frank baumann

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I humorfestival I 20 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 21 Frank Baumann, Direktor Arosa Humor-Festival «Ich bestimme, was lustig ist» AROSA HUMOR-FESTIVAL 2011 Ursus & Nadeschkin, Franz Hohler, Kevin James, Thomas Kreimeyer, Sutter & Pfändler, Gardi Hutter, Blues Max, Ingolf Lück, 2topmodels, Flurin Caviezel, Lisa Fitz, Habbe & Meik, Oropax, Arnim Töpel, Quatsch Comedy Club, Murat Topal, Helge & das Udo, Alfred Dorfer, Maddin Schneider und Giacobbo/Müller treten dieses Jahr vom 8. bis 18.12. am Arosa Humor-Festival auf. Ist es nicht besonders lustig, mit Ihnen zu verhandeln? Nein, wirklich nicht. Im Interesse des Publi- kums versuche ich, die bestmögliche Quali- tät im jeweiligen Segment auszusuchen. Das heisst nicht, dass alles auf dem Niveau eines Gerhard Polt oder Franz Hohler sein muss. Humor ist aber sehr individuell. Das stimmt. Es gibt Leute, die finden Sutter & Pfändler das Allergrösste. Andere empfinden sie aber schlicht als unerträglich. Und trotz- dem gibt es eben Tausende von Menschen, die sie sehen wollen. Ich will mir nicht an- massen, denen vorzuschreiben, was guter Humor ist. Ich kann nur herausfinden, was mehrheitsfähig ist. Und das bringe ich nach Arosa. Wie haben Sie Franz Hohler überreden können, auf der gleichen Bühne wie Sut- ter & Pfändler aufzutreten? Ich musste ihn tatsächlich überreden. Aller- dings spielten dabei die anderen Künstler, die bei uns auftreten, keine Rolle. Franz Hohler musste sich gut überlegen, ob er das wirklich will: in einem Zelt vor 1000 Leuten auftreten. Eigentlich bespielt er viel lieber kleinere Lo- cations, weil er dort genau auf das Publikum trifft, das seine feinen Nuancen wahrnimmt. Das ist bei einer grossen Masse wie in Arosa natürlich schwieriger. Schlussendlich hat er aber nach reiflicher Überlegung zugesagt. Das finde ich ganz toll. Denn wenn Franz Hohler zusagt, kommt er ganz und gar mit Leib und Seele! Eine Woche lang Lachkrampf und Schen- kelklopfen. Ist das für Sie als Festivaldi- rektor nicht sehr anstrengend? Doch. Und zwar nicht nur für mich, sondern für alle, die mit dem Festival zu tun haben. Bei drei Vorstellungen am Tag weiss man spä- testens nach drei Tagen nicht mehr, was man am ersten Tag gesehen hat. Wir sind nicht so konstruiert, dass wir mit einer Überdosis Humor umgehen können. Unser Hirn ist wie ein junger Hund: Man wirft ihm immer wie- der das Stöckchen weg, und er hat eine Rie- senfreude und apportierts immer wieder, bis er einfach irgendwann total kaputt ist und nicht mehr mag. Nach zehn Tagen Humor- Festival gehe ich nach Hause und brauche erst einmal meine Ruhe. Meine grösste Freude am Festival ist, wenn ich sehe, wie sich die Leute freuen. Das gibt mir einen Kick. Frank Baumann, 54, ehemaliger Radio-24-Moderator, erfolgreicher Werber, TV-Moderator und jetzt Festivaldirektor: Zu gern würde er in Arosa selbst auf der Bühne stehen. Würden Sie nicht lieber selbst auch auf der Bühne stehen, statt sich als Festival- direktor ums Administrative kümmern zu müssen? Ich hätte zwar ein fixfertiges drittes Pro- gramm parat. Aber es wäre nicht richtig, wenn ich einerseits entscheide, wer kommen darf, und auf der anderen Seite selbst auf der Bühne stehe. Aber zugegeben: Das wurmt mich manchmal. Macht es Ihnen überhaupt noch Spass, sich die ganze Zeit über mit Spass zu be- fassen? Ja, klar. Sehr viel sogar. Am meisten Spass macht es immer wieder, die Nadel im Heu- haufen zu finden. Man stolpert immer wie- der über Leute, von denen man denkt: Wow, das ist super! Sowas möchte ich auch einmal können. Das ist spannend. Ursus & Nadeschkin, Gardi Hutter, Blues Max, Giacobbo/Müller. Warum muss man diese Stars in Arosa sehen, wo die doch schon ständig anderswo auftreten? Weil das Arosa Humor-Festival einzigartig ist. Von der Location in der verschneiten Berg- welt, von der Stimmung im Zelt, vom Event her. Wir sind zu einer verschworenen Familie gewachsen. Und das sage ich als jemand, der anfangs gegen dieses Festival war, weil ich davon überzeugt war, dass es nicht funktio- nieren würde. Ich habe mich gern eines Bes- seren belehren lassen. Sie feiern dieses Jahr das 20. Jubiläum. Mit einer grossen Party. Wird die beson- ders lustig? Darüber haben wir lange diskutiert. Ich schlug vor, nichts Spezielles zu machen, son- dern einfach eine gute Party – wie immer. Ich versuche eine Qualität auf einem hohen Ni- veau zu erreichen. Ab und zu erlauben wir uns aber auch mal ein Experiment. Wer sind denn dieses Jahr Ihre drei per- sönlichen Highlights am Arosa Humor- Festival? Auf Arnim Töpel freue ich mich ganz beson- ders. Er ist eingesprungen für zwei Schwei- zer, und er hat sich als Grossartig entpuppt. Dann sind Helge & das Udo Weltklasse. Udo hat übrigens früher mit meiner Frau in einer WG gewohnt. Und das dritte Highlight ist na- türlich Franz Hohler. Damit habe ich mir selbst ein kleines Geschenk gemacht. Interview: Zeno van Essel Ein Zelt im Schnee: Hier wird gelacht! Arnim Töpel Franz Hohler Helge & das Udo Wenns um guten Humor geht, kennt er keinen Humor. Vielleicht ist das der Grund, warum das Arosa Humor-Festival noch immer so lustig ist. Festivaldirektor Frank Baumann über die Ernsthaftigkeit des Lachens. AROSA HUMOR-FESTIVAL 8.bis18.Dezember Theaterzelt Arosa Was ist Humor? Gute Frage. Humor ist wenn man lacht – nicht wenn man trotzdem lacht. Und: Humor ist eine alte Sache. Seit mehr als 3000 Jahren beschäftigt das Lachen die Menschen. Warum ist Lachen so wichtig? Lachen ist ein befreiendes Gefühl. Sich einfach gehen lassen zu können, ohne die Muskeln span- nen zu müssen, um im Leben ernst zu wirken, das braucht jeder Mensch von Zeit zu Zeit. Einem guten Humor kann man sich darum auch nicht entziehen. Von dem wird man voll und ganz ver- einnahmt. In den letzten Jahren ist die Humor-Industrie stark gewachsen. Warum? Gibt es in der Welt sonst zu wenig zu lachen? Die Forschung hat festgestellt, dass mit Humor vieles einfacher geht. Das macht sich auch die Werbung zunutze. Vielleicht gilt das auch fürs Leben generell. Das Arosa Humor-Festival ist auch ein Pro- dukt dieser Comedy-Flut. Wer bestimmt in Arosa, was witzig ist? Also erst einmal muss ich mich wehren. Das Wort «Comedy» treibt mich in den Wahnsinn. Ich schaue mir sehr viel Comedy an, an Veranstaltun- gen, Messen und Festivals von Edinborough bis Freiburg im Breisgau, und ich kriege Berge von DVDs. Und leider gibt es ganz wahnsinnig viel, was wirklich nicht gut ist. Es ist heute zur billigen Masche geworden, Comedy zu machen. Damit habe ich den zweiten Teil der Frage auch beant- wortet: Ich bestimme, was lustig ist und wer nach Arosa kommt. Ich bin zu einem ganz schwierigen Partner geworden für alle, die lustig sein wollen. PAPERBOY

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event. - Das Veranstaltungs- und Freizeitmagazin - Oktober 2011

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Page 1: Frank Baumann

I humorfestival I

20 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. SCHWEIZER ILLUSTRIERTE event. 21

Frank Baumann, Direktor Arosa Humor-Festival

«Ich bestimme,was lustig ist»

AROSA HUMOR-FESTIVAL 2011Ursus & Nadeschkin, Franz Hohler, KevinJames, Thomas Kreimeyer, Sutter &Pfändler, Gardi Hutter, Blues Max, IngolfLück, 2topmodels, Flurin Caviezel, LisaFitz, Habbe & Meik, Oropax, Arnim Töpel,Quatsch Comedy Club, Murat Topal,Helge & das Udo, Alfred Dorfer, MaddinSchneider und Giacobbo/Müller tretendieses Jahr vom 8. bis 18.12. am ArosaHumor-Festival auf.

Ist es nicht besonders lustig, mit Ihnen zuverhandeln?Nein, wirklich nicht. Im Interesse des Publi-

kums versuche ich, die bestmögliche Quali-

tät im jeweiligen Segment auszusuchen. Das

heisst nicht, dass alles auf dem Niveau eines

Gerhard Polt oder Franz Hohler sein muss.

Humor ist aber sehr individuell.Das stimmt. Es gibt Leute, die finden Sutter &

Pfändler das Allergrösste. Andere empfinden

sie aber schlicht als unerträglich. Und trotz-

dem gibt es eben Tausende von Menschen,

die sie sehen wollen. Ich will mir nicht an-

massen, denen vorzuschreiben, was guter

Humor ist. Ich kann nur herausfinden, was

mehrheitsfähig ist. Und das bringe ich nach

Arosa.

Wie haben Sie Franz Hohler überredenkönnen, auf der gleichen Bühne wie Sut-ter & Pfändler aufzutreten?Ich musste ihn tatsächlich überreden. Aller-

dings spielten dabei die anderen Künstler, die

bei uns auftreten, keine Rolle. Franz Hohler

musste sich gut überlegen, ob er das wirklich

will: in einem Zelt vor 1000 Leuten auftreten.

Eigentlich bespielt er viel lieber kleinere Lo-

cations, weil er dort genau auf das Publikum

trifft, das seine feinen Nuancen wahrnimmt.

Das ist bei einer grossen Masse wie in Arosa

natürlich schwieriger. Schlussendlich hat er

aber nach reiflicher Überlegung zugesagt.

Das finde ich ganz toll. Denn wenn Franz

Hohler zusagt, kommt er ganz und gar mit

Leib und Seele!

Eine Woche lang Lachkrampf und Schen-kelklopfen. Ist das für Sie als Festivaldi-rektor nicht sehr anstrengend?Doch. Und zwar nicht nur für mich, sondern

für alle, die mit dem Festival zu tun haben.

Bei drei Vorstellungen am Tag weiss man spä-

testens nach drei Tagen nicht mehr, was man

am ersten Tag gesehen hat. Wir sind nicht so

konstruiert, dass wir mit einer Überdosis

Humor umgehen können. Unser Hirn ist wie

ein junger Hund: Man wirft ihm immer wie-

der das Stöckchen weg, und er hat eine Rie-

senfreude und apportierts immer wieder, bis

er einfach irgendwann total kaputt ist und

nicht mehr mag. Nach zehn Tagen Humor-

Festival gehe ich nach Hause und brauche

erst einmal meine Ruhe. Meine grösste

Freude am Festival ist, wenn ich sehe, wie

sich die Leute freuen. Das gibt mir einen Kick.

Frank Baumann, 54, ehemaliger Radio-24-Moderator, erfolgreicher Werber, TV-Moderator

und jetzt Festivaldirektor: Zu gern würde er in Arosa selbst auf der Bühne stehen.

Würden Sie nicht lieber selbst auch aufder Bühne stehen, statt sich als Festival-direktor ums Administrative kümmern zumüssen?Ich hätte zwar ein fixfertiges drittes Pro-

gramm parat. Aber es wäre nicht richtig,

wenn ich einerseits entscheide, wer kommen

darf, und auf der anderen Seite selbst auf der

Bühne stehe. Aber zugegeben: Das wurmt

mich manchmal.

Macht es Ihnen überhaupt noch Spass,sich die ganze Zeit über mit Spass zu be-fassen?Ja, klar. Sehr viel sogar. Am meisten Spass

macht es immer wieder, die Nadel im Heu-

haufen zu finden. Man stolpert immer wie-

der über Leute, von denen man denkt: Wow,

das ist super! Sowas möchte ich auch einmal

können. Das ist spannend.

Ursus & Nadeschkin, Gardi Hutter, BluesMax, Giacobbo/Müller. Warum muss mandiese Stars in Arosa sehen, wo die dochschon ständig anderswo auftreten?Weil das Arosa Humor-Festival einzigartig ist.

Von der Location in der verschneiten Berg-

welt, von der Stimmung im Zelt, vom Event

her. Wir sind zu einer verschworenen Familie

gewachsen. Und das sage ich als jemand, der

anfangs gegen dieses Festival war, weil ich

davon überzeugt war, dass es nicht funktio-

nieren würde. Ich habe mich gern eines Bes-

seren belehren lassen.

Sie feiern dieses Jahr das 20. Jubiläum.Mit einer grossen Party. Wird die beson-ders lustig?Darüber haben wir lange diskutiert. Ich

schlug vor, nichts Spezielles zu machen, son-

dern einfach eine gute Party – wie immer. Ich

versuche eine Qualität auf einem hohen Ni-

veau zu erreichen. Ab und zu erlauben wir

uns aber auch mal ein Experiment.

Wer sind denn dieses Jahr Ihre drei per-sönlichen Highlights am Arosa Humor-Festival?Auf Arnim Töpel freue ich mich ganz beson-

ders. Er ist eingesprungen für zwei Schwei-

zer, und er hat sich als Grossartig entpuppt.

Dann sind Helge & das Udo Weltklasse. Udo

hat übrigens früher mit meiner Frau in einer

WG gewohnt. Und das dritte Highlight ist na-

türlich Franz Hohler. Damit habe ich mir

selbst ein kleines Geschenk gemacht.

Interview: Zeno van Essel

Ein Zelt im Schnee: Hier wird gelacht!

Arnim Töpel Franz Hohler

Helge & das Udo

Wenns um guten Humor geht, kennt er keinenHumor. Vielleicht ist das der Grund, warum

das Arosa Humor-Festival noch immer solustig ist. Festivaldirektor Frank Baumann

über die Ernsthaftigkeit des Lachens.

AROSAHUMOR-FEST

IVAL

8. bis 18. Dezember

TheaterzeltArosa

Was ist Humor?Gute Frage. Humor ist wenn man lacht – nicht

wenn man trotzdem lacht. Und: Humor ist eine

alte Sache. Seit mehr als 3000 Jahren beschäftigt

das Lachen die Menschen.

Warum ist Lachen so wichtig?Lachen ist ein befreiendes Gefühl. Sich einfach

gehen lassen zu können, ohne die Muskeln span-

nen zu müssen, um im Leben ernst zu wirken, das

braucht jeder Mensch von Zeit zu Zeit. Einem

guten Humor kann man sich darum auch nicht

entziehen. Von dem wird man voll und ganz ver-

einnahmt.

In den letzten Jahren ist die Humor-Industriestark gewachsen. Warum? Gibt es in der Weltsonst zu wenig zu lachen?Die Forschung hat festgestellt, dass mit Humor

vieles einfacher geht. Das macht sich auch die

Werbung zunutze. Vielleicht gilt das auch fürs

Leben generell.

Das Arosa Humor-Festival ist auch ein Pro-dukt dieser Comedy-Flut. Wer bestimmt inArosa, was witzig ist?Also erst einmal muss ich mich wehren. Das Wort

«Comedy» treibt mich in den Wahnsinn. Ich

schaue mir sehr viel Comedy an, an Veranstaltun-

gen, Messen und Festivals von Edinborough bis

Freiburg im Breisgau, und ich kriege Berge von

DVDs. Und leider gibt es ganz wahnsinnig viel,

was wirklich nicht gut ist. Es ist heute zur billigen

Masche geworden, Comedy zu machen. Damit

habe ich den zweiten Teil der Frage auch beant-

wortet: Ich bestimme, was lustig ist und wer nach

Arosa kommt. Ich bin zu einem ganz schwierigen

Partner geworden für alle, die lustig sein wollen.

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