kapitel 4. reihen 4.1. definition und beispiele · gilt hingegen β > 1, so ist die reihe...
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Kapitel 4. Reihen
4.1. Definition und BeispieleIst (an) eine Folge von Zahlen, so heißt der formale Ausdruck
∞∑ν=0
aν = a0 + a1 + a2 + . . .
eine Reihe; die einzelnen aν sind die Glieder dieser Reihe.
Um dies zu prazisieren, betrachten wir die zugehorigen Partialsummen
sn :=n∑
ν=0
aν = a0 + a1 + . . . + an.
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Definition. Konvergiert die Folge der Partialsummen (sn), so heisst die obige Reihekonvergent und man nennt
∞∑ν=0
aν := limn→∞
sn
die Summe der Reihe. Divergiert (sn), so heisst die Reihe divergent.
Beachte die Doppelbedeutung des Symbols∑∞
ν=0 aν einerseits als Bezeichnung furdie Reihe und andererseits fur die Summe (falls diese existiert).
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Geometrische Reihe
Beispiel. Die geometrische Reihe∑∞
ν=0 qν = 1+ q + q2 + . . . hat die Partialsummen
sn = 1 + q + q2 + . . . + qn =1− qn+1
1− q
(Beweis mit Induktion).
Fur |q| < 1 gilt limn→∞ qn = 0. Folglich konvergiert die geometrische Reihe indiesem Fall und hat die Summe
∞∑ν=0
qν =1
1− q.
Im Falle |q| ≥ 1 ist die geometrische Reihe divergent, da sie die nachfolgendeKonvergenzbedingung verletzt.
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Satz. Ist die Reihe∞∑
ν=0aν konvergent, so gilt
limν→∞
aν = 0.
Diese Bedingung ist fur Konvergenz notwendig, aber nicht hinreichend.
Damit die Reihe∑∞
ν=0 aν konvergiert, mussen die Glieder aν “genugend schnell”gegen Null konvergieren. Dazu folgendes Beispiel.
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Harmonische Reihe
Wir untersuchen die harmonische Reihe∞∑
ν=1
1ν
= 1 +12
+13
+14
+ . . . .
Man nennt die Partialsumme Hn :=∑n
ν=11ν die n-te harmonische Zahl.
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Physikalische Interpretation:
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d2d3
d4d5
Wir mochten mit Bauklotzen gleicher Grosse und Gewicht einen Turm am Randeeiner Tischkante bauen, der so weit wie moglich uber den Tisch ubersteht, ohneumzufallen.
Die Bauklotze haben die Lange 2 und haben den Schwerpunkt in der Mitte. Esbezeichne dn den Abstand der rechten Kante des ersten (obersten) Bauklotzes vomn-ten Klotz (n ≥ 2).
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Gleichgewichtsbedingung:
Der gemeinsame Schwerpunkt der oberen n Klotze liegt vertikal uber dem(n + 1)-ten Klotz, fur alle n ≥ 1.
Dies liefert die folgende Bedingung
1n
[1 + (d2 + 1) + (d3 + 1) + · · ·+ (dn + 1)] ≥ dn+1.
(n Objekte gleichen Gewichts mit Schwerpunkt an den Positionen p1, . . . , pn habenGesamtschwerpunkt an der Position (p1 + . . . + pn)/n.)
Im Grenzfall (Gleichheit) erhalten wir die harmonischen Zahlen
dn+1 = dn +1n
= d2 +12
+ · · ·+ 1n
= Hn.
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H1 = 1, H2 = 1.5, H3 ≈ 1.83, H4 ≈ 2.08
Bei vier Klotzen ist der oberste Klotz erstmals vollstandig ausserhalb des Tisches.
Wie weit ausserhalb des Tisches kann der Turm theoretisch reichen?
Beliebig weit, denn es gilt:
Satz. Die harmonische Reihe ist divergent. Das heisst
limn→∞
Hn = ∞.
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Der Beweis lasst allerdings vermuten, dass die Divergenz der harmonischen Reihesehr langsam ist.
In der Tat ist Hn ≥ 10 erstmals bei n = 12367. (Wie bestimmt man dieses n?)
Eine analytische Beschreibung des asymptotischen Wachstums von Hn werdenspater kennenlernen (naturlicher Logarithmus).
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Bei den bisher betrachteten Reihen waren alle Glieder positiv.
Da jede monotone beschrankte Folge konvergiert, erhalten wir allgemein:
Satz. Eine Reihe∞∑
ν=0aν mit reellen nichtnegativen Gliedern aν ≥ 0 ist genau dann
konvergent, wenn ihre Folge der Partialsummen beschrankt ist.
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Beispiel. Betrachte die Reihe∞∑
ν=1
1ν2
.
Wir zeigen, dass
sn :=n∑
ν=1
1ν2
≤ 2.
Daraus folgt mit dem Satz, dass die Reihe konvergiert.
Euler zeigte, dass die Summe dieser Reihe gleich π2/6 ist!
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Aus den Rechenregeln fur Grenzwerte erhalten wir sofort die folgenden Regeln furdas Rechnen mit Reihen.
Satz. Sind∞∑
ν=0aν und
∞∑ν=0
bν konvergente Reihen und λ ∈ C,
so sind auch die Reihen∞∑
ν=0(aν + bν) und
∞∑ν=0
λaν konvergent und es gilt:
∞∑ν=0
(aν + bν) =∞∑
ν=0
aν +∞∑
ν=0
bν ,
∞∑ν=0
λaν = λ
∞∑ν=0
aν .
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4.2. KonvergenzkriterienDas Cauchy-Kriterium fur Reihen ist die Grundlage fur die meistenKonvergenzkriterien, die wir im folgenden besprechen werden.
Satz. (Cauchy-Kriterium fur Reihen)Eine Reihe
∑∞ν=0 aν ist genau dann konvergent, wenn es zu jedem ε > 0 eine
Schwelle nε gibt, mit
∀m > n ≥ nε
∣∣∣∣∣m∑
ν=n+1
aν
∣∣∣∣∣ < ε.
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Die sogenannt absolut konvergenten Reihen sind besonders einfach zu analysierenund zu handhaben.
Definition. Eine Reihe∞∑
ν=0aν heisst absolut konvergent, wenn die zugehorige
Betragsreihe∑∞
ν=0 |aν | konvergiert.
Satz. Absolut konvergente Reihen sind konvergent.
Zum Beispiel ist die geometrische Reihe∞∑
ν=0qν absolut konvergent fur |q| < 1,
andernfalls divergent.
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Im nachsten Abschnitt werden wir zeigen, dass die alternierende harmonische Reihe
∞∑ν=1
(−1)ν+1 1ν
= 1− 12
+13− 1
4+ . . .
konvergiert.
Weil die Reihe der Absolutbetrage divergiert (harmonische Reihe) ist diesealternierende Reihe nicht absolut konvergent.
Allgemeiner nennt man konvergente, aber nicht absolut konvergente Reihen bedingtkonvergent.
Die Eigenschaften solcher Reihen werden im nachsten Abschnitt diskutiert.
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Die absolute Konvergenz einer Reihe lasst sich in der Regel leicht nachweisen durchVergleich mit einer bekannten Reihe.
Satz. (Majorantenkriterium)
Gilt |aν | ≤ bν fur alle ν ≥ ν0 und ist die Reihe∞∑
ν=0bν konvergent, so ist die Reihe
∞∑ν=0
aν absolut konvergent.
Man nennt die Reihe∞∑
ν=0bν eine konvergente Majorante von
∞∑ν=0
aν .
Beispiel. Ist die Reihe∞∑
ν=0
ν + (−1)ν ·√
ν
(2ν − 1)3
absolut konvergent?
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Durch Reihenvergleich lasst sich auch die Divergenz einer Reihe nachweisen. DerBeweis ist offensichtlich.
Satz. (Minorantenkriterium)
Gilt 0 ≤ bν ≤ aν fur alle ν ≥ ν0 und ist die Reihe∞∑
ν=0bν divergent, so ist auch die
Reihe∞∑
ν=0aν divergent.
Die Reihe∑∞
ν=0 bν heisst divergente Minorante von∑∞
ν=0 aν .
Beispiel. Konvergiert die Reihe
∞∑ν=1
1ν +
√ν
?
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Besonders nutzlich ist oftmals der Vergleich mit der geometrischen Reihe in Formfolgender Kriterien.
Satz. (Quotientenkriterium)
Fur die Reihe∞∑
ν=0aν existiere der Grenzwert
α = limν→∞
∣∣∣∣aν+1
aν
∣∣∣∣ .Gilt α < 1, so ist die Reihe absolut konvergent.
Gilt hingegen α > 1, so ist die Reihe divergent.
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Bemerkung. Im Falle limν→∞
∣∣∣aν+1aν
∣∣∣ = 1 kann keine allgemeine Aussage gemachtwerden kann. Beide Reihen
∞∑ν=1
1ν2
und∞∑
ν=1
1ν
erfullen namlich diese Bedingung, aber die linke Reihe ist konvergent und die rechtedivergent.
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Ein weiteres nutzliches Kriterium ist das Wurzelkriterium.
Satz. (Wurzelkriterium)Fur die Reihe
∑∞ν=0 aν existiere der Grenzwert
β := limν→∞
ν√|aν |.
Gilt β < 1, so ist die Reihe absolut konvergent.
Gilt hingegen β > 1, so ist die Reihe divergent.
Die Beispiele von vorher,∑∞
ν=11ν2 und
∑∞ν=1
1ν , zeigen, dass wiederum im Fall
limν→∞ν√|aν | = 1 keine allgemeine Aussage gemacht werden kann.
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Beipiel. Die Exponentialreihe∞∑
ν=0
zν
ν!
konvergiert fur jedes z ∈ C absolut.
Beispiel.
(1) Die Reihe∞∑
ν=0νqν ist fur |q| < 1 absolut konvergent.
(2) Fur |q| ≥ 1 ist die Reihe∞∑
ν=0νqν divergent.
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4.3. Bedingte Konvergenz
Definition. Eine Reihe∑∞
ν=0(−1)νaν , bei der die Glieder aν eine strikt monotonfallende Nullfolge bilden, d.h. mit
aν > aν+1 > 0 und limν→∞
aν = 0,
heisst alternierend.
Beispiel. Die Reihe∞∑
ν=1(−1)ν+1/ν heisst alternierende harmonische Reihe.
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Satz. (Leibnizsches Konvergenzkriterium) Eine alternierende Reihe∑∞
ν=0(−1)νaν
ist konvergent. Ausserdem ist der Abbruchfehler stets kleiner als das erstevernachlassigte Glied, d.h. |
∑∞ν=n+1(−1)νaν | < an+1.
Zum Beweis: Setze
sn :=n∑
ν=0
(−1)νaν .
S SS S S
aa
aa
0
1
1
2
3
23
4
4
S
23
Beim Rechnen mit bedingt konvergenten Reihen ist Vorsicht geboten, wie folgendesBeispiel zeigt.
s = 1 − 12 + 1
3 − 14 + 1
5 − 16 + 1
7 − 18 + · · ·
s2 = 1
2 − 14 + 1
6 − 18 + · · ·
s + s2 = 3s
2 = 1 + 13 − 1
2 + 15 + 1
7 − 14 + · · ·
Die untenstehende Reihe besteht aus den gleichen Gliedern, wie die alternierendeharmonische, nur erscheinen die Glieder in anderer Reihenfolge.
Offenbar hat sich der Wert dieser Reihe durch Umordnen der Glieder um denFaktor 3
2 vergrossert!
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Allgemein kann man sogar folgendes beweisen.
Satz. (Riemannscher Umordnungssatz) Durch Umordnen der Glieder kann jedereelle, bedingt konvergente Reihe jede reelle Summe annehmen oder sogar divergentgemacht werden.
Zum Gluck ist dies nicht der Fall bei absolut konvergenten Reihen, die sich invielerlei Hinsicht ahnlich wie endliche Summen verhalten.
Satz. Es sei∞∑
ν=0aν eine absolut konvergente Reihe mit Summe s. Dann ist jede durch
eine Permutation der Glieder aν entstehende Reihe absolut konvergent mit Summe s.
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Motivation: ( N∑µ=0
aµ
)( N∑ν=0
bν
)=∑µ,ν
aµbν =2N∑n=0
n∑ν=0
aνbn−ν .
Satz. (Multiplikation absolut konvergenter Reihen)
Es seien∞∑
ν=0aν und
∞∑ν=0
bν absolut konvergente Reihen mit Summen α bzw. β. Wir
definieren fur n ≥ 0 das Faltungsprodukt (cn) der Folgen (an) und (bn) durch
cn :=n∑
ν=0
aνbn−ν .
Dann ist die zugehorige Reihe∑∞
n=0 cn absolut konvergent mit Summe α · β.
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