    Monologe in der klassischen Musik kaum zu finden. Darum beschloss ich, mich um Genres, Schubladen und Gender-Fragen nicht zu scheren und nur nach Inhalten zu gehen. Also geben sich jetzt sehr unterschiedliche Komponisten und Textdichter auf diesem Album die Hand. Es ist eine schräge Versammlung von stilistisch total unterschiedlichen Songs. Und dennoch ist das Album als ein ein-ziger Organismus konzipiert. Fazit: Killer Instincts könnte sowohl Erste Hilfe leisten wenn man dringend mal wieder über die menschliche Natur lachen und weinen oder sich gruseln muss. Es ist außerdem eine vergnüg-liche Reise in den Schuhen von Böse-wichten. Vermutlich handelt es sich um eine geradezu moralische Plat-te...“ (Sarah Maria Sun)

  • CLASS : aktuell Im Blickpunkt

    23CLASS: aktuell -Magazin 2020/1

    Katalog

    Anton Bruckner (1824 -1896)Sinfonie Nr. 4 & 7Staatskapelle DresdenHerbert BlomstedtMDG 650 2150-2 (2 CDs)

    Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 -1847)Camille Saint-Saëns (1835 -1921)ViolinsonatenJean-Jacques Kantorow, ViolineJacques Rouvier, KlavierMDG 650 2153-2 (2 CDs)

    Karol Szymanowski (1882 -1937)Streichquartette Nr. 1 & 2 Sonate für Violine und Klavier op. 9César Franck (1822 -1890)Sonate für Violine und Klavier Anton Webern (1883 -1945)Quartet Movement Carmina QuartetChee -Yun, ViolineAkira Eguchi, KlavierMDG 650 2167-2 (2 CDs)

    Staatskapelle Dresden und Herbert Bloomstedt mit Anton Bruckner

    Mit der legendären Einspielung der 4. und 7. Sinfonie durch die Staats-kapelle Dresden unter ihrem damali-gen Chefdirigenten Herbert Blom stedt beginnt eine Kooperation, die Auf-sehen erregen dürfte: In der Edition Denon – MDG veröffentlicht MDG hochkarätige Aufnahmen aus dem umfangreichen Denon - Katalog, die nach dem Rückzug von Nippon Co-lumbia auf dem asiatischen Markt für Musikliebhaber in anderen Teilen der Welt unzugänglich geworden sind. Schon die ersten Kostproben zeigen: Da ist noch Großes zu erwarten!

    Die Vierte und Siebte gehören zu den populärsten Sinfonien Anton Bruckners. Das Vorbild Wagner ist nicht zu überhören, besonders die Vierte, die den Beinamen „Roman-tische“ trägt, taucht tief ein in die Empfindungswelt früherer Tage. Das berühmte Hornsolo zu Beginn erin-nert – mehr in der Haltung denn als Zitat – an Wagners „Lohengrin“. Der überaus selbstkritische Bruckner hinterließ mehrere Fassungen und Überarbeitungen, die Leopold Nowak erst in den 1950er Jahren für die Bruckner-Gesamtausgabe in eine übersichtliche und spielbare Form brachte.

    Ganz anders dagegen die Sieb-te: Schon bei der Uraufführung ein Riesenerfolg, erfuhr diese Sinfonie ausnahmsweise keine grundlegen-den Umarbeitungen. Blockhafte, ab-rupte Klang- und Farbwechsel erin-nern an die Manualwechsel einer gigantischen Orgel. Kein Wunder: Bruckner war auch ein überaus ta-lentierter Organist. „Seit Beethoven ist nichts auch nur Ähnliches ge-schrieben worden!“ jubelte Arthur Nikisch, Dirigent der Leipziger Ur-aufführung.

    Die Staatskapelle Dresden ist wie geschaffen für Bruckners Musik. Richard Wagner nannte sie seine „Wunderharfe“, Herbert von Karajan charakterisierte den Klang dieses ältesten Orchesters der Welt als „Glanz von altem Golde“. In Herbert Blomstedts Deutung der beiden Sinfonien von 1981 findet sich all das und noch viel mehr. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein!

    Carmina Quartet mit Karol Szymanowski und Anton Webern

    Karol Szymanowski gehört zu den ganz großen Klangzauberern, und es ist ein Jammer, dass seine vielfar-big schimmernde, an Strauss und Wagner geschulte Musik so wenig gespielt wird. Eine der ersten Aufnah-men, die das renommierte Carmina Quartet 1991 für Denon eingespielt hat, erweist dem polnischen Kom-ponisten die verdiente Ehre. Gemein-sam mit Szymanowskis Violinsonate und deren Vorbild von César Franck, gespielt von Chee-Yun und Akira Eguchi sind diese maßstabsetzen-den Einspielungen dank der Neu-veröffentlichung bei MDG jetzt wie-der erhältlich.

    Als Szymanowski sein erstes Streichquartett schrieb, hatte er schon allerhand Großformatiges zu Papier und Gehör gebracht. Freier im Umgang mit Themen und Motiven, findet er zu ungewohnten Formen. Das erste Quartett ist eigentlich ein Fragment, die geplante und in den Wirren des Ersten Weltkriegs dann nicht mehr realisierte Schluss-fuge liefert Szymanowski im zwei-ten Quartett nach.

    Die hat es allerdings in sich: In genialer Kombination von Doppelfu-ge, Sonaten- und Variationssatz be-weist Szymanowski nicht nur sein brillantes kompositorisches Können, auch die schwebende Tonalität trägt zum irisierenden Charakter dieses Meisterwerks bei. Seine hochexpres-sive Violinsonate aus jüngeren Jahren zeigt den spätromantischen Über-schwang, der sich nicht zuletzt an den Werken von Brahms, Strauss und Franck orientiert.

    Chee-Yun und Akira Eguchi mit César Franck

    Francks Sonate gehört zu den Meilensteinen der Violinliteratur; die meisterhafte motivische Verknüpfung zwischen den Sätzen gibt diesem Spätwerk eine zyklische Geschlos-senheit, die ihresgleichen sucht. Der Tonfall gerade des ersten und drit-ten Satzes lässt den französischen Impressionismus vorausahnen – eine ideale Ergänzung zu den bezau-bernden Klängen Szymanowskis.

    Duo Kantorow und Rouvier mit Camille Saint-Saëns und Felix MendelssohnDieses aufregende Doppelalbum ver-eint, was scheinbar auseinander-strebt: Felix Mendelssohn Bartholdys Violinsonaten, darunter das überra-schend originelle F-Dur-Werk des 11jährigen Wunderkinds, und Camille Saint-Saëns´ Beiträge zur selben Gat-tung, die den ebenfalls als Wunder-kind gestarteten, inzwischen aber gereiften Komponisten zeigen. Jean Jacques Kantorow und Jacques Rouvier präsentieren diesen sorg-fältig bewahrten Schatz aus dem legendären Denon-Archiv ganz un-prätentiös als das, was es ist: Gro-ße Musik.

    Typisch für Saint-Saëns ist die brillante Schreibweise, besonders in der ersten Sonate. Bei der Urauffüh-rung begeisterte das Stück unter anderem auch Marcel Proust, der Werk wie Komponist in der Figur des Vinteuil und seiner Sonate in „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ ein berühmtes literarisches Denk-mal setzte.

    Das möglicherweise Anrüchig-Brillante war es vielleicht auch, das den selbstkritischen Mendelssohn veranlasste, seine Sonate von 1838 nicht zu veröffentlichen. Erst Yehudi Menuhin hob das Stück, das im Werk des Komponisten eine Sonderstel-lung einnimmt, aus der Versenkung. Die selten gespielte Sonate ebnet deutlich den Weg zum grandiosen Violinkonzert, das wenig später ent-stand. Die F-Dur-Sonate von 1820 hingegen ist noch deutlich an Haydn orientiert, während das aufwühlende f-Moll-Stück des Frühvollendeten nur wenige Jahre später Beethovens Sturm und Drang fortsetzt.

    Zu den Frühvollendeten gehört auch Jacques Rouvier: Bereits mit 14 Jahren schloss der vielseitige Pianist sein Studium ab – natürlich mit Bestnote. Und in Jean-Jacques Kantorows Geigenspiel verbindet sich die familiäre russische Tradi-tion mit der belgisch-französischen Violinschule aufs Vorteilhafteste. Die vielen Facetten dieses lange vergriffenen Kleinods dürften in der Neuauflage nicht nur Sammlerau-gen zum Strahlen bringen.

  • Mit STEGREIF.orchester | Apollon Musagète QuartettValer Sabadus & Musica Alta Ripa | Kimmo Pohjonen

    Vocalensemble Kassel | Ines Schüttengruber & trust your earsSpark – die klassische Band & Kammerorchester Louis Spohr

    hr-Sinfonieorchester | u. a.

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