filmab! 2005 #2

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Das unabhängige Magazin zum 15. filmkunstfest Schwerin. Herausgegeben vom Jugendmedienverband MV.

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Page 1: filmab! 2005 #2
Page 2: filmab! 2005 #2

Der Wecker hat grad 7 geschlagen,Mooki hat noch nicht mal ausgeschlafen.Die Layouter, die sitzen noch,Oftmals fehlt nur noch Artikel-Stoff.Die Zeitung zum Druck, die Redaktion zurSitzung,der Tag, der eben begann, wird für uns nochrecht lang.

Das intellektuelle, gratis Zeitungsblatt,der Drucker und die Schweizer machen jetztschon schlapp. Nun muss Jojo auch noch los,die Zeitung per Hand und Anhalter noch ver-teilen - wie famos.

Recherchen, schreiben und redigieren, zwischendurch muss Mandy ein paar Broteschmieren.Die Zeit drückt, es kommt der Stress,Es ist 1 Uhr nachts, und Jule, liegt schon imBett.

Nun sitze ich um Drei noch hier,Ich dicht’ dies Gedicht, was mir fehlt, wärjetzt ein ...Jetzt ist es soweit, Steffi reicht die Zeitungein,Und unsre Rike schläft endlich selig ein.

Eure Filmabredaktion

filmab!Ausgabe 2

Editorial2

Bildnachweis: [jb] (S. 3,4,5,9,14,15); filmkunstfest (S. 6,7,8,10); [stb] (S. 12,13); [maj] (S. 11)

Wenn der Wecker dreimal klingelt

ImpressumDie filmab! ist eine unabhängige Seminarzeitung des JMMV e.V. zum filmkunstfest.Leitung: Friederike Richter, Anne-Christin MookKontakt: Wismarsche Straße 126, 19055 Schwerin

Tel: 0176 / 233 754 88, E-Mail: [email protected]: http://www.filmab.jmmv.de/

Herausgeber: Jugendmedienverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.Budapester Straße 7, 18057 Rostock

V.i.S.d.P.: Friederike RichterRedaktion: Andy Limacher [al], Anne-Christin Mook [acm], Emily Koch

[eko], Friederike Richter [fri], Johannes Barthen [jb], Johannes Haefke [joh], Juliane Schirmann [ju], Karen Obenauf [ko], Mandy Jochmann [maj], Michael Baumgart [mib], Nina Grob [ng],

Bildredaktion: Johannes Barthen [jb]Layout: Stefanie Bolduan [stb], Mandy Jochmann [maj]Belichtung und Druck: c/w Obotritendruck, Münzstr. 3, 19055 SchwerinAuflage: 400 StückAusgabe: 02/05

Die Meinung der Autoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Wir danken und grüßen: Sozialwerk PRESSE-CLUB MV e.V., Matthias Baumgart, Falko Richter,Jugendverein Robin Hood e.V., c/w Obotritendruck, Terra Nord, FilmKunstFest- Büro,Landesjugendring MV e.V., youth.Cultures e.V. Neubrandenburg, Herr und Frau Wadepfuhl.

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Rückblick: Eröffnungsveranstaltung 4-5Ausstellungseröffnung Swiss Miss 9Ausstellungseröffnung Autos dans la nuit 14-15

Einblick: Vom Mythos zur Realität 12-13

Ausblick: Der Bananenkaktus 6Gespenster 7Vincent 8KussKuss 10-11

filmab! Ausgabe 2

Inhalt

Inhalt 3

Der Schweizer Fotograf Melk Imboden nimmt interessiert am Rande der Ausstellungseröffnung von “SwissMiss” die erste filmab!-Ausgabe von Redakteurin Nina entgegen.

Seite

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Eröffnungsveranstaltung4

filmab!Ausgabe 2

"Das filmkunstfest,

Roter Teppich und prunkvoller Kinosaal:Hohe Gäste wurden gestern Abend zurEröffnungsfeier und gleichzeitigerPreisverleihung erwartet. Und sie kamenauch. So zum Beispiel Senta Berger undMichael Verhoeven, deren Unternehmen,die SENTANA-Filmproduktion, mit demEhrenpreis "Der Goldene Ochse" ausge-zeichnet wurde. Ebenso kamen unteranderem Lars Jessen mit PartnerinGabriela Maria Schneide und einem Teilder Filmcrew, die beim Eröffnungsfilm "AmTag als Bobby Ewing starb" mitgewirkt hat.Neben all diesen Filmbekanntheiten warenaber auch hohe Herren der Politik anwe-send, unter anderem der Ministerpräsidentvon Mecklenburg-Vorpommern, Dr.Harald Ringstorff. Ebenso hatte derSchweizer Botschafter, Dr. WernerBaumann, ein weiteres Mal die Ehre einesöffentlichen Auftritts im Rahmen des film-kunstfestes.

So gaben sie sich am Rednerpult mit ihrenvorgeschriebenen Sätzen die Klinke in dieHand: Nach den ersten salbungsvollenWorten von filmkunstfest-GeschäftsführerTorsten Jahn durfte der künstlerischeFestivalleiter Hasso Hartmann dieMitglieder der zwei Filmjurys vorstellen.Die einen, vermeintlich noch im Stau, sindmit der Deutschen Bahn schon lange heilangekommen, während andere, mitgespannten Blicken erwartet, sich noch aufder Straße abmühten.

Ministerpräsident Harald Ringstorff über-reicht Senta Berger und Michael Verhoevenden Ehrenpreis des filmkunstfestes Schwerin “Der Goldene Ochse”.

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5

filmab!

meine Damen und Herren, ist eröffnet!"

Dies war einer der lustigsten Momente desAbends. Selbst der Schweizer Rap-PoetRoger Stein erntete für seine Parodie aufSchweizer Klischees nicht die erwartetenLacher, sondern "nur" einen begeistertenApplaus.

Applaus gabs dann auch bei der Übergabedes “Goldenen Ochsen”, nach der ergrei-fend persönlichen Ehrungsrede von BarbaraHennings. Sie hat viele der von SENTANAproduzierten Filme mit ihrenSchnittkünsten zu dem gemacht, was siesind.

Ergriffen lauschte das Publikum dann auchden Dankesworten von Senta Berger undMichael Verhoeven, welche das ständigeBlitzlichtgewitter tapfer lächelnd ignorier-ten. Nach eineinhalb Stunden war genugder großen Reden und mit letzten, diesmaleher melancholischen Klängen des vielseiti-gen Rap-Künstlers Stein, schloss der ersteTeil des Abends ab.Man durfte einige Atemzüge Frischluft tan-ken, bevor dann gemeinsam die zweiEröffnungsfilme geguckt wurden.Mit dem Kurzfilm "Alle meine Mütter" unddem Spielfilm "Am Tag als Bobby Ewingstarb" wurde der Startknopf für vier TageFilm, Kunst und Fest gedrückt. [ng]

Eröffnungsveranstaltung

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Wer sagt schon gerne „Nein" oder schlägt anderen eine Bitte aus?Um diesen Konflikt geht es in „Der Bananenkaktus", einem Kurzfilmvon Ralf Westhoff. Dort hat Hauptfigur Michael ein kleines Problemmit dem Wort „Nein". Jedes Jahr im Herbst soll er denBananenkaktus von Nachbarin Yvonne die Treppen hoch und imFrühjahr wieder runter tragen. Das Schwierige daran ist, dass Michaelschmächtig ist und sich ziemlich ungeschickt anstellt. Trotzdem kanner Yvonne ihre Bitte nicht ausschlagen und quält sich zwei Mal im Jahrmit der riesigen Pieksmaschine seiner Nachbarin.Ein Standbild hält die Szenerie fest, aus der Michael sich löst. Er klagtdem Zuschauer sein Leid und in Rückblenden werden die vorherigenJahren gezeigt.

Die szenischen Mittel, wie die Einblendung von ironischen Sequenzen,in denen Michael zum Beispiel durch ein Mexiko voller Kakteen läuft,machen den Film sehr amüsant und geben ihm einen satirischenHauch. Dieser wird von Spieluhr-Musik ruhig, aber passend untermalt.Für Menschen, die guten Humor zu schätzen wissen, ist dieser Filmein wahrer Leckerbissen. Besonders die abwechslungsreicheKameraführung und die Einblendungen, bei denen Michael in verschie-denen Situationen außerhalb der aktuellen Handlung dargestellt wird,wirken als würde die Kamera durch den Film rasen.

Die Aussage des Films ist deutlich zu erkennen: Man sollte nichtimmer und zu allem im Leben „Ja" sagen, sondern auch einmal „Nein"sagen, um sich nicht ständig ausnutzen zu lassen. Dieses rät NachbarNeumann Michael auch und gibt ihm noch einen Tipp zum Thema‚Wie trage ich einen Bananenkaktus?’ – Am besten gar nicht! [joh]

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KF-Bananenkaktus6

Ja oder nein –Entscheidung muss sein

BANANENKAKTUS

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SF: Gespenster 7

In seinem Film "Gespenster" zeichnetChristian Petzold zwei Handlungsstränge,die zunächst aufeinander zu laufen, umsich nach kurzem, aber intensivenKontakt wieder von einander zu entfer-nen.Die eine Linie handelt von der jungenNina (Julia Hummer), die zufällig auf dieherumstreunende Toni (Sabine Timoteo)trifft. Diese fasziniert Nina mit ihrerunkonventionellen, sprunghaften und lau-nischen Art. Trotzdem, oder vielleichtgerade deswegen, lässt sie sich immermehr von dem Lebensstil Tonis mitrei-ßen, was sie zu Weggefährten, Freunden,Liebhaberinnen werden lässt.Die andere Linie erzählt von einem altenEhepaar, welches erst wieder zueinanderfinden muss. Ebenfalls versucht dieEhefrau ihre Tochter wiederzufinden, dieschon seit mehreren Jahren verschollen

ist. Verzweifelt spricht sie jedes braun-haarige Mädchen im Alter ihrer Tochteran - und bleibt dabei erfolglos.Die Geschichte eröffnet den Raum fürviele Konflikte, die oft nur gestreift wer-den. In einem Film, der ausschließlich auskonstruierten Zufällen zu bestehenscheint, stellen sich oft die Fragen: Wasist Zufall und was nicht? Was ist Traum,was Realität? Was Träumerei, wasHirngespinst?"Gespenster" überzeugt einerseits durchdie herausragende schauspielerischeLeistung Hummers, die musikalischeUntermalung und gelungene Bildführung.Doch andererseits wird keine Spannungaufgebaut und Petzold verliert sich inbeklemmenden, fast endlosen Pausen, dieden Film insgesamt behäbig machen.[mib]

Können Gespenster real sein?

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Aus Kinderaugen betrachtet

Alles ist gut. Mit diesem ureigenen Vertrauenerforscht ein kleiner Junge seine Welt.Unverblümt und ohne Scheu.

Unter dieser Voraussetzung geht er aufdie Suche. Auf die Suche nach derWahrheit. Und tatsächlich, einer von die-sen großen Leuten lügt. Also lügen dieauch. Diese Entdeckung verlangt nacheinem stichhaltigen Beweis. Neugieriggeht der kleine Sherlock den Dingen aufden Grund. An diesem Punkt stößt er aufUnverständnis von den großen Leuten.Die großen braunen Augen sehen jetztso traurig aus. Warum erzählen dieetwas, das gar nicht stimmt?

Denn wenn - bumm! - jemand mit derTür ins Haus fällt, geht sie nicht kaputt.Oder doch? Im blauen Pyjama abends imBett kann der Bub tüchtig nachdenken.Vorsätze in die Tat umsetzen, das gehtschwer. Aber er hat einen Willen aussteinhartem Metall. Unbrechbar. Außerwenn die Versuchung zu groß ist.Süßigkeiten sind so fein. Die großenLeute freilich sagen: „Süßes ist unge-sund!“ Aber warum hat der Knabe dannim Fernsehen eine Schokoladenfabrik

filmab!Ausgabe 2

KF-Vincent

gesehen? Wollen die Schoki-Fabrikantenetwa die Kinder vergiften?

Auf jeden Fall hat der kleine Junge jetzteinen Bärenhunger. Es gibt zwar erstnachher Mittag, aber er hat jetzt Hunger.Die, von den großen Leuten, zu der er„Mama“ sagt, schimpft ganz sehr. Er sollwarten bis Essenszeit ist. Essenszeit ist,wenn sein Magen grummelt und er ganzgroße Lust auf Rote Grütze hat. Verstehtsie das nicht?

Und da sind sie wieder… Die großenbraunen Augen.

VincentRegie Giulio RicciarelliDeutschland 200435mm, 14 minDarstellerKonstantinos Batsaras, Sven WalserLisa Martinek, Gottfried BreitfußMladen Steko

Vincent

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filmab! Ausgabe 2

9Ausstellung

Nach den einleitenden Worten in der Halle, ging es imStaatlichen Museum eine Treppe weiter höher. Im "SaalNeue Medien" steht ein Beamer bereit. Die Leute gruppierensich in dem weißen Raum und gucken erwartungsvoll nachvorne. Pippilotti Rists "I´m not a girl that misses much" mach-te den Anfang. Die rund sieben Minuten lange Videosequenzbildete den Einstieg. Zu sehen gab es verzerrte Szenen einesSongs, gesungen in den wortwörtlich höchsten Tönen, einbisschen nach Michael Jackson, teilweise noch abgehackter,und im Zeitraffertempo. Dazu wirbelte eine wild zappelndeFrau verschwommen in verschiedenen Ecken des Bildesherum.Der zweite Videoausschnitt, von Chantal Michel, zeigte fünfMinuten lang den Versuch, eine Wand ohne Hilfsmittel zudurchbrechen, einzig indem sich die Akteurin gegen dieWand wirft, dagegen kickt und springt. Am Ende sitzt siedann heftig atmend da, und an der Wand hinter ihr hat sichnichts geändert, bis auf die paar schwarzen Flecken.Bemerkenswert ist die Kunst der jungen Frauen aus derSchweiz auf jeden Fall, aber welches Ziel sie genau verfolgt,bleibt fraglich.Nach dem zweiten der insgesamt acht Clips waren nur nochdie Hälfte der Leute im Raum, die anderen hatten die freund-lich eingeschobene Einladung des Schweizer Botschaftersdankbar angenommen und tranken ein Glas Wein unten imCafé.Auch wenn dadurch der Verdacht aufkam, dass dieseVideokunst bloß geringen Gefallen fand, war das allgemeineEcho dann plötzlich positiv. Man komme wieder, um allesnochmal in Ruhe anzugucken, so der Tenor gegenüber derfilmab!-Redaktion.Das ist sicher auch empfehlenswert, denn diese ausgefallenenKunstobjekte muss man einmal selbst gesehen haben, und sobald wird sich diese Gelegenheit in Schwerin nicht wiederbieten. [ng]

Videokunst aus der Schweiz -Vernissage von "Swiss Miss"

Videoinstallation “SwissMiss” - Szenen vonChantal Michel

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10 SF: KussKuss

filmab!Ausgabe 2

Die Beziehung zwischen Katja, der enga-gierten Krebsforscherin, und Hendrik, demlesewütigen Geisteswissenschaftler, könnteso schön sein. Wenn Katja gemeinsam mitHendrik im Herbstlaub liegt und das Lebengenießt, kann der Zuschauer an eine per-fekte Beziehung glauben. Doch mit der Idylle ist es vorbei, als Katjadie algerische Immigrantin Saida aufsam-melt und mit nach Hause bringt. "Ich muss-te die einfach mitnehmen; ich konnte nichtanders" ist für Hendrik allerdings keineüberzeugende Begründung und klingt so,als hätte Katja im Supermarkt einSchnäppchen gemacht. Doch so kosten-günstig wird sie aus der Sache nicht her-auskommen, denn als einfach erweist sichdie Situation nicht. Um für Saida an den

wichtigen Passzu kommen,schreckt Katjavor nichtszurück.Während sievon ihrer Idee,Henrik und Saida zum

Gleichung mit vielen Unbekannten

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SF: KussKuss

filmab!

VORHANG AUF

für das 15. Schweriner Film-kunstfest. Das CAPITOL-Team iststolz darauf, das renommierteFestival wieder begrüßen zu dür-fen.

FILM AB

für eine neue Ära in derGeschichte dieses traditionsrei-chen Filmpalastes. Unter neuerLeitung werden wir unser Bestesgeben, um das Haus in neuemGlanz erstrahlen zu lassen. Unddas nicht nur in architektoni-scher Hinsicht – wir wollen demCAPITOL seinen angestammtenPlatz im kulturellen Leben derLandeshauptstadt zurückgeben.

SPOT AN

für ein neues Programmver-ständnis zwischen gehobenerUnterhaltung und Kunstfilmen,mit erweiterten Angeboten gün-stiger Schulvorstellungen, mitLesungen und Hörbuchpräsenta-tionen, Konzerten, Kleinkunst-veranstaltungen, Ausstellungenund Live-Übertragungen, alsTagungs- und Forums-Stätte undoffen für alle Ideen, die vonInstitutionen, Unternehmen undinteressierten Einzelpersonen anuns herangetragen werden.

Wir freuen uns auf Ihre Anre-gungen.

Dirk Mattenklott Theaterleiter

Michael PawlowskiGeschäftsführer

Tel.: (03 85) 59 18 018. E-Mail: [email protected] www.das-capitol.de

Schein zu verheiraten, begeistert ist, stelltsich bei Hendrik und vor allem bei Saidakeine Euphorie ein. Aber Katja scheint keinWeg zu weit zu sein, um Saida vor derAbschiebung zu bewahren. Einwände vonHendrik schlägt sie mit der Begründungaus, es handele sich bei der Heirat lediglichum eine rein formale Angelegenheit. Dochin der Gleichung um Saida, Katja undHendrik befinden sich zu viele Unbekannte,als dass Katja alle Probleme lösen könnteund die Dinge im Griff hätte. Denn denPass zu besorgen stellt nicht das einzigeProblem für Katja dar. Saida hat Gefallenan Hendrik gefunden und auf Rücksichtgegenüber Katja hat sie gar keine Lust. FürKatja wird es ein Kampf mit ihrenGrundsätzen. Wo zieht sie die Grenze, wohört ihre Freundlichkeit Saida gegenüberauf? Behandelt sie Saida in ihrem rück-sichtslosen Kampf um Hendrik als gleich-berechtigte Frau oder als Ausländerin, zuder sie stets freundlich sein muss? Eineschwere Gleichung für Katja. Ob sie diefehlenden Variabeln findet, hängt nicht nurvon ihr ab… [acm]

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filmab!Ausgabe 1

Interview12

Vom Mythos zurRealität

Das Thema der Länderreihe ist dieRolle der Schweiz im ZweitenWeltkrieg.Andy Limacher schreibtaus der Sicht eines Schweizers überdie öffentliche Diskussion, welchedie Aufarbeitung der eigenenGeschichte ausgelöst hat.

Das Bild, das man mir damals vomDritten Reich vermittelte, war dun-kel, monströs und kalt. Das Bild derSchweiz hingegen wurde von mei-nem Geschichtslehrer in viel zu hel-len Farben gemalt, war niedlich undwarm: Ich wuchs noch mit demMythos des wehrhaften Kleinstaatesauf, das dem übermächtigen Feinddie Stirn bot.

Mitte der neunziger Jahre dominier-ten Sammelklagen gegen SchweizerBanken die Medien. Gold, das dieNazis in der Schweiz gebunkert hat-ten, sollte endlich an dieNachkommen der Holocaust-Opferzurück gegeben werden. Langsamwurde mir klar, dass die weißeWeste einfach nur gut gewaschenworden war.

Wenig später reagierte dasParlament und setzte eine unabhän-gige Expertenkommission ein. Die2001 veröffentlichten Ergebnissemachten Schluss mit dem verklär-ten Selbstbild derEidgenossenschaft:Waffenlieferungen,Arisierungsmaßnahmen und dieRückweisung von Flüchtlingen wur-den erstmals offiziell nachgewiesen.Wir hatten uns die Freiheit nichterkämpft, sondern erkauft.

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filmab! Ausgabe 2

13Interview

Dies zu akzeptieren, fällt denSchweizern nicht leicht. Und zwardeshalb nicht, weil dieAuseinandersetzung mit der eige-nen Geschichte vonAnschuldigungen aus den USA aus-gelöst wurde.Auch ich war damalsder Meinung, dass die Amerikanerzuerst ihr eigenes Geschichtsbildkorrigieren sollten.

Heute begreife ich, dass es nicht nurum Nazigold ging: Es ging viel mehrdarum, nicht mehr zu verdrängenund sich die eigenen Fehler einzu-stehen. Diesen Schritt hat dieschweizer Filmszene schon frühervollzogen, aber viele Schweizer tunsich nach wie vor schwer damit.

Filme wie „DasBoot ist voll“, diezum filmkunst-fest Schwerin inder Länderreihe gezeigt werden,helfen dabei, die Rolle der Schweizim Zweiten Weltkrieg besser zuverstehen. Und sie können dazu bei-tragen, dass wir dieses dunkleKapitel der europäischenGeschichte vielleicht irgendwannbesser akzeptieren können. [al]

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Um eine Brücke zwischen dem Film undder Kunst im filmkunstfest zu schlagen,hat sich Schwerin in diesem Jahr etwasganz Besonderes überlegt. Die SchweizerKünstlerin Valérie Favre verarbeitet inihrer Kunst filmische Einflüsse. DieAusstellung im Schleswig-Holstein-Haus„Autos dans la nuit“ wurde gestern um15 Uhr durch den KulturministerMetelmann und den SchweizerBotschafter Baumann eröffnet.

Wie sind Sie zur Malerei gekommen?

Ich habe bereits in der Grundschule vonmeinen Eltern Pianolektionen bekom-men, aber ich war nicht so gut und auchnicht glücklich damit, obwohl ich Musikliebe. Es gab neben meiner Schule eineAkademie für Kunst, an der ich Malengelernt habe. Dort habe ich die Grund-techniken, Ölmalerei und Bildhauerei.

Warum beeinflusst der Film ihre Kunst?

Mit zwanzig habe ich als Bühnenbildneringearbeitet und ein Regisseur hat mir eineRolle angeboten. Ich war so erfolgreich,dass ich nach Paris eingeladen wurde.Vier Jahre lang habe ich nur im Kinogelebt und auf der Bühne geschauspielert.Das war eine sehr schöne Erfahrung,aber ich habe gemerkt, dass ich lieber alsRegisseurin und in der Ruhe vom Studioarbeite.

Warum spielt die Bewegung in IhrenBildern eine so große Rolle?

Im 20.Jahrhundert wachsen wir mit demFernsehen auf und Malerei wird als „altesZeug“ abgetan. Aber sie ist ein Medium,das auch die Gegenwart widerspiegelnkann.

filmab!Ausgabe 2

Ausstellung14

Valérie Favre - Autos dans la nuit - Valérie Favre - Autos dans la nuit - Val

Die filmab!-Redakteure Emily und Anne-Christin im Interview mit Valérie Favre

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lérie Favre - Autos dans la nuit - Valérie Favre - Autos dans la nuit - Valérie

filmab! Ausgabe 2

15

Was hat Sie inspiriert die Bilderserie„Autos dans la nuit“ zu malen?

Eine Sequenz aus dem Film „MullhollandDrive“ von David Lynch, in dem eineLimousine einen sehr kurzen Auftritt hat,war für mich der Indikator dieseBilderserie in Angriff zu nehmen. DieAutos wirken bewegt, weil eine SekundeFilm aus 24 Bildern besteht. DieAusstellung in Schwerin umfasst aller-dings nur eine halbe Sekunde.

Finden Sie sich selbst in Ihren Bildernwieder?

Meine Kunst soll nicht als Wiedergabemeiner Selbst verstanden werden, son-dern als etwas Eigenes angesehen wer-den. Hier fungiere ich als Medium

Ausstellung

Bild der Serie “Autos dans la nuit”

Valérie Favre im Gespräch mit demFotografen Melk Imboden, dem schweizerBotschafter Werner Baumann undKultusminister Hans-Robert Metelmann.

Bild der Serie “Autos dans la nuit”

Aufgepasst!Die filmab! verlost 2 x 2 Freikarten fürdie Premiere des Dokumentarfilms„Insellicht” von Heinz Brinkmann!Außerdem gibt es 2 x 2 Freikarten fürden Film aus der Länderreihe Schweiz„Das Boot ist voll” mit anschließendemWerkstattgespräch mit dem RegisseurMarkus Imhoof zu gewinnen! Einfach unter der Nummer anrufen odereine SMS schicken: 0176 / 233 754 88

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filmab! Ausgabe 2

Programm

Donnerstag, 5. Mai ‘0518:30 Uhr Capitol 5 Retrospektive SENTANA

Das schreckliche MädchenMichael VerhoevenTischeMichael Verhoeven

19:30 Uhr Capitol 4 WettbewerbDeutsche Erstaufführung KussKussvon Sören SennDer Bananenkaktusvon Ralf Westhoff

20:00 Uhr Capitol 1 Retrospektive SENTANA MitGiftMichael Verhoeven, anschließend Werkstattgesprächmit Senta Berger und Michael Verhoeven

20:00 Uhr Speicher Looking for SomeoneTheatersolo mit Nina Petri und der Band “Die glücklichen Frauen”

20:30 Uhr Capitol 3 NDR specialPremiere Stella Marisvon Jens Scherer

21:00 Uhr Capitol 5 Faszination Kino2046von Wong Kar Wai

22:15 Uhr Capitol 3 Länderreihe SchweizDie Schweizermachervon Rolf Lyssy

22:00 Uhr Capitol 4 WettbewerbGespenster von Christian Petzoldfemale/malevon Daniel Lang

22:30 Uhr Festivalclub Livemusik mit Sarah Brendel24:00 Uhr Festivalzentrum “Der Wurm” Filmtalk

Knut Elstermann im Gespräch mit Regisseuren und Schauspielern des Spielfilmwettbewerbs

Freitag, 6. Mai ‘059:00 Uhr Capitol 3 Kinoseminar

Die weiße Rosevon Michael Verhoeven

9:30 Uhr Capitol 4 KinoseminarDas schreckliche Mädchenvon Michael Verhoeven

15:00 Uhr Capitol 1 Film-IndianerTödlicher Irrtumvon Konrad Petzold

15:30 Uhr Capitol 2 Länderreihe SchweizWenn der Richtige kommtvon Oliver Paulus

Der Weg zu deinen Kinofreikarten: Seite 15!