gezielte manipulation des genoms mit zinkfingernukleasen

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BIOspektrum | 05.11 | 17. Jahrgang DOI: 10.1007/s12268-011-0086-3 ó Die Herstellung von Tieren oder Pflan- zen mit gezielten Genmodifikationen ist ein potentes Werkzeug, um die Funktion von Genen zu untersuchen, Krankheits- mechanismen zu entschlüsseln und Orga- nismen von biotechnologischem Nutzen zu erzeugen. Während frühe Mutagene- setechniken wie die chemisch induzierte ENU(ethyl nitroso urea)-Mutagenese nur zufällige Mutationen erzeugen, zielen neu- ere Methoden auf eine spezifische, vorab planbare Manipulation des Genoms ab. Die Transgenese umfasst die Expression von Fremd-DNA oder die Veränderung des Expressionsmusters und/oder der Expres- sionsstärke der endogenen Gene durch gezielte Einbringung von DNA-Modifika- tionen. Die erste Technik der gezielten Genveränderung, das Gen-Targeting in embryonalen Stammzellen (ES-Zellen), die in den 1980er-Jahren entwickelt wurde, beruht auf dem natürlichen DNA-Repara- turmechanismus der homologen Rekom- bination (HR), der die zweite Kopie des Chromosoms als Reparaturvorlage benutzt. Die HR ist robust, jedoch im All- gemeinen, mit einer Frequenz von 10 –6 bis 10 –9 modifizierten Zellen, wenig effizient [1]. Bisher hat diese niedrige Frequenz der HR in Säugerzellen und die daraus resul- tierende Notwendigkeit von Selektions- verfahren die Anwendung dieser Technik auf ES-Zellen beschränkt. Außerdem wur- den ES-Zellen, die pluripotent sind und bleiben, bis jetzt nur in Maus, Ratte und Mensch charakterisiert. Durch die Ver- wendung der I-SceI-Meganuklease aus Hefe konnte gezeigt werden, dass die Erzeugung eines Doppelstrangbruchs (DSB) innerhalb des Genoms die HR am Ziellocus in einer hohen Frequenz ermög- licht, indem die natürlichen DNA-Repara- turmechanismen stark aktiviert werden. Die beobachtete Frequenz liegt hier bei 10 –2 bis 10 –4 modifizierten Zellen [2]. Kürz- lich wurde jedoch eine neue Technik zur Erzeugung von DSB, basierend auf der Ver- wendung von sequenzspezifischen Zink- fingernukleasen (ZFN), entwickelt und für die Herstellung von Organismen mit Gen- modifikationen benutzt. Mechanismus der Zinkfingernukleasen Um für die Genommanipulation von Nut- zen zu sein, muss eine Endonuklease spe- zielle Anforderungen erfüllen. Sie muss einzigartige Zielsequenzen spezifisch erkennen und an jeden beliebigen Locus angepasst werden können. Die ZFN erfül- len diese Bedingungen, da sie aus zwei funktionellen Domänen aufgebaut werden: Genmodifikation Gezielte Manipulation des Genoms mit Zinkfingernukleasen MELANIE MEYER, BENEDIKT WEFERS, OSKAR ORTIZ, WOLFGANG WURST, RALF KÜHN INSTITUT FÜR ENTWICKLUNGSGENETIK, HELMHOLTZ-ZENTRUM MÜNCHEN In vielen Säugetierarten gab es bis jetzt keine effektiven Werkzeuge für eine gezielte Genmodifikation. Die Entwicklung der Zinkfingernu- klease-Technologie ermöglicht nun auch in diesen Organismen eine schnelle und einfache Genommanipulation. Most mammalian species lack useful tools for targeted gene modifi- cation. With the discovery of the zinc-finger nuclease technology it is now possible to achieve rapid and easy genome manipulations in mammals.

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Page 1: Gezielte Manipulation des Genoms mit Zinkfingernukleasen

BIOspektrum | 05.11 | 17. Jahrgang DOI: 10.1007/s12268-011-0086-3

ó Die Herstellung von Tieren oder Pflan-zen mit gezielten Genmodifikationen istein potentes Werkzeug, um die Funktionvon Genen zu untersuchen, Krankheits-mechanismen zu entschlüsseln und Orga-nismen von biotechnologischem Nutzenzu erzeugen. Während frühe Mutagene-setechniken wie die chemisch induzierteENU(ethyl nitroso urea)-Mutagenese nurzufällige Mutationen erzeugen, zielen neu-ere Methoden auf eine spezifische, vorabplanbare Manipulation des Genoms ab.Die Transgenese umfasst die Expressionvon Fremd-DNA oder die Veränderung desExpressionsmusters und/oder der Expres-sionsstärke der endogenen Gene durchgezielte Einbringung von DNA-Modifika-tionen. Die erste Technik der gezieltenGenveränderung, das Gen-Targeting inembryonalen Stammzellen (ES-Zellen), diein den 1980er-Jahren entwickelt wurde,beruht auf dem natürlichen DNA-Repara-turmechanismus der homologen Rekom-bination (HR), der die zweite Kopie desChromosoms als Reparaturvorlagebenutzt. Die HR ist robust, jedoch im All-gemeinen, mit einer Frequenz von 10–6 bis10–9 modifizierten Zellen, wenig effizient[1]. Bisher hat diese niedrige Frequenz derHR in Säugerzellen und die daraus resul-tierende Notwendigkeit von Selektions-

verfahren die Anwendung dieser Technikauf ES-Zellen beschränkt. Außerdem wur-den ES-Zellen, die pluripotent sind undbleiben, bis jetzt nur in Maus, Ratte undMensch charakterisiert. Durch die Ver-wendung der I-SceI-Meganuklease ausHefe konnte gezeigt werden, dass dieErzeugung eines Doppelstrangbruchs(DSB) innerhalb des Genoms die HR amZiellocus in einer hohen Frequenz ermög-licht, indem die natürlichen DNA-Repara-turmechanismen stark aktiviert werden.Die beobachtete Frequenz liegt hier bei10–2 bis 10–4 modifizierten Zellen [2]. Kürz-lich wurde jedoch eine neue Technik zurErzeugung von DSB, basierend auf der Ver-wendung von sequenzspezifischen Zink-fingernukleasen (ZFN), entwickelt und fürdie Herstellung von Organismen mit Gen-modifikationen benutzt.

Mechanismus

der Zinkfingernukleasen

Um für die Genommanipulation von Nut-zen zu sein, muss eine Endonuklease spe-zielle Anforderungen erfüllen. Sie musseinzigartige Zielsequenzen spezifischerkennen und an jeden beliebigen Locusangepasst werden können. Die ZFN erfül-len diese Bedingungen, da sie aus zweifunktionellen Domänen aufgebaut werden:

Genmodifikation

Gezielte Manipulationdes Genoms mitZinkfingernukleasenMELANIE MEYER, BENEDIKT WEFERS, OSKAR ORTIZ, WOLFGANG WURST,

RALF KÜHN

INSTITUT FÜR ENTWICKLUNGSGENETIK, HELMHOLTZ-ZENTRUM MÜNCHEN

In vielen Säugetierarten gab es bis jetzt keine effektiven Werkzeugefür eine gezielte Genmodifikation. Die Entwicklung der Zinkfingernu-klease-Technologie ermöglicht nun auch in diesen Organismen eineschnelle und einfache Genommanipulation.

Most mammalian species lack useful tools for targeted gene modifi-cation. With the discovery of the zinc-finger nuclease technology it isnow possible to achieve rapid and easy genome manipulations inmammals.

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538 WISSENSCHAFT · SPECIAL: GENE TARGETING – KNOCK-OUT/KNOCK-IN

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einer DNA-bindenden, modularen Zinkfin-ger(ZF)-Domäne und der DNA-schneidendenNukleasedomäne des Fok1-Restriktionsen-zyms (Abb. 1A). Die ZF-Domäne leitet somitdie unspezifisch wirkende Nukleasedomänean eine spezifisch ausgewählte DNA-Zielse-quenz. Da die Nuklease nur als Dimer enzy-matisch aktiv ist, ist die Entstehung einesDSB abhängig von der Dimerisierung derZFN. Diese erfolgt durch die Bindung von zweiheterodimeren ZFN an benachbarte Zielse-quenzen, getrennt durch eine sechs Basen-paare lange Spacerregion (Abb. 1A). Die inder Literatur beschriebenen ZFN besitzen dreioder vier ZF-Domänen; da ein Zinkfinger dreiNukleotide der DNA-Sequenz erkennt, bin-den solche ZFN-Einheiten an neun bis zwölfBasen lange Zielsequenzen. Es gibt zurzeit

zwei Technikplattformen, um benutzerdefi-nierte Zinkfinger mit hoher Spezifität zuerzeugen: die Plattform der Firma SangamoBioscience [3], und die frei verfügbare oligo-merized pool engineering(OPEN)-Plattform, dievon den akademischen Labors des Zinkfin-ger-Konsortiums bereitgestellt wird [4]. DieReparatur eines DSB, der durch ein ZFN-Paarinduziert wurde, kann durch einen von zweimöglichen, natürlich vorkommenden Mecha-nismen wieder repariert werden: entwederdurch non-homologous end joining (NHEJ) oderHR (Abb. 1B). In Abwesenheit einer DNA-Vor-lage ist das NHEJ der bevorzugte Weg. Es führtzu Nukleotidinsertionen und/oder Deletio-nen, durch die das ursprüngliche Leserasterdes Zielgens zerstört wird, was in vielen Fäl-len zur Expression von verkürzten und/oder

nicht funktionsfähigen Proteinen führt. DieReparatur des DSB durch die HR unter Ver-wendung einer DNA-Vorlage resultiert dage-gen entweder in einer perfekten Reparaturoder, falls es sich um eine modifizierte Vorlagehandelt, in einem Knock-in, also einem Ein-fügen zusätzlicher genetischer Information.

Zinkfingernukleasen-vermittelte

Genmodifikation

Der einfachste Weg der gezielten Genom-manipulation ist die Erzeugung von Knock-out-Allelen. Mit diesen kann man am schnell-sten dauerhaft die phänotypischen Eigen-schaften einer Zelle verändern und damit dieGenfunktion bestimmen. Die ZFN lieferndurch das NHEJ eine effiziente Methode, umeinen gezielten Knock-out in Säugerzellen zuerzeugen. Diese Methode macht sich Fehlerzunutze, die während der DNA-Reparatur ein-gebracht werden. Dieser Ansatz wurde bereitsin verschiedenen Spezies (Zebrafisch [5], Rat-te [6] und Maus [7]) und im zellulären Kontext(CHO[chinese hamster ovary]- [8], ES- undiPS[induzierte pluripotente Stamm]-Zellen [7,9]) angewandt, um nutzerspezifische Gene ineinem einzigen Schritt und ohne Selektions-verfahren auszuschalten.

ZFN wurden z. B. benutzt, um das Dihy-drofolat-Reduktase(Dhfr)-Gen in CHO-Zellenzu modifizieren [8]. In dieser Studie wurdeder Knock-out des Dhfr-Gens mit einer Fre-quenz von über einem Prozent ohne den Ein-satz eines Selektionsmarkers erzielt.Sequenzanalysen zeigten, dass durch die ZFNInsertionen und Deletionen im Bereich von+2 bis –302 Basenpaaren hervorgerufen wur-den.

Bis zu 32 Prozent der Zebrafischembryo-nen, denen ZFN spezifisch für das Gen gol-den injiziert wurden, enthalten in den Augenunpigmentierte Zellen, was einen Verlust des

¯ Abb. 2: Schema der Pronukleusinjektion. Zygoten werdenaus Wildtyp(WT)-Mäusen isoliert, anschließend werden Gen-Targeting-Vektor und Zinkfingernukleasen(ZFN)-mRNA in denmännlichen Vorkern injiziert. Die Zygoten werden dann inscheinschwangere Mäuse transferiert und deren Nachkom-men auf Knock-in- und Knock-out-Ereignisse untersucht.DSB: Doppelstrangbruch; HR: homologe Rekombination;KO/KI: Knock-in/Knock-out.

˚ Abb. 1: Wirkmechanismus der Zinkfingernukleasen (ZFN). A, modularer Aufbau und spezifischeBindung der ZFN zur Dimerisierung und anschließenden Aktivierung der Fok1-Endonukleasen.B, non-homologous end joining (NHEJ) und homologe Rekombination (HR), zwei Mechanismen dernatürlichen Reparatur eines DNA-Doppelstrangbruchs (DSB), führen zu Nukleotidinsertionen,-deletionen oder zum Knock-in exogener DNA.

A

B

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golden-Proteins widerspiegelt. Diese Muta-tionen wurden außerdem an einen signi-fikanten Anteil (über sieben Prozent) derNachkommen weitervererbt [5].

Die erste erfolgreiche Demonstration vonZFN in Rattenzygoten bestand in der Muta-tion eines GFP-Transgens [6]. Die Fre-quenz des erfolgreichen Knock-outs laghier bei 20 Prozent der transferierten Zygo-ten und resultierte in einer gezielten Muta-tion in den Tieren. Die Mutationen wur-den in einer hohen Frequenz über dieKeimbahn an die Nachkommen weiterge-geben.

In einem ähnlichen Experiment inMauszygoten konnten wir eine vergleich-bare Frequenz (22 Prozent) mit ZFN erzie-len, die spezifisch für den Rosa26-Locusentwickelt wurden, erzielen [7]. Dieseersten Meilensteine in der Säugetier-Trans-genese wurden durch die pronukleare oderzytoplasmatische Injektion von ZFN-mRNA in Zygoten erreicht.

Somit führt die Mikroinjektion von ZFNin Zygoten zum gezielten, schnellen, per-manenten und vererbbaren Knock-out vonGenen. Die Anwendung der ZFN zurgezielten Herstellung von Knock-outs inOrganismen, bei denen keine ES-Zellenoder andere Klonierungstechniken ver-fügbar sind, ist somit eine wichtige Ent-wicklung um fundamentale biologischeFragen beantworten und Tiermodelle vonökonomischem Interesse etablieren zukönnen. Außerdem könnte diese Metho-de in zukünftigen therapeutischen Anwen-dungen genutzt werden, um den gezieltenKnock-out von dominant mutierten Alle-len zu erreichen.

Gene Targeting mit

Zinkfingernukleasen in Zygoten

Gene Targeting beruht auf der Rekombi-nation zwischen einem endogenen Ziello-cus und einem exogen eingebrachten GeneTargeting-Vektor, welcher als homologesDNA-Fragment der HR als Reparaturma-trize dienen soll. Das ZFN-vermittelte GeneTargeting ermöglicht es somit, exogeneDNA-Sequenzen zielgerichtet und schnellan die vorherbestimmten Stellen imGenom zu positionieren (Knock-in). ZFNwurden bereits benutzt, um Knock-ins inSäugerzellen [3, 7–10], Drosophila mela-nogaster [11] und vielen weiteren Spezieszu erzeugen.

So wurden z. B. mit der ZFN-Technologiein humanen Zellen gezielte Integrationen

an einem spezifischen Locus mit einer Fre-quenz von fünf bis 15 Prozent ohne Selek-tionsverfahren erzielt [10]. Da humaneErkrankungen schon länger das Ziel gen-therapeutischer Anwendungen sind, wur-de an einem Beispiel die Nutzbarkeit derZFN-vermittelten Genkorrektur demon-striert [3]. Es wurden gezielte Verände-rungen in mehr als 18 Prozent der HEK-293-Zellen ohne vorherige Selektionerzielt.

Die Verwendung von Zygoten stellte dennächsten logischen Schritt bei der Modi-fikation der Keimbahn bei Säugetieren dar.Während die Vorkerninjektion von DNAroutinemäßig eingesetzt wird, um trans-gene Mäuse, Ratten und andere Säugetie-re durch zufällige, genomische Integrationdes Transgens herzustellen, war das Gen-Targeting in Zygoten aufgrund der niedri-gen Frequenz der spontanen HR bishernicht etabliert. Da die Maus das am bestenetablierte Modellsystem der Säuger ist,haben wir untersucht, ob ein gezielterKnock-in direkt durch die ZFN-unterstützteHR in Zygoten nach der Ko-Injektion vonZFN-mRNAs und einem Gene Targeting-Vektor in den männlichen Pronukleuserreicht werden kann (Abb. 2, [7]).

Dazu nutzten wir einen Targeting-Vek-tor, der ein 1,1 Kilobasen großes Venus-Reportergen in den Rosa26-Locus einführt(Abb. 3A). Die Southern-Blot-Analyse derdaraus resultierenden Mäuse zeigte dieAnwesenheit eines rekombinierten Allels;es wurde durch die 3,1 Kb-BAMHI-Bande(nachgewisen mit einer 3’-Hybridisie-rungssonde) und durch die 3,9 Kb-BAMHI-Bande (nachgewiesen mit einer Venus-Son-de) gezeigt (Abb. 3B). Die Venus-Repor-terkassette wurde aus der genomischenDNA mittels PCR amplifiziert und durchSequenzanalysen als intakt bestätigt. Wirkonnten keine Mutationen in der analy-sierten Region beobachten, was zeigt, dassdie ZFN-vermittelte HR mit einer hohenGenauigkeit erfolgt. Zudem wurde die Inte-grität der Venus-Reporterkassette durchden Nachweis der GFP-Fluoreszenz bestä-tigt (Abb. 3C). Verglichen mit einer frühe-ren Arbeit über HR in Mauszygoten, dieeine Rate der spontanen Rekombinationvon unter 0,1 Prozent beschreibt [12], zeig-ten unsere Ergebnisse, dass das Gene Tar-geting im Pronukleus von Zygoten in einerhöheren Frequenz (1,7 bis 4,5 Prozent)erreicht werden kann, wenn es von ZFNunterstützt wird. Die ZFN-Expression, die

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540 WISSENSCHAFT · SPECIAL: GENE TARGETING – KNOCK-OUT/KNOCK-IN

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Erzeugung eines DSB und die HR erfolgen inwenigen Stunden, bevor die DNA-Replikationund die Fusion der beiden Vorkerne beendetsind. Außerdem beeinträchtigt die ZFN-Expression und die daraus resultierende Gen-modifikation nicht die Vitalität und Fertilitätder Knock-in-Mäuse.

Schlussfolgerung

Die Möglichkeit, routinemäßig Gene in Zell-linien und Tieren gezielt zu verändern, istseit Langem das Ziel vieler Wissenschaftlerauf der Suche nach einem besseren Ver-ständnis der komplexen Funktion der ver-schiedenen Gene. Die Anwendung diesesWissens kann genutzt werden, um neueMedikamente zu entwickeln, eine verbes-serte Produktivität von Nutztieren oder -pflanzen zu erreichen und humane Erkran-kungen durch eine mögliche Gentherapie zubehandeln oder sogar zu heilen. In ihrerGesamtheit zeigen die aufgeführten Arbei-ten, dass die ZFN-Technologie es ermöglicht,dieses Ziel zu erreichen, indem in effizienterWeise präzise genetische Veränderungen indas Genom von z. B. humanen Stammzellen,

Pflanzen und Säugetieren integriert werdenkönnen.

Bei der Anwendung in Zygoten bieten dieZFN eine attraktive und schnelle Alternativezur Genmanipulation in Maus-ES-Zellen undzum Kerntransfer. Darüber hinaus ermöglichtdie ZFN-Technologie aber auch erstmals dieErzeugung von gezielten Mutanten in Säu-gern, wie dem Kaninchen [13], bei denen ES-Zellen nicht etabliert sind und bisher keinegezielten Mutagenesemethoden zur Ver-fügung standen. ó

Literatur[1] Capecchi, MR (1989) The new mouse genetics: alteringthe genome by gene targeting. Trends Genet 5:70–76[2] Cohen-Tannoudji M, Robine S, Choulika A et al. (1998)I-SceI-induced gene replacement at a natural locus in embryo-nic stem cells. Mol Cell Biol 18:1444–1448[3] Urnov FD, Miller JC, Lee YL et al. (2005) Highly efficientendogenous human gene correction using designed zinc-fin-ger nucleases. Nature 435:646–651[4] Maeder ML, Thibodeau-Beganny S, Osiak A et al. (2008)Rapid ‘open-source’ engineering of customized zinc-fingernucleases for highly efficient gene modification. Mol Cell31:294–301[5] Doyon Y, McCammon JM, Miller JC et al. (2008) Heritabletargeted gene disruption in zebrafish using designed zinc-fin-ger nucleases. Nat Biotechnol 26:702–708

[6] Geurts AM, Cost GJ, Freyvert Y et al. (2009) Knockout ratsvia embryo microinjection of zink-finger nucleases. Science325:433[7] Meyer M, Hrabé De Angelis M, Wurst W et al. (2010) Genetargeting by homologous recombination in mouse zygotesmediated by zinc-finger nucleases. Proc Natl Acad Sci USA107:15022–15026[8] Santiago Y, Chan E, Liu PQ et al. (2008) Targeted geneknockout in mammalian cells by using engineered zinc-fingernucleases. Proc Natl Acad Sci USA 105:5809[9] Hockemeyer D, Soldner F, Beard C et al. (2009) Efficienttargeting of expressed and silent genes in human ESCs andiPSCs using zinc-finger nucleases. Nat Biotechnol 27:851–857[10] Moehle EA, Rock JM, Lee YL et al. (2007) Targeted geneaddition into a specified location in the human genome usingdesigned zinc finger nucleases. Proc Natl Acad Sci USA104:3055[11] Beumer KJ, Trautman JK, Bozas A et al. (2008) Efficientgene targeting in Drosophila by direct embryo injection withzinc-finger nucleases. Proc Natl Acad Sci USA 105:19821–19826[12] Brinster RL, Braun RE, Lo D et al. (1989) Targeted correc-tion of a major histocompatibility class II E alpha gene byDNA microinjected into mouse eggs. Proc Natl Acad Sci USA86:7087[13] Flisikowska T, Thorey IS, Offner S et al. (2011) Efficientimmunoglobulin gene disruption and targeted replacement inrabbit using zinc finger nucleases. PloS One 6:e21045

Korrespondenzadresse:

Melanie MeyerInstitut für EntwicklungsgenetikHelmholtz-Zentrum MünchenIngolstädter Landstraße 1D-85764 München-NeuherbergTel.: 089-3187-2273Fax: [email protected]

AUTOREN

Ralf Kühn, Benedikt Wefers, Melanie Meyer,Oskar Ortiz und Wolfgang Wurst (v. l. n. r)

Die Autoren arbeiten im Institut für Entwick-lungsgenetik des Helmholtz-Zentrums Mün-chen. Hauptziel ihrer Forschung ist die Erstel-lung und Untersuchung genetischer Maus-modelle für neurodegenerative und psychiatri-sche Erkrankungen. Dazu zählt auch die Ent-wicklung und Erprobung neuer Technologienzur vereinfachten Erzeugung genetischerModelle.

˚ Abb. 3: Homologe Rekombination (HR) im Rosa26-Locus. A, Struktur des Rosa26-Locus vorund nach der HR sowie des Targeting-Vektors mit den Homologiearmen (HA) und der Reporter-kassette. B, Southern Blots einer positiv rekombinierten DNA (HR) und einer Wildtyp-DNA (WT),verdaut mit BamHI, hybridisiert mit der 5’- und der Venus-Sonde. C, Durchlicht- und Fluoreszenz-aufnahme vom Gehirn einer Wildtyp-Maus und einer Knock-in-Maus nach der HR. Nach der erfol-greichen HR konnten wir die GFP-Fluoreszenz des Gehirns und damit die Funktionsfähigkeit desVenus-Gens zeigen.

A

B C