flown18*2016

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INSPIRATION - IDEEN - EINBLICKE - ANSTÖSSE - INSPIRATION - IDEEN - EINBLICKE EXTRAS 1000-FRAGEN- BÜCHLEIN 3 GESCHENK- TÜTEN Wohin gehen wir? Immer nach Hause. NOVALIS (1772 –1801) ACHTSAMKEIT Was uns dabei hilft, ein wenig weiser zu werden INSPIRATION Wie Gedichte unseren Alltag schöner machen DIY Ein Notizheft selber binden THEMA: TROST BEI SICH FINDEN

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Page 1: Flown18*2016

INSPIRATION - IDEEN - EINBLICKE - ANSTÖSSE - INSPIRATION - IDEEN - EINBLICKE

EXTRAS✻ 1000-FRAGEN-

BÜCHLEIN✻ 3 GESCHENK-

TÜTEN

Wohin gehen wir? Immer nach Hause.NOVALIS (1772 –1801)

ACHTSAMKEIT Was uns dabei hilft, einwenig weiser zu werden

INSPIRATION Wie Gedichte unserenAlltag schöner machen

DIY Ein Notizheft selber binden

THEMA: TROST BEI SICH FINDEN

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Diese Flow gehört:

FOTO STOCKSY

Page 4: Flown18*2016

NEU ab Juni:

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Zum Glück gibt’s CDDie Nr. 1 für Alu-freie Deos * * GfK ConsumerScan Individual 40.000, Deo Alu-frei ohne Handelsmarken (ohne „Men“ Produkte), Absatz 2015

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Page 5: Flown18*2016

BEGINN

DINGE LOSLASSENEs ist immer eine Frage der Haltung. Wie

stehe ich zu etwas. Das gilt für Beziehungen,

Politik, aber auch für Möbel, Klamotten, Krams.

Ich habe beschlossen, mein Herz nicht mehr

an Sachen zu hängen. Das bedeutet: Ich brauche

viel weniger davon in meinem Leben. Ich ent-

rümpele. Im Englischen heißt das Decluttering.

Ein tolles Wort, das mich jetzt begleitet.

Sinja

FOTO EVA-MARIA KOWALCZYK ILLUSTRATION KATIE DAISY

Anfangs läuft Entrümpeln ja immer gut: Papier, Zerbrochenes,

T-Shirts, die ich seit Monaten flicken möchte, halb leere Tuben

Körper lotion, die ich nicht riechen mag — alles weg. Das ist

aber auch eher konsequentes Aufräumen. Echtes Entrümpeln beginnt

danach – und fällt mir schwer. Mich trennen vom ersten Sofa aus

der Studentenbude, von dem kleinen Kännchen, das ich in Frankreich

auf dem Markt gekauft habe. In dem Sommer, in dem wir ohne Ziel

einfach losgefahren sind ... An so vielen Stücken hängen Erinnerungen.

Ich habe Angst, sie zu verlieren, wenn ich die Gegenstände weggebe.

Es ist nicht leicht, zwischen Sachen zu unterscheiden, die wirklich

wichtig sind, und denen, die ich getrost loslassen kann. Genau

das ist der Punkt, an dem ich ansetzen werde: Ich möchte das Dinge-

loslassen wagen und das Wesentliche im Herzen bewahren — Haltungs-

sache sozusagen. Alles Liebe

[email protected]

Immer über Flow informiert sein? Folgt uns auf Facebook (Flow Magazin),auf Twitter (@FlowMagazin) oder besucht uns bei Instagram (Flow_Magazin).

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Page 6: Flown18*2016

Nummer 18 – 201670 100 36

Fünf Lieblingsbücher Rezepte fürs Picknick Interview: Kat Menschik

46 32 58Alltag in Algerien Wir sind ein gutes Team Was Weisheit ausmacht

108 92 118Wohnen auf dem Hausboot Das Leben der Pina Bausch Blumen mal anders

6 _

Mireille
Machine à écrire
https://vk.com/readinglecture
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INHALT

Seite 19 bis 52

Feel connectedEin Blick auf die Weltund die Menschen um uns

22 SCHÖNE DINGE & IDEEN

25 WAS MACHST DU GERADE?Das haben wir drei Menschen gefragt, die wir klasse finden:

Illustratorin Louise Lockhart, Grafikerin Inke Ehmsen, die das

Handarbeiten liebt, und Geigerin Marie-Luise Dingler

32 KREATIVE DUOSMit einem passenden Partner entwickeln wir die besten Ideen,

dafür gibt es in Kunst und Wissenschaft viele Beispiele

36 LEBENSLAUF: KAT MENSCHIKSie ist eine der renommiertesten Illustratorinnen Deutschlands.

Kat Menschik über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Seite 53 bis 78

Live mindfullyLeben im Hier und Jetzt

56 SCHÖNE DINGE & IDEEN

58 WIE WERDE ICH EIN WEISER MENSCH?Du musst dafür gar nicht erst alt werden. Worauf es stattdessen

ankommt und welche Rolle die innere Stimme spielt

64 TAGTRÄUME ERLEICHTERN DAS LEBENDer Neurowissenschaftler Daniel Levitin erklärt, warum Multi-

tasking einfach nicht funktioniert und es so guttut, öfter mal seine

Gedanken schweifen zu lassen

68 LEBEN OHNE UHRMaja Beckers versuchte zwei Wochen lang, nicht auf die Uhr

zu schauen und stellte erstaunt fest, wie viel Zeit sie hat

COVER-ILLUSTRATION © 2016 KATIE DAISY/ KATIEDAISY.COM46 WÄHRENDDESSEN IN ALGERIENIrene Schippers zog vor vier Jahren in das nordafrikanische Land.

Hier beschreibt sie, wie es sich anfühlt, dass der Alltag dort kaum

planbar ist – und welche Vorteile das mit sich bringt

52 KOLUMNEMit Glücksgefühlen umzugehen findet Merle Wuttke gar nicht so

einfach und fragt sich: Warum ist das eigentlich so?

70 DIE BÜCHER MEINES LEBENSWelche fünf Bücher sie besonders geprägt haben, erzählt

Elisabeth Windfelder von der Buchhandlung Herr Holgersson

74 WUNDERBARE ALLTAGSLYRIKMan sieht sie jetzt überall: kleine Gedichte von Lyrik-Enthusiasten

und Schriftstellern, die ihren ganz eigenen Reiz haben

Seite 11 bis 18

TROST FINDENBEI SICH SELBST

TITEL-THEMA

Es gibt im Leben immer wieder schmerzhafte Phasen: wenn wir einen

Angehörigen verlieren, den Job oder unser Selbstvertrauen. Wie können

wir Hoffnung schöpfen, auch wenn keiner da ist, der uns unterstützt?

Otje van der Lelij sucht nach Möglichkeiten, inneren Halt zu finden

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Mireille
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Page 8: Flown18*2016

Nummer 18 – 2016Seite 79 bis 112

SPOIL YOURSELFZeit für eine kleine Verwöhnpause

82 SCHÖNE DINGE & IDEEN

84 SHOPPING IM NETZDer Sommer kann kommen: Wir haben alles für die Poolparty

parat, dazu machen wir es uns hübsch mit Mint und Kupfer

92 GETANZTES LEBENTiefe Gefühle auszudrücken war für sie das Entscheidende.

Damit hat die Choreografin Pina Bausch das Tanztheater neu

erfunden und Menschen auf der ganzen Welt bewegt

100 ZEIT FÜR EIN PICKNICKBei schönem Wetter essen wir am liebsten draußen. Die

Wiener Köchin Julia Kutas liefert die passenden Rezepte

108 WOHNATELIER AUF DEM WASSERDie Designerin Roos Brancovich lebt auf einem 100 Jahre

alten Hausboot in Amsterdam – mit ihrer Familie und einem

Fass Indigofarbe, mit der sie alte Stoffe aufarbeitet

SCHÖNES VON FLOW

133 NOCH MEHR VON FLOWHübsche Flow-Produkte, die du online bestellen kannst

134 SO BEKOMMST DU DEIN FLOW-ABO

Seite 113 bis 138

MAKE IT SIMPLEEs muss gar nicht so kompliziert sein

116 SCHÖNE DINGE & IDEEN

118 BLÜTENZAUBEREs gibt so viele Möglichkeiten, Blumen mal anders zu

arrangieren. Inspiration liefern drei Bloggerinnen

124 FORSCHUNG: HELFEN FÜRS HERZEhrenamtliche Arbeit ist nicht nur befriedigend, sie ist auch

gesund, hat Psychologin Hannah Schreier herausgefunden

126 MEIN HAUS, DEINE FERIENEs ist eine nette Einnahmequelle, bringt neue Kontakte. Aber

wie fühlt es sich eigentlich an, das eigene Zuhause an Fremde

zu vermieten? Christiane Würtenberger hat es ausprobiert

130 DIY: EIN EINZIGARTIGES NOTIZBUCHDu brauchst nur schönes Papier, Nadel und Faden, schon

kannst du dir ganz leicht ein eigenes Büchlein binden

FLOW-EXTRAS

* 1000-FRAGEN-BÜCHLEIN

(ZWISCHEN SEITE 62 UND 63)

3 HÜBSCHE GESCHENKTÜTEN*(ZWISCHEN SEITE 122 UND 123)

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Mireille
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Page 9: Flown18*2016

Die Haut erwachtDas Dr. Hauschka Nachtserum

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Page 10: Flown18*2016

GESICHTER DIESER AUSGABE

Trost finden Seite 11

Für die Illustratorin Yelena Bryksenkova, die unsere

Titelgeschichte gestaltet hat, ist ihre Wohnung in

New Haven ein Ort, an dem sie immer Trost findet:

„Ich umgebe mich in meinem Zuhause mit schönen

und bedeutungsvollen Dingen. Das hilft mir, mich

sicher und geborgen zu fühlen.“ Weil Yelena nur

Bücher kauft, die sie schon gelesen und ins Herz

geschlossen hat, fühlt sich jedes einzelne in ihrem

Bücherregal an wie ein alter Freund. Sie sagt: „Wenn

es mir nicht gut geht und ich aufgewühlt bin, mache

ich lange Spaziergänge mit meiner Lieblingsmusik

im Ohr oder ich koche etwas Gesundes. Auch das Malen hilft mir. Dabei kann ich in

einer ruhigen, philosophischen Stimmung über meine Sorgen nachdenken, und meine

negativen Gefühle lösen sich wie von selbst wieder auf.“

1000 Fragen an dich selbstSeite 62

Als Journalistin ist es Daniëlle Bakhuis gewohnt,

anderen Menschen Fragen zu stellen. Das 1000-

Fragen-Büchlein für diese Ausgabe zu entwickeln

fiel ihr deshalb nicht schwer. „Ich habe mir auf

Spaziergängen die Menschen angesehen und

mir überlegt: Was würde ich von dieser Person

wissen wollen? Bei jedem war es etwas anderes.“

Selbst beantwortet hat Daniëlle ihre Fragen auch.

Am meisten überrascht hat sie die Antwort auf

folgende: „Was würdest du machen, wenn du nie

wieder arbeiten müsstest?“ – „Ich habe gedacht:

Schreiben! Ist es nicht wunderbar, dass ich das

ein Leben lang machen kann?“

10 _

Lebenslauf Seite36

Wenn Fotografin Julia Baier draußen ist, fühlt sie sich am wohlsten. Das Fotoshooting

mit Illustratorin Kat Menschik hat sie deshalb besonders genossen – es fand unter

Kirschbäumen im Garten der Künstlerin statt. „Ich kann es schwer den ganzen Tag in

Innenräumen aushalten, daher kommt mir der

Sommer sehr gelegen. Ich versuche dann, so oft es

geht in der Natur zu sein.“ Bevor sie sich für ein

Studium an der Kunsthochschule entschied, studierte

Julia einige Semester Psychologie. Heute fragt sie

sich manchmal, ob sie eine gute Psychologin gewor-

den wäre. In ihrem nächsten Leben könnte Julia

sich vorstellen, als Bademeisterin in einem Freibad

zu arbeiten: „Ich liebe das Wasser. Im Sommer

gehe ich täglich schwimmen. Nach dem Shooting

habe ich Kat Menschik nach ihrem Lieblingssee

in der Nähe gefragt und mich dort mit einem Bad

belohnt – er war wirklich ein Geheimtipp.“

IMPRESSUMVerlag und Sitz der RedaktionG+J Living & Food GmbH,Am Baumwall 11, 20459 HamburgPostanschrift Redaktion Flow, Brieffach 44,20444 Hamburg, Tel. (040) 370 30Leserservice [email protected]

Chefredakteurin Sinja SchütteRedaktionsleitung Tanja ReuschlingRedaktion Sarah Erdmann, Lena NeherArt-Direktion & Layout Studio 100%:Frederike Evenblij, Sascha Pijnaker, AnnelindeTempelman, Joyce ZethofGrafik Deutschland Eva-Maria Kowalczyk (Ltg.)Mitarbeiter dieser Ausgabe Julia Baier,Daniëlle Bakhuis, Maja Beckers, Anne Broekman,Yelena Bryksenkova Caroline Buijs, Marta Colomer,Angelika Dietrich, Katharina Dubno, Antonina Gern,Stephan Glietsch, Barbara Groen, Bodil Jane,Wiebke A. Kuhn, Jocelyn de Kwant, Otje van der Lelij,Chris Muyres, Oh So Pretty Party, Anne Otto,Christine Ritzenhoff, Stefanie Schäfer, Irene Schippers,Nina Siegal, Ruby Taylor, Textra Fachübersetzungen,Christiane Würtenberger, Merle Wuttke,Renate van der ZeeChefin vom Dienst Petra BoehmSchlussredaktion Silke Schlichting (fr.)Bildredaktion Dani KreislRedaktion Online Anja Strohm (Ltg.)Verlagsgeschäftsführer Soheil DastyariPublisher Living Matthias FreiDirector Brand Solutions/verantwortlich fürden Anzeigenteil Nicole Schostak,G+J Media Sales, Am Baumwall 11, 20459 HamburgVertriebsleiterin Ulrike Klemmer,DPV Deutscher Pressevertrieb GmbHMarketingleiterin Ulrike SchönbornPR/Kommunikation Mandy RußmannHerstellung Heiko Belitz (Ltg.), Michael RakowskiVerantwortlich für den redaktionellen InhaltSinja Schütte, Am Baumwall 11, 20459 HamburgDruck RR Donnelley Europe sp. z o.o.,ul. Obroncow Modlina 11, 30-733 Krakau, PolenABO-SERVICE www.flow-magazin.de/abo, Tel. (040)55 55 78 09, Flow-Kundenservice, 20080 HamburgJahresabo-Preise Deutschland 55,60 Euro inkl. MwSt.und frei Haus, Österreich 64 Euro und Schweiz 96 sfr

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© Copyright 2016: FLOW is a registered trademark. This edition of

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fältigung auf Datenträger wie CD-ROM, DVD-ROM etc. nur nach

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Pläne unterliegen dem Schutze des Urheberrechts. Alle Auskünfte,

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skripten und Fotos bitte Rückporto beifügen. Für unverlangte

Einsendungen keine Gewähr.

ISSN 2198-5588

FLOW MAGAZINE INTERNATIONALCreative Directors Astrid van der Hulst, Irene SmitBrand Director Joyce Nieuwenhuijs (for licensingand syndication: [email protected])Brand Manager Karin de Lange, Jessica KleijnenInternational Coordinator Eugénie BerséeInternational Assistant Marjolijn PolmanSupply Chain Management Gert TuinsmaFlow Magazine is published by Sanoma MediaNetherlands B. V.Registered Office Capellalaan 65, 2132 JLHoofddorp, Netherlands; 0031 (0)88 5564 930

FOTO BIRGIT WINGRAT

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TROSTFINDEN BEI SICH

SELBSTEs gibt im Leben immer wieder schwere, schmerzhafte

Phasen — wenn wir einen Angehörigen verlieren,

den Job oder unser Selbstvertrauen. Wie können wir

Hoffnung schöpfen, auch wenn gerade niemand da

ist, der uns unterstützt? Autorin Otje van der Lelij

sucht nach Möglichkeiten, inneren Halt zu finden

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Enttäuschung, Ohnmacht, Trauer:All diese Gefühle gehören zum Leben.Manchmal treffen sie uns sogargleichzeitig. Mich bedrückt beispiels­weise oft der Gedanke an meine ver­storbene Großmutter, die liebevollund einfühlsam war, ein wichtigerMensch für mich. Dass sie nicht mehrda ist, kann ich nicht verschmerzen,aber auch nicht ändern. Manchmalvermisse ich sie so stark, dass mir derKummer wie ein Stein im Magenliegt. In solchen Momenten ist nichtimmer jemand da, der mich tröstet.Und ich möchte auch gar nicht ständigHalt bei anderen suchen. Manchmalfinde ich es schön, aber ich habe keineLust, dauernd hilflos wie ein ausdem Nest gefallener Vogel bei meinenFreundinnen anzuklopfen. Ich willauch mal allein mit meinem Schmerzzurechtzukommen. Aber wie kannich Trost bei mir selbst finden?

SEHNSUCHT NACH

VERBUNDENHEIT

Lange Zeit war die Religion eineQuelle des Trosts für die Menschen.Wenn einem das Leben übel mit­spielte, konnte man sich nicht nurmit Gewissheiten wie dem „ewigenLeben“ oder der „Hilfe durch Gott“stärken, auch die enge Gemeinschaftin den meist dörflichen Gemeindengab Halt. Krankheit, Tod oder andereSchicksalsschläge wurden geteilt undmit Ritualen begleitet. Dieser Gemein­schaftssinn ist uns laut Theologin undPsychologin Claartje Kruijff immermehr abhandengekommen, doch dasBedürfnis danach ist nicht erloschen:„Bei Beerdigungen und anderenGruppenritualen merke ich immerwieder, dass es eine grundlegendeSehnsucht nach Verbundenheit gibt.“

Das wird auch bei Benefizveranstal­tungen deutlich. Wenn man mal dieAtmosphäre bei einem Event wie demTrailwalker, einer 100 Kilometerlangen Spendenwanderung der Not­hilfeorganisation Oxfam, erlebt hatoder einfach nur bei einem Schul­spendenlauf dabei war, kennt man dasfeierliche Gefühl der Verbundenheit.

Auch unter den Freiwilligen, die inden Flüchtlingsunterkünften helfen,gibt es manchmal so eine Atmosphäre.Das Bedürfnis der Menschen, fürein­ander da zu sein, ist dann zum Greifennahe. „Mich fasziniert, dass diesesverbindende Gefühl oft kurze Zeitspäter wieder verschwunden ist, weilder Ort, an dem man sich trifft, oderdie Aufgabe, für die man zusammen­gekommen ist, nicht mehr existiert“,sagt Claartje Kruijff. „Wir leben ineiner Zeit der Ad-hoc-Gemeinschaften.Es gibt Momente intensiver Unterstüt­zung, die schnell wieder vergehen.“

ALLE LEIDEN

Da wir Trost also nicht immer selbst­verständlich in der Gemeinschaftfinden können, machen die Menschensich auf die Suche nach anderen Mög­lichkeiten. Viele versuchen, sich selbstHalt zu geben. „Sich Mitgefühl undTrost zu schenken ist keine Notlösung,weil sonst keiner in der Nähe ist,sondern eine Haltung, die uns stärkt“,findet Christine Brähler, Psycho­therapeutin und Autorin des BuchesSelbstmitgefühl entwickeln. Für sie ist das dieFähigkeit, „uns liebevoll zu umsorgen,wenn wir leiden. So wie wir es fürandere Menschen in Not auch tunwürden.“ Das klingt natürlich einfa­cher, als es ist. Deshalb haben dieUS-Psychologen Chris Germer und

"ES IST KEINE NOT­

LÖSUNG, WENN WIR UNS

SELBST MITGEFÜHL

SCHENKEN, SONDERN

EINE HALTUNG, DIE

UNS HILFT UND STÄRKT"

_ 13

Mireille
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“KUNST BIETET TROST. AUCH WEIL SIE ZEIGT, DASS

MENSCHEN NICHT NUR KRIEGE FÜHREN — SONDERN

AUCH WUNDERVOLLE WERKE SCHAFFEN KÖNNEN“

BIS IN DIE ZELLENDie australisch-US-amerikanische

Biologin und Nobelpreis trägerin

Elizabeth Blackburn, die auch die

„Königin der Telomere“ genannt

wird, entdeckte, dass Trost bis hin-

unter auf Zellebene wirksam ist.

Telomere schützen die äußeren Enden

der Chromosomen und werden ge-

legentlich mit den Plastikenden von

Schnürsenkeln verglichen. Diese

Schutzkäppchen verschleißen mit

dem Alter, bis sie zu kurz sind, um

ihre Funktion noch zu erfüllen. So

entstehen Fehler, genau wie bei

einem ausgefransten Schnürsenkel.

Dies führt zum Alterungsprozess

und oft auch dazu, dass Krankheiten

auftreten. Interessanterweise, so

hat Blackburn ebenfalls herausge-

funden, bleiben die Telomere länger

intakt, wenn Patienten wöchentlich

mit Leidens genossen in Kontakt

kommen — so tiefgreifend ist das

Gefühl des Trostes.

14 _

Kristin Neff eine Art Trainings­programm entwickelt, mit dem wirdiese Fähigkeit üben können. Denbeiden geht es nicht nur darum, dasswir versuchen, freundlicher zu unsselbst zu sein und Schmerz und Trau­rigkeit zuzulassen. Für sie ist es auchein stärkendes Element, wenn wir unsklarmachen, dass wir „gemeinsamMenschen sind“: Jeder von uns erlebtLeid, jeder hat Schmerzen, erleidetNiederlagen, wird alt, krank oder vonanderen verletzt. Sich das bewusstzu machen hilft, unsere Krisen eherzu akzeptieren, und es spendet Trost,auch wenn wir alleine sind.

Dass diese relativierende Sichtweiseeine Hilfe ist, hängt auch damit zu­sammen, dass wir uns schnell ausge­schlossen fühlen – erst recht wenn wiremotional schon angeschlagen sind.Wenn man etwa dem SchriftstellerHarry Mulisch Glauben schenkt, leidetso gut wie jeder unter dem Gefühl,irgendwie isoliert zu sein. In seinemBuch Zwei Frauen hat er es gut be­schrieben: „Ich glaube, jeder Menschhat das Gefühl, im Grunde nichtdazuzugehören, in gewisser Weiseanders zu sein, bloß ein Gast. Undjeder unternimmt alles Mögliche,sich das nicht anmerken zu lassen.Diese Gefühle sind uns allen gemein­sam, und gerade dadurch gehören wirzusammen.“ Das zu lesen ist für micheine Beruhigung. Ich fühle michdurch dieses Zitat auf seltsame Weisemit Menschen verbunden, mit denenich direkt gar nichts zu tun habe.

WIE IM FILM

Kann es vielleicht sein, dass allein dasLesen guter Bücher oder Texte wie demvon Harry Mulisch uns Trost bietet?

Die Psychologin und SchriftstellerinMarieke Nijmanting ist davon über­zeugt: „Bereits der Kontakt mit derSchönheit von Sprache ist tröstlich,ebenso die Erkenntnis, dass Menschennicht nur Kriege führen, sondernauch wundervolle Werke erschaffenkönnen.“ Nijmanting rät ihrenKlienten oft, bestimmte Bücher zulesen oder gute Filme zu schauen,wenn sie niedergeschlagen sind.„ Romane mit ihren erfundenenCharakteren kommen der Realitätoft näher als etwa Facebook, wo esironischerweise um echte Menschengeht“, findet sie. „Sie zeigen Menschenmit all ihren Problemen und Verrückt­heiten. Außerdem ist die Parallelweltder Bücher, Filme und der Fernseh­serien ständig zugänglich. Selbst wennman gerade alles Elend der Weltabzubekommen scheint, sind sie alsZufluchtsort immer greifbar.“

Auch das Wiedererkennen eigenerGefühle in Geschichten kann tröstlichsein. „In einem Roman oder Filmschlüpft man in die Haut eines ande­ren. Man fühlt mit den Figuren. Dasist erleichternd. Vor allem wenn manetwas von sich in einer Figur wieder­erkennt. Wenn man sieht, dass einanderer auch den Job verloren hat,mit seiner Familie zerstritten ist.Dabei ist es interessant, zu sehen, wieeine solche Figur mit dem Problemumgeht. Wenn sie etwas tut, was maninsgeheim auch möchte, aber nichtwagt, kann die Geschichte ein Impulssein, selbst neue Wege zu gehen.“Ein gutes Beispiel sei der italienischeFilm Brot und Tulpen. Er handelt vonder Hausfrau Rosalba Barletta, die inihrer Familie immer an letzter Stellesteht. Als sie zusammen mit ihrem

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Mann und ihren Söhnen eine Bus­reise unternimmt, vergisst man siean der Raststätte nach einer Pause.Rosalba trampt alleine nach Hause,nutzt aber vorher die Gelegenheit,in Venedig Urlaub zu machen, und tutdadurch endlich mal etwas für sich.Nijmanting glaubt, der Film greifeein Thema auf, mit dem viele Frauenetwas anfangen können. „Es kanneinen schon aufmuntern, zu sehen,dass man nicht die einzige Mutter ist,die eigene Bedürfnisse ewig hinterdie der Familie stellt. Und der Filmzeigt, dass es einem Kraft gibt, etwasfür sich zu tun – ohne dass man Mannund Kinder gleich verlassen muss.“

Die Gedanken von Marieke Nijmantingleuchten mir ein. Auch mich stärktes, wenn ich lese oder ins Kino gehe.Aber warum können Geschichten,Mythen oder auch Kunstwerke unströsten? Claartje Kruijff hat dafür eineErklärung: „Manchmal fühlt mansich als Mensch verloren. Dann hilftes, wenn man innerlich berührt wird,wenn sich die eigenen Sehnsüchte mitetwas Äußerem verbinden.“ Kruijffhat das neulich bei einer Ausstellungdes Malers Mark Rothko erlebt. DessenWerk löste intensive Gefühle beiBesuchern aus. Manche Menschenweinten angesichts der Bilder. „Rothkolitt unter Depressionen. Dieses Leidspürten die Betrachter anscheinendund verarbeiteten es auf ihre Weise“,erklärt Claartje Kruijff.

MUSIK ALS FREUNDIN

Wenn ich niedergeschlagen bin,lege ich oft auch Musik auf. Ich wählenie fröhliche Stücke, sondern solche,die meine Emotionen noch intensi­vieren, etwa getragene klassische

DREIMAL TROST FINDEN✻ EIN HEISSES BAD

Wärme ist nicht nur wohltuend für den Körper, sondern auch für die

Seele, sagt Psychologin Thalma Lobel. Denn unser Gehirn verbindet Wärme

mit positiven Gefühlen. Nimm also ein heißes Bad, geh in die Sauna

oder gönn dir eine gute Tasse Tee. Thalma Lobel: Du denkst nicht mit dem

Kopf allein. Vom geheimen Eigenleben unserer Sinne (Campus)

✻ RAUS IN DIE NATUR

Die Natur urteilt nicht, stellt keine Ansprüche und hat keine konkrete

Funktion, im Gegensatz zum Beispiel zu einem Auto. Sie ist einfach

da und verlangt auch von dir nur eins: da zu sein. Dadurch kannst du

dich in Wald, Strand oder Heide schnell aufgehoben fühlen.

✻ ANDERE TRÖSTEN

Eine liebevolle Berührung, ein einfühlsamer Blick: Mitgefühl ist an­

steckend, sagt der Psychologe Paul Gilbert. Tröstet man jemanden, wird

nicht nur das Trostsystem des Unterstützten aktiv, auch man selbst

fühlt sich gestärkt. Das Gehirn schüttet beruhigende Botenstoffe aus, etwa

Endorphin, das macht uns ausgeglichener. Paul Gilbert: Wie wir Mit­

gefühl nutzen können, um Glück und Selbstakzeptanz zu entwickeln und

es uns wohl sein zu lassen (Arbor)

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EINE TASSE TEE, EINE WÄRMFLASCHE,

EIN BAD ODER EIN SAUNABESUCH KÖNNEN

TROST SCHENKEN, DENN WÄRME IST

NICHT NUR WOHLTUEND FÜR DEN KÖRPER,

SONDERN AUCH FÜR DIE SEELE

Page 17: Flown18*2016

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AUCH UNSERE EIGENE HAND AUF DEM HERZEN

REGISTRIERT DER KÖRPER ALS BERÜHRUNG

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KEINE SCHULDWenn wir uns schlecht fühlen oder

eine Niederlage erlebt haben, ist es

für viele beinahe ein Automatismus,

nach einem Schuldigen zu suchen.

Ist sonst gerade keiner da, dann be-

schuldigen wir uns gern selbst für die

Misere, beschimpfen uns vielleicht

sogar. Laut einer psychologischen

Studie aus dem Journal of Affective

Disorders führen aber Selbstkritik

und Schuldzuweisungen in der Regel

dazu, dass wir uns noch ängstlicher

und trauriger fühlen. Es hilft also,

sich nicht damit aufzuhalten, nach

einem Schuldigen zu suchen. Die

Psycho login Christine Brähler schreibt

dazu: „Selbstmitgefühl fragt nicht:

Wer ist schuld? Sondern: Wie kann ich

dir helfen?“ Diese Frage kannst du

anderen stellen — aber auch dir selbst.

Christine Brähler: Selbstmitgefühl

entwickeln. Liebevoller werden mit

sich selbst (Scorpio)

Kompositionen wie die Ballade Nr. 1 vonChopin. Bei dieser Musik – die Trauer,aber auch Hoffnung transportiert –schwingen meine Gefühle mit. Nichtselten weine ich sogar. In solchenMomenten fühle ich mich auf melan­cholische Weise glücklich. Musik istfür mich wie eine gute Freundin, diemir sagt, dass alles wieder gut wird.

Diese Wirkung ist wissenschaftlichbelegt. Die Psychologen Lîla Taruffiund Stefan Koelsch von der FU Berlinwollten wissen, in welchen Stimmun­gen wir welche Musik hören. Sie haben772 Versuchsteilnehmer zu ihrenVorlieben befragt und fanden heraus,dass bei einem Bedürfnis nach Trostdie allermeisten Menschen traurigeMusik hören. Beliebt sind Balladenwie Hallelujah von Leonard Cohen undYesterday von den Beatles, aber auchklassische Stücke wie die Cellosuitenvon Bach. Dabei löst die traurigeMusik keine Niedergeschlagenheit aus,sondern Nostalgie – man schwelgt inErinnerungen fühlt sich verbundenund gehalten. Außerdem lassen trau­rige Klänge eine Art Freundlichkeitmit sich selbst und der Welt entstehen.Eine Studie der Universität Ohioerklärt das Phänomen mit einem bio­chemischen Ansatz: Beim Genusstrauriger Musik wird das Bindungs­hormon Prolaktin ausgeschüttet.„Es ist, als schließe uns Mutter Naturin die Arme“, so einer der Forscher.

HAND AUFS HERZ

Wenn ich mir die Menschen in meinerUmgebung anschaue, sind wir allekeine Meister darin, uns zu trösten.Oft wählen wir eher destruktive Wege,wenn wir uns schlecht fühlen, ver­kriechen uns mit einer Mikrowellen­

mahlzeit und einer Flasche Wein.Gehen nicht ans Telefon. Haben keineLust auf Partys oder einen Friseur­besuch. „Das fühlt sich zu gegensätz­lich an“, erklärt der PsychologeRob Brandsma. „Gerade wenn eseinem schlecht geht, neigt man dazu,sich im Stich zu lassen und zu iso­lieren. Das ist evolutionär erklärbar:Im Kern sind wir soziale Wesen,wollen dazugehören. Wenn der Restder Welt weitermacht wie bisher,man selbst aber tieftraurig ist, kannman sich einbilden, ausgeschlossenzu sein. In diese Gefühle sollte mansich aber nicht verrennen. Trost findenwir auch im Kontakt. Wir alle wissen,wie schön es ist, wenn uns jemandin den Arm nimmt. Als meine Mutterstarb und ich sie in der Kirche auf­gebahrt sah, war ich vollkommenniedergeschlagen. Da kam meineFreundin. Sie berührte mich nur ganzleicht, sonst nichts. In dem Momentgeschah etwas: Ich empfand dieSicherheit, dass ich nicht allein war.Ich spürte, dass andere meine Trauermitempfinden.“ Dennoch findet esRob Brandsma wertvoll, dass wir unsauch selber trösten können. „Ein Trickist es, sich selber eine Hand aufs Herzzu legen. Es mag uns ungewohnt er­scheinen, aber der Körper registriertdiese Berührung als tröstlich.“

Das habe ich gleich ausprobiert. Esist simpel, aber als ich die Hände aufmein Herz legte, fühlte ich mich tat­sächlich gestärkt. Es ist eine liebevolleGeste, mit der ich mir immer malwieder Wärme schenke. Und geradewährend ich das hier schreibe, istallein das Wissen, dass es viele Mög­lichkeiten gibt, sich selbst Halt zugeben, ein echter Trost für mich. ● TEXT OTJE VAN DER LELIJ, ANNE OTTO ILLUSTRATION YELENA BRYKSENKOVA

Page 19: Flown18*2016

FEEL CONNECTED

Page 20: Flown18*2016

Die Trennblätter dieser Ausgabe zeigen Fotos aus dem

Amsterdamer Tierpark Artis aus den 50er-, 60er- und

70er-Jahren. Bis in die 70er-Jahre hinein konnte man

dort zu bestimmten Zeiten Tiere außerhalb ihres Geheges

antreffen und sogar — unter Beobachtung eines Tier-

pflegers — auf den Arm nehmen. Die Bestimmungen für

die Tierhaltung sind inzwischen zum Glück andere.

Die Bilder haben uns trotzdem gefallen. FOTO (VORDERSEITE) HANS PETERS/ANEFO/NATIONAAL ARCHIEF TEXT (RECHTS) LARS VAN DER WERF ILLUSTRATION (RECHTS) DEBORAH VAN DER SCHAAF

Page 21: Flown18*2016

Wenn du ein Schiff

wärst mit Segeln

und einem Ruder, würdest du

dann die Seekarte und den

Wind lesen wollen oder

interessierte die Richtung

dich gar nicht?

Das Gedicht stammt von dem niederländischen DichterLars van der Werf, er hat es exklusiv für Flow geschrieben.

Die Illustration hat Deborah van der Schaaf gemacht.

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Page 22: Flown18*2016

FeelconnectedEin Blick auf die Welt und die Menschen um uns

Gute Arbeit„Cucula“ ist ein afrikanisches

Wort und bedeutet „Wir schaffen

das“. So heißt ein Berliner Verein,

der eine Werkstatt betreibt, in der

Flüchtlinge sich handwerkliches

Können aneignen, indem sie Mö-

bel bauen. Der Clou: Die Stühle,

Tische und Schränke sind echte

Designerstücke – sie werden nach

70er-Entwürfen für „Selbermach-

möbel“ des italienischen Objekt-

künstlers Enzo Mari gefertigt. Ein

tolles Projekt. Cucula.org

Mit Heinrich Heine auf RadtourAnna Magdalena Bössen (35) radelte über ein Jahr durchs Land, um gegen

Kost und Logis Gedichte zu rezitieren. Ihr Buch zur Reise: Deutschland. Ein

Wandermärchen (Heyne, 16,99 Euro), ihr Blog: ein-wandermaerchen.de

Was hat Sie zu der Reise bewogen? Meine Mutter war schwer krank, ich

wollte etwas Neues wagen und gleichzeitig Deutschland tiefer erkunden. Ich habe

einen Koffer voller Gedichte eingepackt, um übers Rezitieren ins Gespräch zu

kommen – und war gerührt, wie groß die Sehnsucht der Menschen ist, sich über

Lyrik und das Leben auseinanderzusetzen.

Was war das Schönste an der Tour? Wie viele Türen und Leben mir geöffnet

wurden. Außerdem war es schön, zu sehen, wie abwechslungsreich die Natur

hierzulande ist. Ich kannte ja

längst nicht alle Landschaften,

war zum ersten Mal in den

Bergen und bin begeistert von

der Vielseitigkeit des Ostens.

Ihr Lieblingsgedicht? Jedes

hat seine Kraft – aber Die Ballade

vom Wandersmann von Rudolf

Alexander Schröder gefällt mir

besonders. Sie handelt von

innerer Suche, das passte.

Beam me back,Bowie

Musikalische Zeitreise gefällig?

Dafür brauchst du nur ein

Jahr in der digitalen Jukebox

thenostalgiamachine.com

zu wählen, und schon kata-

pultiert die Website dich zurück

in die Charts seit 1960 – mit

herrlichen Videoclips von Alanis

Morrissette, Guns N’ Roses

und, na klar, David Bowie.

SeelenfutterManchmal muss es eben Eis sein,

damit es uns wieder gut geht.

Oder Mamas Hühnersuppe, Papas

Vanillepudding. Warum genau

dieses Essen die Seele streichelt,

zeigt eine Studie der Uni Buffalo.

Es sind nicht Zucker oder Fett, die

uns trösten. Die Speisen erinnern

uns an Menschen, die uns früher

damit verwöhnt haben. Und das

gute Gefühl, das wir dabei hatten,

schmeckt man noch heute.

22 _ Feel connected

Page 23: Flown18*2016

TEXT CHRISTINE RITZENHOFF FOTO GETTY IMAGES, MASTERFILE, MICHAEL OBERT, STOCKSY ILLUSTRATION PLOY RANGKADILOKDas kommt von Herzen

Es tut so weh: zu wissen, dass es aus ist. Dass man sich nie mehr küssen wird.

Fortan getrennter Wege geht. All den Schmerz über eine verlorene Liebe wollte die

US-Fotografin Peyton Fulford sichtbar machen und bat Menschen auf der ganzen

Welt, ihr via Tumblr Sätze aus ihren Tagebüchern, Mails oder SMS-Nachrichten

zu schicken, die sie an einen Verflossenen richten würden. „Ich will die Gefühle,

die man meist nur hinter verschlossen Türen teilt, ans Licht bringen“, sagt die

21-Jährige über ihr Projekt Abandoned Love (abandonedloveseries.tumblr.com).

Sie machte Spruchbänder aus den Sätzen und hängte sie an verlassene Gebäude.

Peytons Erkenntnis, nachdem sie die vielen Zuschriften verarbeitet hat: Die

Liebe schmerzt weltweit gleich. „Sprechen wir über Gefühle, verstehen wir uns.“

TrällernverbindetKochen, Tanzen, Reisen, das

alles macht mit anderen oft

mehr Spaß. Beim Singen aber

ist der Gemeinschaftsaspekt

besonders stark, wie Forscher

der Universität Oxford heraus-

gefunden haben. Es schweißt

ruck, zuck zusammen. Schon

nach vier Wochen empfinden

sich Gesangsgruppen als

eingeschworene Gemein-

schaft – ein Gefühl, das in

anderen Kreativkursen erst

nach Monaten entsteht. Der

Grund: Anders als beim

Malen oder Schreiben hat

man im Chor in jeder Minute

ein gemeinsames Ziel – dass

es gut zusammen klingt.

Büro-WGZu Hause, aber nicht allein zu

arbeiten, das ist das Prinzip

hinter Hoffice (hoffice.nu). So

heißt die Onlineplattform eines

Schweden, über die sich Co-

workinggruppen zusammen-

finden, um sich dann bei einem

der Leute zu Hause zu treffen –

zum gemeinsamen In-die-

Tasten-Hauen, Mittagspause-

machen, Brainstormen. Kostet

nichts, bringt Spaß, Austausch,

neue Kontakte und Gratis-Input.

Stück HeimatMartina Kinks Mann Mohamed Riyah

ist Marokkaner. Mit ihrem gemein-

samen Label Souk du Nord holen

die beiden Stücke aus seiner Heimat

nach Deutschland. Die hübschen

Kelim-Bags zum Beispiel, gefertigt

aus traditionellen alten Teppichen,

jede ein Unikat. Wie auch die an-

deren Taschen, Decken, Armbänder,

Seifen und Hamam-Tücher in ihrem

Shop sind sie fair produziert.

79 Euro, soukdunord.com

_ 23

Page 24: Flown18*2016

NEU

Kraftvolle Wirkstoffe ausheimischem AnbauFrosch Reiniger nutzen zunehmend viele natürliche

Wirkstoffe aus heimischem Anbau, die kraftvoll beim

Reinigen helfen – zum Beispiel Tenside auf Basis von

Raps. Oder ganz neu beim Bio-Spiritus Multiflächen-

Reiniger: Putzwirkstoffe gewonnen aus Stroh. Für ein

Zuhause voll strahlender Sauberkeit zum Wohlfühlen.

www.frosch.de/anbaugebiete

/markefrosch

HERGESTELLT INDEUTSCHLAND

Page 25: Flown18*2016

TEXT ANGELIKA DIETRICH, SARAH ERDMANN, NINA SIEGAL FOTO KATHARINA DUBNO, ANTONINA GERNHAARE/MAKE-UP FRAUKE BERGEMANN-GORSKI, CLAUDIA SCHLIFTER

WASmachst dugerade?$;M■B;<?H■QCL■>L?C■-?HM=B?H■A?@L;ANm■>C?■QCL■EF;MM?■@CH>?H

_ 25

Page 26: Flown18*2016

l■ )=B■Gd=BN?■+CH>?L■>;TO■?LGONCA?Hm■>■■EL?;NCP■TO■M?CHl

1

1. Louises Welt ist farbenfroh und verspielt

2. Illustration eines Cafés für ihr erstes

Buch, Up my Street

3. In ihrem Atelier bringt Louise ihre Ideen

zunächst zu Papier, um sie dann am

Computer zusammenzufügen

2

Page 27: Flown18*2016

,IOCM?■,I=EB;LN28 Jahre lebt in Hebden

Bridge, England Illustratorin

theprintedpeanut.co.uk,

Instagram: @theprintedpeanut

Was machst du gerade?

Ich illustriere 40 Bilder für ein Kinder-

krankenhaus in Sheffield. Die Motive

zeigen Spielzeug und sind heiter und

fröhlich, damit die Kinder im Kranken-

hausalltag etwas Ablenkung finden.

Inspirieren lasse ich mich dabei von

altem Blechspielzeug und Steiff-

Tieren – ich liebe es, sie zu zeichnen.

Gerade ist dein Buch Playing

with Food erschienen, auch ein

Projekt für Kinder. Zufall?

Ich finde es ganz wichtig, Kinder zu

ermutigen, ihre Kreativität auszuleben.

Deshalb versuche ich, Bilder büchern

und traditionellen Spielen einen

modernen Dreh zu geben, sodass

sie auch wirklich spannend sind.

Hast du ein Beispiel?

Mein Bestseller ist ein traditionelles

britisches Spiel namens „Pass the

Parcel“. Es besteht aus vielen Schich-

ten Papier, man packt es nach und

nach aus und findet in jeder Schicht

eine Aktionskarte, auf der etwa steht

„Benenne in zehn Sekunden zehn

Tiere“. Ich wollte eine besondere Ver-

sion des Spiels kreieren, mit toll ge-

mustertem Papier und illustrierten

Karten. Da ich alles per Hand mache,

ist das ganz schön viel Arbeit – doch

dafür ist jede Ausgabe ein Unikat.

Das spricht bestimmt auch die

Eltern an …

Ich entwerfe auch für Erwachsene.

Meine Illustrationen finden sich auf

Tassen, Geschirrtüchern oder Notiz-

büchern. Ich finde die Vorstellung

schön, dass sie andere Menschen

so durch den Tag begleiten.

Was zeichnest du am liebsten?

Mich begeistern kleine Geschäfte,

die noch handgemalte Ladenschilder

haben, und nostalgische Lebens-

mittelverpackungen oder Dosen. Ich

habe an einer Kunsthochschule in

Glasgow studiert. Dort gibt es ent-

zückende italienische Eisdielen, die

sich seit den 1920er-Jahren nicht

verändert haben. Als Projektarbeit

habe ich einen Guide zu den zehn

besten Eisdielen entworfen. Das hat

meine Leidenschaft entfacht.

3

Page 28: Flown18*2016

)HE?■%BGM?H44 Jahre lebt mit ihrem Mann

Kay und dem gemeinsamen Sohn

in Hamburg Grafikerin und

Illustratorin inkeehmsen.de

und inkiko.de

Was machst du gerade?

Ich webe einen „Wool Beard“, so nen-

ne ich meine kleinen Wandteppiche.

Der, an dem ich gerade sitze, soll ein

Geschenk für eine Freundin sein.

Wann hast du das Handarbeiten

für dich entdeckt?

Stricken habe ich mit neun Jahren

von meiner Oma gelernt. Sie lebte

allein, weil ihr Mann schon früh ge-

storben war, hatte aber elf Enkel-

kinder, die sie mit viel Hingabe mit

selbst gestrickten Sachen aus-

stattete. Das hat mich als Kind sehr

beeindruckt und geprägt: Obwohl

meine Oma oft allein war, war sie eine

zufriedene und humorvolle Frau.

Wie kamst du zum Weben?

Irgendwann hatte ich das Gefühl,

alles schon mal gestrickt zu haben.

In einem Freilichtmuseum bei Kiel

habe ich dann eine Frau am Webstuhl

gesehen und fand das total klasse.

Ich habe das Weben auf kleine Web-

rahmen adaptiert, meine Wollreste

genommen und einfach angefangen.

Was bedeutet dir Handarbeiten?

Ich bin sehr pflichtbewusst, und

das kreative Schaffen ist für mich ein

Alibi, mich mal auszuklinken und

eine Pause zu machen. Und es bringt

mich wunderbar zur Ruhe. Beim

Stricken, Weben und auch beim

Zeichnen kann ich plötzlich still sitzen

und bin gleichzeitig doch produktiv.

Außerdem verspüre ich dabei

tatsächlich ein Gefühl von Freiheit.

Das musst du uns erklären!

Wenn ich anfange, stehen mir alle

Möglichkeiten offen. Die Idee entwi-

ckelt sich, während ich stricke oder

webe. Ich bin selbst manchmal über-

rascht, was herauskommt. Natürlich

braucht es dafür Raum und Zeit, die

mein Mann und ich uns zum Glück

lassen. Vor zwei Jahren sind wir des-

halb mit unserem Sohn auch aus

der Innenstadt weiter raus gezogen.

Dort kann ich mich besser auf mich

konzentrieren. Und wir können

einfach die Tür aufmachen und im

Garten sein, wenn uns danach ist.

1

2 3

Page 29: Flown18*2016

1. Inkes Illustrationen stecken voller Details,

sie liebt es, mit Farben zu spielen.

Davor: ihre Porzellansammlung in Weiß

2. Gemütliches Plätzchen dank Wand-

teppichen und selbst gestrickter Kissen

3. Süßigkeiten aus aller Welt, die Inke selbst

auf Reisen kauft oder sich mitbringen lässt

l ■)=B■P?LMJbL?■B`O@CA■?CH?■EL?;NCP?■5H■LOB?o■$OL=BM■(;H>;L<?CN?H■E;HH■C=B■MC?■<`H>CA?Hl

Page 30: Flown18*2016

1. Ihre Lieblingsfarben für die Uhren: alle

Pastelltöne. Und gelegentlich Pink

2. Ein Instrument des bekannten Geigen-

bauers Martin Schleske, Marie- Luise

spielt darauf jeden Tag – seit 14 Jahren

3. Federn, an Haarklammern befestigt.

Marie-Luise trägt sie auf der Bühne

l■7?HH■C=B■?CH?■5BL;H@;MM?m■>;HH■@bBF?C=B■CBL?■%H?LAC?l

1

Page 31: Flown18*2016

2 3

-;LC?q,OCM?■$CHAF?L31 Jahre lebt in Mannheim

Geigerin thetwiolins.de,

de.dawanda.com/shop/maryfree

Was machst du gerade?

Ich klebe Infos auf die Plakatvordrucke

für das nächste Konzert: Datum, Ort,

Uhrzeit. Ich spiele seit meiner Kind-

heit im Duett mit meinem Bruder. Für

Geigenduos gibt es allerdings kein

großes Repertoire. Komponisten wie

Mozart haben meist für Klavier und

Geige geschrieben oder für Streich-

quartette. Deshalb veranstalten wir

alle drei Jahre einen Wettbewerb: Wir

laden Komponisten ein, für uns Stücke

zu schreiben. Unseren Stil nennen

wir progressive klassische Musik.

Du restaurierst nebenbei auch

alte Uhren. Wieso?

Natürlich ist das Werkeln an Uhren

für mich ein Ausgleich. Aber es gibt

auch Parallelen: Wenn ich Geigen

oder Uhren anfasse, fühle ich ihre

Energie. Sie sprechen zu mir durch

ihr Aus sehen und durch ihren Klang.

Ich überlege dann für jede Uhr genau,

was sie wohl brauchen könnte – wie

interpretiere ich die Uhr, welche Farbe

möchte sie haben? Zwischendurch

lasse ich sie immer mal wieder liegen

und nehme sie mir dann neu vor.

Welche Rolle spielt Zeit ganz

generell für dich?

Die Uhr als Zeitmesser fasziniert mich

schon immer. Das Ticken, das Bewe-

gen der Zeiger. Ich denke auch oft

übers Zeitempfinden nach, das so

unterschiedlich sein kann. Wenn ich

eine Uhr restauriere, ist das ganz

gemächlich. Abschleifen, lackieren,

Uhrwerk wechseln – das scheint ewig

zu dauern. Auf der Bühne dagegen

vergeht die Zeit wie im Flug. Ich denke

häufig, dass wir viel zu kurz gespielt

haben, aber es stimmt nie.

Passen der Stil deiner Uhren

und deiner Musik zusammen?

Ich liebe die Buffet- und Kaminuhren

der 20er- und 30er-Jahre. Durch

moderne Farben hole ich sie aus der

alten Zeit ins Heute. Und auch in der

Musik haben wir uns vom Alten ab-

gewandt und schaffen etwas Neues

und Eigenes. Das gefällt mir.

Page 32: Flown18*2016

32 _ Feel

Allein an Projekten zu sitzen oder nach Lösungen zu suchen ist oft recht mühsam.

connected

ArbeitenHand in Hand

Mit einem Partner, der zu uns passt, geht es gleich viel leichter – und wir

entwickeln bessere Ideen. Berühmte Duos aus Kunst und Wissenschaft machen

uns vor, wie wir in der Zusammenarbeit über uns hinauswachsen können

Page 33: Flown18*2016

Psychologie

„Wenn sich der Herzschlag beschleunigt. Wenn einem die Worte

fehlen, weil es so viel zu sagen gibt. Oder wenn wir genau die

richtigen Worte finden, weil auf seltsame Weise die Milliarden Im-

pulse von Gedanken und Sprache plötzlich zusammenkommen

und ihre Bestimmung finden.“ Diese Sätze stammen nicht aus

einem billigen Liebesroman, sondern aus einem Sachbuch über

kreative Duos. Der US-Autor Joshua Wolf Shenk beschreibt in der

Passage, wie es sich anfühlen könnte, wenn sich zwei kreative

Menschen treffen und im anderen jemanden erkennen, mit dem

sie Ungewöhnliches schaffen können. „Ab und zu begegnet man

jemandem, der das eigene Leben verändern kann, und spürt das

Potenzial“, schreibt Shenk. „Dann ist es, als sei der Boden unter

den Füßen zum Trampolin geworden. Ein tolles Gefühl!“

DIE MÄR VOM EINSAMEN GENIE

Wenn man über kreative Partner nachdenkt, dann fallen einem

meist einige Berühmtheiten ein, die unsere Welt verändert haben.

Die Beatles mit ihren gegensätzlichen Köpfen John Lennon und

Paul McCartney, die Physiker Marie und Pierre Curie oder das

sich ständig selbst inszenierende britische Künstlerpaar Gilbert

und George. Außerdem fällt auf, dass Kunsthandwerker und

Blogger oft in Zweierteams arbeiten: etwa Christel Knigge und

Jennifer Klose, zwei Berliner Schwestern, die zusammen das

Papeterie-Label Wednesday Paper Works betreiben. Die eine

bindet die Bücher, die andere gestaltet die Grafik. Oder die beiden

Vintage-Bloggerinnen Jennifer Rubin und Annalise Furman aus

San Francisco, die gemeinsam auf Hummingbirdgirls posten –

jede hat ihren Geschmack, der sich auf den Seiten zu einem ge-

meinsamen Ganzen zusammenfügt. Tatsächlich ist auch Flow das

geistige Kind von zwei kreativen Köpfen, vor acht Jahren in einer

Dachkammer von Irene Smit und Astrid van der Hulst geboren.

Seltsamerweise gibt es kaum Literatur über das Arbeiten im Duo.

Oder darüber, wie und warum kreative Menschen einander finden

und welche Kräfte dann bei einer Zusammenarbeit zur Entfaltung

kommen können. Offenbar rücken Historiker und Biografen eher

die Geschichte eines Einzelnen in den Fokus und machen somit

einen besonderen Mann oder eine einzigartige Frau zur Symbol-

figur. Doch die Geschichte ist keineswegs so eindeutig.

„Wir haben uns lange in den Mythos des einsamen Genies verrannt,

er ist zum Bestandteil unserer Kultur geworden“, sagt Buchautor

Shenk. „Doch meist liegt der Fall komplizierter. Auch wenn wir kre-

ative Einzelgänger betrachten, fast immer steht eine Person hinter

diesem ‚Genie‘, die dessen Arbeit ermöglicht und beflügelt hat.“

Shenk hat für sein Buch über Duos nicht nur die Biografien

ARNE & CARLOS: „EINER DIE DETAILS, DER ANDERE DAS GROSSE GANZE“Der Schwede Carlos Zachrison hat gemeinsam mit dem

Norweger Arne Nerjordet ein Modelabel gegründet. Die

beiden wurden weltweit bekannt mit ihrem Buch Jule-

kuler. Gestrickte Weihnachtskugeln. Seitdem erschienen

Titel wie Strikkedukker. Gestrickte Puppen und Norge-

strikk. Pullover & Accessoires in traditionellen Mustern,

die allesamt Bestseller wurden. Wir sprachen mit Carlos.

WIE FUNKTIONIERT DIE MAGIE ZWISCHEN EUCH?

Wenn einer eine Idee hat, greift der andere sie mühelos

auf und arbeitet daran, als sei sie sein eigenes Projekt.

Man könnte sagen, dass unsere Gehirne derart miteinan-

der in Kontakt stehen, dass wir instinktiv zu wissen

scheinen, was der andere denkt. Das wurde uns ziemlich

schnell klar. Arne wollte ursprünglich allein eine Firma

gründen. Ich beriet ihn und machte Vorschläge — plötzlich

arbeiteten wir zusammen. Es ergab sich einfach.

WO SEID IHR EUCH ÄHNLICH?

Oft gefallen uns ja dieselben Dinge. Aber wir sind auch

beide ziemlich dickköpfig und nehmen dem anderen

gegenüber kein Blatt vor den Mund. Das führt natürlich

hin und wieder zu hitzigen Diskussionen, aber das ist

ja gerade das Gute, dass man seine Ideen miteinander

besprechen und hinterfragen kann.

WO UNTERSCHEIDET IHR EUCH?

Arne sind vor allem Details wichtig, ich sehe eher das

große Ganze. Arne hat viele Einfälle, die ich dann in

einen größeren Zusammenhang bringe. Wenn wir an

einem Buch arbeiten, denkt Arne sich die Themen aus

und recherchiert. Im nächsten Schritt arbeiten wir dann

zusammen am kreativen Teil. Später strukturiere ich

alle Ideen und bringe das Manuskript in Form. Das ist

für uns die ideale Art zu arbeiten.

_ 33

Page 34: Flown18*2016

Besonders Personen, die eine

gewisse Unruhe in uns auslösen,

können die besten Partner sein

vieler berühmter kreativer Paare untersucht, sondern auch einige

von ihnen und ihr Umfeld interviewt. In dem Zusammenhang fand

er auch heraus, dass es sich bei der Person hinter den Kulissen

oft um eine Frau handelt; eine, die unabdingbar für den kreativen

Prozess war, aber nicht im Scheinwerferlicht stand.

ZIEMLICHES DURCHEINANDER

Bisher neigten Historiker dazu, das Leben kreativer Persönlich­

keiten entweder vom Individuum ausgehend zu studieren oder es

in einem größeren Zusammenhang zu betrachten: Welche gesell­

schaftlichen oder politischen Bedingungen haben dazu geführt,

dass er oder sie so herausragend werden konnte? „Die Rolle von

Beziehungen wird einfach komplett übersehen“, meint Shenk.

„Und ich glaube auch, dass es einen Grund dafür gibt. Beziehun­

gen sind kompliziert. Wenn man eine klare Geschichte erzählen

will, stören sie. Sie enthalten gefährlich viele Emotionen, sind oft

paradox. Diejenigen, die wir lieben, auf die wir wütend werden,

die uns dazu inspirieren, etwas zu erschaffen, was wir allein nie

erreicht hätten – sie und das Verhältnis zu ihnen sind schwer zu

beschreiben.“ In was für einer Gemengelage zwischen Freude

und Streit, Abhängigkeit und Beflügeltsein, Großzügigkeit und Enge

kreative Duos sich oft befinden zeigt etwa der biografische Film

Walk the Line über den Countrymusiker Johnny Cash und seine

Frau June Carter. Dort sieht man, dass Cash ohne die Unter­

stützung seiner Geliebten June, die ebenfalls Musikerin war, oft

nicht gut arbeiten konnte – es aber gleichzeitig zwischen den

beiden auch Streit und Konkurrenz gab. In einer Szene schreibt

June nach einem Krach den Song Ring of Fire. Dieses Stück hat

Johnny Cash später aufgenommen und mal mit, mal ohne seine

Frau gespielt – es gilt heute als sein größter Hit. Ohne die kreative

Chemie des Paares wäre er aber wohl nicht entstanden.

An diesem Beispiel zeigt sich, dass wir es viel schwerer finden,

ein kreatives Produkt einem Duo zuzuordnen, denn wir wollen nicht

immer die ganze Geschichte mitdenken, wollen Klarheit und

ordnen den Song deshalb ganz selbstverständlich dem bekann­

teren Partner – in diesem Fall Johnny Cash – zu.

KONFLIKTE SIND NÜTZLICH

In seinen Nachforschungen über kreative Duos stellte Shenk fest,

dass es ganz unterschiedliche Konstellationen gibt. Die auf­

fälligsten sind die, von denen wir beide Namen kennen und wissen,

was sie geschaffen haben. Diese finden sich aufgrund eines

gemeinsamen Interesses. Das klingt selbstverständlich, ist aber

entscheidend. Denn das Setting, in dem sich Menschen be­

gegnen, bestimmt mit, ob es zu einer Partnerschaft kommt und

die Chemie stimmt. So haben sich die Künstler Gilbert und George

in der Bildhauerklasse einer Londoner Kunsthochschule getroffen.

Mick Jagger und Keith Richards von den Rolling Stones kamen

das erste Mal auf einem Bahnsteig am Zug Richtung London ins

Gespräch, weil Jagger Bluesplatten dabei hatte, die Richards

interessierten. Wer also nach einem kreativen Partner Ausschau

hält, sollte in der passenden Umgebung danach suchen.

Dennoch: Obwohl gemeinsame Interessen wichtig sind, glaubt

Shenk, dass es auch genügend Unterschiede geben muss, um

einander „aufzuladen“. Oft brauchen kreative Paare Unterschiede

und Konflikte. Wie Shenk sagt: „Es ist kennzeichnend für Duos,

dass sie sowohl extreme Ähnlichkeiten als auch extreme Unter­

schiede aufweisen.“ Lennon und McCartney teilten etwa die Liebe

zur Musik, besaßen aber vollkommen gegensätzliche Persönlich­

keiten. Sie waren letztlich sogar Rivalen und versuchten, einander

zu übertreffen. Ein anderer wichtiger Aspekt ihrer Beziehung – wie

laut Shenk bei so vielen erfolgreichen Duos – ist, dass sie einan­

der nicht immer leiden konnten. „Manchmal sind die Beziehungen,

aus denen wir die meiste Kraft schöpfen, zugleich jene, die uns

am meisten reizen“, sagt er. „Daraus habe ich gelernt: Treffe ich

34 _ Feel connected

Page 35: Flown18*2016

TEXT ANNE OTTO, NINA SIEGAL ILLUSTRATION MARTA COLOMER/TUTTI CONFETTI

auf eine Person, die mich ärgert, hatte ich bisher die Neigung, sie

sofort abzuschreiben. Doch das ist ein Fehler. Denn Menschen,

die Unruhe in uns hervorrufen, können gute Partner für uns sein.“

DER STILLE ZWEITE

Es gibt noch eine weitere Form der Partnerschaft, nämlich jene,

bei der wir nur den Namen einer Person kennen. In diesen Fällen

hat die zweite Person nie die Anerkennung erfahren, die sie viel-

leicht verdient hätte. Ein ungewöhnliches Beispiel für so einen

vollkommen „stillen“ Partner ist der Maler Vincent van Gogh: Er

wäre vielleicht nie Künstler geworden, wenn es nicht die starke

Bindung zu seinem jüngeren Bruder Theo gegeben hätte, meint

Shenk. Theo führte Vincent nicht nur in die Pariser Kunstszene

ein, er ermutigte ihn auch, weiterzumalen, als sich kein Mensch für

seine Kunst interessierte. Oft ist der zweite, stille Partner zufrieden

damit, dass er nicht im Scheinwerferlicht steht, weil er introvertiert

ist oder Wert auf Privatsphäre legt. Doch der unterstützende Part

ist nicht notwendigerweise der geringere. Die Krux ist, dass jeder

im Duo die Rolle finden muss, die am besten zu ihm passt – eine,

in der man die eigenen kreativen Talente ohne Groll gegenüber

dem anderen zur Entfaltung bringen kann.

WAS PASST ZUSAMMEN?

Nicht immer führen Zusammenarbeiten zu Höchstleistungen

und historischen Veränderungen. Aber ein gut passender Arbeits-

partner kann uns beflügeln, Projekte erleichtern und das Leben

einfacher und lebendiger machen. Fragt sich natürlich, mit wem

wir gut harmonieren. Glaubt man Joshua Shenk, ist es für kreative

Partnerschaften vor allem nötig, die Balance zwischen Zusammen-

arbeit und Autonomie zu finden. Wann immer man sich abhängig

fühlt, kippt die Sache. Davon ist auch Paola Molinari überzeugt.

In ihrem Buch Lebe statt zu funktionieren bestätigt die Trainerin

nicht nur, dass kreative Zusammenarbeiten auch bei Alltags-

projekten mehr Energie und Lebensfreude bringen – sie zeigt in

einer Typologie auch, welche Persönlichkeiten gut zusammen-

passen. So hat sie beispielsweise festgestellt, dass freundliche,

diplomatische Menschen gut mit Kämpfernaturen harmonieren.

Nicht nur, dass durch den unterschiedlichen Blick auf die Welt –

Harmonie versus Durchsetzungsvermögen – viele Ideen entstehen

können. Beide Typen gehen auch so verschieden an Konflikte

heran, dass sie unterschiedliche Probleme rasch meistern können,

nach dem Motto „Was der eine nicht kann, übernimmt der andere“.

Ein gutes Duo bilden auch gesellige Typen, die geliebt werden

wollen – Molinari nennt sie „Clowns“ –, und akkurate, sachliche

ASTRID & IRENE: „WIR SIND AUF EINERWELLENLÄNGE“Astrid van der Hulst und Irene Smit waren Kolleginnen

bei einer niederländischen Frauenzeitschrift und haben

dann zusammen Flow entwickelt: Sie arbeiten täglich eng

zusammen und leiten das Redaktionsteam.

WIE FUNKTIONIERT DIE MAGIE ZWISCHEN EUCH?

Astrid: Als wir uns zum ersten Mal privat unterhielten,

stellte sich heraus, dass wir beide Papier lieben, Achtsam-

keit und schöne Kleinigkeiten. Es wurde auch klar, dass

uns solche Themen in Zeitschriften fehlten. Wir fanden

dann auch schnell heraus, dass wir zusammen die besten

Einfälle haben. Irene sagt etwas, ich ergänze und dann

kristallisiert sich eine Idee heraus. Das ist mir vorher

noch nie mit jemandem so gegangen.

Irene: Wir haben damals auch denselben Achtsamkeits-

kurs besucht, stellten fest, dass wir ähnlich denken. Und

wir beide setzen uns gelegentlich unter Druck, grübeln

zu viel. Inzwischen wissen wir, dass uns zu viel Stress

belastet. Wenn wir merken, dass die andere gerade mal

wieder einen Tunnelblick hat und sich übernimmt, machen

wir uns darauf gegenseitig aufmerksam. Das ist schön,

denn nach so einem Weckruf nimmt diejenige sich dann

Zeit, um zu meditieren oder joggen zu gehen.

WO SEID IHR EUCH ÄHNLICH?

Astrid: Wir sind flexibel und keine Leute, die von neun

bis fünf in einer festen Struktur arbeiten wollen.

Irene: Wir spüren viel, sind intuitiv, Gefühlsmenschen.

WO UNTERSCHEIDET IHR EUCH?

Astrid: Irene kann besser logisch und praktisch

denken und findet schneller Lösungen. Ich bin die etwas

Schwankendere von uns. Ich mag es, Illustrationen zu

platzieren und mir Papier-Extras auszudenken.

Irene: Astrid hat mehr Geduld als ich. Für Menschen

und Dinge. Sie ist etwa in der Lage, sich die Zeit zu nehmen,

ein Falt-Guckkästchen zu durchdenken und mit einer

Illustratorin so lange daran zu arbeiten, bis es schön ist.

Menschen. Sie haben so unterschiedliche Stärken, dass sie

den anderen gut in seiner Rolle lassen können. Auch wenn solche

Typologien Anhaltspunkte geben, rein rational kann man sich

wohl nicht auf die Suche nach einem Pendant machen, sagt Shenk:

Dafür sei die Magie, der Funke, der von einem Moment zum

nächsten überspringt oder nicht, einfach zu entscheidend. Seiner

Meinung nach reicht es, mit offenen Augen durchs Leben zu

gehen. „Wir können immer nur unser Bestes tun, Beziehungen

einzugehen und Arbeit zu finden, die uns liegt. Ergibt sich

dann die Chance, eine Verbindung einzugehen, die eine neue

Zusammenarbeit ermöglicht: Ergreife sie!“ ●

Mehr über Duos lesen? In dem witzigen Roman Die gelben Augen der Krokodile von Katherine Pancolgeht es um Schwestern: Die eine ist Selbstdarstellerin, die andere schreibt heimlich deren Bücher _ 35

Page 36: Flown18*2016

KAT MENSCHIK

„Ich achte heutebesser auf meine

Bedürfnisse“Sie gehört zu Deutschlands wichtigsten Illustratorinnen, zeichnet für diverse Zeitungen

und Magazine und gestaltet Bücher, unter anderem von Haruki Murakami.

Doch die Mutter einer Tochter musste auch lernen, die eigenen Grenzen zu akzeptieren.

Kat Menschik lebt in Berlin und in ihrem Haus auf dem Land

36 _ Feel connected

Page 37: Flown18*2016

Lebenslauf

_ 37

Page 38: Flown18*2016

Mit süßemLöwenbaby

im BerlinerZoo 1970

>

1969 inBerlin mitstörrischemPlakat

1975: " MeineEinschulungmit schickerFrisur“

Kat zeichnet gern mitTusche, hier 1997

1976 im Winterurlaub,mit Malsachen, ohneSkifahren

NAME: Kat MenschikGEBOREN: 1968BERUF: IllustratorinSie arbeitet seit Jahren für dasFeuilleton der FAZ, die FrankfurterAllgemeine Sonntagszeitung sowiediverse Magazine. Außerdem illustriertesie viele Bücher, unter anderem vonHaruki Murakami (Schlaf, Die Bäckerei-überfälle), und arbeitet aktuell aneiner Klassikerreihe für den Galiani-Verlag. Ihr erstes eigenes Buch,Der goldene Grubber (2014, ebenfallsGaliani) erzählt von ihren Garten-erfahrungen und wurde von der StiftungBuchkunst ausgezeichnet. Kat Menschiklebt mit Freund und Tochter in Berlinund auf dem Land in Brandenburg.

>Beim Signierenfrischer Siebdrucke

1997: " Ich gebe für Freunde undStudenten einen Siebdruckworkshop“

Um 1977 aufdem Land mit

Katzen- undHundebabys

38 _ Feel connected

Page 39: Flown18*2016

Vergangenheit„Im Nachhinein war es toll, in dieser total anarchischen Zeit in Berlin dabei gewesen zu sein“

„Aufgewachsen bin ich in Ostberlin, damals

noch DDR. Ich hatte eine richtig tolle Kind-

heit. Mein Vater war Grafiker, entwarf vor

allem Firmenlogos. Bis heute arbeitet er

außerdem als Kalligraf, seine Schrift sieht

aus wie gedruckt, das ist wirklich eine

Gabe. Meine Mama war Chemie ingenieurin,

testete im VEB Spreequell Brause und

arbeitete später an der Charité im Labor.

Sie blieb nach meiner Geburt ein paar

Jahre zu Hause, und mein Vater hatte sein

Atelier um die Ecke von unserer Wohnung.

Sie waren immer da. Dann gab es noch

meine geliebte, immer fröhliche Omi.

Bei ihr auf dem Dorf verbrachte ich meine

Ferien, von ihr habe ich so viel gelernt:

Walzertanzen, Sticken, Stricken, Häkeln und

Nähen. Davon zehre ich noch heute. Ich

war damals schon ungeduldig, aber bei ihr

habe ich gelernt, mich für ein schönes

Ergebnis durchzubeißen.

Ich war ein eigenbrötlerisches Kind, habe

mich am liebsten zurückgezogen und

gebastelt. Geknetet, geschnitzt, gemalt,

mit Pappmaschee experimentiert, Sachen

aus Holz gebaut. Meine Eltern haben das

gefördert. Ich war die Kreative und meine

drei Jahre jüngere Schwester die Musikali-

sche. Nur dass ich immer ohne Skizze ge-

arbeitet habe, hat meinen Vater gewurmt –

er hat sie seitenweise gemacht, bevor er

mit dem Ergebnis zufrieden war. Bei mir

musste es schon damals schneller gehen,

ich habe mir die Sachen vorgestellt und

dann losgelegt. So arbeite ich heute noch.

Meine Eltern waren keine Dissidenten, aber

sie haben sich ihre Freiräume geschaffen,

zum Beispiel das Selbstständigendasein

meines Vaters. Entsprechende Freunde

hatten sie auch. Es war ein Kreis, der ein

bisschen lustiger lebte als andere. Zudem

bin ich katholisch erzogen worden, ich war

die Einzige in meiner Klasse, die religiös

war. Als Kind habe ich mir das anders

gewünscht, wollte auch zur Jugendweihe

und die gleiche Schrankwand wie alle,

nicht die gesammelten alten Möbel, die

wir hatten. Irgendwann fand ich es aber

zunehmend schick, mich abzuheben.

Rückblickend war mein Weg in einen

kreativen Beruf vorgezeichnet. Nach dem

Abi wusste ich aber lange nicht, in welche

Richtung es gehen würde. Ich habe erst

mal Schaufensterdekorateurin gelernt,

für viele eine Durchgangsstation zu einem

kreativen Studium. Ein Jahr habe ich in

dem Beruf gearbeitet, Pyramiden von

Trockenerbsen- und Apfelsaftpackungen

gebaut und parallel diverse Eignungs-

prüfungen absolviert, sogar für Puppen-

spiel. Im Herbst 1990 bekam ich dann einen

Studienplatz für Kommunikations design.

Kurz davor war ich ausgezogen, in eines

der vielen Abrisshäuser im Prenzlauer Berg.

Das war ein harter Bruch, und die erste

Zeit war schrecklich. Ich war einsam, die

Wohnung kalt, ich habe mich gefürchtet.

Aber dann habe ich mir gesagt: Du wolltest

es so, reiß dich zusammen, mach’s dir

schön. Im Nachhinein war es toll, mitten

in dieser total anarchischen Zeit in Berlin

dabei und jung gewesen zu sein.

Zur Illustration bin ich quasi durch Zufall

gekommen, als ich zwei Jahre mit anderen

Austauschstudenten in Paris war. Einer

von ihnen verdiente sein Geld mit Comic-

zeichnen. Wir gründeten ein Fanzine, ob-

wohl ich mit Comics vorher nichts am Hut

hatte. Nach Pippi Langstrumpf haben wir es

Spunk genannt, jeden Monat 100 Stück

produziert, kopierte Seiten, mit einem

Gummi zusammengehalten. Mit denen sind

wir durch die Läden gezogen – und man hat

sie uns aus den Händen gerissen. Das war

für mich eine eindrückliche Erfahrung, da

ich immer ängstlich war, mit meinen Sachen

an die Öffentlichkeit zu gehen. In Paris

habe ich gelernt, dass die Leute nicht

mehr als Nein sagen können. Und

macht man seine Sache ordentlich,

passiert das sogar relativ selten.

Mit mehr Selbstbewusstsein kam ich nach

Berlin zurück und gründete mit einem

Freund den Millionen-Verlag. Wir brachten

viertel jährlich aufwendige Siebdruck-

editionen namens A.O.C. heraus, wie das

französische Gütesiegel. Wir haben selbst

gezeichnet und je fünf Künstler dazu ein-

geladen, darunter Zeichner wie ATAK oder

Anke Feuchtenberger. Wir haben sogar

Briefe an Lagerfeld, Kate Moss und David

Bowie geschickt. Von Bowies Management

kam tatsächlich eine Antwort: Das Magazin

sei sympathisch, aber er hätte leider keine

Zeit. Den Brief habe ich noch.“

_ 39

Page 40: Flown18*2016

Gegenwart„Als die Anfrage kam, dachte ich: Jetzt mache ich genau das, was ich am allermeisten mag“

„Für das A.O.C.-Magazin habe ich mich

richtig reingekniet, wir haben quasi in der

Siebdruckwerkstatt gewohnt. Ich hatte

kaum Geld und weiß noch, wie ich damals

dachte: Hätte ich doch mal 100 Mark für

ein schönes Kleid übrig. Es war dennoch

eine großartige Zeit, und ich habe es auch

getan, um nach dem Studium nicht zum

Heer arbeitsloser Grafiker zu gehören. Das

hat dann ja auch geklappt. Durch Zufall

wurde ich genau am Tag meiner Meister­

schulprüfung von der FAZ angesprochen.

Seitdem zeichne ich vor allem für das

Feuilleton und illustriere jeden Sonntag das

Fernsehprogramm der FAS, schon seit

fast 15 Jahren. Andere Zeitschriften kamen

dazu, und mit der Zeit habe ich auch

immer mehr für Buchverlage gearbeitet.

Vor 16 Jahren kam meine Tochter auf die

Welt. Ich wollte immer Familie haben, war

32, mit dem Studium fertig, machte erste

Schritte ins Jobleben. Alles passte. Sie war

ein pflegeleichtes Kind, drei Wochen nach

ihrer Geburt habe ich wieder gearbeitet,

wenn sie geschlafen hat, und später, wenn

sie in der Kita oder Schule war. Ich konnte

mir nie vorstellen, nur Mutter zu sein.

Durch sie habe ich mir aber angewöhnt,

auch Feierabend zu machen. Von ihrem

Vater lebe ich getrennt, wir teilen uns die

Erziehung. Unsere Tochter lebt eine Woche

bei ihm, eine bei mir und meinem Freund.

Das klappt prima, über Erziehungsfragen

konnten wir uns immer gut verständigen.

Das ist gar nicht so schwer, wenn es

ausschließlich um das Wohl des Kindes

geht. Und sie hat alles doppelt: Kinder­

zimmer, Reisen, Freundeskreise etc.

Meinen jetzigen Freund kenne ich, seit ich

drei Jahre alt war. Unsere Väter sind seit

Jahrzehnten befreundet, wir haben schon

zusammen im Baumhaus gespielt und sind

uns immer wieder über den Weg gelaufen.

Gefunkt hat es aber erst vor acht Jahren,

seitdem sind wir ein Paar. Wir haben eine

Wohnung in Berlin und ein Haus auf dem

Land. Das habe ich gekauft, als meine

Tochter drei war, weil ich nicht wollte, dass

sie eine Großstadtpflanze bleibt. Ich weiß

noch, wie sie hier am Anfang barfuß auf

der Schwelle stand und nicht auf die Wiese

laufen wollte, weinte, weil sie es eklig fand.

Ich hatte schon immer die romantische

Vorstellung, ein kleines Bauernhäuschen

zu haben, vor dem ich abends mit einem

Glas Rotwein sitze und in die Natur

schaue. Das 200 Jahre alte Gemäuer in

Schuss zu bringen war erst mal irre viel

Arbeit, da war nichts mit Rotweintrinken.

So viel wie möglich haben wir selbst

gemacht, Wände verputzt, Fliesen gelegt,

Fenster aufgearbeitet. Da gehört eine

Menge Leidenschaft dazu, wir sind immer

noch nicht fertig. Aber gerade im Sommer

gibt es keinen schöneren Ort. Das liegt

auch an dem riesigen Garten, der für mich

in zwischen so etwas wie ein Familien­

mitglied geworden ist. Ich schaue den

Pflanzen beim Wachsen zu, ich pflege und

umsorge sie, als wären es meine Kinder.

Von meinen Gartenerfahrungen – Erfolge

wie Niederlagen – erzähle ich im Goldenen

Grubber, dem ersten Buch, das ich nicht

nur gezeichnet, sondern auch komplett

selbst geschrieben habe. Es war eine

Herzensangelegenheit und hat viel Spaß

gemacht. Es ist ein Erwachsenenbuch,

wie die meisten Bücher, die ich illustriere.

Das passt zu meinen Stil, meine

Bilder besitzen eine gewisse Härte

und Strenge. Es passiert öfter, dass

Leute überrascht sind, dass sie von

einer Frau stammen. Ich zeichne keine

klassischen Comics, benutze aber gern

Text als gestalterisches Element in meinen

Bildern, als zweite Ebene. Ich zeichne

zuerst mit Feder und Tusche, ich liebe

diesen handwerklichen, analogen Teil

meiner Arbeit. Dann scanne ich die Bilder

ein und bearbeite sie weiter. Kolorierung,

Muster, Schatten, all das entsteht digital.

Ein Traum war es für mich, Bücher für

Haruki Murakami zu illustrieren. Als die An­

frage kam, dachte ich: Jetzt bin ich ange­

kommen und mache genau das, was ich

am allermeisten mag. Seine Geschichten

sind so vielschichtig, ein bisschen mystisch

und rätselhaft, manchmal fast traumgleich.

Das passt perfekt zu meiner Vorstellung,

Bilder zu komponieren. Ich greife Details

aus den Texten auf, denke mir dazu etwas

aus, das vielleicht gar nichts mit der

Geschichte zu tun hat, aber die Stimmung

wiedergibt. So einen Spannungsbogen

herzustellen, das finde ich reizvoll.“

40 _ Feel connected

Page 41: Flown18*2016

>

" Puppen nähenmit meiner Tochter,das war 2007“

" Yoga im Garten, Angeberpose“

Pass wanderungauf Sizilien mit

Freund, 2015

Im Urlaub 2015mit nagelneuer

Glasperlenkette

>

Im Freibad, Häkel-decke zusammennähen Wieder mal mit

Katzenbaby

Drei von Kats Werken:Das variable Kalendarium,Der goldene Grubber undRomeo und Julia

" Meine Tochterund ich imSommer 2010“

Ein Siebdruckfür ein Buch

mit Islandsagen

>

" An der Linol-druckpresse, mitkleiner Helferin“

_ 41

Page 42: Flown18*2016

42 _ Feel connected

Page 43: Flown18*2016

Zukunft„Ich hatte über Wochen einen Schwindel. Ich habe dann die Reißleine gezogen“

TEXT TANJA REUSCHLING FOTO JULIA BAIER HAARE/MAKE-UP KATHLEEN KELLY„Bis Ende vorletzten Jahres dachte ich,

alles wäre perfekt. Ich lebe im Luxus, nicht

weil ich viel Geld habe, sondern einen Job,

der auch mein Hobby ist und in dem ich

glücklich bin, dazu eine gesunde Familie,

tolle Freunde, ein Haus auf dem Land. Ich

wäre im Traum nicht darauf gekommen,

dass mir so etwas passiert, aber ich be-

kam ein Erschöpfungssyndrom. Ich hatte

über Wochen einen Schwindel, lief von

Arzt zu Arzt, es war sehr beängstigend.

Zum ersten Mal wurde mir mein Job zu

viel, und ich bekam Beklemmungen, wenn

jemand wegen eines neuen Auftrags anrief.

Ich habe dann die Reißleine gezogen, zur

Jahreswende einige Projekte abgesagt,

das tat mir sehr leid. Es war wirklich

schwierig, mich einzuschränken, da ich nie

das Gefühl von Überforderung hatte. Ich

neige zum Aktionismus, bin ungeduldig,

glaubte immer, alles schaffen zu können.

Aber dann wurde ich körperlich ausge-

bremst. Mein Grundgefühl war bis dahin:

Man lebt nur einmal und muss viel unter-

kriegen in der kurzen Zeit. Jetzt versuche

ich, langsamer zu machen, mich bewusst

auch mal zu langweilen, sofort runterzu-

schalten, wenn ich Herzflattern bekomme.

Das ist das Wesentlichste für die Zukunft:

mehr auf mich zu achten, mich nicht mehr

zu überanstrengen, Nein sagen zu lernen.

Ich habe festgestellt, dass mein Wende-

kreis nicht besonders groß ist. Ich bin durch

die Welt gereist, habe zwei Jahre in Paris

verbracht, eigentlich meine Traumstadt.

Aber als ich dort wohnte, habe ich ge-

merkt: In Paris bin ich gern Touristin, leben

möchte ich aber nur in Berlin. Ich wohne

dort noch immer in demselben Viertel, in

dem ich aufgewachsen bin. Zwei, drei Mal

im Jahr mache ich kurze Reisen, meist

Städtetrips, nach New York, Barcelona,

Danzig, Krakau. Das brauche ich als Inspi-

ration für meine Arbeit. Sonst bin ich am

liebsten in unserem Haus auf dem Land, in

der Natur. Ich liebe es zum Beispiel, mit

meinem Freund am Wochenende abends

mit einem Glas Wein auf dem Hochstand

zu sitzen und Rehe zu beobachten. Irgend-

wann wollen wir ganz rausziehen. Wir

haben hier mittlerweile Freunde aus der

Nachbarschaft, auch die aus Berlin kommen

uns besuchen. Dann sitzen wir im Garten

oder am Lagerfeuer, grillen, und alle zwei

Jahre gibt es ein riesiges Sommerfest.

Das ist für mich Lebensqualität.

Wenn ich arbeite, bin ich ziemlich autistisch,

über Stunden völlig versunken in meinen

Geschichten, brauche nichts anderes. Aller-

dings habe ich eine schlechte Angewohn-

heit: Oft läuft mein kleiner Tischfernseher.

Aus den Augenwinkeln nehme ich dann Be-

wegungen wahr und fühle mich nicht allein.

Wenn ich aber Freizeit habe, bin ich gern

in Gesellschaft, feiere, tanze. Und so soll es

bleiben, bis ich ganz, ganz alt bin.

Ich freue mich, meine Tochter heranwach-

sen zu sehen. Sie ist so was von wohlge-

raten, auch wenn sie jetzt in der Pubertät

ist und wir leichte Mutter-Tochter-Probleme

haben. Aber ich beobachte sie mit anderen,

sie ist höflich, freundlich, kreativ, bastelt

stundenlang, liest total viel und hat ihren

eigenen Kopf. Ich denke, sie kann sich in

einem festen Rahmen aus Vertrauen und

Liebe sehr frei bewegen, sich ausprobie-

ren, verschiedenen Hobbys nachgehen,

diese aber auch wieder sein lassen, wenn

sie meint, das ist nichts für sie. Gerade

macht sie ihren Mittleren Schulabschluss,

und ich habe keine Sorge, dass sie ihn

nicht erfolgreich besteht.

Ich selber bastele ebenfalls noch gern,

das wird wohl so bleiben. Einmal in der

Woche gehe ich in eine Keramikwerkstatt

zum Töpfern, mit Drehscheibe. Mit den

Händen im Ton, voll konzentriert auf

die Form, die unter meinen Fingern

gerade entsteht, kann ich am besten

abschalten. Aber auch das Haus zu ver-

schönern, Mosaiksteine zu verlegen oder

eine Küchenzeile zu bauen ist für mich im

weitesten Sinne basteln, im Winter stricke

oder häkele ich. Beruflich arbeite ich gerade

an einem neuen Herzensprojekt: eine Buch-

reihe, für die ich Lieblingsgeschichten

illustriere, mal klassische, mal moderne.

Als Erstes werden im Herbst Ein Landarzt

von Franz Kafka und Romeo und Julia von

William Shakespeare erscheinen. Ein Buch,

also einen Gegenstand herzustellen, den

man gern in die Hand nimmt, der sich gut

anfühlt, den man haben oder verschenken

möchte – das ist einfach toll.“ ●

_ 43

Page 44: Flown18*2016
Page 45: Flown18*2016

Ich bin mal kurz inSaint-Tropez.

Meine Mein Moment

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Die Kunst desImprovisierens

in OranIrene Schippers musste sich erst daran gewöhnen,

dass der Alltag in Algerien nicht planbar ist. Nachdem sie nun

schon seit vier Jahren dort zu Hause ist, sieht sie aber auch,

welche Vorteile es hat, von einem Tag auf den anderen zu leben

46 _ Feel connected

Page 47: Flown18*2016

Währenddessenin Algerien

_ 47

Page 48: Flown18*2016

„ Ich regte mich über alles auf, was

nicht gut geregelt war. Dafür schäme

ich mich heute manchmal“

„Ich bin schon 20 Jahre mit meinem

algerischen Mann zusammen. Er ist Anfang

der 90er-Jahre aus seinem Land ge-

flüchtet, als dort ein Bürgerkrieg ausbrach.

Wir haben zwei Kinder, inzwischen zehn

und 14 Jahre alt, die wir ganz bewusst zwei-

sprachig erzogen haben, denn mein Mann

hat immer klargemacht, dass er gern in

sein Land zurückkehren würde. Diesem

Wunsch stand ich von Anfang an positiv

gegenüber. Ich betrachtete es als Berei-

cherung für mich und die Kinder, wenn wir

irgendwann nach Algerien ziehen würden.

Vor vier Jahren haben wir den Plan dann

verwirklicht. Seitdem wohnen wir in einem

Vorort von Oran, der zweitgrößten Stadt

des Landes. Doch eigentlich fange ich erst

jetzt an, mich richtig einzugewöhnen.

Unser Schritt war nämlich eine viel größere

Veränderung, als ich mir vorgestellt hatte.

In den Niederlanden habe ich freiberuflich

gearbeitet, hatte eine junge Familie und

lebte von Deadline zu Deadline. Mein

1 2

Leben war voll durchorganisiert, und ich

liebte das: To-do-Listen machen und

abhaken. Ich war nicht darauf vorbereitet,

dass ich mit dem Planen nicht so weit

kommen würde in Algerien. Die Leute hier

leben im Grunde von einem Tag auf den

anderen. Das bestimmt den gesamten

Alltag und die Art und Weise, wie das Zu-

sammenleben organisiert ist.

Es begann bereits im ersten Monat nach

unserem Umzug. Im Kopf hatte ich mir un-

ser neues Leben genau ausgemalt. Aber

nichts lief so, wie ich es mir gedacht hatte.

Ich regte mich über alles auf, was nicht gut

geregelt war. Manchmal schäme ich mich

heute dafür, wenn ich meine Tagebücher

lese. Irgendwann blieb mir nichts anderes

übrig, als loszulassen. Und inzwischen

genieße ich die guten Seiten. Das Leben

hier folgt einem langsameren Rhythmus,

und die Menschen haben nicht so schnell

das Gefühl, zu kurz zu kommen. Ich habe

die Kunst des Improvisierens wieder gelernt.Mit erstaunlichem Ergebnis: Seit ich

flexibler sein muss, bin ich aufmerksamer

und kreativer geworden.

DIE DINGE LAUFEN LASSEN

Inzwischen wundere ich mich nicht mehr,

wenn der Strom ein paar Stunden ausfällt,

einen halben Tag lang kein Wasser aus

der Leitung kommt oder die Internetverbin-

dung nur träge oder gar nicht funktioniert.

Früher wäre ich darüber vollkommen aus

der Fassung geraten, heute lege ich ge-

danklich den Schalter um und mache vor-

übergehend etwas anderes. Algerier haben

dieses Verhalten verinnerlicht. Sie zucken

nicht einmal mit der Wimper, wenn etwas

nicht so klappt wie erwartet. Sie sind von

klein auf daran gewöhnt, dass die Dinge so

laufen, wie sie eben laufen. Als Muslim

lernst du, dass dein ,Qadr‘ – am besten

vielleicht mit ,Schicksal‘ zu übersetzen –

bereits feststeht und von Gott so bestimmt

wurde, um dich zu prüfen. Bist du dankbar

und teilst mit anderen, wenn das Leben

es gut mit dir meint? Akzeptierst du

Schicksalsschläge, weil du weißt, dass du

dadurch ein besserer Mensch werden

kannst? Das Bewusstsein, dass du dein

Leben nur bis zu einem gewissen Grad

selbst bestimmen kannst, ist stark aus-

geprägt. Termin kalender verwendet man

hier nicht. Früher, in unserer alten Heimat,

verstand ich nie, warum mein Mann alle

Verabredungen auf kleinen Zetteln notierte.

Heute weiß ich, dass es eine Zwischen-

form war, die für ihn funktionierte. In

Algerien macht man keine Termine, schon

gar nicht telefonisch. Auch nicht bei

Behörden: Du gehst einfach hin, wenn du

Zeit hast, und schaust mal, ob du dran-

kommst. Wenn du dich darauf ein lassen

kannst, ist das eine sehr entspannte Art zu

leben. Es dauerte eine Weile, bis ich be-

griffen hatte, dass auch von mir gar nicht

so viel erwartet wird. Es herrscht einfach

bei allen Dingen weniger Druck.

48 _ Feel connected

Page 49: Flown18*2016

4

3

Meine Freundin Zahira, die in Algerien

geboren ist und schon seit mehr als

zehn Jahren in den Niederlanden wohnt,

erlebte den Kulturschock andersherum.

Sie wusste anfangs gar nicht, wie ihr

geschah: die zahlreichen Termine, Leute,

die konsequent nach der Uhr leben und

dich schief ansehen, wenn du ihre Regeln

nicht zu begreifen scheinst. Sie vermisste

das ,Makensj moeskiel‘, was so viel heißt

wie ,Kein Problem!‘. Damit meinen die Leute

hier, dass sich schon alles finden wird.

Inzwischen empfindet Zahira die west-

europäische Klarheit als sehr angenehm.

Aber wenn sie bei ihren Eltern Urlaub macht,

so hat sie mir erzählt, findet sie es dann

doch wieder herrlich, sich auf das weniger

durchorganisierte Leben einzulassen und

einfach abzuwarten, was kommt.

MIT DEM STROM SCHWIMMEN

Was mir hier am meisten fehlt, ist die Ge-

wissheit, dass man das, was man einfach

braucht, ruck, zuck beschaffen kann, seien

es Dinge oder Informationen. Außerhalb

der eigenen vier Wände bist du in Algerien

permanent von einem guten Netzwerk

abhängig. Es ist bisher kaum möglich, im

Internet einzukaufen oder etwas zu recher-

chieren. Wenn du etwas suchst, fragst du

andere Leute und hoffst, dass dir jemand

den richtigen Tipp geben kann. Bekommst

du ausnahmsweise sofort die richtige

Information, ist das ein Glückstreffer. Fast

alles geht um fünf Ecken, und es gibt immer

jemanden, der jemand anderen kennt,

der … – so bekommst du irgendwann, was

du brauchst. Es ist eher eine organische

Art von Leben, was auch dadurch verstärkt

wird, dass die Familien viel größer sind und

mehrere Generationen zusammenleben.

Ich kenne zahlreiche Frauen, die ein paar

Jahre, nachdem sie ihr letztes Kind gebo-

ren haben, bereits Oma wurden. In solch

einer Familie bist du viel weniger Individuum.

Alles dreht sich darum, was für die Sippe

wichtig ist. Deine Meinung wird zwar ge-

hört, ist aber nachrangig. Die Bereitschaft,

mit dem Strom zu schwimmen, nimmst

du quasi mit der Muttermilch auf.

Auch was das Essen betrifft, musste ich

mich umstellen. Da es hier keine großen

Supermärkte gibt, leben wir ohne Fertig-

1. So ruhig kann es in Irenes Wohnviertel sein

2. Überraschung! Käse gibt es in Algerien auch

3. Die Kathedrale von Oran dient heute als

Bibliothek

4. Irene Schippers hat in Algerien gelernt, mit

dem Strom zu schwimmen

gerichte und vorgewaschenen Salat in

Tüten. Es gibt auch keine exotischen Früch-

te wie Mango und Kiwi. Die Läden in den

Wohnvierteln sind schmale Schläuche,

bis zur Decke vollgestopft mit Standard-

produkten wie Kaffee, Reis, Milch, Limona-

de und einer kleinen Vitrine auf der Theke

mit losen Süßigkeiten für die Kinder.

Niemand kocht hier etwas aus der Dose.

Du lernst schnell, alles selbst zu machen.

Auf dem Markt kaufst du direkt von den

Bauern und isst das Obst und Gemüse,

das auf ihren Feldern gerade wächst –

frisch und aus ökologischem Anbau, nur die

Auswahl ist begrenzt. Ich habe gelernt, mit

dem zu kochen, was es gibt, während ich

früher im Supermarkt nach den Produkten

gegriffen habe, auf die ich Appetit hatte.

EIN LAND MIT WECHSELVOLLER VERGANGENHEITAlgerien war 140 Jahre lang französische Kolonie, bis es 1962 nach einem acht

Jahre dauernden Unabhängigkeitskrieg eigenständig wurde. 1991 erlebte es als

erstes Land in Nordafrika einen Arabischen Frühling — die sogenannte Islamische

Heilsfront übernahm damals die Führung. Der darauf folgende Bürgerkrieg endete,

als Präsident Abdelaziz Bouteflika mit Unterstützung des Militärs 1999 an die

Macht kam. Trotz bestehender politischer, wirtschaftlicher und sozialer Defizite

und massiver Korruption herrscht seither immerhin eines: Stabilität.

Mit knapp 2,4 Millionen Quadratkilometern ist Algerien das größte Land Afrikas.

Es ist fast sieben Mal so groß wie Deutschland, hat aber nur halb so viele Ein-

wohner. Die großen Städte liegen in den fruchtbaren Küstenregionen am Mittel-

meer, das übrige Land erstreckt sich über die Sahara, dessen enorme Gas- und

Erdölvorkommen einen Großteil des algerischen Exportvolumens ausmachen.

_ 49

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2

1

„ Wenn es draußen zu warm ist, wird dasArbeitstempo zurückgedreht, und niemandhat deswegen ein schlechtes Gewissen“

Wir essen das Obst, das Saison hat, und

wenn wir genug davon haben, beginnt auch

schon die nächste Ernte, und wir genießen

den Geschmack einer anderen Frucht.

FESTER LEBENSRHYTHMUS

In den kleinen Städten und Dörfern ist

der Alltag um die fünf festen Gebetszeiten

herum organisiert. Essens- und Laden-

öffnungszeiten sind auf die Mittags- und

Abendgebete abgestimmt. Besuche machst

du nicht kurz vor einem Gebet, sondern

danach. Seit 15 Jahren bin ich Muslimin.

Hier am frühen Morgen vom ,Adhan‘,

dem Gebetsruf, geweckt zu werden, daran

musste ich mich aber erst gewöhnen.

In unserer Gegend sind vier oder fünf

Moscheen in Hörweite, und die Gebetsrufe

ertönen nicht ganz simultan. Es ist wie ein

Echo, das rundherum erklingt – ein beson-

deres Hörerlebnis. Der feste Rhythmus

im Alltag schafft viel Ruhe und gibt Halt im

sozialen Leben. Ich merke, dass ich nicht

mehr wie früher irgendwo hängen bleibe.

Denn das nächste Gebet ist immer ein guter

Moment zu gehen, ein ganz natürlicher

Abschluss. Das wirkt auf mich wie eine

Meditation oder Achtsamkeitsübung.

Die Essenszeiten sind heilig, ansonsten hat

jeder seine Freiheit. Wenn es draußen zu

warm ist, wird das Arbeitstempo überall

zurückgedreht, und niemand hat deswegen

ein schlechtes Gewissen. Jeder ist auf

unerwarteten Besuch gefasst. Das Alltags-

leben wird dann angehalten, und der

Gast steht im Mittelpunkt. Schnell wird aus

den vorhandenen Vorräten eine Mahlzeit

gezaubert, darin sind die Leute hier sehr

geschickt. Oder es wird im Laden um die

Ecke noch fix etwas zusätzlich eingekauft.

Jeder Haushalt hat einen Extraschrank

mit Geschirr für Gäste und einen Stapel

Matratzen, Laken und Decken für Über-

nachtungsbesuch. Ich bin in dieser Hin-

sicht noch nicht die perfekte Gastgeberin,

aber ich werde immer besser.

Von einem auf den anderen Tag zu leben

bedeutet auch: Du lebst heute, und ob es

ein Morgen gibt, weißt du noch nicht. Denn

eines Tages kommt der Tod. Und auch

mit dem geht man hier ganz anders um. Ist

ein Muslim gestorben, wird er gewaschen

und in ein Leichentuch gewickelt und meis-

tens noch am selben Tag – häufig auf einer

Tragbahre und nicht in einem Sarg – zu

1. Im Zentrum erinnert die Architektur

vieler Häuser noch an die Kolonialzeit

2. Die Landschaft im Nordwesten

Algeriens, dem Teil des Landes, in dem

Oran liegt, ist karg, aber wunderschön

Fuß zum Friedhof gebracht. Die Männer

schaufeln das Grab selbst und schütten es

auch wieder zu. Es ist eine sehr physische

Art des Trauerns, mit einem direkteren

Kontakt zu dem Verstorbenen. Muslime

glauben an das Jenseits. Sie sehen den Tod

also nicht als definitives Ende. Das Begra-

ben ist deshalb einfach eine praktische

Abwicklung des irdischen Daseins eines

Menschen, nicht mehr und nicht weniger.

NÄHER ZUSAMMENRÜCKEN

Vor Kurzem habe ich noch einmal ein Buch

übers Auswandern gelesen, das mir meine

Mutter geschenkt hat, als wir nach Algerien

gezogen sind. Der Autor berichtet darin

sehr offen und ehrlich über den Neustart

seiner Familie in Neuseeland. Er be-

schreibt, wie du in einem fremden Land

viel mehr auf deine Familie angewiesen

bist und wie dich das in gewisser Weise

sehr stark macht. Denn gemeinsam

schaffst du es an diesem anderen Ort auf

der Welt. Du rückst näher zusammen.

Viele Erfahrungen in dem Buch stimmen

mit meinen überein, trotz großer Unter-

schiede zwischen den Ländern und dem

Motiv für den Umzug. Lächeln musste

ich bei der Beschreibung der Eigenheiten

des neuen Landes, die du nicht verstehen

kannst oder willst. Und auf die du dich

trotzdem einlassen musst, sonst schaffst

du es nicht. Allen Auswanderern geht es

also offensichtlich ein Stück weit ähnlich.

Es war gut, sich das einfach wieder einmal

bewusst zu machen.“ ● TEXT IRENE SCHIPPERS FOTO GETTY IMAGES, IRENE SCHIPPERS50 _ Feel connected

Page 51: Flown18*2016

CLEAN, GESUND & GLÜCKLICH

176 Seiten mit zahlreichen Farbfotos | € 19,99 [D] | Auch als E-Book erhältlich

Das ganzheitlicheCLEAN-EATING-PROGRAMM

Für Kristin Woltmann, Autorin des beliebtenBlogs EAT TRAIN LOVE ist Clean Eating keinschnelllebiger Ernährungstrend, sondern einlangfristiger Lebensstil. Im Zentrum ihresKonzepts steht der Körper als Tempel derSeele: Kümmere dich gut um deinen Kör-per, dann erstrahlt auch bald dein Inneres inneuem Glanz. Zu dieser bewussten Reise fürKörper, Geist und Seele lädt Kristin mit ihrenmotivierenden Tipps, kreativen Rezeptenund wohltuenden Yoga-Flows ein.

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Page 52: Flown18*2016

Kolumne

ÜberrolltHuch, was war das denn?! Merle Wuttke ist

manches Mal regelrecht erschrocken, wenn das

Glück sie hinterrücks überfällt und mal so

eben durchschüttelt. Etwas peinlich ist ihr das

große Gefühl auch. Aber warum eigentlich?

Das Wochenende verbrachten wir in unserer Hütte am See.

Spät am Abend, als das Lachen, Schreien und Planschen der

Tagesgäste verstummt war und alle wieder mit ihren Gummi-

booten und Grills nach Hause gefahren waren, schwamm

ich ganz allein inmitten dieser riesigen spiegel glatten Fläche.

Ich lag auf dem Rücken und schaute mir die Wolken an.

Und wie eine Katze, die einem ganz plötzlich auf die Schulter

springt, saß das Glück auf einmal in und oben auf meinem

Kopf. Darüber war ich so erschrocken, dass ich erst mal

jede Menge Wasser schluckte und mit den Beinen im dunklen

See herumstrampelte. Ich bin alles andere als ein sentimen-

taler Typ, aber gegen die Wucht, mit der mich dieses Gefühl

in dem Augenblick erwischte, kam ich nicht an.

Hätte ich nicht schon Wasser vom Prusten in den Augen

gehabt, hätte ich beinahe angefangen zu weinen vor lauter

schrecklich-schöner Glückseligkeit, die von unten nach

oben in mir aufstieg. Hier, mitten auf dem See, hätte ich mich

das sogar getraut – allein und unbeobachtet, wie ich war.

Sonst schäme ich mich nämlich für Gefühle. Ist ja oft auch

ein wenig gemein, man sitzt da irgendwo nichts ahnend am

Strand, im Park oder in der Sandkiste – und plötzlich stülpt

sich das Glück mit einer solchen Kraft über einen, dass man

anfängt zu heulen. Insgesamt ist diese Lawine an Emotion

immer ziemlich erschöpfend für den Menschen. Für mich jeden-

falls. Weil so unfassbar viel gutes Gefühl auf einmal eben

auch anstrengt. Es macht halt so weich. Ist aber gleichzeitig

natürlich total und absolut großartig und erhebend.

Um nicht ganz so hilflos dem Glück gegenüber dazustehen,

habe ich mal versucht, ein Resümee zu ziehen, wann und

wie oft es mich so überrollt. Und – war ja klar – es passiert

immer genau in den Momenten, in denen das Leben sich von

seiner ziemlich einfachsten Seite präsentiert. In denen man

von ihm nichts will, außer dass es bestenfalls möglichst lange

so bleibt, wie es gerade ist. In denen einen nichts drängt,

weder äußerlich noch innerlich, in denen man – ist.

Zenbuddhisten und Achtsamkeitserfahrene kennen und

wissen das natürlich alles. Ich im Prinzip auch. Schreibe ja oft

genug darüber. Und trotzdem: Es fällt mir schwer, die Glück-

seligkeit des Augenblicks auszukosten. Ich (und da bin ich bei

Weitem nicht die Einzige) kann die schlichte Großartigkeit

des Lebens, der Natur, der Liebe oft kaum aushalten, ohne

mich gleich wieder davon zu distanzieren. Der Grund? Ich

habe Angst, mich lächerlich zu machen. Deshalb flüchte ich

mich in die Ironie, reiße schnell einen Witz. Und gerate in

Situationen, in denen es damit mal nicht klappt, mächtig ins

Strudeln. Forscher haben herausgefunden, dass es sogar

eine regelrechte „Fear of Happiness“ gibt. Und rein evolutionär

betrachtet, ergibt es durchaus Sinn, dass wir nicht auf das

Glück achten, sondern stattdessen auf mögliche Gefahren.

Schließlich mussten unsere Vorfahren in der Steinzeit ständig

auf der Hut sein (vor Bären, Säbelzahntigern und anderen

Naturgewalten). Angst sicherte ihnen das Überleben.

Doch ich muss vor keinem Säbelzahntiger mehr flüchten.

Deswegen versuche ich ab jetzt, die Ironie sein zu lassen und

mir das Gefühl zurückzuholen. Mir voller Pathos die Wolken

am Himmel anzuschauen, nie wieder den Kitsch zu verspotten

und kaum mehr Angst vor dem Glück zu haben. ●

Einige ihrer Freunde schauen Merle Wuttke (40) jetzt manch-

mal merkwürdig an — weil sie nicht ahnten, dass sie doch so

rührselig sein kann. Merle trägt’s mit Fassung

52 _ Feel connected

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LIVE MINDFULLY

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Auch die Brillenpinguine watschelten im Tierpark Artis

einst frei herum. Heute gilt dort: Wenn einem Tier keine

artgerechten Bedingungen geboten werden können, wird es

erst gar nicht in den Zoo aufgenommen. Das Foto auf der

Vorderseite stammt aus dem Winter des Jahres 1963. FOTO (VORDERSEITE) HARRY POT/ANEFO/NATIONAAL ARCHIEF ILLUSTRATION (RECHTS) MAJA SÄFSTRÖM

Page 55: Flown18*2016

DER HAUSSPERLINGHaussperlinge, auch Spatzen genannt, halten sich gern dort

auf, wo Menschen wohnen, denn Häuser bieten ihnen gute

Möglichkeiten zum Nisten. Auf Bauernhöfen finden sie Futter,

das sie besonders gern mögen, wie etwa Getreidekörner. Haus -

sperlinge leben gesellig und ziehen das ganze Jahr in kleinen

Trupps umher. Leider gehen seit einigen Jahren die Bestands -

zahlen stark zurück, weil moderne oder sanierte Gebäude kaum

noch Nischen bieten, die sich als Brutplatz eignen. Deshalb

steht der Spatz auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten.

_ 55

Page 56: Flown18*2016

LivemindfullyLeben im Hier und Jetzt

Wie bitte?Wenn wir alles um uns vergessen

wollen, sollten wir ein spannendes

Buch aufschlagen. Forscher des

University College London fanden

heraus, dass wir viel weniger von

unserer Umwelt wahrnehmen,

wenn wir in eine Lektüre vertieft

sind. Sie vermuten, dass unser

Gehirn beim Hören und Sehen die

gleichen neuronalen Ressourcen

nutzt. Und wenn der eine Sinn

viele dieser Nervenzellen benötigt,

bleiben für den anderen nur noch

wenig Kapazitäten übrig. Die

Forscher nennen das „Taubheit

durch Unaufmerksamkeit“.

In FeierstimmungWir machen uns das Leben bunter und holen uns Papierpompons ins Haus. Mit

viel Liebe hatten Irka Fürle und Marcell Hüttner die puscheligen Bällchen als Deko

für ihre Hochzeit gebastelt. Dann wollten immer mehr Leute solche Pompons,

und die beiden gründeten eine Manufaktur. Verwendet wird nur komplett recycle-

und biologisch abbaubares Seidenpapier. pompom-manufaktur.de, ab 2,50 Euro

Datum

Wie heuteruhe gefunden?

hastdu innere

Was deinedrei Highlights

Tages?des

waren

Wofür bistduDankbar?

BlauesWunderIn einem Berghotel

in Österreich fand Unternehmer

Michael Acton Smith zu Medi-

tation und Achtsamkeit. Mit dem

Büchlein Calm (Knaur Balance,

18 Euro) will er uns helfen, täg-

liche Ruherituale zu entdecken.

Auch App und Website laden

zum Inne halten ein. Schon beim

Blick auf den Bildschirm ent-

spannen wir: ein tiefblauer See,

dazu die Geräusche der Natur.

calm.com, die App Calm für

Android und iOS ist kostenlos

Licht im GlasDie Sonne einfangen? Mit der

Solarlampe im Einmachglas geht

das. Eine Solarzelle und LED-

Lämpchen im Deckel des Glases

arbeiten zusammen: Tagsüber

speichert die Zelle Sonnenenergie,

abends spendet das Lämpchen

stundenlang Licht. Was ins Glas

kommt, entscheiden wir: Mu-

scheln, gepresste Blüten, Bonbons.

Hergestellt werden die Gläser

in Handarbeit in Südafrika, so

fanden 55 Menschen einen Job.

29,90 Euro, sonnenglas.net

56 _ Live mindfully

Page 57: Flown18*2016

TEXT ANGELIKA DIETRICH FOTO GETTY IMAGES, LAURA JUNGMANN & CORNELIUS RÉER, FELIX MATTHIES

Hallo... Echo...Klangvolle Idee: Auf der Web-

site echotopos.ch finden sich

lauter Orte, an denen sich die

besten Echos erzeugen lassen.

Man klickt sich durch die Berge,

und es juchzt und echot einem

fröhlich entgegen. Wer einen

tollen Echoplatz kennt, kann ihn

melden. Und in einem Tutorial

lernt man sogar, wie man am

besten in den Berg ruft.

Neu geformtEin gutes Beispiel dafür, dass es

sich lohnt, Glasmüll zu sammeln,

sind die kleinen Kunstwerke aus

der Serie „Same, same. But

different“ von Produktdesignerin

Laura Jungmann, ursprünglich

entworfen für ihre Diplomarbeit.

Sie werden alle aus alten Mineral-

wasser-, Bier- und Weinflaschen

hergestellt. Über samesame-

shop.de, 2 Gläser 34 Euro

Honig von nebenanSeit fast fünf Jahren imkert Viktoria Schmidt (28).

Weil sich in ihrem Keller die Honiggläser stapelten,

überlegte sich die Münchnerin ein Modell, wie man

Honig zeitgemäß und bequem vermarkten könnte.

Entstanden ist Near Bees, eine Plattform für Honig

vom Imker um die Ecke. Mehr als 400 haben sich

hier inzwischen registriert. Und auf nearbees.de kann

man einen Imker in seiner Nachbarschaft suchen

und dessen Honig bestellen. Das fördert die regionale Imkerei und schützt so

auch die Bienen. Der Honig kommt in flachen Nachfüllpackungen per Post oder

wird vom Imker persönlich vorbeigebracht. Tüte (400 g) ab ca. 8 Euro

“Briefe sind für mich Zeit, die ichmit jemandem verbringe, den ich

schätze, ein geschriebenes Gespräch.Ich wähle das Papier aus, den

richtigen Moment und den Raum, indem ich schreiben möchte. Ich

denke dabei an den anderen, daran,was ich ihm erzählen, mit ihm

teilen möchte. Für ein paar Stundenbin ich so mit ihm zusammen.“

Das sagt die spanische Autorin und passionierte Briefeschreiberin

Ángeles Doñate. Der schönste Grund, Briefe zu schreiben heißt ihr Roman.

Um zu verhindern, dass das Postamt geschlossen wird, setzt eine Dorf-

bewohnerin eine ungewöhnliche Briefkette in Gang. Thiele Verlag, 20 Euro

_ 57

Page 58: Flown18*2016

Gerade wenn man die Weisheitam nötigsten braucht, kann mansie oft nicht finden

58 _ Live mindfully

Page 59: Flown18*2016

Philosophie

Wie wird man einWEISER MENSCH?

Oft hören wir, dass Weisheit mit den Jahren kommt. Doch man braucht gar nicht alt zu

werden, um sie zu erlangen, wie Caroline Buijs herausgefunden hat. Hier schreibt sie über

ihre Erkenntnisse und warum es hilfreich ist, einfach öfter in sich hineinzuhören

Die erste weise Person, diemir als Kind begegnete,war eine Romanfigur: derEinsiedler Menaures aus

dem Jugendbuch Der Brief für den Königvon Tonke Dragt. Die Figur ist genausobeschrieben, wie man sich einen weisenMenschen vorstellt, das hat mich tiefbeeindruckt: „In der Tür öffnungerschien ein magerer alter Mann,gehüllt in ein Gewand aus grobemgraublauem Stoff. Seine langen,welligen Haare und der Bart warenschneeweiß, seine Miene freundlich,ruhig und weise. Sehr alt muss ersein, dachte Tiuri. Ihm war, als würdeder Einsiedler nach einem einzigenkurzen, forschenden Blick alles ver-stehen, sodass er ihm nichts mehr zuerzählen brauchte.“ Auch die rätsel-hafte Antwort von Menaures wecktemein Interesse: „,Und was bringt euchhierher?‘, fragte der Einsiedler. ‚Wassucht ihr? Etwas, was ich euch gebensoll? Ich kann euch nur beim Suchenhelfen: Finden müsst ihr es selbst.‘“

MIT UNSICHERHEIT UMGEHEN

Finden müsst ihr es selbst … Damitist präzise zusammengefasst, warumwir alle uns gelegentlich nach etwas

Weisheit sehnen. Wir alle müssenunser Leben selbst gestalten, undmanchmal haben wir keine Ahnung,wie das gelingen soll. Gebe ich dierichtigen Antworten und Ratschläge,wenn mich meine Kinder fragen?Ist es wirklich weise, diese oder jeneFreundschaft zu vernachlässigen?Sind die Lebensumstände, in denenich lebe, gut für mich und andere?Kein Wunder, dass es in der Gesell-schaft bei all den Unsicherheiten einzunehmendes Interesse an philoso-phischen Fragen gibt. Das zeigt etwader Erfolg von Einrichtungen wieder internationalen School of Life oderder Modern Life School in Hamburg,die uns in Lebenskunst, Achtsamkeitund ethischem Denken schulen.

Laut dem Psychologen Marcelino Lopezhat die wachsende Sehnsucht nachWeisheit auch damit zu tun, dass wirzwar mit einer enormen Zunahme anWissen konfrontiert sind und un-glaubliche technische Möglichkeitenhaben, gleichzeitig aber merken, dassuns das alles nicht glücklicher oderkompetenter macht. „Wir haben mehrFreiheiten und Möglichkeiten denn je,finden es zugleich aber schwieriger,

Trotz ihres eindringlichen Blicks sind Eulen nicht weiser als andere Vögel _ 59

Page 60: Flown18*2016

„ Weise Menschen versuchen, das Verhaltenihrer Mitmenschen zu verstehen, anstattes zu verurteilen“

Bedeutung und Tiefgang zu finden. Wirspüren unbewusst, dass etwas fehlt“,sagt Lopez. Er glaubt, dass die Men-schen immer auf der Suche nach Weis-heit sind, erst recht in kompliziertenZeiten: „Je unübersichtlicher oderveränderlicher die Situation erscheint,desto größer wird dieses Bedürfnis.“

ALTER SPIELT KEINE ROLLE

Einen langen weißen Bart wie derEinsiedler Menaures muss man nichttragen, um etwas Weisheit zu besitzen,so viel ist klar. Aber: Was ist Weisheitgenau? Wenn ich das besser verstehe,kann ich mir von dieser Kunst viel-leicht etwas abgucken. Die Psycholo-gen Paul Baltes und Ursula Staudingerhaben vor einigen Jahren untersucht,was weise Menschen kennzeichnet.Sie legten zwei Gruppen von Personeneine Reihe von Fragen vor. EineGruppe bestand aus „Nominierten“ –Personen des öffentlichen Lebens,die von einer Jury vor der Studie als„besonders weise“ ausgewählt wurden.Die zweite Gruppe bestand aus erfolg-reichen Menschen (zum BeispielWissenschaftlern), die nicht als aus-drücklich weise bezeichnet wordenwaren. Die Forscher legten beidenGruppen verschiedene Aufgaben vor.Beispielsweise sollte man auf einenAnruf von einem Freund reagieren,der sich das Leben nehmen will. Oderman sollte einer Person, die alt istund im Leben nicht alles erreicht hat,was sie wollte, eine weise Antwort auf

ihr Dilemma geben. Baltes undStaudinger ließen die TeilnehmerTexte schreiben und werteten siedanach aus. Ergebnis: Weisheit hatnichts mit dem Alter zu tun. Ob erst30 oder bereits 75, fanden sich inallen Altersstufen gleicher maßenweise und weniger weise Menschen.Sie folgerten daraus, dass manWeisheit nicht allein durch Lebens-erfahrung erwirbt. Wichtig ist, ausden Lektionen, die das Leben einemerteilt, zu lernen. Anders gesagt:Wer aus Fehlern, Konflikten undKrisen Schlüsse zieht, wird mit derZeit die Welt in einem größerenKontext sehen – und weiser werden.

ICH SEHE GRAU

Staudinger und Baltes entwickeltenauf der Basis ihrer Studien eine ArtKriterienkatalog für weises Handelnund Denken. Als ich mich darinvertiefe, finde ich vieles recht abstrakt,aber zu einigem fällt mir eine Personaus meinem Leben ein, die ich immersehr weise fand: Frau Hilster, eineherzliche ältere Dame, der ich inmeiner Studentenzeit im Haushalthalf. Trotz zahlreicher Gebrechenbesaß sie einen unglaublichen Sinnfür Humor, hatte etwas Schalkhaftesund Selbst bewusstes, das mich alsdamals 20-Jährige faszinierte. In ihrerWohnung gingen die Leute ein undaus, man diskutierte lebhaft überPolitik oder die Nachbarschaft. Dochwenn die anderen gegangen waren,

WEISHEIT INS GESICHT GESCHRIEBENDer amerikanische Fotograf Andrew Zuckerman hat in

seinem Bildband Weisheit 50 Persönlichkeiten porträtiert, die

er für weise hält, von Clint Eastwood bis Jane Goodall.

sagte Frau Hilster oft verschmitzt zumir: „Aber es gibt eben immer nochdie andere Seite der Medaille.“

Ich habe damals gespürt, dass es sichnicht nur um einen locker dahinge-sagten Spruch, sondern eine Haltunghandelte – und sie mir gemerkt. Undtatsächlich schreiben auch die For-scher, dass weise Menschen das Lebenin Grautönen betrachten und nichtin Schwarz und Weiß. Sie verfügenüber die Fähigkeit, zwei diametralentgegengesetzte Ansichten gleich-zeitig vor Augen zu haben und sindsich im Klaren, dass jedes Ding zweiSeiten hat. Oder, wie der britischePhilosoph Bertrand Russell einmalsagte: „Das Problem mit dieser Weltist, dass Verrückte und Fanatiker ihrerselbst immer so sicher sind und weiseMenschen so voller Zweifel.“

VERSTEHEN STATT VERURTEILEN

Ein weiteres Ergebnis von Baltes undStaudingers Studien besagte, dassweise Menschen in der Lage sind, dieBalance zwischen eigenem und ge-meinschaftlichem Interesse zu finden:Weisheit und Egozentrik passen nichtzusammen. Auch hier ist Frau Hilsterein gutes Beispiel. Da die alte Damedie Welt von ihrem Lehnstuhl ausdurch die Fenster betrachtete, muss-ten sie stets blitzblank sein. Alle zweiWochen musste ich sie von oben bisunten putzen. Auch das Badezimmersollte blinken. Nur durch die Kücheging sie auch gern selbst mit demLappen. Meist war ich schon einehalbe Stunde vor dem Ende meinerArbeitszeit fertig, doch nie suchte sieZusatzaufgaben, sondern schicktemich stattdessen mit freundlichenWorten nach Hause. Vertraglich stan-den mir zehn Minuten Kaffeepausezu, aber daran hielt sich Frau Hilsternicht. Warum nur zehn Minuten,

60 _ Live mindfully

Page 61: Flown18*2016

TEXT CAROLINE BUIJS, ANNE OTTO FOTO SHUTTERSTOCK ILLUSTRATION BODIL JANE

wenn eine halbe Stunde doch vielgemütlicher ist? Sozialer Kontakt warfür sie genauso wichtig wie einesaubere Wohnung. Sie interessiertesich für mein Leben, meine Familie,meinen Freund – zehn Minutenreichten ihr dafür nicht. Auch diesesVerhalten beschreiben Baltes undStaudinger bei weisen Menschen:Sie hinterfragen Regeln und akzep­tieren sie nicht einfach.

ETWAS MEHR TOLERANZ

Zu guter Letzt stellten Baltes undStaudinger fest, dass weise Menschenversuchen, das Verhalten andererzu beobachten und zu verstehen. Ofturteilen wir ja automatisch überunser Gegenüber, um Menschen inGut und Böse einteilen zu können.Doch will man weise sein, sollte mandiesem Impuls widerstehen. Versuchtman, sein Gegenüber zu verstehen,kann man auch bessere Ratschlägeerteilen und selbst sinnvollere Ent­scheidungen treffen. Wenn FrauHilster im Sommer im Lehnstuhl vordem offenen Fenster saß, zog die ganzeNachbarschaft vorbei. „Caroline“,sagte sie dann, „wenn ich einen Vor­mittag lang hier sitze, bin ich mit demKlatsch auf dem Laufenden.“ Dereine Nachbar war noch nicht weg, dastand schon der nächste bereit, umein Urteil über denjenigen zu fällen,der gerade gegangen war. Doch imGrunde interessierte Frau Hilster derTratsch nicht, sie hörte nur zu.

Und etwas anderes konnte sie gut,nämlich humorvoll akzeptieren, dasses mit ihrer Gesundheit nicht zumBesten stand, sie sagte nur: „Mankann doch nicht die ganze Zeit denKopf hängen lassen.“ Dieses Verhaltenbeschreibt Psychologe MarcelinoLopez als weise: „… das Umgehen­können mit den unvermeidlichen

Beschränkungen, dem Chaos undSchmerz des Lebens, ohne zynisch zuwerden und ohne das Leid sofortungeschehen machen zu wollen. Dazugehört, dass man sich in gewissemMaße damit abfindet. Das genießen zukönnen, was ist, ohne die ganze Zeitan der Gegenwart schrauben und sieneurotisch verbessern zu wollen.“

INNERE WEISHEIT

Vielleicht besitzen wir im Inneren vielmehr Weisheit, als wir selbst erkennen.Doch wir vergessen, darauf zu hören,weil wir zu beschäftigt sind. Manch­mal scheint es sogar so zu sein, dasswir die Weisheit gerade dann nichtfinden können, wenn wir sie nötigbrauchen. Mir hilft es immer, mich zufragen: Was würde ich jetzt einerFreundin sagen, wenn diese sich mitdem Problem an mich wenden würde?Oft fällt einem so die Antwort ein.Die Psychologin Elaine Aron sagt dar­über Folgendes: „Hast du nie einenanderen getröstet, jemandem etwasbeigebracht oder geraten? Hast du niedie Frage eines Kindes beantwortet?In dem Moment, in dem du das getanhast, sprach dein weises Ich. Nur:Diese Weisheit ist nicht perfekt. Ange­nommen, du würdest das glauben,dann wärest du nicht weise.“

Und Arianna Huffington widmet inihrem Buch Die Neuerfindung des Erfolgs derWeisheit ein ganzes Kapitel. Auch sieglaubt, dass jeder Mensch innereWeisheit besitzt: „Unsere moderne,rundum vernetzte Welt baut Hinder­nisse zwischen uns und unserer Intui­tion auf. Berge von Mails, die ständi­gen Signale unserer Smartphones, dieständige Hektik sind lauter Gründe,warum wir unsere innere Stimmenicht mehr hören.“ Dabei stellt lautHuffington die Intuition eine tiefeQuelle der Weisheit dar. „So etwas hatjeder schon einmal erlebt: ein Vorge­fühl, eine Eingebung, eben unsereinnere Stimme, die uns sagt, was wirtun oder besser lassen sollten.“

Doch um diese Stimme zu hören,ist es notwendig, auch mal die Stillezu suchen, durch einen Spaziergangin der Natur oder durch Meditation.Oder indem man tagträumt, wie FrauHilster damals in ihrem Lehnstuhl.Wie sagt der Einsiedler Menaures inmeinem Kinderbuch? „Auch wennich weit weg wohne, so kenne ich dochdie Welt am Fuß der Berge. Ich höremanchmal Neuigkeiten von vorbei­ziehenden Pilgern, und noch mehrvernehme ich durch meine stillenÜberlegungen.“ Wie weise.

Im Weisheitstraining des Netzwerks Ethik kann man lernen, einen ganzheitlichen und vorurteilsfreienBlick auf die Welt zu entwickeln. Mehr unter ethik-heute.org/events/weisheitstraining _ 61

Page 62: Flown18*2016

DAS1000-FRAGEN-

AN-DICH-SELBST-BÜCHLEIN

Sich selbst einschätzen: zu wissen, worin man gut ist, was manverändern möchte, wovor man Angst hat – das ist gar nicht so einfach.

Doch je besser wir über uns Bescheid wissen, desto leichter fällt es,unser Leben zu organisieren und Entscheidungen zu treffen. Deshalb

kamen wir auf die Idee, ein 1000-Fragen-Büchlein zu machen,mit dem du auf Selbsterkundungstour gehen kannst.

Was isst du zum Frühstück, welchen Akzent magst du, wovonträumst du, was bedauerst du? Wir haben uns unbeschwerte Fragen

ausgedacht, aber auch solche, über die du wahrscheinlich einwenig länger nachdenken wirst. Schlage einfach von Zeit zu Zeit das

Büchlein auf und beant worte einige Fragen – entweder derReihe nach oder kreuz und quer, ganz wie du Lust hast. Und jedes

Mal erfährst du ein bisschen mehr über dich selbst.

Die Illustrationen stammen von Bodil Jane (bodiljane.com)

ILLUSTRATION BODIL JANE62 _ Live mindfully

Page 63: Flown18*2016

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Flow erscheint in der „G + J Living & Food GmbH“, Soheil Dastyari, Am Baumwall 11,20459 Hamburg, Handelsregister: AG Hamburg, HRB 75612. Vertrieb: Belieferung,Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp(Vorsitz), Christina Dohmann, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg,als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752. Auslandsangebote auf Anfrage.

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EXTRAS✻ 1000-FRAGEN-

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Mein Leben ist im .

Wohin gehen wir? Immer nach Hause.NOVALIS (1772 –1801)

Page 64: Flown18*2016

64 _ Live mindfully

Page 65: Flown18*2016

Zeitgeist

Wir sind täglich einer Flut vonInformationen ausgesetzt, unserGehirn arbeitet ständig, ist oftüberanstrengt. Der amerikanischeNeurowissenschaftler und Psycho-logieprofessor Daniel J. Levitinist aber überzeugt, dass wir es ganzeinfach entlasten können. SeineLösung: Tagträumen. Wenn wir zu-lassen, dass wir zwischendurch malabschweifen, kann sich der Kopfausruhen und wieder auftanken.

WAS PRÄGT UNSEREN ZEITGEIST?

Wir haben viele Möglichkeiten. Infosüber ein Thema zu suchen dauertenoch vor 20 Jahren tagelang – heuteist alles wenige Klicks entfernt. DasInternet ist ein Schatz an Inspira-tionen und Fakten. Nachteil ist, dasses jede Idee ins Netz schafft. SeriöseInformationen stehen neben Pseudo-wissen und Propaganda. Es wirdimmer schwieriger, den Unterschiedfestzustellen. Wir müssen unzählige,scheinbar gleichrangige Informationenbewerten. Das kostet unser Gehirnviel Kraft. Und auch die Menge derDaten, die wir verarbeiten, ist ziem-lich ermüdend. Wir nehmen heutefünfmal mehr Informationen täglichauf als noch in den 80er-Jahren.

ES SIND VERWIRRENDE ZEITEN …

Klar, allein wenn man sich vor Augenführt, wie viele technische Umwälzun-gen wir schon miterlebt haben und esimmer noch tun. Unsere Großelternhatten ihr Leben lang nur das Festnetz-telefon. Heute wechseln wir alle zweiJahre das Handy, müssen uns jedesMal mit einer neuen Bedienungs-anleitung, Apps und Einstellungenbeschäftigen. Und das ist nur ein

Bruchteil dessen, was wir lernen undverarbeiten müssen. Alles zusammen-genommen, stellt das hohe Ansprüchean unsere Merkfähigkeit und Auf-merksamkeit. Weil das Gehirn amLimit ist, fühlen viele Menschen sichüberfordert, treffen sich nach derArbeit kaum mit Freunden, sind müde.Erschöpfung ist Konsens. Das führtauch dazu, dass wir zu viel Kaffeetrinken, schließlich wollen wir unskonzentrieren. Außerdem merken wirnicht, dass wir ein weiteres Problemhaben: Wir leisten Schattenarbeit.

WAS MEINEN SIE DAMIT?

Wir übernehmen heute viele Aufgaben,die uns früher von Dienstleistern oderim Job vom Sekretariat abgenommenwurden. Wir tanken selbst, wiegen dasGemüse im Supermarkt ab, scannendie Waren selbst ein, buchen unsereReisen im Netz und checken am Flug-hafen selbst ein. Berechnungen habenergeben, dass uns neben unsererregulären Arbeit – und wir arbeitenhärter als früher – noch fünf StundenSchattenarbeit zusätzlich pro Wocheaufgebürdet werden. Arbeit, die mannicht einrechnet, die aber vorhandenist. Sie frisst einen Teil unserer Zeit.Und da wir ohnehin das Gefühl haben,ständig unseren Aufgaben hinter-herzuhecheln, tun wir etwas Nahe-liegendes, das gleichzeitig fatal ist:Wir erledigen viele Aufgaben parallel.Zum Beispiel schreiben wir bei derArbeit einen Bericht, während wirzugleich mit halbem Ohr einemGespräch hinter uns zuhören undunsere Mails checken. Und wenn wirfür eine Recherche Google nutzen,schauen wir natürlich auch schnellnoch bei Facebook vorbei.

Lass deine Gedanken“öfter abschweifen.

Es tut dir gut, auch

mal aus dem Fenster

zu schauen“

_ 65

Page 66: Flown18*2016

DAS KOMMT MIR BEKANNT VOR …

Ja, so macht es fast jeder. Das Problemdabei ist nur: Multitasking gibt esnicht. Neurowissenschaftler wissenschon seit Langem, dass es nur sequen-zielles Tasking gibt. Wir schaltenschnell von einer Aufgabe zur anderen.Unser Gehirn hat sich evolutionärso entwickelt, dass es sich immer nurauf eine Aufgabe fokussiert. Mankonzentriert sich auf eine Sache, unddas Gehirn ignoriert alles andere.Unsere Vorfahren brauchten das, umTiere zu jagen und Gefahren wahr-zunehmen. Unser Gehirn ist nochnicht viel weiter als damals, auch wennwir uns das vielleicht wünschen.Wenn wir also die Aufmerksamkeit aufetwas anderes lenken, ziehen wir sieautomatisch von der ersten Aufgabe ab.Wenn wir uns auf ein Gespräch kon-zentrieren, gehen andere Gesprächean uns vorbei. Wenn wir das Hausbetreten und das Telefon klingelt, er-innern wir uns später nicht daran,wo wir den Schlüssel abgelegt haben.

ABER ES GIBT DOCH LEUTE, DIE

SIND GUT IM MULTITASKING?

Das täuscht. Unser Gehirn ist gut inSachen Selbstbetrug. Wir bilden unsein, dass wir uns daran gewöhnen,doch aus Studien geht hervor, dass manmit Multitasking weniger schafft,schlechtere Qualität produziert. DieNeuronen im Gehirn sind lebendigeZellen, die Sauerstoff und Glukose,also letztlich Zucker brauchen. Beijeder Verschaltung verbrennt manGlukose. Irgendwann ist der Speicherleer. Jede versendete Mail, jedergelesene Tweet knabbert an denReserven, die das Gehirn für wichtigeAufgaben braucht. Das Gehirn

springt vom einen zum anderen, wirddadurch müde. Will man kreativ sein,braucht man Konzentration. BeimMalen zum Beispiel. Man tut es eineWeile, dann hält man inne und fragtsich: Ist es gut geworden? Soll ich etwasändern? Dieser nahtlose Übergang vomHandeln zum Evaluieren und wiederzurück bringt uns in einen Arbeits-fluss, in dem wir nicht ermüden.

SIE SCHREIBEN IN IHREM BUCH

AUCH ÜBER ENTSCHEIDUNGS-

MÜDIGKEIT. WAS GENAU IST DAS?

Auch hier spielt Glukose eine Rolle.Wir können nur eine begrenzte ZahlEntscheidungen treffen, bevor dieserStoff in unserem Gehirn zur Neigegeht. Das Gehirn selbst kann abernicht unterscheiden, ob eine Frage-stellung für uns wichtig oder banalist. Jede Frage, bei der wir abwägenund entscheiden müssen, verbrauchtgleich viel Energie. Im Rahmen einesExperiments stellte man Versuchs-teilnehmern beispielsweise eine Reiheharmloser Fragen, bevor sie eine Listeschwierigerer Entscheidungen treffensollten. Erst fragte man sie, ob sie einKaugummi wollten und in welcherGeschmacksrichtung, dann, ob sieeinen blauen oder einen grünen Stiftwollten usw. Anschließend erhieltensie eine Liste mit wichtigen Lebens-entscheidungen. Die Studienteilneh-mer, die vorher schon unwichtigeFragen beantworten mussten, schlu-gen sich bei diesen schlechter. Es gibtalso eine Obergrenze für die Zahlder Entscheidungen, die wir hinter-einander treffen können. Wenn mansich unseren Alltag anschaut, ist daseine dramatische Erkenntnis. Ofthaben wir schon gegen zehn Uhr

morgens so viele Entscheidungen ge-troffen, dass wir keine weiteren gutenEntschlüsse mehr fassen können.

WIE KÖNNEN WIR DIE GLUKOSE-

SPEICHER DENN WIEDER FÜLLEN?

Im Notfall mit Zucker, aber das würdeich nicht dauerhaft empfehlen, daslaugt aus. Etwas Gesundes zu essenhilft auch, aber wir können nicht denganzen Tag essen, nur um besserdenken zu können. Im Grunde ist dieAntwort simpel: Pause machen. Esspricht doch Bände, dass Menschen inBerufen, in denen Multitasking ver-langt wird und Fehler schwerwiegendeFolgen haben – etwa Fluglotsen oderSimultandolmetscher der VereintenNationen – alle zwei Stunden Pausemachen müssen. Und damit meine ichnicht, die Privatmails checken, son-dern eine echte Pause. Die Pause, dieam meisten bringt, ist die, bei derman vor sich hindöst, kurz in einemTagtraum abdriftet. Wissenschaftlerhaben festgestellt, dass Tagträume wieeine Art natürlicher Reset-Knopfwirken. Sie erfrischen das Gehirn.

KÖNNEN SIE DAS ERKLÄREN?

Wir alle kennen Momente, in denenwir einfach vor uns hin starren, indenen die Gedanken plötzlich ab-schweifen und wir keine Kontrollemehr über sie haben. Sie sind dannnur lose miteinander verknüpft,mäandern. Die Ideen fließen frei,Bilder, Erinnerungen, Träume. Indiesem Tagtraummodus kommt dasGehirn – auch wenn es sich vielleichtnicht so anfühlt – komplett zur Ruhe,denn der Zustand ist das Gegenteilvon Konzentration. Es ist ein so natür-licher Zustand, dass der Entdecker

66 _ Live mindfully

Page 67: Flown18*2016

TEXT JOCELYN DE KWANT ILLUSTRATION OH SO PRETTY PARTY

dieser Hirnaktivität, der Neurologie-professor Marcus E. Raichle, ihn den„Standardmodus des Gehirns“ nannte.Das erklärt auch, warum man sichso erfrischt fühlt, wenn man nur maleben ganz kurz weggedriftet ist.

WARUM SAGT DANN KEINER, WIE

ERFRISCHEND TAGTRÄUMEN IST?

Das hat mit der Grundhaltung zu tun,mit der wir an die Welt herangehen.Wir wollen ständig so produktiv wiemöglich sein und wehren uns deshalbgegen das Herumträumen, wir wischenes weg. Wir befürchten, unwiderruf-lich mit der Arbeit in Rückstand zugeraten, wenn wir auch nur einenAugenblick lang nachlassen. Dabeiist das vollkommener Irrsinn.

WIR SOLLTEN ALSO ÖFTER MAL

AUS DEM FENSTER SCHAUEN?

Das sowieso. Immer wenn wir beieiner Arbeit sind und merken, dasswir abdriften, ist das im Grundeein Signal, dass wir tatsächlich einekleine Pause brauchen, ruhig einpaar Minuten vor uns hin träumenkönnen. Wem es schwerfällt, über-haupt in diesen Zustand zu fallen, derkann durch Meditieren, Sport odereinen kleinen Spaziergang schnell inden erfrischenden Zustand des Tag-träumens kommen. Leider kann sichja nicht jeder tagsüber hinlegen, ob-wohl auch das gelegentlich ratsam ist.Ein Nickerchen von einer Viertel-stunde am Tag ist genauso effektiv

wie anderthalb Stunden mehr Nacht-schlaf. Man kann übrigens auch ineinen Tagtraumzustand geraten, wennman mit einem guten Freund zusam-men ist, bei dem man sich vollkommenwohlfühlt, oder ein Buch liest.

ABER EIN BUCH ENTHÄLT DOCH

AUCH INFORMATIONEN?

Ja, aber Literatur ist anders struktu-riert. Über die Details lässt sich natür-lich streiten, aber kurz gesagt: GuteLiteratur regt die Fantasie an. Manbildet sich ein, mit den Augen derHauptperson zu sehen, aktiviert seineVorstellungskraft. Zwischendurch hältman vielleicht kurz im Lesen inne,denkt einen Moment nach und träumtsich weg. Das sind wertvolle Momente.Beim Lesen von Nachrichten odersachlichen Artikeln erhält man allesvorgekaut und erlebt den Tagtraum-zustand deshalb nicht. Das Gehirnerholt sich bei Zeitungslektüre oderInternetnachrichten also nicht.

EINE ANDERE LÖSUNG, DIE SIE

IN IHREM BUCH NENNEN, IST DAS

„EXTERNALISIEREN“.

Richtig. Es ist wichtig, dass wir soviele Dinge wie möglich außerhalb desKopfes speichern: Unsere Termineaufschreiben, im Kalender alles ein-tragen, was wir uns sonst noch soan Kleinkram merken müssen, Ideenin ein Heftchen notieren, das wirimmer bei uns haben. Das geschriebeneWort wurde schließlich als eine Art

Erweiterung des Gehirns erfunden.Wir sollten das auch nutzen. Oderunsere Umgebung als Gedächtnisstützezur Hilfe nehmen. Wir verlierenund verlegen heute unglaublich vieleDinge, Schlüssel, Portemonnaies,Handys. Der Grund dafür ist die stän-dige Reizüberflutung. Schlüssel undLadegeräte kann man aber an einemfesten Platz deponieren, so brauchtman sich nicht daran zu erinnern, woman sie gelassen hat. Wenn wir unserGehirn von diesem Gedankenwustbefreien, haben wir mehr Platz, umim Hier und Jetzt zu leben – odereben in einen Tagtraum zu fallen.

HABEN SIE EINEN WEITEREN TIPP,

WIE WIR DEN TAGTRAUMMODUS

PFLEGEN KÖNNEN?

Nicht vergessen, gelegentlich in denUrlaub zu fahren. Ein, zwei WochenFerien, die wir vollkommen offlineverbringen, sind ziemlich wichtig. Esist hilfreich, diese Reset-Taste zudrücken und eine Weile Abstand vonallem zu nehmen. Wenn wir dannwieder im Alltag ankommen, sind wirausgeruht, und es wird leichter, zwi-schen Konzentration und Tagträumenein gutes Gleichgewicht zu finden. ●

WEITERLESEN?✻ Daniel J. Levitin: The Orga-

nized Mind: Thinking Straight

in the Age of Information

Overload (Dutton Penguin

Random House)

✻ Auch von ihm und sehr lesens-

wert: Der Musik-Instinkt.

Die Wissenschaft einer

menschlichen Leidenschaft

(Springer Spektrum)

_ 67

Page 68: Flown18*2016

Meine Zeit

BIN ICHÜberall sind Uhren. Wir haben die Zeit ständig im Auge.

Maja Beckers fragte sich, ob wir uns auch deshalb häufig

gehetzt fühlen und in Eile sind. Sie probierte aus, wie sich

das Leben ohne Uhr anfühlt – und war positiv überrascht

68 _ Live mindfully

Page 69: Flown18*2016

Erkenntnis

“ Nicht auf die Uhr zu schauengibt mir Gelassenheit und Ruhe“

TEXT MAJA BECKERS FOTO STOCKSY

Unser Zeitgefühl ist subjektiv und hat nur wenigmit dem Takt der Uhren zu tun, das wissen wir.Vier Minuten, bis der Bus kommt, erscheinenwie eine Ewigkeit. Bei einem Essen mit Freunden

aber rast die Zeit. In solchen Momenten vergessen wir, aufdie Uhr zu schauen. Aber funktioniert das auch andersrum?Können wir mehr genießen, präsenter sein und uns wenigerhetzen, wenn wir seltener auf die Uhr schauen?

Ich möchte es ausprobieren und entschließe mich zu einemLeben ohne Uhr. Zwei Wochen lang. Um die Nerven meinerMitmenschen zu schonen, erlaube ich mir, morgens einenWecker zu stellen und vor wichtigen Terminen auf die Uhrzu schauen, aber nicht mehr als drei Mal am Tag. Nicht nachdem Duschen und während des Frühstücks, nicht auf demWeg in die Redaktion, während ich am Schreibtisch sitzeoder beim Sport. Ich nehme meine Armbanduhr ab und dieWanduhr in der Küche. Ich klebe die Uhr am Laptop zuund stelle sie im Handy auf unsichtbar. Was Mittagspause undFeierabend angeht, richte ich mich nach den Kollegen.Freunde bitte ich, mir vor unserem Treffen eine Nachrichtzu schicken, und dann mache ich mich auf den Weg.

STUNDEN FÜHLEN

Schon am ersten Morgen wird mir klar, wie oft ich sonst dieUhrzeit checke: Wann muss ich los? Ah, in fünf Minuten.Und jetzt? Ah, in zwei Minuten. Ich sitze nervös in der Küche.Vielleicht ist es schon viel später, als ich denke? Ich trauemich nicht, den Tee auszutrinken, sondern haste los und binzu früh im Büro. Dort geht es weiter mit dem mulmi genGefühl. Wie lange sitze ich bereits an diesem Text? Müsste ichlängst beim nächsten Punkt sein? Ist schon Mittagszeit? Ichfühle mich seltsam haltlos, habe kein Vertrauen in so etwas wieeine innere Uhr. Fürchte, dass alles — Schlafen, Wachen,Essen – ohne Uhr komplett durcheinandergeraten wird.

Laut der Wissenschaft ist diese Sorge unbegründet. In den60er-Jahren verbrachten Freiwillige für eine Studie mehrereWochen in einem unterirdischen Bunker ohne Uhr. Undtrotzdem pendelte sich ihr Schlaf-wach-Rhythmus bei etwa24 Stunden ein. Unser Körper hat also eine gute innereUhr. Das Problem ist nur: Wir können sie nicht lesen. Alsdie Forscher die Probanden baten, nach jeder geschätztenStunde einen Knopf zu drücken, waren die Ergebnisse extremunterschiedlich – manche drückten erst nach drei Stunden.

„Lange konnten Forscher nicht glauben, dass Menschen zwarSensoren für warm und kalt, für Farben und Geruch haben,aber ausgerechnet für die Zeit keinen Sensor besitzen, dennim Körper ließ sich kein Organ dafür finden“, sagt StefanKlein, Autor von Zeit. Der Stoff aus dem das Leben ist. Mittlerweilehaben Neurowissenschaftler Hirnregionen ausgemacht, dieam Zeitgefühl beteiligt sind: das Hirnareal für Erinnerun-gen und eins, das Bewegungen koordiniert, gehören dazu.Das Gehirn bastelt also am Zeitgefühl mit. „Die innere Zeitfolgt keinem Pendelschlag, sie entsteht in uns“, sagt Klein.

MEHR WARTEN, MEHR AUSPROBIEREN

Mein persönliches Zeitgefühl sorgt in den nächsten Tagendafür, dass ich mal zu früh dran bin und warten muss und malzu spät bin – und der Fernsehkrimi hat schon angefangen.Aber ich merke, dass ich präsenter bin. Ich gebe den Dingendie Zeit, die sie brauchen. Überraschenderweise werde ichdadurch nicht langsamer. Manches geht auch schneller. Wennich weiß, ich habe eine halbe Stunde Zeit, um mich fertigzu machen, bevor ich aus dem Haus gehe, brauche ich sieauch. Ohne Uhr gehe ich, wenn ich fertig bin. So kann essein, dass ich zu früh am Treffpunkt bin. Aber wenn ichdann etwas lese, kommt es mir dennoch nicht wie unnützesWarten vor. Der Psychologe Marc Wittmann, der das BuchGefühlte Zeit geschrieben hat, erklärt das so: „Wir fühlen nichtdie reine Zeit, wir fühlen sie nur in Verbindung mit Erlebnis-sen.“ Und am intensivsten spüren wir die Gegenwart, wennwir uns bewegen, etwas Neues tun oder uns etwas emotionalberührt. Deshalb fühlt sich das Lesen eines Buches, selbstbei zehn Minuten, wie ein großer Zeitgewinn an.

REGIE FÜHREN

Trotzdem bin ich froh, nach zwei Wochen meine Uhr wiederanzulegen. Auf Dauer würde es schwierig, Arbeit und Privat-leben ohne zu organisieren. Aber die Uhr am Laptop bleibtabgeklebt, das ständige Draufschauen möchte ich nicht wiederanfangen. Am Arbeitsplatz nicht auf die Zeit zu schielen gibtmir Gelassenheit und Ruhe. Der Schweizer Theologe JosefVital Kopp nannte Uhren mal ein „mechanisches Tasten nachder Zeit“. Es ist ein suchendes Tasten, das nichts zu fassenbekommt. Wer sich auf das eigene Zeitgefühl einlässt, hat dieZeit wieder in der Hand. Kann sie mit Tai-Chi verlangsamen,mit Meditation kurz anhalten, beim Essen mit Freundenvergehen lassen. Dann sind wir die „Regisseure unserer Zeit“,wie Stefan Klein es nennt. Ein gutes Gefühl.

" Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen"(Mahatma Gandhi, 1869—1948) _ 69

Page 70: Flown18*2016

Lesen

70 _ Live

Die Büchermeines Lebens

In jeder Flow fragen wir Buchmenschen, welche Lese-Erlebnisse sie besonders

beeindruckt haben. Dieses Mal stellt Elisabeth Windfelder von der Buchhandlung

mindfully

Herr Holgersson in Gau-Algesheim bei Mainz ihre fünf Lieblingsbücher vor

Page 71: Flown18*2016

1 2

3

Dass sie mal Buchhändlerinwerden will, das wussteElisabeth (26) bereits mitfünf Jahren. Schließlich

führten schon ihre Urgroßeltern unddie Großeltern in ihrer Heimat Mainzeine Buchhandlung. So wurde sie indem Glauben groß, Bücher habe mannicht nur zu Hause, sondern auch imBeruf immer um sich. Und es warschön, eine Buchhandlung in derFamilie zu haben. Als Elisabeth nachder Lehre und einem Studium derBuch- und Wirtschaftswissenschaftenbeim Börsenverein des DeutschenBuchhandels jobbte, lernte sie JasminMarschall (33) kennen. Die hatte dengleichen Traum wie sie selbst: vomeigenen Laden. Wie der aussehen sollte,war den beiden schnell klar – wie eineWohnung. Mit Kochbüchern in derKüche, Romanen im Wohnzimmer,dem Lieblingsbuch auf der Kommode,

Bilderbüchern im Kinderzimmer.Eine literarische Figur sollte dem Ladenseinen Namen geben – als fiktiverBewohner sozusagen. „Eingezogen“ist dann Nils Holgersson. Denn „imbesten Fall lösen Bücher beim Leserdas aus, was auch Nils Holgersson pas-siert: Man geht auf Reisen und machtneue Erfahrungen“, sagt Elisabeth.

Elisabeths fünf Favoriten:

ALAN A. MILNE – PU DER BÄR

„Das Buch gehörte für mich zum festenVorleseritual vor dem Schlafengehen.Pu ist ein Teddybär und gehört demJungen Christopher Robin. Dem er-zählt sein Vater Geschichten, die vonPu und dessen Freunden handeln.Alle Tiere haben einen ganz eigenenCharakter und sind trotzdem alleliebenswürdig. Wie das Kaninchen, dasalles besser weiß. Solche Charaktere

1. Meistens greift Elisabeth zum richtigen Buch

2. Die Atmosphäre bei Herrn Holgersson ist fast

wie zu Hause

3. Die zwei von der Buchhandlung: Jasmin und

Elisabeth haben sich ihren Traum erfüllt

sind aus dem echten Leben gegriffen.Die Geschichten sind humorvoll undsie stecken voller philosophischerBotschaften, etwa dass die Gesellschaftvieles gemeinsam meistern kann, wennalle positiv denken und einander helfen.Auch heute lese ich noch in dem Buch,zum Beispiel wenn ich krank bin. Puist wie ein Geschichtenpflaster. Allesnimmt stets ein gutes Ende. Egal wieverfahren die Situation gerade ist.“

ALFRED ANDERSCH – SANSIBAR

ODER DER LETZTE GRUND

„Keine Schullektüre hat mich so faszi-niert wie dieses Büchlein. Ich fand

_ 71

Page 72: Flown18*2016

1 2

3 4

es bewegend, wie eine GruppeMenschen im richtigen Moment dasRichtige tut. An der Ostsee treffenMitte der 30er-Jahre fünf Leuteaufeinander. Darunter ein Pfarrer,der die Skulptur eines Lesendenretten will, die als entartete Kunsteingestuft wurde. Und eine jungeJüdin, die nach Schweden fliehenwill. Man weiß bis zum Schluss nicht,ob es gelingt. All das ist in einersehr klaren, bewegenden Sprache ge-schildert. Als Zehntklässlerin konnteich mich in jede der Personen hin-einversetzen. Was mich nicht mehrlos gelassen hat, war der Gedanke,dass Lesen ein Zeichen von Freiheitsein kann, es eröffnet Horizonte.“

CARLOS RUIZ ZAFÓN – DER

SCHATTEN DES WINDES

„Diesen Schmöker habe ich mir mit17 nach dem Abitur für einen sechs-wöchigen Spanischsprachkurs in

Barcelona gekauft. Dazu hatte icheinen passenden Reiseführer dabei –Mit Carlos Ruiz Zafón durch Barcelona. Ichhabe den Roman binnen einer Wocheinhaliert und bin mit dem Reise-führer durch die unbekannten Eckender Stadt gelaufen, ich habe sie sozu-sagen mit dem Roman erforscht. Wiedie Hauptfigur Daniel, die auch Nach-forschungen anstellt: über den fastvergessenen Autor eines Buches, daser in einer verborgenen Bibliothekentdeckt. Jedes Mal, wenn ich diesenRoman zur Hand nehme, erinnereich mich an die Stadtviertel und wiedas Buch für mich in Barcelona leben-dig wurde. Man muss sich in dieGeschichte fallen lassen – sie ist sehrfantastisch und etwas mystisch.“

MADGE JENISON – SUNWISE TURN

„Der erste Satz dieses Buches stehtauch auf unserer Website: ,Dies ist dieGeschichte von einem schönen, aben-

1. Unerwartete Unterstützung bekamen

Elisabeth und Jasmin von einem Kunden:

Er schenkte ihnen eine Kommode

2. Ein lieb gewonnener Klassiker

3. Namensgeber und fiktiver Bewohner der

Buchladenwohnung Herr Holgersson

4. In diesem Raum wird jedes Kind zum Leser

teuerlichen und aufregenden Unter-fangen‘. Sunwise Turn ist ein Lieblings-buch von Jasmin und mir und passt zuuns. Die New Yorkerin Jenison erzähltdavon, wie sie 1916 mit einer Freundineine Buchhandlung gegründet hat –damals ungewöhnlich, Bücher wurdenin den USA bis dahin vor allem inWarenhäusern verkauft. Jenison erzähltso nett und liebenswürdig von ihremAlltag, so lebensnah und witzig, dassman kaum glauben mag, dass ihreErfahrungen hundert Jahre alt sind.Es ist zeitlos, wenn sie schildert, wieman nach der Eröffnung den Kopfvoller Dinge hat, sodass kaum Platz füranderes bleibt. Oder wie viele verschie-dene Menschen man kennenlernt,die aber doch Gleichgesinnte sind: Sielieben Bücher und das Lesen.“

MARINA KEEGAN – DAS GEGENTEIL

VON EINSAMKEIT

„Dieses Buch hat mich in jüngsterZeit am meisten berührt. Die Autorinschreibt so frisch, einfühlsam undeindrücklich, dass man sich sofortin die Figuren ihrer Geschichtenhineinfühlen kann. Nie klingen ihreErzählungen unglaubwürdig. Mitwenigen Worten drückt sie aus, wasMenschen umtreibt. Das Buch liegtgerade bei mir auf der Kommode, undich schaue oft hinein, weil ich michan vielen Stellen selbst erkenne. Mankommt ins Grübeln: Wie hätte ichgehandelt? Egal was vorher passiert ist,die Personen tun immer die Dinge,die ihnen am Herzen liegen. Deshalbbestärkt einen das Buch, das zu tun,was man wichtig und gut findet.“ TEXT ANGELIKA DIETRICH FOTO KATHARINA DUBNO HAARE/MAKE-UP FRAUKE BERGEMANN-GORSKI

72 _ Live mindfully

Page 73: Flown18*2016

Für die wichtigsten Dinge im Lebenbraucht man keinen Applaus von anderen

256 Seiten, gebunden / Auch als E-BookNach dem Tod ihrer Großmutter wirdThaïs Leblanc mit einem seltsamenTestament konfrontiert. Es führt siezum wundersamen Cirque perdu undseinem Direktor Papó.

Plötzlich muss Thaïs sich entscheiden:Will sie weiter ein normales Lebenführen oder endlich beginnen, ihreneigenen Weg zu gehen?

Ein zauberhafter Romanvoller Atmosphäre undfranzösischem Charme.

»Wenn das Wort charmant auf ein Buchzutrifft, dann sicher auf dieses.«

240 Seiten, gebunden / Auch als E-Book und HörbuchChristine Westermann

Die große Liebe finden, ein meisterhaftes Parfumkreieren, der Chef des eigenen Chefs werden:

Wer träumt nicht davon, seinem Leben eine neueRichtung zu geben?

Ein Roman über große Ziele undglückliche Wendungen.

NachLIEBE MIT ZWEI UNBEKANNTENjetzt der neue SPIEGEL-Bestseller

von Antoine Laurain.

Page 74: Flown18*2016

am fenster eine frau

mit dem rücken ins innere

der blick reicht

bis zur anderen straßenseite

und prallt von dort zurück

auf ihr gesicht

FRAU PAULCHEN – AM FENSTER

Halt

still

Das Bett ist

ein Floß

und ich

will

raus aufs

Meer

komm

schneid es

los

JUDITH HOLOFERNES – HAIE *

Page 75: Flown18*2016

*

Schreiben

Judith Holofernes: Du bellst vor dem falschen Baum. Tiergedichte mit Illustrationen von Vanessa Karré. Tropen, Stuttgart 2015;Haie (aus Echolot) mit freundlicher Genehmigung von Wintrup Musikverlag/Freudenhaus Musikverlag

Die neueALLTAGSLYRIK

Man sieht sie jetzt überall: schöne Verse und kurze Gedichte, die positive

Gedanken enthalten. Warum sind wir davon plötzlich so angetan? Maja Beckers

wollte herausfinden, was die Faszination von Alltagslyrik ausmacht

Bei einer Freundin von mir hängt neuerdings einPoster in der Küche, auf dem steht: „Ich mag dich /ein bisschen mehr / als ursprünglich geplant“. Esist nur ein Satz, „aber jeden Morgen, wenn mein

Blick daran hängen bleibt, ist es wie ein kleines Leuchten“,sagt sie. Eine andere Freundin trägt einen Zettel in ihremPortemonnaie herum, auf dem ist mit schwung voller Hand-schrift ein Gedicht der australischen BeststellerautorinLang Leav geschrieben: „For the past has tought / To not becaught / in what is not worth pursuing“. Sie folgt der Dich-terin bei Instagram und hat sich das Bild mit diesem Versausgedruckt, „weil es mich daran erinnert, nicht den falschenDingen hinterherzulaufen. Dieser Gedanke, etwas loszulas-sen, hat ja oft etwas Trauriges, aber hier machen der Reimund der Rhythmus es ganz leicht.“ Obwohl Instagram oderauch Pinterest ursprünglich als Plattformen zum Teilen vonBildern gegründet wurden, gibt es immer mehr Menschen,die Leuten folgen, die Worte posten. Einen Gedanken, einenVers, ein Gedicht, einen kleinen Reim, Lang Leav etwa hatüber 160 000 Follower. Für klassische Gedichtbände könnenVerlage von solchen Zahlen meist nur träumen.

Es ist ein bemerkenswerter Trend. Man hat den Eindruck,nie war man mehr von Poesie umgeben. Von Versen, die einenzum Schmunzeln bringen, zum Nachdenken anregen, kurzinnehalten lassen oder einfach Spaß machen. Sie sind meistkurz, so passen sie wunderbar in unseren Alltag, in dieFacebook-Timeline genauso wie auf einen Jutebeutel oder einPoster. Und man hat den Eindruck, nie haben mehr Leutedaran mitgeschrieben. Die neue Freude an der Lyrik erfasstProminente wie die Musikerin Judith Holofernes, die im

vergangenen Jahr einen Band mit fröhlichen Tiergedichtenveröffentlicht hat, genauso wie Millionen von nichtprofessio-nellen Schreibern, die anfangen, ihre Gedanken in Verse zugießen und über die sozialen Netzwerke zu veröffentlichen.

LICHTBLITZE IM ALLTAG

Eine von ihnen ist Sophie Paulchen aus Heidelberg. Überihren Account @FrauPaulchen postet sie jeden Morgen aufTwitter ein #earlypoem, ein Frühgedicht. Wie das hier:„alles umgeschmissen verworfen / die pläne / neu sortiert sichder tag nimmt / die nacht als vorbild / gemach gemach / hin-durch“. Sophie sagt: „Ich bin eine Frühaufsteherin, ich liebedie Farben, die man sieht, wenn man um fünf Uhr schonwach ist, die Stille und wie die Geräusche dann langsam lauterwerden. Davon handeln viele meiner Gedichte, von Nachtund Tag, vom Übergang und von der Dämmerung.“ Warumsie dichtet? „Ich habe früher auch Prosa geschrieben, dannwurden die Sachen immer kürzer und kürzer. Ich habe ge-merkt, dass das ganz kleine Gedicht einfach meine Form ist.“

Aber es ist besonders schwierig, einen Verlag zu finden, derLyrik ins Programm nimmt, Gedichtbände verkaufen sichnicht so leicht wie Romane. „Blogs und Twitter sind für michein guter Weg, meine Sachen zu veröffentlichen.“ Und fürSophie ist es die passendere Plattform. „Für viele gilt es nochals wichtige Anerkennung für ihre Verse, wenn ein Verlagsie als Buch herausbringt. Und das ist ja auch toll, aber wieviele lesen heute noch Gedichtbände von vorn bis hinten?Das kenne ich von mir selber. Wenn ich einen Gedichtbandin die Hand nehme, blättere ich darin, lese ein paar Texteund stelle ihn wieder weg. Man liest ihn nicht wie einen

Auf Instagram kannst du weitere Alltagspoeten entdecken, zum BeispielJessica Katoff (@jessicakatoff) oder Emmie Rae (@aldousmassie) _ 75

Page 76: Flown18*2016

Bei einem Gedichtkommt es auf das Gefühlan, das es hinterlässt

Roman. Und ich finde es schön, wenn so ein frisches kleinesWerk eben auch frisch und direkt zum Leser kommt, einenkleinen Lichtblitz in seinen Alltag bringt.“

Auch Manfred Glauninger, Sprachwissenschaftler an derÖsterreichischen Akademie der Wissenschaften und an derUniversität Wien, findet die Verbindung von Lyrik undsozialen Medien ganz logisch: „Wir kommunizieren auf diesenKanälen ja alle schriftlich. Es gab noch nie eine Generation,die so viel gelesen und geschrieben hat, wie diese. Und wennwir schon ständig am Schreiben sind, liegt es nahe, dass vieleauch irgendwann anfangen, Gedichte zu schreiben, weil wirdas kulturell ,erlernt‘ haben.“ Das Verfassen von Nachrichtenper SMS, Twitter oder WhatsApp ist zudem nicht irgendeinSchreiben. Laut Glauninger gibt es eine wichtige Gemeinsam-keit mit Gedichten: Wir halten uns kurz. „Auch in der Lyrikist die Verknappung der Sprache die große Kunst.“

Wenn das Verfassen eines Gedichts so eng mit dem alltäglichenSchreiben verknüpft ist, ist es nur logisch, dass es darin auchum alltägliche Themen geht, wie zum Beispiel die Morgen-dämmerung bei Frau Paulchen. Der Begriff der Alltagslyrikist aber schon älter. Er entstand in den 60er-Jahren für das,was Dichter wie Rolf Dieter Brinkmann oder Nicolas Bornmachten. Sie schrieben Verse, die nicht in erster Liniebestimmten literarischen Ansprüchen genügen, sondern vorallem das persönliche Erleben wiedergeben sollten. „NeueSubjektivität“ hieß diese Bewegung, die oft ganz gewöhnlicheSituationen aufgriff. „Es ist Sonntag / die Mädchen kräuselnsich und Wolken / ziehen durch die Wohnung“ beginnt etwaein Gedicht von Nicolas Born.

GRUND ZUM SCHMUNZELN

Viele der neuen Lyrikschreiber machen es jetzt ähnlich.Die amerikanische Künstlerin Samantha Jayne etwa nenntihre Gedichte Quarter Life Poetry. Es sind witzige Beschrei-bungen aus dem Leben mit Mitte 20, das Viertelleben sozusa-gen als kleine Schwester der Midlife-Crisis. Zum Beispiel:„ Prepping for a big first date / was once a grand hurrah / Nowit’s Googling his name / and throwing on a bra“, also: DieVorbereitung fürs erste Date war einst so aufregend – heutegoogelt man seinen Namen und zieht sich halt mal einenBH an. Dazu entwirft Samantha, die auch Illustratorin ist,ein Bild, und fast 70 000 Follower bei Instagram freuensich, regelmäßig so ein Schmunzelgedicht von ihr zu bekom-

men. „Ich habe Quarter Life Poetry als Ventil für meine täglichenFrustrationen gestartet“, erzählt sie, „mit 25 gibt es so vieleseltsame Momente der Verwirrung. Ich dachte immer, ich seidie Einzige, der es so geht. Als ich die Gedichte bei Instagrampostete, erkannte ich, dass im Gegenteil viele so empfinden.“

Aber auch die etablierten Dichter widmen sich wieder demAlltag. Jan Wagner, der 2015 den Leipziger Buchpreis erhielt,wird dafür gefeiert, dass er mit seiner Alltagslyrik das Gedichtaus dem Schattendasein des Literaturbetriebs hervorgeholthabe. Seine Gedichte heißen Torf, Der Nagel oder Versuch überSeife. Und über diese neue Lyrik darf ausdrücklich gelachtwerden. Als die ehemalige Journalistin Arezu Weitholz ihrenGedichtband Mein lieber Fisch veröffentlichte, freuten sich dieKritiker, dass sie das schwierige Feld der Lyrik aufgelockerthatte. Ihre Gedichte handeln alle von Fischen und gehenzum Beispiel so: „Die blaue Forelle / schwamm im Gefälle /gegen ne Welle / jetzt hat se ne Delle“.

Ihr erstes Gedicht hat Arezu am Meer geschrieben. Dort saßsie mit ihrer Mutter im Strandkorb, die allerdings nicht vielsagte. „Ich wollte sie zum Lachen kriegen“, erzählt Arezu,„also habe ich so einen alten Spruch aufgesagt: Wenn ich dieSee seh, brauch ich kein Meer mehr. Und da fing sie an zukichern. Und da dachte ich: Da geht was. Und dann hab ichmich am Abend im Hotel aufs Sofa gesetzt und einfach einpaar Fischgedichte geschrieben.“ Erst schickte sie sie perMail immer freitags an Freunde, dann interessierte sich auchein Verlag dafür. Mittlerweile erscheint Mein lieber Fisch schonin der zweiten Auflage, ein großer Erfolg, und Arezu wirdsogar mit Ringelnatz verglichen. „In einem Atemzug mit ihmgenannt zu werden ist eine Riesenehre“, sagt sie, „abereigentlich gehöre ich da nicht so hin, finde ich.“

SPASS AM SPIEL

Viele der neuen Alltagslyriker wollen einfach mit der Sprachespielen und Freude bereiten. Ihre Gedichte sind meist witzig,fröhlich, positiv, aufbauend oder nur schön. „Dieser Typ des,light verse‘ ist keine neue Erfindung“, sagt die Literatur-wissenschaftlerin Kila van der Starre. Sie bereitet an derUniversität Utrecht eine Dissertation über Poesie außerhalb desBuches vor und verfolgt den Gedichtehype mit großem Inter-esse. „Die Anziehungskraft von Versen hat meiner Meinungnach mit der Spannung zwischen dem alltäglichen Inhaltund der künstlerischen Form zu tun. Der Vers ist leicht

76 _ Live mindfully

Page 77: Flown18*2016

alles, was ich möchte, ist

im zimmer sitzen

und den geschichten zuhören,

die der regen erzählt

@FRAUPAULCHEN

Wenn du ihr Guten Morgen sagst

verziehtse ihr Jesicht.

Wenn du sie nach der Lage fragst

hörtse einfach nicht.

Willst du promenieren gehen

drehtse sich hinweg.

Schenkst du ihr dein Lächeln

kautse leise Dreck.

Du machst ihr Komplimente

Geschenke, doch sie tut

als wär das permanente

Nettsein gar nicht gut.

Wie kann es sowas geben

dass so ja nüscht bei der klappt?

Ihr Körper ist zujejen

nur sie ist einjeschnappt!

AREZU WEITHOLZ – DIE BERLINER AUSTER

Page 78: Flown18*2016

Das lustige Gedicht über die mütterlichen

Anrufe stammt aus der Feder von Samantha

Jayne (Quarter Life Poetry)

Der New Yorker Tony Ciampa fotografiert

seine Gedichte von Zetteln oder Notizbüchern

vor schöner Kulisse und veröffentlicht sie auf

Instagram (@emolabs)

verständlich, dabei aber verblüffend – wegen eines Wort­spiels, eines Reimes, eines bestimmten Rhythmus oder einerMetapher.“ Der „light verse“ ist auch eine gute Möglichkeit,Menschen für Gedichte zu begeistern, die diese sonst un­verständlich finden. „Bei Lyrik denken viele, das sei alles soüberladen“, sagt Sophie. „Sie glauben, sie müssten allegriechischen Mythen kennen, um die Symbole rauslesen zukönnen. Aber so ist das nicht. Man kann sehr schön, sehreinfach mit Sprache spielen. Und es muss auch nicht alles mitdem Verstand zu greifen sein. Es kommt mir auf das Gefühlan, das es hinterlässt, eine Art inneres Bild.“

„Letztlich“, so van der Starre, „ist es ja schwer zu sagen, wasüberhaupt ein Gedicht ist und was nicht. In der modernenLyrik arbeitet man schon seit Jahrzehnten nicht mehr mitklassischen Endreimen, woran man es früher vielleicht er­kennen konnte.“ Aber dieses innere Bild, das entsteht, dasGefühl, das mit wenigen Worten erzeugt wird, das ist so einMerkmal und auch ein Grund für den Erfolg dieser neuenkleinen Gedichte. Sie sind so kurz, dass sie perfekt in unserschnelles Leben passen. „Aber da entsteht Kontext, wie wirSprachwissenschaftler sagen“, erklärt Manfred Glauninger,„es eröffnet sich eine ganze Welt. Und das lässt uns kurz inne­halten.“ Mit einem Wimpernschlag nehmen wir etwas Schönesmit, versinken für einen Moment in unseren Vorstellungen.

EIGENTLICH EIN COMEBACK

In einem Buch ist das Gedicht deshalb nicht so richtig gutaufgehoben. Fanden die Menschen vor Jahrhunderten auch.„Dichtkunst ist schon immer multimedial gewesen“, erklärtKila van der Starre. „Bereits im Mittelalter wurden Verseauf Hausfassaden und Türrahmen gemalt. Die Menschenbestickten Schuhe oder Kleidung mit Sprüchen, verziertenWandfliesen damit.“ Es ist also mehr ein Comeback als eineneue Idee, wenn wir jetzt auf Kissenbezügen, Postern oderZetteln im Portemonnaie wieder ein paar Verse in den Alltageinflechten. Und mit dem Internet sind noch mehr Möglich­keiten dazugekommen – zum Lesen und zum Schreiben.Glauninger sagt: „Ich habe vor rund zehn Jahren noch einenklassischen Gedichtband veröffentlicht. Das würde ich heute

nicht mehr machen, ich würde meine Gedichte nur nochonline teilen und verbreiten, da erreichen sie die Leserdirekt und können ihre Wirkung entfalten.“

Dass wir so fast beiläufig mit Lyrik in Kontakt kommen,ermutigt auch zum Schreiben. Sophie etwa organisiert zweiMal im Jahr einen „Lyrikmonat“. „Das Motto ist ,30 Tage,30 Gedichte, no excuses‘“, sagt sie. „Ich gebe jeden Tag einThema vor, und wer mitmachen möchte, schreibt 30 Tagelang je ein kurzes Gedicht und postet es.“ Mit dieser Mini­herausforderung will sie anderen die Scheu nehmen. „JedenTag eins, da muss man sich ranhalten und einfach maldrauflosschreiben“, sagt sie. Und entdeckt weitere Vorzüge:„Es ist faszinierend, wie unterschiedlich die Leute an dasvorgegebene Thema herangehen. Es ist ein bisschen wie einGesamtkunstwerk, alle Gedichte zu einem Thema am Endegesammelt anzuschauen.“ So spannt die neue Art der Alltags­lyrik ein weites Netz aus Verbindungen zwischen Schreibernund Lesern. Sie lässt uns die Schönheit der Sprache mit ihremRhythmus, ihren Metaphern und ihrem Witz erleben – „daskleine Leuchten“, wie meine Freundin sagen würde.

MEHR GEDICHTE LESEN?✻ Arezu Weitholz: Ein Fisch wird kommen.

Kleine Fischkunde mit Gedichten

( Kunstmann)

✻ Judith Holofernes: Auf ihrer Website

judith-holofernes.de veröffentlicht die

Musikerin ebenfalls Gedichte

✻ Jan Wagner: Selbstporträt mit Bienen-

schwarm. Ausgewählte Gedichte 2001—2015

(Hanser); Jan Wagner ist einer der

renommierten deutschen Gegenwartslyriker,

seine Gedichte handeln von alltäglichen

Dingen wie Wolken oder Seife TEXT MAJA BECKERS FOTO TONY CIAMPA, CHRISTOPH KNIEL/OSTKREUZ, PLAINPICTURE, QUARTERLIFEPOETRY.COM, STOCKSY78 _ Live mindfully

Page 79: Flown18*2016

SPOIL YOURSELF

Page 80: Flown18*2016

Raubtiere, die mit der Flasche aufgezogen werden, können

sehr zutraulich sein. Im Tierpark Artis konnte man sich

früher mit ihnen fotografieren lassen, wie es diese Frau

im Sommer 1961 getan hat. Mittlerweile undenkbar, für die

Besucher gilt außer im Streichelzoo “ Hände weg!”. FOTO (VORDERSEITE) JAC. DE NIJS/ANEFO/NATIONAAL ARCHIEF ILLUSTRATION (RECHTS) FRAU ANNIKA/FRAUANNIKA.DE

Page 81: Flown18*2016

Handlettering von Frau Annika – die in ihrem Buch Handlettering. Die Kunst

der schönen Buchstaben (Topp, 15,99 Euro) anhand zahlreicher Beispiele und

verschiedener Projekte (von der Glückwunschkarte bis zur Buchstaben-

girlande) zeigt, wie du deine eigenen Entwürfe gestalten kannst. Die Designerin

macht auch Illustrationen für Kinderbücher oder Zeitschriften. frauannika.de

_ 81

Page 82: Flown18*2016

SPOILYOURSELFZeit für eine kleine Verwöhnpause

Alle mal herschauenVorfreude ist bekanntlich die beste Freude. Und wer die auf den Urlaub

richtig schön schüren will, guckt sich am besten Fotos an. Das fanden britische

Neurowissenschaftler heraus. Sie testeten, wie Probanden, die gerade

eine Reise gebucht hatten, auf Gerüche, Geräusche, Geschmäcker und Bilder

reagieren, die sie an das Urlaubsziel erinnern. Klarer Gewinner unter den

verschiedenen Sinneseindrücken waren die optischen Reize, also die Fotos.

Lecker, LimoWie schön das zischt, so eine

kühle Limonade an einem heißen

Sommertag. Und sie lässt sich

ganz leicht selber machen, etwa

eine prickelnde Apfel- Ingwer-

Limo (Bild). Dazu 450 ml Apfelsaft

mit 1 TL frischem, fein gehacktem

Ingwer mischen, 10 Minuten zie-

hen lassen und durch ein Sieb

abgießen. Kurz vor dem Servieren

550 ml gekühltes sprudelndes

Mineralwasser dazugeben und

mit 8 Biozitronenscheiben gar-

nieren. 99 weitere

Mixgetränke, viele

davon vegan,

findest du in dem

Buch Alkoholfreie

Drinks von Eva

Derndorfer und

Elisabeth Fischer,

Brandstätter,

25 Euro

Charmante HolzköpfeIn Dänemark, wo sie Ende der 1960er-Jahre von dem

Designer Gustav Ehrenreich entworfen wurden, gibt

es in fast jedem Haushalt einen Hoptimisten. Und auch

wir räumen für Mitbewohner wie Vogel Birdie oder

Frosch Kvak (Bild), die uns so charmant zum Schmunzeln

bringen, zu Hause gern ein Plätzchen frei. Die Figuren

wurden 2009 von Bo und Lotte Steffensen in Aarhus

wieder aufgelegt und sind in den verschiedensten

Varianten zu haben. Besonders edel kommen sie wie

hier aus Eichen- oder Walnussholz daher. Birdie ab

36,95 Euro, Kvak ab 49,95 Euro, über hoptimist.com

82 _ Spoil yourself

Page 83: Flown18*2016

TEXT ANGELIKA DIETRICH FOTO MAREEN BURK, CORBIS, EISENHUT & MAYER/BRANDSTÄTTER VERLAG,ASLAN KUDRNOFSKY/MAK, JOHN MADERE/SAGMEISTER & WALSH

Vom Säen und ErntenSie ist eine unserer Lieblingsillustratorinnen und bringt

farbenfrohe Welten zu Papier wie keine Zweite.

Nun macht Elisandra auch Gartenfreunde glücklich.

Inspiriert von Ausflügen ins Grüne, hat die

Berliner Künstlerin das Buch Blumen sind die

Sterne des Tages (ars edition, 9,99 Euro)

gestaltet, das ihre lebendigen Illustrationen

mit poetischen Zeilen zum Pflanzen, Gärtnern

und Wachsen verbindet. Platz für eigene

Ideen bieten handliche Notizbücher, deren

blühende Cover ebenfalls aus Elisandras

Feder stammen. Blanko oder liniert erhältlich.

Dem Glück auf der SpurWas macht uns glücklich? Dieser Frage ging zehn Jahre lang der in den USA

lebende Österreicher Stefan Sagmeister nach. Er erforschte, ob man das

Glücklichsein trainieren kann und welche Bedeutung Religion, Geld, Ehe und

Sex dabei spielen. Dafür unternahm er verschiedene Selbstversuche: Er

meditierte, erlernte Konzentrations- und Entspannungstechniken, machte eine

Verhaltens therapie und konsumierte stimmungsaufhellende Pharmazeutika.

Die Ergebnisse seiner Suche zeigt Sagmeister bis zum 25. September in der Aus-

stellung The Happy Show im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main

(museumangewandtekunst.de). Die Ausstellung zeigt nicht nur Infografiken,

Drucke und amüsante Filme, sondern animiert Besucher mit interaktiven Installa-

tionen auch zum Mitmachen. Wer es nicht nach Frankfurt schafft oder schon mal

vorab wissen willst, was ihn erwartet, schaut hier: thehappyshow.tumblr.com

Story des TagesWenn das keine gute Idee für eine

kleine Auszeit ist: Die App A Story

A Day liefert dir jeden Tag eine

Kurzgeschichte von Autoren wie

Kirsten Fuchs, Marc-Uwe Kling

oder Jochen Schmidt auf dein

Smartphone. Mal ist sie zum

Schmunzeln, mal zum

Lachen oder sie regt zum

Nachdenken an. Die ersten

fünf Texte sind kostenlos.

30-Tage-Abo 3,59 Euro

für Android, 3,99 Euro für

iOS. a-story-a-day.de

Faire BikinisGanz schön schwer, einen Bikini

zu finden, der schlicht, schön und

praktisch ist. Das fand auch

die Designerin und passionierte

Surferin Mareen Burk und fing an,

selbst Bademode zu entwerfen.

Mit tollen Schnitten, nachhaltig

und fair produziert. Oberteil (ab

110 Euro) und Hose (ab 70 Euro)

lassen sich frei kombinieren und

sogar wenden. Ja, die Teile haben

ihren Preis, dafür hat man lange

was davon. mymarini.com

_ 83

Page 84: Flown18*2016

WEBSHOPPENEgal wo man lebt – die schönsten Dinge sind nur einen Klick entfernt

84 _ Spoil yourself

MEMOHELEN.ETSY.COM

Strandtasche mit Illustration von

Helen Entwisle ✱ ca. 26 Euro

Page 85: Flown18*2016

Poolparty

BREUNINGER.COM

Badeanzug „Riviera“ von Seafolly

✱ 129,99 Euro

KOSTÜME.COM

Sonnenvisier ✱ 4,95 Euro

BANDO.COM

Strandtuch ✱ ca. 34 Euro

MANUFACTUM.DE

Ungesüßtes Erfrischungsgetränk

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Page 86: Flown18*2016

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Page 87: Flown18*2016

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Page 88: Flown18*2016

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88 _ Spoil

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Page 89: Flown18*2016

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Page 91: Flown18*2016

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Page 92: Flown18*2016

Pina Bausch 1966. Statt eines

Hutes trug sie auf der Bühne

eine durchlöcherte Scheibe

92 _ Spoil yourself

Page 93: Flown18*2016

Porträt

Das bewegte Leben der

PINA BAUSCHSie hat mit ihren Choreografien Menschen weltweit berührt. Ihre Idee,

im Ballett tiefe Gefühle auszudrücken, statt nur körperliche

Höchstleistungen zu zeigen, hat sich nach und nach durchgesetzt.

Doch der Weg dorthin war kein federleichter Tanz

_ 93

Page 94: Flown18*2016

Ganz links: Auf dem Theater-

festival Avignon mit dem

französischen Choreografen

Bartabas, 2000

Links: Pina Bausch im Jahr

2007, damals war sie 67

So konsequent wie sie hat wohl kaum jemand am Theater auf

Emotionen gesetzt. Für ihre Stücke gab es keine Vorlagen, oft hatte

sie nur ein Gefühl im Kopf, das sie darstellen wollte. Pina Bausch

sah viel von dem, was die Menschen bewegt: ihre Ängste und Nöte,

ihre Wünsche und Sehnsüchte. Passende Worte fand sie dafür

nie. Ihre Sprache war der Tanz. Sie brach mit allen Konventionen

des klassischen Balletts, und ihre Stücke sind so anders, voller

Wucht, so ergreifend, dass sie auf der ganzen Welt geliebt werden.

Auch ihr Schaffensdrang war unvergleichlich: Als Pina 2009 im

Alter von nur 68 Jahren starb, hinterließ sie fast 50 Produktionen,

7500 Videos und ein zutiefst trauerndes Ensemble. Sie wird als

Revolutionärin des modernen Tanzes gefeiert.

KNEIPENTISCHE UND SCHWEBEBAHN

Dabei war Pina eine stille Frau, fast schüchtern und stets von

Selbstzweifeln geplagt. Ihr Lebensweg war keinesfalls vorgezeich-

net. Sie wurde 1940, mitten im Zweiten Weltkrieg, in Solingen

geboren. Ihre Eltern hatten dort eine Gaststätte mit Hotelbetrieb.

Wenn die kleine Pina abends nicht ins Bett wollte, versteckte sie

sich unter den Tischen, lauschte den Gesprächen über Liebe und

Verlassenheit, kleine und große Hoffnungen. So bekam sie schon

früh eine Ahnung von den großen Themen. Sie war ein fantasie-

volles, zappeliges Kind. Die Eltern schickten sie auf Anraten von

Gästen ins Kinderballett. Das tat Pina gut, und schon bald trat sie

in Kinderstücken in Wuppertal auf. Wenn sie zum Unterricht fuhr,

mit ihrem Rucksack in der Schwebebahn saß, konnte sie durch

die Fenster in die Häuser schauen, in fremde Wohnzimmer, bekam

flüchtige Eindrücke aus dem ganz privaten Alltag der anderen.

Auch diesen Blick ins Private griff sie in ihren Stücken auf.

Beim Ballett war ihr Talent unübersehbar. Eine der Tanzlehrerinnen

nannte sie „Schlangenmensch“. Und so durfte Pina bereits mit

14 Jahren ein Tanzstudium an der Folkwang-Hochschule in Essen

beginnen. Hier bekam sie zwar eine klassische Tanzausbildung,

lernte aber auch Schauspiel, Musik und Malerei kennen. „Wir lebten

zusammen, sahen und hörten einander zu“, beschrieb sie diese

Zeit, und die Nähe aller Künste hat sie geprägt. Unbefangen band

sie später Gesang oder Sprechtheater in ihre Stücke ein, was

damals un gewöhnlich war. Doch indem sie Tanz und Theater ver-

mischte, etablierte sie eine Form, die vorher allenfalls in Nischen

existiert hatte. Auf der Hochschule Folkwang lernte Pina auch

ihren ersten Mann kennen, den Grafiker Rolf Borzik.

Ihre Eltern hatten eine

Gaststätte. Pina bekam dort früh

mit, was Menschen bewegt

Eine große Liebe. Die beiden leben und arbeiten zusammen.

Er entwirft alle Bühnenbilder und Kostüme für ihre Stücke, kleidet

die Tänzer ein, schafft eine unverwechselbare Atmosphäre für

die Pina-Stücke. Doch das Paar hat nur wenig gemeinsame Zeit:

Mit 36 Jahren stirbt Rolf an Krebs.

ZWISCHEN NEUGIER UND ANGST

Nach dem Studium tanzte Pina in New York an der Metropolitan

Opera, unterrichtete bald selbst an der Folkwangschule. Der

Wuppertaler Intendant Arno Wüstenhöfer will das „Wunderkind“

unbedingt als Choreografin an sein Theater holen, denn Pina hatte

angefangen, erste Stücke selbst zu entwickeln. Wüstenhöfer

ahnte, welche Kraft ihre Choreografien entfalten könnten, wenn

man sie dazu bekäme, weiter daran zu arbeiten. Aber Pina hat

94 _ Spoil yourself

Page 95: Flown18*2016

Pinas Ensemble im Stück Vollmond, 2007

Nelken, Stück für 21 Tänzer, uraufgeführt im

Jahr 1982 – diese Aufnahme ist von 2010

_ 95

Page 96: Flown18*2016

Mit 27 Jahren beim Training an

der Essener Folkwangschule

96 _ Spoil yourself

Page 97: Flown18*2016
Page 98: Flown18*2016

Pina Bausch während einer Probe des Wuppertaler

Tanztheaters 1988 – mal ohne Zigarette

Pina tanzt ihr berühmtes Stück Café Müller,

hier in Avignon 1995

98 _ Spoil yourself

Page 99: Flown18*2016

Pina, ein Film von Wim Wenders

aus dem Jahr 2011. Wenders

drehte mit dem Ensemble zum

Teil mitten in Wuppertal, in

Parks und auf Industriebrachen

TEXT MAJA BECKERS FOTO CORBIS, GETTY IMAGES, INTERFOTO, LAIF, PICTURE PRESS, ULLSTEIN BILDERDIENST, WALTER VOGEL/BPKAngst vor der Aufgabe und sagt ab. Erst als Wüstenhöfer nicht

locker lässt, gibt sie nach: „Ich kann’s ja mal probieren.“ Da ahnte

noch niemand, dass sie ihr Leben lang bleiben würde. Die Furcht

vorm Scheitern verließ sie trotzdem nicht. „Vor jedem Stück wieder

dieselbe Angst“, klagte sie. Jedes entwickelte sie auf eigene Art.

Sie setzte sich mit ihren Tänzern zusammen, sie führten intensive

Gespräche. Pina rauchte und fragte: „Wie hast du dich als Kind

gefühlt, wenn …“ Oder: „Was kann man Gefährliches mit einem

niedlichen Gegenstand machen?“ – „Wir erkunden etwas, lachen

über uns selber, versetzen uns in die Gefühle anderer“, erklärte sie

ihr Probenprinzip. Doch trotz ihres Mutes, assoziativ zu arbeiten,

fürchtete sie, zu versagen. Mehrmals versuchte sie, Premieren zu

ver schieben. Gelang das nicht, weigerte sie sich, dem Stück einen

Namen zu geben – um dessen Unfertigkeit zu betonen.

UNGEWOHNT VIEL GEFÜHL UND VIEL VERTRAUEN

Die Angst vor den Reaktionen des Publikums war zudem nicht

unbegründet. Auf die ersten Stücke reagierte es empört: Türen-

knallend verließen die Leute den Saal, schimpften, Pina soll sogar

Drohanrufe bekommen haben. Das, was sie zeigte, kannte man in

den 70er-Jahren so noch nicht. Tanzstücke waren meist klassische

Ballette, die Tänzer trugen Tutus und eine unbewegte Miene. Bei

Pina findet man keine Tutus – höchstens als Gag an einem männ-

lichen Darsteller. Dafür gehörte das Alltägliche bei Pina auf die

Sie fragte die Tänzer: " Was

kann man Gefährliches mit einem

niedlichen Gegenstand machen?“

Bühne. „Mich interessiert nicht, wie sich Menschen bewegen, mich

interessiert, was sie bewegt“, sagte sie einmal. Um das zu zeigen,

setzte sie ungeniert Hilfsmittel ein: Manchmal ließ sie ihre Tänzer

durch knöcheltiefes Wasser laufen. Oder sie sprangen gegen

Wände, sangen oder lachten laut. „Ist das noch Tanz?“, fragten

die Leute damals. Heute würde das jeder bejahen. Aber wohl nur,

weil es Pina Bausch gab. Die Reaktionen des Publikums trafen

Pina – sie wollte nie provozieren. „Es hat mich traurig gemacht“,

sagte sie später, „aber nie verbittert.“ Vielleicht ahnte sie, dass

die meisten überfordert waren, mit ihren eigenen verdrängten

Gefühlen und Sehnsüchten konfrontiert zu werden. Darum war sie

in Wuppertal gut aufgehoben: Das Ensemble stand hinter ihr.

Große Bühnen hätten sie gern engagiert, aber Pina wechselte nie.

Wuppertal bot den Schutzraum, in dem sie so sein durfte, wie sie

wollte, man sie walten ließ, wie sie es sich wünschte.

Diesen geschützten Rahmen bot sie auch ihren Tänzern. Nur so

konnten sie all das Private, Intime, ihre Verletzlichkeit hervorholen.

„Es geht um Vertrauen“, sagte Pina einmal, „man muss sich jeden

Blödsinn leisten dürfen. Und dafür muss man sich geliebt fühlen.“

Pina kritisierte ihr Ensemble nie. Und sie schenkte den Tänzern

ein in der Branche ungekanntes Sicherheitsgefühl, indem sie teil-

weise jahrzehntelang mit ihnen arbeitete. Zu alt – das gab es für

sie nicht. So konnten Stücke entstehen, die so echt waren, dass

sich jeder Zuschauer darin wiederfinden konnte – ob in Indien

oder in den USA. Anfang der 80er hatte sich ihre neue Sprache

dann etabliert, und sie wurde mit Preisen überschüttet. Die

Wuppertaler gaben Gastspiele in ausverkauften Häusern weltweit.

Auf einer dieser Reisen lernte Pina ihren zweiten Mann kennen,

den chilenischen Schriftsteller Ronald Kay, der zu ihr zieht. Als

Pina 41 Jahre alt ist, bekommt das Paar einen Sohn. Sie nennen

ihn Rolf Salomon, nach Pinas verstorbener Liebe. Pina arbeitet

weiter, ihr Mann kümmert sich um das Kind. Kommt sie abends

aus dem Theater, essen sie zusammen. Dann geht sie wieder an

die Arbeit, sieht bis in die Nacht Notizen durch.

So sehr lebte sie für den Tanz, dass sie wohl nicht merkte oder

merken wollte, dass sie schon länger krank war. Kurz nach ihrer

letzten Premiere, im Juni 2009, erfährt sie, dass sie Lungenkrebs

hat. Fünf Tage später stirbt sie. Sie geht so, wie sie gearbeitet

hat: dezent, fast still. Doch ihr Weltruhm bleibt. Zu Recht, findet ihr

alter Freund Wim Wenders: „Niemand konnte die Menschen so

lesen wie Pina. Sie hatte einen einzigartigen Blick. Und mit ihren

Stücken hat sie einen liebevoll an die Hand genommen und in

die Lage versetzt, selbst auch anders zu gucken.“ ●

Mehr sehen? Der Bildband Pina Bausch backstage: Photographien (Nimbus, 39,80 Euro)zeigt die Anfänge von Pina Bauschs Arbeit in Wuppertal Mitte der 70er-Jahre _ 99

Page 100: Flown18*2016

Heute essen wirDRAUSSEN

Bei dem Wetter wollen wir raus – ein lauschiges Plätzchen, wo man

seine Decke ausbreiten kann, findet sich immer. Und die passenden

Rezepte fürs Picknick liefert uns die Wiener Köchin Julia Kutas

Zitronen-Orangen-Eisteesirup

100 _ Spoil yourself

Page 101: Flown18*2016

Rezepte

Caesar Salad mitRosenkohl & Parmesantalern

_ 101

Page 102: Flown18*2016

Gefüllte Feigen mitKaramellnüssen

Zitronen-Orangen-Eisteesirup

ZUTATEN FÜR CA. 300 ML SIRUP:

2 Biozitronen ✻ 3 Bioorangen ✻ 2 Handvoll Minze

200 g Gelierzucker ✻ 1/2 l Wasser ✻ 2 Tl Kardamom

Zitronen- und Orangenschalen abreiben, Früchte auspressen.

Saft mit allen angegebenen Zutaten in einem Topf aufkochen

und ca. 45 Minuten bedeckt köcheln lassen. Dann den Sirup je

nach Belieben durch ein Küchentuch sieben oder ungefiltert

heiß in aus gekochte Flaschen füllen.

Für einen Eistee 2 El Sirup, 1 Zweig Minze und Eiswürfel in ein

Glas füllen und mit ca. 150 ml gekühltem Schwarztee aufgießen.

Tipp: Der Sirup kann auch mit Prosecco aufgespritzt oder

als Kuchenglasur verwendet werden. Ich liebe auch Grüntee-

Eistees; Rooibos- oder weißer Tee eignen sich ebenso gut.

Caesar Salad mit Rosenkohl& Parmesantalern

ZUTATEN FÜR 4 PORTIONEN:

2 Scheiben Ciabatta ✻ einige Spritzer Olivenöl

1 El getrocknete Kräuter der Provence ✻ 2 El Fleur

de Sel ✻ 200 g Rosenkohl ✻ 2 El Chiliöl ✻ 200 g

frisch geriebener Parmesan ✻ 1 großer Römersalat

FÜR DAS DRESSING: 2 El Dijonsenf ✻ 2 El frisch ge-

riebener Parmesan ✻ 100 ml Olivenöl ✻ Saft von

1/2 Zitrone ✻ 1 El Weißweinessig ✻ Salz ✻ Pfeffer

Ciabatta grob würfeln. Mit Olivenöl, Kräutern und Fleur de Sel

auf einem Backblech im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad

5–10 Minuten goldbraun rösten. Zur Seite stellen.

Rosenkohl putzen und halbieren. Das Chiliöl in einer Pfanne

erhitzen und den Rosenkohl darin scharf anbraten, bis er an

einigen Stellen Farbe annimmt.

Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Parmesan in ca. 2 x 2 cm

großen Häufchen darauf verteilen, dabei genug Abstand lassen.

Im vorgeheizten Ofen bei 200 Grad 5–10 Minuten backen, bis die

Hügelchen zu Talern werden. Abkühlen lassen, wenn die Taler

fest werden, und vom Backpapier ablösen.

Für das Dressing alle Zutaten mit dem Stabmixer cremig ver-

rühren. Römersalat putzen, waschen, trocken schleudern und

in Vierecke schneiden. In einer Schüssel mit dem Rosenkohl

mischen und mit dem Dressing gut marinieren.

Zum Transport Ciabatta, Parmesantaler und Salat getrennt ein-

packen. Vor dem Servieren Salat mit Würfeln und Talern toppen.

Gefüllte Feigen mit Karamellnüssen

ZUTATEN FÜR 4 PORTIONEN:

1 Handvoll Walnüsse ✻ 100 g Puderzucker

2 El Butter (zimmerwarm) ✻ 50 ml Sahne (zimmer-

warm) ✻ 4 Feigen ✻ 1 Prise Fleur de Sel

100 g Ziegenfrischkäse

Walnüsse im Ofen oder in einer Pfanne rösten. Puderzucker in

einer Pfanne schmelzen lassen, dabei mit einem Kochlöffel

ständig rühren. Immer wieder von der Flamme nehmen, wenn er

zu schnell schmilzt. Wenn keine Klumpen mehr da sind, zu

102 _ Spoil yourself

Page 103: Flown18*2016

Mini-Limettencheesecake

_ 103

Page 104: Flown18*2016

Prosciutto-Tarte mit Zucchini& getrockneten Tomaten

einem Schneebesen wechseln. Butter und Sahne hinzufügen

und gut verrühren. Von der Flamme nehmen. Wenn der Karamell

leicht abgekühlt ist, Salz hinzufügen und Walnüsse einrühren.

Auf Backpapier auskühlen lassen.

Am oberen Spitz der Feigen über Kreuz einschneiden. Mit Ziegen-

käse füllen und jeweils 1 karamellisierte Walnuss aufl egen.

Mini-Limettencheesecake

ZUTATEN FÜR 20 STÜCK:

500 g Frischkäse ✻ 70 g Zucker ✻ 200 ml Sahne

2 Eier ✻ 2 Tl Limettensaft ✻ 1 Packung Vanille-

Puddingpulver ✻ 5 El Zitronen-Orangen-Sirup

(Rezept siehe Seite 102) ✻ Minze zum Dekorieren

Puderzucker zum Bestreuen

Frischkäse, Zucker, Sahne, Eier, Limettensaft und Vanille-

Puddingpulver gut miteinander verrühren und in kleine Papier-

backförmchen in ein Muffi nblech füllen.

Ca. 45 Minuten bei 170 Grad im vorgeheizten Ofen backen,

bis ein Zahnstocher hineingepikst und wieder herausgezogen

werden kann, ohne dass Kuchenreste daran haften.

Kurz abkühlen lassen und mit dem Sirup bepinseln. Mit Minze

dekorieren, mit Puderzucker bestreuen.

Prosciutto-Tarte mit Zucchini& getrockneten Tomaten

ZUTATEN FÜR 1 BLECH:

FÜR DEN MÜRBETEIG: 250 g Mehl ✻ 125 g Butter ✻ 1 Ei

125 ml eiskaltes Wasser ✻ 1 Prise Salz

FÜR DEN BELAG: 1 Zucchini ✻ Olivenöl zum Anrösten

100 g Prosciutto ✻ 100 g getrocknete Tomaten in Öl

2 Eier ✻ 3 El Ricotta ✻ Rucola zum Garnieren

Alle Teigzutaten schnell verkneten und dann den Teig 30 Minuten

im Kühlschrank ruhen lassen.

Teig ausrollen, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen.

Im Kühlschrank nochmals durchkühlen lassen (wenn das Blech

zu groß ist, Teig auf dem Backpapier in den Kühlschrank legen).

Zucchini in Scheiben schneiden und von beiden Seiten in einer

Pfanne in etwas Olivenöl anrösten. Den Teig mit Zucchini,

Prosciutto und getrockneten Tomaten belegen. Eier und Ricotta

verrühren und mit einem Löffel darüber verteilen.

Ca. 50 Minuten bei 200 Grad im vorgeheizten Ofen backen,

mit Rucola garnieren. Schmeckt warm oder kalt. ●

LECKERES (NICHT NUR) TO GOJulia Kutas betreibt in Wien zwei

Restaurants (hiddenkitchen.at), wo

man auch gefüllte Picknickkörbe

zum Mitnehmen erwerben kann. In

ihrem Buch City Picknick (Brand-

stätter, 25 Euro) finden sich neben

tollen Rezepten auch Ideen für ein

Movie-Dinner mit Freunden oder

ein Sonntagsfrühstück im Bett. FOTO WOLFGANG HUMMEL/BRANDSTÄTTER VERLAG104 _ Spoil yourself

Page 105: Flown18*2016

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Page 106: Flown18*2016

106 _ Spoil yourself

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_ 107

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108 _ Spoil yourself

Page 109: Flown18*2016

Inspiration

Wohnen und arbeitenAUF DEM WASSER

Die Designerin Roos Brancovich lebt auf einem 100 Jahre alten Amsterdamer

Hausboot – mit ihrer Familie und einer Tonne Indigo. Mit der bearbeitet sie antike Stoffe

und ist immer wieder fasziniert, wie unterschiedlich die Farbe ausfallen kann

_ 109

Page 110: Flown18*2016

2

3

1

Mein Fass mit 60 Litern Indigofarbe steht in“

der Schlafkajüte. Ich mag den Geruch der Farbe“

4

5

6

110 _ Spoil yourself

Page 111: Flown18*2016

Das Kartoffelschiff „Catootje“ hat ein

respektables Alter: Mit 101 Jahren ist es

als Frachtschiff längst in Rente, bietet

nun jedoch Roos Brancovich (37), ihrem

Mann Leo (42), Tochter Charlie (4) und

Sohn Saul (2) ein Dach über dem Kopf.

„Mein Fass mit Indigofarbe steht in der

Schlafkajüte“, erzählt Roos. „Das Indigo,

das ich benutze, ist nicht irgendeine Farbe.

Es ist wichtig, sie richtig zu behandeln.

Wenn es ihr gut geht, schwimmt eine Blume

darauf, ein Kreis aus dunkelblauem Schaum.

Das Indigo muss jeden Tag umgerührt

werden, seine Temperatur sollte so kons-

tant wie möglich sein. Darum steht das

Fass im Schlafzimmer. Wo jetzt unser Bett

ist, war früher der Motor. Am Anfang roch

man noch das Öl, aber jetzt hängt immer

ein Hauch von Indigo in der Luft. Ich mag

das, und dennoch hoffe ich, irgendwann

ein eigenes Atelier zu haben. Meine Manu-

faktur heißt ,Toile de Chine‘, nach dem

indigoblauen Stoff, aus dem man bereits

im alten China Arbeitskleidung machte.

Die Franzosen brachten ihn im 17. Jahrhun-

dert nach Europa und verwendeten ihn zum

selben Zweck, weil er robust war und nicht

schnell schmutzig wurde. Später stellten

sie den Stoff in Nîmes selbst her. Daraus

entstand der Name Denim: von ,de Nîmes‘.“

SAMMELWUT

„Ich bin ausgebildete Modedesignerin.

Meine Faszination für Denim entstand, als

ich für Marly Nijssen arbeitete. Sie hat

lange Kollektionen für Diesel und andere

Marken entworfen und ist mein Denimguru.

Inspiriert von Marly, habe ich während

meiner Dienstreisen immer nach besonde-

rer Kleidung von früher Ausschau gehalten,

insbesondere aus der Zeit von 1900 bis

1950. Das artete schließlich in eine Sammel-

wut aus. Ich interessierte mich mehr und

mehr für Dinge, die Menschen selbst her-

gestellt hatten, wie Quilts oder Kissen, und

beschäftigte mich mit

alten Techniken, etwa

der japanischen

Shashiko-Stickerei.

Sie wurde verwendet,

um alte Kleidung

auszubessern und

gleichzeitig zu ver-

zieren, da man mit

dickem weißem Garn

verschiedene Muster

stickte. Ich interes-

siere mich auch für

gestickte Symbole:

,Semamori‘, Amu- 7lette, die auf die

Rückseite von Kinder-

kimonos gestickt wurden, um die Kinder

gegen das Böse zu beschützen. Und ich

färbe eigene Muster und Motive in alte

Stoffe. Am liebsten jedoch tauche ich

schöne alte Kleidungsstücke in das Indigo-

fass. Je tiefer man sie eintaucht, desto

intensiver wird die Farbe. Häufig verwende

ich auch die Itajime-Shibori-Technik: Man

nimmt ein Stück Stoff und klemmt es zwi-

schen zwei Formen, sodass an bestimmte

Stellen keine Farbe gelangt. Dadurch ent-

stehen beim Färben wunderschöne Muster.“

LIEBE AUF DEN ERSTEN BLICK

„Leo wollte gern auf einem alten Kahn

wohnen. Als wir ,Catootje‘ sahen, haben

wir uns sofort in sie verliebt. Leben auf dem

Wasser ist etwas Besonderes. Wir sind

mitten in der Stadt, aber auch mitten in der

Natur. Ich kann mir nicht vorstellen, irgend-

wann mal wieder auf dem Land zu woh-

nen. Schon allein das leichte Wiegen des

Bootes würde ich sehr vermissen.

In meinem idealen Zuhause sollte es viel

Vintageleinenwäsche, französische Arbeits-

kleidung und antike Spitze geben. Und

seidene Unterwäsche und Nachthemden

mit gestickten Initialen; dazwischen

1. Den Holzofen gab es schon auf dem Boot

2. „Einige meiner alten Scheren. Ich habe sie

schleifen lassen und benutze sie wieder“

3. Akzente gegen das Blau setzt Roos mit

Hinguckern: zum Beispiel dem Babyfoto

ihrer Tochter Charlie …

4. … oder mit einem Paar knalliger Schuhe

5. „Ob es dem Indigo gut geht, erkennt man an

der Schaumblume, die darauf schwimmt“

6. Die Farbe muss jeden Tag umgerührt werden

7. Roos’ Tassensammlung: Reisemitbringsel

und Familienstücke. Natürlich fast alle in Blau

_ 111

Page 112: Flown18*2016

2

1“Ich liebe alles, was schon ein

Leben hinter sich hat“

3

1. „Es ist immer wieder spannend, zu sehen, ob

ich den Stoff häufi g und tief genug in das Indigo

getaucht habe. Wenn nicht, wird die Farbe nach

dem Trocknen zu hell“

2. Auch die Etiketten stickt Roos von Hand

3. „Einige der Stoffe kommen aus Japan und sind

schon 100 Jahre alt. Manchmal benutze ich sie

für Ausbesserungen, aber am liebsten mache

ich gar nichts damit und schaue sie mir nur an“

hübsche, abgenutzte Denimstoffe. Ich

selbst mag abgetragene Jeans; darüber

ein schönes Hemd mit farbigem Akzent,

schon wirkt es weiblicher. Dieser Stil findet

sich auch auf unserem Boot. Von außen

ist es dunkelblau, aber drinnen leuchtet es

in knalligem Rosa und Orange; Farben,

die auch in meiner Kleidung vorkommen.

Für mich müssen die Dinge ein gewisses

Extra haben. Es darf gern alles etwas

durcheinander wirken. Wir mögen Krims-

krams, Bildersammlungen an den Wänden,

alte Lampen, verwitterte Kisten. Alles,

was ein Leben hatte, bevor es zu uns kam.

Mit Kleidung geht es mir genauso. Einen

alten Kimono, der aufgearbeitet wurde,

finde ich interessanter als einen neuen.

MYSTERIÖSE SYMBOLE

80 Jahre alte Stoffe aus Leinen sind

meist immer noch sehr schön. Es ist schwer,

sie zu finden, aber wenn ich welche ent-

decke, macht mich das glücklich. Genau

wie aufgearbeitete Kleidungsstücke: All

die kleinen Ausbesserungen – eine schöner

als die andere. Und wenn man sich erst

die japanischen Stickereien ansieht, mit all

den mysteriösen Symbolen! Es scheint,

als sei dort jeder ein Perfektionist.

Ich glaube, auch bei uns gab es früher viele

schöne Dinge, denen man die Fachkennt-

nis und Konzentration ansah, mit denen sie

hergestellt wurden. Denn selbst wenn so

ein Objekt abgenutzt ist – die Qualität ist

noch erkennbar. Ich versuche, das Gefühl

für diese Art der Qualität wiederzubeleben,

auf meinem Boot und in meiner Arbeit. Ich

möchte handgemachte Produkte verkaufen,

die nicht aus grauer Vorzeit stammen, aber

trotzdem mit alten Techniken hergestellt

wurden – jedes für sich ein Unikat.

Außerdem versuche ich, alter Arbeits-

kleidung neues Leben einzuhauchen. Diese

Arbeit verschafft mir während des

gesamten Prozesses große Befriedigung,

gerade weil sie so intensiv und zeitauf-

wendig ist. Wie die Quilts, die ich seit eini-

ger Zeit herstelle, inspiriert von dem Buch

The Quilts of Gee’s Bend. Gee’s Bend ist

ein isoliertes afroamerikanisches Dorf in

Alabama. Die Frauen dort stellen schon

seit dem 19. Jahrhundert Quilts in einem

sehr eigenen Stil her, mit groben abstrak-

ten Formen und fantastischen Farben.

Meinen Quilts gebe ich einen Dreh, indem

ich alte Denimstoffe für sie benutze.

Manchmal bin ich wochenlang mit einem

Quilt beschäftigt. Erst schneide ich Stoff-

streifen zu, die ich lose auf dem Boden

anordne – wie ein Puzzle. Hat jedes Stück

Stoff seinen Platz gefunden, fotografiere

ich das Bild und nähe alles zusammen.

Anschließend besticke ich den Quilt. Das

erfordert viel Aufmerksamkeit; oft geht es

um Details. Es hat etwas Therapeutisches,

so konzentriert an etwas zu arbeiten.“ ●

✻ toiledechine.com TEXT CHRIS MUYRES FOTO BARBARA GROEN STYLING LINDIVIDU112 _ Spoil yourself

Page 113: Flown18*2016

MAKE IT SIMPLE

Page 114: Flown18*2016

Ein Tierpfleger im Amsterdamer Artis 1951, Zeitung lesend

neben dem Gehege seines Schützlings. In der Gegenwart wird

auf deutlich mehr Abstand geachtet, die Tiere sollen so

naturnah leben, wie in einem Tierpark möglich. Der Kontakt

mit Menschen bleibt deshalb bewusst sehr begrenzt. FOTO (VORDERSEITE) J. D. NOSKE/ANEFO/NATIONAAL ARCHIEF

Page 115: Flown18*2016

Je länger man lebt,

desto deutlicher sieht man,

dass die einfachen Dinge

die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, Theologe (1885–1968)

_ 115

Page 116: Flown18*2016

MAKE ITSIMPLEEs muss gar nicht so kompliziert sein

Zackig ausgebügeltÄrgere dich nicht länger über den Fleck, der sich so hartnäckig an dein

Lieblingsshirt klammert. Gib ihm lieber eins drüber – ein Quadrat, ein Parallelo-

gramm, ein Dreieck oder was sich noch so unter den mehr als 100 grafischen

Stickern in der Bastelbox „Create me“ findet. Mit den schwarzen, goldenen und

silberfarbenen Textilbügelbildern bezwingst du aber nicht nur Soßenspritzer

und kleine Löcher. Du kannst mit ihnen auch richtig kreativ werden und schlichte

Hemden, Hosen oder Handtaschen zu kantigen Unikaten „umbügeln“.

Wenn das nicht spitze ist … Über humade.nl, 21 Euro

Herei n, bete!Die „kleinste Form eines spirituellen

Raumes“ hat der Künstler Oliver Sturm

erfunden: den Gebetomaten. In ihm

kann man wie fürs Passfoto Platz neh-

men und sich eines von 300 Gebeten

in 65 Sprachen anhören. Gesprochen

von Anhängern der fünf Weltreligionen

wie auch kleinerer Glaubensrichtungen,

etwa der Sikhs. In Berlin, Frankfurt

und an weiteren Orten. gebetomat.de

Wenn ein“Problem gelöstwerden kann,braucht man

sich keine Sor-gen zu machen.

Wenn nicht,sind Sorgen

si n n los.“

Dalai Lama

SpülgefühlEntspannen? Geht in einem

Abwasch. Und das ist wörtlich

gemeint: Geschirr per Hand zu

spülen ist laut Psychologen

der Florida State University gut

gegen Stress. Für eine Studie

baten sie Studenten, in der Küche

klar Schiff zu machen. Diejenigen,

die dabei achtsam dem Geruch

des Spülmittels oder der Wärme

des Wassers hinterherspürten,

fühlten sich danach um 27 Pro-

zent weniger nervös und um ein

Viertel inspirierter. Sauber!

116 _ Make it simple

Page 117: Flown18*2016

Am Wassergebaut

Die Füße vom Steg baumeln

und den Blick über den See

schweifen lassen reicht dir

nicht? Unsere Kollegen von

Walden verraten in ihrer neuen

Ausgabe, wie man ein Paddel

schnitzt, eine Angel baut und

welche Abenteuer am Wasser

auf dich warten. walden-

magazin.de, 7,50 Euro.

Alles ist erleuchtetBloß nichts wegwerfen: Das Sammelsurium im Küchenschrank eignet sich für

originelle DIY-Ideen. So werden alte Teekannen kurzerhand zur Vase, bunte Teller

zur Etagere (Bausatz über koalaplan.com) – und aus Omas blumigem Unter-

tässchen lässt sich dank der „Holden Isolde“ leicht ein Kerzenleuchter zaubern.

Der schlichte Halter glänzt in acht Farben, 12,90 Euro, dekoop.de

TEXT CHRISTINE RITZENHOFF FOTO GETTY IMAGES, PLAINPICTURE, LARISSA YAHIAChe bello!Wer bei „bello“ zuerst an einen kläffenden Hund

denkt, ist womöglich reif für Babbel: Die App

hat Kurse in 14 verschiedenen Sprachen in petto,

für Anfänger wie Fortgeschrittene und in kleinen,

spielerischen Lektionen. Die sind ideal, um sich

zwischendurch die Zeit zu vertreiben. Und korri-

gieren sogar die Aussprache. Wau, äh, wow!

Wie gemalt!Kein Schnappschuss der Skyline, kein Selfie am Strand.

Die New Yorkerin Lauren Hom reist gerade ein Jahr lang

durch Südamerika, Europa und Asien – mit dem festen

Vorsatz, kein einziges Foto zu machen. „Statt die Welt durch

eine Kameralinse zu erleben, will ich meine Erlebnisse

altmodisch festhalten, mit Skizzen und Schriftzügen“, sagt

die Illustratorin. Auf ihrem

Blog nophotosplz.com

doku mentiert sie, wie das

aussieht: Dinge, die sie auf

dem Markt von Montevideo

entdeckt, Klamotten, die

im Koffer stecken, Gefühle,

die sie fern der Heimat

übermannen, all das gibt

es von ihr – hübsch ge-

scribbelt und ohne Filter.

_ 117

Page 118: Flown18*2016

BLUMENMAL ANDERS

Wir umgeben uns gern mit Blumen, immer wieder zaubern sie uns ein

Lächeln aufs Gesicht. Und es gibt so viele Möglichkeiten, sie zu arrangieren:

in Schalen, mit Masking-Tape an der Fensterscheibe oder in Form von

Gesichtern. Inspiration haben wir bei Bloggern und auf Instagram gefunden

Eine Blumendeko aus dem Buch Wohnen mit

Blumen, das Holly Becker gemeinsam mit der

Stylistin Leslie Shewring gemacht hat

118 _ Make it simple

Page 119: Flown18*2016

Inspiration

1. Nimm ihn auseinander„Was ich mache, wenn Gäste kommen: Blumenstiele kurz

schneiden und mit Masking-Tape ans Fenster kleben“

Manchmal muss man die ausgetretenen Pfade verlassen, um

etwas Schönes zu schaffen, meint die Autorin, Stylistin und

Bloggerin Holly Becker. „Ich nehme gebundene Sträuße einfach

aus einander und arrangiere die Blumen beispielsweise nach

Arten. Das Bindegrün werfe ich weg. Das, was in Sträußen so oft

verwendet wird, mag ich nicht, weil es meist etwas künstlich

aussieht. Stattdessen verwende ich frische Minze oder Blätter,

die ich im Wald gefunden habe. Ich sortiere das gesamte Mate-

rial, breite es vor mir aus und überlege mir interessante neue

Kom binationen.“ Die Amerikanerin Holly, die inzwischen mit

Mann und Baby in Hannover wohnt, hat sich als Einrichtungs-

beraterin und mit ihrem Designblog decor8 einen Namen ge-

macht. Schon als Kind hat sie ihrer Mutter, einer Floristin, gern

im Garten geholfen. Holly hat mehrere Bücher über Wohnen

geschrieben, darunter auch Wohnen mit Blumen (Callwey).

Aber zurück zu den Blumensträußen, die sie neu sortiert:

„Es macht sich gut, wenn du die Blumen einzeln oder in kleinen

Sträußchen in schönen Vasen, Töpfen oder Bechern in der

ganzen Wohnung verteilst. So hast du in jedem Zimmer Freude

an ihnen.“ Pfi ngstrosen, Clematis, blühender Kirschbaum –

Holly arbeitet mit allem, was zur Verfügung steht. Die einzigen

Pfl anzen, die sie nicht so gern mag, sind Orchideen im Topf

(„In jedem Haus in Deutschland steht so ein Topf im Fenster“)

und die klassische rote Rose („klischeehaft und einfallslos“).

Noch ein weiterer Tipp von Holly: „Was ich häufi g mache, wenn

Gäste kommen, zum Beispiel zum Brunch: Ich schneide Blumen-

stiele ziemlich kurz und klebe die Blüten mit Masking-Tape im

Esszimmer an das große Fenster. Die Blumen bleiben ungefähr

vier Stunden schön aufrecht. Danach schneide ich die Blüten-

köpfe ab und lege sie in eine mit Wasser gefüllte Schale, die ich

auf den Tisch stelle.“

Holly Becker schreibt nicht nur auf ihrer eigenen Website decor8blog.com.

Du findest ihre Beiträge auch in verschiedenen anderen Blogs und ame-

rikanischen Magazinen wie Good Housekeeping und Sweet Paul oder dem

britischen Mollie Makes. Daneben veranstaltet sie auch Workshops.

2. Entscheide dich für eine Farbe„Ich liebe alle Blumen, aber am liebsten arbeite ich mit

Blumen aus meinem eigenen Garten“

Stylistin und Bloggerin Stéphanie Lhérété bezeichnet sich selbst

nicht als Expertin oder Floristin. „Ich spiele einfach mit Blumen.

Wichtig ist es für mich, Wildblumen oder Saisonblumen zu

verwenden. Sie vermitteln mir ein Gefühl von Freiheit. Ich ent-

scheide mich immer für eine Grundfarbe, denn ich fi nde es

nicht gut, wenn mehrere kräftige Farben nebeneinanderstehen.

Außerdem liebe ich Zusammenstellungen, die ein bisschen

ungewöhnlich sind. Ich kombiniere dann zum Beispiel große

Blumen wie etwa eine Pfi ngstrose mit Eukalyptus.“

Die Französin wohnt mit ihrer Familie im Südwesten Frankreichs,

in einem kleinen Ort am Meer in der Nähe von Biarritz. Da über-

rascht es auch nicht, dass sie die etwas wildere Flora aus ihrer

direkten Umgebung so sehr liebt. Stéphanie hat Kunst und Bild-

hauerei studiert und in einem Antiquitätenladen gear beitet, wo sie

sich auf Restaurierung spezialisiert hat.

Ihr Blog Minimom sprüht nur so vor Inspiration: leckere Rezepte

(zum Beispiel für Haselnuss-Schoko-Creme), Reisefotos, die

Fernweh wecken, und natürlich: ihre Blumenarrangements. Damit

hat sie vor zwei Jahren begonnen, als sie in ein Haus mit einem

großen verwilderten Garten zog. „Da blühten die schönsten

Blumen. Alles war schon da, ich musste einfach nur etwas damit

machen. Die Natur inspiriert mich sehr, weil sie lebt und eine

bestimmte Feinheit und Poesie in sich birgt. Eigentlich liebe ich

alle Blumen, aber ich arbeite am liebsten mit denen aus meinem

eigenen Garten: Ranunkeln, Anemonen, Kamille … Die Möglich-

keiten sind unendlich, und die Freude, die du mit Blumen erleben

kannst, ist grenzenlos.“

Mehr über Stéphanie Lhérété und ihre DIY-Ideen gibt es auf Facebook

(Pomverte x minimöm), Instagram (@pomverte), Pinterest (pomverte) oder ihrem

eigenen Blog (minimomblog.wordpress.com). In Stéphanies Onlineshop

(minimom.fr) findest du schöne Sachen für die Wohnung.

3. Schau genau hin„In der Natur neigen sich Pflanzen und Blumen in alle

Richtungen. Warum nicht auch in der Vase?“

Philippa Stanton ist in der Kunstszene vor allem für ihre Blumen-

bilder – abstrakte Ölgemälde – bekannt. Mindestens so populär

wie die Malerin ist allerdings ihr Alter Ego 5ftinf, unter dem sie auf

Instagram täglich ein Foto ihres Tisches postet. Immer dabei:

eine Tasse mit englischem Tee, alltägliche Utensilien, etwa Büro-

klammern oder Buntstifte, sowie frische Blumen. Philippa rät:

„Schau dir Blumen, Pfl anzen und Blätter genau an. Folge ihren

natür lichen Linien und Formen. Lass dich auf sie ein, anstatt ihnen

deinen Willen aufzuzwingen. Ihre Schönheit verrät dir, was du

mit ihnen tun kannst. Es darf auch wild sein – in der Natur neigen

sich Pfl anzen und Blumen ja auch in alle Richtungen, warum

Etwas andere Dekoideen mit Schnittblumen hat auch Franziska von Hardenberg,Gründerin des Blumenversands bloomydays.com, in ihrem Buch versammelt (GU, 14,99 Euro) _ 119

Page 120: Flown18*2016

sollte das dann in einer Vase nicht erlaubt sein?“ Ihre Tisch-

arrangements und anderen Blumen kreationen sind ein riesiger

Erfolg, inzwischen folgen Philippa mehr als 450 000 Leute.

Dabei begann alles als Scherz. „Ich habe mit der App einfach

ein bisschen rumgespielt“, sagt die Künstlerin. Dass die Fotos

so beliebt sind, kann sie aber gut verstehen: „Ich vermute,

dass die Wiederholung einer Idee mit der kons tanten Verände-

rung in jedem Bild die Faszi nation ausmacht. Ich denke mir

nie etwas im Voraus aus. Es spricht die Leute einfach an, dass

ich nur an meinem Tisch sitze und Gegenstände hin und her

schiebe, während ich eine Tasse Tee trinke, und zwar genau in

dem Moment, in dem diese Leute ebenfalls ihren Tee trinken.“

Blumen und Zweige für ihre Arrangements pfl ückt sie meist in

ihrem eigenen Garten, im Winter kauft sie sie aber auch mal im

Laden. Und Philippa will noch lange so weitermachen. „Ich liebe

es, einfach nur zu beobachten, ohne an etwas Besonderes zu

denken, etwa den Abwasch oder die Bügelwäsche. Und ich ge-

nieße es sehr, mit etwas zu arbeiten, das unter freiem Himmel

wächst. Das gibt mir ein bisschen ein Gefühl von Demut.“

Philippa Stanton wohnt im englischen Brighton. Sie liebt es, Listen zu machen

und mit Soundtrack-Musik von schlechten Western im Ohr zu joggen. Mehr von

ihrer Arbeit findest du unter 5ftinf.blogspot.co.uk oder unter @5ftinf auf Instagram.

4. Trau dich, etwas auszuprobieren„Eine Blume ist einfach zum Genießen da“

Alles ist möglich, so könnte das Motto von Designerin Justina

Blakeney lauten. Sie geht beim Arrangieren von Blumen und

Pfl anzen immer wieder neue Wege: „Die Grenzen haben wir

selbst gezogen. Aber warum eigentlich? Mein Tipp: Schau mal

über den Tellerrand. Viele Leute sehen eine Blume und denken:

Die sieht schön aus in der Vase. Aber du kannst mit ihr viel mehr

machen. Ich ziehe Blumen auseinander, zerreiße die Blätter,

schneide sie in Stücke. Trau dich einfach, etwas auszuprobieren.“

Justina stylt, entwirft, erfi ndet und macht so gut wie alles auf

dem Gebiet Wohnen und Lifestyle. TV-Produzenten klopfen bei

ihr an, wenn sie für eine Show eine besondere Ausstattung

wünschen. Internationale Magazine beauftragen sie mit Stylings,

und Firmen wie Microsoft oder eBay schätzen ihre Arbeit, weil

ihr Ansatz immer frisch und kreativ ist.

Ihr Stil gilt als originell, eklektisch und persönlich. Für ihre

Stylingjobs verwendet Justina natürlich häufi g Blumen, und nach

dem Fotoshooting sind die schönen Blumen dann immer übrig.

Irgendwann fragte sie sich: Was könnte man eigentlich noch

mit ihnen anfangen? „Ich saß in meinem Garten und spielte mit

1

2

1. Ein Tischarrangement von Philippa Stanton

2. Stéphanie Lhérété verziert Zitate mit Blumen

3. Tipp von Holly Becker: Schneide Blumen recht kurz ab und

kleb sie mit Masking-Tape an die Wand oder ans Fenster

4. Justina Blakeney macht Gesichter aus Blumen. Ihr Projekt

Face the Foliage inspiriert Menschen auf der ganzen Welt

5. Sabine Sansey beschreibt mit zarten Blümchen die Schön-

heit des Alltäglichen3

Blättern, Stielen und zarten Zweigen. Da kam ich auf die Idee,

Gesichter daraus zu machen. Ein neues Projekt war geboren:

Face the Foliage. Das Besondere ist, dass jedes Gesicht eine

ganz eigene Persönlichkeit besitzt.“

Justina freut sich darüber, dass inzwischen auf der ganzen Welt

Blumengesichter gemacht werden. Sie bekommt von überallher

Mails von Leuten, die sie inspiriert hat. Mittlerweile werden die

bunten Gesichter in Sommercamps, Schulen und auch in Behin-

derteneinrichtungen gebastelt. Der Schneeballeffekt überrascht

Justina nicht: „Die Arbeit mit Blumen und Pfl anzen hat eine

therapeutische Wirkung. Ich beginne jeden Tag damit – es ist für

mich wie Medi tation. Blumen regen alle unsere Sinne an: Sie

duften angenehm, sehen schön aus, und manche schmecken

120 _ Make it simple

Page 121: Flown18*2016

TEXT ANNE BROEKMAN

4

5

sogar gut. Sie gehören zu den wenigen Dingen, die ausschließ-

lich zum Genießen da sind.“

Mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter wohnt Justina Blakeney in den

Hügeln oberhalb von Los Angeles. Schon ihr Haus („The Jungalow“) ist eine

starke Inspirationsquelle, wie man auf ihrer Website justinablakeney.com

erkennen kann. Du findest Justina auch auf Instagram unter @justinablakeney

und auf pinterest.com/justinablakeney.

5. Pflücke selbst„Der Duft von Blumen weckt immer Erinnerungen in mir“

Die Blumen, mit denen Sabine Sansey arbeitet, pflückt sie grund-

sätzlich selbst. „Ich genieße es, schöne, besondere Exemplare

zu suchen. Blumen, die man im Alltag nicht so häufi g sieht. Ich

schätze aber auch die Schönheit von Allerweltsblumen. Ich rate

jedem dazu, sie selbst zu pfl ücken. Man bekommt dabei ein

Gefühl für die Blumen und für das, was man alles mit ihnen tun

kann“, sagt die Stylistin und Bloggerin.

Nach ihrem Studium an der Kunstakademie hat Sabine 15 Jahre

lang als Dozentin für grafi sche Gestaltung gearbeitet. Vor einem

Jahr wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit und kann sich

nun mehr auf ihre persönlichen Designprojekte konzentrieren.

Irgendwann hat Sabine aus einer Laune heraus ein Wort aus

Blumen gestaltet. Dafür erhielt sie auf ihrem Instagram-Account

so viele Likes, dass sie fortan noch viel mehr mit Blumen ge-

staltete. Inzwischen hatte sie Aufträge für Flow, die chinesische

Elle und andere Magazine und arbeitet an einem Buch. Sie ist

auch als Fotografi n gefragt. Auf ihrem Blog fi nden sich unter

anderem inspirierende DIY-Ideen und Fotos von ihrem Atelier

und ihrer Arbeit. Aber die Liebe zu Blumen bleibt. „Ich liebe ihren

Duft so sehr, weil er immer Erinnerungen in mir weckt. Und ich

genieße es, mit den Formen und Farben zu spielen. Am liebsten

mag ich Pfi ngstrosen, auch wenn ich sie nicht für meine Blumen-

worte verwende; die Blüten sind dafür leider zu voluminös. Die

Blumen und Sträucher, die ich verarbeite, ziehe ich am liebsten

selbst, in meinem eigenen Garten. Auch aus dem Garten meiner

Eltern nehme ich mir immer mal etwas mit.“ ●

Sabine Sansey ist in Bordeaux geboren und wohnt dort heute noch. Auf Instagram

findest du sie unter @miss_etc und auf ihrem Blog miss-etc.com gibt sie nicht

nur zahlreiche Tipps, sondern führt auch einen Webshop. Pardon! Eine Boutique.

ONLINE-INSPIRATION

✻ Blumen selbst pflücken? Überall im Land gibt es

Felder, auf denen du das nach Herzenslust tun

kannst. Google “Blumen selbst pflücken“ und deine

Gegend, und du erhältst überraschend viele Treffer

✻ Alles, was du für einen schönen Garten brauchst,

findest du hier: shopgartenzauber.com

✻ Es lohnt sich, diesen Leuten auf Instagram

zu folgen: @amy_merrick (Amy kommt aus New York

und fotografiert Blumen auf der ganzen Welt);

@ruby_marylennox (Ruby ist eine tolle Floristin

mit einem Laden in Berlin); @putnamflowers (die

Blumenarrangements von Darroch und Michael,

ebenfalls aus New York, sehen aus wie gemalt)

_ 121

Page 122: Flown18*2016

DREIGESCHENKTÜTEN

mit schönen Mustern

122 _ Make

Sie erinnern uns ein wenig an früher, diese hübsch bedruckten, knisternden

Tütchen aus Packpapier. Und sie sind perfekt für kleine Geschenke:

Einfach auffalten, Geschenk reinstecken, ein Kärtchen dranheften und fertig

it simple

ILLUSTRATION BODIL JANE, SUZANNE NUIS

Page 123: Flown18*2016

Kleidung, Spielsachen &Accessoires, fantasievoll &

doch unkompliziert:In diesem kunterbunten

Häkelparadies ist für jedenetwas dabei.

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Einfarbig oder bunt, kurz oderlang, schlicht oder verspielt: DieseKleider lassen Mädchen-Herzenhöher schlagen – garantiert!

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Page 124: Flown18*2016

HELFENFÜRS HERZ

Ehrenamtliche soziale Arbeit gibt uns ein gutes Gefühl, das haben wir schon gewusst.

Aber sie ist außerdem noch gesund. Diese überraschende Entdeckung machte

die Psychologin Hannah Schreier in einer Studie der Universität von British Columbia

WIE KAMEN SIE AUF DIE IDEE, DASS EHRENAMTLICHE

ARBEIT SICH POSITIV AUF DIE GESUNDHEIT AUSWIRKEN

KÖNNTE?

Nun, bisherige Forschungen zeigten bereits, dass ehrenamtlich

tätige Menschen oft das Gefühl haben, ihr Leben hätte einen

Sinn, und selten unter Depressionen leiden. Helfen stabilisiert

also die Psyche. Und die wiederum hat einen Einfluss auf die

körperliche Gesundheit. Das führte mich zu der Frage, ob ehren-

amtliche Arbeit möglicherweise auch direkt förderlich für die

Gesundheit sein könnte. Und noch eine Sache wollte ich heraus-

finden: Bisher hatten Forscher beim Thema Ehrenamt haupt-

sächlich Personen über 60 Jahren untersucht. Ich wollte gucken,

wie sich Helfen auf junge Menschen auswirkt.

WIESO HABEN SICH DIE FORSCHER DENN BISHER NUR

FÜR ALTE MENSCHEN INTERESSIERT?

Vor allem aus pragmatischen Gründen: Es sind oft eher ältere

Leute, die sich engagieren. 20-, 30- und auch noch 40-Jährige

sind meist zu sehr in Beruf und Familie eingespannt. Aber gerade

weil bisher so wenige Studien auf diesem Gebiet existierten,

fanden wir es interessant, junge Leute zu untersuchen. Wir

stellten eine Gruppe von 106 Highschool-Schülern zusammen.

Die eine Hälfte der Gruppe brauchte nichts zu tun. Die andere

Hälfte arbeitete zehn Wochen lang ehrenamtlich.

WAS WAR DAS FÜR EINE ARBEIT?

Die jungen Erwachsenen betreuten an einem Nachmittag pro

Woche Grundschüler aus ihrer Nachbarschaft bei deren außer-

schulischen Aktivitäten. Sie spielten mit den Kindern Fußball,

machten anderen Sport oder halfen ihnen bei den Hausaufgaben.

WIE KONNTEN SIE MESSEN, WELCHE AUSWIRKUNGEN

DAS AUF DIE GESUNDHEIT HATTE?

Wir haben zunächst alle Versuchsteilnehmer gemessen und

gewogen, sodass wir jeweils ihren Body-Mass-Index berechnen

konnten. Außerdem wurden Blutwerte erhoben und auf Risiko-

faktoren für Herz- und Gefäßkrankheiten untersucht – etwa

anhand des Cholesterinspiegels. Das Ergebnis war eindeutig:

Vor Beginn der ehrenamtlichen Tätigkeit gab es medizinisch

keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Doch als wir

sie zehn Wochen später untersuchten, waren die Werte der

Jugendlichen, die den Kindern geholfen hatten, wesentlich besser.

Sie hatten einen niedrigeren Body-Mass-Index, weniger

Cholesterin und Entzündungsmarker im Blut. Ihre Risikofaktoren

für Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren deutlich reduziert.

DAS IST EIN UNGLAUBLICHES ERGEBNIS. WAREN SIE

ÜBERRASCHT?

Ja und nein. Wenn wir geglaubt hätten, dass die Untersuchung

nichts bringen würde, hätten wir sie nicht durchgeführt. Wir

wussten allerdings nicht, ob zehn Wochen Ehrenamt ausreichen

würden, um messbare Ergebnisse zu erzielen. Außerdem ist ein

Einsatz pro Woche auch nicht gerade viel. Vor und nach der

Studie ließen wir die Jugendlichen zudem Fragebögen ausfüllen,

in denen wir uns nach ihrer Stimmung erkundigten, und erhoben,

wie oft sie nun auch sonst Mitgefühl zeigten und anderen halfen.

Die Freiwilligen hatten das in den zehn Wochen ihrer Tätigkeit

häufiger getan, die anderen Jugendlichen nicht. Und je mehr die

Freiwilligen für andere getan hatten und je besser sie sich in sie

hineinversetzen konnten, desto deutlicher hatte sich das Risiko

für Herzkrankheiten verringert.

124 _ Make it simple

Page 125: Flown18*2016

Forschung

TEXT RENATE VAN DER ZEE ILLUSTRATION ANNELINDE TEMPELMAN/STUDIO 100%

HABEN SIE EINE ERKLÄRUNG FÜR DIESEN EFFEKT?

Allerdings. Aus früheren Untersuchungen wissen wir, dass eine

negative Lebenseinstellung und ein Mangel an Empathie eine

Rolle bei der Entstehung von Herzkrankheiten spielen. Durch die

ehrenamtliche Tätigkeit hat sich beides bei den Jugendlichen

zum Positiven verändert – mit den entsprechenden günstigen

Auswirkungen auf ihre Gesundheit.

WELCHE REAKTIONEN BEKAMEN SIE AUF IHRE

ERGEBNISSE?

Viele Leute fanden unsere Studie interessant, doch es stellte

sich auch heraus, dass sie zugleich viele Fragen aufwarf. Die

Leute waren gespannt, wie es weitergehen würde. Die Schlüssel-

frage ist ja tatsächlich, wie lange der positive Effekt auf die

Gesundheit anhält. Und was passiert, wenn man das Ehrenamt

wieder aufgibt. In unserer Studie war es uns nicht möglich, die

Versuchspersonen später noch einmal zu testen, aber das wäre

natürlich bedeutsam. Auch eine Untersuchung mit älteren

Menschen wäre nun interessant, da diese ja ohnehin ein erhöhtes

Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten aufweisen. Außerdem

würde ich gern wissen, ob andere Formen ehrenamtlicher Tätig-

keit ebenso große Auswirkungen haben wie die in unserer

Studie. Unsere Versuchsteilnehmer betreuten ja Kinder, hatten

also viel menschlichen Kontakt. Es bleibt völlig offen, ob auch

ehrenamtliche Hilfe, die nicht unmittelbar mit Menschen zu tun

hat, positiven Einfl uss auf die Gesundheit hat. Ich würde gern

eine Studie mit Jugendlichen durchführen, in der ein Teil der

Gruppe freiwillig etwas mit Kindern macht und die anderen zum

Beispiel in einer Bibliothek aushelfen.

HABEN SIE SELBST INZWISCHEN AUCH EIN EHRENAMT

ÜBERNOMMEN?

Ich habe mich schon ehrenamtlich betätigt, bevor ich mit dieser

Studie anfi ng. Eine Zeit lang habe ich Migrantinnen Englisch-

unterricht gegeben und lange für ein Kino gearbeitet, das nur

von Ehrenamtlichen betrieben wird. Ich fi nde es schön, zwischen

bezahlter und unbezahlter Arbeit zu wechseln. Ich hoffe, dass

meine Untersuchung auch andere dazu anregt. Natürlich ist es

schwierig, sich neben dem hektischen Alltag noch freiwillig zu

engagieren. Aber wenn man es will, dann gelingt es auch.

Allerdings hoffe ich, dass die Leute nun nicht nur damit

anfangen, weil es gut für die Gesundheit ist, sondern weil

es ihnen Spaß macht, Menschen zu helfen.

WIE HABEN DIE JUGENDLICHEN VERSUCHSTEILNEHMER

DENN DIE EHRENAMTLICHE ARBEIT ERLEBT?

Am Ende gab es ein kleines Abschlussgespräch. Dort erzählten

mir viele, wie froh sie darüber gewesen seien, dass sie diese

Erfahrung gemacht haben. Einige von ihnen haben ihr Ehrenamt

weitergeführt, nachdem das Projekt beendet war. Darunter waren

sogar Jugendliche, die von der Teilnahme an unserer Studie

anfangs nicht unbedingt begeistert waren.

WELCHES FAZIT ZIEHEN SIE AUS DER UNTERSUCHUNG?

Anderen zu helfen ist buchstäblich gut fürs Herz. Natürlich

schützt es nicht vor sämtlichen Krankheiten, aber es ist auf

jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein amerikanischer Forscher beschrieb das Gefühl, das man empfindet, wenn man anderen freiwillig Gutes tut, alshelper’s high“. Es entsteht durch das Hormon Dopamin, das auch bei gutem Essen oder Sex ausgeschüttet wird

"_ 125

Page 126: Flown18*2016

MEIN HAUS,DEINE FERIEN!

Ab und an zahlende Gäste zu beherbergen ist viel mehr als eine Einnahmequelle –

es ist auch eine tolle Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen.

Aber wie fühlt sich das an, wenn Wildfremde zu Hause ein und aus gehen?

Christiane Würtenberger hat es ausprobiert und erzählt

126 _ Make it simple

Page 127: Flown18*2016

Ausprobieren

„Ella, Ella“, ruft das Mädchen mit einem

so kehligen L, dass unsere Hündin den

Kopf schräg hält. Dann fliegt der Tennis-

ball durch den Garten, Ella springt, und

fortan sind die beiden ein Herz und eine

Seele. Ich sitze auf der Terrasse und be-

obachte die kleine Tatjana. Sie kommt

aus der Ukraine, hat blonde Haare und

will Eis prinzessin werden. Mit ihren Eltern

wohnt sie für eine Woche bei uns, und

gleich am ersten Tag fragten die, ob sie

den Garten mitbenutzen dürften. Haben

wir beim Vermietportal Airbnb nicht ge-

schrieben, dachte ich, aber: Ja, na klar.

DIE ZEIT WAR REIF

Vor vier Jahren haben wir in Potsdam

ein altes Haus mit Garten gekauft, das im

Dachgeschoss zwei Extraräume mit

Dusche hat. Erst dachten wir, die Kinder

würden sich da oben ihr eigenes Reich

einrichten. Doch für die war alles so neu,

dass sie ihre Zimmer lieber bei uns haben

wollten. So hatten wir Platz übrig.

Die erste Zeit waren wir mit unserem

neuen Leben beschäftigt. Aber irgendwann

begannen wir, Pläne zu schmieden. Wie

wäre es, wenn wir die Zimmer an Gäste

vermieten würden? Möbel hatten wir übrig,

eine Küchenecke ließ sich einbauen. Wir

hatten Lust, Gastgeber zu sein. Also statte-

ten wir die Räume mit allem aus, was wir

in vergangenen Urlauben wo anders ge-

schätzt oder vermisst hatten. Dann stellten

wir bei Airbnb und FeWo- direkt Fotos und

Texte ein und gingen online.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde,

es ist nicht wegen des Geldes gewesen.

Was wir durch das Vermieten einnehmen,

können wir im Urlaub ausgeben. Aber es

ist nicht nur deshalb. Es geht uns auch

darum, Menschen kennenzulernen. Wir

lieben unser Zuhause, die Nähe zu Berlin

und die vielen Seen. Und wir freuen uns,

wenn’ s anderen auch gefällt. Sicherlich

sind wir auch vom Zeitgeist beeinfl usst:

Seit ich in Potsdam lebe, gehe ich auf

Klamotten-Tauschpartys. In unserer Straße

ist es normal, sich gewisse Dinge auszu-

leihen, anstatt sie zu kaufen. Der Nachbar

hat die Ausziehleiter, wir den Häcksler.

Und dann ist da Ella, die Australian-Shep-

herd-Hündin. Sie ist unser quickleben-

diger Beweis, dass auch Dog-Sharing mit

einer anderen Familie funktionieren kann.

Kurzum, die Zeit war reif für den nächsten

Schritt: das Zuhause teilen.

Als Erstes meldeten sich Marek und seine

Frau bei uns, ein Pärchen aus Polen. Wir

waren aufgeregt, schauten, seit wann die

beiden bei Airbnb Mitglieder waren und ob

es schon Bewertungen gab. Doch Marek

war, wie wir, neu bei dem Portal. Nach-

denklich starrte ich auf den Bildschirm mit

der Anfrage. Vorab hatte sich alles gut

angefühlt, doch jetzt wurde mir etwas fl au

im Magen. Was, wenn diese oder die

nächsten Gäste uns nicht wohlgesinnt

wären? Waren wir komplett naiv? Plötzlich

war ich nicht mehr so cool wie beim

Planen. Wollte ich das wirklich? Bed ohne

Breakfast spielen? Wir würden fremden

Leuten unseren Hausschlüssel geben. Am

Ende sagten wir zu, und die beiden

entpuppten sich als freundliches, sehr

zurückhaltendes Ehepaar Mitte 50, das zu

einer Hochzeit in Berlin eingeladen war.

Marek erklärte bei der Begrüßung sofort,

dass seine Frau kein Deutsch spreche –

während sie schon mal schüchtern an uns

vorbeiflüchtete, das gemeinsame Treppen-

Ich möchte Menschen um mich haben, die durch Zufall in mein Leben"purzeln und voller Absicht bleiben“ (unbekannter Autor) _ 127

Page 128: Flown18*2016

„Wir werden lockerer, beim Ab- wiebeim Zusagen. Mittlerweile können wiruns sogar vorstellen, mit einer anderen

Familie das Haus zu tauschen“

haus hinauf. Ich wollte den beiden alles

zeigen, sie lehnten ab. Ich schluckte und

fühlte mich um irgendetwas betrogen.

Aber nach drei Tagen, in denen wir uns

kaum gesehen hatten, rissen die zwei

plötzlich das Fenster oben auf, weil sie uns

im Garten entdeckt hatten. Sie winkten

fröhlich herunter und Marek rief, wie

schön es in Potsdam sei – und dass sie

ein tolles Fest gehabt hätten.

ÜBERRASCHUNGEN GEHÖREN DAZU

In den kommenden Wochen erlebten wir

viele lustige, herzerwärmende und skurrile

Sachen. Da war Vivian aus Schottland,

die klopfte und sich bei uns etwas Oliven-

öl abzapfen wollte. Thomas brauchte

Ausstecher, um Kekse zu backen. Es

gab Gäste, die uns zum Essen einluden.

Und zwei aalglatte Businesstypen aus

Ungarn, die etwas eingeschnappt waren,

weil wir ihnen bei uns in der Küche kein

Frühstück servieren wollten.

Das Schlimmste, was uns passierte, waren

Gäste aus den USA, die einfach ausblie-

ben – ohne abzusagen. Alles war geputzt.

Wir warteten stundenlang. Da wir keine

Kreditkartenzahlungen annehmen können,

hatten wir über FeWo-direkt Barzahlung

bei Anreise ausgemacht. Pech gehabt. Am

Telefon war für uns keiner mehr zu spre-

chen. Künftig wollten wir besser auf unser

Bauchgefühl hören, denn der Familien-

vater war vorab schon durch blöde Fragen

und einen barschen Ton aufgefallen.

TIPPS & TRICKS✻ SICH ZEIT NEHMEN: Wer schöne Fotos macht und eine freundliche, ausführliche

Beschreibung online stellt, bekommt in der Regel mehr Angebote.

✻ AUF DEN BAUCH HÖREN: Dafür braucht man ein Bild von den Gästen. Gibt es

ein Foto oder eine aussagekräftige Selbstbeschreibung? Ist der Tonfall der Anfrage

nett und persönlich? Leider kann man bei Airbnb nicht miteinander telefonieren,

bevor die Buchung bestätigt ist. Aber chatten geht. Andere An bieter wie FeWo-

direkt verdienen nicht bei jeder Vermittlung, sie verlangen eine Jahresgebühr

von den Gastgebern. Deshalb werden die Kontaktdaten gleich veröffentlicht.

Und um die Bezahlung des Zimmers muss man sich selbst kümmern.

✻ ALLES FEIN MACHEN: Einen Tag sollte man sich schon Zeit nehmen, um einmal

ordentlich durchzuputzen, Persönliches wegzuräumen, Stauraum zu schaffen.

Tipp: Nachbarn Bescheid geben, dass man Gäste hat oder hatte. Die können

dann Alarm schlagen, wenn einmal etwas nicht in Ordnung zu sein scheint.

✻ GUTE ORTE TEILEN: Eine Liste mit dem Lieblingsitaliener, der Bar ums Eck und

dem Bäcker, der sonntags auf hat, ist Gold wert. Auch ein Infoblatt hilft weiter.

Wie funktioniert die Espressomaschine? Wo steht das WLAN-Passwort? Wie kur-

belt man die Jalousie herunter? Am besten auch auf Englisch aufschreiben.

Von meiner Freundin Sabine lernte ich,

dass man besser nicht allzu schnell zusagt

bei Anfragen. Sabine hat eine große

Altbauwohnung in München, und seit ihre

Söhne ausgezogen sind, vermietet sie

ein Zimmer. Sie erzählte mir, dass sie zu

Anfang mal aus Freundlichkeit einer gan-

zen Familie zugesagt hatte. Also waren

vier Leute eingezogen und stapelten sich

nun in einem Schlafraum. Am Ende wurde

Sabine noch gefragt, ob sie nicht abends

aus ihrer Küche verschwinden könne –

man wolle dort gern mal in Ruhe kochen.

Seit diesem Erlebnis mailt Sabine immer

erst ein paar Mal, bevor sie ihr Okay zu

einer Buchung gibt. „Ich frage die Leute

zum Beispiel, was ihre Pläne für München

sind. Und ich checke ihre Facebook-

Seiten, um ein Gefühl dafür zu bekommen,

wer in meiner Wohnung übernachten

möchte. Wenn meine potenziellen Gäste

sich nicht die Zeit nehmen, eine nette

E-Mail zu schreiben und auch ein bisschen

von sich zu erzählen, haben sie das

Prinzip von Airbnb nicht verstanden. Dann

sollen die ins Hotel gehen.“

Ich finde, sie hat recht. Über Airbnb werden

mittlerweile zwar auch anonyme Ferien-

appartements angeboten, aber die Idee

ist schon, dass man Menschen bei sich zu

Hause beherbergt. Man öffnet ihnen also

die Tür ins Private. Freundlich, aber be-

stimmt haben wir deshalb zwei 16-jährigen

Mädchen abgesagt, die bei uns ohne

Eltern Silvester feiern wollten. Wir hatten

selbst eine Reise geplant und fürchteten,

dass die beiden zu wenig Erfahrung haben

könnten, um unbeaufsichtigt mit sich

und unserem Haus klarzukommen. Auch

einen Gast, der sich von Anfang an

128 _ Make it simple

Page 129: Flown18*2016

TEXT CHRISTIANE WÜRTENBERGER FOTO GETTY IMAGES, STOCKSYhauptsächlich für die Stornierungs­

bedingungen interessierte und insgesamt

unsympathisch wirkte, lehnte ich ab.

SCHÖNE HERAUSFORDERUNG

Wir werden lockerer – beim Ab- wie beim

Zusagen. Mittlerweile können wir uns

sogar vorstellen, auch mal unsere eigene

Wohnung zu vermieten. Oder mit einer

anderen Familie während der Sommer­

ferien das Haus zu tauschen. Für drei

Wochen kostenfrei in Florida leben? Auf

ein Haus in der Provence aufpassen?

Das könnte uns gefallen. Was uns bislang

noch davon abhält, ist vor allem der

Aufwand, den das mit sich bringt. Im

v ergangenen Sommer haben wir schon

mal einen Testlauf gemacht. Gute Freunde

wohnten bei uns, während wir im Urlaub

waren. Die Chaos-Ecken bekamen sie

nicht mehr zu Gesicht. Mein Mann repa­

rierte die Deckenlampe im Flur, ich

sortierte angeschlagene Teller aus. Ein

Teil unserer Klamotten verschwand auf

dem Dachboden. Als das Taxi zum Flug­

hafen eintraf, waren wir nervlich am Ende.

Aber wir fühlten uns auch gut, weil wir

mal so richtig Ordnung gemacht hatten.

Seitdem wissen wir: Es ist eine Heraus­

forderung, vor dem Urlaub nicht nur job­

mäßig alles abzuschließen und Koffer zu

packen, sondern auch noch ein tipptopp

sauberes Zuhause zu hinterlassen.

Weniger schlimm ist für uns die Vor­

stellung, dass fremde Leute ihre Nase in

unsere privaten Sachen stecken. Da

sind wir ziemlich entspannt. Außerdem

waren wir mittlerweile selbst Gäste in

einer sehr stilvoll und persönlich eingerich­

teten Wohnung in Amsterdam – und

haben uns dort respektvoller verhalten als

in einem x-beliebigen Feriendomizil.

EIN GEFÜHL VON ZUHAUSE

Man macht eben so seine Erfahrungen,

mit sich und mit anderen. Ein junges Pär­

chen sagte uns zum Abschied, dass das

Schönste am Urlaub nicht die Ausflüge

gewesen seien, sondern das Zuhause­

gefühl, das sich bei uns von der ersten

Minute an einstellte. Also werden wir so

weitermachen, einen Tick privater eben:

Bei uns erwarten Gäste im Sommer meist

selbst gepflückte Blumen auf dem Tisch.

Und wenn sie abends anreisen, sorgt

mein Mann für ein kühles Bier im Kühl­

schrank. Wer bei uns wohnt, muss ande­

rerseits aushalten können, dass unsere

Kinder hin und wieder durchs Treppen­

haus poltern. Wir beschweren uns aber

auch umgekehrt nicht, wenn morgens um

fünf über unserem Schlafzimmer die Füße

kleiner Gäste über den Holzboden tippeln.

Wir haben es so gewollt, es ist schwer

was los bei uns. Nur im Winter wird’s

ruhiger. Dann machen wir zu Hause Urlaub,

Urlaub von Airbnb – und freuen uns auf

die Gäste der kommenden Saison. Für die

stehen, seit Tatjana und ihre Eltern bei

uns waren, auch Tisch und Stühle draußen

unter dem Apfelbaum.

SELBER (VER-)MIETEN?

✻ airbnb.de

✻ fewo-direkt.de

✻ homelink.de (Haus-/

Wohnungstausch)

Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, meldet sich bei dem Portal couchsurfing.com an:Hier übernachten die Gäste kostenlos bei einem zu Hause — umgekehrt funktioniert das aber genauso _ 129

Page 130: Flown18*2016

Ein einzigartiges

NOTIZBUCH

130 _ Make

Wir lieben schöne Notizbücher. Deshalb hat uns dieses DIY-Projekt

besonders gefallen, das dir zeigt, wie du sie ganz einfach selber binden kannst.

Mit einem Umschlag nach Wunsch und so vielen leeren Seiten, wie

du brauchst – für alle deine Träume, Pläne, Ideen, Skizzen oder Geschichten

it simple

Page 131: Flown18*2016

Selber machen

Du brauchst:✻ DIN-A4-Papier für die Innenblätter

✻ DIN-A4-Papier oder Tonpapier

für den Umschlag

✻ Vielzweckklammern

✻ Falzbein

✻ Lineal

✻ Cutter

✻ Bleistift

✻ Ahle

✻ Radiergummi

✻ Zwirn

✻ Nähnadel 1

3

6

4

7

2

5

8

So geht’s:1. Wähle ein Papier, das du verwenden

möchtest – wir haben DIN-A4-Bogen

genommen. Der Einband sollte aus

Tonkarton oder einem Papier bestehen,

das fester ist als die Innenblätter.

2. Den Einband mit dem Falzbein in der

Mitte knicken.

3. Alle Innenblätter mit dem Falzbein falten.

4. Alle gefalzten Papierbogen ineinander-

legen und den Einband darüberstülpen.

5. Den Stapel gefalteter Bogen wieder

öffnen und mit Vielzweckklammern an

allen vier Ecken zusammenstecken.

6. Gleichmäßig verteilt drei Punkte entlang

der gefalzten Mittellinie markieren.

7. Den Radiergummi unter das Papier

legen und an den markierten Stellen mit

der Ahle vorsichtig Löcher stechen.

8. Den Zwirn einfädeln. Die Nadel zuerst

von innen nach außen durch das mitt-

lere Loch (B) stechen.

_ 131

Page 132: Flown18*2016

„ Ich schreibe, um herauszufinden,was ich denke“SUSAN SONTAG, AMERIKANISCHE SCHRIFTSTELLERIN (1933–2004)

9 10 11

12 13 14

ECHT BINDUNGSFÄHIGIn leicht verständlichen Schritt-für-Schritt-

Anleitungen werden in dem Buch Bind

it yourself. Buchbinden leicht gemacht

(Haupt Verlag, 24,90 Euro) verschiedene

Bindearten vorgestellt. Ob mit Gummi-

bändern, mit Faden gebunden oder gefalzt,

vom Leporello übers Notizbuch bis hin

zur Fächermappe: So verleihst du deinen

ständigen Begleitern aus Papier und

Pappe eine ganz persönliche Note.

9. Dann den Zwirn durch das untere

Loch (C) wieder nach innen ziehen,

dabei darauf achten, dass der Faden

genügend Spannung hat.

10. Die Nadel erneut durch Loch B von

innen nach außen stechen.

11. Nun den Zwirn von außen nach innen

durch das obere Loch (A) ziehen.

12. Wie im Foto gezeigt, den Zwirn unter

dem zuvor genähten Spannfaden

durchziehen.

13. Den Zwirn doppelt verknoten und

sehr straff ziehen, damit sich die

Bogen nicht verschieben.

14. Überschüssigen Zwirn abschneiden.

Und schon ist dein handgenähtes

Notizbuch fertig! ●

132 _ Make it simple

Page 133: Flown18*2016

SCHÖNESVON FLOW

Flow, ein Magazin,das sich Zeit nimmt. Wirfeiern die Kreativität,

das Unperfekte und dasGlück im Kleinen.

_ 133

Page 134: Flown18*2016

Alles über Flow & Abonnements

INSPIRATION - IDEEN - EINBLICKE - ANSTÖSSE - INSPIRATION - IDEEN - EINBLICKE

EXTRAS✻ 1000-FRAGEN-

BÜCHLEIN✻ 3 GESCHENK-

TÜTEN

Wohin gehen wir? Immer nach Hause.NOVALIS (1772 –1801)

ACHTSAMKEIT Was uns dabei hilft, einwenig weiser zu werden

INSPIRATION Wie Gedichte unserenAlltag schöner machen

DIY Ein Notizheft selber binden

THEMA: TROST BEI SICH FINDEN

BIST DU BEREITFÜR FLOW?In jedem Heft stellen wir einen

bunten Strauß an Inspirationen,

Ideen und Lesenswertem mit

viel Liebe zu sammen. Wenn du

dich für ein Abo entscheidest,

bekommst du die Papierge-

schenke jeder Ausgabe dop-

pelt. Bestelle es (pro Ausgabe

zum Preis von 6,95 Euro) tele-

fonisch unter (040) 55 55 78 00

oder online. Und schon liegt

Flow ab der nächsten Aus gabe

in deinem Briefkasten. Natür-

lich kannst du dein Abo jeder-

zeit wieder kündigen.

www.flow-magazin.de/abo

SCHREIBTUNS!

Wir möchten euch

kennenlernen, eure Wünsche

an Flow, eure Ideen und

was euch im Leben bewegt.

Lasst es uns wissen

und mailt uns an:

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DU WILLST FLOW VERSCHENKEN?Dann gib uns telefonisch Bescheid unter (040) 55 55 78 00. Oder bestell

das Geschenkabo (8 Ausgaben) für 55,60 Euro direkt online unter

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HIER FINDEST DU UNSWir haben eine Website mit allem, was es über Flow zu wissen

gibt: vom Blick ins Heft bis zur Ankündigung der nächsten Ausgabe.

Außerdem könnt ihr hier ausgewählte Artikel online lesen.

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WIR SIND AUF FACEBOOK Hier erzählen wir euch, was wir gerade

machen, zeigen euch nette Dinge aus dem Magazin und was wir sonst

noch schön finden. Und wir freuen uns immer über eure Kommentare.

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TWITTER, INSTAGRAM, PINTEREST Unsere Lieblingsseiten im Heft,

inspirierende Sprüche, all das posten wir auf Instagram. Die vielen

schönen Dinge, die wir im Netz finden, könnt ihr auf unseren Pinterest-

Boards anschauen. Und wir zwitschern auch bei Twitter …

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pinterest.com/flowmagazine

134 _

Page 135: Flown18*2016

Vor ein paar Jahren mieteten wir in Ablenkung fehlt, nimmt man Er-

Portugal ein Häuschen mit weit- fahrungen besser auf. Das Ge-

läufigem, verwildertem Grund- dächtnis funktioniert wie ein Re-

stück. Wir durften uns aus dem korder, der alles registriert. Man

Garten holen, was wir wollten. Der entdeckt neue Landschaften, be-

Urlaub war eine Idylle. Wir fau- gegnet unbekannten Menschen,

lenzten mit der Familie am erkennt auch Bekanntes, Vertrau-

Schwimmbecken, lasen, gingen tes wieder, aber in einem anderen

spazieren, hingen versonnen un- Kontext. Deswegen kann man sich

seren Gedanken nach, aßen gut, auch so gut daran erinnern, dass

fühlten uns einfach wohl. So ist es man damals auf dem Camping-

oft im Urlaub: Er ist wie ein erhöh- platz Weißbrot mit Kleehonig ge-

ter Fluchtpunkt auf einer belebten gessen hat – weil das Licht so hell

Straße: man steht still, rührt sich und das Gedächtnis klar und auf-

nicht – und alle Hektik gleitet von nahmefähig war.einem ab. Endlich hat man Zeit für

sich, den Partner und die Familie. Oft kommt dazu, dass man mehr

Vielleicht ist dieses Zusammen- mit den Elementen lebt. Was man

sein das Schönste an den Ferien: den Tag über tut, wird stark von

Die selbstverständliche Nähe von Licht und Wetter bestimmt. Man

Familie oder Freunden. So erinne- schaut morgens als Erstes in den

re ich mich noch ziemlich genau Himmel und überlegt dann, was

daran, wie ich früher mit meinen man unternimmt. Auch später am

Eltern, meinen Schwestern und Tag schaut man öfter nach oben –

unserem kleinen Bruder wochen- und sieht so auf einmal, was sich

lang in einem Segelboot hauste. über unseren Köpfen abspielt. Da-

Die Ausstattung war einfach, aber hintreibende Wolken, das Geäst

gemeinsam auf kleinem Raum zu der Bäume und das faszinierende

leben, gab uns ein Gefühl der Ge- Spiel von Licht und Schatten ...borgenheit und es entstand eine

ganz besondere Beziehung zwi- Wenn wir früher mit dem Segel-schen uns allen. boot in einem Hafen lagen, gab

der Rhythmus der Gezeiten kom-

LICHT UND SCHATTEN promisslos die Ruhezeiten vor. Bei

Im Urlaub hinterlässt sowieso je- Ebbe entstand vor unseren Augen

des Gefühl und Erlebnis einen tie- eine eigene Landschaft aus Sand-

feren Eindruck. Weil die alltägliche bänken voller kleiner Pfützen,

10 _ Ferienbuch _ 11

Wasserläufe, Vögel und Krebse. auf die Zugfahrt mit, aber dann le- geistiger Freiheit, das eng mitSolche intensiven Sinneseindrü- se ich doch meistens nicht, son- dem Reisen verknüpft ist. Und mitcke verkleinern unser Blickfeld dern lasse mich von der Abfolge jedem Urlaub, den man woandersund vergrößern gleichzeitig das der Bilder da draußen einnehmen. verbringt, wächst die Wahrschein-Wahrnehmungsvermögen. Das Oft kommen mir bei dieser stillen lichkeit, dass man auch Zuhausefunktioniert auch andersherum: Einkehr dann Lösungen für Prob- weniger schwarz-weiß malt undWir sehen neue Landschaften, die leme, über die ich manchmal wo- sich eher zurückbesinnt auf dieuns die Weite unserer Welt deut- chenlang gegrübelt habe. Oder es Erfahrungen, die man in der Frem-lich machen und uns daran erin- fallen mir tolle Ideen für die Arbeit de gemacht hat. Auf den geistigennern, wie unbedeutend wir für den ein, ganz ohne Anstrengung. Die- Schatz, den man nun in sich trägtLauf der Geschichte eigentlich ser Leerlauf im Kopf, das sich Ein- und der einen darin bestärkensind – und das hat etwas sehr Be- lassen auf den Moment, die Ruhe, kann, auch dem eigenen Alltagruhigendes. Erich Kästner be- das alles hilft meinem Denken. Da freier zu begegnen. Doch leiderschreibt es sehr schön in seinen wundert es auch nicht, dass der fühlt man sich, wenn man zurück-Memoiren Als ich ein kleiner Jun- englische Schriftsteller und Philo- kommt, ja höchstens nur ein paarge war. Darin erzählt er, wie er soph Alain de Botton in Kunst des Tage wie ein neuer Mensch. Zuzum ersten Mal die Ostsee sah: Reisens, schreibt: „Reisen sind die schnell fällt man in alte Muster zu-„Eine Stunde später stand ich, Hebammen unserer Gedanken. Es rück und erkennt sich nicht wie-vom Strandhafer zerkratzt, zwi- gibt nur wenige Orte, die so för- der. Wenn ich wieder gestresstschen den Dünen und sah aufs derlich für innere Monologe sind meine Kinder anmeckere, frageMeer hinaus. Auf diesen atembe- wie sich fortbewegende Flugzeu- ich mich jedenfalls schon: „Ist dasraubend grenzenlosen Spiegel aus ge, Schiffe oder Züge.“ der Mensch, der im Urlaub so ge-

Flaschengrün und Mancherleiblau duldig und freundlich war?“ Und

und Silberglanz.“ Aber nicht nur das Reisen an sich dann sehne ich mich nach mei-

– also das Überwinden einer Stre- nem Ferien-Ich.EIN GEFÜHL VON FREIHEIT cke – sondern vor allem der Auf-

Reisen bedeutet aber auch in vie- enthalt in der Fremde funktioniert WO DAS GRAS GRÜNER ISTlerlei Hinsicht, zur Ruhe zu kom- wie ein Augenöffner. Ich stelle im- Der Philosoph Ruud Welten meint,men. Etwa, wenn man den Zug mer wieder fest, dass ich im Ur- es sei darüber hinaus die Sehn-oder den Bus für eine längere laub die Dinge (und Menschen) sucht nach dem reinen, authenti-Strecke nimmt. Ich bin jedes Mal weniger schnell einordne, ihnen schen Leben, die uns dazu treibt,aufs Neue erstaunt darüber, wie mehr Zeit gebe, mich mehr für in den Urlaub zu fahren. Wir stel-sehr mich auf einer Fahrt der Blick das, was hinter der Fassade len uns zu gern vor, das wahre Le-aus dem Fenster beruhigt, die vor- steckt, interessiere. Durch die ben liege anderswo. „Im Urlaubbeiziehenden Landschaften, die ganzen neuen Eindrücke wird man suchen wir nach einem Ort, derTiere, die auf den Weiden grasen. offener und kann Sachen anders besser und schöner aussieht alsZwar nehme ich immer ein Buch bewerten. Es ist ein Gefühl von zu Hause. Wir glauben, dass

12 _ Ferienbuch _ 13

ZUR AUFMUNTERUNG

Wir sind es gewohnt, kritisch zu sein, vor allem ge­

genüber uns selbst. Die Amerikanerin Kristin Neff hat

dieses Verhalten untersucht: „Häufig identifizieren

wir uns so stark mit unserem inneren Kritiker – jener

Stimme in uns, die immerfort etwas auszusetzen

hat, der du es nie recht machen kannst –, dass wir den

Schmerz, den wir uns selbst damit zufügen, über­

haupt nicht bewusst spüren.“ Glücklicherweise kön­

nen wir dem etwas entgegensetzen: Selbstmitgefühl.

Neff: „Selbstmitgefühl bedeutet, dass du freundlich

zu dir bist. Es bedeutet auch, dass du dich aktiv un­

terstützt. Versuche also, dich bewusst aufzumuntern,

wenn du traurig bist oder dich schlecht fühlst.“

BEI SICH ANFANGEN

Der Philosoph André van der Braak meint, Selbst­

mitgefühl ist die Grundlage dafür, dass du auch mit

anderen mitfühlen kannst. „Im Buddhismus heißt es:

‚Du musst gegenüber allen Wesen mitfühlend sein.‘

Dazu gehörst du selbst also auch. Wenn du zu dir nicht

milde sein kannst, ist es auch schwierig, gegenüber

anderen großherzig zu sein. Wer wirk lich Mitgefühl für

sich selbst empfinden kann, hat meistens auch kein

so starkes Bedürfnis mehr, von anderen anerkannt

und bestätigt zu werden.“

MORGEN IST EIN NEUER TAG

Du kannst dich darin üben, etwas milder zu werden

im Urteil gegen dich selbst. Zuerst ist es wichtig,

dass du dir deine Selbstkritik überhaupt bewusst

machst. Gehe einen Schritt zurück, um innezuhalten

und zu überlegen, was du denkst und fühlst. Welche

Gedanken spuken dir im Kopf herum? Was empfin­

dest du dabei? Versuche, die kritische Stimme durch

eine freundliche Stimme zu ersetzen. Behandle dich

so, wie du eine gute Freundin behandeln würdest.

Gehst du mit ihr auch so streng um, wenn sie einen

schlechten Tag hat? Versuche, die Gedanken zu

stoppen, die dir suggerieren, dass du vieles nicht gut

Wo hast du heute Kaffee getrunken?

Was war aufregend neu für dich heute?

Was war wunderbar vertraut?

Dein Tag in einem Satz:

guter Kaffee Restaurant schlechte Laune lustiger Tag fauler Tag

12 _ Urlaubstagebuch

genug machst. Sprich stattdessen freundlich zu dir

selbst: „Wie schade, du hast dein Bestes gegeben.

Aber morgen ist ein neuer Tag.“

KOMPLIMENTE ANNEHMEN

Angenommen, neun Personen sagen etwas Anerken­

nendes zu dir und eine Person sagt etwas Kritisches.

Meistens fokussierst du dich dann auf jene negative

Bemerkung und ignorierst den gesamten positiven

Input. Gestehe dir zu, die positiven Bemerkungen wirk­

lich zu hören und sie nicht zu übergehen. Schwäche

ein Kompliment also nicht ab, sondern bedanke dich

und versuche, es zu genießen.

ÄNGSTE GEHÖREN DAZU

Manchmal ist es wichtig, sich auch Angst, Ärger,

Schmerz und Eifersucht einzugestehen. Du bist

schließlich nicht die Einzige, die zu kämpfen hat.

Wir alle sind verletzlich und bei Weitem nicht perfekt.

Wenn du dich den unangenehmen Dingen stellst,

erkennst du, was du brauchst. So wirst du deinen

Bedürfnissen gerecht.

158 _ Ferienbuch Auf der Website selfcompassion.org kannst du noch mehr über das Thema Selbstmitgefühl lesen _ 159

Zeit, die wir uns nehmen,"ist Zeit,

die uns etwas gibt"

ERNST FERSTL

(ÖSTERREICHISCHER SCHRIFTSTELLER)

Das hat mir heute die Augen

geöffnet:

Früher gehörte das Verschicken von Ansichtskarten zum Urlaub wie der

Geruch von Sonnenmilch. Heute machen wir das nur noch selten – obwohl

es so schön ist, eine Karte im Briefkasten zu finden. Und: sie zu schreiben.

Warum lassen wir diese Tradition eigentlich nicht wiederaufleben?

Welche Tiere hast du in diesen Ferien schon gesehen?

Wie sehen die Bäume und Blumen in deiner Umgebung

aus? Wonach riechen sie?

Dein Tag in einem Satz:

Zugfahrt Naturerlebnis Cocktail/Drink Strand Regen

26 _ Urlaubstagebuch

Für den Urlaub gibt es zwei"Erfolg versprechende Rezepte: Er muss

ganz anders sein als sonst — oder

er muss genauso sein wie immer"

HEINZ RÜHMANN

(DEUTSCHER SCHAUSPIELER, 1902 – 1994)

Eine vergilbte Karte aus den

70er-Jahren mit einem Bouilla-

baisse-Rezept für die Freunde,

die so gern kochen. Ein lachender

alter Bauer für die Oma. Ein toller

Strand für die Eltern. Ein muskel-

bepackter Schönling im knappen

Höschen für die beste Freundin,

die diese Art des Humors teilt.

Ein großer Teil des Vergnügens

eine Ansichtskarte zu verschi-

cken, besteht für mich schon im

Aussuchen des richtigen Motivs.

Auch das Schreiben am Cam-

pingtisch oder abends im Restau-

rant gehört dazu. Eine Urlaubs-

karte ist so viel mehr als eine

kurze Nachricht aus der Fremde.

Und daher finde ich es wirklich

verwunderlich, dass sie – die in

vielen Familien und Freundeskrei-

sen sehr lange eine feste Traditi-

on hatte – so schnell von SMS

und Email abgelöst wurde.

XXXXXXXXXXXXX

Ich bin nach wie vor eine leiden-

schaftliche Kartenschreiber- und

verschickerin – und mittlerweile in

meinem Freundes-und Familien-

kreis fast die Einzige. Alle ande-

ren posten bei Facebook oder

schicken Bildchen über Whats-

app. Mich wundert es ehrlich ge-

sagt, dass man unterwegs über-

haupt noch so viele Karten-

ständer findet. Und die anderen

wundern sich über mich. Freuen

sich aber dann doch, wenn wie-

der einmal eine Karte aus Frank-

reich, New York oder Norderney

bei ihnen im Briefkasten landet.

Denn das Versenden von Karten

hat ja so etwas wunderbar Altmo-

disches. In meiner Familie wurden

jedenfalls schon immer Karten

geschrieben, sogar, wenn man

nur kurz über das Wochenende

vereist war. Einfach um den Da-

heimgebliebenen zu zeigen: ‚Ich

denke an euch. Und ich möchte

euch gern teilhaben lassen, an

dem, was ich hier erlebe.’

Auch meine Kinder sind schon

Postkarten-infiziert. Als sie noch

nicht schreiben konnten, malten

sie ihren Kindergartenfreunden

oder Großeltern ihre Erlebnisse

einfach auf. Heute schauen sie

sich begeistert die oft absurden,

lustigen und kitschigen Motive

an, die auf den Kartenständern in

den Touristen-Orten findet. Und

sind begeistert, wenn sie auf den

Fotos die Plätze wieder entde-

cken, die sie vor Ort schon selbst

gesehen haben. Deswegen

4 _ Ferienbuch _ 5

WENIGER IST MEHR

Wer weniger besitzt, hat mehr Platz im Kopf. Das

hat die Soziologin Jeanine Schreurs in einer Studie

über Downshifting belegen können. Das bedeutet,

mit weniger auszukommen, unabhängig vom Einkom­

men. Schreurs hat beobachtet, dass sich Downshif­

ter nicht so stark an Materielles gebunden fühlen und

dem, was sie haben, größeren Wert beimessen: „Ihre

Lebensqualität stieg dadurch, sie empfinden weniger

Stress, mehr Ruhe und haben das Gefühl, ein abenteu­

erliches und kreatives Leben zu führen.“

KLEINE FREUDEN GENIESSEN

In seinem Buch Trost der Philosophie erläutert Alain

de Botton: Etwas zu kaufen erscheint uns häufig

als Lösung für Bedürfnisse, die wir gar nicht durch­ Flow­Autorin Merle Wuttke findet es dort mindestens

schauen. Statt Ordnung in unserem Kopf zu schaf­ so schön wie im luxuriösen Ferienhaus: „All das

fen, gehen wir shoppen. „Es mangelt nicht an verfüh­ ‚Muss ich noch‘, das sonst meinen Alltag beherrscht,

rerischen Bildern von Luxusartikeln“, schreibt de existiert dort nicht. Wir erledigen die Sachen dann,

Botton, „leider werden zu selten die alltäglichen Situ­ wenn wir darauf Lust haben. Kommt sowieso nicht

ationen und Menschen abgebildet. Wir werden nicht darauf an. Man ist wie ausgesperrt aus seiner ande­

ermuntert, unser Glück in den kleinen Freuden zu ren Welt – im positiven Sinne. Das ist echte Freiheit.“

suchen – dem Gespräch mit einem Freund, einem

Nachmittag in der Sonne, frischem Brot mit Butter.“ VORFREUDE AUSKOSTEN

Untersuchungen haben ergeben, dass es sich schon

OFFLINE-MOMENTE EINPLANEN positiv auf die Stimmung auswirkt, wenn ein Mensch

Der US­Philosoph Richard B. Gregg (1885 – 1974) nur an etwas Schönes denkt, das in absehbarer Zeit

erläuterte bereits im Jahr 1935 in einem Essay sehr ansteht. Das muss gar kein ganzer Urlaub sein, es

anschaulich, dass die Fokussierung auf Materielles reicht die Aussicht auf ein Essen im Restaurant, ein

einem sinnvollen Leben im Wege steht. „Wir überse­ Treffen mit einer Freundin oder ein warmes Bad. Wie

hen, dass unsere Faszination für Geräte unser inne­ wäre es, wenn du dir eine kleine Liste mit den Dingen

res Gleichgewicht und unser Gefühl für das Wichtige machst, auf die du dich freuen kannst?

im Leben stört. Die Zeit, die wir dank moderner Tech­

nik sparen, ist dann keine Entspannung mehr und DREIMAL MIT AUFMERKSAMKEIT

wird zu einer bedeutungslosen Zeit.“ Den Essay fin­ Achtsamkeit bedeutet, sich dem unmittelbaren Au­

dest du unter soilandhealth.org. genblick zu widmen, ohne ihn zu werten. Das ist

gar nicht so einfach. Du kannst diese Haltung üben,

EINE AUSZEIT GANZ IN DER NÄHE indem du täglich drei Dinge auswählst, die du mit

Immer mehr Menschen schwören auf einen Mini­ ungeteilter Aufmerksamkeit ausführst: Zähne putzen,

Urlaub in ihrer Laube oder im Campingbus. Auch duschen, die Treppe hinunterlaufen.

160 _ Ferienbuch _ 161

Ferienbuch

FERIENBUCH

LESEN, AUSSCHNEIDEN, KLEBEN

✻ Was Urlaub Wundervolles mit uns macht

✻ Erinnerung fürs Leben: die Sommerliebe

✻ Wie reist man mit wenig Gepäck?

Plus: Urlaubstagebuch, Eisdiele zum Basteln,Postkarten mit Rezepten, Ausmalbilder, ei nSchattenspiel-Theater und noch vieles mehr

Für nurSOMMERSPEZIAL12,95 €

DAS FLOW-FERIENBUCH 2016 KOMMTAm 28. Juni erscheint unser neues Flow-Ferienbuch. Auch

diesmal ist es wieder randvoll mit schönen Ideen, Einsichten und

Geschichten: Wir haben zum Beispiel unsere Illustratoren und

Autoren gefragt, was sie nach ihrem Urlaub in ihrem Leben verän-

dern wollen oder wie sie sich Auszeiten vom Alltag schaffen.

Außerdem erzählen wir aus den faszinierenden Lebensläufen

dreier berühmter Frauen, stellen tolle Rückzugsorte auf vier Rädern

vor und servieren leckere vegane Grillgerichte. Und natürlich

findest du wie immer tolle Illustrationen im Heft sowie viele

besondere Extras zum Basteln, Beschreiben und Ausmalen.

DAS IST DRIN:

✻ Urlaubstagebuch ✻ Eisdiele zum Basteln ✻ ein Schattenspiel-

Theater zum Ausschneiden ✻ Stickerbögen ✻ Postkarten

mit Rezepten für Sommerdrinks ✻ Musterpapier ✻ Ausmalbilder

Das Flow-Ferienbuch kannst du für 12,95 Euro vorbe-

stellen unter www.flow-magazin.de/ferienbuch, es wird

dann ab dem 28. Juni automatisch an dich verschickt

TAG FÜR TAGUrlaubstagebuch

_ 9

WASURLAUBSCHÖNES

BRINGTWarum nur fühlen wir uns beim Reisen gleich

so anders? Weit weg von Zuhause haben wir

auf einmal ein Auge für Kleinigkeiten, Muße

für schöne Momente und einen freien Kopf.

Mariska Jansen hat versucht herauszufinden,

was eine Auszeit in uns anstößt

Im Urlaub

hinterlässt jedes

Gefühl und

Erlebnis einen

tieferen Eindruck

als sonst.

POST FÜR DICH

_ 135

Page 136: Flown18*2016

126 _ Kochbuch _ 127

Es gibt nichts Schöneres, als etwas Leckeres zu essen und sich und

andere mit etwas Selbstgekochtem zu verwöhnen. Doch oft sind

wir nicht so ganz bei der Sache, die Freude will sich nicht recht einstellen,

hat Merle Wuttke beobachtet. Und probiert es jetzt mit Achtsamkeit

_ 11

Die einen bringen Souvenirs aus dem Urlaub mit, bei

Karin Stöttinger war es die Idee für ihr erstes Kochbuch. Darin

schichtet sie kunterbunte Salatzutaten in hübsche Gläser –

gut geschüttelt mit einem Dressing der perfekte Lunch to go

an wie harsche Kritik. Die Freude

am Kochen stellt sich nicht ein.“

Ist das nicht jammerschade? Und

wäre ich vielleicht eine gelassenere

Gastgeberin, wenn ich in der

Küche ein wenig achtsamer wäre?

Wenn ich all die Dinge, die ich

am Kochen so mag, bewusster

wahrnehmen würde, statt zu

versuchen, möglichst viel auf

einmal hinzubekommen?

ACHTSAM IN DER KÜCHE

Michael Pollan, US-amerikani-

scher Foodjournalist und Autor

mehrerer Sachbücher zum Thema

Essen, ist davon überzeugt.

Auch er musste erst lernen, was

es bedeutet, sich beim Kochen

Zeit zu nehmen, also achtsam zu

kochen. Denn obwohl er ein

ausgewiesener Experte ist, ver-

stand er erst bei der Recherche

für sein Buch Kochen. Eine Natur-

geschichte der Transformation,

dass es dabei vor allem um drei

Dinge geht: Geduld, Aufmerksam-

keit und Übung. All das wurde ihm

klar, als eine seiner Lehrerinnen

ihm beibrachte, etwas vermeint-

lich Unwichtigem wie Zwiebeln-

anschwitzen volle Beachtung zu

schenken – und nichts anderes

zu tun. Eine halbe Stunde lang

briet der Autor von nun an Zwie-

beln an. Eine halbe Stunde!

MEHR LESEN?✻ Jan Chozen Bays erklärt in ihrem Buch nicht nur genau,

was achtsames Essen bedeutet, sondern sie listet auch zahl­

reiche Übungsmöglichkeiten auf, wie man selbst lernt,

besser zu erkennen, welche Art von Hunger einen gerade

antreibt. Auch auf der Website des Arbor­Verlages findet

man weitere interessante Informationen zu dem Thema.

Jan Chozen Bays: Achtsam essen (Arbor, 18,80 Euro)

✻ In seinem Buch erklärt ein Psychologe, wie wir unser

Bauchgefühl wiedergewinnen und sinnvoll einsetzen können.

Thomas Frankenbach: Somatische Intelligenz. Hören,

was der Körper braucht (Koha, 14,95 Euro)

Für Pollan, einen ungeduldigen

Menschen, war dies eine völlig

neue Erfahrung, und ich konnte

mir sofort vorstellen, wie schwer

es für ihn zunächst gewesen sein

muss. Auch ich neige dazu, beim

Kochen nebenbei noch andere

Dinge zu tun, telefonieren, Mails

checken. Das funktioniert nie be-

sonders gut, oft brennt mir etwas

an oder ich bin noch genervter

als vorher. Seit der Lektüre von

Pollans Buch jedoch versuche ich,

mich dem Kochen wirklich voll und

ganz zu widmen, ganz aufmerk-

sam zu sein. Und tatsächlich ver-

ändert es etwas, wenn es mir ge-

lingt. Dann sorgt die Arbeit in der

Küche – das Schneiden der Zuta-

ten, der Geruch der Gewürze, das

Waschen von Gemüse –, diese

volle Konzentration auf das, was

ich tue, dafür, dass mein Kopf ganz

leicht wird. Dann ist es, als würden

sich Hände und Herz auf magische

Weise miteinander verbinden.

Auch der Buddhist und Medita-

tionstrainer Andy Puddicombe

(headspace.com) findet: „Kochen

schafft eine wundervolle Mög-

lichkeit, gegenwärtig zu sein,

achtsam und aufmerksam – im

Gegensatz zu abgelenkt, ge-

stresst oder überwältigt. Es ist

eine Möglichkeit, den Geist zu

trainieren, zu verstehen, was es

14 _ Kochbuch _ 15

ILLUSTRATION TM PEZ AG

In Helsinki veranstalten die Bürger der Stadt mehrmals im Jahr den

International Restaurant Day. Dann verkaufen sie aus ihren Fenstern heraus,

auf der Straße oder im Park ihre selbst gemachten Köstlichkeiten –

sozusagen im eigenen Restaurant. Wir haben uns durch die Stadt probiert

52 _ Kochbuch _ 53 110 _ Kochbuch

Links: Paprika und

Schwärmer heißt

diese Zeichnung der

Naturforscherin

Maria Sibylla Merian

aus dem Jahr 1726

Rechts: Der franzö-

sische Maler Pierre-

Joseph Redouté

war und ist für seine

Aquarelle berühmt

Ob es Orangen, Feigen oder Rosen sind – botanische Illustrationen

gefallen uns sehr. Die zarten Zeichnungen und akademischen

Studien bringen uns die Schönheit der Natur nah und damit auch den

Zauber, der in Kräutern, Früchten und Gewürzen steckt. Zum Sattsehen

Kochbuch

Unser Kochbuch: 40 Rezepte

und noch viel mehr

Couscous-Erdbeer-Spinat-Salatmit Schafskäse und Nüssen

GUTESIM GLAS

REZEPTE

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KENNST DU SCHON UNSERFOOD-SPEZIAL?Es ist ein Kochbuch und noch viel mehr als das: In un-

serem dicken Extra findest du nicht nur 40 tolle Rezepte

zum Schwelgen und Nachkochen, wir zeigen auch die

besonderen Menschen, die sie erdacht haben, und

liefern dir dazu jede Menge inspirierende Geschichten

rund ums Genießen. Wir beschäftigen uns zum Beispiel

mit dem Glück vom achtsamen Essen, stellen tolle Ideen

wie Supperclubs und den International Restaurant Day

vor. Wir gehen der Frage nach, warum die Küche der

schönste Ort der Wohnung ist, und zeigen Kunst werke

mit Früchten und Gemüse aus mehreren Jahrhunderten.

UND DIESE TOLLEN PAPIER-EXTRAS SIND DRIN:

Sticker für Selbstgemachtes ✻ Bastelbögen für Eis

aus Papier ✻ Einladungs- und Dankeskarten ✻ zwei

Poster ✻ Papierbögen mit Vintagemotiven und Mustern

✻ Büchlein mit Rezepten, die du mit Ruhe kochen

kannst ✻ eine Donut-Wimpelkette und vieles mehr

Das Flow-Kochbuch kannst du für 12,95 Euro

be stellen unter www.flow-magazin.de/kochbuch

Hunger ist nicht gleich Hunger. Es

kommt darauf an, zu spüren, was unser

Körper verlangt und was er braucht

DAS GLÜCKVOM ACHTSAMEN

ESSEN

International Restaurant Day

EINE STADTTISCHT AUF

KUNST AUSDER NATUR

136 _

Page 137: Flown18*2016

NEU DAS MAGAZIN FÜR

SCHÖNES ZUM SELBERMACHEN

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Page 138: Flown18*2016

Unsere Extras & Vorschau

NOCH MEHR FLOWKennst du schon unser Ausmalbuch mit tollen

Vorlagen von zwei unserer Lieblingsillustratorinnen?

Möchtest du unser Book for Paper Lovers ver-

schenken, mit 300 Seiten besonderem Papier zum

Basteln und Beschreiben? Oder fehlt dir noch

unser Achtsamkeits-Buch, das dir hilft, im Alltag

wacher und gelassener zu bleiben, den Augenblick

mehr zu genießen? In unserem Onlineshop kannst

du all unsere Produkte ganz einfach ordern. Beim

Stöbern auf den Seiten findest du noch viel mehr

Extras und Kleinigkeiten von Flow. Hier kannst du

auch Ausgaben bestellen, die dir noch fehlen. Oder

wie wär’s mit der Flow-Kalender-App, die dich jeden

Tag mit Zitaten, Tipps und Inspirationen versorgt?

Alle Flow-Produkte findest du online unter

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Die App Flow Kalender gibt es im Google

Play Store und im App Store für 1,99 Euro

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ILLUSTRIERT VONHELEN DARDIK

UND CAROLYN GAVIN

ALLES ÜBER ACHTSAMKEIT FÜRANFÄNGER, FORTGESCHRITTENE

UND NEUGIERIGE

Warum Mindfulness heute so guttut

Sauer, ängstlich, neidisch? Es ist okay

Freundlicher sein - zu dir selbst

EXTRAS: Schöne-Momente-Kärtchen, Tagebuchfür einen Gedanken pro Tag, Achtsamkeits-Heftzum Rausnehmen, Postkarten und vieles mehr

WÜNSCH DIR WAS:Warum Lebensträume gut sind —

selbst wenn sie nie Realität werden✻

EIN INSPIRIERENDES LEBEN:Malerin Sophie Taeuber-Arp

✻BEZIEHUNGEN:

Manchmal funkt es gleich, manchmalgar nicht. Wie kommt das?

UNSERE PAPIERGESCHENKE:ein Büchertagebuch und

tolle Urlaubspostkarten

FLOW #19: 19.JULI 2016Manchmal ändern wir unsere Pläne, finden etwas noch Besseres,

etwas noch Schöneres. Darum kann es sein, dass die nächste Ausgabe

ein bisschen anders aussieht, als wir es hier ankündigen. FOTO SHUTTERSTOCK ILLUSTRATION ANNELINDE TEMPELMAN/STUDIO 100%138 _

Page 139: Flown18*2016

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Page 140: Flown18*2016

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