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GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE
FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK
FISCHEREI
FISCHEREI IN DEUTSCHLAND
EINGEHENDE UNTERSUCHUNG
VERFASSER
Rafael CENTENERA
VERANTWORTLICHER BEAMTER
Rafael CENTENERA
Europäisches Parlament
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
B-1047 Brüssel
E-Mail: [email protected]
REDAKTIONSASSISTENZ
Nora REVESZ
Catherine MORVAN
SPRACHVERSIONEN
Original: EN. Übersetzung: DE.
ÜBER DEN HERAUSGEBER
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Redaktionsschluss: Februar 2014.
© Europäische Union, 2014.
Dieses Dokument ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar:
http://www.europarl.europa.eu/studies
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Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung des Verfassers wieder und
entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments.
Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit
Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar
übermittelt wird.
GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE
FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK
FISCHEREI
FISCHEREI IN DEUTSCHLAND
EINGEHENDE UNTERSUCHUNG
Abriss
Das vorliegende Themenpapier wurde vom Fischereiausschuss des Europäischen
Parlaments für eine Reise einer Delegation des Ausschusses nach Deutschland (24.–
26. März 2014) in Auftrag gegeben. Das Themenpapier enthält einen Bericht über
den deutschen Fischereisektor in der Nord- und Ostsee. Es bietet einen Überblick
über Themen wie z. B. den rechtlichen und institutionellen Rahmen, das
Fischereimanagement, die Fänge, die Fischereiflotte, die Fischwirtschaft, den
Handel, die Beschäftigung, den Markt für Fischereierzeugnisse und die
Meeresforschung.
IP/B/PECH/IC/2014_01 Februar 2014
PE 514.010 DE
Fischerei in Deutschland
3
Inhalt
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN 5
VERZEICHNIS DER TABELLEN 5
VERZEICHNIS DER KARTEN 5
1. BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND 7
1.1. Fakten und Zahlen 7
1.2. Politische Struktur und Verwaltungsstrukturen 8
1.3. Verwaltungsstrukturen 8
1.4. Wirtschaft 10
2. FISCHEREIWIRTSCHAFT 13
2.1. Das Ökosystem Ostsee 13
2.2. Das Ökosystem Nordsee 15
3. DIE DEUTSCHE FISCHWIRTSCHAFT 17
3.1. Die Fischerei in der Ostsee 18
3.2. Die Fischerei in der Nordsee 19
3.3. Langstreckenfischerei 20
3.4. Fänge 20
3.5. Aquakultur und Binnenfischerei 22
4. VERARBEITUNGSINDUSTRIE, HANDEL UND BESCHÄFTIGUNG 25
4.1. Außenhandel 25
4.2. Fisch- und Meeresfrüchteindustrie 27
4.3. Märkte 27
4.4. Beschäftigung 28
5. FISCHEREIFORSCHUNG 29
5.1. Die Tätigkeit des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts im Bereich der
Fischereiforschung 29
5.2. Die prioritären Aufgaben der einzelnen Institute 29
LITERATURVERZEICHNIS 31
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
4
Fischerei in Deutschland
5
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1
Die Biomasse von Dorsch, Sprotten und Hering in der Ostsee 15
Abbildung 2
Entwicklung der deutschen Flotte nach Kategorien 2003–2010 18
Abbildung 3
Gut erhaltener 50 Jahre alter Kutter aus Holz im Hafen von Cuxhaven 19
Abbildung 4
Deutsche Fänge in Tonnen nach den wichtigsten Produktgruppen 2004–2012 21
Abbildung 5
Verteilung der deutschen Fänge auf die wichtigsten Produkte im Jahre 2012 21
Abbildung 6
Die deutsche Aquakulturproduktion nach den wichtigsten Produktionstypen
2003–2010 22
Abbildung 7
Umfang der Einfuhren von Fischerzeugnissen nach den wichtigsten
Produktgruppen 26
Abbildung 8
Umfang der Ausfuhren von Fischerzeugnissen nach den wichtigsten
Produktgruppen 26
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle 1
Eckdaten der Bundesrepublik Deutschland 7
Tabelle 2
Deutsche Fänge im Zeitraum 2005–2012 (in Tonnen) 20
Tabelle 3
Ein- und Ausfuhren von Fischereiprodukten in Deutschland, 2011 25
Verzeichnis der Karten
Karte 1
Karte der Bundesrepublik Deutschland 7
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
6
Karte 2
Die 16 deutschen Länder 9
Fischerei in Deutschland
7
1. BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
1.1. Fakten und Zahlen
Karte 1: Karte der Bundesrepublik Deutschland
Quelle: www.cia.gov.
Die Bundesrepublik Deutschland grenzt im Norden an die Nordsee, Dänemark und die
Ostsee, im Osten an Polen und die Tschechische Republik, im Süden an Österreich und die
Schweiz und im Westen an Frankreich, Luxemburg, Belgien und die Niederlande.
Deutschland erstreckt sich über eine Fläche von 356 854 km² und ist mit 80,2 Millionen
Einwohnern der bevölkerungsreichste Mitgliedstaat der EU.
Tabelle 1: Eckdaten der Bundesrepublik Deutschland
Fläche 356 854 km²
Bevölkerung 80,2 Mio. (2011)
Bevölkerungsdichte (Einwohner pro km2) 229,9 (2007)
Amtssprache Deutsch
Währung Euro
BIP pro Kopf (EUR) 30 563 (2013)
Reale BIP-Wachstumsrate 0,7 % (2012), 0,5 % (Prognose für 2013)
Arbeitslosenquote 5,3 % (Januar 2013)
Inflationsrate 2,5 % (2011), 2,1 % (2012)
Staatsverschuldung 80,5 % des BIP (2011)
Quelle: Eurostat; Statistisches Bundesamt 2013.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
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1.2. Politische Struktur und Verwaltungsstrukturen
Deutschland ist eine parlamentarische Bundesrepublik. Seine 16 Länder spielen eine
wichtige Rolle im Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene und verfügen außerdem über
unabhängige Befugnisse, insbesondere in den Bereichen Bildung und innere Sicherheit,
einschließlich der Polizeidienste. Die Länder der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik (DDR, Ostdeutschland) traten der Bundesrepublik Deutschland mit der
Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 bei.
Deutschland hat ein Zweikammerparlament. Der Bundestag hat derzeit 620 Mitglieder
(die entweder direkt von den 299 einzelnen Wahlkreisen oder über die Parteilisten in jedem
Land gewählt werden, um die proportionale Vertretung zu erreichen1). Die Parteien müssen
bundesweit mindestens 5 % der Stimmen oder drei Wahlkreissitze erringen, um im
Bundestag vertreten zu sein. Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern, die von den
16 Landesregierungen nominiert werden.
Die wichtigsten Parteien Deutschlands sind die Christlich Demokratische Union (CDU), ihre
Schwesterpartei Christlich-Soziale Union (CSU), die Freie Demokratische Partei (FDP), die
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), das Bündnis 90/Die Grünen und die Linke.
Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident, der für maximal zwei Amtszeiten von je fünf
Jahren von der Bundesversammlung gewählt wird, die aus Mitgliedern des Bundestags und
von den Landesparlamenten gewählten Vertretern besteht. Der Präsident, dessen Aufgaben
überwiegend repräsentativer Natur sind, unterzeichnet alle deutschen Gesetze, nachdem
sie auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft wurden. Der derzeitige Präsident Joachim Gauck
wurde am 18. März 2012 gewählt.
Die Bundesregierung wird vom Kanzler bzw. der Kanzlerin geführt, der/die vom
Bundestag gewählt wird.
Das Bundesverfassungsgericht, das oberste deutsche Gericht, wird regelmäßig
konsultiert, wenn die Rechtsgrundlage der EU geändert werden soll. Die eine Hälfte seiner
Richter wird vom Bundestag und die andere Hälfte vom Bundesrat gewählt.
1.3. Verwaltungsstrukturen
Die Bundesrepublik Deutschland besteht aus 16 Ländern, die sich durch Unterschiede in
Größe und Bevölkerung auszeichnen, insbesondere zwischen Stadtstaaten und
Flächenländern. Es gibt drei Stadtstaaten: Berlin und Hamburg bilden jeweils für sich ein
Land, während das Land Bremen aus den zwei Städten Bremen und Bremerhaven besteht.
Die anderen 13 Länder sind Flächenländer.
1 Außerdem gibt es gegenwärtig 24 Überhangmandate, d. h. überschüssige Mandate, die entstehen, wenn eine
Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate gewinnt, als ihr gemäß den Parteistimmen Sitze zustehen würden.
Fischerei in Deutschland
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Karte 2: Die 16 deutschen Länder
Source: www.yahoo.de.
Die Länder haben beträchtliche politische Befugnisse und verfügen über eigene
Verfassungen und Gesetze, wobei jedoch das Bundesrecht Vorrang vor dem Landesrecht
hat. Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz in allen auswärtigen
Angelegenheiten, Verteidigung, einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung,
Staatsangehörigkeit, Währungs- und Geldfragen, Einheit des Zoll- und Handelsgebietes und
Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei. Im Bereichen, die der
konkurrierenden Gesetzgebung unterliegen, haben die Länder die Befugnis zur
Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen
Gebrauch macht. Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich unter anderem auf das
Zivilrecht, das Strafrecht, den Strafvollzug, den Straßenverkehr, das Vereins- und
Versammlungsrecht, das Bildungssystem, das Wirtschaftsrecht, den Verbraucherschutz und
die Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes.
Die meisten Länder werden von einem Ministerpräsidenten2 und einem
Einkammerparlament, dem Landtag, regiert. Die Länder funktionieren als parlamentarische
Republiken, und das Verhältnis zwischen ihren Legislativ- und Exekutivorganen entspricht
demjenigen im Bund: Die Legislativorgane werden von den Wählern für vier oder fünf Jahre
(je nach Bundesland) gewählt, die Wahl des Ministerpräsidenten erfolgt anschließend per
2 In den Stadtstaaten hat der Erste bzw. Regierende Bürgermeister diese Position inne.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
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Mehrheitsvotum unter den Mitgliedern des Landtags. Der Ministerpräsident ernennt das
Kabinett, das die Landesministerien leitet und die Exekutivaufgaben der Landesregierung
wahrnimmt.
Jedes Land (mit Ausnahme der Stadtstaaten) besteht aus Landkreisen, kreisfreien
Städten oder Kommunalverbänden besonderer Art. In Deutschland gibt es 295
Landkreise und 107 kreisfreie Städte sowie 110 Kommunalverbände. Jeder Landkreis bzw.
jede kreisfreie Stadt verfügt über einen gewählten Kreistag und ein Exekutivorgan, das je
nach Bundesland von den Wählern oder vom Kreistag gewählt wird. Der Kreistag ist damit
beauftragt, die kommunale Verwaltung zu überwachen. Die Landkreise nehmen
hauptsächlich Verwaltungsaufgaben in besonderen Bereichen wahr, wie z. B.
Instandhaltung der Straßen, Krankenhäuser und öffentliche Versorgungsbetriebe.
1.4. Wirtschaft
Nach der Finanzkrise 2008 schrumpfte das BIP Deutschlands im Jahre 2009 um 5 %,
anschließend erholte sich das Land jedoch rasch wieder und hat der Krise besser als der
Rest des Euro-Währungsgebiets standgehalten. Reformen, die seit 2003 durchgeführt
wurden und auf die damals herrschende chronisch hohe Arbeitslosigkeit und schwache
Wachstumsrate abgestellt waren, trugen zusammen mit einem speziellen staatlich
geförderten System der Arbeitszeitverkürzung3 dazu bei, den Anstieg der Arbeitslosigkeit
während der Rezession 2008/09 – der schwersten seit dem Zweiten Weltkrieg – relativ
gering zu halten.
Trotz eines überdurchschnittlichen Einbruchs des realen BIP während der Krise stieg die
Arbeitslosenrate in Deutschland um nur 0,5 % gegenüber durchschnittlich 3 % in den
OECD-Ländern an. Dieser Trend bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit war auch im
Vergleich zu vergangenen Rezessionen in Deutschland selbst (bei denen der Trend dem
OECD-Durchschnitt entsprach) ausgesprochen ungewöhnlich.4 Einige der Gründe für dieses
Phänomen sind spezifisch für Deutschland. Beispielsweise trafen die Auswirkungen
hauptsächlich das deutsche verarbeitende Gewerbe, während die arbeitsintensiveren
Sektoren, wie das Baugewerbe, nicht betroffen waren. Auch der öffentliche Dienst
verzeichnete einen Beschäftigungszuwachs. Diese Faktoren bieten jedoch keine vollständige
Erklärung dafür, warum der Arbeitsmarkt die Krise relativ unbeschadet überstanden hat. Es
gibt Anhaltspunkte dafür, dass die oben genannten wichtigen Strukturreformen eine
wesentliche Rolle gespielt haben. Sie umfassten insbesondere Arbeitsmarktreformen
hinsichtlich Arbeitsanreizen und Flexibilität für Unternehmen (die „Hartz“-Reformen und
einige weitere Maßnahmen) und waren wohl die bedeutendsten Reformen, die in dieser Zeit
in den OECD-Ländern durchgeführt wurden. Sie waren damals – und sind sogar bis heute –
in Deutschland stark umstritten, da sie eine grundlegende Änderung der Einrichtungen und
Strukturen des Arbeitsmarktes im Land herbeigeführt haben.
Die gegenwärtige Krise hatte jedoch auch Auswirkungen auf Deutschland. Die
Wirtschaftstätigkeit schwächte sich 2012 stetig ab, vor allem in der Schwerindustrie. In den
letzten drei Monaten des Jahres 2012 schrumpfte das reale BIP aufgrund gedämpften
Vertrauens im Privatsektor und einer vorübergehend nachlassenden Exportnachfrage um
3 Dieses System wird als „Kurzarbeit“ bezeichnet und bietet Unternehmen in Krisenzeiten Flexibilität. 4 OECD (2012), Gesamtbeurteilung und Empfehlungen, in: OECD-Wirtschaftsberichte: Deutschland 2012, OECD
Publishing.
Fischerei in Deutschland
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0,6 %. Dazu trugen auch die verschärfte Finanzkrise im Euro-Währungsgebiet und die in
ihrem Ergebnis von Deutschland zu tragenden finanziellen Lasten bei.
In den Jahren 2008/2009 eingeleitete Investitions- und Anreizmaßnahmen sowie
Steuersenkungen ließen das Haushaltsdefizit im Jahr 2010 auf 3,3 % steigen, doch
langsamer wachsende Ausgaben und höhere Steuereinnahmen konnten es 2011 wieder
verringern. Die Regierung bemüht sich schwerpunktmäßig um eine beständige
Konsolidierung der öffentlichen Finanzen mit dem Ziel, das strukturelle Defizit zu
begrenzen. Eine 2009 verabschiedete Verfassungsänderung sieht für die
Bundesregierung ab 2016 eine Grenze für strukturelle Defizite von nicht mehr als 0,35 %
des BIP pro Jahr vor. Durch sie werden auch die Länder verpflichtet, bis 2020
ausgeglichene Haushalte vorzulegen – eine erhebliche Herausforderung, da einige von
ihnen mit schwerwiegenden Konsolidierungsproblemen zu kämpfen haben.5 Für Gemeinden
und Sozialversicherungsträger wurden keine Grenzen für die Kreditaufnahme festgelegt.
Hinsichtlich des sektorbezogenen Profils ist die deutsche Wirtschaft ein führender Exporteur
von Maschinen, Fahrzeugen, Chemikalien und Haushaltsgeräten und profitiert von hoch
qualifizierten Arbeitskräften. Der Dienstleistungssektor trägt rund 72,6 % zur
Bruttowertschöpfung des Landes bei, gefolgt von der Industrie mit 22 %, dem Baugewerbe
mit 4,6 % und der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei mit 0,8 % (alle Zahlen
von 2009).
Seit 2011 wirkt sich schließlich eine grundlegende politische Kursänderung im
Energiesektor auf die deutsche Wirtschaft aus. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima
im März 2011 kündigte Kanzlerin Merkel im Mai 2011 an, dass 8 der 17 deutschen
Atomreaktoren sofort und die verbleibenden Anlagen bis 2022 stillgelegt würden.
Deutschland beabsichtigt, die Atomkraft durch erneuerbare Energie zu ersetzen und
arbeitet an einer Strategie, um diesen wesentlichen politischen Kurswechsel zu erreichen.
Vor der Stilllegung der 8 Reaktoren nutzte Deutschland Atomkraft für 23 % seiner
Stromerzeugungskapazität und 46 % seiner Erzeugung von Grundlaststrom. Derzeit ist
eine intensive politische und öffentliche Debatte darüber im Gange, wie diese Umkehr im
Energiesektor und die Förderung erneuerbarer Energien umzusetzen sind.
5 OECD Regional Outlook 2011: Building resilient regions for stronger economies, OECD 2011, S. 95.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
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Fischerei in Deutschland
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2. FISCHEREIWIRTSCHAFT
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird von Bundesminister
Christian Schmidt geleitet. Innerhalb der Bundesregierung ist der Bundesminister für die
Strukturierung der deutschen Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik zuständig. Das BMEL
besteht aus insgesamt sieben Abteilungen, die von dem Staatssekretär Dr. Robert Kloos
geleitet werden und dem Minister technische Unterstützung leisten.
Die parlamentarischen Staatssekretäre des Ministeriums sind Peter Bleser und Dr. Marian
Flachsbarth. Sie wurden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundeskanzlerin
ernannt und sorgen für den Informationsaustausch zwischen Regierung und Parlament. Sie
nehmen die politische Vertretung des Ministers im deutschen Bundestag und im Bundesrat
wahr.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist die auf Bundesebene für
Fischerei und Aquakultur zuständige Behörde. Es entwirft Strategien und Leitlinien und
fördert Maßnahmen in diesem Bereich, insbesondere auf EU-Ebene. Das BMBF stellt sicher,
dass bei der Produktion von Süß- und Salzwasserfisch streng auf die ökologische
Nachhaltigkeit geachtet wird und der Verbraucherschutz Priorität genießt. Im Hinblick auf
den Aquakultursektor befasst sich das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit mit Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Schutz der
Binnengewässer und der Meeresgebiete, dem Schutz des Grundwassers, der
Abwasserbehandlung, belastenden Stoffen in Lebensmitteln und der Landschaftsplanung.
Aufgrund des föderalen Staatsaufbaus gibt es drei Verwaltungsebenen: den Bund
(nationale Ebene), die Länder (regionale Ebene) und die Gemeinden (lokale Ebene). Die
Fischereigesetze werden von den Ländern durchgeführt, da laut dem Grundgesetz die
Durchführung der Bundesgesetze und -vorschriften grundsätzlich den Verwaltungen der
Länder obliegt. Bezüglich der legislativen Gewalt auf Bundesebene kann der Bund im
Rahmen der so genannten „konkurrierenden Gesetzgebung“ Gesetze zur Hochsee- und zur
Küstenfischerei erlassen, während die Länder ausschließlich für die Fischerei in den
Binnengewässern zuständig sind. Fischereigesetze existieren mithin sowohl auf
Bundesebene mit Bestimmungen zur See- und Küstenfischerei, als auch auf der Ebene der
Länder hinsichtlich der Fischerei in Binnen- und Hoheitsgewässern (innerhalb der 12-
Meilen-Zone).
2.1. Das Ökosystem Ostsee
Der Fischbestand in der Ostsee ist relativ einfach aufgebaut und wird von einigen wenigen
Arten dominiert.
Die kommerziell bedeutenden Seefischarten mit dem nördlichsten
Verbreitungsgebiet sind Dorsch, Hering, Sprotte und Flunder.
Zu den kommerziell unbedeutenden Arten zählen Wolfsfisch, Sandgrundel, kleiner
Sandaal und Seenadel.
Die Küstengewässer der Ostsee werden von Süßwasserarten wie Barsch, Hecht und
Plötze dominiert.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
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Die Verteilung der Arten beruht in erster Linie auf der Salz- und Temperaturverträglichkeit,
wird jedoch auch durch anthropogene Faktoren wie Eutrophierung und Fischerei
beeinflusst.
Rasche Veränderungen im Ökosystem (Ökosystemwandel) vollziehen sich überall in der
Ostsee. Der jüngste radikale Ökosystemwandel vollzog sich in den späten 1980-er Jahren
weg von einem durch Dorsch und Hering hin zu einem von Sprotten dominierten
Fischbestand und war von einer Änderung der Population und Zusammensetzung des
Zooplankton begleitet. Dieser Wandel wurde durch eine sehr hohe fischereiliche
Sterblichkeit hervorgerufen, durch die die Laicherbiomasse von Dorsch auf ein
nichtnachhaltiges Niveau gesenkt wurde (Abbildung 1).
Unser Verständnis des Ökosystems der Ostsee und insbesondere der Interaktion der
unterschiedlichen Fischarten hat sich in den vergangenen Jahren durch wichtige
wissenschaftliche Forschungen verbessert. In den letzten 40 Jahren haben sich in der
Ostsee Veränderungen in der Struktur des Nahrungsnetzes (Wechsel der Verhältnisse)
vollzogen.
Die Größe des Sprotten- und in gewissem Maße auch des Heringsbestands hängt vom
räuberischem Verhalten durch den Dorsch und damit von der Größe des Dorschbestands
ab. Seit Anfang der 1990er Jahre ist der Dorschbestand durch Überfischung und ungünstige
Umweltbedingungen niedrig. Das Verschwinden des Dorschs führte zu einer
Strukturveränderung des Ökosystems der mittleren Ostsee und zu einem beträchtlichen
Anwachsen der Sprottenpopulation, die sich ausschließlich von Zooplankton ernährt.
Infolgedessen hat die Zooplankton-Gesamtbiomasse ab- und die des Phytoplanktons
zugenommen.
In den letzten Jahren haben sich die hydrologischen Bedingungen für die Zunahme der
Dorschpopulation verbessert, nicht nur hinsichtlich günstiger Bedingungen für das
Überleben von Eiern und Larven, sondern auch durch die potenziell zunehmende
Verbreitung eines Zooplankton-Hauptbeutetiers der Dorschlarven, der Ruderfußkrebsart
Pseudocalanus spp.. Die Zunahme der Dorschpopulation war jedoch nicht so stark wie
aufgrund der hohen Ressourcen für Dorsch im Larvenstadium erwartet, möglicherweise
wegen der veränderten Größenstruktur der Sprottenpopulation und des Raubs von
Dorscheiern durch Sprotten. Die rückwirkenden Mechanismen, die die Erholung des
Dorschbestands potenziell verzögern, sind unter anderem in der von oben nach unten
wirkenden (Top-down) Kontrolle der Nahrung durch die Sprotten anzutreffen. Der
höchstmögliche Dauerertrag wird daher unter Anwendung einfacher Referenzwerte für die
Befischung wie F0.1 auf dem Befischungsniveau berechnet.
Fischerei in Deutschland
15
Abbildung 1: Die Biomasse von Dorsch, Sprotten und Hering in der Ostsee
Quelle: Popescu, I., 2011.
2.2. Das Ökosystem Nordsee
Im Vergleich zu den Ozeanen mag die Nordsee zwar wie ein kleiner, flacher Teich
erscheinen (Gesamtfläche ca. 750 000m2, durchschnittliche Tiefe 95 m), sie ist jedoch
voller Leben. Die Wasserversorgung aus dem atlantischen Ozean und die
Einschwemmungen einer Reihe größerer Flüsse erzeugen ein perfektes Klima für
Mikroorganismen. Durch diese idealen Bedingungen wird die Entwicklung von Plankton
gefördert, das die Grundlage für ein ausgedehntes Nahrungsnetz bildet. Deshalb ist die
Nordsee ein reiches Gebiet und ein sehr wichtiger Fischgrund.
Der Fischbestand wird als gemäßigt-boreal bezeichnet. Seine Biomasse wird von einer
relativ kleinen Zahl von Arten dominiert, darunter Plattfische (vorwiegend Scholle, Flunder
(Platichthys flesus), Kliesche (Limanda limanda), Seezunge (Solea solea), Steinbutt (Psetta
maxima), historisch auch Heilbutt), Dorschartige (vorwiegend Kabeljau, historisch aber
auch Schellfisch, Wittling (Merlangius merlangus) und Pollack (Pollachius pollachius)) sowie
pelagische Fische (zum Beispiel Hering und Sprotte (Sprattus sprattus)). Der Fischbestand
wird saisonal durch wandernde Arten ergänzt, darunter Makrele (Scomber scombrus),
Hornhecht (Belone belone) und gelegentlich Stöcker (Trachurus trachurus).
Insgesamt vollzieht sich in der Nordsee seit mehr als einem Jahrhundert ein Niedergang
des gesamten Fischbestands. So wird Kabeljau gegenwärtig in großen Teilen der Nordsee
als kommerziell ausgelöscht betrachtet. Zu einem noch stärkeren Rückgang der
Grundfischpopulation ist es vor der östlichen Küste des Gagarin gekommen. Bei den
Beständen des Sandaals, des Stintdorschs, des Nordseekabeljaus und des Nordseeherings
war im vergangenen Jahrzehnt nur schwacher Zuwachs zu verzeichnen. Dies ist
wahrscheinlich auf Veränderungen der physikalischen und biologischen Bedingungen
zurückzuführen. Die Kabeljau- und Sandaalbestände sind stark ausgebeutet worden und
der ausbleibende Zuwachs dürfte hauptsächlich auf die Überfischung zurückzuführen sein.
Die Laichbestände bei Schellfisch, Makrelen, Hering und Sprotte sind recht gut. Bei Scholle
und Kabeljau ist die Lage jedoch gegen Ende des vergangenen Jahrzehnts kritisch
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
16
geworden. In den letzten 20 Jahren haben sich der Seeteufel- und Kaisergranatfang
entwickelt. Der Kaisergranatfang ging bis zur Mitte des ersten Jahrzehnts dieses
Jahrhunderts zurück; die Daten seit 2005 deuten jedoch auf erneute Zuwächse hin.
Fischerei in Deutschland
17
3. DIE DEUTSCHE FISCHWIRTSCHAFT
Die kurze deutsche Küste und die hohe Bevölkerungsdichte bringen mit sich, dass Fischerei
und Aquakultur in der Wirtschaft des Landes nur eine geringe Rolle spielen. Der Wert des
gesamten Fischfangs liegt bei unter 2 % des Gesamtwerts der landwirtschaftlichen
Produktion, der wiederum lediglich 1 % des gesamten BIP ausmacht.
Ungeachtet dessen ist der Fischfang in den Küstengebieten Deutschlands und auch in
einigen Gegenden des Binnenlandes ein traditioneller Erwerbszweig. In ihm sind über
40 000 Menschen beschäftigt und er stellt den Verbrauchern pro Jahr mehr als 1,2 Mio.
Tonnen qualitativ hochwertiger Fischereierzeugnisse aus der See und den Binnengewässern
sowie aus der Verarbeitungsindustrie zur Verfügung, wobei ein jährlicher Gesamtumsatz
von 8,5 Mrd. EUR erzielt wird.6
Der deutsche Fischfang findet vorwiegend in der Nordsee (Crangon-Garnelen, Muscheln,
Seelachs, Plattfische u. v. a. m.), in der Ostsee (Hering, Dorsch, Flundern, Sprotten) und in
entfernten Seegebieten statt, hauptsächlich im Nordatlantik, dem NAFO-Gebiet, vor
Grönland, Norwegen und Mauretanien (Hering, Makrelen, Blauer Wittling, Stöcker,
Sardinellen, Schwarzer Heilbutt, Rotbarsch, -, Seelachs, Kabeljau).
Am 1. Januar 2012 bestand die Flotte aus 1 582 Fahrzeugen mit einer Gesamttonnage von
64 835 BRT und einer Gesamtmaschinenleistung von 149 500 kW. Damit ist sie eine der
kleinsten Flotten der Europäischen Union.
Die Flotte besteht im Kern aus Trawlern in Kutterbauart und aus Fischereifahrzeugen der
handwerklichen Fischerei (320 Einheiten), mehrheitlich Baumkurrentrawler (240 Einheiten),
die überwiegend in der Nordseegarnelenfischerei eingesetzt sind.
Die kleine Küstenfischerei, mit passivem Fanggerät wie zum Beispiel Kiemennetzen und
Fischfallen wird fast ausschließlich an der Ostseeküste betrieben und stützt sich auf 1 174
kleine Fahrzeuge von unter zwölf Meter Länge.
Darüber hinaus verfügt Deutschland über sieben Hochseetrawler mit insgesamt 22 866 BRT
und 27 960 kW sowie zwei Spezialfahrzeuge für die pelagische Fischerei mit insgesamt
14 924 BRT und 12 841 KW, die in der Fernfischerei eingesetzt werden.
Insgesamt sind auf den Fischereifahrzeugen 2 684 Besatzungsmitglieder tätig.
Im Rahmen der Entwicklung der Fischereiflotte in den vergangenen Jahren ist die Zahl der
Fahrzeuge leicht gesunken, wovon vor allem die kleinsten Fahrzeuge (d. h. die mit weniger
als zwölf Meter Länge) betroffen waren: In dieser Kategorie sank die Zahl der Fahrzeuge
um 27 %, im Vergleich zu 7 % bei den größeren Fahrzeugen.
6 Quelle: http://www.bmelv.de, abgerufen am 11. Februar 2014.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
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Abbildung 2: Entwicklung der deutschen Flotte nach Kategorien
2003–2010
Datenquelle: Eurostat.
3.1. Die Fischerei in der Ostsee
Die deutsche Heringsfischereiflotte in der Ostsee besteht aus zwei Teilen: einer
Küstenfischereiflotte mit Schiffen von < 12 m Länge und einer Kutterflotte mit ≥ 12 m
langen Fahrzeugen. Zur Deutschen Sportbund Fischereiflotte in der Ostsee gehört
hauptsächlich eine Kutterflotte mit Fahrzeugen ≥ 12 m Diese Flotte von ca. 70 Fahrzeugen
ist zu bestimmten Jahreszeiten auch in der Nordsee tätig und fängt auch Ostseedorsch und
Ostseeflundern. Alle Anlandungen sind für den menschlichen Verzehr bestimmt.7
Es existiert auch eine wichtige Küstenfischerei auf Grundfischarten mit kleinen Fahrzeugen.
(Die meisten deutschen Fahrzeuge mit einer Länge von weniger als zwölf Metern stammen
aus Häfen an der Ostseeküste.) Diese Fahrzeuge der handwerklichen Küstenfischerei
befischen hauptsächlich drei Bestände: Dorsch in der westlichen Ostsee, Hering in der
westlichen Ostsee und Ostseeflundern. Zusätzlich zu den drei Hauptmeerestierarten dieser
Flotte werden in der Ostsee auch große Mengen Barsche, Hechte und Zander gefangen.
7 Studie: Industriefischereien in der Ostsee.
Fischerei in Deutschland
19
3.2. Die Fischerei in der Nordsee
Die Nordseegarnelenfischerei ist der wichtigste Bereich der deutschen Meeresfischerei in
der Nordsee. Sie steht für ca. 20 % des Gesamtertrags und der Beschäftigung (ca. 800
Arbeitnehmer an Bord und im verarbeitenden Sektor). Da diese Fischerei auf die Nordsee
beschränkt ist, betrifft sie lediglich die Bundesstaaten Niedersachsen und Schleswig-
Holstein, wo ihr Beitrag zu Einnahmen und Beschäftigung entsprechend höher ist.
Bei dieser bedeutenden Fischereisparte variieren die Anlandegrößen von Jahreszeit zu
Jahreszeit relativ stark. In den Wintermonaten werden lediglich wenige Tonnen angelandet
(von Dezember bis März zwischen 107 100 Tonnen), während die meisten Anlandungen in
den Frühlings- und Herbstmonaten erfolgen.
Die Garnelenflotte besteht aus ca. 230 alten Baumkurrentrawlern (Durchschnittsalter 34
Jahre) von weniger als 24 m Länge (durchschnittlich 17,43 m).
Abbildung 3: Gut erhaltener 50 Jahre alter Kutter aus Holz im Hafen von
Cuxhaven
Bildquelle: vTI (© Neudecker) für die Studie Die Garnelenfischerei in der Nordsee der Fachabteilung B.
Einige Trawler fangen Kabeljau bzw. Dorsch, Hering, Scholle, Seelachs, Schellfisch,
Sprotten und Sandaal zeitweise in der Nordsee und in der Ostsee.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
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Deutschland verfügt über eine Flotte von ca. 18 Fahrzeugen von mehr als 12 m Länge, die
in der Nordsee mit Netzen Schellfisch und mit Fallen Rote Tiefseekrabben und gelegentlich
auch in der Ostsee Hering fängt. (Diese Flotte ist in den vergangenen Jahren erheblich
verkleinert worden – seit 2010 um 31 %.)
Darüber hinaus fängt außerdem eine kleine Flotte von Baumkurrentrawlern (sieben
Einheiten) in der Nordseesitzungen und Schollen.
3.3. Langstreckenfischerei
Die deutsche Langstreckenfischereiflotte besteht aus neun Fahrzeugen mit großer Tonnage
(im Durchschnitt zwischen 3 200 und 7 500 BRZ). Zwei von ihnen sind große pelagische
Schleppnetzfischer, die in den europäischen und internationalen Gewässern des
Nordatlantik skandinavischen Atlantikhering, Nordseehering und Atlantikmakrelen sowie im
Rahmen des Abkommens mit Mauretanien in CECAF-Gewässern Sardinellen, Sardinen,
Stöcker und Makrelen fangen.
Die verbleibenden sieben Fahrzeuge können entweder pelagische Arten oder
Grundfischarten fangen, abhängig von der Jahreszeit und den Möglichkeiten der
Quotennutzung. Sie fangen Kabeljau und Schellfisch in norwegischen Gewässern,
Schwarzen Heilbutt und Kabeljau vor der grönländischen Küste und im NAFO-
Regelungsbereich und pelagische Arten im Nordatlantik.
3.4. Fänge
Die gewerbliche Deutsche Fischerei ist in drei Untersektoren aufgeteilt:
Grundfischerei mit Grundschleppnetzen, Snurrewaden und Kiemennetzen für
Rundfischarten wie Kabeljau und Schellfisch und für verschiedene Plattfische wie
Scholle, Seezunge und Steinbutt, vorwiegend in der Nord-und Ostsee;
einen handwerklichen Sektor mit passivem Fanggerät für Grundfischarten,
vorwiegend in der Ostsee;
Eine Langstreckenflotte mit einer Reihe großer Trawler und pelagischer Fischerei im
Nordatlantik für Grundfischarten sowie Hering und Makrele.
Im Vergleich zu den Gesamtfängen der EU sind die deutschen Fänge unbedeutend. Sie
stehen lediglich für ca. 5 % der gesamten EU-Fänge.
Die wichtigsten Produkte sind die kleinen pelagischen Fische (Hering, Sprotte, blauer
Wittling), gefolgt von Rundfischen (Kabeljau, Schellfisch, Leng), Plattfischen (Flundern,
Steinbutt) und Krebstieren (vorwiegend Crangon-Garnelen).
Tabelle 2: Deutsche Fänge im Zeitraum 2005–2012 (in Tonnen)
Erzeugnistyp 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Süßwasserfische 1 195 1 203 1 295 15 553 14 763 15 131 7 336 1 318
Plattfische 21 302 15 369 16 359 16 796 16 195 15 504 18 848 15 930
Rundfische 92 660 86 226 79 650 67 937 46 268 49 232 37 748 40 194
kleine pelagische
Fische
175 446 135 383 99 852 87 183 73 993 64 092 78 706 79 785
Fischerei in Deutschland
21
Erzeugnistyp 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
andere Seefische 54 682 40 726 30 527 34 098 52 570 72 758 76 241 50 835
Krebstiere 46 431 19 737 17 054 18 726 18 248 19 362 18 501 17 020
Weichtiere 51 17 24 6 997 3 697 5 009 20 842 7 182
andere Meerestiere 281 279 192 22 872 22 822 21 674 12 424 121
Gesamtproduktion 392 048 298 940 244 953 270 162 248 556 262 762 270 646 212 385
Abbildung 4: Deutsche Fänge in Tonnen nach den wichtigsten Produktgruppen
2004–2012
0
50.000
100.000
150.000
200.000
250.000
300.000
350.000
400.000
450.000
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
We
igh
t, t
on
years
Other marine
Molluscs
Crustaceans
Other marinefishSmall pelagics
Datenquelle: EUROSTAT.
Abbildung 5: Verteilung der deutschen Fänge auf die wichtigsten Produkte im
Jahre 2012
Datenquelle: EUROSTAT.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
22
3.5. Aquakultur und Binnenfischerei
Neben der Meeresfischerei spielt auch die Binnenfischerei (einschließlich der Aquakultur)
eine wichtige Rolle in der deutschen Fischereiwirtschaft, da in diesem Sektor über 1 000
Unternehmen in Vollzeit und nahezu 20 000 Unternehmen in Teilzeit tätig sind. 80 % des
erzeugten Fisch stammen aus der Aquakultur, einem der Sektoren mit dem größten
Wachstumspotenzial. Die verbleibenden 20 % stammen aus der traditionellen Fischerei in
Flüssen und Seen. Zuzüglich zu den Berufsfischern werden die deutschen Gewässer von
mehr als 1 500 000 Freizeitfischern, die ca. 9 000 Tonnen pro Jahr fangen (Ernst and
Young, 2011), genutzt und gepflegt.
3.5.1. Aquakultur
Die Aquakultur ist in Deutschland eine kleine Branche, die nur in wenigen besonders
geeigneten Gebieten existiert. Die Aquakulturproduktion wird in 4 762 meist kleinen
Anlagen durchgeführt 2010 betrug das Gesamtvolumen ca. 40 164 Tonnen im Wert von
94 Mio. EUR. Der ertragreichste Produktionszweig ist die Forellenaufzucht in Süßwasser-
Umwälzungssystemen, sowohl hinsichtlich der Quantität (ca. 22 000 Tonnen pro Jahr) als
auch der erzielten Einnahmen (ca. 60 Mio. EUR).
Abbildung 6: Die deutsche Aquakulturproduktion nach den wichtigsten
Produktionstypen 2003–2010
Datenquelle: EUROSTAT.
Bei der Gestaltung und Konstruktion der Produktionseinheiten sowie der Produktionsdichte
gibt es große Unterschiede; insbesondere in einigen Gegenden Süddeutschlands
überwiegen nach wie vor in die Erde eingelassene Teiche mit einer niedrigen Besatzdichte.
Gleichzeitig betreiben einige Unternehmen moderne Aufzuchtanlagen mit
Frischwasserbehältern oder Fließkanälen und einer hohen Produktionsdichte. Die
wichtigsten Produktionsgegenden liegen im Süden Deutschlands und in den
Gebirgsausläufern.
Fischerei in Deutschland
23
Der zweite wichtige Aquakulturtyp in Deutschland ist die Karpfenaufzucht in
Süßwasserteichen. Sie hat eine lange Tradition. Es werden pro Jahr ca. 9 000 Tonnen im
Wert von 19 Mio. EUR produziert.
Die Aquakultur in Brackwasser an und in Seegewässern konzentriert sich hauptsächlich auf
Miesmuscheln, von denen pro Jahr ca. 1 500 Tonnen produziert werden. Die Produktion von
Miesmuscheln konzentriert sich auf die deutsche Nordseeküste und wird von Unternehmen
in den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen durchgeführt. Der
Produktionsumfang unterscheidet sich von Jahr zu Jahr, da er sehr stark von der
natürlichen Samenabgabe abhängt (STECF 2013)8.
Der deutsche Markt für Aquakulturprodukte wird durch Importe von vorwiegend Lachs und
Pangasius dominiert.
3.5.2. Binnenfischerei
Die wichtigsten Gebiete für die Binnenfischerei sind die Seengebiete in Brandenburg und
Mecklenburg, der Bodensee sowie die Flüsse Elbe, Havel, Rhein und Mosel. In diesen
Gewässern fangen über 900 Fischer (die Hälfte von ihnen Teilzeit) 3 256 Tonnen Fisch
verschiedener Arten, wie zum Beispiel Aal (Anguilla anguilla), Weißfisch (Coregonus spp.),
Hechte (Esox lucius), Zander (Sander lucioperca) und Barsche (Perca fluviatilis). Das
Fanggerät, das von fünf bis elf Meter langen Booten aus genutzt wird, besteht
hauptsächlich aus Kiemennetzen, Netzreusen, Garnreusen und Wadennetzen. Hinsichtlich
des Umfangs der Binnenfischerei ist Deutschland der viertwichtigste EU-Mitgliedstaat und
hinsichtlich des Werts der Produktion (ca. 11 Mio. EUR pro Jahr) der zweitwichtigste. Die
Binnenfischerei stehen für lediglich 1,4 % der Gesamtanlandungen (Ernst and Young,
2011).
8 Summary of the 2013 Economic Performance Report on the EU Aquaculture Sector (STECF 13-30)
(Zusammenfassung des Berichts über die Wirtschaftsleistung des EU-Aquakultursektors (STECF 13–30)).
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
24
Fischerei in Deutschland
25
4. VERARBEITUNGSINDUSTRIE, HANDEL UND
BESCHÄFTIGUNG
In Deutschland werden nicht viele Meerestiere konsumiert. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag im
Jahre 2006 bei ca. 15 kg und ist in den vergangenen Jahren auf ca. 10 kg zurückgegangen.
Damit liegt Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt von 23,3 kg9. Die
wichtigsten in Deutschland konsumierten Arten sind Alaskapollack, Hering und Lachs,
gefolgt von Thunfisch und Monitor.10
4.1. Außenhandel
Die einheimische Produktion in Deutschland ist nicht in der Lage, die gesamte Nachfrage
nach Meerestieren zu befriedigen, weshalb der Großteil der verbrauchten Meerestiere
Ausländern wie Norwegen, Polen, China, Dänemark, den Niederlanden und den Vereinigten
Staaten importiert wird. 2012 hat Deutschland über 1,2 Mio. Tonnen Fisch und
Fischerzeugnisse mit einem Wert von nahezu 5,2 Mrd. USD eingeführt. Die nationale Flotte
und der Aquakultursektor tragen nur mit weniger als 19 % zum gesamten Fischmarkt bei.
Ein großer Teil der Einfuhren wird in Deutschland verarbeitet und dann wieder ausgeführt.
2010 wurden 754 254 Tonnen Meerestiere mit einem Wert von 2,6 Mrd. USD ausgeführt.
Tabelle 3: Ein- und Ausfuhren von Fischereiprodukten in Deutschland, 2011
Einfuhr Ausfuhr
KN-Code Gewicht in
Tonnen
Wert in 1 000
USD
Gewicht in
Tonnen
Wert in 1 000
USD
0302 Fische, frisch oder gekühlt
120 147.1 417 730.14 60 506.5 174247.63
0303 Fische, gefroren 59 032.9 209 566.34 109 048.4 194 901.41
0304 Fischfilets und anderes Fischfleisch
424 754.8 1 774 006.72 107 221.6 538 268.92
0305 Fische, getrocknet, gesalzen, geräuchert oder in Salzlake
72 638.4 779 130.26 21 050.6 260 083.06
0306 Krebstiere 42 045.9 417 115.72 18 617.5 140 767.95
0307 Weichtiere 33 986.1 130 295.00 7 199.8 30 816.62
121220 Algen und Tange 3 360.0 9 783.06 465.3 3 885.55
1504 Fette, Öle und ihre Fraktionen
11 039.3 28 787.68 11 043.3 31 699.01
1604 Zubereitungen aus Fisch bzw. Fischkonserven; Kaviar und Kaviarersatz
172 785.9 818 809.46 169 094.3 759 126.45
1605 Zubereitungen aus Krebstieren bzw. Krebstierkonserven
32 660.9 289 767.82 9 003.2 71 234.76
230120 Fischmehl 229 828.3 304 126.61 241 003.4 356 565.46
INSGESAMT 1 202 279.5 5 179 118.80 754 254.0 2 561 596.83
Quelle: OECD review of fisheries: Country statistics 2013 (Deutschland).
9 Die Gemeinsame Fischereipolitik in Zahlen – grundlegende statistische Daten, 2012. 10 Die Wirtschaftsleistung der fischverarbeitenden Industrie in der EU (STECF – 13–31).
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
26
Die Einfuhren bestehen überwiegend aus Fischfilets, gefolgt von Fischmehl und
Fischzubereitungen bzw. Fischkonserven.
Abbildung 7: Umfang der Einfuhren von Fischerzeugnissen nach den
wichtigsten Produktgruppen
Datenquelle: OECD review of fisheries: Country statistics 2013 (Deutschland).
Die Ausfuhren bestehen aus Fischmehl (32 % des Gesamtumfangs), Fisch in Dosen,
mariniertem und geräuchertem Fisch sowie gefrorenem Fisch und Fischfilets. Insgesamt
wird mehr verarbeiteter Fisch ausgeführt als eingeführt.
Abbildung 8: Umfang der Ausfuhren von Fischerzeugnissen nach den
wichtigsten Produktgruppen
Datenquelle: OECD review of fisheries: Country statistics 2013 (Deutschland).
Fischerei in Deutschland
27
4.2. Fisch- und Meeresfrüchteindustrie
Die lebensmittelverarbeitende Industrie ist ein wichtiger Bereich der deutschen Wirtschaft
und der Untersektor Fischwirtschaft ist ein wesentlicher Teil dieses Bereichs. Der Fisch- und
Meeresfrüchtesektor erstreckt sich unter anderem auf panierte und gefrorene Fischfilets
und Fischstäbchen, Hering, Fischsalate sowie Atlantik- und Pazifiklachs.
Die deutsche fischverarbeitende Industrie besteht aus ca. 265 Unternehmen, in denen ca.
6 780 Menschen beschäftigt sind. Von 2008 bis 2011 ging die Gesamtbeschäftigung um
20 % zurück. Davon waren weibliche Beschäftigte stärker betroffen als männliche. Mehr als
ein Viertel der Beschäftigten der Branche arbeiten in Bremerhaven, der größten Stadt an
der deutschen Nordseeküste.
Der deutsche Fischverarbeitungssektor basiert, wie der gesamte Fischereisektor, nur
unwesentlich auf einheimischen Erzeugnissen. Die größten ausländischen Lieferanten sind
Polen, gefolgt von China, Norwegen, den Niederlanden und Dänemark. 2011 waren die
wichtigsten Erzeugnisse Fischstäbchen und panierte Fischfilets, gefolgt von
Heringszubereitungen. Wie in den meisten anderen Ländern ist auch in Deutschland die
Rentabilität des Sektors recht niedrig, aber immer noch positiv. Die Gewinne in dem Sektor
stehen unter hohem Druck seitens des Handels sowie von Wettbewerbern aus den östlichen
EU-Mitgliedstaaten und aus Drittstaaten.
Die nationale Produktion der Langstreckenfischereiflotte wird in Form gefrorener
Fischblöcke angeliefert, die in der Gefrierfischindustrie zu verschiedenen wertgesteigerten
Produkten weiterverarbeitet werden, hauptsächlich zu Fischstäbchen (kleine panierte
Fischportionen) und Schlemmerfilet (eine mit Sauce bedeckte Fischportion). Gefrorene
Einzelfilets (schnellgefroren oder folienverpackt) werden Kartons oder Polyethylenbeutel
umgepackt und landesweit im Einzelhandel an Endkunden oder über den spezialisierten
Catering-Großhandel an professionelle Köche verkauft. Räuchern Reihen sind das Hauptziel
für gefrorenen Schwarzen Heilbutt. Dorthin und außerdem in die Konserven-und
Marinierungsindustrie werden auch Hering und Makrelen geliefert. Der Eingangswert dieser
fischverarbeitenden Branche wird auf 2 bis 2,2 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt.11
4.3. Märkte
Traditionell wurde der Großteil des in Deutschland angelandeten Fischs auf Fischauktionen
in den wichtigsten Fischereihäfen (Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg und Kiel) verkauft.
Diese Auktionen haben jedoch ihre Bedeutung verloren und der größte Teil des Fisches wird
entweder direkt an Großhändler, Filetierungsgroßhändler (in den Fischereihäfen) und an die
verarbeitende Industrie verkauft oder aber über Handels- und Filetierungsbetriebe der
Fischereigenossenschaften verarbeitet und verkauft. (In Dänemark oder den Niederlanden
angelandeter Fisch wird oft in Auktionen in den Anlandungen Seehäfen verkauft.)
Spezialisierte Großhändler verkaufen diesen Fisch landesweit an Lebensmittellieferanten,
stationäre oder mobile Fischhändler und Supermärkte mit Fischtheken. Sie verkaufen
außerdem einen Teil des angelandeten Fischs, nachdem er von Verarbeitern zu
geräucherten oder marinierten Erzeugnissen verarbeitet wurde. Der größte Teil des
angelandeten Weißfischs wird zu Filets verarbeitet, da die deutschen Verbraucher diese
Arten bevorzugt in dieser Form kaufen. Ein Teil des Rundfischs wird auch im Direktverkauf
vom Boot an die Verbraucher verkauft.
11 Die Wirtschaftsleistung der fischverarbeitenden Industrie in der EU (STECF – 13–31).
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
28
Frischer Weißfisch (Kabeljau, Seelachs, Rotbarsch usw.), Plattfisch (Scholle, Seezunge
usw.), Schalentiere (Miesmuscheln) und Krebstiere (an Bord gekochte Crangon-Garnelen,
Kaiser Granat, Krabben, etwas Hummer) werden überwiegend an die Kunden bzw.
Lebensmittellieferanten verkauft, nachdem sie filetiert bzw. geschält, aber nicht
weiterverarbeitet worden sind. Pelagischer Fisch, bei dem es sich im Inlandsverbrauch
hauptsächlich um Hering und Makrelen handelt, wird hauptsächlich zur Weiterverarbeitung
an Räuchereien und die Konserven- und Marinierungsindustrie geliefert.
Der Fisch wird entweder über Einzelhändler (Supermärkte, stationäre mobile Fischhändler)
oder Lebensmittellieferanten (Restaurants, Kantinen usw.) an die Endkunden verkauft. Der
Anteil des Direktverkaufs an die Kunden liegt bei unter einem 1 %. Während der
Einzelhandel alle Arten von Fisch (gefroren, frisch, in Konserven, mariniert, geräuchert,
Fischsalate) verkauft, dominiert bei den Lebensmittellieferanten der gefrorene und frische
Fisch.
Der Anteil des gefrorenen Fischs an der gesamten Vermarktung bzw. am Gesamtverbrauch
betrug 2006 36 %, der von Frischfisch 10 %, der von konserviertem und mariniertem Fisch
28 % (marinierter und konservierter Hering 16 %, konservierter Thunfisch 10 %,
konservierte Sardinen 2 %), von Krebs- und Weichtieren 12 % (frisch, gefroren und als
Zubereitungen), von geräuchertem Fisch 6 %, von Fischsalaten 3 % und von sonstigen
Erzeugnissen 5 %.
Die Marktanteile der einzelnen Fischarten stellten sich 2006 wie folgt dar: Alaskapollack
25,9 %, Hering 17,5 %, Lachs 11,3 %, Thunfisch 10,7 %, Seelachs 4,0 %, Rotbarsch
3,8 %, Forelle 3,8 %, Seehecht 3,3 %, Kabeljau 2,8 %, Makrelen 1,6 %, Karpfen 1,2 %,
Scholle 0,9 %, Seeteufel 0,5 %, Sardinen 0,4 %, Sonstige 12,3 %. Der Anteil der
Salzwasserfische beträgt 71,1 %, der der Süßwasserfische 20,3 % und der der Krebs- und
Weichtiere 8,6 %. (Die offiziellen Zahlen stimmen nicht immer miteinander überein, selbst
wenn sie aus derselben Quelle stammen.) Insgesamt wird in den nördlichen Ländern
Deutschlands (an der Küste oder in deren Hinterland) mehr Fisch verbraucht als in den
südlichen Ländern (in großer Entfernung von der Küste) (FAO 2007).12
4.4. Beschäftigung
Im Vergleich zur landesweiten Beschäftigung ist die Beschäftigung im Fischereisektor und
der Fisch- und Meerestierindustrie sehr gering. Auf der Website des Ministeriums findet sich
die Zahl von 40 000 Beschäftigten, dies scheint jedoch zu hoch angesetzt. In der
Fischereiflotte finden sich aufgrund deren geringer Größe und aufgrund von
Teilzeitbeschäftigung insgesamt lediglich 1 142 Vollzeitäquivalente. Laut dem FAO-
Länderprofil liegt die Beschäftigung im Primärsektor (Fischerei und Aquakultur) bei 8 150
(größtenteils in der Aquakultur im Binnenland und in der Binnenfischerei) und im
Sekundärsektor (einschließlich Großhandel) bei 12.914 Personen.
12 FAO Fishery Country Profile 2007, The Federal Republic of Germany.
Fischerei in Deutschland
29
5. FISCHEREIFORSCHUNG
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird von vier
Bundesforschungsinstituten zu allen einschlägigen Themen beraten. Das Johann-Heinrich-
von-Thünen-Institut (Thünen-Institut oder vTI) ist auch für See- und Fischereifragen
zuständig. (Außerdem beschäftigt es sich mit der Entwicklung des ländlichen Raums, der
Forstwirtschaft und dem Klimawandel.) Es umfasst unter anderem das Institut für ländliche
Räume, Wald und Fischerei. Sitz des Thünen-Instituts ist Hamburg. Das Institut für
Seefischerei und das Institut für Fischereiökologie in Hamburg sowie das Institut für
Ostseefischerei in Rostock sind Teil dieses Bundesforschungsinstituts.
5.1. Die Tätigkeit des Thünen-Instituts im Bereich der
Fischereiforschung
Das Johann Heinrich von Thünen Institut betreibt eigene Forschungen im Bereich des
Biomonitoring und der nachhaltigen Bewirtschaftung lebender Meeresressourcen (Fisch,
Krebstiere und Weichtiere) im Rahmen des Netzes der europäischen
Fischereiforschungsinstitute und befasst sich außerdem mit Themen im Bereich der
Erhaltung und des Schutzes von Seesäugetieren und Seevögeln. Weitere Arbeitsbereiche
sind die Verteilung und die Auswirkungen von Verschmutzungen im Meer und die
Auswirkungen der Aquakultur auf die akrobatische und Umwelt und deren Arten. Darüber
hinaus ist das Institut im Bereich des Verbraucherschutzes bei Fisch und
Fischereierzeugnissen tätig, wobei es an verschiedenen Stationen der Produktionskette
einen integrierten Ansatz verfolgt („vom Schiff zum Verbraucher“).
Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Entwicklung selektiverer und energieeffizienterer
Fangmethoden. Auf der Grundlage seiner eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit berät das
Institut des BMEL, insbesondere im Hinblick auf die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) der
EU und beteiligt sich an der internationalen wissenschaftlichen Forschungszusammenarbeit
und -koordinierung. Das Institut betreibt die Fischerei Forschungsschiffe „Walther Herwig
III“, „Solea“ and „Clupea“.
5.2. Die prioritären Aufgaben der einzelnen Institute
5.2.1. Institut für Seefischerei
Das Institut für Seefischerei untersucht und überwacht die Fischbestände in EU-Gewässern
(Nordsee und Gewässer westlich der Britischen Inseln) und beschäftigt sich mit den Arten,
die von Einfluss auf die deutsche Langstreckenfischerei in den Fischgründen des
Nordatlantik sind. Ziel dieser Arbeit ist die es, die Nutzung der lebenden Meeresressourcen
in Einklang mit den Kriterien der Nachhaltigkeit und der Qualität der Ökosysteme zu
bringen und dadurch zur langfristigen Erhaltung eines ökologisch und wirtschaftlich stabilen
Fischereisektors und zur nachhaltigen Versorgung der Bevölkerung mit Meerestieren
beizutragen.
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik
30
5.2.2. Institut für Fischereiökologie (IFÖ)
Das Institut für Fischereiökologie führt Fischereiforschung im Bereich der marinen Umwelt
durch, betreibt ökologisches Monitoring und widmet sich insbesondere der Untersuchung
der Meereslebewesen. Dazu gehört Forschungstätigkeit in den Bereichen
Umweltradioaktivität, Verschmutzungsanalyse, Ökotoxikologie, Fischkrankheiten,
Aquakultur und Binnenfischerei. Dass die IFÖ untersucht die Auswirkungen natürlicher und
anthropogener Faktoren auf die Verschmutzung der Fische, die Gesundheit und die
Reproduktionsfähigkeit, die biologische Vielfalt der Populationen und die ökologischen
Auswirkungen der Aquakultur.
5.2.3. Institut für Ostseefischerei (OSF)
Das Institut für Ostseefischerei leistet den wichtigsten deutschen Beitrag zu den
internationalen Bemühungen um die Bewahrung und verantwortungsvolle Nutzung der
Fischereiressourcen der Ostsee. Neben der kontinuierlichen Überwachung von Tendenzen
bei den Populationen der wichtigsten Arten, die von der Fischereiflotte genutzt werden
(Kabeljau, Hering, Sprotten, Flundern, Steinbutt, Kliesche, Aal und Zander), beobachtet das
Institut die Zusammenhänge zwischen diesen Arten und bestimmten Umweltparametern in
den unterschiedlichen Phasen ihres Lebens. Das Institut untersucht außerdem die
Beziehungen zwischen den einzelnen Fischarten und erforscht die Auswirkungen der
Fischerei auf die Fischbestände.
5.2.4. Der Forschungsbereich „hochwertiger Fisch“
Der Forschungsbereich „hochwertiger Fisch“ wurde im Januar 2004 mit der Gründung des
Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel ins Leben gerufen, dem am
ersten Januar 2008 das Max Rubner-Institut für Ernährung und Lebensmittel (das
wiederum Teil des Thünen-Instituts ist) folgte.
Das Forschungsthema „hochwertiger Fisch“ erstreckt sich auf alle Fische, die für die
Ernährung von Mensch und Tier verwendet werden, sowie auf Krebs- und Weichtiere in
allen Phasen des Weges vom Schiff zum Verbraucher. Dies umfasst Untersuchungen
frischer Rohstoffe unmittelbar nach dem Fang an Bord bis hin zu Untersuchungen fertiger
Erzeugnisse, einschließlich Fischmehl. Über einen integrierten Ansatz werden Themen wie
Lebensmittelsicherheit und -qualität, Lebensmittelrecht und Verbraucherschutz bearbeitet,
unter Nutzung von Lebensmittelchemie, analytischer Chemie, Biochemie, Physik und
mikrobiologischen Verfahren (Quelle: http://www.portal-fischerei.de/).
Der Großteil der angewandten Forschung im Bereich der Binnenfischerei und –aquakultur
wird von Forschungseinrichtungen in den einzelnen Ländern durchgeführt, so zum Beispiel
vom Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow und vom Leibniz-Institut für
Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Die Forschungsschwerpunkte im Bereich
der Aquakultur werden mithin in den meisten Fällen von den Ländern entsprechend ihren
spezifischen Bedürfnissen festgelegt. Es werden regelmäßig besondere Treffen zur
Koordinierung der Forschungstätigkeit dieser von den Ländern getragenen Institute
durchgeführt.
Fischerei in Deutschland
31
Literaturverzeichnis
Annual report to the European Commission on efforts by the German fishing fleet to
achieve a sustainable balance between fishing capacity and fishing opportunities in
accordance with Articles 13 and 14 of Regulation (EU) No 1013/2010 in 2011
(„Jahresbericht der Kommission über die Maßnahmen der deutschen Fischereiflotte im
Jahr 2011 zur Herstellung eines dauerhaften Gleichgewichts zwischen Fangkapazitäten
und Fangmöglichkeiten gemäß Artikel 13 und 14 der Verordnung (EU) Nr.
2013/2010“).
Ernst and Young, 2011. EU intervention in inland fisheries. Framework contract No
FISH/2006/09 (Lot No 3) (“EU-Eingriffe in die Binnenfischerei. Rahmenvertrag
FISH/2006/09 (Los Nr. 3)”)
Europäische Kommission, 2013. Summary of the 2013 Economic Performance Report
on the EU Aquaculture Sector (STECF 13-30) („Zusammenfassung des Berichts über
die Wirtschaftsleistung des EU-Aquakultursektors“). Joint Research Centre: Scientific
and Policy Reports („Gemeinsame Forschungsstelle: Wissenschafts- und
Politikberichte“).
Europäische Kommission, 2013. The 2013 Annual Economic Report on the EU Fishing
Fleet („Ökonomischer Jahresbericht der EU-Flotte“) (STECF-13-31). Gemeinsame
Forschungsstelle: Wissenschafts- und Politikberichte.
Eurostat-Datenbank.
Facts and figures on the Common Fisheries Policy – Basic statistical data („Die
Gemeinsame Fischereipolitik in Zahlen – grundlegende statistische Daten“). Ausgabe
2012.
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Fischerei 2007: Die Bundesrepublik Deutschland“).
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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik – Fischerei, S. 106 pp.
Kramer, E., 2013. Wirtschaftliche, soziale und territoriale Lage Berlins, Deutschland.
Europäisches Parlament, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik.
• Iborra, J., 2011. Industriefischereien in der Ostsee. Europäisches Parlament,
Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik – Fischerei, S. 48 pp.
• Semrau, J., 2013. Fisheries in Denmark. („Fischereien in Dänemark“). Europäisches
Parlament, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik – Fischerei, S. 61 pp.