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Einführung in das Recht Ausbildung höherer bau- technischer Verwaltungsdienst RD Gerd Pfeffer

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Einführungin das Recht

Ausbildung höherer bau-technischer Verwaltungsdienst

RD Gerd Pfeffer

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Was ist Recht?

„Recht ist das, was Alle befolgen sollten, weil jedes Recht Erfindung undGeschenk der Götter ist, der Beschluss weiser Männer, eine Korrekturabsichtlicher oder unabsichtlicher Irrtümer, ein Gesamthands-vertrag mitdem Staate, dem alle Untertanen gemäß zu leben gehalten sind.“

Demosthenes„Recht ist die höchste, der Natur eigene Vernunft, welche vorschreibt,was getan werden sollte und die das Gegenteil verbietet.“

Cicero„Gesetze werden gemacht, damit der Stärkere seinen Willen nicht in allenDingen durchsetzt.“

Ovid

„Recht ist ein System sozialer Beziehungen, das dem Interesse der herr-schenden Klassen dient und daher von deren organisierter Macht, d.h. demStaat, unterstützt wird.“

Russisches Strafgesetzbuch, Art. 590„Zwischen dem Starken und dem Schwachen ist es die Freiheit, die unter-drückt, und das Gesetz, das befreit.“

Rousseau„Gesetz und Rechtsprechung sind auch im Rechtsstaat nur schöner Schein,wenn die Interessen der Obrigkeit oder unfähige Richter im Spiel sind.“

Prof. Querulix

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Was ist Recht?

„Recht ist der Inbegriff derBedingungen, unter denen die Will-kür des Einen mit der Willkür desAnderen nach einem allgemeinenGesetz der Freiheit zusammenvereinigt werden kann.“

Kategorischer Imperativ: „Handlenur nach derjenigen Maxime, durchdie du zugleich wollen kannst, dasssie ein allgemeines Gesetz werde.“

Immanuel KantMetaphysik der Sitten

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Recht als Verhaltensnorm

Umgangsformen als VerhaltensnormSozialnormenberuhen auf Konventionen, Höflichkeitsregeln,Bräuchen und Gepflogenheiten (z.B. Berufsregeln),auch als Sitte bezeichnet.

Sitte als Ordnung der Beziehungen zwischen Menschendurch gesellschaftlichen Druck

Sittlichkeit / Gesinnungist nicht außen-, sondern innen-, gewissensorientiertund ordnet die Beziehungen zwischen Menschendurch Moral, Ethik oder Religion.

Goldene Regel: „Was du nicht willst, dass man dir tu, dasfüg auch keinem anderen zu!“

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Recht als Verhaltensnorm

Gesinnungsorientierte VerhaltensnormenEthik, Religion und Moral als Verhaltensnorm

Die 10 Gebote:…

Du sollst nicht töten.

Du sollst nicht ehebrechen.

Du sollst nicht stehlen.

Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

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frühe Rechtsnormen

Rechtsgeschichte~ 3.000 v. Chr.: Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien~ 1.750 v. Chr.: König Hammurabi von Babylon; Codex Hammurabi~ 400 v. Chr.: 5 Bücher Mose (Hauptteil des Alten Testaments)

Rechtsnormen§ 233 Codex Hammurabi:

Wenn ein Baumeister jemandem ein Haus erstellt hat und das Werkfehlerhaft ist, so daß eine Wand einstürzt, so soll der Baumeisterauf eigene Kosten die Wand verstärkt errichten.

1. Produkthaftungsnorm

5. Mose 22, 8:Wenn du ein neues Haus baust, so machein Geländer ringsum auf dem Dache,damit du nicht Blutschuld auf dein Hausladest, wenn jemand herabfällt.

1. bautechn. Norm;vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LBOAVO

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Verhaltensnorm / Rechtsnorm

Verhaltensnorm2. Mose 20, 15:

Du sollst nicht stehlen.

Rechtsnorm§ 242 StGB:

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in derAbsicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen, wird mitFreiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft(2) Der Versuch ist strafbar.

Rechtsnorm = Verhaltensnorm + Sanktion„wenn“ „dann“

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Begriff des Rechts

Rechtsnormenaußenorientierte Verhaltensnormen, ggf. mit staatl. Sanktionrichten sich an eine Vielzahl von Personen

generelle Anordnung

zur Regelung einer unbestimmten Vielzahl von Fällenabstrakte Anordnung

regeln das Verhältnisvon Menschen untereinander (Ebene der Gleichordnung) oderder menschen zu Hoheitsträgern („Staat“, Über-/Unterordnung) oderzwischen den Hoheitsträgern (Staatsorganisation)

Rechtist die Gesamtheit aller Vorschriften, durch die das Verhältnisvon Menschen zueinander oder zu den übergeordnetenHoheitsträgern oder zwischen diesen geregelt ist.

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Begriff und Wirkungsweise des Rechts

Recht ist abstraktEs betrifft eine unbestimmte Vielzahl von Sachverhalten, dienicht von vornherein bestimmt sind.

Recht ist allgemeinEs betrifft eine unbestimmte Vielzahl von Personen.

Recht ist verbindlichSeine Geltung wird vom Staat und seinen Institutionendurchgesetzt.

Recht ist publikEs ist der Öffentlichkeit zugänglich (gilt erst nachBekanntmachung); ein Geheimrecht gibt es im Rechtsstaat nicht.

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Funktionen des Rechts

Funktionen des RechtsOrdnungsfunktion

Ordnungsregeln sollen ein gedeihliches Zusammenleben derMenschen ermöglichen.

GerechtigkeitsfunktionRecht dient der Durchsetzung von „Gerechtigkeit“.

HerrschaftsfunktionRecht sichert die Herrschaft derjenigen Personen undInteressen, die die politische und ökonomische Machtinnehaben.

HerrschaftskontrollfunktionAuch staatliche Herrschaft ist an das Recht gebunden undunterliegt einer rechtlichen Kontrolle.

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Funktionen des Rechts

Funktionen des RechtsOrdnungsfunktion Sicherheitsfunktion Ausgleichsfunktion

Ziel:Ordnung der Beziehungen zwischen Menschen durch bindende Regeln, die

ggf. mit Zwang durchgesetzt werden (= äußerer Druck + Zwang).

Sitte Moral

Ungeschriebene Regeln derHöflichkeit und des Anstands

Innere Gesinnung eines Menschen,die durch das Gewissen motiviert ist

Ziel:Ordnung der Beziehungen zwischen Menschen durch gesellschaftlichen

– äußeren – (Sitte) oder gesinnungsorientierten – inneren – Druck (Moral).

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Recht und Rechtswissenschaft

Recht ist der festgeschriebene Zustand des politischen undgesellschaftlichen „Kampfes ums Recht“.

Recht ist ein HerrschaftsinstrumentRecht dient der regelorientierten, verfahrensmäßigenKanalisierung von menschlichen Konflikten.

Recht ist ein formalisiertes Verfahren zum InteressenausgleichRecht ist nicht zu verwechseln mit Gerechtigkeit

Rechtsordnung ist die Summe aller gesetzlichen Normen sowiealler rechtlichen Entscheidungen und der entscheidungsleitendenGesichtspunkte.

Rechtswissenschaft ist eine Sozialwissenschaft, derenErkenntnisinteresse sich auf die Produktion verbindlicher(„richtiger“) Entscheidungen richtet.

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Recht und Staat

Mensch als „zoon politikon“(Aristoteles, Schrift über die Politik)Staat als Schutz- / Friedensordnung(„homo homine lupus est“, Hobbes)

„Zwischen dem Starken und dem Schwachen ist es die Freiheit, dieunterdrückt, und das Gesetz, das befreit.“(Rousseau)

Demokratische Rechtfertigung(„Contract social“, Rousseau)

Der Mensch ist frei, aber staatliche Ordnung dient der Erhaltung desEinzelnen.

Art. 1 Verfassung d. Landes Baden-Württemberg(1) Der Mensch ist berufen, in der ihn umgebenden Gemeinschaft seine Gaben

in Freiheit und in der Erfüllung des christlichen Sittengesetzes zu seinemund der anderen Wohl zu entfalten.

(2) Der Staat hat die Aufgabe, den Menschen hierbei zu dienen. Er fasst die inseinem Gebiet lebenden Menschen zu einem geordneten Gemeinwesenzusammen, gewährt ihnen Schutz und Förderung und bewirkt durch Gesetzund Gebot einen Ausgleich der wechselseitigen Rechte und Pflichten.

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Verfassungsrecht

StaatsverfassungDie Verfassung eines Staates ist die Gesamtheit der(geschriebenen oder ungeschriebenen) Rechtsnormen,welche die Grundordnung des Staates festlegen.

In aller Regel enthält die Verfassung Normen zurStaatsform, zur Einrichtung und den Aufgaben derobersten Staatsorgane und zur Rechtsstellung derBürger eines Staates.

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG)Verfassungen der Bundesländer

Verfassung des Landes Baden-Württemberg

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Staatsprinzipien

Art. 20 GG(1) Die Bundesrepublik Deutschlandist ein demokratischer und sozialerBundesstaat.(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volkeaus. Sie wird vom Volke in Wahlen undAbstimmungen und durch besondereOrgane der Gesetzgebung, dervollziehenden Gewalt und derRechtsprechung ausgeübt.(3) Die Gesetzgebung ist an dieverfassungsmäßige Ordnung, dievollziehende Gewalt und dieRechtsprechung sind an Gesetz undRecht gebunden.(…)

StaatsprinzipienArt. 20 GG

Republik

Bundesstaat

Demokratie

Gewaltenteilung

Rechtsstaat

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Die staatliche Ordnung

Bundesstaatliche Gliederung(Föderalismus)

Föderalismus = vertikale Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern(Bundesstaatsprinzip)Zentrale Kompetenznorm ist Art. 30 GG:

Zuständig sind die Länder, es sei denn der Bund ist zuständig(Regel-Ausnahme-Verhältnis)Konkretisiert durch Art. 70, 83, 92 GG

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GewaltenteilungFö

dera

lism

us

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Die rechtstaatliche Ordnung

RechtsstaatsprinzipGewährleistung persönlicher Grundrechte, Art. 1 Abs. 3 GGGewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 GG

Legislative, Exekutive, JudikativeGesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, Art. 20 Abs. 3 GG

Vorrang der Verfassung, Vorrang des Gesetzes, Vorbehalt desGesetzes

RechtssicherheitBestimmtheitsgebot, Normenklarheit, Vertrauensschutz,Rückwirkungsverbot

Grundsatz der Verhältnismäßigkeitlegitimer Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheitstaatlicher Maßnahmen bei Grundrechtseingriffen

Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG

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Grundrechte

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Grundrechte

Grundrechte sind insbes. die in Art. 1 - 19 GG enthaltenen RechteFreiheitsrechteGeben dem Bürger ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat:

Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG)Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG)Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG)Gewissensfreiheit (Art. 4 GG)Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1, 1. Halbs. GG)Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1, 1. Alt. GG)…

GleichheitsrechteSchützen den Bürger vor Ungleichbehandlung durch den Staat:

Allgemeiner Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG)Spezielle Gleichheitssätze (Art. 3 Abs. 3 S. 1 u. 2, Art. 6 Abs. 5 GG)…

Staatsbürgerliche RechteGeben dem Staatsbürger ein Recht auf Teilhabe

Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG)Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG)Gleichheit staatsbürgerlicher Rechte (Art. 33 Abs. 1 GG)Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 38 Abs. 2 GG)…

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Bundesrecht / LandesrechtNach Art. 70 Abs.1 GG haben die Länder das Recht derGesetzgebung, soweit das Grundgesetz es nicht auf den Bundübertragen hat.

Bundesgesetze sind Rechtsvorschriften, die auf Bundesebeneerlassen werden.

Bundeskompetenzen sind in Art. 73 und 74 GG enumerativaufgezählt.

ausschließliche / konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 71 und 72 GG)z.B.: BGB, StGB, BauGB, BImSchG, BNatSchG, FstrG, StVG, LuftVG….

Landesgesetze sind Rechtsvorschriften, die auf Landesebeneerlassen werden.

Länderkompetenzen werden nicht einzeln aufgeführtzu ihrem Kernbereich gehört:

Polizeirecht - PolGKommunalrechtBildung und Kultur (sog. „Kulturhoheit der Länder“)Bauordnungsrecht (Landesbauordnung - LBO)Gaststättenrecht…

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Formen des Rechts

formelles Gesetzim Gesetzgebungsverfahren vom Parlament eines Staates erlassenerRechtsakt

Verfassunglegt Grundordnung des Staates fest; d.h. bestimmt Struktur undFunktionen und regelt Grundverhältnis zu den Bürgerneinfaches Gesetzjede Rechtsnorm, die zugleich formelles und materielles Gesetz ist undkeinen Verfassungscharakter bzw. verfassungsändernden Charakter hat

materielles Gesetz,jede Rechtsnorm, d.h. generell-abstrakte hoheitliche Anordnung, die sichan eine Vielzahl von Personen zur Regelung einer unbestimmten Zahl vonFällen wendet

Rechtsverordnungmaterielles Gesetz, das aufgrund besonderer Ermächtigung von derExekutive erlassen wird (z.B. § 73 Abs. II LBO, LBOVVO)Satzungmaterielles Gesetz, das von einer juristischen Person des öffentlichenRechts aufgrund verliehenen Satzungsrechtes für eigene Angelegen-heiten erlassen wird (z.B. Bebauungsplan gem. § 10 Abs. 1 BauGB)

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Formen des Rechts – Gesetz

Rechtssätze, die vom Träger der gesetzgebendenGewalt (Legislative) in Form und Verfahren, die inder Verfassung vorgeschrieben sind, erlassenwerden.

generellrichten sich an alle der Rechtsordnung unterworfenenMenschen

abstraktregeln eine unbestimmte Anzahl von Fällen

materiellbegründen oder ändern unmittelbar Rechte undPflichten der Betroffenen

BeispieleBürgerliches Gesetzbuch – BGBBaugesetzbuch – BauGBLandesbauordnung – LBO

Gesetze

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Formen des Rechts – RVO

Rechtssätze, die nicht von der Legislative, sondernvon Organen der vollziehenden Gewalt (Exekutive)in einem besonderen Verfahren erlassen werden.Als Durchbrechung des Prinzips der Gewalten-teilung ist besondere gesetzliche Ermächtigungerforderlich (Art. 80 Abs. 1 GG).

generellabstraktmateriell

BeispieleStraßenverkehrsordnung – StVOBaunutzungsverordnung – BauNVOAusführungsVO zur Landesbauordnung – LBOAVO

Rechtsverordnung

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Formen des Rechts

Unterscheidung nach RegelungszweckMaterielles Recht

Regelungen des Inhalts der Rechtsbeziehungen zwischen denBeteiligten

Verfahrensrecht / ProzeßrechtDurchsetzung der RechtsbeziehungenAufbau und Organisation der Behörden und GerichteZuständigkeitsregelungVerfahrens- und Beweisrecht

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rechtsnormen

Rechtsnormen sindalle Vorschriften, die dasVerhältnis von Menschenzueinander oder zu denHoheitsträgern („Staat“) oderzwischen den Hoheitsträgernregeln

parlamentarische GesetzeRechtsverordnungen aufgrundvon GesetzenSatzungenu.U. Gewohnheitsrecht

Keine Rechtsnormen sindGesellschaftliche Normen

„Konventionen“Höflichkeitsregeln

Religiöse NormenFastenzeit

gesellschaftliche / religiöseNormen können mit rechtlichenNormen übereinstimmen

„Du sollst nicht töten!“„Sonntagsruhe“

Technische Normen (z.B. DIN),aber: technische Normen könnenin das Recht einbezogen sein(z.B. § 3 Abs. 3 LBO, LTB)

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Exkurs: Verwaltungsvorschriften

Verwaltungsvorschriften (VwV) sindGenerell-abstrakte Regelungen oder Anordnungen einer Behördegegenüber nachgeordneten Behörden oder eines Vorgesetzengegenüber ihm unterstellten Verwaltungsbediensteten

Beschränkung auf verwaltungsinternen Bereich („Innenrecht“)

Verbindlichkeit für Behörden und deren Bedienstete aufgrund desWeisungsrechts der übergeordneten Instanz (z.B. § 47 Abs. 5 S.1 LB0)

Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe

Ermessensbindung

keine Herleitung unmittelbarer Rechte für Bürger

kein Rechtsschutz unmittelbar gegen Verwaltungsvorschrift

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Normenhierarchie

Völker-und

Europarecht

Verfassungendes Bundes und

der Länder

Gesetze des Bundesund der Länder

Normenpyramide

Bundesrecht (jeder Ebene)bricht Landesrecht

Verordnungen der Bundes-und der Länderverwaltungen

Satzungen der Selbstverwaltungsträger

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Rechtsquellen und Normkategorien

NormenhierarchieBundesrecht

• Grundgesetz• Formelle Bundesgesetze• Rechtsverordnungen des Bundes• Satzungen bundesunmittelbarer jur. Personen des öffentl. Rechts

(z.B. Bundesagentur für Arbeit)

Landesrecht• Landesverfassung• Formelle Landesgesetze• Rechtsverordnungen des Landes• Satzungen landesunmittelbarer jur. Personen des öffentl. Rechts,

z.B. Hochschulsatzungen (Prüfungsordnungen)• Satzungen der Kommunen (Gemeinden/Landkreise) und der

Gemeindeverbände (z.B. Abfallzweckverband)

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Normenkollision

Höherrangiges Recht „bricht“ nachrangiges Recht„Nichtigkeit“ des nachrangigen Rechts bei Widerspruch zuhöherrangigem RechtAufhebung oder Änderung eines Rechtssatzes nur durchgleichrangigen oder höherrangigen RechtsatzBundesrecht bricht Landesrecht, Art. 31 GG

Lex posteriorJüngeres Gesetz geht älterem Gesetz vor

lex specialisSpezielleres Gesetz geht allgemeinerem Gesetz vor

z.B. § 64 Abs. 1 LBO ./. § 47 Abs. 1 S. 2 LBO

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Rechtsgebiete

ÖffentlichesRecht

Zivilrecht

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Öffentliches Recht / Zivilrecht

Öffentliches Rechtregelt das Verhältnis des Einzelnen zum Staat und den übrigenTrägern öffentlicher Gewalt und das Verhältnis der Trägeröffentlicher Gewalt untereinander

Regelungen i.d.R. verbindlich (unabdingbar)

Privatrechtregelt die Rechtsbeziehungen der Einzelnen untereinander

VertragsfreiheitPacta sunt servandaRegelungen sind teils verbindlich, teils dispositiv

UnterscheidungÖffentliches Recht:

Über- / Unterordnungsverhältnis Staat / BürgerVerhältnis der Staatsorgane zueinander

Privatrecht:Gleichordnung der Beteiligten

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Systematik des deutschen Rechts

Recht

Privatrecht

BürgerlichesRecht

Handelsrecht

Gesellschafts-recht

...

ÖffentlichesRecht

Staatsrecht

Verwaltungs-recht

Steuerrecht

Strafrecht ist eineigenes Rechtsgebiet

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Rechtsgebiete

Privatrecht

•Rechtsverhältnisder Bürgeruntereinander

•Privatperon(natürliche,juristische)

•BürgerlichesGesetzbuch (BGB)

•Verträge(Gleichordnung)

Öfftl. Recht

•RechtsverhältnisBürger/Staat undstaatsintern

•Privatperson•Staat

•Bund•Land•Kommune

•Staat – Staat•Staat - Bürger•Verfassungsrecht•Verwaltungsrecht

Strafrecht

•RechtsverhältnisStaat/nat. Person

•StGB, NebenstrafR•Gewaltmonopol des

Staates•Sanktionen

•Freiheitsentzug•Geldstrafen

•Eingriff inFreiheitsrechte

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Rechtsgebiete des Öffentl. Rechts

ÖffentlichesRecht

Staatsrecht

Grundgesetz• sonstige staatsordnendeNormen

• PartG, WahlG• BVerfGG

Verwaltungsrecht

Allg. Verwaltungsrecht:• Verwaltungsaufbau• Verwaltungsorganisation• Verwaltungsverfahren• Handlungsformen

Bes. Verwaltungsrecht:• Polizei-/Ordnungsrecht• Baurecht• Umweltrecht• Kommunalrecht

Europarecht Völkerrecht

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Verwaltungsrecht

Rechtsnormen, die das hoheitliche Tätigwerden deröffentlichen Verwaltung bestimmen.

GrundgesetzAllgemeines Verwaltungsrecht

gilt für alle Gebiete der öffentlichen Verwaltungz.B. Bundes-/Landes-Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)

Besonderes Verwaltungsrechtgliedert sich in Fachgebiete, z. B.

Baurecht (BauGB, LBO)Polizeirecht (PolG)Gewerberecht (GewO)Straßenrecht (Bundesfernstraßengesetz – FstrG -, Straßengesetzed. Länder - StrG -…

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Was ist Verwaltung?

Verwaltung ist ein Teil staatlicher TätigkeitVerwaltung ist nicht

Gesetzgebung= Erlass von Rechtsnormen durch Verabschiedung durch die Parlamenteund anschließender Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt und in denLandesgesetzesblättern (formaler Gesetzgebungsbegriff)

Rechtsprechung= richterliche Tätigkeit (vgl. Art. 92 GG)

Regierung= Wahrnehmung überwiegend politischer Führungstätigkeiten(staatsleitende Akte, die nicht Gesetzgebung oder Rechtsprechung sind)

Exekutive(vollziehende Gewalt)

Regierung Verwaltung

Judikative(Rechtsprechung)

Legislative(Gesetzgebung)

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Was ist Verwaltung?

Verwaltung:Umsetzung der von Gesetzgebung und Regierung bestimmtenVorgabenjede Staatstätigkeit, die nicht Gesetzgebung, Rechtsprechungoder Regierung ist

Negative Abgrenzung zu übrigen Staatstätigkeiten

Verwaltung im materiellen Sinne ist die verantwortlich,zweckbestimmt, idR organisiert und fremdnützig ausge-führte Wahrnehmung von Angelegenheiten im Bereich desöffentl. Rechts, insbes. durch Erlass entsprechenderEntscheidungen.

vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., 1999, § 2 RNr. 12

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Begriff und Aufgaben der VerwaltungVerwaltung ist im

organisatorischen Sinn:Gesamtheit der Stellen, die überwiegend materielle Verwaltungstätigkeit ausüben

formellen Sinn:die von (Verwaltungs-)Behörden ausgeübte Tätigkeit

materiellen Sinn:diejenige Staatstätigkeit, die nicht Gesetzgebung und nicht Rechtsprechung ist

Aufgaben der VerwaltungOrdnungsverwaltung

Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit und OrdnungLeistungsverwaltung

Existenzsicherung und DaseinsvorsorgeAbgabenverwaltung

Erhebung der Steuern und sonstigen AbgabenBedarfsverwaltung

Beschaffung der für die Durchführung der Verwaltungsaufgaben benötigtenSachmittel

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Verwaltungskompetenz

Grundsatz Art. 83 GG:„Die Länder führen die Bundesgesetze als eigeneAngelegenheit aus…“

Landeseigener Vollzug von Bundesgesetzen (Regelfall)

Ausnahme:„…soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmtoder zulässt.“

Bundeseigener Vollzug von Bundesgesetzen(Art. 86 - 87b GG)Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG)

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Verwaltungsausführung

Länder vollziehen:(Landes-) und Bundesgesetze

im Weg des landeseigenen VollzugsLänder richten Behörden ein undregeln das Verwaltungsver-fahren (Art. 84 Abs. 1 S. 1 GG)Bund übt die Rechtsaufsicht aus(Art. 84 Abs. 3 S. 1 GG), d.h.Kontrolle, ob gesetzlicheVorschriften eingehalten werden

Bund vollzieht:Bundesgesetze in bundeseigenemVollzug (Art. 86 GG)

im Weg der BundesauftragsverwaltungLänder richten Behörden ein, es seidenn, ein Bundesgesetz (Zustim-mungsgesetz) bestimmt anderes(Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG)zuständige oberste Bundesbehör-den sind gegenüber den Landesbe-hörden weisungsberechtigt(Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG)Landesbehörden unterstehen derRechts- und Fachaufsicht desBundes, d.h. Aufsicht über Rechts-und Zweckmäßigkeit(Art. 85 Abs. 4 GG)

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Verwaltungsaufbau

3-gliedriger VerwaltungsaufbauOberste Behörden

Bundes-/Landesregierung, Bundeskanzlerbzw. Ministerpräsident, Ministerien

Doppelfunktion: einerseitsVerfassungsorgan mit staatsleitenderFunktion, andererseits VerwaltungsbehördeLandesweite Zuständigkeit

MittelbehördenRegierungspräsidien, Oberfinanzdirektion

Jeweils unmittelbar der obersten BehördenachgeordnetNur für einen Teil der Bundes-/ Landes-verwaltung (örtl./sachl.) zuständig

Untere BehördenBaurechtsamt, Finanzamt …

Unterstehen jeweils der MittelbehördeSachlich beschränkte Zuständigkeit auf einFachgebietÖrtlich beschränkte Zuständigkeit auf einenbestimmten Teil des Verwaltungsgebietes

Aufbau der Baurechtsbehördenin Baden-Württemberg

untere Baurechtsbehörden§ 46 Abs. 1 Nr. 3 LBO

Regierungspräsidienhöhere Baurechtsbehörden

§ 46 Abs. 1 Nr. 2 LBO

Ministerium f. Verkehr und InfrastrukturUmweltministerium

oberste Baurechtsbehörden§ 46 Abs. 1 Nr. 1 LBO

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Verwaltungsaufbau Baden-Württemberg

7 - 9 10 - 21 23 - 26

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Landesregierung Baden-Württemberg

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Zuständigkeitsordnung

Die Zuständigkeitsordnungschafft für Bürger einen Ansprechpartner für die ihnbetreffenden Verwaltungsaufgaben,soll sicherstellen, daß diejenige Stelle des öffentlichen Rechts(Behörde) eine Verwaltungsaufgabe wahrnimmt, die hierfür nachAusrichtung / Ausstattung am besten geeignet ist,gewährleistet durch Schaffung von Verantwortungsbereichen,daß gesetzliche Regeln tatsächlich umgesetzt werden.

Verteilung von Zuständigkeiten zwischen einzelnenVerwaltungseinheiten als Bedingung des tatsächlichenNormenvollzugs im Rechtsstaat

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Zuständigkeitsarten

Fachliche ZuständigkeitZuweisung bestimmter Sachaufgabenist jeweils in Fachgesetzen festgelegt

z.B. § 47 Abs. 1 S. 1 LBO: Die Baurechtsbehörden haben darauf zu achten,dass die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung und den Abbruch von Anlagenund Einrichtungen im Sinne des § 1 eingehalten und die auf Grund dieserVorschriften erlassenen Anordnungen befolgt werden.

Sachliche (instanzielle) ZuständigkeitEntscheidungsbefugnis der Behördenstufe im mehrstufigenVerwaltungsaufbau

z.B. § 48 Abs. 1 LBO: Sachlich zuständig ist die untere Baurechtsbehörde

Örtliche Zuständigkeiträumliche Grenzen des Tätigkeitsbereichs einer Behördeist allgemein in § 3 LVwVfG, oft auch in Fachgesetzen geregelt,z.B. § 206 Abs. 1 BauGB

Funktionelle Zuständigkeitbehördeninterne Geschäftsverteilung

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Geschäftsverteilung

Organisationsaufbau eines Landratsamts (Beispiel)

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Verwaltungshandeln

Verwaltungdurch tatsächliches Handeln

„schlichtes Verwaltungshandeln“Auskunftserteilung

durch Abschluß privatrechtlicher VerträgePrivatrechtliche Willenserklärungen

Kauf eines Grundstücks

durch Abschluß öffentlich-rechtlicher Verträge (§§ 54 ff LVwVfG)Änderung bestehender öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse durchVertrag zwischen Verwaltung und Bürger

Stellplatzablösevereinbarungen (BVerwGE 23, 213)

durch Erlaß von Verwaltungsakten (§§ 35 ff LVwVfG)Einseitiges Rechtsgeschäft der Verwaltung, durch welches zugunsten oder zuLasten des Bürgers verbindlich bestimmte Rechte begründet, aufgehoben,geändert oder festgestellt werden

§ 35 LVwVfGVerwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitlicheMaßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebietdes öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nachaußen gerichtet ist.

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Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der VerwaltungBindung der Verwaltung an Recht und Gesetz

Art. 20 Abs. 3 GG:Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, dievollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz undRecht gebunden.

Der Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit umfasst:Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes

Bindung der Verwaltung an bestehende GesetzeGesetzesvorrang betrifft das Verhältnisabstrakt-generelle Norm / Einzelfallentscheidung(Verhältnis höher-/niederrangige Norm ist ein Problem derNormenhierarchie)

Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes„Kein Handeln ohne Gesetz“

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Gesetzmäßigkeit der VerwaltungSinn und Gegenstand des Gesetzesvorrangs

Bindung der Verwaltung an bestehende GesetzeHandeln entsprechend den Gesetzen„Kein Handeln gegen das Gesetz“Uneingeschränkte Geltung für jedwede Verwaltungstätigkeit

Demokratische KomponenteSteuerung der Verwaltung durch das Parlament aufgrund der Gesetze

Rechtsstaatliche KomponenteVorhersehbarkeit der Verwaltungsentscheidungen: Rechtssicherheit

Sinn und Gegenstand des Gesetzesvorbehalts„Kein Handeln ohne Gesetz“

Handeln der Verwaltung nur auf gesetzlicher Grundlage (Ermächtigung)

Gesetzesvorrang Gesetzesvorbehalt

Verbietet (negativ) Verstoß gegenbestehende Gesetze

Verlangt (positiv) gesetzlicheGrundlage für Verwaltungshandeln

Verwaltungshandeln bei Fehlen einesGesetzes zulässig

Verwaltungshandeln bei Fehlen einesGesetzes unzulässig

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Grundsatz des Gesetzesvorbehalts

Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für alles in Rechte desBürgers eingreifendes Verwaltungshandeln

Grundrechtseingriffe bedürfen einer gesetzlichen Grundlage(Eingriffe in Leben, Freiheit und Eigentum)

Ermächtigungsgrundlagen(Gesetze im Sinne des Gesetzesvorbehalts):

formelle Gesetzeauf Grundlage formeller Gesetze erlassene RechtsverordnungenSatzungen

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Rechtsanwendung

Regelmäßige Zusammensetzung von Rechtssätzen:Die in einer Rechtsnorm enthaltenen Merkmale nennt man„Tatbestandsmerkmale“.An den Tatbestand einer Norm knüpft der Gesetzgeber in der Regel einebestimmte Rechtsfolge.Tatbestandsmerkmale Rechtsfolgenanordnung

Tatbestand Rechtsfolge§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB: Durch denKaufvertrag wird der Verkäufer einerSache …

… verpflichtet, dem Käufer die Sache zuübergeben und das Eigentum an der Sachezu verschaffen.

§ 823 Abs. 1 BGB: Wer vorsätzlich oder

fahrlässig das Leben, Den Körper, die

Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum

oder ein sonstiges Recht eines anderen

widerrechtlich verletzt, …

… ist dem anderen zum Ersatz des

daraus entstehenden Schadensverpflichtet.

§ 303 StGB: Wer rechtwidrig eine fremdeSache beschädigt cder zerstört, …

… wird mit Freiheitsstrafe bis zu2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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Subsumtion

Prüfung, welche Rechtsnormen im Hinblick auf ihreTatbestandsmerkmale den geschilderten Tatsachen einesLebenssachverhalts entsprechen, um danach die in Fragekommenden Rechtsfolgen ableiten zu können.

Anwendung einer Rechtsnorm auf einen konkreten Sachverhalt(= Einzelfall)

1. Schritt:Prüfung, ob der Lebenssachverhalt den gesetzlichen Tatbestanderfüllt und eine Rechtsfolge zutreffend ist= Suche der Rechtsgrundlage.2. Schritt:Der konkrete Lebenssachverhalt wird den Tatbestandsmerkmalenzugeordnet.3. Schritt:Anhand der Rechtsgrundlage wird die Rechtsfolge festgestellt.

Diese Vorgehensweise (Denkvorgang in 3 Stufen - Syllogismus) istAusgangspunkt für jede juristische Arbeitsweise.

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Subsumtion

Einordnung eines konkreten Lebenssachverhaltsunter die abstrakt formulierten Elemente einerRechtsnorm durch ein syllogistischesSchlussverfahren

ObersatzRechtsnorm

UntersatzLebenssachverhalt

SchlusssatzErgebnis des Abgleichs zwischen Ober- undUntersatzNur 2 Alternativen:

Rechtsnorm anwendbar oderRechtsnorm nicht anwendbar

Subsumtion

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Subsumtion

A beschädigt durch Unachtsamkeit das Auto des B

1. Schritt (Rechtsnorm)§ 303 StGB: Wer rechtwidrig eine fremde Sachebeschädigt oder zerstört, wird ... bestraft.

2. Schritt (Zuordnung des Lebenssachverhalts)Wer = Abeschädigt = HandlungAuto des B = fremde bewegliche Sacherechtswidrig = kein Rechtfertigungsgrundunachtsam = Fahrlässig

3. Schritt (Zuordnung der Rechtsfolge)wird ... bestraft

Subsumtion

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Generalklauseln

Typisches Erscheinungsbild von „Auffangvorschriften“baurechtliche Generalklausel § 47 Abs. 1 LBO

Satz 1(Aufgabenzuweisung): Die Baurechtsbehörden haben darauf zuachten, dass die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderenöffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung und denAbbruch von Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 eingehaltenund die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungenbefolgt werden.Satz 2 (Befugnisnorm): Sie haben zur Wahrnehmung dieser Aufgabendiejenigen Maßnahmen zu treffen, die nach pflichtgemäßem Ermessenerforderlich sind.

polizeirechtliche Generalklausel § 3 PolGDie Polizei hat innerhalb der durch das Recht gesetzten Schrankenzur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen,die ihr nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheinen.

Lex specialis: spezielleres Gesetz geht allgemeinerem Gesetz vor§ 65 S. 1 LBO ./. § 47 Abs. 1 S. 2 LBOgeneralklauseln sind also stets nur subsidiär anzuwenden

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Unbestimmte Rechtsbegriffe

Begriffe auf Tatbestandsebene, deren Inhalt undgenaue Definition nicht selbstverständlich feststehen,sondern verschiedenen Interpretationen zugänglich sindund der Auslegung bedürfen.

Beispiel: § 11 LBO - Gestaltung(1) Bauliche Anlagen sind mit ihrer Umgebung so in Einklang zubringen, daß sie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nichtverunstalten oder deren beabsichtigte Gestaltung nichtbeeinträchtigen. Auf Kultur- und Naturdenkmale und auferhaltenswerte Eigenarten der Umgebung ist Rücksicht zu nehmen.(2) Bauliche Anlagen sind so zu gestalten, daß sie nach Form,Maßstab, Werkstoff, Farbe und Verhältnis der Baumassen undBauteile zueinander und nicht verunstaltet wirken.

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Gesetzesauslegung

Juristische Methode der gesetzesauslegungUmsetzung des Willens des GesetzesVorhersehbarkeit juristischer Entscheidungen (Rechtssicherheit)

GesetzesauslegungWortlaut (grammatikalische Auslegung)Systematik (systematische Auslegung = widerspruchsfrei zumRegelungskontext)Sinn und Zweck (teleologische Auslegung)Verfassungs- und Europarechtskonforme AuslegungEntstehungsgeschichte (historische Auslegung = Wille des Gesetzgebers)

Auslegungsmethoden werden idR kombiniert angewendethistorische Auslegung ist nachrangig gegenüber anderenInterpretationsmethoden

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Rechtsanwendung

Auffinden der relevanten sachlich und zeitlichanwendbaren Normen

Bundes- oder Landesrecht?BauGB / LBO

sachlicher Anwendungsbereichz.T. Regelungen in Eingangsbestimmungen

Beispiele:§ 1 Abs. 1 BVwVfG / § 1 Abs. 1 LVwVfG§ 1 Landesbauordnung (LBO)§ 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

zeitlicher AnwendungsbereichRegelungen meist am Ende in sog. „Übergangs- undSchlußbestimmungen“

z.B. § 77 LBO, §§ 233 ff BauGB

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Rechtsanwendung

Sachlicher Anwendungsbereich im Bund-Länder-Verhältnis

Parallele Bundes- und Landesgesetze, insbes. imVerwaltungsverfahrens- und Verwaltungsorganisationsrecht

Bund (BVwVfG)Verwaltungsverfahren und Verwaltungsorganisation der Bundesbehörden(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BVwVfG)Landesverwaltung durch Landesbehörden bei Vollzug von Bundesgesetzen(§1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BVwVfG)

Länder (VwVfG der Länder)Verwaltungsverfahren und Verwaltungsorganisation der behörden desLandes, der gemeinden und gemeindeverbände … (§1 Abs. 1 LVwVfG)

Weitere Beispiele:Datenschutzgesetze, InformationsfreiheitsgesetzeRecht der Fernstraßen des Bundes (FStrG) – LandesstraßengesetzBauGB – LBO ?

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Rechtsanwendung

Beispiel:Bedarf das Telekommunikationsunternehmen T für die Verlegungneuer Telefonkabel in Stuttgart einer Baugenehmigung?

Auffinden der NormBaugenehmigung BauGB / LBO ?Regelung der Genehmigungspflicht in § 49 Abs. 1 LBO

„Die Errichtung und der Abbruch baulicher Anlagen […] bedürfen derBaugenehmigung, soweit in §§ 50 und 51 nichts anderes bestimmt ist.“

Aber: § 1 LBO – Anwendungsbereich(1) Dieses Gesetz gilt für bauliche Anlagen und Bauprodukte. …(2) Dieses Gesetz gilt1. bei öffentlichen Verkehrsanlagen nur für Gebäude,2. bei den der Aufsicht der Wasserbehörden …3. bei den der Aufsicht der Bergaufsicht unterliegenden Anlagen …,4. bei Leitungen aller Art nur für solche auf Baugrundstücken.

T benötigt eine Baugenehmigung nur für Leitungen auf denBaugrundstücken, nicht bei Verlegung in öffentl. Straßen

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Ermessen / gebundene Entscheidung

An den Tatbestand einer Norm knüpft der Gesetzgeberin der Regel bestimmte Rechtsfolgen.

Tatbestand

Rechtsfolge

Ermessen gebundene Verwaltung

Verwaltung darf bestimmte Maßnahmentreffen, muß es aber nicht(kann, darf, ist befugt …)

ggf. Auswahl zwischen verschiedenenMaßnahmen, wenn gesetzlich zugelassen

Auswahlentscheidung = gerichtlichnicht zu überprüfende Frage derZweckmäßigkeit, soweit gesetzlicheGrenzen des Ermessens eingehalten sind

Verwaltung muß die gesetzlichangeordnete Maßnahme treffen(ist zu erteilen, hat, soll, muss, darfnicht …)

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gebundene Entscheidung

Gesetz knüpft an Tatbestand eine Rechtsfolge, sodaß bei Vorliegen der Voraussetzungen einebestimmte Entscheidung zwingend zu treffen ist .

Beispiel § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO:Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben keinevon der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

Tatbestand Rechtsfolge

Bauvorhaben entspricht denö.-r. Vorschriften

Baugenehmigung ist zuerteilen

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Ermessen

§ 65 LBO - Abbruchsanordnung undNutzungsuntersagung

Der teilweise oder vollständigeAbbruch einer Anlage, die imWiderspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriftenerrichtet wurde, kann angeordnetwerden, wenn nicht auf andereWeise rechtmäßige Zuständehergestellt werden können.Werden Anlagen im Widerspruchzu öffentlich-rechtlichenVorschriften genutzt, so kanndiese Nutzung untersagt werden.

Tatbestand

Ermessen, obeingeschritten

wird

Kein Einschreiten Einschreiten

Ermessen, wieeingeschritten

wird

Abbruchsanordnung

Teil-Abbruchsanordnung

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Ermessensentscheidung

Entscheidungsspielraum / Auswahlmöglichkeit der Verwaltungauf der Rechtsfolgenseite der Norm

Gegensatz: Gebundene Verwaltung

Ermessensausübung gem. § 40 VwVfGBerücksichtigung des Zwecks der ErmächtigungBeachtung der gesetzlichen GrenzenGerichtliche Überprüfung:nur Ermessensfehler (vgl. § 114 S. 1 VwGO).

Unterscheidung zwischen norminternen und normexternen Bindungen

1. Alt.Ausübung des Ermessens entsprechend dem Zweck der Ermächtigung

Bezieht sich auf die Ermächtigung zur Ermessensentscheidung

2. Alt.Ausübung des Ermessens innerhalb der gesetzlichen Grenzen

Bezieht sich auf Grenzen des Ermessens, die sich aus anderen Gesetzenergeben (Grundrechte, Europäisches Unionsrecht)

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Ermessensfehler

Ausübung des Ermessens entsprechend dem Zweck der Ermächtigung(§ 40 Alt. 1 LVwVfG)

ErmessensmißbrauchSachfremde (mißbräuchliche) Erwägungen, zu deren Erreichung Ermessennicht eingeräumt wurde

Abbruchverfügung gemäß § 65 Satz 1 LBO gegen illegal errichtetes Wochenend-haus, weil der Eigentümer ein Auswärtiger ist

ErmessensunterschreitungBehörde verkennt, daß Ermessen eingeräumt ist, und übt das ihr eingeräumteErmessen nicht aus

Abbruchverfügung gemäß § 65 Satz 1 LBO gegen illegal errichtetes Wochenend-haus, da Sachbearbeiter meint, er sei aufgrund seiner Bindung an Gesetz und Rechtverpflichtet, ausnahmslos alle illegal errichteten Wochenendhäuser abreißen zulassen.

Kritiklose Übernahme von Standardargumenten führt häufig zu Ermessensunterschreitung

ErmessensüberschreitungIn Verkennung der Grenzen des ein Ermessen einräumenden Tatbestandes undder Ermessensgrenzen wählt die Behörde eine Rechtsfolge, die durch Gesetzabstrakt nicht (mehr) zugelassen ist

Abbruchverfügung gemäß § 65 Satz 1 LBO gegen illegal als Bordell genutztesGebäude in einer Wohngegend, um das „Übel mit der Wurzel auszureißen“

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Verwaltungsverfahren

Ablauf desVerwaltungsverfahrens

Antrag (Regelfall) oderEingriff von Amts wegen

Prüfung der VoraussetzungenAnhörung des Betroffenen

Entscheidung: Verwaltungsaktggf. WiderspruchAbhilfeprüfung

Abhilfe oderVorlage an nächsthöhere Behörde

Widerspruchsbescheid

Ausgangsverfahren

Widerspruchsverfahren

Abhilfeprüfung

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Widerspruchsverfahren

Ablauf des WiderspruchsverfahrensVerwaltungsakt (= Bescheid der Ausgangsbehörde)Widerspruch

frist: 1 Monat nach Bekanntgabe (§ 70 Abs. 1 VwGO)Prüfung des Widerspruchs

Abhilfeprüfung durch Ausgangsbehörde (§ 72 VwGO)Abhilfe oderVorlage an nächsthöhere Behörde

Prüfung und Entscheidung durch WiderspruchsbehördeWiderspruchsbescheid (§ 73 VwGO)

Widerspruchsverfahren ist Teil des Verwaltungsverfahrens,vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO:

„Gegenstand der Anfechtungsklage ist der ursprüngliche VA in derGestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat …“

Widerspruchsbehörde ist i.d.R. die nächsthöhere Behörde(§ 73 Abs. 1 VwGO), also die Fach- oder Rechtsaufsichtsbehörde

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Rechtssicherheit und Bestandskraft

BestandskraftAnfechtungsfrist: §§ 58, 70, 74 VwGO

Grundsatz: Anfechtungsfrist 1 Monat bei entsprechenderRechtsbehelfsbelehrungAnfechtung grundsätzlich nur bei Verwaltungsakten(vgl. § 68 VwGO: Anfechtung / Verpflichtung)

Aber:Möglichkeit des Wiederaufgreifens nach § 51 LVwVfGMöglichkeit der Aufhebung nach §§ 48, 49 LVwVfG

Grenze: Nichtigkeit nach § 44 LVwVfGRechtswidrigkeit ist dem VA „auf die Stirn geschrieben“

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Rechtssicherheit und Vertrauensschutz

Vertrauen auf den Bestand getroffener EntscheidungenAbsoluter Vertrauensschutz

Nur in Ausnahmefällen, zumeist im FachrechtBsp.: Beseitigung beamtenrechtlicher ErnennungAllgemeine Regel: § 48 Abs. 4 LVwVfG

Relativer VertrauensschutzGrundsätze des § 48 Abs. 2 und 3 LVwVfGVoraussetzungen:

Vertrauen auf den Bestand des begünstigenden Verwaltungsaktes„Schutzwürdigkeit“ des Vertrauens

Kein VertrauensausschlußgrundArglistige Täuschung, Drohung oder BestechungUnrichtige oder unvollständige AngabenKenntnis von Rechtswidrigkeit der BegünstigungGrob fahrlässige Unkenntnis von Rechtswidrigkeit der Maßnahme

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Rechtssicherheit und Vertrauensschutz

Vertrauen auf Zusagen/ZusicherungenGrundsatz § 38 LVwVfG

Gewährung eines Anspruchs auf zukünftigesVerwaltungshandeln ungeachtet seiner Rechtmäßigkeit

Wirksamkeitsvoraussetzung:Schriftlichkeit

Zuständigkeit der Behörde

Unmißverständliche Äußerung des Rechtsbindungswillens

keine Änderung der Sach- und Rechtslage, insbes. kein Schutz vorGesetzesänderungen (§ 38 Abs. 3 LVwVfG)

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Rechtssicherheit und Vertrauensschutz

Vertrauen aufgrund Duldens?Begründet die dauernde Hinnahme rechtswidriger Zustände einenAnspruch darauf, auch in Zukunft nicht in Anspruch genommen zuwerden?

Im Baurecht liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörden einenSchwarzbau ggf. zu dulden (= Ermessen, ob eingeschritten wird).Hieraus kann sich ein Vertrauensschutz ergeben und zur Selbst-bindung der Verwaltung führen.

Duldung kannausdrücklich als Verwaltungsakt – Duldungsverfügung – erfolgen(= aktive Duldung) oderstillschweigend (passive Duldung) erfolgen

erkennbares Duldenausgeübtes Vertrauen

Nichtwissen der Behörde bewirkt keinen Vertrauensschutz.Beachte VGH Mannheim, Urt. v. 1. 4. 2008 – 10 S 1388/06 -:Polizeiliche bzw. ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse zur Abwehrvon Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bzw. zurBeseitigung von Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnungunterliegen keiner Verwirkung.

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Rechtssicherheit und Vertrauensschutz

Vertrauen auf Gleichbehandlung?Grundsatz:Keine Gleichheit im Unrecht!

Aber: Gleichbehandlung bei Ausübung des ErmessensBeispiel: Illegales Wochenendhaus

BVerwG, NVwZ-RR 1992, 360: keine willkürliche Benachteiligungeinzelner

BVerfG, Urt. v. 2.9.2004 – 1 BvR 1860/02 -: Beseitigung der„Verschlechterung“, soweit sie über den Zustand der anderen„Schwarzbauten“ hinausreicht

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Rechtmäßiges Handeln

§36 BeamtStG:Verantwortung für die Rechtmäßigkeit

(1) Beamtinnen und Beamte tragen für die Rechtmäßigkeit ihrerdienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.(2) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungenhaben Beamtinnen und Beamte unverzüglich auf dem Dienstweg geltendzu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, haben sie sich, wenndie Bedenken fortbestehen, an die nächst höhere Vorgesetzte oderden nächst höheren Vorgesetzten zu wenden. Wird die Anordnungbestätigt, müssen die Beamtinnen und Beamten sie ausführen und sindvon der eigenen Verantwortung befreit. Dies gilt nicht, wenn dasaufgetragene Verhalten die Würde des Menschen verletzt oderstrafbar oder ordnungswidrig ist und die Strafbarkeit oderOrdnungswidrigkeit für die Beamtinnen oder Beamten erkennbar ist. DieBestätigung hat auf Verlangen schriftlich zu erfolgen.(3) Wird von den Beamtinnen oder Beamten die sofortige Ausführungder Anordnung verlangt, weil Gefahr im Verzug besteht und dieEntscheidung der oder des höheren Vorgesetzten nicht rechtzeitigherbeigeführt werden kann, gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

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juristisches HandwerkszeugGesetze

Gebundene Textausgaben, z.B. Beck Texte im dtvLoseblatt Sammlungen

EntscheidungssammlungenBVerfGE, BVerwGE, BGHZ, ESVGH …

FachliteraturLehrbücher, z.B. Dürr, Baurecht Baden-Württemberg, 12. Aufl.Kommentare, z.B. Sauter, LBO, 3. Aufl. (Loseblatt)Fachzeitschriften, z.B. NVwZ, DVBl, VBlBW

SonstigesCreifelds, Rechtswörterbuch, Verlag C.H. Beck, (Erläuterung vonRechtsbegriffen aus allen Rechtsgebieten zur schnellen Orientierung)

Zitierweise§ 58 Abs. 1 S. 1 LBO, Abkürzung: Absatz = ,,Abs.“, Satz = „S.“oder § 58 I 1 LBO§ 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c) BauGB oder § 35 IV 1 Nr. 2 c) BauGBBauGB (BGBl. I 2004, 2414); Dürr, aaO., RNr. 123; Dürr, DVBl jjjj,ssss; BVerfGE 7, 198 (202); VGH Bad.-Württ., VBlBW jjjj, ssss

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Download:

http://www.gerd-pfeffer.de/dl/einfuehrung.pdf

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