schriftenreihe personal- und organisationsentwicklung
TRANSCRIPT
Schriftenreihe
Personal- und Organisationsentwicklung
Band 2
Herausgeber: Prof. Dr. Ekkehart Frieling
Betriebliche
Kompetenzentwicklung =
=
Einführung und Evaluation systematischer
Kompetenzentwicklungskonzepte =
=
=
Ellen Schäfer
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel als
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.) angenommen.
Erster Gutachter: Prof. Dr. Ekkehart Frieling
Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl
Tag der mündlichen Prüfung 4. April 2006
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.ddb.de abrufbar
Zugl.: Kassel, Univ., Diss. 2006
ISBN-10: 3-89958-211-X
ISBN-13: 978-3-89958-211-6
URN: urn:nbn:de:0002-2116
© 2006, kassel university press GmbH, Kassel
www.upress.uni-kassel.de
Umschlaggestaltung: Bettina Brand Grafikdesign, München
Druck und Verarbeitung: Unidruckerei der Universität Kassel
Printed in Germany
Übersicht
V
0 Vorwort ......................................................................................................... 1
1 Einleitung...................................................................................................... 3
1.1 Ausgangslage............................................................................................... 3
1.2 Problemstellung............................................................................................ 5
1.3 Zielsetzung und Fragestellungen.................................................................. 9
1.4 Aufbau der Arbeit........................................................................................ 11
2 Theoretische Grundlagen ........................................................................... 14
2.1 Kompetenz ................................................................................................. 14
2.1.1 Können und Wollen – oder Dürfen? ........................................................... 15
2.1.2 Facetten der Kompetenz ............................................................................ 17
2.1.3 Konkretisierung des Kompetenzbegriffs ..................................................... 18
2.2 Entwicklung ................................................................................................ 19
2.2.1 Sozialisation und Bildung............................................................................ 19
2.2.2 Lernen ........................................................................................................ 21
2.3 Kompetenzentwicklung im betrieblichen Kontext........................................ 27
2.3.1 Veränderungen als Auslöser und Bedingung für Kompetenzentwicklung... 28
2.3.2 Personal- und Organisationsentwicklung.................................................... 30
2.3.3 Lernkultur einer lernenden Organisation..................................................... 39
2.4 Nutzen von Kompetenzentwicklung und Kompetenz.................................. 41
2.5 Konsequenzen für die Untersuchung.......................................................... 43
3 Methodische Grundlagen............................................................................ 45
3.1 Forschungsansatz ...................................................................................... 45
3.2 Wissenschaftliche Erhebungsmethoden..................................................... 47
3.3 Methoden zur Analyse des betrieblichen Bildungsbedarfs ......................... 50
3.4 Methoden zur Kompetenz- und Arbeitsanalyse .......................................... 54
3.4.1 Biografisch-orientierte Analyseverfahren .................................................... 55
3.4.2 Arbeitsanalytische Verfahren...................................................................... 58
3.4.3 Kompetenz(entwicklungs)management...................................................... 66
3.5 Bewertungs- und Evaluationsmethoden ..................................................... 68
3.5.1 Praxisrelevante Bewertungskriterien .......................................................... 69
3.5.2 Weiterbildungsevaluation............................................................................ 69
3.6 Konsequenzen für die Untersuchung.......................................................... 73
4 Kompetenzentwicklung in der Praxis - Vorgehensweise ............................ 75
4.1 Forschungsfeld ........................................................................................... 75
VI
4.1.1 Branchenentwicklung der chemischen Industrie.........................................75
4.1.2 Praxispartner ..............................................................................................77
4.2 Forschungsdesign.......................................................................................79
4.2.1 Organisations- und Informationsphase .......................................................80
4.2.2 Auswahl von Methoden für die Analyse- und Entwicklungsphase ..............82
4.2.3 Ableitung von Evaluationskriterien..............................................................96
4.3 Kompetenzentwicklung in der Praxis - Fallstudien bei gewerblichen
Beschäftigungsgruppen ..............................................................................98
4.3.1 Fallbeispiel 1 – Kompetenzentwicklung auf Basis von
Bedarfsanalysen .........................................................................................99
4.3.2 Fallbeispiel 2 - Kompetenzentwicklung auf Basis von
Teiltätigkeitslisten......................................................................................121
4.3.3 Fallbeispiel 3 - Kompetenzentwicklung auf Basis von
Lernförderlichkeitsanalysen ......................................................................143
4.3.4 Zusammenfassung ...................................................................................167
4.4 Kompetenzentwicklung in der Praxis – Ergebnisse der
Unternehmensstudien...............................................................................168
4.4.1 Ergebnisse der Analysephase ..................................................................171
4.4.2 Ergebnisse der Entwicklungsphase ..........................................................181
4.4.3 Evaluation betrieblicher Kompetenzentwicklungsprozesse.......................186
4.5 Schlussfolgerungen ..................................................................................198
5 Diskussion der empirischen Befunde zur Kompetenzentwicklung ............202
5.1 Elemente zur Implementierung des Kompetenzentwicklungsansatzes.....202
5.1.1 Organisatorische und informatorische Voraussetzungen..........................203
5.1.2 Bedeutung systematischer Methoden.......................................................206
5.1.3 Nutzen beteiligungsorientierter Kompetenzentwicklungsprozesse ...........210
5.2 Berücksichtigung verschiedener Tätigkeitsgruppen..................................219
5.3 Zusammenfassende Überlegungen..........................................................228
6 Ausblick ....................................................................................................232
7 Literaturverzeichnis...................................................................................236
8 Abbildungsverzeichnis ..............................................................................252
9 Tabellenverzeichnis ..................................................................................256
10 Anhang .....................................................................................................257
1
0 Vorwort
Die Veränderungen in der Arbeitswelt bedingen, dass die Qualifikationen
und Kompetenzen der Mitarbeiter zu entscheidenden Faktoren für die Wett-
bewerbsfähigkeit von Unternehmen und für die Employability der Beschäf-
tigten werden. Dynamische Wettbewerbs- und Marktbedingungen erfordern
zunehmend selbstorganisiertes Lernen aller Beteiligten, bei dem neben
fachlichen oder methodischen Kompetenzen z. B. der Umgang mit neuen
Arbeitsformen, wachsenden Leistungsanforderungen und dem ‘Wandel an
sich’ zu lernen ist. Dies löst einen steigenden Bedarf nach Weiterbildung
aus, von dem alle Beschäftigungsgruppen betroffen sind. Es werden inno-
vative Handlungsstrategien und systematische Methoden benötigt, die ne-
ben formaler Weiterbildung das Lernen im Prozess der Arbeit fördern und
insbesondere gewerbliche Mitarbeiter berücksichtigen.1 Hiermit beschäftigt
sich die vorliegende Arbeit, die vor dem Hintergrund eines vom Bundesmi-
nisterium für Bildung und Forschung sowie dem europäischen Sozialfonds
geförderten Forschungsprojekts entstand.
Ein besonderer Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Prof. Dr. Ekkehart
Frieling, der mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand und mich motiviert hat,
die verfolgten Zielsetzungen nicht aus den Augen zu verlieren sowie kritisch
zu reflektieren.
Frau Prof. Dr. Marion Weissenberger-Eibl möchte ich für die Übernahme
des Zweitgutachtens danken.
Diese Arbeit wäre ohne Unterstützung anderer nicht möglich gewesen. Da-
her danke ich meinen Kollegen im Projekt und am Institut für Arbeitswissen- 1 In der vorliegenden Arbeit wird bei Begriffen, die nicht neutral genutzt werden können, aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Wenn z. B. von Mitarbeitern die Rede ist, sind stets auch Mitarbeiterinnen gemeint.
2
schaft, insbesondere Herrn Thomas Fölsch und Herrn Dr. Martin Hingst, für
die fruchtbare Zusammenarbeit sowie Frau Annerose Thiele für die Über-
nahme der vielen Organisationsaufgaben im Rahmen des Projekts oder für
das Korrekturlesen der Texte, um nur einige Aspekte zu nennen. Erwähnen
möchte ich auch Frau Ingrid Pahls und Herrn Dr. Jürgen Pfitzmann, die e-
benfalls stets Zeit für ein fachliches und/oder persönliches Gespräch hatten,
was mich immer wieder motiviert hat.
Frau Deborah Bigalk und Frau Dr. Heike Bernard gilt mein Dank u. a. für die
kompetente Beratung bei methodischen Fragen und die Mitwirkung bei den
Arbeitsplatzanalysen. Herr Jens Ahrend hat bei den statistischen Auswer-
tungen engagiert mitgearbeitet, ihm und Herrn Sebastian Famulok danke
ich für die Erstellung und Überarbeitung von zahlreichen Grafiken. An dem
der Arbeit zugrunde liegenden Forschungsprojekt haben weitere studenti-
sche Mitarbeiter und Diplomanden mitgewirkt, denen ich danke.
Mein Dank gilt nicht zuletzt meiner Familie sowie meinen Freunden, die mir
in vielerlei Hinsicht wesentlich geholfen haben, insbesondere Dunja, Janine,
Stefan und Frank. Heike sei darüber hinaus für die kritische Durchsicht der
Texte und die Optimierungsvorschläge herzlich gedankt, ebenso Norman
für die Unterstützung bei Layout- und Gestaltungsfragen.
Widmen möchte ich die Arbeit meinen Eltern. Ohne sie und ihre Unterstüt-
zung wäre sie nicht entstanden.
Ellen Schäfer
Einleitung
3
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage Die Veränderungen in der Arbeitswelt werden allerorts beschrieben und be-
tont. Unternehmen sehen sich durch veränderte ökonomische und gesell-
schaftliche Rahmenbedingungen vor große Herausforderungen gestellt.
Dies betrifft den durch die Globalisierung verschärften Wettbewerb, dem
viele Unternehmen durch stärkere Kundenorientierung, innovative Produkte
und Dienstleistungen, verbesserte Qualität, Kostensenkungsprogramme
sowie eine kontinuierliche Optimierung der betrieblichen Abläufe und Ar-
beitsprozesse zu begegnen suchen (vgl. Bullinger, 1995). Die Entwicklun-
gen im Bereich Technologie gehen mit wachsenden Anforderungen an die
Nutzung von Informations- und Kommunikationssystemen sowie die Bedie-
nung und Instandhaltung von Maschinen oder Anlagen einher. Insgesamt
kann eine Verschiebung von der Industrie- zur Dienstleistungs-, Wissens-
bzw. Kompetenzgesellschaft konstatiert werden. Kompetenzen werden zu
zentralen Wettbewerbsfaktoren, in ihnen wird ein Schlüssel für den künfti-
gen Erfolg der Volkswirtschaft, der Gesellschaft, der Unternehmen und des
Einzelnen gesehen.
Die Dynamik im Unternehmensumfeld und die daraus resultierenden Ver-
änderungen werden nicht nur vom Management, sondern auch von den Be-
schäftigten immer stärker wahrgenommen. Für die Mehrzahl der Arbeiten-
den können steigende Lernanforderungen festgestellt werden, die neben
einer größeren Variabilität von Aufgaben und Anforderungen auf die stei-
gende Komplexität zurückgehen.2 Dies löst einen kontinuierlichen Bedarf
nach Qualifizierung, Anpassung und Weiterentwicklung aus, von dem alle 2 In einer Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung und des Instituts für Arbeitmarkt- und Berufsforschung wurden die Mitarbeiter gefragt, ob in ihrem Betrieb bestimmte technische und/oder organisatorische Veränderungen, Maßnahmen bzw. Ereignisse in den zurückliegen-den zwei Jahren stattgefunden und ob sich diese auf die eigene Arbeitssituation ausgewirkt haben, vgl. ausführlich Jansen, 2002.
4
Zielgruppen betroffen sind. Neben fachlichen und methodischen Kompeten-
zen ist der Umgang mit Veränderungen, mit Unsicherheit, mit wachsenden
Leistungsanforderungen, dem Aufbrechen alter Gewohnheiten und Struktu-
ren, mit neuen Kollegen oder Vorgesetzten usw. zu lernen. Dies macht
deutlich, dass herkömmliche betriebliche Personalentwicklungskonzepte
und Weiterbildungsmaßnahmen nicht in der Lage sein können, diese Ent-
wicklungserfordernisse angemessen zu kompensieren.
Traditionell gesehen hat berufliche und betriebliche Weiterbildung für die
Bewältigung von Zukunftsaufgaben eine bedeutende Funktion (vgl. Holling
& Liepmann, 1995; Becker, 1999; Weiß, 2000b; Ridder & Bruns, 2002; Be-
cker & Schwertner, 2002). Die betrieblichen Qualifikationsanforderungen
bestimmen die Weiterbildungsziele und -inhalte, gleichzeitig sind Unter-
nehmen der größte Träger in der beruflichen Weiterbildung. Mehr als vier
Fünftel der Aufwendungen entfallen auf formelles Lernen oder Weiterbil-
dung im engen Sinne (vgl. Weiß, 2000b). Das formelle Lernen stößt ange-
sichts der Vielfalt, Dynamik und Komplexität der Veränderungen der Ar-
beitswelt zunehmend an seine Grenzen (vgl. Staudt & Kriegesmann, 1999).
Formal erworbenes Wissen veraltert schnell, in Zeiten der Veränderung
greift ein ‘Lernen auf Vorrat’ nicht mehr. Das für den Arbeitsprozess benö-
tigte Wissen wird spezieller, die erforderlichen betrieblichen Innovationspro-
zesse setzen selbstorganisiertes Lernen und Handeln voraus (vgl. Berg-
mann, 2000). Daraus ergibt sich die Forderung nach einer besseren Ver-
zahnung von Arbeit und Lernen. Unternehmen unter Konkurrenzbedingun-
gen müssen ihre Arbeits- und Produktionsprozesse wettbewerbsfähig orga-
nisieren. Hierfür benötigen sie lernfähige Menschen. Viele Unternehmen
verkennen die(se) Bedeutung des Lernens und haben Probleme, Lernpro-
zesse anzuregen (vgl. Frieling, 2004). Daneben kommt auf viele Industrie-
nationen eine weitere unaufhaltsame Entwicklung zu: Die Bevölkerung altert
und schrumpft zugleich, dies hat Konsequenzen für alle Lebensbereiche zur
Folge und wirkt sich auf die Zusammensetzung des Erwerbspersonenpo-
Einleitung
5
tenzials und die Arbeitsmarktbilanz aus. Die Erschließung der Arbeitskräfte-
potenziale älterer Beschäftigter und der so genannten Gering-Qualifizierten
erlangt aufgrund des demografischen Wandels eine steigende Bedeutung
und muss stärker in der betrieblichen Personalarbeit berücksichtigt werden
(vgl. Frerichs, 1999; Frieling, Fölsch & Schäfer, 2004). Zu diesem Zweck
werden alternative Handlungsstrategien benötigt, die ergänzend zur traditi-
onellen Personalentwicklung eingesetzt werden können.
1.2 Problemstellung Angesichts der dynamischen Herausforderungen entstehen neue Organisa-
tionsstrukturen, neue Lehr- und Lernformen, Lernanforderungen werden
komplexer. Die Strukturveränderungen der betrieblichen Weiterbildung wer-
den vor allem mit Hilfe des Begriffs ‘Kompetenzentwicklung’ beschrieben.
Seit Mitte der 1990er Jahre wird dieser Ansatz insbesondere von der
Arbeitsgemeinschaft betriebliche Weiterbildungsforschung e. V. (vgl.
www.abwf.de) vorangetrieben.
Kompetenzentwicklung unterscheidet sich von klassischen Weiterbildungs-
formen dadurch, dass neben formalisierten Qualifizierungsprozessen dem
selbstorganisierten Lernen eine bedeutende Funktion zukommt. Dies soll
optimalerweise ohne von außen auferlegte Interventionen durch die Ausei-
nandersetzung mit den Arbeitaufgaben geschehen (vgl. Baitsch, 1998;
Bergmann et al., 2000). Die Gewichtung des informellen Kompetenzerwerbs
wirft die Frage auf, wie Arbeitsstrukturen und -tätigkeiten gestaltet sein
müssen, um kontinuierliche und selbstorganisierte Entwicklungsprozesse zu
ermöglichen. Die Schaffung organisatorischer Rahmenbedingungen, die
Lernen fordern und fördern, sind hierfür eine Voraussetzung. Jedoch stellt
die Verbindung von Personal- und Organisationsentwicklung im Sinne einer
lernförderlichen Arbeitsgestaltung in den Unternehmen vielfach einen ‘wei-
ßen Fleck’ dar. Festzuhalten ist weiter, dass es einen permanenten qualifi-
6
katorischen Anpassungsbedarf aller Mitarbeiter gibt, der in der beschleunig-
ten Entwertung von Wissen und erlernten Kenntnissen seine Begründung
hat. Die Motivation und Möglichkeit zum Lernen wird von den Beschäftigten
gefordert, bleibt aber für viele ohne Garantie, tatsächlich in Weiterbildungs-
und Lernprozesse eingebunden zu werden (vgl. Dobischat & Benzenberg,
2002). Dies gilt besonders für ältere und/oder weibliche sowie an- und un-
gelernte Arbeitnehmer, die bei beruflicher Weiterbildung weit hinter Er-
werbstätigen mit höherer Stellung zurückfallen (vgl. Tabelle 1).3 Neben ei-
nem allgemeinen Rückgang der Teilnahme an Weiterbildung im Vergleich
der Jahre 2000 bis 2003 wird deutlich, dass sich mit steigender beruflicher
Position die Weiterbildungsbeteiligung erheblich erhöht. Diese Unterschiede
bestehen nicht nur zwischen un- und angelernten Arbeitern und Facharbei-
tern, sondern ebenfalls zwischen leitenden bzw. qualifizierten und ausfüh-
renden Angestellten.
Tabelle 1: Teilnahme an beruflicher Weiterbildung (in Prozent)4
1994 1997 2000 2003 Un- und angelernte Arbeiter 12 17 15 13 Facharbeiter 28 35 30 25 Ausführende Angestellte 21 30 27 20 Qualifizierte Angestellte 39 49 50 45 Leitende Angestellte 49 56 52 47
Die Erkenntnisse lassen sich tendenziell auf die betriebliche Personalent-
wicklung übertragen. So führt die Weiterbildungspraxis in vielen Unterneh-
men dazu, dass sich Qualifizierungsinteressen im Sinne der Förderung be-
ruflicher Entwicklungschancen der Beschäftigten selten oder nur bei aus-
3 Berufliche Weiterbildung ist umfassender als betriebliche Weiterbildung und bezieht sich neben Lehrgängen im Betrieb auf die Teilnahme an Umschulungen, Aufstiegsfortbildungen sowie sonstigen beruflichen Kursen, vgl. Berichtssystem Weiterbildung IX, BMBF, 2005. 4 Quelle: Berichtssystem Weiterbildung IX, 2005, S. 34 (Ausschnitt).
Einleitung
7
gewählten Zielgruppen finden.5 Eine Befragung von Allespach & Heimann
(2001) zeigt, dass nicht einmal ein Drittel der befragten Arbeitnehmer eige-
ne Wünsche zur Weiterbildung einbringen kann. Seusing und Bötel (2000)
konnten feststellen, dass eine mitarbeiterbezogene Bedarfsabfrage auf dem
letzten Platz möglicher Verfahren zur Analyse des betrieblichen Bildungs-
bedarfs rangiert. Insgesamt zeigen Studien (vgl. z. B. Beicht & Krekel,
1999), dass der Einsatz einer systematischen Personalentwicklungsplanung
in vielen Betrieben gering ausgeprägt ist.6 Entsprechend mangelhaft ist die
Kenntnis über vorhandene Kompetenzen der Mitarbeiter. Berufsbiografische
Erhebungen sind die Ausnahme, Personalstatistiken enthalten unvollständi-
ge Angaben zu Formalqualifikationen (vgl. Frieling, 2004). Weiterbildung
findet vorwiegend auf Anweisung der Vorgesetzten und aufgrund betriebs-
wirtschaftlicher Überlegungen statt. Diese Aussage ist vor dem Hintergrund
des wenig ausgeprägten Einsatzes von Controllinginstrumenten im Perso-
nalbereich brisant (vgl. Hentze & Kammel, 1993; Becker, 1995; Beicht &
Krekel, 1999) und betont eben nicht die maßgebliche Bedeutung, die den
Mitarbeitern allerorts zugeschrieben wird.
Und während die Beschäftigten als wichtigstes Kapital der Unternehmen
bezeichnet werden und die Humanressourcen einen entscheidenden Bei-
trag zum Unternehmenserfolg leisten sollen (vgl. Weiß, 1999), werden auf
der anderen Seite kurzfristige Erwerbsbeschäftigungen, Zeit- und Leitar-
beitsverträge sowie ‘Patchwork-Biografien’ diskutiert (vgl. Bergmann, 2000;
Wittwer & Münchhausen, 2001). Das bedeutet, die Mitarbeiter, deren Kom-
petenzen als strategischer Wettbewerbsvorteil gehandelt werden, sind aus-
tauschbar, zumindest ein Teil von ihnen. Sie verbleiben solange im Unter-
nehmen, wie sie gebraucht werden, es der befristete Arbeitsvertrag erfor- 5 Dabei bleiben besonders An- und Ungelernte von Weiterbildung häufig ausgeschlossen, vgl. Allespach & Heimann, 2001. 6 Eine umfassende Studie (Grünewald & Moraal, 2002; zitiert nach Frieling, 2004) zeigt, dass 58,0% der befragten Betriebe den Qualifikations- und Bildungsbedarf ihrer Mitarbeiter nicht kennen. 76,0% der Betriebe haben keine Informationen über den künftigen Personal- oder Weiterbildungsbedarf (teilgenommen haben 76.000 Unternehmen, davon 3.184 in Deutsch-land).
8
dert oder bis die Frühverrentungsstrategie greift. Unsichere Beschäfti-
gungsverhältnisse sind der Alltag, viele Mitarbeiter verlieren ihren Arbeits-
platz, für die verbleibenden verschärft sich der Wettbewerb untereinander.7
Zusätzlich sollen sie als flexible ‘Arbeitskraft-Unternehmer’ (vgl. Pongratz &
Voß, 2003) oder als ‘Unternehmer im Unternehmen’ (vgl. ausführlich Grote,
2002) selbst die Verantwortung für ihre Employability übernehmen (vgl. kri-
tisch Scholz, 2004). Hierbei sind vor allem gering-qualifizierte Mitarbeiter in
produktiven Bereichen nicht selten erschwerten Bedingungen ausgesetzt.
Neben reduzierten Möglichkeiten zur Teilnahme an Weiterbildung können
bei diesen Zielgruppen wenig lernförderliche Tätigkeiten konstatiert werden.
Arbeitsaufgaben mit hohem Standardisierungsgrad, eingeschränkter Auto-
nomie, geringer Komplexität und Problemhaltigkeit sowie reduzierter Kom-
munikation führen zum Abbau vorhandener Kompetenzen (vgl. Frieling,
2004; 2005). Den Beschäftigten muss es ermöglicht werden, durch Kompe-
tenzzuwachs oder zumindest Kompetenzerhalt ihre Einsatzflexibilität im Un-
ternehmen oder auf dem externen Arbeitsmarkt zu sichern. Dies hebt die
Bedeutung einer kompetenzförderlichen Arbeits- und Aufgabengestaltung
hervor und ist besonders relevant, weil Betriebe wenig in Personalentwick-
lung für Mitarbeiter investieren, deren Verbleib im Unternehmen ungewiss
ist oder deren aktueller Aufgaben- und Tätigkeitsbereich keinen Weiterbil-
dungsbedarf auslöst. Problematisch ist jedoch, dass von genau diesen Be-
schäftigten bereits heute eine hohe Flexibilität und Selbstständigkeit erwar-
tet wird und aufgrund des demografischen Wandels morgen verlangt wer-
den muss, professionell mit veränderten Anforderungen, immer neuen
Technologien und dem ‘Wandel an sich’ umzugehen. Es stellt sich die Fra-
ge, wie Mitarbeiter als kostenbewusste Problemlöser, Innovatoren und
selbstorganisierte Veränderungsmanager in einer komplexen Arbeitswelt
7 Scholz (2004) bezeichnet dies als ‘Darwinismus’, indem es darum geht, Mitarbeiter nach dem Prinzip des Survival of the fittest zu selektieren. Nach seiner Ansicht gibt es keine Stammplatzgarantie mehr: "Auch Mitarbeiter, die sich jahrelang loyal gegenüber ihrem Unter-nehmen verhalten haben, werden plötzlich vor die Tür gesetzt, weil ihre Wertschöpfung zu gering erscheint." Scholz, 2004, S. 226.
Einleitung
9
agieren sollen, wenn die Gestaltung der Tätigkeiten genau diese Entwick-
lungsprozesse unterbindet und antizipative Personalentwicklungsmaßnah-
men aus Kostengründen nicht umgesetzt werden. So bleiben nicht nur viele
Potenziale ungenutzt. Mit der Einführung neuer Arbeitsstrukturen entsteht
ein erheblicher Druck, vorhandene Qualifikationen gezielt im Interesse des
Unternehmens einzusetzen und zu entwickeln. Auch ist es ökonomisch
sinnvoll, Berufserfahrungen in personenbezogene Arbeitsstrukturierungs-
konzepte einzubeziehen (vgl. Frieling, 2004) und vorhandene Kompetenzen
optimal zu nutzen (vgl. Weiß, 1999). Der Wandel der Arbeitswelt bedingt,
dass Lernen und Weiterbildung im Unternehmen selbstverständlich werden
müssen, ohne zu Überforderungen oder durch eine fehlende Systematik zu
Blindqualifikationen zu führen.
1.3 Zielsetzung und Fragestellungen Die Veränderungsdynamik betont die Notwendigkeit zur Sicherung der Be-
schäftigungsfähigkeit durch die Mitarbeiter. Die Diskussionen über Employ-
ability belegen diesen Trend (ausführlich z. B. Speck, 2004), der sich u. a. in
Qualifizierungstarifverträgen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,
Energie (IG BCE) und Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) sowie
der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) und dem Arbeitgeberverband
der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg manifestiert. Auch oder
gerade deswegen können die Unternehmen bzw. das Management nicht
von der Verantwortung entbunden werden, die Kompetenzen der Beschäf-
tigten durch zukunftsorientierte Entwicklungsstrategien dauerhaft zu fördern.
Dies wirft die Frage auf, welche Konzepte und Maßnahmen in den Unter-
nehmen erforderlich sind. Ein Ansatzpunkt wird in einer integrativen Perso-
nal- und Organisationsentwicklung sowie dem Ausbau der Selbstorganisati-
onsfähigkeit gesehen. Den Mitarbeitern kommt hierbei eine wichtige Rolle
zu. Jedoch obliegt es im Wesentlichen den Führungskräften, ihre Beleg-
10
schaft durch gezielte Entwicklungsmöglichkeiten und lernförderliche Rah-
menbedingungen zu unterstützen. Dies darf sich nicht nur auf ausgewählte
Mitarbeiter beziehen, sondern muss alle Zielgruppen umfassen. Insgesamt
zeigt sich eine Lücke zwischen ‘Theorie und Praxis’ oder besser zwischen
‘Praxis und Praxis’: Obwohl die Kompetenzen der Beschäftigten als strate-
gischer Wettbewerbsvorteil gehandelt werden, fehlt eine konsequente Parti-
zipation der Betroffenen, insbesondere auf den unteren Hierarchieebenen.
Es werden Methoden benötigt, mit denen Entwicklungsmaßnahmen beteili-
gungsorientiert gestaltet und nachhaltig umgesetzt werden können. Diese
sollen das Lernen im Prozess der Arbeit ebenso unterstützen wie die klassi-
sche Weiterbildung. Daneben muss eine Verbindung der verschiedenen In-
teressenslagen von Mitarbeitern und Management ermöglicht werden, um
die Motivation und Selbstorganisation der Beteiligten zu steigern.
Geleitet von diesen Überlegungen entstand die vorliegende Arbeit vor dem
Hintergrund eines vierjährigen Forschungsprojekts in zwei Unternehmen der
chemischen Industrie.8 Dies eröffnet die Möglichkeit, die Umsetzung von
innovativen Personal- und Organisationsentwicklungskonzepten bei hetero-
genen Mitarbeitergruppen zu begleiten. Verschiedene Methoden zur Analy-
se und Gestaltung betrieblicher Kompetenzentwicklungsprozesse können
erprobt und evaluiert werden. Im Vordergrund steht es, eine Vorgehenswei-
se zu erarbeiten, die auf einer partizipativen Bedarfsanalyse und Maßnah-
menplanung sowie der Schaffung kompetenzförderlicher Rahmenbedingun-
gen basiert. Diese muss in verschiedenen Unternehmensbereichen ein-
setzbar sein und insbesondere gewerbliche Mitarbeiter berücksichtigen.
Daneben soll eine Bestandaufnahme der betrieblichen Kompetenzentwick-
lung bei verschiedenen Beschäftigungsgruppen mögliche Unterschiede und
Schwerpunkte aufzeigen. Im Einzelnen ergeben sich folgende Fragestellun-
gen:
8 Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Europäischen Sozialfonds gefördert.
Einleitung
11
1. Welche organisatorischen Aspekte sind bei der Einführung des Kompe-
tenzentwicklungsansatzes in der Praxis zu beachten, um eine effiziente
Integration von Personal- und Organisationsentwicklung zu unterstüt-
zen?
2. Welche Methoden zur Analyse der betrieblichen Kompetenzentwicklung
müssen entwickelt bzw. eingesetzt werden, um Entwicklungsmaßnah-
men und lernförderliche Arbeitsbedingungen partizipativ zu erarbeiten?
Wie können diese im Unternehmen und insbesondere bei gewerblichen
Mitarbeitergruppen umgesetzt und evaluiert werden?
3. Welche Elemente tragen zur Implementierung des Kompetenzentwick-
lungsansatzes bei und wie unterscheiden sich verschiedene Tätigkeits-
gruppen hinsichtlich ihrer Kompetenzentwicklung?
1.4 Aufbau der Arbeit Gemäß der Problemstellung und den Zielen der vorliegenden Arbeit finden
sich im Anschluss fünf Kapitel.
Nach dem einleitenden Teil beschäftigt sich Kapitel 2 mit theoretischen As-
pekten von Kompetenz und ihrer Entwicklung. Nach einer Reflexion allge-
meiner Ansätze wird im Rahmen der betrieblichen Kompetenzentwicklung
neben klassischer Weiterbildung das arbeitsintegrierte Lernen als Ansatz-
punkt diskutiert, der Personalentwicklung über den Schritt der lernförderli-
chen Arbeitgestaltung mit Organisationsentwicklung verbindet.
Kapitel 3 ist der überblicksartigen Betrachtung von Methoden gewidmet, die
für die Analyse, Gestaltung und Bewertung von Kompetenzentwicklungs-
prozessen in der Praxis bedeutsam sein können. Auf Basis forschungstheo-
retischer Überlegungen werden ausgewählte wissenschaftliche Erhebungs-
verfahren und Instrumente zur Bildungsbedarfs-, Kompetenz-, Tätigkeits-
und Arbeitsanalyse beleuchtet. Da der Einsatz möglicher Methoden neben
12
den hier verfolgten Zielsetzungen von den Anforderungen der Projektpart-
ner beeinflusst wird, ist eine gezielte Auswahl darzustellen.
Theoretische, methodische und praktische Aspekte werden in Kapitel 4 ver-
knüpft. Nach der Beschreibung des Forschungsfelds wird die Entwicklung
einer beteiligungsorientierten Vorgehensweise zur Analyse und Gestaltung
von Kompetenzentwicklungsprozessen dokumentiert. Diese wird mit be-
trieblichen und institutionellen Kooperationspartnern (Unternehmen, Ge-
werkschaft, beratende Stiftung und Wissenschaft) erarbeitet und in zwei Un-
ternehmen eingesetzt. Zunächst finden sich drei Fallbeispiele, in denen un-
terschiedliche Analysemethoden zum Einsatz kommen. Im Vordergrund
stehen gewerbliche Mitarbeiter. Anschließend werden die in den beteiligten
Unternehmen erzielten Ergebnisse diskutiert und aus Sicht der Praxis eva-
luiert. Die Erkenntnisse können anderen Unternehmen als Gestaltungsbei-
spiele dienen.
Die empirischen Befunde sind in Kapitel 5 mit Blick auf die oben formulier-
ten Forschungsfragen zu diskutieren. Es soll deutlich werden, welche Ele-
mente die Implementierung des Kompetenzentwicklungsansatzes in der
Praxis unterstützen und wie sich verschiedene Tätigkeitsgruppen hinsicht-
lich ihrer Kompetenzentwicklung unterscheiden, um zusammenfassende
Handlungsempfehlungen ableiten zu können.
Abschließend fasst Kapitel 6 offen gebliebene Punkte als Ausblick zusam-
men. Tabelle 2 veranschaulicht den Aufbau der vorliegenden Arbeit.
Einleitung
13
Tabelle 2: Aufbau der vorliegenden Arbeit
Theoretische Aspekte (Kapitel 2-3)
Theoretische Grundlagen Methodische Grundlagen
Entwicklung, Sozialisation und Lernen Forschungstheoretischer Ansatz
Kompetenzentwicklung im betrieblichen Kontext: Personal- und Organisations-
entwicklung
Wissenschaftliche Erhebungsmethoden
Methoden zur Bildungsbedarfs-
analyse
Betriebliche Weiterbildung
Lernförderliche Arbeitsbedingun-
gen
Kompetenz- und Arbeitsanalysen
Kompetenz- management
Nutzen von Kompetenz und Kompetenzentwicklung
Evaluations- und Nutzenbewertungsmethoden
Praktische Aspekte (Kapitel 4)
Entwicklung einer methodischen Vorgehensweise
Anwendung bei gewerblichen Zielgruppen und in zwei Unternehmen
− Analyse der betriebliche Kompetenzentwicklung − Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen
− Evaluation der Ergebnisse
Diskussion der empirischen Befunde (Kapitel 5)
− Elemente zur Implementierung des Kompetenzentwicklungsansatzes − Kompetenzentwicklung bei verschiedenen Tätigkeitsgruppen
Ausblick (Kapitel 6)
14
2 Theoretische Grundlagen
Kompetenzen und ihre Entwicklung stehen als zentrales Bildungsziel seit
Beginn der 1990er Jahre im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion,9 zahl-
reiche Veröffentlichungen belegen dies (vgl. z. B. Bergmann, 2000, 2001;
Baitsch, 1999; Frieling et. al, 2000; Arnold, 1997a; Erpenbeck & Heyse,
1996; 1999a). Die Ursachen für den Wandel können in den eingangs skiz-
zierten Entwicklungstrends und Veränderungen der Arbeitwelt gesehen
werden. Doch wie entwickeln sich Kompetenzen und wie können diese Pro-
zesse unterstützt werden? Um dies näher zu beleuchten, soll die einschlä-
gige Literatur zur Kompetenzentwicklung gesichtet werden. Nach einer An-
näherung an den Kompetenzbegriff (vgl. Abschnitt 2.1) wird aufgezeigt, wie
Entwicklung und Lernen im Alltag stattfindet und welche Lernformen zu un-
terscheiden sind (vgl. Abschnitt 2.2). Im betrieblichen Kontext gilt Kompe-
tenzentwicklung als Bindeglied einer integrativen Personal- und Organisati-
onsentwicklung, um die antizipative Anpassung von Organisationen und ih-
ren Mitgliedern an dynamische Veränderungen zu ermöglichen (vgl. Ab-
schnitt 2.3). Hier liegt ein wesentlicher Nutzen des Kompetenzentwick-
lungsansatzes (vgl. Abschnitt 2.4): Als strategischer Wettbewerbsvorteil sol-
len Kompetenzen zum Unternehmenserfolg beitragen und aus Sicht der
Beschäftigten die Employability fördern.
2.1 Kompetenz Kompetenz wird als die Befähigung einer Person gesehen, Anforderungen
in einem bestimmten Bereich gewachsen zu sein. Doch was befähigt Indivi-
duen und welche Anforderungen sind gemeint? Die Klärung dieser Frage- 9 Lange Zeit war die Förderung von Schlüsselqualifikationen ein grundlegendes Ziel der Wei-terbildung (vgl. Mertens, 1974). Inzwischen ist der Kompetenzbegriff stärker in den Fokus ge-rückt. Allerdings geht auch die Beschäftigung mit Kompetenz weit zurück. Grundlegend ist z. B. der Beitrag von Frei, Duell & Baitsch (1984), in dem sie sich mit den Wechselwirkungen von Arbeiten und Lernen beschäftigen.
Theoretische Grundlagen
15
stellungen setzt eine Annäherung an den Kompetenzbegriff voraus, der sei-
ne Bedeutung deswegen erlangt, weil Anforderungen in der dynamischen
Lebens- und Arbeitswelt von heute oft nicht genau definiert werden können.
Insgesamt wird davon ausgegangen, dass durch die Auseinandersetzung
mit Berufs- und Arbeitsaufgaben, durch das Lernen in Schulen, Universitä-
ten sowie im Umgang mit Kollegen, Partnern, Konkurrenten, Nachbarn,
Freunden, im Hobbybereich usw. eine Vielzahl von informellen und formel-
len Lernprozessen stattfinden, für deren Ergebnisse sich als übergreifende
Bezeichnung der Begriff ‘Kompetenz’ etabliert hat (vgl. Baitsch, 1996). Im
Erwachsenenalter vollzieht sich Kompetenzentwicklung vermehrt in infor-
mellen Strukturen und ungeplanten Prozessen, die teilweise nicht bewusst
wahrgenommen werden. Jedoch können die so gewonnenen Erfahrungen
von erheblicher Bedeutung für den Berufserfolg sein (vgl. Weiß, 1999;
Frank, 2002). Kompetenz umfasst somit alle Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wis-
sens- und Erfahrungsbestände eines Menschen, die ihn bei der Bewälti-
gung vertrauter sowie neuartiger Aufgaben handlungs- und reaktionsfähig
machen und sich in der erfolgreichen Bewältigung konkreter Anforderungen
zeigen (vgl. Bernien, 1997; Frieling, Kauffeld & Grote, 2003).
2.1.1 Können und Wollen – oder Dürfen? Im Betrieb befähigt Kompetenz den Einzelnen, die Aufgabenstellungen effi-
zient zu erledigen und die eigene Beschäftigungsfähigkeit zu sichern (vgl.
Sattelberger, 1999a). "Handlungskompetenz besitzt derjenige, der über die
erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten eines Berufs- bzw.
Tätigkeitsbereichs verfügt, Arbeitsaufgaben selbständig und flexibel lösen
kann sowie fähig und bereit ist, dispositiv in seinem Berufsumfeld und in-
nerhalb der Arbeitsorganisation mitzuwirken." (Erpenbeck & Heyse, 1999a,
S. 23). Vernachlässigt wird in diesen berechtigten, aber managementorien-
tierten Diskussionen, ob es aus betrieblicher Sicht gefordert bzw. ge-
16
wünscht ist, dass "derjenige" dispositiv in seiner Arbeitsorganisation mit-
wirkt. In diesem Zusammenhang sind drei Inhaltszuschreibungen zu nen-
nen, die den Kompetenzbegriff charakterisieren (vgl. Becker & Rother,
1998; Probst & Büschel, 1994):
- Dürfen (und Sollen10): Kompetenz wird als Zuständigkeit und der Kompe-
tenzinhaber als zuständig und befugt bezeichnet (formale Kompetenz).
- Können: Kompetenz umfasst Fertigkeiten und Kenntnisse und weist den
Kompetenzinhaber als sachverständig aus.
- Wollen: Der motivationale Antrieb sorgt dafür, dass die Person, die quali-
fiziert und formal berechtigt ist, eine Handlung auszuführen, diese in An-
griff nimmt.
Im betrieblichen Alltag ist die formale Kompetenz nicht zu vernachlässigen.
Zum einen wird der Begriff Kompetenz im allgemeinen Verständnis oft mit
formaler Zuständigkeit gleichgesetzt, mit der er traditionell verbunden ist
und (vorerst) bleibt.11 Zum anderen sind Zuständigkeiten (Dürfen) und An-
forderungen (Sollen) als Voraussetzungen für Kompetenzentwicklung anzu-
sehen (vgl. Staudt & Kriegesmann, 1999). Dies gilt besonders, wenn davon
ausgegangen wird, dass sich Kompetenz in der Arbeit durch die Selbstop-
timierung der Beschäftigten entwickelt. Dies macht Arbeitsaufgaben erfor-
derlich, die Spielraum lassen und Lernen ermöglichen. Nach Bergmann et
al. (2000b) ist Kompetenz die "Motivation und Befähigung einer Person zur
selbstständigen Weiterentwicklung von Wissen und Können auf einem Ge-
biet, so dass eine hohe Niveaustufe erreicht wird, die mit Expertise charak-
terisiert werden kann.“ (Bergmann et al., 2000b, S. 21). So sind Experten
als Personen, die überdurchschnittliche Leistungen vollbringen, dadurch
gekennzeichnet, dass sie "eine Aufgaben- bzw. Problemlösung auch bei 10 Habenicht, Proß & Werheit (2002) führen an, dass Kompetenz(entwicklung) in Verbindung mit Anforderungen (Sollen) gebracht werden muss. 11 Die formale, also zertifizierte bzw. dokumentierte Zuständigkeit muss in der betrieblichen Praxis (z. B. in der Produktion) im Rahmen von gesetzlichen und/oder rechtlichen Anforderun-gen (z. B. Qualitätsmanagement; Erteilung einer Herstellungserlaubnis für pharmazeutische Produkte) in vielen Fällen gegeben sein und wird daher eine wesentliche Bedeutung behalten.
Theoretische Grundlagen
17
neuartigen Aufgaben beherrschen.“ (Hacker, 1998, S. 389). Die Konfronta-
tion mit neuartigen, problemhaltigen Aufgaben ist somit eine notwendige
Bedingung für Kompetenz (-entwicklung).
2.1.2 Facetten der Kompetenz Zur Strukturierung des Kompetenzbegriffs wird häufig eine Einteilung in
Facetten vorgenommen. Die geläufigste Unterteilung umfasst die Fach-,
Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz (vgl. z. B. Arnold & Krämer-
Stürzl, 1999; Bergmann, 1999; Erpenbeck & Heyse, 1999a; Frieling &
Sonntag, 1999; Frieling, 2000).
Unter 1) Fachkompetenz werden berufs- und organisationsbezogene sowie
aufgabenspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden, die zur Be-
wältigung berufs- und arbeitsplatzspezifischen Anforderungen notwendig
sind (z. B. Allgemeinwissen, Fachwissen usw., vgl. im Folgenden Erpen-
beck & Heyse, 1996). Die 2) Methodenkompetenz beinhaltet berufs- und
arbeitsplatzübergreifende Fähigkeiten, situationsübergreifend einsetzbare
kognitive und metakognitive Fähigkeiten z. B. Problemlöse- oder Lernkom-
petenz, Erarbeiten kreativer Lösungen, Strukturierung und Klassifizierung
neuer Informationen, Erkennung von Zusammenhängen. Die 3) Sozialkom-
petenz umfasst unterschiedliche Fähigkeiten, sich im sozialen Umgang si-
tuationsspezifisch angemessen zu verhalten. Kommunikative oder koopera-
tive Fähigkeiten in Interaktionssituationen sind wesentliche Merkmale. In
Ergänzung bezieht sich die 4) Selbstkompetenz auf das Individuum und
seine Einstellungen, Werthaltungen, Motive, Selbstwahrnehmung etc. und
integriert diese Merkmale zu einem kompetenten Umgang mit dem Selbst-
wert, der Selbstreflexion, der Entwicklung eigener Werte sowie z. B. mit der
Fähigkeit, sich zu verändern.
18
Andere Ansätze fassen Selbst- und Sozialkompetenz als personale Kompe-
tenz zusammen oder benennen Problemlösekompetenz, Führungskompe-
tenz, sozial-kommunikative Kompetenz, Aktivitätskompetenz o. ä. (vgl. die
neueren Publikationen von Erpenbeck, 2003 oder Heyse, 2003). Eine Ein-
teilung in Fach-, Sozial- und Personalkompetenz unternimmt Elsholz (2002).
Weitere Aspekte wie Methoden-, Lern- oder kommunikative Kompetenz sind
Bestandteile der zuvor genannten Facetten, die als reflexive Handlungsfä-
higkeit zusammengefasst werden.
Die Verwendung verschiedener Kompetenzfacetten ist abhängig vom jewei-
ligen betrieblichen und/oder forschungstheoretischen Hintergrund. Einigkeit
besteht weitgehend darüber, dass aus einer Integration der verschiedenen
Facetten - insbesondere der Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompe-
tenz - die (berufliche) Handlungskompetenz entsteht. Dieser Einteilung soll
hier zunächst gefolgt werden.
2.1.3 Konkretisierung des Kompetenzbegriffs Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es bislang keinen ein-
heitlichen Kompetenzbegriff gibt (vgl. Rosenstiel, 2001). Der Debatte um
Kompetenz und ihren Erklärungszielen ist gemeinsam, dass es darum geht,
eine nicht genau definierte Zukunft "nicht nur adaptiv, sondern produktiv und
kreativ zu bewältigen." (Erpenbeck & Heyse, 1999a, S. 23). Kompetenz ist
also mehr als durch Berufsabschluss oder Zusatzausbildung erworbene
Qualifikation.12 Sie umfasst alle Kenntnisse, Fertigkeiten, Werthaltungen,
Einstellungen, Wissens- und Erfahrungsbestände, die jeder im Laufe des
(Berufs-) Lebens hinzu gewinnt und im (Arbeits-) Alltag aktualisiert (vgl.
Dehnbostel, 2001a; ähnlich Frieling 1999; Bergmann 2000). Kompetenz ist
an einen konkreten Kontext, an das Individuum und seine Befähigung zu 12 Kompetenz im hier verstandenen Sinne beinhaltet auch ‘Positionen’, also formal erworbene Qualifikationen, da der Kompetenzbegriff den Bedingungen in der Praxis sonst nicht gerecht werden kann.
Theoretische Grundlagen
19
eigenverantwortlichem Lernen und Handeln gebunden. Die Motivation zum
selbstorganisierten Lernen sowie die dispositive Weiterentwicklung der ei-
genen Handlungskompetenz sind als wichtige Bestandteile anzusehen (vgl.
Erpenbeck & Heyse, 1996; 1999a; Bergmann, 2000). Diese Definition wird
im Folgenden verwendet, wenn von Kompetenz die Rede ist.
2.2 Entwicklung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit betrieblicher Kompetenzentwick-
lung. Da sich Kompetenzen nicht nur im Betrieb oder während der Arbeit
bilden, wird nachfolgend ein Blick "über den Tellerrand" geworfen. Im All-
gemeinen basiert Entwicklung auf einer Wechselwirkung von Anlage- und
Umweltfaktoren sowie inneren und äußeren Bedingungen. Als besonders
bedeutsam werden Sozialisations-, Bildungs- und Lernprozesse angesehen,
die kurz dargestellt werden sollen.
2.2.1 Sozialisation und Bildung Der Begriff Sozialisation bezeichnet die "Aneignung und Verinnerlichung
von Werten, Normen, Urteils- und Handlungsmustern, durch die der Mensch
vergesellschaftet und handlungsfähig wird und seine persönliche Identität
erwirbt." (Huisinga & Lisop, 1999; S. 203).
Die Sozialisation ist in aufeinander bezogenen Perspektiven zu betrachten,
die neben der Familie durch das soziale Umfeld, die Schul- und Berufsaus-
bildung, die Berufstätigkeit und die im Arbeitsalltag gemachten Erfahrungen
beeinflusst wird. Diese konkretisieren das Verhältnis der Arbeitenden
gegenüber Arbeitsinhalt, -bedingungen sowie -ergebnissen und
besitzen im gesamten Lebenszusammenhang bewusstseins-
bildende, persönlichkeitsfördernde und deformierende Auswirkungen
20
(vgl. ausführlich Heinz, 1991).13
Eng damit verknüpft ist die Biografie, die als Ausdruck von Sozialisations-
prozessen bezeichnet wird (vgl. Kaltschmid, 1994), "der Lebenslauf ergibt
sich aus der Interdependenz von Individuum und sozialer sowie physischer
Umwelt." (Erpenbeck & Heyse, 1999a, S. 87). In der Biografieforschung
wurde u. a. festgestellt, dass Menschen durch Lebensereignisse und
-veränderungen lernen, in denen bekannte Orientierungen und Handlungs-
muster nicht mehr funktionieren. Bei diesen mit Unsicherheit behafteten
Prozessen kann die Reflexion der eigenen Geschichte die Identität fördern
und helfen, Zukunftsperspektiven zu entwickeln (vgl. ausführlich Kaltschmid,
1994). Demzufolge kann die Biografieforschung zur Betrachtung von Kom-
petenzentwicklung herangezogen werden (vgl. Alheit, 2003; Bergmann,
1998; Wardanjan, 2000a). Diese Erkenntnisse werden im methodischen Teil
(vgl. Kapitel 3) aufgegriffen.
Im Weiteren gilt die Bildung als "komplexe Einheit entfalteter Bewusstseins-
formen und Kompetenzen" (Huisinga und Lisop, 1999, S. 18), die sich nur
als Implikation fassen lässt und in dynamischer Sicht den Prozess der Ent-
wicklung des Subjekts und seiner Kompetenzen beschreibt.14 Während
nach dem 2. Weltkrieg zunächst Persönlichkeits-, politische und Allgemein-
bildung im Vordergrund standen (vgl. Bardeleben, Beicht & Krekel, 2001b),
führten Probleme im wirtschaftlichen Alltag der Landwirtschaft und des
Bergbaus gegen Ende der 60er Jahre zu einer großen Zahl von Erwerbslo-
13 Diese Beziehungen werden mit Selektion und Sozialisation beschrieben, die in wechselsei-tiger Beeinflussung funktionieren und Auswirkungen auf Kompetenzentwicklung haben. Die in der Sozialisationshypothese enthaltene Annahme einer Interaktion von Arbeit und Persönlich-keit über Prozesse des Lernens in der Arbeit, die bei lernhaltigen Arbeitsaufgaben zur Kompe-tenzentwicklung führen und bei restriktiven, wenig lernhaltigen Aufgaben das Risiko der De-qualifizierung bergen, wurde empirisch nachgewiesen, vgl. ausführlich Bergmann & Pietrzyk, 2000; Bergmann, 1998. 14 Hiermit wird deutlich, wie eng die Verbindung zwischen dem Kompetenz- und Bildungsbeg-riff ist. Jedoch ist Kompetenzentwicklung nicht als Ansatz gedacht, der die berufliche Bildung ersetzen soll. Es handelt sich um eine Weiterbildungsform, der eine eigene Entwicklungsge-schichte zugrunde liegt, z. B. der Transformationsprozess Ost, vgl. www.abwf.de.
Theoretische Grundlagen
21
sen, deren Eingliederung in industrielle Arbeitsstrukturen nur mit berufsqua-
lifizierenden Maßnahmen möglich war. Die Bildungsprozesse orientierten
sich an der Arbeitswelt und schafften ein neues Verständnis, bei dem der
Beruf als Bildungsinhalt mehr Raum einnahm. Mittlerweile ist Weiterbildung
als integraler Bestandteil, als vierte Säule, des Bildungssystems anerkannt
(vgl. ausführlich Bardeleben, Beicht & Krekel, 2001b). Sie ist der Teil, der
sich seit Jahrzehnten besonders dynamisch entwickelt, wie die Kompetenz-
debatte seit Beginn der 90ziger Jahre zeigt. Diese wirft (erneut) die Frage
nach der Wirksamkeit von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung auf,
die nicht in der Lage zu sein scheint, auf Veränderungen der Arbeitswelt
angemessen zu reagieren. Dies manifestiert sich in Forderungen nach ei-
nem Paradigmenwechsel ‘von der Weiterbildung zur Kompetenzentwick-
lung’ (vgl. Staudt & Kriegesmann, 1999) und nach einer stärkeren Berück-
sichtigung informell erworbener Kompetenzen (vgl. Dohmen, 1996).
2.2.2 Lernen "Alle Menschen lernen - bewusst oder unbewusst - ihr Leben lang.“ (Doh-
men, 2001, S. 7). Allgemein wird unter Lernen eine relativ dauerhafte Ver-
änderung des eigenen Handlungspotenzials verstanden, das auf einem
Verarbeitungsprozess individueller, stellvertretender Erfahrungen oder
Fremderfahrungen beruht (vgl. Staudt & Kley, 2001). In der Alltagssprache
bezeichnet Lernen den Erwerb von Wissen sowie motorischen und sprach-
lichen Fertigkeiten. Aus psychologischer Sicht ist Lernen gegeben, wenn
gegenüber dem früheren Zustand eine Veränderung eingetreten ist. Diese
Prozesse sind gedanklich oft mit Verbesserungen verbunden. Die Richtung
der Veränderung ist zunächst ohne Belang, da auch eine Rückentwicklung
oder ein Verlernen möglich ist.
Von Bedeutung ist zum einen eine positive Einstellung des Menschen, wäh-
rend seiner Entwicklung Wissen oder Fertigkeiten zu erwerben, die Verhal-
22
tensänderungen im Sinne von Leistung bewirken können. Zum anderen
muss die Motivation vorhanden sein, in bestimmten Situationen etwas ler-
nen zu wollen. Da sich subjektive Erfahrungen auf das Lernverhalten und
die Selbstorganisationsfähigkeit von Individuen auswirken, unterscheiden
sich die Menschen in der Art und Geschwindigkeit der Informationsaufnah-
me und -verarbeitung, in ihrer Motivationsstruktur, dem Interesse an Lern-
gegenständen und darin, auf welche Ursachen sie Erfolge oder Misserfolge
des Lernens zurückführen (vgl. Erpenbeck & Heyse, 1999a). Lernen erfolgt
auf verschiedene Weise und mittels unterschiedlicher Strategien.15 In den
aktuellen Diskussionen findet eine verstärkte Auseinandersetzung mit zwei
Ansätzen statt, die nachfolgend betrachtet werden sollen.
1) Formelles und informelles Lernen
Als formelles Lernen wird ein von Bildungsinstitutionen veranstaltetes Ler-
nen verstanden. Hierunter fallen alle planmäßigen und strukturierten Maß-
nahmen, die zu anerkannten Abschlüssen oder Zertifikaten führen (vgl.
Straka, 2000). Es handelt sich um kursförmig organisierte und auf formale
Abschlüsse zielende Prozesse mit hohem Lehranteil, die als standardisierte
Curricula bezeichnet werden (vgl. Staudt & Kley, 2001; Straka, 2000). In
diesem Zusammenhang wird die Planung und Organisation der Bedingun-
gen und/oder Inhalte des Lernens in Form kontrollierter, strukturierter Bil-
dungsgänge sowie die Beurteilung der angestrebten Ergebnisse hervorge-
hoben. Die Prozesse sind dadurch charakterisiert, dass Lernen und Anwen-
den getrennt voneinander stattfinden.
Kritisiert wird, dass die Qualifikationsfunktion des formalen Bildungswesens
der Nachfrage des Arbeitsmarkts nicht nachzukommen scheint. Nach Stra-
ka (2000) manifestiert sich dies in einem Mangel an Fachkräften oder in den
15Holling und Liepmann (1995) nennen beispielsweise die operante Konditionierung oder die soziale Lerntheorie, vgl. ausführlich auch z. B. Kluge, 1999.
Theoretische Grundlagen
23
Diskussionen um eine Reform der Berufsbildung. Staudt & Kley (2001) be-
tonen die reaktive Anpassung an sich kontinuierlich verändernde Lebens-
und Arbeitswelten. In pädagogischer Hinsicht werden die schulischen Struk-
turen bemängelt (vgl. Baitsch, 1998). Gerade diese Erfahrungen mit direkt
oder indirekt ‘erzwungenem’ Lernen, mit Lernkontrolle usw. führen bei vie-
len Erwachsenen zu abschreckenden Vorstellungen (vgl. Knoll, 1999). Sie
empfinden die Forderung nach lebenslangem Lernen demgemäß als Zumu-
tung (vgl. ausführlich Dohmen, 2001). Insofern kann auch von Widerstän-
den ausgegangen werden, wenn das Thema in den Fokus rückt.
Informelles Lernen stellt eine wesentliche Grundlage für viele Erklärungs-
und Beschreibungsansätze zur Kompetenzentwicklung dar. Nach Kirchhöfer
(2002) sollen etwa 70,0% aller menschlichen Lernprozesse außerhalb von
Bildungsinstitutionen stattfinden.16 Diese sind dem Lernenden weniger be-
wusst, zumal in der Regel nur schulische oder berufliche Lernerfolge gesell-
schaftlich anerkannt und zertifiziert werden. Das informelle Lernen steht in
der Mitte von formellem und nicht bewusst reflektiertem Lernen in Sozialisa-
tions- sowie Erfahrungsprozessen (vgl. Kirchhöfer, 2002). Dies beinhaltet
den "Erwerb von Dispositionen selbstorganisierten Lernens und erfasst folg-
lich Kompetenzentwicklung." (Erpenbeck & Heyse, 1999b, S. 34). Da es
problemorientiert auf eine Situationsbewältigung bezogen ist, sind Verfrem-
dungs-, Motivations- oder Frustrationsprobleme des praxisfernen, auf Prü-
fungen bezogenen Lernens auf Vorrat weniger virulent. In diesen kompara-
tiven Vorteilen wird ein besonderes Potenzial gesehen (vgl. Staudt & Kley,
2001; Knöchel, 2000).
Kann informelles Lernen also als "Königsweg" zur Kompetenzentwicklung
angesehen werden? Hierzu bringt Wittwer (2003) die Problematik auf den 16 Im Berichtssystem Weiterbildung VIII des BMBF (2000) wird festgestellt, dass fast 3 von 4 Erwerbstätigen informell für den beruflichen Kenntniserwerb lernen. In der Arbeitsgemein-schaft Betriebliche Weiterbildungsforschung e.V. wird heute davon ausgegangen, dass infor-melles Lernen etwa 80,0% des gesamten Lernens Erwachsener ausmacht, vgl. Knöchel, 2000.
24
Punkt: "Welches Wissen, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben wir
beim informellen Lernen?...und wie weiß man überhaupt, dass die Men-
schen zu einem so hohen Prozentsatz informell gelernt haben, wenn es u.
a. zum Charakter informellen Lernens gehört, dass man nicht weiß, was
man weiß?" (Wittwer, 2003, S. 20). Somit ist zu überlegen, wie implizites
Wissen bewusst gemacht werden kann und wie informelle Lernprozesse
unterstützt werden sollen. Nicht nur Frieling et al. (2001) betonen die Ges-
taltung der Arbeit als elementaren Ansatzpunkt (vgl. auch Frieling, 2004;
Frei, Duell, & Baitsch, 1984; Bergmann, 2000a; 2000b; Dehnbostel et al.,
2002; Baethge & Baethge-Kinsky, 2002). Diese Aspekte sind später erneut
aufzugreifen (vgl. Abschnitt 2.3.2).
2) Selbst- und fremdorganisiertes Lernen
Eng verbunden mit formellem und informellen Lernen sind die Begriffe
"selbstorganisiert, fremdorganisiert, selbstgesteuert und fremdgesteuert",
die kurz abgegrenzt werden sollen.17 Selbstorganisation und Selbststeue-
rung werden als wichtige Merkmale kompetenzbasierter Entwicklungspro-
zesse angeführt. Baethge & Schiersmann (1998; Faust & Holm, 2001) ge-
hen davon aus, dass Lernen stets ein gewisses Maß an Selbstorganisation
und -steuerung voraussetzt, andernfalls findet es nicht oder nur restriktiv
statt. Trotz der oben angeführten Kritik hat die "wie auch immer im Einzel-
nen ausgeprägte Fremdbestimmung über Ziele und Inhalte des Lernens ei-
ne ermöglichende Seite, sie gibt Orientierung, woraufhin die Anstrengungen
zu richten sind, um die Investitionen in die eigene Employability ertragreich
zu machen.“ (Baethge & Schiersmann, 1998, S. 35). Es ist zwar ein Unter-
schied, ob "ein Lerner Lernziele (…) von außen -fremdgesteuert- vorgesetzt
bekommt, um irgendwelche Abschlüsse zu erreichen, ob er diese Kompo-
nenten -selbstgesteuert- anstrebt oder ob er sich ihnen -selbstorganisiert-
17 Des Weiteren finden sich Begriffe wie institutionalisiert, initiiert oder intendiert bzw. nicht-institutionalisiert, -initiiert oder -intendiert, vgl. ausführlich Straka, 2000; Reischmann, 1995.
Theoretische Grundlagen
25
aussetzt, um die eigenen Dispositionen weiterzuentwickeln." (Erpenbeck &
Heyse, 1999a S. 131). Da die Autoren aber davon ausgehen, dass reale
Lernprozesse stets alle Anteile auf sich vereinen, ist eine stringente Ab-
grenzung für den hier verfolgten Zweck nicht zwingend erforderlich. Letztlich
kann selbstorganisiertes Lernen im institutionellen Rahmen stattfinden und
nicht institutionelles Lernen fremdgesteuert sein. Fremdorganisiertes Lernen
kann selbstinitiiert, selbstorganisiertes Lernen fremdinitiiert werden. So sind
im Grunde alle Kombinationen möglich und es ist fraglich, ob eine derart
differenzierte Herangehensweise in der Praxis umsetzbar oder vermittelbar
ist. Eine Unterscheidung wird künftig nur bei Bedarf verwendet.
3) Lebensbegleitendes Lernen
Kompetenz beinhaltet verschiedene Facetten und Bestandteile wie Erfah-
rungen, Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. So ist es nur natürlich,
dass Kompetenzentwicklung nicht auf einer einzelnen Lernform basieren
kann. Wesentlich ist, dass Lernen die gesamte Lebenszeit eines Menschen
umfasst (vgl. Dehnbostel, 2001a, 2001b) und sich selbst- sowie fremdorga-
nisiert vollzieht. Eine Vielzahl von Qualifikationen, Fertigkeiten und explizi-
tes Wissen kann durch formelle Weiterbildung in institutionellen Bildungs-
einrichtungen gezielt erworben werden (vgl. Bergmann, 2001). Das Lernen
erfolgt absichtlich mit Blick auf das Ergebnis. Da neben den einzuprägen-
den Inhalten noch andere Aspekte aufgefasst und behalten werden, die
nicht zu lernen waren, finden informelle Lernprozesse statt. Diese sind an-
lass- und situationsbezogen oder sporadisch-zufällig (vgl. Dohmen, 2001).
Ein Problem besteht darin, dass sich informelles Lernen einer Konkretisie-
rung offenbar weitgehend entzieht (vgl. Kirchhof & Kreimeyer, 2003), was
auch auf das Erfahrungslernen zutrifft. Letzteres erfolgt, wenn auf Basis
verschiedener Umgebungsfaktoren und zeitlich unabhängigen Zusammen-
hängen bestimmte Vernetzungen stattfinden, die zu neuen Einsichten füh-
26
ren. Sie werden in der Regel erst durch die nachträgliche Reflexion als
kompetenzfördernde Erfahrung bewusst (vgl. ausführlich Dybowski, 1999).
Tabelle 3 fasst die wesentlichen Merkmale der relevanten Lernformen zu-
sammen. Es ist zu beachten, dass die Inhalte idealtypisch sind, da Über-
schneidungen und Interdependenzen vorliegen.
Tabelle 3: Merkmale formeller, informeller und erfahrungsbasierter Lernprozesse18
Formelles Lernen Informelles Lernen Erfahrungslernen
eher fremdorganisiert eher selbstorganisiert nicht organisiert
Zielvorgabe, Antizipation des Lernens
Zielkonstruktion, Zielantizipation des Lernens
nicht zielgerichtet, Veränderung als antizipier-
tes Resultat eigenständig abgehoben integriert, als Nebenprodukt
bewusst/reflektiert bewusst/reflektiert vorerst unreflektiert eher problemunabhängig eher problemorientiert problemgebunden
Kompetenzentwicklung
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die biografische Sozialisation sowie for-
melle und informelle Bildungs- oder Lernprozesse zur Kompetenzentwick-
lung von Individuen beitragen. Diese Formen verschränken bzw. ergänzen
sich (vgl. Faust & Holm, 2001) und finden in unterschiedlichen Strukturen
statt (vgl. Wittwer, 2003; Frieling, 1999). Nach Staudt & Kley (2001) wird
das (informelle) Erfahrungslernen neben der notwendigen formellen Wis-
sensvermittlung als hinreichender Ansatz zur Förderung von beruflicher
Handlungskompetenz eingeordnet. Da erfahrungsbasiertes Lernen seine
kompetenzförderliche Wirkung durch einen kommunikativen und reflexiven
Austausch erfährt, ist der individuelle Kompetenzerwerb in kollektive, auf-
einander bezogene und sich wechselseitig bedingende Entwicklungspro-
zesse kooperierender Personen eingebunden (vgl. Baitsch, 1996). Diese
werden vor allem durch Veränderungen und Situationen ausgelöst, in denen 18 Quelle: In Anlehnung an Kirchhöfer, 2000, S. 38.
Theoretische Grundlagen
27
bekannte Orientierungen oder Handlungsmuster nicht mehr funktionieren
und (selbstorganisiert) geändert bzw. angepasst werden müssen. Auswir-
kungen auf die Selbstorganisationsfähigkeit haben subjektive Erfahrungen
und sozialisatorische Kontextfaktoren, die das Lernen von Erwachsenen
fördern bzw. hemmen. Als wesentlich gilt die Erwerbstätigkeit bzw. Berufs-
biografie. Diese Erkenntnisse sollen im Folgenden auf den betrieblichen
Anwendungsbezug übertragen werden.
2.3 Kompetenzentwicklung im betrieblichen Kontext Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit Kompetenzentwicklung war bzw.
ist die Erkenntnis, dass traditionelle Weiterbildung für eine antizipative An-
passung der Beschäftigten an die Dynamik der Arbeitswelt und sich wan-
delnde Anforderungen unzureichend ist und das erforderliche Know-How
nicht angemessen bereitstellt (vgl. Bergmann, 2001). In diesem Zusam-
menhang wird Kompetenzentwicklung als Prozess verstanden, in dem fach-
liche, methodische, soziale und personale Handlungskompetenzen erwei-
tert, umstrukturiert und aktualisiert werden (vgl. Erpenbeck & Sauer, 2000).
Dies ist nur erreichbar durch eine systematische Verbindung von Lernen in
Bildungsmaßnahmen, in Arbeitssituationen und im sozialen Umfeld,19 d. h.
durch formelle, informelle und erfahrungsbasierte Lernprozesse (vgl. Frie-
ling, 1999; Dehnbostel, Erbe & Novak, 1998). Überträgt man dies auf die
Unternehmenspraxis, geht es um einen ‘breiteren’ Ansatz der betrieblichen
Personalentwicklung. Nach Baitsch (1996) findet Kompetenzentwicklung in
der Auseinandersetzung mit Arbeitsaufgaben innerhalb von Gruppen,
Teams und Organisationen statt. Damit sind Lernprozesse in der Arbeit
nicht zu trennen von Prozessen der Organisationsentwicklung.
19 Zum Lernen im sozialen Umfeld vgl. ausführlich z. B. Stahl, 2001.
28
2.3.1 Veränderungen als Auslöser und Bedingung für Kompetenz- entwicklung
Kompetenzentwicklung ist mit hoher Beschleunigung und Unsicherheit des
technischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels verknüpft. Die erforder-
lichen Organisationsveränderungen in Richtung verbesserter Arbeits- und
Prozessgestaltung, marktorientierter Produktentwicklung, stärkerer Kun-
denorientierung sowie kooperativer Führung machen eine aktive Mitwirkung
und Mitgestaltung der Beschäftigten erforderlich (vgl. z. B. Dehnbostel,
1995; Frieling, 1999). Dies verstärkt den Druck auf Personalentwickler, sich
mit Organisationsentwicklung zu beschäftigen. Die Wechselbeziehungen
zwischen Organisations- und Personalentwicklung werden durch verschie-
dene unternehmensinterne und -externe Faktoren beeinflusst (vgl. im Fol-
genden Frieling, 2004):
- Einsatz neuer Technologien und Techniken,
- neue Produkte und Materialien,
- Reorganisation von Produktentstehungsprozessen bzw. der Arbeitsor-
ganisation oder
- Neuerungen in gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Die meisten Veränderungen lösen eine Vielzahl von betrieblich gesteuerten
(formellen) bzw. nicht gesteuerten (informellen) Kompetenzentwicklungs-
prozessen aus. Zu nennen sind die Anpassung an neue Arbeitsabläufe, die
Anwendung neuer Technologien, EDV-Programme usw. Diese Lernprozes-
se tragen dazu bei, die Einsatzflexibilität der Mitarbeiter zu erhöhen. Sie
verursachen zum Teil aber auch hohe Unsicherheit und negative emotiona-
le Beanspruchungen, z. B. durch die Revidierung als sinnvoll erachteter Ab-
läufe oder Infragestellung bekannter Arbeitsweisen. In ihrem eigenen Inte-
resse müssen Mitarbeiter bereit und willens sein, den Wandel mit zu tragen.
Im Interesse einer effizienten Unternehmensführung muss das Management
die negativen Begleiterscheinungen durch personelle oder organisatorische
Maßnahmen verringern. In Betracht kommt z. B. eine aktive Beteiligung der
Theoretische Grundlagen
29
Beschäftigten oder eine intensive Informationen über Gründe von Verände-
rungen (vgl. Frieling, 2004). Zugleich kann diese Philosophie dazu beitra-
gen, die Generierung von Ideen, Verbesserungsvorschlägen und Innovatio-
nen zu fördern.
Die Verbindung von Kompetenzentwicklung in der Arbeit und sich ändern-
den Arbeitsstrukturen wurde bereits früh von Frei, Duell & Baitsch (1984)
dargestellt. Kompetenzentwicklung ist strukturell und in Wechselwirkung
verkoppelt mit Veränderungen des Arbeitssystems. Einflussmöglichkeiten
der Arbeitenden auf Veränderungen der Organisation und auf die Arbeitsin-
halte werden als objektive Voraussetzungen für Kompetenzentwicklung an-
gesehen. So birgt eine zunehmende Standardisierung und Formalisierung
von Arbeitsprozessen die Gefahr, dass eine lernförderliche Auseinanderset-
zung um die permanente Optimierung der Arbeitsabläufe zu Gunsten be-
stehender Standards unterbleibt (vgl. Staudt, 1995a). Handlungsspielräume
und Lernchancen werden verringert, da Zielgruppen mit repetitiven Tätigkei-
ten keine nennenswerte Erweiterung ihrer Kompetenzen erreichen können.
Bei dieser Art von Arbeitstätigkeiten, "von denen es mehr gibt, als jedem
Produktions- oder Personalleiter lieb sein kann, gilt der Satz: Wer arbeitet,
verlernt und baut ab.“ (Frieling, 2005, S. 2).
Ausgehend davon, dass es diese Tätigkeiten nicht nur gibt, sondern auch
künftig geben wird, ist lebenslanges und arbeitsintegriertes Lernen bislang
eine wohlformulierte (An-)Forderung und keine Selbstverständlichkeit. Fach-
und Führungskräfte sind von diesen Defiziten weniger berührt, weil deren
Aufgaben als entwicklungsförderlich(er) gelten (vgl. Baethge & Baethge-
Kinsky, 2002).20 Notwendig ist eine Beachtung dieser Erkenntnisse in allen
Unternehmensbereichen, vor allem bei Mitarbeitern mit geringerer Qualifika-
tion. Da insbesondere in stark arbeitsteilig (tayloristisch) geprägten Struktu-
ren kein Lernen im Prozess der Arbeit möglich ist, kommt der Organisati- 20 Zugleich sind Investitionen in Personalentwicklung für ‘High-Potenzials’ selbstverständlich.
30
onsentwicklung eine entscheidende Funktion zu, die neben Personalent-
wicklung als Baustein von betrieblicher Kompetenzentwicklung diskutiert
wird.
2.3.2 Personal- und Organisationsentwicklung Strategische Personalentwicklung dient dem "zukunftssichernden Erhalt und
Ausbau der Kompetenzen aller Beschäftigten zur Sicherung qualitativ
hochwertiger Produkte sowie interner und externer Dienstleistungen." (Fre-
vel, 2000, S. 38). Als Teilgebiet des Personalswesens oder des Personal-
managements liegen die Hauptaufgaben in der beruflichen Erstausbildung,
der betrieblichen Weiterbildung (Bedarfsermittlung, Planung, Konzipierung
und Evaluierung von Maßnahmen), der Potenzialförderung sowie der Orga-
nisationsentwicklung (vgl. Becker, 1999; Becker & Schwarz, 2002; Neuber-
ger, 1994; Sonntag, 1992; Münch, 1995). Letztere zielt darauf ab, unter An-
wendung verhaltenswissenschaftlicher Ansätze eine Erhöhung der Effektivi-
tät von Organisationen sowie eine verbesserte Übereinstimmung von orga-
nisatorischen und persönlichen Zielen der Mitarbeiter zu erreichen: "Durch
die Konzipierung und Implementierung geeigneter Arbeits-, Führungs- und
Kooperationsformen soll ein hohes Maß an Commitment sowie eine hinrei-
chende leistungsbezogene Effizienz aller Organisationsmitglieder sicherge-
stellt werden." (Gebert, 1995, S. 481).
Für den gezielten Einsatz von Mitarbeitern sind Weiterbildungsmaßnahmen
ebenso erforderlich wie Maßnahmen zur Arbeitsplatz- und -ablauf-
gestaltung (vgl. Frevel, 2000). Allerdings ist besonders in Großunternehmen
die Personalentwicklung eine Aufgabe des Personalwesens, die Arbeitspro-
zessgestaltung aber der Produktionsleitung oder der Arbeitsplanung (vgl.
Frieling, 2005). In Verbindung mit dem Kompetenzentwicklungsansatz
wächst die Erkenntnis, dass Personal- und Organisationsentwicklung zu
verknüpfen ist (vgl. Becker, 1999). So wird durch die Dezentralisierung von
Theoretische Grundlagen
31
Personalentwicklungsaufgaben versucht, eine stärkere Handlungsnähe der
betrieblichen Weiterbildung und eine engere Verzahnung von Bildungs-
maßnahmen on, near und off the job zu erreichen (vgl. Staudt & Krieges-
mann, 1999; Neuberger, 1994). Wie Scholz (2004) kritisch anmerkt, haben
Führungskräfte eine eingeschränkte Affinität zu diesen Aufgaben und allen-
falls Interesse an Qualifizierungen, die kurzfristig wirksam werden. Noch
geringer fällt das Interesse an Investitionen in langfristige "in der Gegen-
wartsbetrachtung fast altruistisch wirkende Bemühungen zur Personalent-
wicklung aus" (Scholz, 2004, S. 225). Nicht zuletzt fehlt das methodische
Know-How oder die nötige Zeit zur konsequenten Umsetzung dieser Aufga-
ben. Da es bei dem Bedarf nach klassischen Bildungsmaßnahmen in der
Regel spezialisierte Ansprechpartner (z. B. Personalwesen, Personalent-
wicklung, Bildungsbeauftragte) gibt, gilt dies besonders für die Schaffung
lernförderlicher Arbeitsbedingungen.
Mit diesem Verständnis kann Kompetenzentwicklung weder die alleinige
Aufgabe des Personalwesens bzw. der Personalentwicklung sein, aber
auch nicht der Vorgesetzten oder der Mitarbeiter als ‘Unternehmer in eige-
ner Sache’ (vgl. Scholz, 2004). Die Implementierung muss als Beteiligungs-
ansatz konzipiert werden, in dessen Verlauf die Beschäftigten als Mitgestal-
ter gefordert, gefördert und befähigt werden. Diese Befähigung stellt selbst
einen Lernprozess dar, in dem alle Organisationsmitglieder aktiv und kreativ
als Problemlöser an der Unternehmensentwicklung mitwirken. Auch müssen
Karrieremuster nicht auf hierarchische Aufstiegsmöglichkeiten beschränkt
bleiben. Vielmehr kommen verstärkt funktionale Laufbahnen in Betracht,
verbunden mit entsprechenden Umstrukturierungen etwa bezüglich der Ar-
beitsbewertung und der Tarifstruktur (vgl. Frevel, 2000; ausführlich Frieling
& Grote, 2000). Positive Effekte entstehen nur, wenn funktionale und hierar-
chische Grenzen überwunden werden. Dies stellt eine große Herausforde-
rung für die Einführung des Kompetenzentwicklungsansatzes dar, da sozia-
le Systeme wie Unternehmen zur Stabilität tendieren und nicht ständig nach
32
neuen Herausforderungen suchen (vgl. Baitsch, 1999). Gefordert ist eine
flexible, auf das Gesamtunternehmen abgestimmte Personal- und Organi-
sationsentwicklung (vgl. Münch, 1995), in der das Lernen im Arbeitsprozess
neben klassischer Weiterbildung in den Fokus rückt (vgl. Baitsch, 1998,
Bergmann, 2000a; 2000b; Frieling, 2004; Frieling, Bernhard, Bigalk & Mül-
ler, 2001).
In der Praxis ist von einer Vermischung der Lernformen auszugehen. Oft
kann nicht abgegrenzt werden, ob Lernen near oder on the job stattfindet.
Auch stellen organisierte Bildungsmaßnahmen off the job einen "über den
eigentlichen Lehrauftrag hinausgehenden Lebens- und Erfahrungsbereich
dar, sie sind selbst Ort informeller Lernprozesse." (Kirchhof & Kreimeyer,
2003, S. 216; Straka, 2000). In der Literatur findet sich keine einheitliche
Zuordnung (vgl. Grünwald et al., 1998, ausführlich S. 24ff.). Im Folgenden
werden Weiterbildung (formales oder non-formales Lernen) und lernförderli-
che Arbeitsgestaltung (informelles Lernen) unterschieden (vgl. ähnlich Grü-
newald & Moraal, 1995), obwohl die Grenzen fließend sind. In der Praxis
bieten diese Überschneidungen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.
1) Betriebliche Weiterbildung
In der Regel werden Lern- und Entwicklungsziele im Betrieb durch Markt-
und Wettbewerbsbedingungen, technologischen und organisatorischen
Wandel, neue Arbeitsformen sowie daraus resultierende Anforderungen de-
terminiert. Vielfach kann erforderliches fachliches und/oder methodisches
Wissen in Seminaren und Lehrveranstaltungen21 effektiv angeeignet werden
(vgl. Bergmann, 2000b). Die Maßnahmen sind dadurch charakterisiert, dass
sie ‘fern vom Arbeitsplatz’ stattfinden und vorrangig formelle (fremdorgani-
sierte) Lernprozesse initiiert werden. Diese geraten zwar zunehmend in die
21 Weiterbildungsmaßnahmen sind wesentlich vielfältiger und inhaltlich differenzierter zu be-trachten, vgl. ausführlich z. B. Hofmann & Regnet, 1994; Regnet, 2002.
Theoretische Grundlagen
33
Kritik, besitzen aber in der betrieblichen Praxis bislang einen hohen Stel-
lenwert und werden diesen nach Ansicht von Experten weiterhin haben (vgl.
z. B. Krekel & Gnahs, 2000).
Die Skepsis gegenüber klassischen Bildungsformen hat Ursachen wie Pra-
xisferne oder eine reagierende, inhaltliche Ausrichtung. Bemängelt werden
pädagogisierende Lehrmodelle sowie Transferverluste bei der Anwendung
des Gelernten (vgl. Baitsch, 1999). Die Ermittlung des Bildungsbedarfs ist
ebenso wie der Nachweis eines Nutzens durchgeführter Maßnahmen mit
methodischen Schwierigkeiten verbunden. Nicht zuletzt ist es relativ teuer,
Mitarbeiter an formaler Weiterbildung teilnehmen zu lassen. Bei zeitintensi-
ven Trainings ist es nicht möglich, einen Großteil der Beschäftigten freizu-
stellen, da z. B. Produktivitätsverluste zu berücksichtigen sind. Die Erfah-
rung, dass sich Investitionen in die eigene Arbeitskraft seitens des Unter-
nehmens nicht lohnen, kann jedoch dazu führen, dass die Beschäftigten
weder zur Selbstoptimierung noch zur Entwicklung ihres Arbeitsbereichs
eine Veranlassung sehen und ein innovationsfeindliches Klima geschaffen
wird (vgl. Frieling, Fölsch & Schäfer, 2004).
Bei der Planung und Organisation von Weiterbildung stehen Betriebe somit
vor einem Dilemma (vgl. im Folgenden Weiß, 2002): Obschon der Bedarf
nach Qualifizierung zunimmt und breite Mitarbeitergruppen umfasst, ist es
angesichts hoher Lohn- und Lohnnebenkosten sowie verringerter tariflicher
Arbeitszeiten schwieriger geworden, Weiterbildung während der Arbeitszeit
durchzuführen. Als gravierend ist die Arbeitsverdichtung in Folge des Be-
legschaftsabbaus anzusehen. Abbildung 1 zeigt Entwicklungstendenzen der
betrieblichen Weiterbildung.
34
Abbildung 1: Entwicklungstendenzen der betrieblichen Weiterbildung22
Eine Lösungsmöglichkeit besteht in der Verlagerung von Weiterbildungsak-
tivitäten in die Freizeit. Nach Weiß (2002) ist eine tendenzielle Bereitschaft
der Beschäftigten vorhanden, wobei betriebliche und tarifliche Aushand-
lungsaspekte zu beachten sind (vgl. ausführlich Weiß, 2002).23 Als weitere
Ansatzpunkte gelten - nicht nur in Folge einer prozessorientierten Gestal-
tung von Arbeitsabläufen und der Einführung von Gruppenarbeit seit Beginn
der 90ziger Jahre - arbeitsplatznahe Lernformen. Im Gegensatz zu formel-
len Arrangements finden sie near the job statt. Sie können fremd- (z. B. Un-
terweisung) sowie selbstorganisiert (z. B. Lesen eines Fachbuchs aufgrund
eigenen Antriebs) sein. Die ‘non-formalen’ Lernprozesse haben eine mehr
oder weniger ausgeprägte didaktische Struktur. So werden Unterweisun-
gen, Einarbeitungsprogramme oder E-Learning-Module usw. in der Regel
mit einem bestimmten Konzept durchgeführt, hingegen erfolgt beispielswei-
22 Quelle: In Anlehnung an Weiß, 2003. 23 Aus Sicht der Betroffenen steht eine Nutzenabschätzung im Vordergrund, d.h. die Bildungs-investitionen in der Freizeit müssen sich lohnen. Als eine wichtige Motivation gilt die Aussicht auf Nutzen oder Anwendung des Gelernten, vgl. Weiß, 2002 sowie Bergmann, 2000b.
149150
132
69
101
71
115
8887
100
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
1992 1995 1998 2001
Teilnehmerfälle je 100 MitarbeiterTeilnehmerstunden je MitarbeiterKosten je Mitarbeiter
Theoretische Grundlagen
35
se ein Erfahrungsaustausch ohne Ablaufplan. Zusammenfassend veran-
schaulicht Tabelle 4 mögliche Formen betrieblicher Kompetenzentwicklung.
Tabelle 4: Formen der betrieblichen Kompetenzentwicklung24
Formelle Weiterbildung (WB)
Informations-veranstaltungen
Traditionelle Formen arbeits-platznaher WB
Neuere Formen arbeitsplatznaher
WB Interne Lehrveran-
staltungen / Schulungen
Fachvorträge Unterweisung durch Vorgesetzte Lernstatt, Lerninsel
Externe Lehrveran-staltungen / Schulungen
Kongresse, Mes-sen, Tagungen
Einarbeitung neuer Mitarbeiter
Qualitätszirkel, Problemlösegrup-
pen
Interne Informati-onsveranstaltungen
Erfahrungsaus-tausch
Lernen mit neuen Medien
Wie Erhebungen des IW Köln zeigen (vgl. Weiß, 2001, Tabelle 5), liegt das
Lernen in der Arbeitssituation seit 1992 stets an der Spitze der in Unter-
nehmen praktizierten Weiterbildungsformen. Hierunter werden Unterwei-
sungs- und Schulungsmaßnahmen durch Kollegen oder Vorgesetzte sowie
das organisierte Einarbeiten und Anlernen subsumiert. Nach Informations-
veranstaltungen an zweiter Stelle folgt das Lernen mit Medien. Erst im An-
schluss finden sich externe und interne Lehrveranstaltungen, die gemeint
sind, wenn von Weiterbildung im engeren Sinne die Rede ist. Die Daten
machen deutlich, dass die Diskussion um neue Lernformen auch kritisch zu
sehen ist. Nach Lipsmeier (2000) ist Lernen im Prozess der Arbeit durch
das Jahrtausende alte Nachahmungsprinzip die älteste Form des berufli-
chen Kenntniserwerbs. Da mag es nicht verwundern, wenn die Debatte ü-
ber Kompetenzentwicklung von pädagogischer Seite teilweise kritisiert wird.
Nach Arnold (1997a) geht die Argumentation von einem überholten Qualifi-
kationsbegriff aus, der den pädagogischen Diskussionsstand ignoriert.25
24 Quelle: In Anlehnung an Grünwald et al., 1998, S. 30. 25 Zu dieser Grundsatzdiskussion vgl. Huisinga & Lisop, 1999.
36
Tabelle 5: Nutzung der verschiedenen Kompetenzentwicklungsformen (in %)26
1992 1995 1998 2001 Lernen in der Arbeitssituation 92,2 91,4 95,7 92,9 Informationsveranstaltungen 75,2 75,8 95,1 91,8 Lernen mit Medien 84,0 87,0 95,5 86,9 Externe Lehrveranstaltungen 59,9 58,8 88,5 84,3 Interne Lehrveranstaltungen 55,9 57,6 79,0 75,6
In der vorliegenden Arbeit wird der Auffassung gefolgt, dass eine zuneh-
mende Vernetzung zwischen verschiedenen Weiterbildungsformen stattfin-
den muss, um künftigen Anforderungen und Veränderungen gerecht zu
werden (vgl. Krekel & Gnahs, 2000). Im Fokus der neueren Diskussionen
stehen Forderungen nach einer stärkeren Selbstorganisation individueller
und gruppenbezogener Lernprozesse (vgl. Schiersmann & Remmele,
2003), einer partizipativen Gestaltung der Personal- und Organisationsent-
wicklung (vgl. Frieling, 2004; Frevel, 2000) sowie nach einer Messung bzw.
Dokumentation oder Zertifizierung von (informell) erworbenen Kompetenzen
(vgl. Weiß, 1999). Wesentlich - aber ebenfalls nicht neu - ist die Forderung
nach lernförderlicher Arbeitsgestaltung (vgl. Frei, Duell, & Baitsch, 1984;
Krapp & Weidenmann, 1992; Ulich, 1992). Es werden systematische Analy-
sen des Lernförderlichkeitspotenzials oder ein Ranking der Arbeitsplätze
diskutiert (vgl. Frieling, 2005), um arbeitsintegrierte Entwicklungsprozesse
zu unterstützen.
2) Lernförderliche Arbeitsgestaltung
Arbeitsintegriertes Lernen erlebt aufgrund der abstrakter werdenden Pro-
duktions-, Verwaltungs- und Veränderungsprozesse eine Hochkonjunktur
(vgl. Lipsmeier, 2000). Insbesondere, weil der zur Einschränkung der Effek-
tivität von seminaristischer Weiterbildung führende Transferverlust nicht in
26 Quelle: Weiß, 2001, S. 3 (Ausschnitt).
Theoretische Grundlagen
37
diesem Maße auftritt (vgl. Baitsch, 1998; Neuberger, 1994) und der demoti-
vierende Ausschluss bestimmter Beschäftigungsgruppen unterbleibt. Ler-
nen für neue Arbeitsanforderungen unter Realbedingungen und in sich än-
dernden Strukturen bietet wie keine andere Lernform die Chance, am be-
stehenden Entwicklungsniveau der Beschäftigten anzuknüpfen. Probleme
der Bedarfsermittlung sowie des Nutzennachweises werden minimiert. Aus
der Integration von Lernen und Arbeiten erwachsen vielfältige Gestaltungs-
potenziale und bilden die Basis für kontinuierliche Innovations- und Verbes-
serungsprozesse (KVP). Die Verknüpfung wirkt sich auf die Motivation aus,
da der Lernvorgang für die Beteiligten unmittelbar nachvollziehbar und nütz-
lich ist (vgl. Bergmann, 2000a). Diese Prozesse sind jedoch kein Selbstläu-
fer. Lernen findet oft nicht den nötigen Raum oder wird in den Verantwor-
tungsbereich der Mitarbeiter verlagert, ohne entsprechende Rahmenbedin-
gungen zu schaffen. Für arbeitsimmanentes Lernen müssen strukturelle
Voraussetzungen und vollständige Tätigkeiten vorliegen. Gruppenarbeit ist
nicht automatisch lernförderlich, Job-Rotation führt nicht zu einem Kompe-
tenzzuwachs, wenn zwischen gering anspruchsvollen Arbeitsplätzen ge-
wechselt wird. Hier zeigen sich die Grenzen des Ansatzes (vgl. im Folgen-
den Dehnbostel, Erbe & Novak, 1998), der sich auf kognitive, emotionale
und soziale Vorgänge bezieht. Inwieweit diese zum Tragen kommen, ist von
den Arbeitsaufträgen bzw. -gegenständen, der Ablauf- und Aufbauorganisa-
tion, den Sozialbeziehungen und der Unternehmenskultur abhängig. Reich-
weite und Wirkung des informellen Lernens können sehr gering sein, dies
trifft auf viele Arbeitsplätze zu. Verweist das informelle Lernen auf wichtige
Entwicklungsaspekte, die im schulisch-seminaristischen Lernen kaum zu
erwerben sind, so besteht die Gefahr, dass es einem restriktiven Erfah-
rungsraum zufällig und situativ erfolgt. Neben personellen Faktoren wie Fä-
higkeiten, Motivation, Wissen und Können wird Kompetenzentwicklung so-
mit durch die Arbeitssituation unterstützt oder begrenzt, wie bereits in Ab-
schnitt 2.1.1 bzw. 2.3.1 angeführt wird. Abbildung 2 veranschaulicht die Be-
ziehungen von Arbeitssituation, Persönlichkeitsmerkmalen und Kompetenz.
38
Abbildung 2: Einflussfaktoren der beruflichen Kompetenz27
Als essenziell gelten vollständige, problemhaltige Tätigkeiten (vgl. Hacker,
1986), etwa durch variable und komplexe Arbeitsinhalte (vgl. Frieling, Ber-
nard, Bigalk & Müller, 2001). Auf Ebene des Arbeitsplatzes besitzen die
Themenfelder Kommunikation, Kooperation, Selbstständigkeit und Partizi-
pation einen hohen Einfluss. Die Arbeitsaufgaben müssen ganzheitlich und
nachvollziehbar sein, so dass die Beschäftigten ihre Handlungen und deren
Ergebnisse beurteilen sowie optimieren können. Dies macht Informations-
und Feedbackprozesse unabdingbar.
Lernförderliche Arbeitsbedingungen werden von der Arbeits- und Organisa-
tionspsychologie schon lange gefordert (vgl. z. B. Sonntag, 1992; Schuler,
1995; Frieling & Sonntag, 1999). Die konsequente Umsetzung in der Praxis
findet nicht statt. Ein erster Schritt wird in einer "Lernkultur Kompetenzent-
wicklung" gesehen, die nachfolgend diskutiert wird. Zuvor fasst Abbildung 3
relevante Merkmale lernförderlicher Arbeitssysteme zusammen.
27 Quelle: In Anlehnung an Wieland, 2004, S. 172.
Arbeits-platz
Theoretische Grundlagen
39
− Information über Ziele und Bedeutung der auszuführenden Tätigkeiten − Effektive Mitwirkung bei der Spezifierung der Arbeitsziele − Mitwirkung bei der Planung und Organisation der Arbeitsausführung − Möglichkeiten zur Kontrolle und Korrektur der Arbeitsausführung − Variabilität und Komplexität der Tätigkeiten − Information über das Ergebnis der Tätigkeit, der Leistungen und des
gesamten Systems − Notwendigkeit und Möglichkeiten zur Kommunikation und Kooperation − Möglichkeiten zur Reflexion der gewonnnen Erfahrungen
Abbildung 3: Merkmale lernförderlicher Arbeitssysteme28
2.3.3 Lernkultur einer lernenden Organisation Das Bewusstsein für die Schaffung lernförderlicher Arbeitsbedingungen zur
Unterstützung des (informellen) Lernens sowie die Integration aller Ziel-
gruppen in (formelle) Weiterbildung bedarf einer Unternehmenskultur, die
Lernen positiv bewertet. Gerade im Umgang mit dem Wandel ist eine Pro-
zessorientierung, d. h. ein auf ganzheitliche Entwicklung ausgerichtetes
Lernen, erforderlich (vgl. Erpenbeck & Sauer, 2000). Die Behauptung, dass
lebensbegleitendes Lernen als Voraussetzung für Veränderungen an Be-
deutung zunimmt, ist nur richtig, wenn keine Eingrenzung auf tradierte For-
men nach schulischem Muster und auf "Einser-Kandidaten" beabsichtigt ist.
Eine solche Kultur kann helfen, das für Entwicklung und Innovation benötig-
te Lernpotenzial bereitzustellen (vgl. ausführlich Schreyögg & Kliesch,
2003). Hierbei kommt der Lernintensität der Arbeit eine entscheidende Rolle
zu: Zentraler Rahmen für die Betrachtung von Kompetenzen der Individuen
sind Tätigkeiten und Arbeitsaufgaben, die das Bindungselement zwischen
Organisationen einerseits und Menschen andererseits darstellen (vgl. Ulich,
1992). Nach einem systemischen Organisationsverständnis29 erfolgt die
Aufgabenerledigung in sozialen Systemen grundsätzlich in Kooperation mit
anderen (vgl. Ulrich & Probst, 1995). Dies unterliegt strukturellen Begren- 28 Quelle: Frieling, Bernard, Bigalk & Müller, 2001, S. 114. 29 Zur systemorientierten Managementlehre vgl. z. B. Ulrich, 1985; Ulrich & Probst, 1995.
40
zungen und Möglichkeiten. Zum einen fließt die personenbezogene Kompe-
tenz in Handlungen von Organisationen ein. Zum anderen wird individuelles
Verhalten durch organisationale Strategien, Strukturen, Ziele und Füh-
rungssystemen beeinflusst (vgl. Link, 1996). Kompetenz von Organisatio-
nen kann als Qualität des Zustandekommens organisationaler Handlungen
definiert werden. Dabei beruht die lernende Organisation neben einer an-
gemessenen Wissensbasis auf der Fähigkeit, neues Wissen aufzunehmen,
zu verarbeiten und zu speichern. "Es handelt sich um einen antizipatori-
schen Prozess, der auf der beteiligungsorientierten Interaktion zwischen
Individuum und Organisation basiert und ein langfristiges Konzept verfolgt."
(Frieling, 1999, S. 150). Eine besondere Rolle obliegt den Mitarbeitern und
ihren Dispositionen, Kompetenzen zu entwickeln. Diese sind strukturiert zu
bündeln, weil Wissen und Können eines Teams größer ist als die Summe
individueller Kompetenz (vgl. Senge, 1996). Dem Team-Lernen kommt eine
entscheidende Bedeutung zu, da Teams und nicht einzelne Personen die
elementaren Lerneinheiten in heutigen Organisationen bilden (vgl. Kluge,
1999; Gnaht, 1996; Kauffeld, 1999). Ein Ziel muss darin bestehen, den Or-
ganisationsmitgliedern unter Einbeziehung früherer Erfahrungen die effekti-
ve und interaktionsorientierte Auseinandersetzung mit situativen Anforde-
rungen zu ermöglichen, so dass Gruppen bzw. Teams zu Erfolgsfaktoren
werden (vgl. Bungard & Comelli, 1995).
Die Ausführungen betonen die Notwendigkeit von kommunikativen sowie
reflexiven Austauschprozessen und runden das theoretische Verständnis
ab, dass in die praktische Arbeit einfließen soll. Abschließend ist der Nutzen
von Kompetenz und Kompetenzentwicklung hervorzuheben. Auf Basis der
vorherigen Ausführungen werden zwei Aspekte herausgegriffen, die einen
Ausschnitt positiver Wirkungen zusammenfassen.
Theoretische Grundlagen
41
2.4 Nutzen von Kompetenzentwicklung und Kompetenz Kompetenz und organisationales Wissen werden als Wettbewerbsfaktor
gehandelt. So liegt dieser Arbeit ein Verständnis zugrunde, das Kompe-
tenzentwicklung als Erfolgsfaktor für Anpassungs- und Veränderungspro-
zesse von Individuen und Organisationen begreift. Ausgehend davon, dass
betriebliche Kompetenzentwicklung (teilweise) geplant und gesteuert wer-
den kann (bzw. muss) und Kosten verursacht - auch die Gestaltung lernför-
derlicher Arbeitsbedingungen funktioniert (zunächst) nicht zum Nulltarif -
sind die Nutzeneffekte hervorzuheben. Dabei gilt vor allem das Lernen im
Prozess der Arbeit unter ökonomischen Gesichtpunkten als relevant, da
zugleich Geschäftsprozesse erledigt und professionalisiert werden (vgl.
Lipsmeier, 2000). Es hat sich gezeigt, dass der Return on Investment höher
ist als bei traditionellen Lernformen (vgl. Erpenbeck & Sauer, 2000).
Für Organisationen besitzen die Kompetenzen ihrer Mitglieder und die Lern-
fähigkeit des gesamten Systems eine Schlüsselrolle zur erfolgreichen Posi-
tionierung am Markt. Prinzipiell stehen hierbei zwei Strategien zur Verfü-
gung. Während der marktorientierte Ansatz die Quelle nachhaltiger Wett-
bewerbsvorteile darin sieht, dass ein Unternehmen die Unvollkommenheiten
auf dem Absatzmarkt einer Branche ausnutzt und vergrößert, kann ein Un-
ternehmen nach dem ressourcenorientierten Ansatz nachhaltigen Schutz
vor Konkurrenz nur erreichen, wenn es einzigartige Ressourcen besitzt (vgl.
Osterloh, 2001).30 Hierfür sind Potenziale zu schaffen, die sich im Hinblick
auf den Grad der Imitierbarkeit, Substituierbarkeit, Einmaligkeit, Knappheit
und der Generierung von Wert von anderen unterscheiden (vgl. auch Si-
mon, 1993). Diese Kriterien treffen auf Ressourcen zu, die in langfristigen,
betriebsspezifischen Prozessen im Unternehmen selbst erzeugt werden.
Klassische materielle Produktionsfaktoren wie Arbeit, Boden und Kapital
verlieren gegenüber den physisch nicht greifbaren Ressourcen wie ‘huma- 30 Das Konzept der organisationalen Kompetenz wurde im Kontext des strategischen Mana-gements entwickelt und ist verbunden mit dem ressourcenbasierten Ansatz, vgl. Schreyögg & Kliesch, 2003.
42
nes und organisatorisches Kapital’ an Bedeutung. Dieses umfasst die
Summe des organisatorischen Wissens in einem Unternehmen,31 so dass
qualifiziertes betriebliches Humanvermögen und Know-how zur Quelle für
zusätzliche Wertschöpfung wird (vgl. Hergert & Beicht, 2000). Vor dem Hin-
tergrund des demografischen Wandels gilt dies nicht zuletzt mit Bezug auf
die Nutzung der Potenziale älterer oder gering-qualifizierter Beschäftigter.
Aus Sicht der Beschäftigten sind Kompetenzen ebenfalls zu einer Schlüs-
selfrage geworden. Sie sind Voraussetzungen für den Erhalt der Beschäfti-
gungsfähigkeit und der Sicherung der eigenen Arbeitsplätze in einem sich
verschärfenden Wettbewerb um diese (vgl. Sattelberger, 1999b; Scholz,
2004). Kompetenz zu besitzen kann in Zeiten unsicherer Erwerbsverhältnis-
se als Orientierungsfunktion dienen, die mit der Auflösung tradierter Be-
rufsmuster einhergeht. So beschreibt Employability die Fähigkeit einer Per-
son, auf der Grundlage von Handlungskompetenzen, Wertschöpfungs- und
Leistungsfähigkeit die eigene Arbeitskraft immer wieder neu und flexibel an-
bieten bzw. einsetzen zu können. Die Sicherheit eines festen Arbeitsplatzes
muss durch eine Vielfalt persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten ersetzt
werden. An die Stelle der Arbeitsplatzsicherheit tritt die Marktfähigkeit des
Arbeitnehmers und bildet einen ‘neuen Kontrakt’ mit den Unternehmen. Die
Beschäftigten müssen bereit und motiviert sein, Lernanstrengungen in Kauf
zu nehmen und einen Beitrag zum Umgang mit dem steigenden Leistungs-
druck und den Veränderungen der Arbeitswelt zu leisten (vgl. Grote, 2002).
Nach Sattelberger (1999b) liegt ein Weg darin, die eigenen Kernkompeten-
zen zu identifizieren, zu pflegen und berufliche Vielseitigkeit in die Laufbahn
zu integrieren. Dies betont die Selbstverantwortung und Eigeninitiative der
Mitarbeiter. Jedoch kostet Lernen Zeit und Mühe. Das Festhalten an be-
währten Verhaltensmustern fällt oft leichter, als Erfahrungen und Einstellun- 31 Organisatorisches Kapital entsteht aus der Summe des individuellen Humankapitals einer Organisation, deshalb ist es am schwierigsten über den Markt käuflich zu erwerben. Das Hu-mankapital einer einzelnen Arbeitsperson kann durch Abwerbung eingekauft werden, das ei-ner Organisation allenfalls dann, wenn ein Unternehmen als Ganzes erworben wird, vgl. aus-führlich Osterloh, 2001.
Theoretische Grundlagen
43
gen zu hinterfragen oder zu ändern. Die ‘neue Lernkultur’ bedeutet einen
Bewusstseinswandel für viele der Beschäftigten, der vom Management zu
unterstützen ist. Dies gilt verstärkt für Zielgruppen, die mit selbstorganisier-
ten Entwicklungsprozessen aufgrund ihrer Arbeitstätigkeiten lange Zeit nicht
oder nur selten konfrontiert waren.
2.5 Konsequenzen für die Untersuchung Unternehmen unter Konkurrenzbedingungen müssen ihre Arbeits- und Pro-
duktionsprozesse wettbewerbsfähig organisieren, hierfür benötigen sie lern-
fähige Mitarbeiter. Dabei erfordern die komplexer werdenden Anforderun-
gen neue Lehr- und Lernformen. Diese werden seit einigen Jahren vor al-
lem mit Hilfe des Begriffs "Kompetenzentwicklung" beschrieben, der in den
vorangegangenen Ausführungen detailliert betrachtet wurde.
Während aus einer allgemeinen Perspektive sozialisatorische bzw. formelle
und informelle Lern- und Bildungsprozesse zur Kompetenzentwicklung bei-
tragen, ist es im betrieblichen Kontext die Aufgabe einer modernen Unter-
nehmenspolitik, die Personalentwicklung in Form von Seminaren durch ge-
stalterische Maßnahmen am Arbeitsplatz zu unterstützen. Hierbei geht es
nicht nur um die Vermittlung von Fach- oder Methodenkompetenzen, son-
dern um die Schaffung von Konzepten, die den Austausch sowie die Erwei-
terung von Wissen durch kommunikative Strukturen, Partizipation und Ko-
operation fördern. Zugleich wird die Eigeninitiative und Selbstorganisations-
fähigkeit der Individuen betont. So stellt Kompetenzentwicklung einen Pro-
zess dar, in dem fachliche, methodische, soziale und personale Kompeten-
zen dispositiv erweitert und aktualisiert werden. Dies ist nur erreichbar
durch eine Integration von Personal- und Organisationsentwicklung, da
Kompetenzentwicklung vorwiegend in der Auseinandersetzung mit Ar-
beitsaufgaben stattfindet und zwar innerhalb von Gruppen, Teams und Or-
ganisationen.
44
Wesentlich sind gemeinsame Vorstellungen über den richtigen Weg bei al-
len Beteiligten durch eine entsprechende Lernkultur. Der Dialog mit den
Mitarbeitern über ihre Weiterbildung, die Gestaltung ihrer Arbeitsplätze so-
wie über Ziele, Entwicklungen und Veränderungen des Unternehmens und
des Umfelds müssen zu einer den gesamten Betrieb umfassenden Angele-
genheit werden. Lernen und permanente Weiterbildung sollten selbstver-
ständlich sein, ohne zu Überforderungen oder durch eine fehlende Syste-
matik zu Blindqualifikationen zu führen. Mögliche Ansätze zur Unterstützung
dieser Anforderungen werden in der vorliegenden Arbeit diskutiert (vgl. Ka-
pitel 4). Zunächst sind mögliche forschungstheoretische und methodische
Zugänge zu der Thematik ‘betriebliche Kompetenzentwicklung’ zu betrach-
ten.
Methodische Grundlagen
45
3 Methodische Grundlagen
Die Entwicklung von organisationalem Wissen und individueller Handlungs-
kompetenz der Mitarbeiter zur Erhöhung ihrer Employability sowie als Wett-
bewerbsvorteil und Innovationsmotor für Unternehmen bedarf gezielter
Handlungsstrategien und einer strukturierten methodischen Vorgehenswei-
se.
Die weit gefasste Themenstellung bedingt ein exploratives Design des For-
schungsvorhabens, der Suchprozess nach geeigneten Methoden ist zu Be-
ginn offen. Die Auswahl, die Entwicklung bzw. der Einsatz sind geprägt von
den Zielsetzungen der vorliegenden Arbeit (vgl. Abschnitt 1.3) sowie den
Erfordernissen der Projektpartner, da ein praxisrelevanter und übertragbarer
Ansatz erarbeitet werden soll. Das primäre Forschungsziel besteht darin,
die Situation zur betrieblichen Kompetenzentwicklung zu analysieren und
gemäß Veränderungen und sich stellender Anforderungen zu gestalten, so
dass es nicht um eine Überprüfung vorformulierter Hypothesen geht. Da die
Vorgehensweise mit den Projektpartnern ausgestaltet wird (vgl. Kapitel 4),
wird nachfolgend in erster Linie nachgezeichnet, welche Überlegungen zu
Beginn der praktischen Arbeit angestellt und welche in der Literatur vorhan-
denen Ansätze recherchiert bzw. eingebracht werden.
3.1 Forschungsansatz Im Vorfeld wird geprüft, welcher Zugang dem Forschungsvorhaben insge-
samt angemessen erscheint. Der Stand der Literatur und die theoretischen
Ausführungen (vgl. Kapitel 2) machen deutlich, dass sich verschiedene
46
Herangehensweisen finden.32 Nach Frieling & Sonntag (1999) werden quali-
tativ orientierte Forschungszugänge wie betriebliche Fallstudien, in denen
Veränderungsprozesse analysiert, gestaltet und dokumentiert werden, künf-
tig bedeutsamer. Insbesondere, wenn es darum geht, organisatorische
Rahmenbedingungen zu verbessern und für Mitarbeiter/-gruppen in syste-
matischer Form Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, wie es hier gefor-
dert ist. Der Forschungsansatz ist als Unternehmens- bzw. Fallstudie zu
charakterisieren, der auf einem mehrdimensionalen Forschungsdesign mit
quantitativen und qualitativen Methoden basiert (vgl. ausführlich Lamnek,
1995), die gemeinsam mit den Praxispartnern konkretisiert werden.
Die Studien beziehen sich auf zwei Unternehmen und umfassen ein relativ
großes Feld, während Fallstudien typischerweise eher durch kleine Stich-
proben gekennzeichnet sind. Infolgedessen wird es möglich, einen partizi-
pativen Ansatz zur Analyse und Gestaltung betrieblicher Kompetenzent-
wicklungsprozesse zu erarbeiten, bei verschiedenen Beschäftigungsgrup-
pen zu erproben und zu evaluieren. Hierfür sollen vorhandene Personal-
und Organisationsstrukturen sowie künftige Veränderungen und Anforde-
rungen in primäranalytischen Befragungen der Organisationsmitglieder, Ar-
beits- und Tätigkeitsanalysen erfasst werden. Nach den Untersuchungen
sind unternehmensweite Rückmeldungen vorzunehmen (Survey-and-
Feedback, vgl. Gebert, 1995; Wagner, 1997), um die identifizierten Entwick-
lungspotenziale angemessen nutzen zu können. Es wird angestrebt, dass
die beteiligten Akteure die notwendigen Maßnahmen zur Kompetenzent-
wicklung auf Basis der Analyseergebnisse in kommunikativen und koopera-
tiven Prozessen konkretisieren und umsetzen. Die Survey-Methode gestal-
32 Neben überbetrieblichen empirischen Untersuchungen, z. B. zu Zusammenhängen zwi-schen der Lernhaltigkeit von Arbeitsituationen und Kompetenzen von Erwerbstätigkeiten (vgl. Bergmann et al., 2000), zur Unternehmensflexibilität und Mitarbeiterkompetenz (vgl. Frieling, Kauffeld, Grote & Bernard, 2000) usw. gibt es eine Vielzahl von Methoden zur Kompetenz-messung (vgl. ausführlich Erpenbeck & Rosenstiel, 2003) sowie wissenschaftliche und/oder praktische Fallstudien zu der Thematik, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden können, vgl. ausführlich z. B. www.abwf.de.
Methodische Grundlagen
47
tet sich als Abfolge von Veränderungsprojekten, deren Inhalte durch die
vom Wandel betroffenen Organisationsmitglieder selbst festgelegt werden
(vgl. Schreyögg & Noss, 1995).
Um die Einschätzungen von Experten, Führungskräften und Mitarbeitern zur
betrieblichen Situation widerzuspiegeln, kommen Verfahren der empirischen
Feldforschung in Frage (vgl. Lamnek, 1995; Seidel & Rieker, 2003). Dies
macht einen Blick auf Erhebungsmethoden der Sozialforschung im Allge-
meinen (vgl. Abschnitt 3.2) sowie auf Instrumente zur Bildungsbedarfser-
mittlung im Speziellen erforderlich (vgl. Abschnitt 3.3), um pragmatische As-
pekte zu berücksichtigen. Daneben sind Kenntnisse über vorhandene und
künftig erforderliche Kompetenzen auf verschiedenen Aggregationsebenen
(Individuen, Gruppen oder Teams) notwendig. Zwar geht es nicht darum,
Kompetenzen zu messen, wohl aber können ausgewählte Verfahren heran-
gezogen werden, um Anhaltspunkte zu gewinnen. Um die Organisations-
entwicklung als Baustein von Kompetenzentwicklung entsprechend zu be-
rücksichtigen, werden Tätigkeits- und Arbeitsanalysen hinsichtlich ihrer
Einsatzmöglichkeiten untersucht. Die Ausführungen zum Kompetenzmana-
gement fassen wesentliche Elemente zusammen (vgl. Abschnitt 3.4), auch
ist die Evaluation betrieblicher Kompetenzentwicklungsprozesse metho-
disch zu untermauern (vgl. Abschnitt 3.5). Insgesamt ist zu beachten, dass
die einzusetzenden Methoden unterstützend auf Reflexions- und Lernpro-
zesse sowie die Selbstorganisationsfähigkeit der Beteiligten wirken und für
die vorrangig betrachtete Gruppe gewerblicher bzw. gering-qualifizierter
Mitarbeiter nutzbar sein sollen.
3.2 Wissenschaftliche Erhebungsmethoden Die Betrachtung allgemeiner Erhebungsmethoden erfolgt mit dem Ziel, ge-
meinsam mit den betrieblichen Kooperationspartnern eine Vorgehensweise
zur Analyse und Gestaltung von Kompetenzentwicklungsprozessen zu ent-
48
wickeln, mit der künftige Anforderungen sowie Weiterbildungsbedarfe er-
fasst werden können. Hierfür sind mögliche Befragungsformen auf ihre An-
wendung zu prüfen. Gemäß Abbildung 4 lassen sich diese in quantitative
und qualitative Formen einteilen, die sich nach dem Medium (münd-
lich/schriftlich), der sozialen Dimension (einzeln/Gruppe) und dem Grad der
Standardisierung unterscheiden (vgl. Lamnek, 1995; Borg, 1995; zu Vor-
und Nachteilen ausführlich Frieling & Sonntag, 1999, S. 66ff.).
halbstandardisiertstandardisiert
schriftlich
halbstandardisiertstandardisiert
face toface
halbstandardisiertstandardisiert
Telekom-munikation
Einzel-interview
halbstandardisiert
Gruppen-interview
mündlich
quantitativ
Inhaltsanalyse
schriftlich
narratives Interviewproblemorientiertes Interviewfokussiertes InterviewTiefen-Interviewrezeptives Interview
Einzel-interview
Gruppen-interview
mündlich
qualitativ
Befragung
Abbildung 4: Befragungsmethoden/-formen33
Da bei den empirischen Analyen subjektive Sichtweisen der Organisations-
mitglieder erschlossen und verwendet werden sollen, scheiden völlig stan-
dardisierte Verfahren mit vorgegebenen Fragen und Antworten weitgehend
aus. Rein qualitativ orientierte Formen scheinen aufgrund der Größe der
Untersuchungseinheiten nicht handhabbar. Sie eignen sich, um in Diskussi-
onen und Vorgesprächen mit Experten mögliche Rahmenbedingungen ab-
zustimmen sowie inhaltliche Dimensionen zu konkretisieren. Aufgrund der 33 Quelle: Frieling & Sonntag, 1999, S. 64.
Methodische Grundlagen
49
Zielsetzung der Erhebung wird davon ausgegangen, dass standardisierte
Fragestellungen ableitbar sind. Inwieweit dies für Antwortvorgaben zutrifft,
bleibt im Praxisfeld zu prüfen. Eine Perspektive bildet die von Frieling &
Sonntag (1999) vorgeschlagene Möglichkeit, die halbstandardisierte Frage-
form in ein standardisiertes Verfahren zu integrieren. Dies ist z. B. bei Be-
fragungen zielführend, bei denen man nicht über das Fachwissen verfügt,
um alle Antwortalternativen vorab zu formulieren, wie es hier der Fall ist. Zu
berücksichtigen ist, dass für die Auswertung der freien Antworten eindeutige
Auswertekategorien zu entwickeln sind, um reliable Zuordnungen von indi-
viduellen Antworten und vorgegebenen Kategorien zu erreichen (vgl. Frie-
ling & Sonntag, 1999). Hinsichtlich des Mediums erscheint eine mündliche
Befragung z. B. in Form von Einzelinterviews selbst bei standardisierten o-
der halbstandardisierten Erhebungen in Anbetracht der Anzahl zu befra-
gender Personen teilweise zu unökonomisch. Somit kommen halbstandar-
disierte schriftliche Befragungen (ggf. mittels E-Mail) in die engere Wahl. Sie
eröffnen dem Befragten mehrere Möglichkeiten, mit den Fragen umzugehen
und zu antworten. Für schreibungewohnte Personen ist diese Vorgehens-
weise nicht sinnvoll (vgl. Frieling & Sonntag, 1999), so dass diese in geeig-
neter Weise zu unterstützen sind. Hierfür können Einzel- oder Gruppenin-
terviews bzw. -diskussionen in Betracht gezogen werden. Letztere bieten
weitere Nutzenaspekte, da die Survey-and-Feedback-Methode neben der
Datenerhebung und Rückmeldung eine systematische Reflexion mit den
betroffenen Organisationsmitgliedern erforderlich macht. Dies bezieht sich
z. B. darauf, dass die Analyseergebnisse von den Beteiligten zur Gestaltung
betrieblicher Kompetenzentwicklungsmaßnahmen verwendet werden sollen.
Die Vorteile von (halbstandardisierten) Gruppendiskussionen liegen im Er-
zeugen von Anregungen, im Erarbeiten von gemeinsamen Vorschlägen mit
größerer Akzeptanz für die Betroffenen, in der Zeitersparnis sowie in der
Transparenz der Informationsgewinnung und -aufbereitung (vgl. Frieling &
Sonntag, 1999). Lamnek (1995; 1998) bezeichnet dies als diskursiven Aus-
tausch von Kommunikationsinhalten. Die Möglichkeit, erhobene Daten in
50
einem dialogischen Prozess zu konkretisieren, wird später auf den hier in-
tendierten Zweck übertragen (vgl. Abschnitt 4.2.2).
3.3 Methoden zur Analyse des betrieblichen Bildungsbedarfs Die Analyse betrieblicher Entwicklungsanforderungen/-bedarfe ist in Theorie
und Praxis seit langem ein vieldiskutiertes Thema. So zeigt ein Blick in die
Literatur zum Personalmanagement (vgl. z. B. Scholz, 1992), zur Personal-
entwicklung (vgl. z. B. Neuberger, 1994; Holling & Liepmann, 1995; Sonn-
tag, 1992), zum Bildungscontrolling (vgl. z. B. Weiß & Landsberg, 1992;
Krekel & Seusing, 1999; Krekel & Gnahs, 2000) und zur Bildungsbedarfs-
analyse (vgl. z. B. Sauer, 1995; Grüner, 2000) eine Vielzahl analytischer
und pragmatischer Zugänge zur Erfassung des Bildungsbedarfs, die nur
angerissen werden können. Die Fülle betriebsspezifisch gestalteter Varian-
ten von Personal- oder Organisationsentwicklungsinstrumenten (Fragebö-
gen, Checklisten, Formblätter usw.) ist unüberschaubar und wird nicht ver-
tieft. Weiterhin werden psychologische Tests, eignungs- und potenzialanaly-
tische Verfahren (vgl. z. B. Schuler & Proschaska, 1992) oder psychometri-
sche (Kompetenzmessungs-) Verfahren vernachlässigt (vgl. z. B. Kauffeld,
1999; ausführlich Erpenbeck & Rosenstiel, 2003). Der Einsatz ist bei ge-
werblichen Mitarbeitern aus methodischen und/oder ökonomischen Grün-
den meist nicht verbreitet oder sinnvoll.
Ansatzpunkte lassen sich vor allem im Bereich des Controllings finden, da
Methoden zur Ermittlung des Bildungsbedarfs als wesentliches Element ei-
nes systematischen Personalcontrollings angesehen werden. Die Konzepte
sind an die Phasen des Bildungsprozesses gekoppelt und umfassen die
Zielbestimmung, die Bedarfsanalyse sowie die Entwicklung, Durchführung
und Evaluation von Maßnahmen (vgl. Gnahs & Krekel, 1999). Bedarfsana-
lysen haben als Instrument der Weiterbildungsplanung einen großen Stel-
lenwert (vgl. Beicht & Krekel, 1999; Krekel. & Seusing, 1999; Sauer, 1995;
Methodische Grundlagen
51
Reglin & Severing, 1995). Sie bilden die Grundlage für effiziente und effekti-
ve Weiterbildung hinsichtlich der Planung einerseits und der Steuerung an-
dererseits. Ziel ist nicht nur die Erhebung von Qualifikationsdefiziten. Mit
Bedarfsanalysen soll zugleich sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter
künftigen Anforderungen gewachsen sind. Abbildung 5 zeigt verschiedene
Möglichkeiten und deren Nutzungsgrad in der Praxis.
Anteil von "regelmäßig/immer " in %
0 10 20 30 40 50 60
Mitarbeiterbeurteilungen
Nachfolge- und Karriereplanung
Mitarbeiter-/ZV-Gespräch
Schriftliche Bedarfsabfragen bei Mitarbeitern
Gespräch mit Betriebsrat
Gespräche mit Vorständen/ Produktionsverantwortlichen
Gespräche zw. Fachabteilungen und WB-Verantwortlichen
Bedarfsmeldungen der Fachabteilungen
Schriftliche Bedarfsabfragen bei Fachabteilungsleitung
100 - 499 MA500 + MA
Abbildung 5: Möglichkeiten zur Bedarfsanalyse in der Praxis34
Es wird deutlich, dass die Fachabteilungen die zentralen Ansprechpartner
sind. Dies ist konsequent, da Personalentwicklung als Führungsaufgabe gilt,
die dezentral in den Fachabteilungen wahrgenommen werden muss, unter-
stützt durch das Personalwesen oder eine Personalentwicklungsabteilung.35
Gespräche zwischen Fach- und Weiterbildungsabteilung sowie schriftliche
Bedarfsabfragen bei den Leitungen der Fachabteilungen werden in größe-
ren Unternehmen häufiger genutzt. Weitere Unterschiede bei der Bedarfs-
ermittlung in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße zeigen sich bei Mit- 34 Quelle: Seusing & Bötel, 2000. 35 Personalentwicklung ist insbesondere in größeren Unternehmen zentral organisiert. So ha-ben 60,0% der befragten Unternehmen mit über 500 Beschäftigten und 90,0% der Unterneh-men mit über 1000 Beschäftigten eine eigene Weiterbildungsabteilung, vgl. Seusing & Bötel, 2000.
52
arbeitergesprächen und bei Gesprächen mit dem Betriebsrat. Interessant
ist, dass die Mitarbeiter als Experten ihrer Arbeit nach der Studie von Seu-
sing & Bötel (2000) nur selten explizit befragt werden. Diese Tendenz wird
im einleitenden Teil bereits skizziert. Obwohl es wichtig ist, alle betrieblichen
Ebenen einzubeziehen, werden die Mitarbeiter eher vernachlässigt (vgl.
auch Allespach & Heimann, 2001; Frieling, 2004). Im Ergebnis lässt sich
festhalten, dass Bildungsbedarfsanalysen in der Praxis ein hohes Gewicht
beigemessen wird, wobei eine Lücke zwischen der Bedeutung und der Um-
setzung klafft. Methodisch gesehen kann der Entwicklungsbedarf durch A-
nalysen der Aufgaben- und Arbeitsanforderungen (Soll) und vorhandenen
Kompetenzen bzw. Qualifikationen der Beschäftigten (Ist) ermittelt werden.
Ein Soll-Ist-Vergleich verweist auf Handlungsfelder, in denen Über- oder
Unterdeckungen vorliegen (vgl. Abbildung 6).
Abbildung 6: Vorgehensweise zur Ermittlung des Bildungsbedarfs36
Die vereinfachte Darstellung macht nicht deutlich, welche Vielzahl von
Schwierigkeiten sich sowohl bei der Ableitung des Soll- und des Ist-
36 Quelle: In Anlehnung an Seusing & Bötel, 2000.
Anforderungen (Soll) Kriterien - Unternehmenspolitik - Marktentwicklungen - Technische Entwicklungen - Organisatorische
Veränderungen - Personalplanung - …
Kriterien - Kompetenzen, z. B.
- Qualifikationen - Berufserfahrungen - Stärken/Schwächen
- Entwicklungsinteressen - Planungen - …
Qualifikationsanalyse (Ist)
Soll-Ist-Vergleich
Entwicklungsbedarf
Methodische Grundlagen
53
Zustands sowie bei dem Soll-Ist-Vergleich ergeben. Zunächst ist zu berück-
sichtigen, dass verschiedene Ebenen zu subsumieren sind (vgl. Seusing &
Bötel, 2000):
- der individuelle Bedarf der Mitarbeiter,
- die Bedarfe von Gruppen und Teams,
- der Weiterbildungsbedarf von Abteilungen bzw. Bereichen und
- der Gesamtbedarf aus Sicht des Unternehmens.
Während in kleinen und mittleren Unternehmen die letztgenannten Ebenen
identisch sein können, kann der individuelle Bedarf eines Mitarbeiters von
dem der Abteilung oder des Unternehmen abweichen, da unterschiedliche
Interessen vorliegen. Die Verknüpfung der Zielsysteme ist kein triviales
Problem. Wenn Weiterbildung erfolgreich sein soll, müssen die Lernenden
einen Sinn darin erkennen. Dies gilt verstärkt für selbstorganisierte Kompe-
tenzentwicklung. Ein weiteres Problem besteht darin, dass es Führungskräf-
ten teilweise unklar ist, wohin sich ein Bereich/eine Abteilung entwickelt,
welche Konsequenzen aus den betrieblich notwendigen Veränderungspro-
zessen resultieren und was dies für einzelne Mitarbeiter oder eine Grup-
pe/ein Team bedeutet. Die Konkretisierung von Anforderungen an die Be-
schäftigten auf Grundlage von Zielen eines Bereichs/einer Abteilung ist me-
thodisch nicht ohne weiteres möglich (vgl. Reglin & Severing, 1995). Um
dem zu begegnen, werden durch Organisationsanalysen mögliche Zielvor-
gaben für die personale Förderung abgeleitet, die sich z. B. aus der Unter-
nehmens- und Führungsphilosophie, der strategischen Planung von Human
Ressources usw. ergeben (vgl. Sonntag, 1992). Ergänzend lassen sich
Einstellungs-, Klima- oder Problemanalysen nutzen (vgl. ausführlich Sauer,
1995). Nach der oben zitierten Untersuchung von Seusing & Bötel (2000)
werden Analysen der Anforderungen aufgrund technischer Veränderungen,
Produktentwicklungen und Reorganisationsmaßnahmen am häufigsten
verwendet. Seltener kommen Schwachstellen- oder Trendanalysen zum
Tragen.
54
Während sich die anforderungsorientierten Verfahren darauf beziehen, den
Soll-Zustand zu erfassen und durchaus Ansatzpunkte für die vorliegende
Themenstellung bieten, ist prinzipiell noch nichts über den Ist-Zustand vor-
handener Qualifikationen und Kompetenzen der Beschäftigten gesagt. Die-
ser kann in Mitarbeiter- und Zielvereinbarungsgesprächen, durch Qualifika-
tionsmatrizen, Leistungs- oder Potenzialbeurteilungen bzw. Einschätzungen
der Vorgesetzten mit den Soll-Vorgaben abgeglichen werden. Das defizit-
orientierte Vorgehen wird in großen Abteilungen schnell unsystematisch und
unübersichtlich. Es stellt auf Qualifizierungslücken ab und berücksichtigt in
der Regel nur formal erworbene (fachliche) Qualifikationen. Bei gewerbli-
chen Zielgruppen wird es als unökonomisch eingestuft, Mitarbeitergesprä-
che zu führen. Die dort angewendeten Qualifikationsmatrizen oder Zielver-
einbarungsgespräche beziehen sich nicht auf Entwicklungsmöglichkeiten für
die Mitarbeiter, sondern auf zu erreichende Produktivitäts- oder Qualitäts-
ziele und die Sicherstellung eines reibungslosen Produktionsbetriebs. Hinzu
kommt die von Frieling (2004) beschriebene Situation, dass Personalstatis-
tiken oft unvollständig sind und direkte Vorgesetzten keinen Einblick in das
tatsächliche Potenzial ihrer Belegschaft haben. In der Literatur zur Kompe-
tenzentwicklung wird nach Ansätzen gesucht, die diese Defizite aufgreifen
und eine stärkere Beteiligung der Beschäftigten erlauben. Hiermit beschäfti-
gen sich die folgenden Abschnitte.
3.4 Methoden zur Kompetenz- und Arbeitsanalyse Kompetenzentwicklung, -management und -messung37 hat in den letzten
Jahren einen regelrechten ‘Boom’ erfahren. So gibt es zahlreiche Bemü-
hungen, Verfahren und Methoden zur Kompetenzdiagnose oder -messung
vorzulegen, einen ausführlichen Überblick geben Erpenbeck & Rosenstiel
(2003). In den theoretischen Ausführungen (vgl. Abschnitt 2.2.1) wird ange-
37 Auf den Begriff "Kompetenzmessung" wird verzichtet, da dies nicht das Anliegen der Studie ist und der Begriff missverständlich wäre.
Methodische Grundlagen
55
führt, dass die Reflexion der eigenen Berufsbiografie ein Weg sein kann,
Wissen und Erfahrungen nutzbar zu machen. So lassen sich nicht nur Aus-
sagen darüber treffen, wie sich Kompetenzen im Verlauf des Lebens bilden,
sondern welche gebildet werden müssen (vgl. Alheit, 2003; Wardanjan,
2000a). Nachfolgend werden biografische Verfahren betrachtet, deren Vor-
teil darin liegt, dass sie vom Subjekt ausgehen und den Entwicklungsaspekt
betonen. Anschließend werden arbeits- bzw. tätigkeitsanalytische Verfahren
diskutiert, da Kompetenzentwicklung auch auf der Schaffung vollständiger
Tätigkeiten und kompetenzförderlicher Rahmenbedingungen basiert, die
den Aspekt der Organisationsentwicklung in den Fokus rücken.
3.4.1 Biografisch-orientierte Analyseverfahren Die Diskussionen um biografisch-orientierte Verfahren38 sind geprägt durch
die Bemühung, Alternativen zu formalen Abschlüssen zu generieren, weil
die vorrangige Beachtung formal erworbener Qualifikationen verschiedene
Probleme mit sich bringt. Zum einen wird das Bildungswesen insofern hin-
terfragt, ob fest definierte Bildungs- und Ausbildungsinhalte den Verände-
rungen der Arbeitswelt Rechnung tragen können (vgl. Weiß, 1999; Straka,
2000). Zum anderen werden Formalqualifikationen nicht per se als Kompe-
tenzen aufgefasst, da in Prüfungen nur das erworbene (Fach-) Wissen zerti-
fiziert wird. Informelle Kenntnisse, Berufserfahrungen und implizites Wissen
werden vernachlässigt, obwohl diese für den Berufserfolg als wesentlich
gelten (vgl. Weiß, 1999; Frank, 2002). Der Erhalt eines Zertifikats ist nach
Auffassung vieler Autoren kein hinreichender Nachweis für berufliche Hand-
lungskompetenz (vgl. z. B. Erpenbeck, 1997). Benötigt werden integrieren-
de Verfahren wie etwa Qualifikations- oder Bildungspässe (vgl. z. B. Gerber,
2003; Schmoldt, 2000; Finkenzeller, 1999; Frank, 2002). Traditionell gese-
hen fallen auch Arbeitszeugnisse in diese Kategorie, deren Aussagewert
38 Biografische Fragebögen werden nicht dargestellt, da sie der Eignungsdiagnostik zuzuord-nen sind, vgl. Schuler & Proschaska, 1992.
56
aufgrund gesetzlicher Vorgaben eingeschränkt ist (vgl. Frank, 2002). Daher
wird in Kompetenzbiografien und Kompetenzbilanzen angestrebt, ein ganz-
heitliches Bild zu zeichnen. Erpenbeck & Heyse (1999a; 1999b) haben mit
der ‘Kompetenzbiografie’ ein umfassendes Erhebungsverfahren vorgelegt,
das aus mehreren qualitativen und quantitativen Instrumenten besteht. Me-
thodologisch verstehen die Autoren darunter "ein Verfahren des narrativen
Interviews, das Elemente des fokussierten und des problemzentrierten In-
terviews einbezieht, in Form von Selbstfokussierung und Selbstzentrierung
durch den Interviewten." (Erpenbeck & Heyse, 1999a, S. 228). Nach Auf-
fassung der Autoren weist Kompetenz und biografisches Hintergrundwissen
"trotz unterschiedlicher Terminologien auf das im Lebenslauf aufgeschichte-
te Erfahrungswissen hin, dass als Kompetenzstruktur beschrieben werden
kann" (ebenda, S. 89f.).39 Besondere Beachtung finden biografische Ent-
scheidungssituationen, um kognitive Handlungsstile und Problemlösepro-
zesse zu explizieren. Die inhaltlichen Aspekte der ‘Kompetenzbiografie’
werden nicht ausführlich dargestellt, da die Methodik sehr aufwändig ist und
im betrieblichen Kontext nicht auf breiter Ebene nutzbar erscheint. Zugleich
sind hohe verbale und selbstreflexive Fähigkeiten eine Voraussetzung, was
eine Einschränkung für die Anwendung bei z. B. gering-qualifizierten Mitar-
beitern darstellt. Jedoch wird gezeigt, dass fundierte Erkenntnisse über
Kompetenzdimensionen und Lernverläufe durch eine Reflexion biografi-
scher Entwicklungen gewonnen werden können, was für die vorliegende
Themenstellung bedeutsam ist.
Einen weiteren Ansatz stellen Erler, Gerzer-Saß, Nußhart und Saß (2003)
mit der ‘Kompetenzbilanz’ vor. Diese bezieht sich auf in der Familie erwor-
bene Sozial- und Selbstkompetenzen, die von den betreffenden Personen
39 Die Untersuchung gliedert sich in drei Teile: Zunächst werden initiale Fragebögen einge-setzt, die sich mit Stärken des Unternehmens und individuellen Stärken der Befragten befas-sen. Sodann werden selbstfokussierte und selbstzentrierte Tiefeninterviews zu Lernerfahrun-gen geführt, die gering strukturiert sind. Zum Abschluss werden weitere Befragungsinstrumen-te eingesetzt, u. a. ein Werte-, ein Kompetenz-, ein organisiertes-vs.-selbstorganisiertes Ler-nen-Fragebogen, vgl. ausführlich Erpenbeck & Heyse, 1999a.
Methodische Grundlagen
57
zu dokumentieren, Kompetenzfeldern zuzuordnen und durch eine Selbst-
einschätzung zu bewerten sind. Das sich ergebende Kompetenzprofil wird
durch eine Fremdeinschätzung ergänzt, der Vergleich soll zur Reflexion an-
regen. Als herausragendes Ergebnis gilt, dass die Mehrheit der befragten
Personen (Männer 87,0%; Frauen 75,0%, vgl. Erler et al., 2003) angibt, sich
durch die Erstellung einer Kompetenzbilanz darüber klar geworden zu sein,
welche Fähigkeiten im Verlauf des Lebens - z. B. außerhalb von Schule und
Beruf - erworben wurden. Ein weiterer Nutzenaspekt für die Personalent-
wicklung liegt in einem Vergleich des eigenen Profils mit Anforderungen des
aktuellen oder zu besetzenden Arbeitsplatzes.40 Dies führt zu Selbster-
kenntnissen der Stelleninhaber und zeigt Entwicklungsnotwendigkeiten oder
-interessen auf. Somit geht es um die Kompetenzbeschreibung als Lernvor-
aussetzung, aus der sich berufliche Ziele und Weiterbildungsbedarfe ablei-
ten lassen. Diese Erkenntnisse werden später auf den betrieblichen An-
wendungszweck übertragen (vgl. Abschnitt 4.2.2).41
Gemeinsam ist den skizzierten Ansätzen, dass sie die Selbstorganisations-
fähigkeit der Individuen unterstützen und auf Entwicklung ausgerichtet sind.
Nach Ansicht von Diettrich & Meyer-Menk (2002) entsprechen sie dem Ziel
der Kompetenzentwicklung am ehesten, weil die Analyse am Subjekt an-
setzt und von den Individuen selbst bzw. in kommunikativen Prozessen mit
anderen durchgeführt wird. Selbst wenn gewisse Mängel nicht von der
Hand zu weisen sind, zeigen sich Anhaltspunkte, reflexive Methoden für die
vorliegende Zielsetzung zu verwenden. Insbesondere, weil die Berücksich-
tigung formal erworbener Qualifikationen um wesentliche Aspekte ergänzt
wird. Zwar lassen sich die recht umfassenden Verfahren unter pragmati-
schen Erwägungen in der Praxis nicht in ihrer reinen Form anwenden, auch
beziehen sich biografische Ansätze auf den Einzelnen und seine Entwick- 40 Da keine fachlichen, methodischen oder allgemeinen Kompetenzen erfasst werden, kann das Verfahren in der Personalentwicklung nur ergänzend eingesetzt werden. 41 Die viel zitierte ‘bilans de competences’ aus Frankreich wird nicht näher beschrieben, da das Verfahren im Personalwesen eine eher geringe Bedeutung erlangen konnte, vgl. Drexel, 1997; ausführlich auch Thömmes, 2003.
58
lung. Die angestrebte Vorgehensweise soll auf verschiedenen Aggregation-
sebenen zur Kompetenzentwicklung und zur Schaffung lernförderlicher
Rahmenbedingungen beitragen. Aus diesem Grund werden nachfolgend
arbeitsanalytische Verfahren diskutiert.
3.4.2 Arbeitsanalytische Verfahren Neben einer Betrachtung personaler Merkmale ist die Analyse tätigkeitsbe-
zogener Merkmale eine wesentliche Grundlage zur Ermittlung des betriebli-
chen Entwicklungsbedarfs (vgl. Sonntag, 1992). Es werden verschiedene
Techniken wie z. B. Befragung, Beobachtung, Interview, Gruppengespräch
(vgl. Abschnitt 3.2) oder verhaltensanalytische Ansätze vorgeschlagen, die
nicht weiter vertieft werden (vgl. ausführlich Sonntag, 1992). Daneben kann
auf das Tätigkeitsanalyse-Inventar (TAI, vgl. Frieling et al., 1991) zurückge-
griffen werden. Der modulartige Aufbau erlaubt eine anforderungsorientierte
Tätigkeitsklassifikation, die Ableitung von Gestaltungsansätzen für die Be-
reiche Arbeitsorganisation, Arbeitssystem und Arbeitsplatz sowie die Ermitt-
lung von Qualifikationserfordernissen (vgl. z. B. Finkenzeller, 1999). Im An-
schluss soll mit dem Konzept der Teiltätigkeitslisten ein Vorgehen aufge-
zeigt werden, das o. g. Aspekte verbindet und praxisorientierte Nutzungs-
möglichkeiten bietet, die hier von Interesse sind (vgl. im Folgenden Frieling,
Grote & Kauffeld, 2003 sowie Frieling & Sonntag, 1999). Daneben wird eine
Methodik zur Analyse der Lernförderlichkeit von Arbeitsplätzen vorgestellt,
die auf Elementen des TAI basiert.
1) Teiltätigkeitslisten
Das Prinzip der Teiltätigkeitslisten orientiert sich an der "Task Analysis-
Methodik“. Mit dieser wird versucht, Anforderungen in Form von Handlun-
gen und/oder kognitiven Prozessen zu beschreiben, denen ein Beschäftig-
ter, eine Gruppe, ein Team entsprechen muss, um die Ziele des Arbeitssys-
Methodische Grundlagen
59
tems zu erreichen. Der Hauptzweck besteht darin, die Anforderungen des
Arbeitssystems mit den Kompetenzen der Beschäftigten zu vergleichen (vgl.
Kirwan & Ainsworth, 1999, zitiert nach Frieling, Grote & Kauffeld, 2003).
Hieraus kann der Schluss gezogen werden, die Anforderungen des Arbeits-
systems an die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten anzupassen oder de-
ren Leistungsfähigkeit durch Entwicklungsmaßnahmen zu verbessern. Es
besteht die Möglichkeit, (zukünftige) Tätigkeitsbilder anhand einzelner Auf-
gaben und Teiltätigkeiten zusammenzustellen, die eine Person oder Ar-
beitsgruppe im Sinne der zu erreichenden Arbeitssystemziele ausführen
soll. Die Analyse bezieht sich nicht nur auf den Inhalt der Teiltätigkeiten,
sondern auf den Zeitpunkt, die Häufigkeit und die Dauer innerhalb eines Ar-
beitsprozesses sowie auf die Qualität und das Niveau der Ausführung (vgl.
Frieling, Grote & Kauffeld, 2003). So ergibt sich eine Verknüpfung von per-
son- und bedingungsbezogener Arbeitsanalyse, die nicht mit abstrakten
analytischen Merkmalen arbeitet, sondern mit konkreten Arbeitsinhalten.
Bei den Teiltätigkeitslisten handelt es um eine übertragbare Methode zur
systematischen Erfassung und Abbildung von Kompetenzen, die sich aus
den Tätigkeiten ergeben. Zunächst werden alle Aufgaben innerhalb eines
Bereichs, einer Abteilung, einer Gruppe erhoben. Das Vorgehen erfolgt als
iterativer Prozess, indem die Teiltätigkeiten einer logischen Struktur folgend
dokumentiert werden. Mögliche Strukturierungsansätze sind in einem pro-
dukt-, prozess- oder einem an handlungstheoretischen Überlegungen (Vor-
bereitung, Ausführung, Kontrolle von Tätigkeiten) orientierten Ordnungs-
prinzip zu sehen (vgl. Frieling & Grote, 2000). Die erarbeitete Grobstruktur
wird von den Mitarbeitern für ihren Arbeitsbereich konkretisiert. Die Ergeb-
nisse sind zu diskutieren und abzustimmen, so dass zwischen Mitarbeitern
und Führungskräften ein gemeinsames Verständnis der entscheidenden
Tätigkeitsabläufe entsteht. Diese Transparenz gilt als Voraussetzung für die
Klärung folgender Fragestellungen: Was sind notwendige Kompetenzen in
der Gruppe, in der Abteilung, im Unternehmen und in welchem Ausprä-
60
gungsgrad sollen sie vorhanden sein? So werden die unter strategischen
Gesichtspunkten allgemein formulierten Kernkompetenzen spezifiziert und
operationalisiert (vgl. Abbildung 7). Nach der Definition von Soll- bzw. An-
forderungsprofilen erfolgt eine Selbsteinstufung vorhandener Kompetenzen
durch die Mitarbeiter, die durch eine Fremdeinschätzung (Führungskräfte,
Gruppe bzw. Kollegen) ergänzt werden kann. Anschließend wird ein Soll-
Ist-Abgleich vorgenommen, um Qualifizierungs- bzw. Kompetenzentwick-
lungsmaßnahmen für die betroffenen Mitarbeiter abzuleiten sowie umzuset-
zen. Sodann ist eine Evaluation der Maßnahmen sowie eine Neubewertung
der Kompetenzen (Ist-Zustand) vorzunehmen.
Kompetenzskala X = trifft nicht zu 1 = Grundkenntnisse 2 = Anwendung/Ausführung 3 = theoretische/praktische Systemkenntnisse 4 = Experte
Konstruktions- experte
Simulations- experte
FK MA FK MA Konstruktion ∅ 3,2 1,9 0,9 1,2 Produktgestaltung 4 4 4 4 1 3 3 2 Fertigungsmittelgestaltung 3 2 1 1 x 2 2 1 Hardwarebeschaffung 2 3 2 3 1 x 1 1 Freigabe 4 3 1 1 x 1 1 1 Änderungen 4 3 1 1 x 1 x x Berechnung / Simulation ∅ 1,1 1,6 2,9 3,1 Simulation Gesamtfahrzeug 2 1 3 2 3 4 3 3 ...
Abbildung 7: Beispiel einer Teiltätigkeitsliste mit Soll-Tätigkeitsprofilen42
Nutzenaspekte
Die Erstellung der Listen und die Zuordnung von Teiltätigkeiten zu Perso-
nen führt zu einer Transparenz bezüglich erforderlicher und vorhandener 42 Von Führungskräften (FK) und Mitarbeitern (MA) anhand einer 4er- bzw. 5er-Skala ausge-füllte Teiltätigkeitsliste zur Beschreibung von Soll-Tätigkeitsbildern sowie jeweilige Durch-schnittswerte (∅) hinsichtlich des erforderlichen Ausprägungsgrads der Kompetenzen zur Verdeutlichung von Unterschieden, vgl. Frieling & Grote, 2000.
Methodische Grundlagen
61
Potenziale einzelner Mitarbeiter und Gruppen. Dies erlaubt eine Be-
standsaufnahme von Kompetenzen auf unterschiedlichen Aggregationse-
benen (Bereich, Gruppe, Mitarbeiter) und die gezielte Ermittlung des Ent-
wicklungsbedarfs. Die Art der Arbeitsteilung bzw. der Arbeitsstrukturierung
wird deutlich, was sowohl Organisations- als auch Personalentwicklungs-
prozesse anregt. Mitarbeitern werden Lernerfahrungen durch neue Einsich-
ten in die Abläufe, in Probleme anderer Abteilungen oder in die Erstellung
von Instrumenten, wie den Teiltätigkeitslisten, ermöglicht. Das Verfahren
bleibt nicht bestimmten Anwendergruppen vorbehalten, sondern erschließt
sich Mitarbeitern und Führungskräften schnell. Die durchführenden For-
scher, Berater oder Prozessbegleiter erhalten ebenfalls Einblicke in die zu
untersuchenden Bereiche. Nachteilig kann angesehen werden, dass die Lis-
ten hauptsächlich zur Beschreibung von Fachkompetenzen dienen. Ohne
Beteiligung der Mitarbeiter am Erstellungsprozess werden viele Vorteile
(Vertiefung von Prozesskenntnissen, Nutzung des Expertenwissens der Be-
schäftigten, gemeinsame Erarbeitung von Entwicklungsmaßnahmen) elimi-
niert. Auch kann die Entwicklung der Listen je nach Komplexität der Unter-
suchungseinheit sehr aufwändig werden, so dass eine konsequente Umset-
zung gehemmt wird (vgl. ausführlich Frieling, Grote & Kauffeld, 2003).
2) Lernförderlichkeitsanalysen
Die Forderung nach lernförderlichen Arbeitsbedingungen, -aufgaben und -
plätzen ist kein neues, aber ein vieldiskutiertes Thema, dass aktuell z. B.
von Gewerkschaften fokussiert wird (vgl. ausführlich Dehnbostel et al.,
2002). Von wissenschaftlicher Seite werden verschiedene Analyseverfahren
angeboten wie z. B. der Fragebogen zu lernrelevanten Merkmalen der Ar-
beitsaufgabe (FLMA, vgl. Richter, 2000) oder der Fragebogen zum Lernen
in der Arbeit (LIDA, vgl. Richter, 2000; Wardanjan, 2000b). Im Hinblick auf
die Zielsetzungen der vorliegenden Arbeit soll mit dem Lernförderlichkeits-
inventar (LFI, vgl. Frieling, Bernard, Bigalk & Müller, 2001) ein Verfahren
62
vorgestellt werden, das objektive und personenunabhängige Merkmale auf
Arbeitsplatzebene analysiert und den Gestaltungsaspekt kompetenzförderli-
cher Rahmenbedingungen angemessen berücksichtigt.43
Das LFI ist ein halbstandardisiertes Beobachtungsinterview. Die Analyseer-
gebnisse basieren auf Verhaltensbeobachtungen und Befragungen, die sich
auf den Arbeitsablauf, den Arbeitsinhalt oder soziale Beziehungen der Mit-
arbeiter beziehen, aber durch eine reine Beobachtung nur schlecht zu er-
fassen sind. Theoretisch beruht das Gesamtverfahren auf dem Konzept der
Vollständigen Tätigkeit von Hacker (1987). Vollständige Tätigkeiten beinhal-
ten die Merkmale vollständiger Handlungen, d. h. Zielbildung, Orientierung,
Handlungsplanung, Handlungsvollzug, Handlungskontrolle und Reflexion.
Das LFI baut auf Items der überarbeiteten Version des Teiltätigkeitsanalyse-
inventars (vgl. Frieling et al., 1991) auf. Es besteht aus 7 Skalen, mit denen
bedingungsbezogene, personenunabhängige Merkmale der Arbeitsplätze
und Arbeitsaufgaben erfasst werden. Die Lernförderlichkeit wird anhand der
Skalen Selbstständigkeit, Partizipation, Variabilität, Komplexität, Kommuni-
kation/Kooperation, Feedback/Information eingestuft und bewertet (vgl. im
Folgenden Frieling, Bernard, Bigalk & Müller, 2001), die kurz dargestellt
werden sollen.44
- Skala Selbstständigkeit
Die Facette Selbstständigkeit gliedert sich in zeitliche Freiheitsgrade, Hand-
lungs- und Aktionsspielraum, Selbstständigkeit beim Umgang mit Informati-
onen und inhaltliche Selbstständigkeit. Es wird bewertet, ob der Stellenin-
43 Das Instrument wurde im Rahmen eines vom BMBF geförderten Forschungsprogramms zur Entwicklung neuer Konzepte der betrieblichen Weiterbildung am Institut für Arbeitswissen-schaft der Universität Kassel entwickelt. 44 Die Skalen werden nur inhaltlich konkretisiert, da dies für den hier verfolgten Anwendungs-zweck von Bedeutung ist. Der Auswertungsmodus basiert im Wesentlichen auf Mittelwertbe-rechnungen. Einige Aspekte werden gewichtet, da z. B. die selbstständige Planung von fünf Handlungsschritten höher zu bewerten ist als die von einem oder zwei. Eine ausführliche Dar-stellung der zugrunde liegenden statistischen Verfahren findet sich bei Frieling, Bernard, Bi-galk & Müller, 2001; in Druck.
Methodische Grundlagen
63
haber die Möglichkeit hat, seine Arbeitsschritte und -abläufe zu planen,
neue Arbeitsweisen auszuprobieren usw. Durch Freiräume in der Ar-
beitsausführung können neue Leistungspotenziale genutzt werden, die Au-
tonomie der Beschäftigten wird gesteigert. Ziel sollte es sein, standardisierte
und repetitive Einzeltätigkeiten durch dispositive Funktionen anzureichern.
- Skala Partizipation
Die Skala Partizipation gliedert sich in die Bereiche der Mitwirkung auf per-
soneller und struktureller/organisatorischer Ebene, auf Ebene des Arbeits-
platzes und bei der Personalentwicklung. Eine angemessene Partizipation
soll sicherstellen, dass alle Akteure in die betrieblichen Prozesse einbezo-
gen werden, um unterschiedliche Sichtweisen und Interessen der Beschäf-
tigten zu berücksichtigen. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Mitar-
beiter mehr für gemeinsame Ziele engagieren, wenn sie Möglichkeiten zur
Beteiligung und Mitwirkung haben.
Abbildung 8: Beispiel-Items der Skala Partizipation
- Skala Komplexität/Variabilität
Diese Skalen gliedern sich in die Unterpunkte Routine, Planungshorizont,
Rüsten/Material, Umgang mit Materialfehlern, Umgang mit Störungen des
technischen Systems, Wartung/Aktualisierung, Planungsumfang, Komplexi-
tät und Neuartigkeit von Systemen, Verfügbarkeit von Informationen, Anzahl
64
von Informationsquellen und Informationsgewinnung. Es wird untersucht, ob
sich ein Stelleninhaber mit vielfältigen und anspruchsvollen Arbeitsaufgaben
auseinander setzen kann.
- Skala Kooperation/Kommunikation
Ein weiterer Aspekt wird in Kooperations- und Kommunikationsmöglichkei-
ten gesehen. Hier stehen Fragen nach Gruppen- oder Einzelarbeit und dem
informellen oder formellen Austausch mit anderen Gruppen bzw. Teams im
Vordergrund. Gruppenarbeit wird als lernförderlich angesehen und kann un-
terstützend wirken, da die Beschäftigten in die Lage versetzt werden, eigen-
verantwortlich Aufgaben der Gruppe abzuarbeiten und in reflexiven Interak-
tionsprozessen neue Kompetenzen zu erwerben.
- Skala Feedback/Information
Die Skala Feedback/Information beschäftigt sich mit Kontrollinstanzen, In-
tensität der Prüfung, Informationen zu Produkt/Leistung, Formen der Rück-
meldung sowie Nutzung von Informationen. Es wird betrachtet, ob eine an-
gemessene Rückmeldung erfolgt und ob die Informationen über die Einbet-
tung der Tätigkeit in den Gesamtrahmen des Unternehmens gegeben sind.
Durch Information und Wissen über den Arbeitsplatz soll das Interesse an
der Arbeit gefördert und kontinuierliche Verbesserungsprozesse unterstützt
werden.
Neben den Beobachtungsinterviews können ergänzend Vorgesetzten- und
Betriebsratsfragebögen eingesetzt werden, um die Lernförderlichkeit aus
mehreren Perspektiven zu betrachten, unterschiedliche Sichtweisen zu ver-
deutlichen und abzugleichen. Dabei geben die Vorgesetzen bzw. Betriebs-
räte ihre Beurteilungen nicht für einzelne Arbeitsplätze, sondern für den zu
untersuchenden Bereich als Ganzes ab. Inhaltlich orientieren sich die stan-
Methodische Grundlagen
65
dardisierten Fragen an den Skalen des LFI, wie der Ausschnitt des Vorge-
setztenfragebogens in Abbildung 9 zeigt.
Abbildung 9: Ausschnitt der Vorgesetzteneinschätzung der Skala Selbstständigkeit
Nutzenaspekte
Für Arbeitsanalysen durch Beobachtungsinterviews lassen sich verschiede-
ne Anwendungszwecke ableiten. Schwachstellen im Bereich der Arbeits-
gestaltung und Arbeitsorganisation können ebenso ermittelt werden wie
Qualifikationserfordernisse und -inhalte. Auf Basis der Ergebnisse lassen
sich Gestaltungsansätze zur Schaffung kompetenzförderlicher Rahmenbe-
dingungen ableiten und objektiv begründen. Möglichkeiten des Lernens im
Arbeitsprozess, d. h. durch die Arbeit, werden identifiziert und für betriebli-
che Kompetenzentwicklung nutzbar gemacht. Durch den Vergleich ver-
schiedener Arbeitsplätze wird ein Ranking des Lernförderlichkeitspotenzials
66
erreicht. Hierfür sind relative und objektive Bezugskriterien erforderlich. Die
Auswertung kann mit den Ergebnissen der Vorgesetzten- und Betriebs-
ratseinschätzungen zusammengeführt werden. Es wird ersichtlich, welche
Bedeutung die Führungskräfte dem Thema insgesamt sowie einzelnen in-
haltlichen Aspekten beimessen und ob die Möglichkeit und/oder Bereit-
schaft vorhanden ist, Gestaltungsanforderungen zu realisieren. Die notwen-
digen Diskussionsprozesse werden unterstützt, sie wären ohne gezielte
Analysen eher nicht möglich.
3.4.3 Kompetenz(entwicklungs)management Mit dem Konzept des Kompetenzmanagements wird ein Ansatz dargestellt,
der vor allem in der praxisorientierten Literatur fokussiert wird. Gründe lie-
gen in der zunehmenden Notwendigkeit, den Wert der Mitarbeiter für das
Unternehmen zu ermitteln und das Personal zu bewerten, wie es im Hu-
man-Capital-Management oder in der Human-Ressource-Wertanalyse an-
gestrebt wird (vgl. ausführlich Wucknitz, 2002). Vorschub leisten moderne
Informations- und Kommunikationstechnologien, die das Personalmanage-
ment nachhaltig verändern. Neben der Automatisierung der Personaladmi-
nistration findet über Personalbeschaffung, Personalplanung, Personalein-
satz bis hin zur Personalentwicklung eine Digitalisierung personalwirtschaft-
licher Prozesse in Unternehmen statt (vgl. Bichler & Doerr, 1999; Staffel-
bach & Renggli, 2002). So wird Kompetenzmanagement als Weiterentwick-
lung von Personalinformationssystemen oder Ergänzung der elektronischen
Personalakte gesehen. Zudem wird eine Verbindung zum Wissensmana-
gement und der lernenden Organisationen diskutiert (vgl. z. B. Probst,
Deussen, Eppler & Raub, 2000). Hierfür reicht es jedoch nicht aus, wenn
die Personal- bzw. Fachabteilung besuchte Schulungen oder Seminare der
Mitarbeiter in einer Datenbank dokumentiert. Vielmehr muss die Erfassung
des Qualifikationspotenzials durch die Vorgesetzten in standardisierter
Form vorgenommen werden, indem sich diese mit dem Wissen und den
Methodische Grundlagen
67
Fertigkeiten der Mitarbeiter im direkten Gespräch auseinander setzen. Dies
fördert die Motivation der Mitarbeiter und erleichtert die Vereinbarung von
Funktionsbildern und Entwicklungsmaßnahmen. Mit dem ‘electronic Human
Ressource Management’ lassen sich Personaldaten auf einen aussagefähi-
gen Stand bringen und gezielt nutzen (vgl. Frieling, 2004).
Unternehmen streben Kompetenzmanagement-Systeme an, die Aussagen
enthalten, welches Wissen, welche Fähigkeiten und Qualifikationen die Mit-
arbeiter benötigen, um bestimmte Funktionen im Unternehmen zu erfüllen
(vgl. im Folgenden Klemke, Kröplin & Kuht, 2003). Diese Informationen die-
nen der Erstellung von Soll- bzw. Anforderungsprofilen. Das Kompetenz-
oder Ist-Profil eines Mitarbeiters legt dar, in welchem Ausmaß die geforder-
ten Kompetenzen vorhanden sind. Bei einer Abweichung werden entspre-
chende Weiterbildungs- und Entwicklungsmaßnahmen abgeleitet und nach
der Umsetzung evaluiert. Abbildung 10 zeigt ein Modell des ganzheitlichen
Kompetenzmanagements.
Abbildung 10: Ganzheitliches Kompetenzmanagement45
45 Quelle: Klemke, Kröpelin & Kuth, 2003, S. 28.
68
Viele der praktisch orientierten Publikationen lassen methodische Hinweise
zur Erstellung der Profile vermissen oder nehmen Bezug auf z. B. Mitarbei-
tergespräche. Es bleibt unklar, auf welcher Basis die Anforderungen defi-
niert und wie datenschutzrechtliche Bestimmungen integriert werden. Die
Dokumentation von Kompetenzen in einem Management-System birgt die
Gefahr, nur edv-technisch auf dem neusten Stand zu sein. Aus dem Wis-
sensmanagement sind diese Probleme hinreichend bekannt (vgl. Romhardt,
2001). Reflexion und Selbstorganisation der Mitarbeiter kommen nur zum
Tragen, wenn diese aktiv beteiligt werden. Es ist zu überlegen, ob eine
Standardisierung und Automatisierung von Entwicklungsaufgaben der Dy-
namik des Kompetenzentwicklungsansatzes gerecht wird. Auch zielen
Kompetenzmodelle in der Regel auf überfachliche Kompetenzen. Hier zei-
gen sich Anknüpfungspunkte zu den Teiltätigkeitslisten, die auf fachliche
Aspekte fokussieren. Eine Verbindung beider Konzepte kann ggf. zur Errei-
chung von Synergieeffekten beitragen.
3.5 Bewertungs- und Evaluationsmethoden Bewertungs- und Evaluationsmethoden spielen in Wissenschaft und Praxis
gleichermaßen eine bedeutende Rolle. Evaluation bezeichnet die Analyse
und Bewertung eines Sachverhalts, z. B. als Effizienz- und Erfolgskontrolle
einer Innovation, zur Beurteilung einer Methode oder eines Konzepts sowie
zur Einschätzung von Wirksamkeit und Wirkungszusammenhängen (vgl.
Wottawa & Thierau, 1998). Ein primäres Ziel liegt darin, praktische Maß-
nahmen zu überprüfen, zu verbessern oder über sie zu entscheiden.46 Da-
her sind bei der Erarbeitung einer Vorgehensweise zur Analyse und Gestal-
tung betrieblicher Kompetenzentwicklungsprozesse praxisorientierte Güte-
kriterien zugrunde zu legen (vgl. Abschnitt 3.5.1). Sie dienen nicht der ab-
schließenden Bewertung, sondern fließen als Anforderungen ein, um eine
46 Evaluation wird hier im Wesentlichen mit Bewertung gleichgesetzt. Als verwandte Begriffe gelten z. B. Erfolgs-, Effizienz- oder Qualitätskontrolle.
Methodische Grundlagen
69
formative Evaluation zu unterstützen. Daneben können die Kriterien in Ver-
bindung mit weiteren Bewertungsmethoden zur summativen Evaluation der
erzielten Ergebnisse dienen. Hierfür werden Verfahren herangezogen, die
sich mit der Nutzenbewertung von Personalentwicklungsmaßnahmen be-
schäftigen (vgl. Abschnitt 3.5.2).
3.5.1 Praxisrelevante Bewertungskriterien Als wesentlich zur Bewertung einer Vorgehensweise sind die Kriterien Ak-
zeptanz, Anwendbarkeit, Relevanz und Ökonomie anzusehen (vgl. Bun-
gard, 1997; Frieling, Grote & Kauffeld, 2003), die es im Rahmen der prakti-
schen Arbeit zu konkretisieren gilt (vgl. Abschnitt 4.2.3). Für den Erfolg ist
zunächst entscheidend, dass die Vorgehensweise von den Beteiligten an-
genommen wird. Eine geringe Akzeptanz kann zu mangelnder Mitwirkung
und Veränderungsbereitschaft führen. Die Methoden sollen in der Praxis
anwendbar und handhabbar sein, die erzielten Ergebnisse müssen für be-
stimmte Organisationen bzw. Personen (-gruppen) von Relevanz sein. Aus
dem Einsatz muss ein Nutzen resultieren, indem z. B. Entscheidungs-,
Kommunikations-, Gestaltungs- oder Entwicklungsprozesse verbessert
werden. Hier stehen nicht zuletzt ökonomische Aspekte im Vordergrund, da
der Sach-, Zeit- und Personalaufwand angemessen sein und im Verhältnis
zum Ergebnis positiv bewertet werden muss. Im vorliegenden Fall ist wei-
terhin die Übertragbarkeit anzuführen, da der methodische Ansatz in einem
breiten Anwendungsfeld, bei verschiedenen Zielgruppen und in unterschied-
lichen Unternehmen nutzbar sein soll.
3.5.2 Weiterbildungsevaluation Zur Gestaltung von betrieblicher Personalarbeit werden zunehmend Cont-
rollingkonzepte eingesetzt. Diese sollen die Unternehmensführung bei der
Anpassung des Unternehmens an die Umwelt unterstützen und als Subsys-
70
tem des Managements die Planung, Steuerung und Kontrolle mit der Infor-
mationsversorgung zielorientiert koordinieren (vgl. Link, 1996; Küpper,
1995). Werden diese Aspekte auf den Personalbereich übertragen, hat
Controlling eine Navigationsfunktion (vgl. Hentze & Kammel, 1993). Im Mit-
telpunkt steht ein in die Zukunft gerichtetes Steuern von Prozessen der Per-
sonalentwicklung. Der Erfolg hängt davon ab, inwiefern es gelingt, die Maß-
nahmen entlang der Unternehmensziele und -prozesse zu entwickeln und
umzusetzen. Obwohl der Controllinggedanke dem Kostenbewusstsein ent-
stammt, steht für viele Betriebe die Verbindung zwischen Unternehmenser-
gebnissen und Personalentwicklungskonzepten im Vordergrund (vgl. Kailer,
Eder & Mayrhofer, 2000), indem die Bildungsarbeit mittels Kriterien wie Effi-
zienz, Effektivität und Wertschöpfungsbeitrag überprüft wird (vgl. Krekel &
Gnahs, 2000; Krekel & Bötel, 2000; Pech, 2001). Da entsprechende Instru-
mentarien zur Planung und Steuerung des Humankapitals bislang fehlen
(vgl. Becker, 1995; Hentze & Kammel, 1993; Kailer, 1996; Krekel & Seu-
sing, 1999; Weiß, 2000a), ist ein bedeutender Ansatzpunkt in Bildungsbe-
darfsanalysen zu sehen (vgl. Abschnitt 3.3).
Nach Kirkpatrick (1976) wird die Verbindung von Maßnahmen und Unter-
nehmenserfolg anhand einer Vier-Ebenen-Evaluation verdeutlicht, indem
zunächst der Zufriedenheitserfolg nach einem Training erfasst wird. Als Er-
hebungsmethoden kommen Fragebögen oder Interviews in Frage. Der Wis-
senszuwachs und die Einstellungsänderungen geben Auskunft über den
Lernerfolg. Die Verhaltensänderung liefert Anhaltspunkte über den Transfer
und kann durch Befragung, Beobachtung, Arbeitsproben oder weiche Indi-
katoren erschlossen werden. Schließlich soll eine Überprüfung der Zieler-
reichung auf Ebene mess- und zählbarer Einheiten den Unternehmenser-
folg aufzeigen. Mögliche quantitative und qualitative Indikatoren zur Nut-
zenbewertung sind in Abbildung 11 dargestellt.
Methodische Grundlagen
71
Harte Indikatoren, z. B. Weiche Indikatoren, z. B.
- Produzierte/verkaufte Einheiten - Aufträge/abgeschlossene Verträge - Steigerung der (Arbeits-) Produktivität - Senkung Ausschuss/Fehlerkosten/ Reklamationen usw. - Umsatzentwicklung/Rentabilität - Entwicklung des Marktanteils - Senkung Fehlzeiten/Krankenstände - Geringere Fluktuationsrate
- Erhöhte Flexibilität der Mitarbeiter - Gesteigerte Arbeitsmotivation - Besseres Betriebsklima - Bessere Zusammenarbeit - Optimierte Kommunikation/Information - Höhere Mitarbeiterzufriedenheit - Unerledigte Arbeiten (abgebaute) - Höhere Problemlösefähigkeit der Mitarbeiter
Abbildung 11: Messkriterien zur Nutzenbewertung47
Kritisiert wird die bei Kirkpatrick als kausal angenommene Wirkungskette.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zufriedenheit mit ei-
nem Seminar den Transfer generell positiv beeinflusst (vgl. Kauffeld, in
Vorb.). Gerade dieser stellt eine (erfolgs-) relevante Größe dar und es bleibt
unklar, ob und welchen Einfluss bestimmte Maßnahmen auf den Unterneh-
menserfolg haben. Selbst wenn die Kosten messbar sind,48 ist die Bere-
chung des Nutzens weitgehend auf Schätzungen angewiesen.49 Ein Nach-
weis ursächlicher Zusammenhänge zwischen einer Maßnahme und dem
Nutzen scheint unmöglich, zeitliche Diskrepanzen erschweren dies (vgl.
Weiß, 2000a).
Aufgrund der methodischen Schwierigkeiten des Personalentwicklungscont-
rollings sind neben quantitativen verstärkt qualitative Ansätze zu berück-
sichtigen (vgl. Landsberg, 1995). Hummel (2001) betont neben der ökono-
47 Quelle: In Anlehnung an Hergert & Beicht, 2000. Operationalisierungsbeispiele für einzelne Kennzahlen zeigt Weiß, 2000a. Jedoch wird darauf hingewiesen, dass ein Nachweis über ursächliche Zusammenhänge zwischen einer Maßnahme und der Kennzahlenentwicklung nicht möglich erscheint. 48 Die Problematik der Kostenerfassung betonen z. B. Grünwald & Moraal (1995, S. 18ff.) ins-besondere für arbeitsplatznahe Lernformen. 49 Hergert & Beicht (2002) weisen in einer empirischen Studie darauf hin, dass ca. 17,0% der untersuchten Großbetriebe eine subjektive Nutzenbewertung vornehmen. Eine Bewertung anhand objektiver Kennzahlen liegt bei nur 7,0% vor.
72
mischen die pädagogisch-qualitative Dimension der Personalentwicklung,
bei der die Beschäftigten im Mittelpunkt stehen (vgl. auch Buchhester,
2003). Die Fragestellung konzentriert sich auf den Nutzen von Bildung für
den Menschen, während aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Ziele der Un-
ternehmen ausschlaggebend sind. Wie in Abschnitt 2.3 gezeigt wird, kön-
nen und sollen beide Aspekte durch den Kompetenzentwicklungsansatz in-
tegriert werden. Werden Konzepte zur Personalentwicklung gezielt mit or-
ganisatorischen Gestaltungsmaßnahmen gekoppelt, um das Lernen stärker
in die Arbeitsprozesse zu verlagern, lassen sich eine Vielzahl von Bewer-
tungsproblemen beseitigen oder verringern. Die Verzahnung von formellen,
non-formellen und informellen Lernprozessen erhöht die Transfererfolge, da
direkt an Problemsituationen angesetzt wird.
Werden diese Vorteile des Kompetenzentwicklungsansatzes voll ausge-
schöpft, muss die Frage gestellt werden, ob es notwendig ist, Lern- und
Entwicklungsprozesse in der Gänze zu bewerten (vgl. Arnold, 1996). So
kann der Effekt einer Qualitätsunterweisung an sinkenden Ausschusszahlen
gemessen werden. Es bleibt aber unklar, ob dies auf dem Inhalt der Unter-
weisung über die "Bedeutung der Einhaltung von Qualitätsstandards" oder
auf einem Gespräch des betreffenden Mitarbeiters mit einem Kollegen über
Lösungsansätze zur Verbesserung der Produktqualität basiert. Schließlich
ist zu überlegen, ob es nicht effizienter wäre, wenn die Mitarbeiter ihre Feh-
ler selbst erfassen, um durch diese Sensibilisierungs- und Feedbackprozes-
se zur Fehlervermeidung beizutragen (vgl. Algedri & Frieling, 2001). Nicht
zuletzt werden durch die zunehmende Delegation von Verantwortung auf
niedrigere Ebenen Steuerungsinstrumente für Führungskräfte, Arbeits- und
Projektgruppen sowie Mitarbeiter benötigt, die den Aspekt der Selbstorgani-
sation und der Selbstevaluation betonen (vgl. ausführlich Arnold, 1996). In-
sofern wird Weiß (2000a) gefolgt, wenn er vorschlägt, die Nutzenmessung
auf zwei Ebenen zu beschränken, die auch unter Kosten-/ Nutzenabwägun-
gen für die Messung als ausreichend gelten: Zum einen ist zu prüfen, ob die
Methodische Grundlagen
73
Maßnahmen einen Beitrag dazu geleistet haben, dass sich das Unterneh-
men oder eine Abteilung/Gruppe positiv in Richtung der Ziele entwickelt. Im
nächsten Schritt wird das Ausmaß der Veränderung betrachtet und spezifi-
ziert. Methodisch gesehen kommen subjektive Bewertungen oder Befra-
gungen ebenso in Betracht wie eine Auswertung von Kennzahlen.
Wesentlich ist die Erkenntnis, dass Bildungsleistungen keinen eigenständi-
gen ökonomischen Nutzwert haben. Die Höhe der Erträge hängt u. a. davon
ab, ob und wie lange die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse für die
Erstellung von Gütern und Dienstleistungen genutzt werden können (vgl.
Hergert & Beicht, 2000). Es macht wenig Sinn, die Mitarbeiter einer Produk-
tionsabteilung zu einem Kommunikationstraining zu schicken, um Abstim-
mungsprobleme in der Gruppenarbeit zu minimieren, wenn Gruppenbe-
sprechungen ‘nur bei Bedarf’ stattfinden und der Zeitdruck oder Konkur-
renzkampf keinen kommunikativen Austausch ermöglicht. Hier hätte eine
Befragung der Beschäftigten im Vorfeld Aufschluss über die richtige Form
der Intervention gegeben. Beteiligungsorientierte Analysen werden daher
als Ausgangspunkt zur Gestaltung betrieblicher Kompetenzentwicklungs-
prozesse angesehen.
3.6 Konsequenzen für die Untersuchung Die Ausführungen zeigen einen kleinen Ausschnitt möglicher Zugänge zur
Thematik der betrieblichen Kompetenzentwicklung. Dabei stand es nicht im
Vordergrund, den Stand der Forschung darzustellen, sondern die eingangs
formulierten Zielsetzungen und die theoretischen Grundlagen zur Kompe-
tenzentwicklung methodisch zu untermauern. Nachfolgend werden die bis-
lang diskutierten Aspekte zusammengeführt und in der Praxis konkretisiert.
In einem vierjährigen Forschungsprojekt werden innovative Konzepte zur
Kompetenzentwicklung erarbeitet und umgesetzt, die in der vorliegenden
Arbeit insbesondere mit Blick auf gewerbliche Zielgruppen betrachtet wer-
74
den. Im Vordergrund steht eine Orientierung auf die Rahmenbedingungen
von Personal- und Organisationsentwicklung, die Förderung von arbeits-
platzbezogenen Lernprozessen sowie eine konsequente Partizipation und
Einbindung der Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das
folgende Kapitel mit der Entwicklung einer beteiligungsorientierten Vorge-
hensweise zur Implementierung des Kompetenzentwicklungsansatzes in
der Praxis. Es werden verschiedene Methoden entwickelt bzw. angewendet
und hinsichtlich der erzielten Ergebnisse evaluiert. In Bezug auf die gewon-
nenen Erkenntnisse ist zu berücksichtigen, dass es sich um Unternehmens-
bzw. Fallstudien handelt und nur bedingt von verallgemeinerbaren Aussa-
gen ausgegangen werden kann. Die Größe des Untersuchungsfelds, die
Heterogenität der Zielgruppen sowie die empirisch ermittelten Daten erlau-
ben in einem gewissen Umfang generalisierbare Interpretationen, sofern
sich die Daten mit anderen, veröffentlichten Ergebnisse vergleichen lassen.
Diesen Aspekten soll in Kapitel 5 nachgegangen werden.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
75
4 Kompetenzentwicklung in der Praxis - Vorgehensweise
Ausgehend von Veränderungen in der Arbeitswelt und erhöhten Anpas-
sungsanforderungen der Beschäftigten wird in den Unternehmen zuneh-
mend die Notwendigkeit erkannt, Entwicklungsstrategien anzuwenden, die
neben klassischer Weiterbildung das (selbstorganisierte) Lernen im Prozess
der Arbeit berücksichtigen. Die Erkenntnisse finden Eingang in die Tarifpoli-
tik: Tarifverträge der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) und Bergbau,
Chemie, Energie (IG BCE) sehen zur Qualifizierung der Mitarbeiter neben
klassischer Weiterbildung das Lernen im Prozess der Arbeit als anrechenba-
re Qualifizierungsmaßnahme vor. In Unternehmen fließen diese Ansatz-
punkte in die Aushandlung von Standortsicherungs- oder Betriebsvereinba-
rungen ein. Sie stellen die Ausgangsbasis für das vierjährige Kooperations-
projekt zwischen Praxis, Beratung und Wissenschaft dar, in dem innovative
Personal- und Organisationsentwicklungskonzepte erarbeitet werden. Die
Umsetzung findet in zwei Unternehmen der chemischen Industrie statt (vgl.
Abschnitt 4.1). Das Forschungsdesign bzw. die methodische Vorgehenswei-
se wird in einer Expertengruppe der beteiligten Projektpartner entwickelt
(vgl. Abschnitt 4.2) und bei gewerblichen Beschäftigungsgruppen eingesetzt
(vgl. Abschnitt 4.3). Anschließend werden Ergebnisse aus beiden Unter-
nehmen reflektiert (vgl. Abschnitt 4.4), um auf Basis der empirischen Befun-
de in Kapitel 5 die eingangs gestellten Forschungsfragen aufzugreifen.
4.1 Forschungsfeld
4.1.1 Branchenentwicklung der chemischen Industrie Die Branchenentwicklung der chemischen Industrie ist gekennzeichnet
durch gesättigte Märkte im europäischen Wirtschaftsraum, zunehmende
76
Konzentrationsprozesse und einem starken internationalen Wettbewerb in
Verbindung mit einer kapital- und forschungsintensiven Produktion (vgl.
Branchenanalyse Chemische Industrie, 2001). In diesem Umfeld kommt es
am Hochlohnstandort Deutschland darauf an, sich auf Kernkompetenzen zu
konzentrieren und diese nachhaltig zu entwickeln. Obwohl die Branche als
wachstumsstark gilt, werden die vorhandenen Personalstrukturen eher rück-
läufig gesehen. Abbildung 12 verdeutlicht die Beschäftigungsentwicklung
und -erwartung: Der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen lässt
auf einen Umbau der Belegschaften hin zu einem höheren Qualifikationsni-
veau schließen. Der Anteil un- und angelernter Arbeiter sowie Angestellter
für einfache Tätigkeiten nimmt demzufolge in 35,0% bzw. 27,0% der befrag-
ten Betriebe ab. Spiegelbildlich sieht es bei Facharbeitern und qualifizierten
Angestellten aus, hier gehen 29,0% der Betriebe von einem relativen Zu-
wachs aus.
Abbildung 12: Entwicklung der Beschäftigungsstruktur der chemischen Industrie50
50 Quelle: Branchenanalyse Chemische Industrie, Nr. 1/2000 (N= 271 Betriebe).
Kompetenzentwicklung in der Praxis
77
Die steigenden Anforderungen schlagen sich in der Einschätzung des künf-
tigen Bildungsbedarfs nieder. Zwar sind 87,0% der Betriebe der Ansicht,
dass die gegenwärtigen Qualifikationen ausreichend sind. Eine solche Ü-
bereinstimmung sehen aber nur 59,0% der Betriebe in Bezug auf den künfti-
gen Bedarf (vgl. Branchenanalyse Chemische Industrie, 2000), in vier von
zehn Betrieben werden Defizite erwartet. Die Studie macht keine Aussagen
über inhaltliche Entwicklungsschwerpunkte oder Anforderungen, dies eröff-
net ein breites Forschungsfeld. Neben der Analyse des Bildungsbedarfs sind
die Strategien zur Bedarfsdeckung unter Berücksichtigung des Kompetenz-
entwicklungsansatzes zu gestalten, um eine stärkere Handlungsnähe der
betrieblichen Qualifizierung zu erreichen.
4.1.2 Praxispartner Das Forschungsvorhaben wird in zwei Unternehmen der chemischen Indust-
rie durchgeführt, unterstützt durch eine gemeinsame Stiftung vom Bundes-
arbeitgeberverband der chemischen Industrie (BAVC) und der Industriege-
werkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sowie der wissenschaftli-
chen Begleitforschung. Die Betriebe sind international tätig und haben in Eu-
ropa sowie in Deutschland mehrere Niederlassungen. Die Studien finden in
zwei Betriebsstätten am Standort Deutschland statt. Die Vorgehensweise
wird in einem Großunternehmen der Pharmabranche mit ca. 4.200 Beschäf-
tigten entwickelt und anschließend in einem weiteren Betrieb eingesetzt
bzw. auf die dort vorliegenden mittelständischen Strukturen übertragen. Das
Tochterunternehmen eines Großkonzerns ist mit ca. 260 Beschäftigten am
untersuchten Standort als Automobilzulieferer tätig.51
Zu Beginn des Vorhabens sind in dem Großbetrieb (Unternehmen A) ca.
2.000 administrative und ca. 2.200 gewerbliche Mitarbeiter tätig. Die Perso-
51 Die Zahlen (ohne Auszubildende) basieren auf dem Stand zu Beginn der Forschungsarbeit Ende 2002.
78
nalstruktur macht deutlich, dass ca. 60,0% der gewerblich Beschäftigten in
die Kategorie der An- und Ungelernten fallen. Daher ist auf Grundlage der
oben aufgezeigten Branchenentwicklung von einem hohen Qualifizierungs-
bedarf auszugehen. In gewerblichen Bereichen liegt weitgehend Gruppen-
arbeit vor, es finden sich drei Sparten mit unterschiedlichen Produktions-
schwerpunkten. Eine vierte Sparte ist im Dienstleistungssektor tätig,
daneben lassen sich die Organisationsstrukturen grob in drei zentrale Funk-
tionsbereiche (Personalmanagement52, Logistik- und IT-Service sowie Fi-
nanzwesen) unterteilen. Dies ermöglicht die Untersuchung heterogener Be-
schäftigungsgruppen, da weitgehend alle Fachbereiche bzw. Abteilungen,
Gruppen und Teams53 in das Forschungsvorhaben integriert werden sollen.
Die Ausgangsbasis bildet eine zwischen der Unternehmensleitung, dem Be-
triebsrat und der zuständigen Gewerkschaft getroffene Vereinbarung zur Si-
cherung der Beschäftigung und zum Ausbau des Standortes. Laut dieser
Vereinbarung stellen die Mitarbeiter dem Unternehmen unentgeltliche Mehr-
arbeitsstunden zur Verfügung, die auch für Weiterbildung genutzt werden
sollen. Zur Erreichung einer langfristigen Standortsicherung wird es als er-
forderlich erachtet, die Belegschaft durch systematische Entwicklungsstrate-
gien an neue Arbeitsanforderungen und Rahmenbedingungen anzupassen.
Der mittelständische Betrieb (Unternehmen B) ist ebenfalls der chemischen
Industrie zuzurechnen und stellt Kunststoffzulieferteile für die Automobilin-
dustrie her. Die methodische Vorgehensweise wird auf vier Produktionsab-
teilungen und einen Logistikbereich übertragen, in denen ca. 210 gewerbli-
che Mitarbeiter in Gruppenarbeit organisiert sind. Die Zielgruppe besteht zu
ca. 70% aus an- und ungelernten Kräften, administrative Mitarbeiter werden
nicht berücksichtigt. Die Kooperation basiert auf einer Betriebsvereinbarung
zur Qualifizierung und zur Sicherung des Standortes, in der systematische 52 In dem Großunternehmen liegt eine Funktionsteilung zwischen Personalentwicklung und -wesen vor. In dem mittelständischen Betrieb ist das Personalwesen auch für Personalentwick-lung zuständig. 53 Während "Fachbereich" eine übergeordnete Organisationseinheit meint, sind (Fach-) Abtei-lungen, Gruppen bzw. Teams als untergeordnete Ebenen zu betrachten.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
79
Anpassungs- und Entwicklungsprozesse für die Beschäftigten beschlossen
werden.
4.2 Forschungsdesign Um innovative Kompetenzentwicklungskonzepte zu erarbeiten, schließen
sich Partner aus Praxis, Beratung und Wissenschaft zusammen. Dem Vor-
haben liegt die Annahme zugrunde, dass wirtschaftliche und gesellschaftli-
che Veränderungen eine Lernkultur verlangen, die auf einem Verständnis
des kontinuierlichen Lernens aufbaut und dass die Umsetzung handlungsre-
levanter Maßnahmen im Wesentlichen gelingt, wenn die Sozialpartner ge-
meinsam agieren. Eine so verstandene antizipative Entwicklungsstrategie ist
an Unternehmens- und Abteilungszielen auszurichten und muss vor dem
Hintergrund des Selbstorganisationsprinzips zugleich mitarbeiterbezogene
Ziele berücksichtigen. Der demografische Wandel ist ebenso einzubeziehen
wie individuelle Leistungsvoraussetzungen und Kompetenzen der Beschäf-
tigten. Ein Aspekt wird in einer strukturierten, beteiligungsorientierten Vorge-
hensweise und dem Einsatz geeigneter Methoden gesehen, um bedarfsge-
rechte Kompetenzentwicklungsmaßnahmen und lernförderliche Arbeitsbe-
dingungen zu gestalten. Bestehende Probleme der Personalarbeit wie z. B.
unsystematische Bedarfsanalysen, fehlende Einbindung der Mitarbeiter in
die Entwicklungsplanung sowie eine geringe Verknüpfung von Personal- und
Organisationsentwicklung sollen Berücksichtigung finden. Um die Grundlage
hierfür zu schaffen, sind aus einer wissenschaftlichen Perspektive primär-
analytische Erhebungen erforderlich. Aus Sicht der Unternehmen wird ein
pragmatisches Vorgehen angestrebt. Vor diesem Hintergrund wird auf Basis
von theoretischen sowie methodischen Grundlagen (vgl. Kapitel 2 und 3)
eine erste Struktur des Forschungsdesigns abgestimmt, die es im Projekt-
verlauf zu spezifizieren gilt. Im Vordergrund steht zunächst die Schaffung
eines Konsens in Bezug auf die einzelnen Phasen des Vorhabens. Beson-
deren Wert ist auf einen praxisorientierten Ansatz unter Einbeziehung der
80
Anforderungen der Unternehmen zu legen. In Expertengesprächen wird de-
finiert, eine Projektstruktur zu implementieren und die Organisationsmitglie-
der über das Vorhaben zu informieren (Organisations- und Informationspha-
se). Anschließend geht es um eine Untersuchung der betrieblichen Situation
zur Kompetenzentwicklung durch Befragungen von Mitarbeitern und Füh-
rungskräften sowie mittels Tätigkeits- und Arbeitsanalysen (Analysephase).
Die Ergebnisse werden an die Beteiligten zurückgemeldet und in gemein-
samen Diskussionen mit Vertretern der Fachbereiche in Form von Kompe-
tenzentwicklungsmaßnahmen konkretisiert (Entwicklungsphase). Anschlie-
ßend gilt es, die Umsetzung und die methodische Vorgehensweise zu evalu-
ieren, um den Nutzen aus Sicht der Praxis zu verdeutlichen (Evaluations-
phase). zeigt die Projektphasen, die im Anschluss kurz beschrieben und
durch Fallbeispiele vertieft werden.
Abbildung 13: Phasenmodell zur Vorgehensweise und eingesetzte Methoden
4.2.1 Organisations- und Informationsphase Um die Arbeitsschwerpunkte angemessen bearbeiten zu können und die
Vorgehensweise im Anwendungsfeld zu konkretisieren, wird eine Projekt-
gruppe implementiert, in die Vertreter der Unternehmen (Personalwesen,
Personalentwicklung und Betriebsrat) sowie der externen Partner (Gewerk-
schaft, beratende Stiftung und wissenschaftliche Begleitung, vgl. Abbildung
Kompetenzentwicklung in der Praxis
81
14) eingebunden sind. Ein Kernteam von vier externen wissenschaftlichen
Mitarbeitern wird mit der Umsetzung der Gesamtaufgaben betraut. Als über-
geordnetes Gremium fungiert ein Lenkungsausschuss, um die notwendigen
strukturellen Entwicklungsprozesse im Einklang mit der strategischen Aus-
richtung der Unternehmen zu gestalten.
Abbildung 14: Projektorganisation
Die Projektorganisation verdeutlicht intern den Stellenwert von innovativer
Personalentwicklung und fördert eine konsequente Umsetzung der definier-
ten Ziele sowie das Commitment der Vorgesetzten aus den Fachbereichen.
Durch einen sozialpartnerschaftlichen Ansatz sollen die verschiedenen Inte-
ressen der Beteiligten angemessen berücksichtigt und kooperativ einge-
bracht werden. Von großer Bedeutung ist die Mitwirkung von Führungskräf-
ten und Mitarbeitern. Diese sind keine ständigen Mitglieder der Projektgrup-
pe, sondern werden fallweise integriert. In jedem teilnehmenden Fachbe-
reich bzw. in jeder Abteilung oder Gruppe soll ein ‘Kompetenzentwicklungs-
82
projekt’ initiiert werden, das nach Abschluss des Forschungsvorhabens als
kontinuierlicher Prozess fortzuführen ist.54
Die Planung zur Durchführung des Vorhabens ist mit den Fachbereichsver-
antwortlichen der Unternehmen abzustimmen. In diesem Zusammenhang ist
die intensive Information von Mitarbeitern und Management ein wichtiger
Aspekt, da eine hohe Akzeptanz als zentral gilt. Die Führungskräfte müssen
der Vorgehensweise zustimmen und zeitliche sowie personelle Ressourcen
zur Verfügung stellen. Es ist nicht davon auszugehen, dass bei allen Betei-
ligten das Bewusstsein für die Bedeutung von systematischen, langfristig
angelegten Personal- und Organisationsentwicklungsprozessen vorliegt. Um
die Ziele und den Nutzen zu kommunizieren, eignen sich persönliche Ge-
spräche und Informationsveranstaltungen. Neben der Vermittlung des Kom-
petenzentwicklungsansatzes werden die unternehmensweiten Präsentatio-
nen genutzt, um die Beschäftigten auf die Analysen und die Möglichkeit zur
Mitwirkung hinzuweisen. Deren Beteiligung ist nicht zuletzt unter dem Blick-
winkel der angestrebten Mitarbeiterorientierung erforderlich.
4.2.2 Auswahl von Methoden für die Analyse- und Entwicklungsphase Die Auswahl der Methoden orientiert sich an den Zielsetzungen des For-
schungsprojekts und einer Einschätzung der Durchführbarkeit der Analysen,
wobei Aspekte wie Akzeptanz, Relevanz und Ökonomie zu berücksichtigen
sind. Wie Abbildung 13 darlegt, werden drei Zugänge gewählt. Ein Schwer-
punkt liegt auf der Erfassung vorhandener Qualifikationen und Kompetenzen
der Beschäftigten sowie Veränderungen und Anforderungen aus Sicht der
Führungskräfte (Bedarfsanalyse). Hierfür sind neue Instrumente zu entwi-
ckeln, die nachfolgend beschrieben werden. Basierend auf den in Abschnitt
54 In der Praxis hat sich der Begriff ‘Projekt’ schnell etabliert. Dieser suggeriert, dass es sich um ein zeitlich begrenztes Vorhaben handelt (vgl. z. B. Zöllner, 2003). Daher ist zu betonen, dass Kompetenzentwicklung kein einmaliger Prozess ist und in den Fachbereichen fortgesetzt werden soll.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
83
3.2, 3.3 und 3.4 diskutierten methodischen Grundlagen werden wissen-
schaftliche Erhebungsformen wie Befragung und Interview mit Instrumenten
zur Bildungsbedarfs- bzw. Kompetenzanalyse gekoppelt. Dies verbindet an-
forderungs- und subjektorientierte Ansätze. Eine stärker arbeitsanalytisch
orientierte Vorgehensweise findet sich bei dem Konzept der Teiltätigkeitslis-
ten. Diese ermöglichen es, den Kompetenzentwicklungsbedarf tätigkeitsbe-
zogen zu strukturieren. Zur Schaffung lernförderlicher Arbeitsbedingungen
werden repräsentative Arbeitsplätze mit dem Lernförderlichkeitsinventar un-
tersucht. Da es sich um vorhandene Verfahren handelt, die in Abschnitt
3.4.2 dargestellt sind, wird die Anwendung in Verbindung mit den Fallbei-
spielen vertieft.
1) Entwicklung eines Befragungsleitfadens zur Analyse der Kompetenzent-
wicklung aus Sicht der Mitarbeiter (Bedarfsanalyse MA)
Unter Berücksichtigung der definierten Zielsetzung und den theoretischen
Ausführungen der vorherigen Kapitel wird die Untersuchung entwicklungs-
und nicht defizitorientiert gestaltet. Es steht nicht im Fokus, Qualifikationslü-
cken zu analysieren, sondern die vorhandene Personalstruktur zu erfassen,
Optimierungspotenziale aus Sicht der Mitarbeiter zu erschließen und deren
Lern- und Selbstorganisationsfähigkeit zu fördern. Dabei sollen individuelle
Entwicklungsinteressen Berücksichtigung finden, aber auch gruppenbezo-
gene Weiterbildungsbedarfe generiert werden.
In Betracht kommt eine Befragung, bei der die Beschäftigten vorhandene
Qualifikationen, Berufserfahrungen sowie tätigkeitsbezogene Kenntnisse
dokumentieren und durch diese Reflexion ihre Entwicklungserfordernisse
konkretisieren. Wie in Abschnitt 2.2.1 und 3.4.1 angeführt wird, sind biografi-
sche Ansätze geeignet, um persönliche und berufliche Kompetenzen be-
wusst zu machen und die selbstorganisierte Bedarfsdefinition zu unterstüt-
zen. Methodisch gesehen wird das Instrument so konzipiert, dass es sich als
84
Interview-Leitfaden eignet oder selbst ausgefüllt werden kann. Inhaltlich wird
auf die theoretischen Grundlagen zurückgegriffen: Kompetenzen beinhalten
Qualifikationen, Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten, deren Erwerb,
Entwicklung und Verwendung auf die gesamte Lebenszeit eines Menschen
bezogen ist (vgl. Dehnbostel, 2001). Durch die Beachtung von Entwicklungs-
interessen wird eine Steigerung der Motivation angestrebt (vgl. Bergmann,
2000a). Um den Aufwand im Rahmen zu halten und die Einheitlichkeit der
Erhebung zu gewährleisten, sind alle Fragen standardisiert. Zur Erschlie-
ßung des Erfahrungs- bzw. Kenntnisspektrums der Mitarbeiter wird bei eini-
gen Aspekten auf Antwortvorgaben verzichtet. Der höhere Aufwand bei der
Erfassung und Auswertung soll durch die explorativen Ergebnisse kompen-
siert werden, die durch geschlossene Fragen nicht zu erzielen sind. Der Be-
fragungsleitfaden ist als halbstandardisiertes Instrument zu charakterisieren,
das die in Tabelle 6 angeführten Elemente beinhaltet.
Tabelle 6: Struktur der Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbeiter
Personalstruktur / bisherige Kompetenzentwicklung 1. Allgemeine Daten (Geschlecht, Status, Alter, Betriebszugehörigkeit, Tätigkeit) 2. Formalqualifikationen (Schul- und Berufsausbildung) 3. (Berufserfahrungen, Tätigkeiten sowie tätigkeitsrelevante Kenntnisse) 4. Lernformen und besuchte Weiterbildungsmaßnahmen im Unternehmen Kompetenzentwicklungsbedarf 5. Weiterbildungs- bzw. Kompetenzentwicklungsbedarf und -interessen 6. Auszubauende Kompetenzen bzw. Fähigkeiten
Nach einem einleitenden Teil werden neben Namen, Alter, Betriebszugehö-
rigkeit und Status die Tätigkeitsbezeichnungen erfasst, um eine analytische
Interpretation der Daten zu ermöglichen (vgl. hierzu Kapitel 5). Im Weiteren
geht es um die Dokumentation der Berufsbiografie in Form von Berufstätig-
keiten vor bzw. nach Eintritt in den Betrieb. Erfahrungen mit Auslands-,
Gruppen- und Projektarbeit werden ebenso erhoben wie tätigkeitsrelevante
Kenntnisse und Kompetenzen. Die Fragen haben eine offene Antwortstruk-
Kompetenzentwicklung in der Praxis
85
tur und lassen sich aufgrund der Komplexität nicht umfassend zur Erarbei-
tung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen verwenden. Sie werden in
der vorliegenden Arbeit vernachlässigt (vgl. ausführlich Fölsch, in Vorb.).
Der nächste Komplex beinhaltet geschlossene Fragen zur schulischen und
beruflichen Ausbildung, da das Qualifikationsniveau bei der Gestaltung von
Bildungsmaßnahmen zu berücksichtigen ist. Im Weiteren sollen die Mitarbei-
ter angeben, welche Lernformen zum Kenntniserwerb genutzt werden. Die
Antwortvorgaben basieren auf den oben diskutierten Formen betrieblicher
Kompetenzentwicklung (vgl. Grünwald et al., 1998; Weiß, 2001; Baethge &
Baethge-Kinsky, 2002), die auf vorliegende Begebenheiten angepasst wer-
den. Dabei sollen informelle (selbstorganisiertes Lernen, Erfahrungen), non-
formale (Lernen von Kollegen oder Vorgesetzten), formale (Berufsausbil-
dung, Weiterbildung) sowie mediale Lernformen berücksichtigt werden (vgl.
Abbildung 15).
Wie haben Sie die Kenntnisse und Fertigkeiten, die Sie zur täglichen Arbeit benötigen, vorwiegend gelernt? (Mehrfachnennungen sind möglich)
bitte ankreuzen
1. Berufsausbildung / Studium
2. Selbstorganisiertes / eigenständiges Lernen
3. Kollegen (Einweisen, Anlernen, Einarbeiten am Arbeitsplatz, etc.)
4. Vorgesetzte (Einweisen, Anlernen, Einarbeiten am Arbeitsplatz etc.)
5. Erfahrungen im Rahmen der täglichen Arbeit
6. Weiterbildung des Personalwesens / der Personalentwicklung
7. Abteilungsinterne Weiterbildungsmaßnahmen
8. Private Weiterbildung (Meister-, Technikerschule, Fernkurse etc.)
9. Computer Based Training / Web Based Training, E-Learning etc.
10. Sonstiges:
Abbildung 15: Frage nach betrieblichen Lernformen
Die Ergebnisse werden genutzt, um die aktuelle Situation abzubilden und
künftige Lernprozesse zu gestalten. Nicht zuletzt wird das Bewusstsein der
86
Befragten unterstützt, dass nicht nur Seminare zur Kompetenzentwicklung
beitragen. Lernen steht im allgemeinen Verständnis häufig in Verbindung mit
traditioneller Weiterbildung. Um diese Aspekte ebenfalls abzubilden, werden
besuchte Weiterbildungs-/ Personalentwicklungsmaßnahmen der Mitarbeiter
erfasst (vgl. Abbildung 16).
Haben Sie an betrieblichen Weiterbildungs-/ Personalentwicklungsmaßnahmen (z. B. Schulungen, Seminare, Kurse) teilgenommen? ja nein
Maßnahmen-/ Weiterbildungskategorie
Inhalte besuchter Weiterbildungen (bitte eintragen):
Anzahl
1. Arbeitssicherheit: 2. Technische Prozesse: 3. Qualitätsmanagement: 4. IT / Software: 5. Projektmanagement: 6. Problemlösung: 7. Gruppen-/Teamarbeit: 8. Kommunikation/Konflikt: 9. (Arbeits-) Methoden: 10. Persönlichkeitstraining: 11. Kaufmännisches Wissen: 12. Produkte: 13. Vertrieb/Marketing: 14. Fremdsprachen: 15. Führung: 16. Interkulturelle Kompetenz: Sonstiges:
Abbildung 16: Frage nach Weiterbildungs-/ Personalentwicklungsmaßnahmen
Die Antwortvorgaben orientieren sich an "typischen" Kategorien, die in der
betrieblichen Weiterbildung eine Rolle spielen, wie in Diskussionen mit den
beteiligten Personalentwicklern deutlich wird. Ein Vergleich mit dem mittel-
ständischen Betrieb und überbetrieblichen Studien (vgl. z. B. Frieling, Ber-
nard, Bigalk & Müller, in Druck) verweist darauf, dass es sich um allgemein
anwendbare Maßnahmenkategorien handelt. Diese werden daher zur Klas-
Kompetenzentwicklung in der Praxis
87
sifizierung des Weiterbildungs- bzw. Entwicklungsbedarfs genutzt, der mit
einer offenen Antwortstruktur abgefragt wird (vgl. Abbildung 17). Dies soll
einerseits dazu beitragen, innovative Maßnahmen zur Personal- und Orga-
nisationsentwicklung zu generieren, die durch enge Vorgaben nicht zu erzie-
len sind. Andererseits geht es darum, die Selbstorganisationsfähigkeit der
Mitarbeiter im Hinblick auf die Bedarfsdefinition zu fördern.
Entwicklungsbedarf: Folgende (Weiterbildungs-) Maßnahmen würden mir/ meiner Gruppe die Arbeit erleichtern:
........................................................................... .................................................................................
........................................................................... .................................................................................
Abbildung 17: Frage nach dem Entwicklungsbedarf aus Sicht der Mitarbeiter
Ergänzend kann eine Einschätzung vorhandener und künftig erforderlicher
Fähigkeiten vorgenommen werden. Die Antwortvorgaben wurden in Exper-
tendiskussionen konkretisiert (vgl. Abbildung 18).55
Meine besonderen Fähigkeiten sind (bitte ankreuzen): Vorhanden (3 Angaben)
Auszubauen (3 Angaben)
1. Flexibilität 2. Manuelle Fertigkeiten 3. Kommunikationsfähigkeit 4. Kreativität 5. Organisationsgeschick 6. Strategisches Denken 7. Teamfähigkeit 8. Methodisches Vorgehen 9. Sonstiges:
Abbildung 18: Frage nach vorhandenen und auszubauenden Kompetenzen
55 Analog werden die Führungskräfte gebeten, eine Einschätzung abzugeben, vgl. Abbildung 20.
88
Der Fragenkatalog (siehe Anhang A) umfasst abschließend ca. 20 standar-
disierte Fragen. Zur Überprüfung der Anschlussfähigkeit wird ein Pretest
durchgeführt. Die klassischen Gütekriterien (vgl. Bortz & Döring, 2003)
kommen nicht zur Anwendung, da es nicht darum geht, einen bestimmten
Ausprägungsgrad von Kompetenz zu "messen". Vielmehr werden Kriterien
wie Akzeptanz, Relevanz, Verständlichkeit und zeitlicher Aufwand evaluiert
(vgl. Bungard, 1997). In den Pretest sollen 20 gewerbliche und 20 administ-
rative Mitarbeitern einbezogen werden, die sich nach Alter, Geschlecht, Be-
triebszugehörigkeit, Tätigkeitsbild und Qualifikation unterscheiden. Es kön-
nen 35 Beschäftigte interviewt und das Ergebnis mit einen standardisierten
Evaluationsbogen anhand einer 6-stufigen Skala festgehalten werden. Die
Auswertung zeigt, dass kein Teilnehmer grundsätzliche Probleme mit den
Fragen hat und das Instrument tendenziell positiv aufgenommen wird (vgl.
Abbildung 19).
Gesamtüberblick: Pre-Test
1
2
3
4
5
6
genügend Zeit Gesamtdauerangemessen
Einblick in dasProjekt
Verständlichkeitder Fragen
Beantwortunginsgesamt
rechtzeitigangekündigt
Zusammenhangverdeutlicht
administrativ gewerblich Abbildung 19: Ergebnisse des Pretest (n=35)
Hinsichtlich der Akzeptanz gilt keine Frage als kritisch, Vorschläge zur Er-
weiterung finden sich ebenfalls nicht. Durch die umfangsreichen Abstim-
Kompetenzentwicklung in der Praxis
89
mungsprozesse während der Erarbeitung des Leitfadens und der Berück-
sichtigung von theoretischen sowie methodischen Grundlagen zur Kompe-
tenzentwicklung ist die inhaltliche Überarbeitung zu vernachlässigen. Bei der
Verständlichkeit fordern gewerbliche Mitarbeiter mehr Auskünfte zu den Zie-
len und Hintergründen der Befragung. Einige Inhalte des Fragebogens er-
fordern je nach Zielgruppe eine Unterstützung bei der Beantwortung. Daher
werden ‘Sprechzeiten’ in der Produktion eingeplant. So können die Mitarbei-
ter den Leitfaden in Form eines Interviews besprechen. Wie der Pretest er-
gibt, ist es nicht in allen Bereichen sinnvoll, eine reine Fragebogenaktion
durchzuführen. Um die Analysephase in zeitlicher Hinsicht effizienter zu ges-
talten, wird die Erhebung an die Informationsphase gekoppelt, indem die Be-
fragungsleitfäden zum Ende der Präsentationsveranstaltungen an die Mitar-
beiter verteilt werden.
2) Entwicklung eines Interviewleitfadens zur Analyse der Kompetenzent-
wicklung aus Sicht der Führungskräfte (Bedarfsanalyse FK)
Bei der Durchführung von Bedarfsanalysen ist es unerlässlich, die Sichtwei-
se der Vorgesetzten zu berücksichtigen, um die Maßnahmen am betriebli-
chen Bedarf auszurichten und die geforderte Verbindung mit den Zielen des
Unternehmens bzw. der Fachbereiche zu unterstützen (vgl. Abschnitt 3.5.2).
Wesentlich ist die Erfassung von Veränderungen, die als Auslöser für Kom-
petenzentwicklung gelten (vgl. Abschnitt 2.3.1) und aus denen sich konkrete
Anforderungen an die Beschäftigten ergeben sollen. Ergänzend werden die
Hauptaufgaben des Bereichs bzw. der Abteilung oder Gruppe aufgenom-
men, um relevante Rahmenbedingungen zu erfassen und die Ergebnisse
besser einordnen zu können. Vor diesem Hintergrund wird ein strukturierter
Gesprächsleitfaden (vgl. Abbildung 20, siehe Anhang B) entwickelt, der un-
ter ökonomischen Gesichtspunkten kurz gehalten wird. Die Fragen sind
standardisiert, um eine einheitliche Erhebung zu gewährleisten. Um ein um-
fassendes Bild der betrieblichen Situation zu erhalten, sollen Führungskräf-
90
te-Interviews auf verschiedenen Hierarchieebenen durchgeführt werden. Zur
Unterstützung einer effektiven Vorgehensweise erhalten die Gesprächspart-
ner den Fragenkatalog im Vorfeld, damit sie sich anhand vorliegender Unter-
lagen aus Zielvereinbarungsprozessen und Mitarbeitergesprächen vorberei-
ten können. So wird eine an Bereichszielen orientierte Analyse möglich, die
sich aus der Unternehmensstrategie ableitet.
A) Erfassung von Zielen / Veränderungen in den Abteilungen
A 1) Welche (strategischen) Ziele hat Ihre Abteilung / Ihr Bereich in der laufenden / kommenden Planungsperiode?
................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................
A 2) Stehen organisatorische, technische oder personelle Veränderungen in Ihrer Abteilung / Ihrem Bereich an?
................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................
B) Erfassung von künftigen Anforderungen an die Mitarbeiter
B 1) Welche zukünftigen Anforderungen an die Mitarbeiter sind absehbar / leiten sich aus den Veränderungen ab?
...................................................................................................................................................................................
...................................................................................................................................................................................
B 2) Welche Kompetenzen werden zukünftig verstärkt erforderlich sein?
Bereich/Gruppe/Team Bereich/Gruppe/Team Bitte jeweils drei Angaben
________________ ________________
a) Flexibilität
b) Manuelle Fertigkeiten
c) Kommunikationsfähigkeit
d) Kreativität
e) Organisationsgeschick
f) Strategisches Denken
g) Teamfähigkeit
h) Methodisches Vorgehen
i) Sonstige Fähigkeit (eintragen):
Abbildung 20: Interviewleitfaden für Führungskräfte
Kompetenzentwicklung in der Praxis
91
3) Vorbereitung der Datenauswertung und -rückmeldung
Für die Ergebnisauswertung der Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbeiter
wird auf Basis des Pretests eine Datenmaske in SPSS (Statistic Program for
Social Science®) erstellt.56 Entlang der Struktur des Befragungsinstruments
werden die geschlossenen Fragen gemäß den Antwortvorgaben kodiert. Er-
gänzend werden die offenen Fragen als qualitative Variablen definiert, um
die Datenklassifizierung vorzubereiten (vgl. im Folgenden Voß, 1997; Bortz
& Döring, 2003).
Die Angaben zu Geschlecht und Status sind nominal skaliert, um Aussagen
über Gleichheit oder Verschiedenheit der Gruppen zu treffen. Die standardi-
sierten Fragen zu Formalqualifikationen, betrieblichen Lernformen und vor-
handenen/auszubauenden Kompetenzen werden ordinal skaliert, um Rang-
folgen zu bilden. Es können keine Differenzen zwischen den Kategorien
aufgezeigt werden, was in diesen Fällen nicht beabsichtigt ist. Einige Daten
können metrisch skaliert werden. Dies ermöglicht Aussagen über den Ab-
stand der Skalen wie z. B. bei Alter, Betriebszugehörigkeit, den quantitativen
Ausprägungen des Entwicklungsbedarf oder der Anzahl besuchter Weiter-
bildungen. Die zugehörigen Maßnahmenkategorien des vorhandenen Per-
sonalentwicklungskatalogs (vgl. Abbildung 16) sind ordinal skaliert. Tabelle 7
enthält die Struktur der genutzten Daten.
Eine erste Auswertung der Daten wird der Projektgruppe vorgestellt. Die
Diskussionen zeigen, dass sich im betrieblichen Anwendungsfeld Methoden
der deskriptiven Statistik eignen. Da verständliche Darstellungen und Er-
gebnisse erwartet werden, handelt es sich weitgehend um Häufigkeitsaus-
wertungen.
56 Zur Ergebnisstrukturierung im Rahmen von Teiltätigkeitslisten und den Auswertungsmodali-täten des Lernförderlichkeitsinventars vgl. Abschnitt 3.4.2 sowie insbesondere Frieling, Ber-nard, Bigalk & Müller, in Druck.
92
Tabelle 7: Datenstruktur der Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbeiter
Inhalte Frageform Datenniveau Variablentyp Geschlecht, Status Standardisiert Nominal Numerisch Alter, Betriebszugehörigkeit Datum Metrisch Numerisch Schul- und Berufsausbildung Standardisiert Ordinal Numerisch Lernformen Standardisiert Ordinal Numerisch
Besuchte Weiterbildungsmaß-nahmen
Halbstandardisiert: Inhalte sind in vor-gegebenen Katego-rien zu ergänzen
Entwicklungsbedarf / -interessen Keine Antwortvor-gaben
Anzahl: metrisch Kategorien: or-dinal Inhalte: nominal
Numerisch Qualitativ
Vorhandene / auszubauende Kompetenzen Standardisiert Ordinal Numerisch
Als wichtiges Element gilt die Auswertung des Kompetenzentwicklungsbe-
darfs der Mitarbeiter, die eine Verbindung mit den Kompetenzfacetten er-
möglichen soll. Die Ergebnisse werden verdichtet, um Entwicklungsschwer-
punkte identifizieren zu können. Hierfür sind die offen erhobenen Daten
nach Maßnahmenkategorien (von Technik, EDV, Methoden, Kommunikati-
on, kaufmännisches Wissen, Fremdsprachen bis hin zu interkultureller Kom-
petenz, Führung usw.) zu strukturieren, die sich aus vorhandenen Katalogen
von Personalentwicklungsmaßnahmen der beteiligten Unternehmen erge-
ben (vgl. Abbildung 16). Um die gewünschte Verbindung zu dem Kompe-
tenzentwicklungsansatz herzustellen, werden die genutzten Kategorien in
einem weiteren Schritt den Kompetenzfacetten zugeordnet. Die zunächst
vorgeschlagene Einteilung in Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompe-
tenz (vgl. Abschnitt 2.1.2) wird nicht beibehalten. Die Fachkompetenz ist
aufgrund der hohen Bedeutung zusätzlich in die Bereiche IT57- und Fremd-
sprachenkompetenz zu unterteilen, um betrieblichen Anforderungen Rech-
nung zu tragen. Daneben wird Führungskompetenz eingeführt, da sich die
entsprechenden Inhalte keiner anderen Facette eindeutig zuordnen lassen.
Tabelle 8 verdeutlicht die Vorgehensweise zur Ergebnisstrukturierung. Es 57 Informationstechnologie-Kompetenz.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
93
wird deutlich, dass fachliche Maßnahmenkategorien in quantitativer Hinsicht
stärker vertreten sind. Ergänzend kommen zwei Kategorien hinzu, in die
neue Fachthemen bzw. Optimierungsvorschläge der Mitarbeiter aufgenom-
men werden.
Tabelle 8: Klassifizierung des Entwicklungsbedarfs
1) Zu klassifizierende Analyseergebnisse 2) Vorhandene Struktur 3) Übergeordnete
Struktur
Qualitative Nennungen zum Entwick-lungsbedarf der Mitarbeiter
(Ausschnitt)
Maßnahmen-/ Weiterbil-dungskategorien
(siehe Abbildung 16) Kompetenzfacette
Ladungssicherung, Gefahrgut,… 1.) Arbeitssicherheit / Umwelt Fachkompetenz
Maschinenkenntnisse, Maschinen-steuerung, Extrusion, Schweißen,… 2.) Technische Prozesse Fachkompetenz
DIN-Normen, Fehlerdokumentation,… 3.) Qualitätsmanagement Fachkompetenz
Office, SAP, Internet, Adobe,… 4.) IT / Software IT-Kompetenz
Projektleitung, Projektarbeit,… 5.) Projektmanagement Methodenkompetenz
Analyse von Störungen, Fehlersu-che,… 6.) Problemlösung Methodenkompetenz
Ziele von Gruppenarbeit, Teamarbeit steigern, Gruppensprecher,… 7.) Gruppen-/ Teamarbeit Methodenkompetenz
Kommunikationstechniken, Konflik-te,…
8.) Kommunikation / Konflikt Sozialkompetenz
Moderation, Präsentation, Zeitmana-gement, Rhetorik, Arbeitstechniken,… 9.) Arbeitsmethoden Methodenkompetenz
Stressbewältigung, Selbstmanage-ment,… 10.) Persönlichkeit Selbstkompetenz
BWL, Kostenanalyse, Steuerrecht,… 11.) Kaufmännisches Wissen Fachkompetenz
Produktkenntnisse, … 12.) Produkte Fachkompetenz
Verkaufstraining, Marktanalysen,… 13.) Vertrieb und Marketing Fachkompetenz
Englisch, Technical English, Spa-nisch,… 14.) Fremdsprachen Fremdsprachenkom-
petenz
Führungsrolle, Mitarbeitermotivation,… 15.) Führung Führungskompetenz
Interkulturelle Kommunikation,… 16.) Interkulturelle Kompetenz Sozialkompetenz
Psychologie, Grafikdesign,… 17.) Neue Fachthemen Fachkompetenz
Prozesskenntnisse, Informationsfluss verbessern,…
18.) Sonstiges / Optimie- rungsmaßnahmen Sonstige
94
Einen weiteren Baustein bilden die Ergebnisse der Bedarfsanalyse aus Sicht
der Führungskräfte. Da die Bereichs- oder Abteilungsziele in ihrem Detaillie-
rungsgrad variieren, erscheint eine systematische Auswertung nicht möglich.
Hingegen lassen sich die Veränderungen in technische, organisatorische,
personelle Aspekte unterteilen. Die Klassifizierung der Anforderungen ist
das Kernelement der Datenauswertung. Um die Schwerpunkte aus Sicht der
Führungskräfte zu ermitteln und eine Zusammenführung mit dem Entwick-
lungsbedarf der Mitarbeiter zu ermöglichen, werden die Anforderungen ana-
log zu der oben dargestellten Vorgehensweise in entsprechende Maßnah-
menkategorien und über diesen Schritt in Kompetenzfacetten eingeordnet
(vgl. Tabelle 8).
4) Durchführung von Workshops im Rahmen der Entwicklungsphase
Nach den Analysen geht es um die Erarbeitung von Kompetenzentwick-
lungsmaßnahmen für die verschiedenen Beschäftigungsgruppen. Die ver-
dichteten Daten werden abteilungs- oder gruppenbezogen an die Organisa-
tionsmitglieder zurückgespiegelt und konkretisiert. Es eignen sich moderierte
Gruppendiskussionen bzw. Workshops (vgl. Lamnek, 1995), die sozialpart-
nerschaftlich besetzt und von objektiven Moderatoren betreut werden. Auf
diese Weise sollen die unterschiedlichen Interessensschwerpunkte ange-
messen integriert werden. Daneben bedingt die Gestaltung lernförderlicher
Arbeitsstrukturen oder arbeitsplatznaher Lernprozesse eine Kooperation
zwischen Personalleitung und Produktionsverantwortlichen. Der Teilneh-
merkreis umfasst somit Führungskräfte und Mitarbeiter, Vertreter des Be-
triebsrats sowie der Personal- und Personalentwicklungsabteilung, die orga-
nisatorisch in der Projektgruppe eingebunden sind.
Den Input der Workshops stellen die aus den Bedarfs-, Arbeits- oder Tätig-
keitsanalysen ermittelten Entwicklungsschwerpunkte und -ziele dar, die nach
Kompetenzfacetten und Maßnahmenkategorien strukturiert sind. Die Teil-
Kompetenzentwicklung in der Praxis
95
nehmer werden gebeten, eine möglichst genaue inhaltliche Beschreibung
vorzunehmen und die Zielgruppen sowie den zeitlichen Rahmen festzule-
gen. Dieser dient als Orientierung und soll eine gewisse Verbindlichkeit
schaffen. Abschließend werden geeignet erscheinende Umsetzungsformen
für die jeweiligen Maßnahmen geplant, wie Abbildung 21 exemplarisch zeigt.
Entwicklungsplan der Abteilung / Gruppe: Erstellung am:……………………Teilnehmer des Workshops:…………………………….. Analyseergebnisse In gemeinsamen Diskussionen erarbeitet
Entwicklungsziele Beschreibung / Konkretisie-rung (Art der Maßnahme,
Inhalte usw.) Zielgruppe Zeitrah-
men Geplante Um-setzungsform
Fachkompetenz Technische Pro-zesse:
Maschinensteue-rung
Einstellarbeiten / Inspektion der Abfüllmaschine Bediener bis
01.2005
Fachabteilung, Einweisung durch Einrichter
... Methodenkompe-tenz
Projektmanage-ment:
Projektarbeit Methodische Grundlagen Meister mittel Bedarfsmeldung an Personalwe-sen
Gruppenarbeit:: Schichtübergrei-fende Zusammen-arbeit
Gemeinsame Sitzungen in 2-monatigen Turnus etablieren
alle Mitar-beiter hoch läuft
Gruppensprecher-seminar --- nicht konkretisiert
IT-Kompetenz
EDV Grundlagen gering, Ende 2005
Querverweis → Informationsre-cherche
Informationsre-cherche
Informationsrecherche im Intranet selbstständig durch-führen können
interessier-te Mitarbei-
ter
gering, Ende 2005
Fachabteilung, Meister
Abbildung 21: Kompetenzentwicklungsplan einer Abteilung (Beispiel)
96
Durch die Vorgehensweise wird angestrebt, neben formaler Weiterbildung
das Lernen im Prozess der Arbeit zu berücksichtigen (vgl. Frieling, 2004;
Baethge & Baethge-Kinsky, 2002). Zur Klassifizierung werden Kategorien
gebildet, die sich aus den oben beschriebenen Formen betrieblicher Kompe-
tenzentwicklung ergeben (vgl. Tabelle 4 und Abbildung 15). So wird ersicht-
lich, welcher Anteil der Maßnahmen arbeitsplatznah oder arbeitsintegriert
(near/on the job) in den Fachabteilungen umzusetzen ist. Maßnahmen der
Personalentwicklung bzw. des Personalwesens können als formale Weiter-
bildungen gelten. Im Weiteren lassen sich edv-gestützte Lernmethoden an-
führen. Um ein gesamthaftes Bild der Entwicklungsplanung zu zeichnen und
die in dem Forschungsdesign vorgesehene Evaluation zu unterstützen, wer-
den laufende bzw. vor kurzem erledigte Maßnahmen dokumentiert.58 Quer-
verweise kommen zum Tragen, wenn eine Kopplung mit anderen Themen
stattfindet. Nicht konkretisierte Bedarfe sind enthalten, da diese eventuell in
der folgenden Periode aufzugreifen sind. Es ist vorgesehen, die Entwick-
lungsplanung als kontinuierlichen Prozess zu implementieren, der rollierend
(z. B. jährlich) fortgeschrieben wird.
4.2.3 Ableitung von Evaluationskriterien Um die Vorgehensweise zu bewerten, werden im Vorfeld praxisorientierte
Kriterien definiert. Während Wottawa und Thierau (1998) davon ausgehen,
dass nicht notwendigerweise systematische Verfahren oder datengestützte
Beweise zur Bewertung bzw. Evaluation von Methoden oder Maßnahmen
erforderlich sind, meint Evaluation nach Reischmann (2003) das methodi-
sche Erfassen und begründete Bewerten von Prozessen und Ergebnissen.
In der vorliegenden Studie werden beide Aspekte berücksichtigt.
58 Wie sich im Projektverlauf zeigt, kann die Entwicklungsphase aus organisatorischen Grün-den nicht immer direkt im Anschluss an die Analysen durchgeführt werden. Daher sind ver-schiedene Maßnahmen zum Zeitpunkt der Workshops in Bearbeitung oder bereits umgesetzt. Dies kann sich z. B. auf akute Bedarf oder die ‘regulären’ Weiterbildungsaktivitäten der Fach-abteilungen beziehen.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
97
Als Evaluationsansatz gelten zum einen die kontinuierlichen Verbesse-
rungsprozesse durch eine kommunikative Validierung in Expertendiskussio-
nen sowie durch die Überprüfung bzw. Anwendung der Methoden im Praxis-
feld. Zum anderen werden die Kriterien Akzeptanz und Relevanz bzw. Öko-
nomie konkretisiert (vgl. Abschnitt 3.5.1). Die Akzeptanz bezieht sich auf die
Bedarfsanalyse und wird durch die Beteiligung der Organisationsmitglieder
gemessen. Daneben werden relevante Ergebnisse erwartet, auf deren Basis
bedarfsgerechte Kompetenzentwicklungsmaßnahmen abgeleitet werden
können. Da die Umsetzung eine wesentliche Voraussetzung darstellt, um
(ökonomische) Effekte zu erzielen, soll dieser Status erfasst werden.
Daneben geht es eine Evaluation des Nutzens der Maßnahmen und der
Vorgehensweise mittels noch zu entwickelnder Instrumente.
Tabelle 9 zeigt die Bewertungskriterien im Überblick, die mit betrieblichen
Experten ausgearbeitet wurden. Durch die Problematik einer quantitativen
Bewertung sind vor allem qualitative Aspekte zu berücksichtigen.
Tabelle 9: Praxisorientierte Bewertungskriterien
Phase Kriterium
− Akzeptanz der Mitarbeiter durch Beteiligung an Bedarfsanalyse > 50% − Akzeptanz der Führungskräfte unterschiedlicher Hierarchieebenen
durch Beteiligung an der Analyse und weitere Mitwirkung Analyse − Entwicklungsbedarf der Mitarbeiter ∅ 1 Angabe, Benennung verschie-
dener Kompetenzfacetten − Strukturierte Definition von Anforderungen/Anforderungsprofile durch
die Führungskräfte
Entwick-lung
− Partizipative Erarbeitung von bedarfsgerechten Kompetenzentwick-lungsmaßnahmen (Berücksichtigung der Anforderungen von Führungs-kräften und Entwicklungsbedarf der Mitarbeiter)
− Unterstützung des Lernens im Prozess der Arbeit (vs. Anteil formaler Weiterbildungen)
Evaluation − Umsetzungsstand und Erfolgsbewertung der Maßnahmen aus Sicht der
Führungskräfte − Nutzen der Vorgehensweise/des Kompetenzentwicklungsansatzes
98
4.3 Kompetenzentwicklung in der Praxis - Fallstudien bei gewerblichen Beschäftigungsgruppen Die vorherigen Abschnitte beschreiben die Vorgehensweise des praxisori-
entierten Kooperationsprojekts, die im Folgenden anhand von Praxisbei-
spielen vertieft wird. Im Vordergrund stehen gewerbliche Zielgruppen des
Unternehmen A. Zum einen werden Bedarfsanalysen eingesetzt, zum ande-
ren kommen Teiltätigkeitslisten und Lernförderlichkeitsanalysen in repräsen-
tativen Bereichen zur Anwendung. Die Auswahl der Untersuchungseinhei-
ten erfolgt aufgrund vorliegender Personal- und Organisationsstrukturen
sowie betrieblicher Anforderungen, um den Einsatz der methodischen An-
sätze dokumentieren und evaluieren zu können.
In den Fallstudien 1 und 2 werden zunächst zwei Produktionsbereiche be-
trachtet, die vor größeren Veränderungen stehen, so dass von einer erhöh-
ten Notwendigkeit zur Kompetenzentwicklung auszugehen ist. Die Zielgrup-
pen setzen sich aus angelernten Mitarbeitern und Facharbeitern zusam-
men, die in Gruppenarbeit organisiert sind. Aufgrund der hergestellten
pharmazeutischen Produkte liegt eine relativ starke Standardisierung und
Reglementierung der Fertigungsprozesse vor.59 Dabei beschreibt das erste
Fallbeispiel die Durchführung einer Bedarfsanalyse und einer darauf auf-
bauenden Entwicklungsplanung (vgl. Abschnitt 4.3.1). Im Weiteren werden
in einem umfassenden Veränderungsprojekt Teiltätigkeitslisten eingesetzt,
um die Beschäftigten für neue Arbeitsabläufe zu qualifizieren (vgl. Abschnitt
4.3.2). Anschließend wird eine Produktionsabteilung untersucht, in der un-
und angelernte Mitarbeiter tätig sind, deren Vorgesetzte keine wesentlichen
Veränderungen sehen. Das Tätigkeitsniveau ist vergleichsweise niedrig, so
59 Die Hersteller von Arzneimitteln unterliegen besonderen gesetzlichen Vorschriften. Im Arz-neimittel-Gesetz (AMG) ist von Bedeutung, dass persönlich verantwortliche Mitarbeiter be-nennen werden müssen, um die Herstellerlaubnis zu erhalten. Die Pharma-Betriebsordnung beruht auf dem EG-Leitfaden einer ‘Guten Herstellungspraxis’ für Arzneimittel, der von den GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practice) abgeleitet ist. Die Richtlinien haben direkten Einfluss auf die Arbeit in der Produktion. So dürfen validierte Verfahren nicht willkürlich geän-dert, Arbeits- und Verfahrensanweisungen müssen präzise eingehalten werden.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
99
dass wenig Druck zur Weiterbildung besteht. Es bieten sich Anknüpfungs-
punkte für organisatorische Gestaltungsmaßnahmen, da die Arbeitsprozes-
se weniger stark reglementiert sind. Diese werden auf der Grundlage von
Lernförderlichkeitsanalysen umgesetzt und evaluiert (vgl. Abschnitt 4.3.3).
Die Fallbeispiele beinhalten empirische Ergebnisse des Unternehmens A,
die Bereiche werden anonymisiert dargestellt. Tabelle 10 verdeutlicht die
Struktur der nachfolgenden Abschnitte.
Tabelle 10: Struktur der Fallbeispiele
Rahmen-bedingungen
Kurzbeschreibung des Untersuchungsbereichs und der methodi-schen Vorgehensweise
Analysephase Personalstruktur, bisherige Kompetenzentwicklung, Entwicklungs-bedarf bzw. Anforderungen
Entwicklungsphase Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen, Schaffung lernförderlicher Arbeitsbedingungen Akzeptanz und Relevanz Umsetzungsstand und Erfolgswirkungen der Maßnahmen Evaluationsphase Nutzen der Vorgehensweise aus Sicht der Beteiligten
4.3.1 Fallbeispiel 1 - Kompetenzentwicklung auf Basis von Bedarfsanalysen
1) Beschreibung des Untersuchungsbereichs und der Vorgehensweise
Nachfolgend wird ein Produktionsbereich betrachtet, in dem ca. 170 ge-
werbliche Mitarbeiter tätig sind. Im Rahmen eines Vier-Schicht-Modells liegt
Gruppenarbeit vor. Schichtübergreifend umfassen die Gruppen zwischen 40
und 60, in den Schichtgruppen bis zu 20 Mitglieder. Die Ausführungen be-
ziehen sich auf drei gewerbliche Produktionsgruppen sowie die Mitarbeiter
der Instandhaltung.
An die Herstellung pharmazeutischer Lösungen sind hohe Anforderungen
gebunden. Der Bereich ist nur durch ein entsprechendes Schleusensystem
100
erreichbar, die Mitarbeiter müssen eine den Umgebungsbedingungen an-
gemessene Schutzkleidung tragen. Die Tätigkeiten reichen von einfachen
Aufgaben in der Endverpackung bis hin zur Bedienung, Wartung und In-
standhaltung komplexer Maschinen und Anlagen in der Produktion. Dem-
gemäß ist eine Fachausbildung oder mehrjährige Berufspraxis erforderlich.
Hingegen betragen die Anlernzeiten bis zu 13 Wochen für einfache sowie
zwischen 6 und 15 Monaten für anspruchsvollere Tätigkeiten.
Während sich die Erzeugnisse nicht wesentlich verändern, stehen Neue-
rungen der Produktionsbedingungen an, bedingt durch eine zunehmende
Automatisierung der Fertigung und den Wegfall manueller Tätigkeiten. Dies
verändert die Aufgabengebiete der Mitarbeiter, woraus ein qualifikatorischer
Anpassungsbedarf resultiert. Ein wichtiges Ziel des Vorhabens ist darin zu
sehen, die notwendigen Kompetenzentwicklungsmaßnahmen vor dem Hin-
tergrund der anstehenden Veränderungen und der aktuellen Personalstruk-
tur unter Mitwirkung der Beschäftigten gestalten.
Gemäß der Projektstruktur beteiligen sich das Personalwesen, die Perso-
nalentwicklung und der Betriebsrat. Aus dem Fachbereich sind Führungs-
kräfte und Prozessbegleiter60 für Gruppenarbeit eingebunden. Es werden
Bedarfsanalysen eingesetzt, um die betriebliche Kompetenzentwicklung zu
gestalten. Zunächst gilt es, die Beschäftigten von der Vorgehensweise in
Kenntnis zu setzen und deren Mitwirkung zu sichern. Da eine ‘Präsentati-
onsrunde’ in den Gruppensitzungen aufgrund des Arbeitszeitmodells ca. 5
Wochen in Anspruch nehmen würde, finden zwei große Informationsveran-
staltungen zum Schichtwechsel (früh/spät) statt, so dass ca. 100 Beschäf-
tigte anwesend sind. Im Anschluss erhalten die Mitarbeiter den Befragungs-
leitfaden mit der Bitte, diesen auszufüllen oder sich während sogenannter
60 Prozessbegleiter sind geschulte Mitarbeiter, die den Einführungsprozess der Gruppenarbeit unterstützen und eine dauerhafte Betreuung der Gruppen gewährleisten.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
101
Sprechzeiten61 an das Projektkernteam zu wenden. Diese Form der Unter-
stützung ist aufgrund der Personalstruktur geboten, um möglichst viele Mit-
arbeiter in die Erhebung einbeziehen zu können.
2) Analyse der Kompetenzentwicklung
In den untersuchten Gruppen beteiligen sich 120 Beschäftigte an der Be-
darfsanalyse. Der Rücklauf beträgt 70,1%, was im Vergleich zur Beteili-
gungsquote gewerblicher Beschäftigter ein überdurchschnittliches Ergebnis
darstellt. Die Auswertung der Daten (vgl. Tabelle 11) zeigt, dass die Ge-
schlechterverteilung und das Alter etwa dem Unternehmensdurchschnitt
entsprechen. Hingegen ist die Betriebszugehörigkeit geringer, allerdings
sind ca. 56,0% der Mitarbeiter bereits über 10 Jahre im Betrieb tätig.
Tabelle 11: Statistische Merkmale der Mitarbeiter im Produktionsbereich P
Produktion P Gewerblich gesamt Größe der Stichprobe (n) 120 (Rücklauf 70,1%) 1.006 (Rücklauf 45,7%) ø Alter (Jahre) 38,7 38,8 ø Betriebszugehörigkeit (Jahre) 11,4 13,5 Geschlecht weiblich/männlich (n) 40 80 338 667
Die Personalstruktur besteht laut den vorliegenden Ergebnissen neben an-
gelernten Kräften zu ca. 25,8% aus Facharbeitern (Instandhalter, Einrichter,
Qualitätsprüfer). Abbildung 22 macht deutlich, dass die Schulbildung auf
einem Haupt- (48,3%) bzw. Realschulabschluss (40,0%) beruht. Nur 8,3%
der Befragten haben ein Abitur oder einen vergleichbaren Abschluss. Ob-
wohl die meisten Mitarbeiter (76,7%) eine formale Ausbildung absolviert ha-
61 In Abstimmung mit den Vorgesetzten werden "Sprechtage in der Produktion" eingerichtet. Dies ist eine effiziente Lösung mit geringem Aufwand: Den Interviewern wird ein Bespre-chungsraum zur Verfügung gestellt. Die Mitarbeiter können den Befragungsleitfaden bei Be-darf während definierter Zeiten in Form eines Interviews besprechen.
102
ben, arbeiten ca. 65,0% nicht im erlernten Beruf und besitzen eine fach-
fremde Qualifikation (z. B. Bäcker, Verkäufer, Landwirt).
Abbildung 22: Formales Qualifikationsniveau der Mitarbeiter im
Produktionsbereich P (n=120)
Knapp 77,0% der Befragten haben Berufserfahrungen in anderen Betrie-
ben, nach Eintritt in das Unternehmen sind jedoch 56,7% der Mitarbeiter
durchgängig in dem untersuchten Bereich tätig. Dies zeigt sich vor allem bei
weiblichen Beschäftigten, die eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit
von 17,4 Jahren aufweisen und zu 40,0% keine bzw. zu 50,0% eine fach-
fremde Berufsausbildung haben. Aufgrund der zunehmend technologisier-
ten Produktion, die mit dem Wegfall von manuellen Tätigkeiten dieser Ziel-
gruppen einhergeht, sind frühzeitige Anpassungsprozesse anzustreben. Um
diese bedarfsgerecht zu gestalten, ist die bisherige und künftig erforderliche
Kompetenzentwicklung relevant. Abbildung 23 veranschaulicht die genutz-
ten Lernformen der untersuchten Gruppen. Die Häufigkeitsauswertungen
geben Aufschluss darüber, wie sich die Mitarbeiter ihre tätigkeitsbezogenen
Kenntnisse aneignen. Neben Erfahrungen aus der Arbeit (95,0%) steht das
Hauptschule/ Volksschule
48,3%Realschule/ mittlere Reife
40,0%
Abitur/ Fachabitur
8,3%
keine Angabe1,7% ohne
Abschluss1,7%
Techniker/ Meister/ Fachwirt
5,0%
keine Angabe0,8%
keine Ausbildung
17,5%
Ausbildung/ Umschulung
76,7%
Schulische Ausbildung Höchste Berufsausbildung
Kompetenzentwicklung in der Praxis
103
Lernen von Kollegen (95,0%) und das selbstorganisierte Lernen (86,7%) im
Vordergrund. Daneben werden die Vorgesetzten (58,3%) angeführt. In der
Rubrik Berufsausbildung (30,8%) manifestiert sich, dass viele Mitarbeiter
eine fachfremde Ausbildung haben, deren Verwendung für die aktuelle Tä-
tigkeit gering ist. Während formale Weiterbildung (20,8% bzw. 29,2%) für
einen Produktionsbereich vergleichsweise stark genutzt wird, sind die weite-
ren Lernformen zu vernachlässigen.
Abbildung 23: Lernformen der Mitarbeiter im Produktionsbereich P (n=120)
Betrachtet man die Teilnahme an formaler Weiterbildung (vgl. Abbildung
24), besuchen die Beschäftigten durchschnittlich 3,18 Maßnahmen und lie-
gen über dem Durchschnitt gewerblicher Mitarbeiter des Unternehmens.
Nur 9,2% bzw. 7,5% der Befragten geben an, bislang keine oder eine Maß-
nahmen besucht zu haben, die weiteren quantitativen Ausprägungen sind
annährend gleich verteilt. Der hohe Stand resultiert u. a. aus gesetzlichen
Auflagen, die turnusmäßige Unterweisungen im Bereich der Arbeitssicher-
5,0
1,7
10,8
29,2
20,8
95,0
58,3
95,0
86,7
30,8
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Durch die Berufsausbildung
Selbstorganisiertes Lernen
Durch Kollegen
Durch Vorgesetzte
Erfahrungen aus täglicher Arbeit
Weiterbildung der PE-Abteilung
Abteilungsinterne Weiterbildung
Private Weiterbildung
CBT / WBT / E-Learning
Sonstiges
104
heit und des Qualitätsmanagement erfordern.62 Obwohl diese von den Be-
fragten angeführt werden, können derartige Maßnahmen tendenziell nicht
als Kompetenzentwicklung im hier verstandenen Sinne gelten. Die inhaltli-
chen Dimensionen werden daran deutlich, dass die Maßnahmen weitge-
hend der Fachkompetenz (68,0%) zuzurechnen sind. Mit großem Abstand
folgt der Ausbau von Methoden- (19,6%) und IT-Kompetenz (18,1%). Sehr
gering ist bislang die Teilnahme an Maßnahmen in den Facetten Sozial-
und Selbstkompetenz (1,6%). Auch Fremdsprachenkompetenz spielt nach
diesen Analysen keine Rolle (0,3%).
Abbildung 24: Teilnahme an Weiterbildung der Mitarbeiter im
Produktionsbereich P (n=120)
Ermittlung des Kompetenzentwicklungsbedarfs
Zur Erfassung der künftigen Kompetenzentwicklung werden die Mitarbeiter
nach ihrem Entwicklungsbedarf befragt (vgl. Abbildung 25). Während 25,0%
der Befragten keinen Bedarf angeben, finden sich in den meisten Fällen ein
62 Vgl. die Ausführungen in Fußnote 59.
eine WB-Maßnahme
7,5%
keine WB-Maßnahme/keine
Angabe9,2%fünf o. mehr
23,3%
vier WB-Maßnahmen
15,0%
drei WB-Maßnahmen
22,5%
zwei WB-Maßnahmen
22,5%
Führungs-kompetenz
1,8%
Fremd-sprachen-kompetenz
0,3%
IT-Kompetenz18,1%
Sozial- & Selbst-
kompetenz1,6%
Methoden-kompetenz
19,6%
Fach-kompetenz
56,0%
Sonstige2,6%
Gesamt: 382 NennungenDurchschnittl. 3,18 Weiterbildungen
Anzahl besuchter Weiterbildungsmaßnahmen
Besuchte Weiterbildungs-maßnahmen nach Facetten
Kompetenzentwicklung in der Praxis
105
oder zwei Nennungen. Hinsichtlich der quantitativen Ausprägungen (durch-
schnittlich 1,65 Angaben) muss auf den Veränderungsdruck sowie auf die
persönlichen Gespräche mit den Mitarbeitern (n= 71) verwiesen werden. In
Verbindung mit einer Besichtigung der Produktionsbedingungen vor Ort
kann die Bedarfsdefinition durch gezielte Rückfragen unterstützt werden.
Aus Sicht der Beschäftigten sind vorrangig Maßnahmen zum Ausbau der
IT-Kompetenz (52,9%) notwendig. Daneben spielt nur die Fachkompetenz
(23,1%) eine nennenswerte Rolle. Interessant sind die Abweichungen zwi-
schen dem Entwicklungsbedarf und den bisherigen Weiterbildungsaktivitä-
ten. Während oben die Fachkompetenz im Fokus stand, gehen die Beschäf-
tigten künftig von einer steigenden EDV-Nutzung in ihren Arbeitsbereichen
aus. Allerdings haben nur 18,1% der Befragten an IT-Schulungen teilge-
nommen (vgl. Abbildung 24). Dies ist auszuweiten, da produktionsrelevante
Daten und Dokumente vermehrt mittels EDV verwaltet werden. Zudem be-
dingen die Veränderungen der Produktionsbedingungen einen Wegfall ma-
nueller Arbeitstätigkeiten, die durch edv-gesteuerte Maschinen und Anlagen
ersetzt werden.
Abbildung 25: Entwicklungsbedarf aus Sicht der Mitarbeiter im
Produktionsbereich P (n=120)
Führungs-kompetenz
1,0%
Sonstige4,8%
Fremd-sprachen-kompetenz
5,8%
IT-Kompetenz52,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz5,3%
Methoden-kompetenz
7,2%
Fach-kompetenz
23,1%
vier Angaben
4,2%
fünf oder mehr 6,7%
drei Angaben
10,0%
zwei Angaben
28,3%
eine Angabe25,0%
keine Angabe25,8%
Gesamt: 198 NennungenDurchschnittl. 1,65 Angaben
Entwicklungsbedarf nach Facetten
Quantitative Ausprägung des Entwicklungsbedarfs
106
Geringen Bedarf sehen die Mitarbeiter in den Facetten Methoden-, Fremd-
sprachen-, Sozial- und Selbstkompetenz. Zum einen liegen kaum Erfah-
rungswerte mit derartigen Weiterbildungen vor (vgl. Abbildung 24). Ohne die
Kenntnis der verschiedenen Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung lässt
sich der Bedarf kaum konkretisieren. Zum anderen werden Abstimmungs-
probleme oder Konflikte ungern offen benannt oder nicht als Entwicklungs-
bedarf aufgefasst. Weiter legt Abbildung 26 dar, dass sich die Gruppen als
teamfähig einstufen und ggf. auch aus diesem Grund keinen Bedarf sehen.
Auszubauen sind Kommunikationsfähigkeit, Organisationsgeschick sowie
methodisches Vorgehen. Es wird deutlich, dass die selbstorganisierte Be-
darfsdefinition bei einer offen gestellten Frage mit Schwierigkeiten verbun-
den ist. Besteht die Möglichkeit, aus vorgegebenen Antworten auszuwäh-
len, werden Facetten der Sozial- und Methodenkompetenz benannt.
Abbildung 26: Vorhandene und auszubauende Kompetenzen aus
Sicht der Mitarbeiter (n=120)
Zur Analyse aus Sicht der Führungskräfte werden zwei Gruppeninterviews
mit der Leitung und den Meistern der Produktions- bzw. Instandhaltungsab-
teilung geführt, Abbildung 27 enthält die komprimierten Ergebnisse. Um das
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Flexibilität
Manuelle Fertigkeiten
Kommunikations-fähigkeit
Kreativität
Organisationsgeschick
Strategisches Denken
Teamfähigkeit
MethodischesVorgehen
Kompetenzentwicklung in der Praxis
107
Veränderungspotenzial abzubilden, werden die Angaben kategorisiert.
Während 42,9% der genannten Veränderungen (edv-) technischer Art sind,
beziehen sich 28,6% auf organisatorische und 14,3% auf personelle Verän-
derungen. Nicht eindeutige Antworten fallen mit 14,3% unter "Sonstiges".
Abbildung 27: Veränderungen und Anforderungen aus Sicht der Führungskräfte
Die Anforderungen aus Sicht der Führungskräfte spiegeln ein abweichen-
des Bild zum Entwicklungsbedarf der Beschäftigten. Der Fokus liegt auf der
Methodenkompetenz (35,7%) wie z. B. Störungsanalyse oder Problemlöse-
techniken, gefolgt von fachlichen Anforderungen (28,6%). Diese beziehen
sich auf technische Prozesse und Verfahren sowie auf Aspekte des Quali-
tätsmanagements, wobei zwischen den Gruppen inhaltliche Unterschiede
vorliegen. Dies ist bei der Methodenkompetenz nicht der Fall, ebenso gelten
Anforderungen in den Facetten Sozial- und Selbstkompetenz (14,3%) abtei-
lungs- oder gruppenübergreifend. Diese fokussieren auf eine Verbesserung
von Team- und Konfliktfähigkeit (Sozialkompetenz) sowie auf die Steige-
rung von Flexibilität, Eigeninitiative und Veränderungsbereitschaft (Selbst-
kompetenz). Anforderungen im Bereich der IT-Kompetenz sind eher gering
Gesamt: 8 Nennungen
Veränderungen des Produktionsbereichs Anforderungen an die Mitarbeiter nach Facetten
Gesamt: 28 Nennungen
sonstige14,3%
edv-/ technisch
42,9%
personell14,3%
organi-satorisch
28,6%
Methoden-kompetenz
35,7%
Sozial- & Selbst-
kompetenz14,3%
IT-Kompetenz14,3%
Fremd-sprachen-kompetenz
7,1%Fach-
kompetenz28,6%
108
(14,3%), obwohl die Vorgesetzten von einer zunehmend edv-gesteuerten
Produktion ausgehen.
Unterschiedliche Perspektiven manifestieren sich auch bei den auszubau-
enden Kompetenzen. Während die Vorgesetzten Flexibilität und Teamfä-
higkeit fordern, sind diese nach Ansicht der Beschäftigten vorhanden (vgl.
Abbildung 26). Die Gegenüberstellung der Bedarfsanalysen macht insge-
samt deutlich, dass erhebliche Abstimmungsnotwendigkeiten hinsichtlich
der künftigen Ausrichtung vorliegen. Die Relationen zeigen lediglich bei der
Fachkompetenz eine ähnliche Ausprägung. Eklatant sind die Abweichungen
in den Facetten Methoden, Sozial-, Selbst- und IT-Kompetenz. Während
erstere von den Vorgesetzten als bedeutsam erachtet werden, sehen die
Mitarbeiter ihren Bedarf im IT-Bereich.
3) Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen
Aufgrund der verschiedenartigen fachlichen Anforderungen an die einzelnen
Gruppen und den divergenten Sichtweisen von Führungskräften und Mitar-
beitern werden 4 Workshops durchgeführt. Neben Vorgesetzten, Vertretern
des Personalwesens und des Betriebsrats sind ausgewählte Mitarbeiter be-
teiligt. Obwohl anzustreben ist, dass die Gruppen ihre Vertreter bestimmen,
werden diese im vorliegenden Fall von den Vorgesetzten benannt.63
Unter Rückgriff auf die aus den Analysen ermittelten Entwicklungsschwer-
punkte werden insgesamt 108 Maßnahmen erarbeitet. Jede Gruppe erhält
einen spezifischen Entwicklungsplan, der bis zu 30 Maßnahmen umfassen
kann. Die Ergebnisse werden in einer Excel-Datenbank erfasst (vgl.
Abbildung 28), um einen systematischen Überblick der Maßnahmenplanung
hinsichtlich Kompetenzfacetten und Umsetzungsformen zu ermöglichen. 63 Es zeigt sich ein unterschiedliches Führungsverständnis bei der Partizipation: Während an zwei Veranstaltungen je 5 Mitarbeiter teilnehmen, die die Interessen ihrer abwesenden Kolle-gen einbringen, sind in den weiteren Workshops nur 2 Vertreter der Gruppen beteiligt.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
109
Zugleich wird die später folgende Evaluation unterstützt. Hierbei geht es um
die Erfassung der Umsetzungsprozesse und deren Nutzeneffekte.
Kompetenzfacette Maßnahmen-kategorie
Kompetenzentwicklungs-ziel Beschreibung Zielgruppe Priorität Umsetzung durch...
Fachkompetenz QMVerständnis für GMP- Dokumentation ausbauen
TPM-gerechte Instandhaltung weiter ausbauen
alle MA, Gruppe 1 hoch Fachabteilung, Einweisung
durch QM
IT-Kompetenz EDV EDV allgemein je nach Kenntnisstand, Ermittlung durch Meister
Bedarfsmeldung an Personalwesen (PE)
IT-Kompetenz EDV Access Nicht konkretisiert
Methodenkompetenz Gruppen / Teamarbeit
Optimierung der gruppenübergreifenden Zusammenarbeit
Siehe Kommunikation und Konflikt (Pos. 10)
Querverweis auf anderes Thema
Methodenkompetenz Gruppen / Teamarbeit
Bessere Verzahnung von Instandhaltung und Produktion
Ggf. gemeinsame Gruppensitzungen im vierteljährlichen Turnus organisieren
Fachabteilung, Leiter Instandhaltung und Produktion
Methodenkompetenz Methodentraining Präsentation und Moderation
Gruppen-sprecher
ggf. Bedarfsmeldung an Personalwesen (PE)
Sozialkompetenz Kommunikation Kommunikation / KonfliktAbstimmungsprozesse verbessern / Konflikte und Probleme ansprechen
alle MAFachabteilung, durch Prozessbegleiter im Rahmen der Gruppengespräche
Selbstkompetenz Persönlichkeit / Selbstkompetenz
Verständnis für Veränderungen wecken
als Ziel bzw. Ergebnis aller im Workshop erarbeiteten Maßnahmen
alle MA lfd. Prozess Fachabteilung
...
Abbildung 28: Kompetenzentwicklungsdatenbank im Produktionsbereich P
Gemäß Abbildung 29 betreffen 38,0% der geplanten Maßnahmen den Aus-
bau der Fachkompetenz. Im Weiteren sind die Facetten Methoden- (25,0%)
und IT-Kompetenz (20,4%) von Bedeutung. Geringer vertreten, aber für ei-
nen Produktionsbereich nicht unterrepräsentiert, ist die Förderung von So-
zial-, Selbst- (8,3%) und Fremdsprachenkompetenz (8,3%).
Zur Klassifizierung der Umsetzungsformen werden die oben beschriebenen
Kategorien (vgl. Abschnitt 4.2.2) zugrunde gelegt. Es wird ersichtlich, dass
47,2% der Maßnahmen arbeitsplatznah oder arbeitsintegriert bzw. dezentral
in den Fachabteilungen zu organisieren sind. Formale Weiterbildung des
Personalwesens bzw. der Personalentwicklung umfassen 25,9%. Um ein
gesamthaftes Bild der Entwicklungsplanung aufzuzeigen, sind Maßnahmen
enthalten, die laufen bzw. erledigt sind (7,4%) oder mit anderen Themen
verbunden werden (Querverweis=6,5%). Nicht konkretisierte Bedarfe
110
(13,0%) besitzen aus Sicht der Führungskräfte wenig Relevanz oder sind
zum aktuellen Zeitpunkt nicht akut.
Abbildung 29: Geplante Entwicklungsmaßnahmen nach Kompetenzfacetten und
Umsetzungsformen im Produktionsbereich P (4 Workshops=108 Maßnahmen)
Betrachtet man die Ergebnisse detaillierter, zeigen sich Unterschiede bei
der geplanten Durchführung von Maßnahmen zur Fach-, Methoden-, Sozial-
und Selbstkompetenz (vgl. Abbildung 30 und Abbildung 31).64 Interessant
ist, dass der Ausbau von Fachkompetenzen hauptsächlich in den Fachab-
teilungen vorgenommen werden soll (80,5%). Lediglich 9,8% der Maßnah-
men fallen in den Zuständigkeitsbereich des Personalwesens. Gründe lie-
gen darin, dass die Personalentwickler begrenzte Einblicke in die Produkti-
onsabläufe und somit in die Inhalte der Schulungen besitzen. Unkonkreti-
sierte Bedarfe kommen nicht vor, was die Relevanz der in den Analysen
ermittelten Themenfelder und die Bedeutung der Fachkompetenz betont.
64 Der Ausbau von Fremdsprachenkompetenz fällt ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich des Personalwesens, daher wird keine grafische Darstellung vorgenommen. Es handelt sich um 9 Maßnahmen für ausgewählte Mitarbeiter.
Methoden-kompetenz
25,0%
Sozial- & Selbst-
kompetenz8,3%
IT-Kompetenz20,4%
Fremd-sprachen-kompetenz
8,3%
Fach-kompetenz
38,0%
Maßanhmen des Personal-
wesens 25,9%
erledigte/ laufende
Maßnahmen7,4%
Maßnahmen der Fach-abteilung
47,2%
Querverweis 6,5%
nicht konkretisiert
13,0%
Erarbeitete Entwicklungsmaßnahmennach Facetten
Geplante Umsetzungsformen der Entwicklungsmaßnahmen
Kompetenzentwicklung in der Praxis
111
Abbildung 30: Geplante Umsetzung von Maßnahmen zur Fach-
und Methodenkompetenz
Hingegen zeigt sich bei der Methodenkompetenz ein anderes Bild. Hier or-
ganisiert das Personalwesen 33,3% der Schulungen, 25,9% sind im Fach-
bereich umzusetzen. 14,8% der aus den Analysen ermittelten Bedarfe wer-
den nicht konkretisiert oder mit anderen Themen gekoppelt (Querver-
weis=3,7%). Ein Anteil von 22,2% bereits erledigter bzw. laufender Maß-
nahmen verweist auf die Bedeutung dieser Kompetenzfacetten aus Sicht
der Führungskräfte, die bereits in der Bedarfsanalyse deutlich wird.
Einen Großteil der Maßnahmen übernimmt das Personalwesen in Bezug
auf die Sozial- und Selbstkompetenz (55,6%). Zur Steigerung der Sozial-
kompetenz sind beispielsweise Team- und Konflikttrainings zu konzipieren.
Dies tangiert Aspekte der Gruppenarbeit, die als Methodenkompetenz klas-
sifiziert ist. Im Zuständigkeitsbereich der Fachabteilung liegen 11,1% der
Maßnahmen, die hauptsächlich den Ausbau der Selbstkompetenz betreffen.
Gesamt: 41 Maßnahmen Gesamt: 27 Maßnahmen
Maßnahmen der Fach-abteilung
80,5%
Querverweis 7,3%
Maßanhmen der PE-
Abteilung 9,8% erledigte/
laufende Maßnahmen
2,4%
erledigte/ laufende
Maßnahmen22,2%
Maßnahmen der Fach-abteilung
25,9%
Querverweis 3,7%
nicht konkretisiert
14,8%
Maßanhmen des Personal-
wesens 33,3%
Fachkompetenz Methodenkompetenz
112
Die Führungskräfte erwarten mehr Selbstständigkeit, Veränderungsbereit-
schaft, vorausschauendes Denken oder Flexibilität. Diese Anforderungen
lassen sich eher nicht durch formale Weiterbildung entwickeln. Als Binde-
glied wird z. B. der Ausbau von Prozesskenntnissen gesehen, so dass eine
Kopplung mit fachlichen Themen erfolgt. Bei der IT-Kompetenz wird die als
kostengünstig erachtete Variante des Lernens im Prozess der Arbeit bevor-
zugt (36,4%). Die Personalentwicklungsabteilung übernimmt 22,7% der
Maßnahmen, vorwiegend zur Vermittlung von allgemeinen EDV-
Kenntnissen. Insgesamt wird aufgrund der unterschiedlichen Prioritäten
zwischen Mitarbeitern und Führungskräften ein relativ großer Anteil der aus
den Analysen ermittelten Themen nicht konkretisiert (36,4%).
Abbildung 31: Geplante Umsetzung von Maßnahmen zur Sozial-,
Selbst- und IT-Kompetenz
Es wird deutlich, dass fachliche Maßnahmen quantitativ am stärksten ver-
treten sind, deren Umsetzung dezentral in den Fachabteilungen vorzuneh-
men ist. Während die aus Sicht der Vorgesetzten bedeutsamen methodi-
Gesamt: 9 Maßnahmen Gesamt: 22 Maßnahmen
Maßnahmen der Fach-abteilung
11,1%
Querverweis 22,2%
nicht konkretisiert
11,1%
Maßnahmen des Personal-
wesens55,6%
Maßnahmen der Fach-abteilung
36,4%
Querverweis 4,5%
nicht konkretisiert
36,4%
Maßanhmen des Personal-
wesens 22,7%
Sozial- und Selbstkompetenz IT-Kompetenz
Kompetenzentwicklung in der Praxis
113
schen Kompetenzen bereits aktiv angegangen werden, wird der von den
Mitarbeitern geforderte Ausbau der IT-Kompetenz nicht umfassend in Form
von entsprechenden Maßnahmen konkretisiert.
4) Evaluation der Ergebnisse
Die Evaluation erfolgt anhand der in Abschnitt 4.2.3 (vgl. Tabelle 9) definier-
ten Bewertungskriterien. Neben der Akzeptanz und Relevanz der Vorge-
hensweise wird der Umsetzungsstand geplanter Maßnahmen betrachtet,
um mögliche Effekte herauszuarbeiten. Es wird davon ausgegangen, dass
gemeinsam gestaltete Kompetenzentwicklungsprozesse einen hohen Ziel-
erreichungsgrad haben können. Eine Einschätzung des Erfolgs aus Sicht
der Führungskräfte soll den Nutzen verdeutlichen.
Akzeptanz und Relevanz
Zunächst wird die Akzeptanz der Analyse durch die Beteiligung der Mitar-
beiter hinterfragt. Mit 70,1% wird die geforderte Rücklaufquote von 50,0%
weit überschritten. Es ist zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiter durch per-
sönliche Gespräche unterstützt wurden. Hieraus sowie aus dem Verände-
rungsdruck resultiert der Durchschnittswert von 1,65 Angaben zum Entwick-
lungsbedarf. Laut Evaluationskriterium wird eine Nennung pro Mitarbeiter
erwartet, allerdings machen 25,0% der Befragten keine Angaben. Inhaltlich
liegt der Schwerpunkt auf der IT-Kompetenz, gefolgt von der Fachkompe-
tenz (vgl. Abbildung 25). Dies ist kein variables Ergebnis, da - wie die Ana-
lyse aus Sicht der Führungskräfte verdeutlicht - von einer Relevanz aller
Facetten auszugehen ist. Unterstützung bei der selbstorganisierten Be-
darfsdefinition zeigt sich vor allem im Bereich der Sozial-, Selbst- und Me-
thodenkompetenz, etwa durch die Schaffung eines besseren Verständnis-
ses für diese Aspekte, einer Beteiligung der Mitarbeiter an Veränderungen
und gemeinsame Diskussionen über neue Anforderungen. In diesem Zu-
114
sammenhang zeigen die Interviews mit den Führungskräften eine unter-
schiedliche Akzeptanz des Vorhabens: Der Nutzen des partizipativen An-
satzes wird von den oberen Leitungsfunktionen zwar betont, die operative
Umsetzung aber an die Meisterebene delegiert. Deren Verständnis er-
scheint zum Teil noch ausbaufähig.
Die Ergebnisse der Bedarfsanalyse verweisen darauf, dass die Vorgesetz-
ten weitgehend strukturierte Anforderungen ableiten. Während fachliche
Themen gruppenspezifisch gelten, sind diese in den Facetten Methoden-,
Sozial- und Selbstkompetenz ähnlich. Dies zeigt eine Verbindung mit über-
greifenden Zielvereinbarungen und ist mit Blick auf die Ausrichtung der
Maßnahmen an den Bereichszielen positiv. Jedoch können in den Aussa-
gen einige Widersprüche erkannt werden. Obwohl die meisten Veränderun-
gen (edv-) technischer Art sind, ist eine flächendeckende Erweiterung der
IT-Kompetenz nicht (vgl. Abbildung 27) bzw. nur für ausgewählte Mitarbeiter
vorgesehen. Die Priorisierung von Entwicklungsschwerpunkten unter Be-
rücksichtigung des Bedarfs der Mitarbeiter ist schwierig, wenn Abweichun-
gen in den Sichtweisen vorliegen. Bei der geforderten Steigerung der
Selbstkompetenz handelt es sich offenbar um "sozial erwünschte" Aussa-
gen: Die Schaffung notwendiger Freiräume zur Erhöhung von Eigeninitiati-
ve, Veränderungsbereitschaft oder Selbstorganisation kann trotz vielfältiger
Vorschläge nicht umfassend realisiert werden. Hinsichtlich der angestrebten
Förderung des Lernens im Prozess der Arbeit erlangen fachabteilungsinter-
ne Maßnahmen (47,2%) zur Entwicklung von Fach-, IT- und Selbstkompe-
tenz einen hohen Stellenwert. Dies bezieht sich vorrangig auf Lernen von
Kollegen oder Vorgesetzten. In nur einer Gruppe wird die Idee aufgegriffen,
ein Job-Rotation-Programm zu initiieren.65 Nicht in Betracht gezogen wer-
den Veränderungen in den Tätigkeitsabläufen oder Arbeitsanreicherungen.
Die weiteren Ergebnisse machen deutlich, dass insbesondere Maßnahmen 65 Job-Rotation als Bestandteil von Gruppenarbeit wird nicht regelmäßig praktiziert. Auch gilt eine Rotation zwischen gering anspruchsvollen Tätigkeiten in Bezug auf Kompetenzentwick-lung nicht als zielführend.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
115
zum Ausbau von Methoden- und Sozialkompetenz durch das Personalwe-
sen (25,9%) zu organisieren sind.
Umsetzungsstand der Maßnahmen
Nach den Workshops sind die Führungskräfte und Mitarbeiter aufgefordert,
die Ergebnisse der Entwicklungsplanung in z. B. Gruppensitzungen an alle
Mitglieder zu kommunizieren und die Umsetzung vorzunehmen. Unterstüt-
zung erhalten sie bei formalen Weiterbildungen vom Personalwesen bzw.
der Personalentwicklungsabteilung. Nach einem angemessenen Zeitraum
wird der Umsetzungsstand erarbeiteter Maßnahmen durch Führungskräfte-
Interviews erfasst. Der eingesetzte Evaluationsbogen basiert auf den abtei-
lungs- bzw. gruppenspezifischen Entwicklungsplänen (vgl. Abbildung 32).
Entwicklungsplan der Abteilung / Gruppe: Produktion P, Instandhaltung Interview geführt am:....................... mit:....................................... Interviewer:............................
Entwicklungs-ziele
Beschrei-bung …
1) Umsetzung (in geplanter Form)
erfolgt?
2) Nutzen der Maßnahme (Er-folgskriterium?)
3) Warum nicht bzw. bis wann?
Fachkompe-tenz
Technische Prozesse:
Lufttechnik -- Maschinen-bedienung
Funktions-schulung In Bearbeitung Bis Juni 2005 für
alle Einrichter Maschinen-steuerung
Anlagen-übersicht Ja Guter Erfolg
Methoden-kompetenz
EDV Ordner-struktur Nein
Aus Zeitmangel verschoben auf Ende 2005
…
Abbildung 32: Erfassung des Umsetzungsstands erarbeiteter
Entwicklungsmaßnahmen
116
Die Pläne werden um drei Spalten erweitert, um zu dokumentieren, ob die
Umsetzung erfolgt ist und welcher Nutzen erzielt werden konnte. Abschlie-
ßend sind Gründe zu erfassen, die eine Umsetzung verhindern. Um die
Nachhaltigkeit zu unterstützen, wird eine neue Terminplanung eingefordert.
Die Evaluation findet ca. 9 Monate nach der Entwicklungsphase statt. Die
Ergebnisse werden in der Kompetenzdatenbank erfasst (vgl. Abbildung 28),
um die Auswertung zu unterstützen. Da ein Großteil der Maßnahmen
(51,9%) in Bearbeitung ist, erweist sich die Definition eines Nutzens als
schwierig. Es können keine nennenswerten Erkenntnisse generiert werden.
24,1% der geplanten Maßnahmen wurden bislang nicht umgesetzt, nur
10,2% sind durchgeführt. Der Erfolg wird als "gut" bewertet, eine Konkreti-
sierung ist nicht möglich. Interessant ist, dass der Anteil nicht konkretisierter
Themen, Querverweise und erledigter/laufender Maßnahmen, die zusam-
mengefasst werden (NN=13,9%, vgl. Abbildung 33) geringer ausfällt als die
oben dargestellten Kompetenzentwicklungsplanung ergibt (26,9%, vgl.
Abbildung 29). Gründe können in einer unsystematischen Evaluation sei-
tens der Vorgesetzten gesehen werden.
Abbildung 33: Evaluation des Umsetzungsstands im Produktionsbereich P
In Bear-beitung 51,9%
NN13,9%
Umgesetzt10,2%
Nicht umgesetzt
24,1%
Umsetzung erarbeiteter Maßnahmen Umsetzungsstand nach Facetten
5
4
16
5
6
7
6
12
23
1
4
3
5
2
1
8
0 10 20 30 40 50
Fremdsprachenk.
IT-Kompetenz
Sozial- undSelbstkompetenz
Methodenkompetenz
Fachkompetenz
Kompetenzentwicklung in der Praxis
117
Mit Blick auf die Kompetenzfacetten sind vorrangig (formale) Weiterbildun-
gen zum Ausbau der Methoden- und IT-Kompetenz erledigt. Hingegen be-
finden sich fachliche Maßnahmen überwiegend in Bearbeitung, was eben-
falls für den Ausbau von Sozial-, Selbst- und Fremdsprachenkompetenz gilt.
Die Ergebnisse - insbesondere die geringe Aktivität bei den wichtigen fach-
lichen Themen - werfen die Frage auf, ob hier eine Unterstützung erforder-
lich ist. So sind nur 13,7% der abteilungsintern durchzuführenden Maßnah-
men realisiert, weitere 49,0% in Bearbeitung und 37,3% nicht umgesetzt.
Weiterbildungen des Personalwesens sind zu 71,4% in Bearbeitung, 10,7%
gelten als abgeschossen und 17,7% als nicht erledigt. Es ist zu berücksich-
tigen, dass diese Qualifizierungen größtenteils übergreifend gelten und ei-
nen längerfristigen Horizont haben, während die abteilungsbezogene Kom-
petenzentwicklung gruppenspezifisch ist und stringenter umgesetzt werden
könnte.
Nutzen aus Sicht der Beteiligten
Werden die Vorgesetzten nach einer Fortführung der beteiligungsorientier-
ten Vorgehensweise gefragt, wird die Mitarbeiterbefragung als zu aufwändig
erachtet. Dies bezieht sich z. B. auf die Freistellung der Mitarbeiter für Inter-
views im Rahmen der Bedarfsanalyse. In Anbetracht der anstehenden Ver-
änderungen, der Personalstruktur, der Vielzahl generierter Angaben zum
Entwicklungsbedarf (durchschnittlich 1,63 Nennungen) und der hohen Be-
teiligung der Beschäftigten ist zu überlegen, ob sich diese Investition nicht
doch lohnt. Zum einen ist von einem einmaligen Aufwand auszugehen, ins-
besondere wenn die erhobenen berufsbiografischen Daten erfasst bzw.
vorhandene Qualifikationsmatrizen systematisch ergänzt werden. Zum an-
deren wird deutlich, dass eine strukturierte Analyse mittels Fragebogen (ggf.
ergänzt durch persönliche Gespräche) die Mitarbeiter bei der Definition ih-
res Lern- und Entwicklungsbedarf unterstützt. Hingegen werden die
Workshops in der Entwicklungsphase als ökonomisch angesehen, der Zeit-
118
aufwand beträgt pro Gruppe ca. 1,5-2,0 Stunden. Die Ergebnisse tragen zur
Kompetenzentwicklung der Beschäftigten und zur Optimierung der Arbeits-
bereiche bei, daher soll das Vorgehen von den Prozessbegleitern unter
Einbindung der Gruppensprecher fortgesetzt werden (vgl. Finance, 2005).
5) Fazit und weitere Schritte
Wie die Analysen ergeben, lösen die Veränderungen in der Produktion ei-
nen erhöhten Bedarf nach Weiterbildung und Kompetenzentwicklung aus.
Als Zielsetzung wurde eingangs definiert, eine bedarfsgerechte Anpassung
der Mitarbeiter zu gewährleisten. Jedoch sind nach 9 Monaten nur ca.
10,0% der Maßnahmen umgesetzt und 51,9% in Bearbeitung, so dass kei-
ne systematische Evaluation möglich ist. Obwohl es sich um langfristig an-
gelegte Prozesse handelt, muss dieses Ergebnis vor dem Hintergrund der
aktuellen betrieblichen Situation als auszureichend gelten. Auch wird nicht
geplant, gering-qualifizierte Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit und
eingeschränkter Einsatzflexibilität (ähnliche Tätigkeiten über einen langen
Zeitraum hinweg) gesondert zu berücksichtigen oder mittels anforderungs-
gerechter Lernformen an neue Herausforderungen heranzuführen. Individu-
elle Maßnahmen sind nur vereinzelt erkennbar, etwa bei Funktionsträgern
wie Gruppensprechern. Neben dem als zu hoch erachteten Aufwand fehlt
eine systematische Dokumentation von fachübergreifenden (oder informell
erworbenen) Kompetenzen. Die Erweiterung vorhandener Qualifikations-
matrizen ist nicht vorgesehen, so bleibt ein Großteil der erhobenen Mitarbei-
terdaten ungenutzt. Die Notwendigkeit lässt sich exemplarisch daran ver-
deutlichen, dass die Beschäftigten ihre Kommunikationsfähigkeit ausbauen
möchten, während die Vorgesetzten auf eine Verbesserung der Teamfähig-
keit fokussieren, die nach Ansicht der Gruppen vorliegt (vgl. Abbildung 26).
Auch herrscht kein einheitliches Verständnis über die Entwicklungsschwer-
punkte. An der Abstimmung und Klärung der Differenzen in gemeinsamen
Workshops können nur wenige Gruppenmitglieder teilnehmen. Ursachen
Kompetenzentwicklung in der Praxis
119
liegen nicht zuletzt in mangelnden Kommunikations-, Informations- und Par-
tizipationsprozessen, wie Einblicke in die Bewertung der Gruppenarbeit
durch die Mitarbeiter des untersuchten Bereichs darlegen.66 Abbildung 34
zeigt einen Ausschnitt der Ergebnisse, die Beteiligung liegt bei 68,2%.
47,2
54,3
39,7
36,5
19,8
4,3
9,5
22,6
33,0
41,4
50,8
40,9
Gruppenarbeit
Zusammenarbeit
Kommunikation (topdown)
Führung
Zufrieden Weiss nicht Unzufrieden
Abbildung 34: Bewertung der Gruppenarbeit durch die Mitarbeiter
(Ausschnitt, n=116)
Während die Beschäftigten mit der Gruppen- und Zusammenarbeit über-
wiegend zufrieden sind, wird die Führung von 40,9% der Befragten kritisch
gesehen. Der Anteil von 22,6% in der Kategorie "weiß nicht" kann tenden-
ziell hinzugerechnet werden. Ferner verweist die Kommunikation auf Män-
gel, die 50,8% der Mitarbeiter beanstanden.
Obwohl eine zunehmende Sensibilisierung der Verantwortlichen für Themen
der Personalentwicklung erkennbar ist, zeigt sich bei formalen Weiterbil-
dungen (z. B. zur Methodenkompetenz, vgl. Abbildung 33) die höchste Um-
setzungsaktivität. Hingegen gestaltet sich die Organisation von Maßnahmen
der Fachabteilungen, wie etwa ein Besuch nach- und vorgelagerter Abtei-
lungen bei Gruppen mit ca. 80 Mitarbeitern in einem Vier-Schicht-System,
66 Die Befragung wird im Jahr 2002 seitens des Unternehmens initiiert.
120
aufwändiger als bislang dezentral durchgeführte halbstündige Qualitäts-
schulungen. ‘Wartungsarbeiten, bei denen rollierend verschiedene Kollegen
eingebunden werden, um die Maschinen und Anlagen besser kennen zu
lernen und kleinere Arbeiten selbst durchführen zu können’ erfordern ande-
re Rahmenbedingungen als eine kurze Einweisung, bei der zwei bis drei
Handgriffe zu erlernen sind. Dabei steht (weiterhin) das Lernen von Kolle-
gen im Fokus. Hierfür benötigen die Mitarbeiter didaktisches Hintergrund-
wissen und Präsentationskenntnisse, indem sie entsprechende Methoden-
trainings (z. B. Multiplikatorenschulung) absolvieren. Geringe Bildungsbud-
gets und straffe Produktionsziele erschweren die Umsetzung nicht nur in
zeitlicher Hinsicht. Hier kann das Instrument "Gruppenbesprechungen" bes-
ser genutzt werden, indem Schulungen während der Sitzungen stattfinden
oder Problemlöseworkshops initiiert werden. Die Besprechungen finden oft
nur bei Bedarf statt, es fehlen Diskussionsthemen, die Moderation wird kriti-
siert.67 Die Analysen ergeben, dass diesbezüglich Weiterbildungsbedarf der
Gruppensprecher besteht. Auch können verschiedene Gruppenmitglieder
diese Aufgaben alternierend übernehmen. Nicht zuletzt, weil die seitens der
Produktionsleitung geforderte Selbstkompetenz nur in Verbindung mit (neu-
en) Arbeitsaufgaben entwickelt werden kann. Flexibilität und Veränderungs-
bereitschaft entstehen im Zeitablauf durch die Übernahme problemhaltiger,
vollständiger Tätigkeiten (vgl. Hacker, 1998) und nicht durch die Forderung,
die Mitarbeiter müssen Überstunden leisten. Vorgegebene Funktionsteilun-
gen und reglementierte Arbeitsprozesse erschweren oder unterbinden diese
Formen der Kompetenzentwicklung, daher kann die Leitung einer Sitzung
oder die Vorbereitung eines Workshops eine neuartige Aufgabe sein. Nicht
nur vor diesem Hintergrund ist zu gewährleisten, dass künftig mehr Be-
schäftigte in die Erarbeitung von Entwicklungsmaßnahmen einbezogen
werden bzw. die Planung als Gruppenaufgabe wahrgenommen wird. Dies
kann zur Steigerung der Selbstorganisationsfähigkeit beitragen und den
67 So zeigt die oben auszugsweise dargestellte Bewertung der Gruppenarbeit weiter, dass 25,0% der Befragten mit den Gruppengesprächen unzufrieden sind.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
121
Umsetzungsstand erhöhen, wenn die Mitarbeiter als "Kümmerer" für be-
stimmte Maßnahmen zuständig sind. Die Delegation führt erneut zu einer
Aufgabenerweiterung und entlastet die direkten Vorgesetzten. Zu berück-
sichtigen ist das zum Teil mangelnde Verständnis der (mittleren) Führungs-
ebene für die Notwendigkeit von Kompetenzentwicklung im Allgemeinen
und einem beteiligungsorientierten Ansatz im Speziellen, so dass weiterer
Sensibilisierungsbedarf besteht. Da weder eine systematische Evaluation
der Umsetzung noch eine Nutzenbewertung der Maßnahmen möglich ist,
kann nur durch die konsequente Beteiligung der Beschäftigten eine hohe
Effektivität und Effizienz erreicht werden.
4.3.2 Fallbeispiel 2 - Kompetenzentwicklung auf Basis von Teiltätigkeitslisten Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen verschiedene Analysemetho-
den eingesetzt werden. Die nachfolgende Untersuchung beschreibt die Er-
arbeitung und Evaluation eines Qualifizierungskonzepts für gewerbliche
Mitarbeiter durch Tätigkeitsanalyen.
1) Beschreibung des Untersuchungsbereichs und der Vorgehensweise
In einem umfangreichen Veränderungsprojekt wird eine neue Fertigungsan-
lage aufgebaut, die durch hochautomatisierte und stark standardisierte Pro-
zesse gekennzeichnet sein wird. In dem hier betrachteten Produktionsbe-
reich sollen ca. 100-130 gewerbliche Mitarbeiter in Gruppenarbeit und ei-
nem Drei-Schicht-System tätig werden. Die Herausforderung liegt darin,
dass die Arbeitsprozesse zu Beginn der Untersuchung nicht existent sind
und dennoch eine gezielte inhaltliche sowie zeitlich abgestimmte Anpas-
sung der Mitarbeiter an die geplanten Arbeitsabläufe, neue Techniken und
Anforderungen gewährleistet werden muss. Zur Sicherstellung eines rei-
bungslosen Produktionsstarts sind in Verbindung mit der parallel verlaufen-
122
den Personalrekrutierung umfangreiche Schulungsmaßnahmen durchzufüh-
ren und unter Zuhilfenahme von Planungsunterlagen, Layout- sowie Pro-
zessbeschreibungen zu konzipieren.
Zur Erarbeitung des entsprechenden Qualifizierungskonzepts wird eine Pro-
jektgruppe gebildet, in der Führungskräfte, Planungsingenieure sowie Mit-
arbeiter des Personalwesens und der Personalentwicklung mitwirken. In
ersten Abstimmungsgesprächen wird beschlossen, neben Bedarfsanalysen
auf das Teiltätigkeitslistenkonzept zurückzugreifen. Es wird von komplexen
fachlichen Anforderungen ausgegangen, die ohne Abbildung der Arbeitsab-
läufe und -tätigkeiten nicht konkret ermittelbar sind. Daneben können Teiltä-
tigkeitslisten bei der Klärung von Schnittstellen innerhalb und über Arbeits-
prozesse hinweg hilfreich sein (vgl. Frieling, Grote & Kauffeld, 2003).
Da alle Beschäftigten zum Startzeitpunkt qualifiziert sein müssen, wird ein
wesentliches Ziel des Vorhabens darin gesehen, eine integrierte Entwick-
lungsplanung zu ermöglichen, die fachliche sowie fachübergreifende Maß-
nahmen berücksichtigt und termingerecht umgesetzt wird. Die Teiltätigkeits-
listen sollen als Kompetenzdatenbank genutzt werden und die beteiligungs-
orientierte Gestaltung von lernförderlichen Arbeitsstrukturen unterstützen.
2) Analyse der betrieblichen Kompetenzentwicklung
Die Bedarfsanalyse des bestehenden Fertigungsbereichs kann zur Abbil-
dung der Personalstruktur herangezogen werden, da die Mitarbeiter des
neuen Arbeitssystems (u. a. aufgrund der Standortsicherungsvereinbarung)
vorwiegend aus dem vorhandenen Personalstamm zu rekrutieren sind und
die ‘alte’ Produktion sukzessive abgebaut wird. Wie Tabelle 12 zeigt, fällt
das Durchschnittsalter und die Betriebszugehörigkeit im Vergleich zum Un-
ternehmensdurchschnitt etwas höher aus. In der Gruppe finden sich nur
Kompetenzentwicklung in der Praxis
123
wenige weibliche Mitarbeiter, insgesamt handelt es sich zu ca. 60,0% um
angelernte Kräfte. Der Anteil von Facharbeitern liegt bei knapp 29,0%.
Tabelle 12: Statistische Merkmale der Gruppe Produktion C
Produktion C Gewerblich gesamt Größe der Stichprobe (n) 79 (Rücklauf 79,0%) 1.006 (Rücklauf 45,7%) ø Alter (Jahre) 39,2 38,8 ø Betriebszugehörigkeit (Jahre) 13,9 13,5 Geschlecht weiblich/männlich (n) 17 62 338 667
Für das Grobkonzept zur Qualifizierung wird auf den Entwicklungsbedarf
der Beschäftigten des bestehenden Produktionsbereichs zurückgegriffen,
der mit 1,67 Angaben über dem Durchschnitt liegt. Der Anteil von Befragten
ohne Angaben fällt mit 21,5% geringer aus als in allen anderen Gruppen.
Dies resultiert aus dem Veränderungsdruck, mit dem die Mitarbeiter kon-
frontiert sind. Inhaltliche Schwerpunkte zeigen sich auf dem Ausbau von IT-
und Fachkompetenz. Nach Ansicht der Führungskräfte spielt vor allem die
methodische Kompetenz eine ausschlaggebende Rolle. Ergänzend werden
Anforderungen zur Sozial-, Selbst- und IT-Kompetenz definiert, wie
Abbildung 35 aufzeigt.
1. Fachkompetenz 3. Sozial- und Selbstkompetenz Fachliche Aufgaben Kommunikation Qualitätsmanagement Teamfähigkeit Arbeitssicherheit Konfliktfähigkeit Produktkenntnisse Selbstmanagement, Flexibilität
2. Methodenkompetenz 4. IT-Kompetenz Projektmanagement IT-/EDV Gruppenarbeit Office KVP und TPM SAP Störungsanalyse/Problemlösung Produktionsleitsysteme
Abbildung 35: Grobkonzept zur Qualifizierung der Mitarbeiter
124
Einsatz von Teiltätigkeitslisten zur Ermittlung des Kompetenzentwicklungs-
bedarfs
Da die Bedarfsanalyse zur Konkretisierung der künftig notwendigen Fach-
kompetenzen nicht detailliert und strukturiert genug ist, soll die systemati-
sche Erfassung fachlicher Anforderungen durch das Teiltätigkeitslistenkon-
zept unterstützt werden. Zunächst wird definiert, welche Funktionsbereiche
abzubilden sind. Die Diskussionen in der Projektgruppe verdeutlichen, dass
der Fokus auf der Produktion liegt, da hier die umfangreichsten Qualifizie-
rungsprozesse anstehen. Daneben sollen Listen für die Nebenbereiche (z.
B. Warenein- und -ausgang, Instandhaltung) sowie für administrative Abtei-
lungen (z. B. Produktionsplanung) erarbeitet werden. Folgende Schritte sind
vorgesehen (vgl. Frieling & Grote, 2000):
- Erstellung von Teiltätigkeitslisten mit allen Teilaufgaben der zu untersu-
chenden Bereiche.
- Erarbeitung von Soll- bzw. Anforderungsprofilen für Mitarbeiter bzw. Mit-
arbeitergruppen und Konkretisierung der Ist-Profile.
- Abgleich zwischen Ist und Soll zur Identifizierung des Entwicklungsbe-
darfs und zur Ableitung von Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter
und/oder Mitarbeitergruppen.
Die Vorgehensweise wird nachfolgend exemplarisch für den Hauptbereich
‘Produktion’ erläutert. Die Gliederung folgt einem prozessorientierten An-
satz, indem alle Teilaufgaben an der Entstehung orientiert erhoben werden.
Die weiteren Listen werden nach dem gleichen Prinzip erstellt, in administ-
rativen Bereichen wird auf Stellenbeschreibungen zurückgegriffen. Da zu
Beginn der Analysen keine detaillierten Arbeits- und Prozessbeschreibun-
gen zur Verfügung stehen, müssen die Listen ausgehend von der beste-
henden Produktion entwickelt werden. Die erste Struktur wird auf Grundlage
der vorhandenen Arbeitsbeschreibungen erstellt und auf die reale Situation
der Fertigung angepasst (vgl. Abbildung 36). Es sind mehrere Abstim-
Kompetenzentwicklung in der Praxis
125
mungsgespräche erforderlich, da die Prozessdokumentationen zum Teil
nicht mehr aktuell oder in einigen Bereichen zu unspezifisch sind.
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
Dokumentation
Prozessüberwachung Reinigungsarbeiten...
Palettierung - Anlagenbedienung (vollautomatisch)2) Sterilisierung
SterilisierungsüberwachungDepaletterierung - Anlagenbedienung
Produktion 1) Automatisierter Produktionsprozess Anlage 1-4
AnlagenführungInprozeßkontrolle nach Herstellungsprotokoll Reinigungs- und Einstellarbeiten
Arbeitssicherheit
Störungsüberwachung an allen vier AnlagenLinienvorbereitungChargenwechsel
Abbildung 36: Teiltätigkeitsliste der bestehenden Produktion (Ausschnitt)
Im Anschluss werden die Ergebnisse mit Führungskräften und Planungsin-
genieuren diskutiert, um eine Adaption auf die künftigen Arbeitsprozesse
vorzunehmen. Es wird deutlich, dass sich die Listen der bisherigen Ferti-
gung nicht übertragen lassen. Sie sind in iterativen Prozessen neu zu ent-
wickeln, da sich die Abläufe und Tätigkeiten grundlegend verändern.
Abbildung 37 veranschaulicht einen Ausschnitt der ersten Grobstruktur, die
entlang der Prozesskette auf Basis von Layout- und Planungsunterlagen
erarbeitet und in Gesprächen mit den Ingenieuren und Führungskräften
kontinuierlich erweitert wird.
126
11.1
1.1.11.1.21.1.31.1.41.1.51.1.61.1.7
1.21.2.1
1.31.3.1
1.41.7
1.7.11.7.2
2344.1
…
Verpackung DTransportsystem
Anlagenbedienung und -überwachung
Sterilisierung…
Einstellarbeiten
...
Anlagenbedienung Anlage AA
Filterwechsel und -prüfung
Störungsanalyse und Prozessüberwachung
Steuerung und Überwachung HandlingsystemEinstellarbeiten
Wartungsarbeiten durchführen
…
…
Produktion
IPK…
RecylcingAnlagebedienung
Anlage AB
Fertigung A
Abbildung 37: Ausschnitt der Teiltätigkeitsliste für den neuen
Produktionsbereich (Grobstruktur)
Die künftigen Aufgaben in der Produktion und Instandhaltung sind wesent-
lich komplexer und vielfältiger als in der bisherigen Fertigung. Dies ist nicht
nur an der Menge der Teiltätigkeiten oder an der steigenden Anzahl ver-
schiedener Maschinen und Anlagen erkennbar, sondern an dem Anteil edv-
gestützter Überwachungstätigkeiten. Manuelle Teiltätigkeiten finden sich
kaum mehr. Neben der Steuerung und Kontrolle von Produktionsabläufen
wird die Störungsanalyse und -beseitigung immer wichtiger, die Mitarbeiter
müssen sich quantitativ sowie qualitativ deutlich höheren (technischen) An-
forderungen stellen.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
127
Nach ca. 7 Monaten liegen relativ stabile Prozessbeschreibungen vor, die
an dieser Stelle nicht detailliert abgebildet werden können. Die Komplexität
lässt daran verdeutlichen, dass die Listen des Hauptbereichs Produktion
ebenso wie für die Instandhaltung sehr umfangreich sind und knapp 400
Teiltätigkeiten enthalten, die sich fast durchgängig auf neue Arbeitsinhalte
beziehen. Um diese tätigkeitsbezogen zu konkretisieren, werden die Vorge-
setzten gebeten, für einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen struktu-
rierte Soll- bzw. Tätigkeitsprofile zu definieren, in denen die auszuübenden
Teiltätigkeiten gebündelt werden. Dies ist mit methodischen Schwierigkeiten
verbunden. So ist etwa die bisherige Funktionsteilung zwischen Bediener
und Einrichter nicht mehr zielführend, weil es keine einfachen Bedientätig-
keiten geben wird. Da die Produktionsmitarbeiter nach Aussage der Füh-
rungskräfte alle Teiltätigkeiten ihres Zuständigkeitsbereichs beherrschen
müssen, werden sie den vier geplanten Arbeitsprozessen zugeordnet. So-
mit liegt allen Mitarbeitern der Fertigung A das gleiche Soll-Profil zugrunde,
analog gilt dies für die Gruppe der Verpackung D und die weiteren Gruppen.
Lediglich die Funktionsteilung zwischen Produktionsmitarbeiter und In-
standhalter bleibt bestehen. Dies wird durch die Erstellung von separaten
Teiltätigkeitslisten deutlich. Auch finden sich in den anfänglich erstellten Lis-
ten für die Produktion noch Aufgaben wie ‘Wartungsarbeiten durchführen’,
die in Verbindung mit der Weiterentwicklung eliminiert und in den Zustän-
digkeitsbereich der Instandhalter integriert werden.
Dies leitet über zur Konkretisierung der Ist-Profile der Beschäftigten. Prinzi-
piell sollen diese eine Selbsteinschätzung in Bezug auf das auszufüllende
Tätigkeitsbild (Soll-Profil) vornehmen, die mit einer Fremdeinschätzung des
Vorgesetzten abgeglichen wird. Abweichungen zwischen den Profilen ver-
weisen auf den Kompetenzentwicklungsbedarf. Für den Hauptbereich der
Produktion und den Nebenbereich der Instandhaltung wird dieses Vorgehen
nicht angewendet, da - wie angeführt - die Mitarbeiter alle Teiltätigkeiten
beherrschen und an dem kompletten Schulungsprogramm ihres künftigen
128
Arbeitsbereichs teilnehmen sollen. Dies ergibt sich aus den neuen Anforde-
rungen der hochtechnologischen Anlagen sowie gesetzlichen Vorschriften
zur Erlangung einer Produktionsgenehmigung. Daher werden die vorhan-
denen Kompetenzen erst nach der Teilnahme an einer sprechenden Schu-
lung in dem Ist-Profil des Mitarbeiters dokumentiert. Noch zu erwerbende
bzw. erforderliche Fachkompetenzen sind anhand eines Deltas zwischen Ist
und Soll erkennbar. Beispielhaft zeigen die weißen Felder in Abbildung 38,
dass Mitarbeiter 1 Arbeitssicherheits- und Dokumentationskenntnisse an
der Anlage AA erwerben muss und im Bereich der Inprozess-Kontrolle (IPK)
ebenfalls noch einzuweisen ist.
Priorität Dauer (h) Ist Soll Ist Soll
11.1 1 35
1.1.1. x x x x1.1.2 x x x x1.1.3 x x x x1.1.6 x x x x1.1.7 x x x x1.1.8 x x x x
1.1.9 x x x x
1.1.10 x x x1.1.11 x x x
x x x1.2 2 15
1.2.1 x x1.2.2 x x1.2.3 x x1.2.4 x x
1.3 1 20
Filterwechsel und -prüfungReinigungsarbeiten
Stanze betätigen
Mitarbeiter 1 Mitarbeiter 2
Fertigung AAnlage AA
Produktion 1Qualifizierung
Anlage AB
Anlagenbedienung SollwertsteuerungQualitätssicherung…
IPK
Störungsanalyse und ProzessüberwachungArbeitssicherheit und UmweltDokumentation...
AnlagenbedienungSteuerung TransportsystemEinstellarbeiten
Abbildung 38: Erstellung von Ist-Profilen der Mitarbeiter (Ausschnitt)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
129
3) Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen
Die inhaltliche Ausgestaltung der Maßnahmen erfolgt auf Basis der Teiltä-
tigkeitslisten, da die zu beherrschenden Tätigkeiten die Schulungsinhalte
bestimmen und den Listen direkt entnommen werden können. Die Spalte
‘Qualifizierung’ erlaubt eine Priorisierung (1=hohe Priorität; 2=mittlere Priori-
tät usw.) und beschreibt den anfallenden Zeitbedarf in Stunden (z. B. 35
Stunden für Block 1 "Anlage AA"), der von Führungskräften und Planern
eingeschätzt wird. Dies legt dar, wie umfangreich die Schulungen sind. Mit-
tels einer Rückwärtsterminierung kann sichergestellt werden, dass alle Mit-
arbeiter zum gewünschten Zeitpunkt über die notwendigen Fachkompeten-
zen verfügen bzw. die entsprechenden Schulungen besucht haben. Für je-
de Einzelmaßnahme wird ein Anforderungskatalog (vgl. Abbildung 39) er-
stellt, um die zielgerichtete Durchführung zu gewährleisten. Inhaltliche As-
pekte,68 Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten der Umsetzung werden
ebenso definiert wie zu erreichende Erfolgskriterien.
Anforderungskatalog Grundlagenschulung Anlage AA
Zielgruppe: Gewerblich-technische Mitarbeiter Produktion (Werker-Ebene, Kernteam).
Ziel: Alle maschinenrelevanten Kenntnisse vermitteln (siehe Inhalt). Die Schu-lungsteilnehmer sollen in der Lage sein, diese Kenntnisse weiterzugeben.
Inhalte: - Kennenlernen der Anlagenbedienung und -überwachung - Transportsystem (Bedienelemente) - …
Umset-zung:
Schulung während der In-Betriebnahme durch Hersteller vor Ort, Erläute-rung der Funktionen aufgrund der definierten Anforderungen (Inhalte) so-wie der Bedienungsanleitung und Lastenheft.
Erfolgs-kriterien:
Jeder Teilnehmer soll in der Lage sein, die Anlage AA selbständig zu betreiben.
Zertifikat: Erforderlich.
Abbildung 39: Anforderungskatalog für Schulungen auf Basis von
Teiltätigkeitslisten
68 Ergänzend werden Unterlagen wie Betriebsanleitungen, Lastenhefte, Maschinen- und Schu-lungsdokumentationen der Hersteller und/oder weitere Schulungsunterlagen verwendet.
130
Die Mitarbeiter bestätigen die Teilnahme bzw. den Kenntniserwerb mit ihrer
Unterschrift, zusätzlich werden Zertifikate ausgestellt. Anschließend werden
die Ist-Profile der Mitarbeiter anhand besuchter Schulungen ergänzt, um
eine sukzessive Anpassung an das zu erfüllende Soll- bzw. Tätigkeitsprofil
zu erreichen. Ergänzend werden überfachliche Kompetenzen als Anforde-
rungen in den Teiltätigkeitslisten hinterlegt, die in gemeinsamen Gesprä-
chen mit Führungskräften und Personalentwicklern konkretisiert werden. Sie
lassen sich keinem Arbeitsprozess direkt zuordnen bzw. gelten bereichs-
übergreifend, sind aber für die Erfüllung der Gesamtaufgaben von Bedeu-
tung (vgl. Abbildung 40, Ausschnitt).
Priorität Dauer (h) Ist Soll
399400
55.1
5.1.15.1.2
5.2 x5.2.15.2.25.2.3
5.35.3.1
5.3.2
5.4 x5.5
66.1 x6.2 x6.3 x6.4 x6.5
Mitarbeiter 1
Etikettenkontrolle…
Produktion
…
Mitarbeit in Projekten
Qualifizierung
MethodenkompetenzProjektmanagement
Methoden
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Selbstmanagement und Selbstorganisation
KVP-PhilosophieStandardisierung / Visualisierung
Gruppenarbeit …
ProblemlösekompetenzAnalyse technischer Störungen Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse …
Präventives TPM
Sozial- und Selbstkompetenz
…
KommunikationsfähigkeitKonfliktfähigkeitTeamfähigkeit
Abbildung 40: Erfassung überfachlicher Kompetenzen in den Teiltätigkeitslisten
Kompetenzentwicklung in der Praxis
131
Auf Basis des oben dargestellten Grobkonzepts zur Qualifizierung (vgl.
Abbildung 35) sind insbesondere Maßnahmen zum Ausbau der Methoden-
kompetenz wesentlich. Diese sollen in einem speziell konzipierten Schu-
lungsprogramm durch externe Trainer umgesetzt werden. Seitens der Füh-
rungskräfte wird betont, dass sich das Konzept an alle Beschäftigten richtet.
Inhaltlich steht die Vermittlung von Methoden zur Prozessoptimierung wie z.
B. kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Problemlösung und Störungs-
analyse usw. im Vordergrund. Daneben geht es um die Maßnahmen zur
Einführung von Gruppenarbeit, da neue Gruppen gebildet werden und von
veränderten Strukturen auszugehen ist. Die erforderlichen Kenntnisse wer-
den durch interne Prozessbegleiter geschult und beziehen sich z. B. auf die
Bedeutung und Vorteile von Teamarbeit, die (neue) Rolle von Führungskräf-
ten und Mitarbeitern sowie Zielvereinbarungsprozesse und Entlohnung u. ä.
Der Kompetenzerwerb wird analog zu der oben dargestellten Vorgehens-
weise nach dem Besuch einer Schulung im Ist-Profil des Mitarbeiters doku-
mentiert. Jedoch ist nicht davon auszugehen, dass alle gewerblichen Mitar-
beiter an dem fachübergreifenden Programm zum Ausbau der Methoden-
kompetenz teilnehmen können. Daneben stellt eine absolvierte Maßnahme
weder die Garantie für einen Lernerfolg noch für den Transfer ins Arbeits-
feld dar. Es bleibt unklar, wie Sozial- und Selbstkompetenzen gefördert, er-
fasst bzw. bewertet werden, da keine Operationalisierung vorgenommen
oder Maßnahmen abgeleitet werden. Daher werden die Teiltätigkeitslisten
und das auf dieser Basis entwickelte Qualifizierungskonzept evaluiert, hier-
mit beschäftigt sich der folgende Abschnitt.
4) Evaluation der Ergebnisse und des Qualifizierungskonzepts
Die wesentlichen Ziele des Vorhabens liegen darin, alle Beteiligten mittels
einer integrierten Entwicklungsplanung zu qualifizieren, die fachliche und
fachübergreifende Maßnahmen berücksichtigt. Hierfür ist zunächst die An-
132
wendung des Teiltätigkeitslistenkonzepts zu hinterfragen, da dies dazu die-
nen soll, strukturierte Anforderungen an die Beschäftigten abzuleiten. Ne-
ben der Nutzung als Kompetenzdatenbank wird die Schaffung lernförderli-
cher Organisations- und Arbeitsstrukturen angestrebt.
Akzeptanz und Relevanz der Teiltätigkeitslisten
Die Teiltätigkeitslisten ermöglichen es, die Prozessschritte für die neue Fer-
tigung abzubilden und zu strukturieren. Anfallende Teiltätigkeiten lassen
sich anforderungsorientiert bündeln, um die erforderlichen Qualifizierungs-
maßnahmen zur Anpassung der Beschäftigten inhaltlich zu planen und ziel-
gerichtet umzusetzen.
Nach den Schulungen bestätigen die Mitarbeiter den Kenntniserwerb mit
ihrer Unterschrift in den Anforderungskatalogen (vgl. Abbildung 39). Die
Teilnahme wird in den Ist-Profilen der Mitarbeiter dokumentiert, um eine
Anpassung an die Soll-Profile zu erreichen. Diese werden nicht strukturiert
definiert, da die Mitarbeiter eines Arbeitsprozesses alle Tätigkeiten ausfüh-
ren sollen. Es erweist sich als nachteilig, dass aufgrund der Komplexität der
Listen und der Qualifizierungsprozesse auf eine Kompetenzskala verzichtet
wird, um die Kenntnistiefe zu beherrschender (Soll) und beherrschter (Ist)
Tätigkeiten zu hinterlegen (vgl. Frieling, Grote & Kauffeld, 2003). Im vorlie-
genden Fall wäre zumindest ein zweistufiger Modus geboten: Zum einen
wird von dem zuerst geschulten Kernteam gefordert, vertiefte Fachkompe-
tenz zu erlangen, um weitere Kollegen anzulernen. Zum anderen muss ein
Großteil der Beschäftigten neben Grundeinweisungen auch Aufbauschulun-
gen besuchen. In den Teiltätigkeitslisten besteht keine Möglichkeit, dies an-
gemessen zu erfassen. In der Folge werden mitunter Teiltätigkeiten durch
Schulungsinhalte ersetzt oder Teilprozesse in Grundlagen- und Aufbau-
schulungen unterteilt (vgl. Abbildung 41). Weitere Gründe liegen darin, dass
die Vervollständigung und Pflege der Listen von den Vorgesetzen an die
Kompetenzentwicklung in der Praxis
133
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
1.3.4
1.3.6
1.3.7
1.3.8
1.3.9
1.3.10
Anlage AB
Produktion
Fertigung A
Relevante Bediengriffe zur Reinigung Codierung kennen
...
Grundeinweisung (Aufbau und Funktion der
Systeme)
Einführung in die Verfahrenstechnik
Kennen lernen der Anlagenkomponenten
Störungsbehebung
Vorgehen zur Einleitung des Notbetriebs bei Systemstörungen
Wartung Codierung
Funktionsprüfung Codierung/Identifizierung
Aufbauschulung (Selbstständiges Arbeiten mit den
Systemen)
…
Bedienung Codierung/Identifizierung
zuständige Sachbearbeitung delegiert wird, die geringe Einblicke in die Pro-
duktionsprozesse besitzt.
Abbildung 41: Vermischung von Teiltätigkeiten und Schulungsinhalten
Während das Teiltätigkeitslistenkonzept aus Sicht der Praxis als äußerst
praktikabel gilt, ist für eine strukturierte Prozessdokumentation anzumerken,
dass weder das ‘Kennenlernen der Anlagenkomponenten’ noch die ‘rele-
vanten Bediengriffe zur Reinigung Codierung erlernen’ Teiltätigkeiten dar-
stellen. Jedoch gelingt es anhand der (zunächst) systematischen Dokumen-
tation der anfallenden Teiltätigkeiten entlang der Prozesskette, komplexe
und umfangreiche fachliche Anpassungsqualifizierungen zielgerichtet um-
zusetzen. Die Teiltätigkeitslisten stellen eine adäquate Basis der Schu-
lungsplanung und -dokumentation dar, die in SAP-Veranstaltungs-
management übertragen werden kann. Durch die Möglichkeit, die Soll- und
Ist-Profile künftig edv-gestützt zu pflegen, ergibt sich die Basis einer Kom-
petenzdatenbank. Dies lässt sich sukzessive erweitern (vgl. Abschnitt
3.4.3), was in der vorliegenden Untersuchung nicht begleitet werden kann.
Die Akzeptanz und Relevanz der Vorgehensweise lässt sich nicht zuletzt
daran messen, dass die Teiltätigkeitslisten von internen und externen Audi-
toren als Methode zur Dokumentation vorhandener und als Planungsin-
134
strument zu entwickelnder oder aufzufrischender Qualifikationen akzeptiert
werden. Dieser Nachweis ist z. B. für die Erlangung einer Produktionsge-
nehmigung erforderlich. Hinsichtlich der gewünschten Beteiligung ist festzu-
halten, dass die Mitarbeiter weder in die Maßnahmengestaltung noch in die
Erstellungsprozesse der Listen einbezogen werden. Diese lassen sie sich in
ihrer jetzigen Form nicht zur Arbeitsstrukturierung verwenden. Neben der
Vermischung von Tätigkeiten und Schulungsinhalten ergeben sich im realen
Produktionsbetrieb eine Vielzahl von zusätzlichen Arbeitsaufgaben, die bis-
lang nicht erfasst sind. Die Listen werden vorrangig zur Entwicklung des
Qualifizierungskonzepts und zur Vervollständigung der Ist-Profile der Mitar-
beiter verwendet. Da eine besuchte Schulung keine Garantie für den Kom-
petenzerwerb darstellt, ist zu hinterfragen, ob eine angemessene Einarbei-
tung erfolgt ist. Hierzu wird der Umsetzungsstand erfasst und eine Befra-
gung der Beschäftigten durchgeführt.
Umsetzungsstand der Maßnahmen und Nutzen aus Sicht der Mitarbeiter
Im Rahmen des Qualifizierungskonzepts werden umfangreiche Maßnahmen
zum Erwerb fachlicher Kompetenzen durchgeführt, die weitgehend mittels
Teiltätigkeitslisten konkretisiert und geplant werden. Die Komplexität der
Qualifizierungsprozesse wird daran deutlich, dass in den Listen für die Pro-
duktion und Instandhaltung jeweils bis zu 400 Teiltätigkeiten enthalten sind.
Diese sind auf vier Arbeitsprozesse verteilt und bedingen nach Aussage der
zuständigen Sachbearbeitung zwischen 40 bis 120 Schulungsmaßnahmen
(in der Regel à 2-4 Stunden) für die dort beschäftigten Mitarbeiter. Hinzu
kommen Maßnahmen zur Entwicklung fachübergreifender Kompetenzen.
Je nach Art und Inhalt der Maßnahmen besteht die Möglichkeit, die fachli-
chen Schulungen durch 1) Maschinenhersteller, 2) bereits geschulte und
ausgebildete Kollegen oder 3) Vorgesetzte umzusetzen. Für die überfachli-
chen Weiterbildungen zur Methodenkompetenz werden 4) externe Trainer
Kompetenzentwicklung in der Praxis
135
eingesetzt. Daneben sind 5) Kenntnisse zur Gruppenarbeit, Arbeitssicher-
heit oder der Anwendung von EDV-Programmen von internen Experten der
entsprechenden Abteilungen zu vermitteln. Im Folgenden soll die Sichtwei-
se der Mitarbeiter erfasst werden. Eine Evaluation einzelner Maßnahmen ist
aufgrund der Quantität nicht möglich, daher wird das Konzept gesamthaft
bewertet. In Abstimmung mit Personalwesen und Betriebsrat wird ein kurzer
Gesprächsleitfaden entwickelt. Zunächst wird erfasst, an welchen Maßnah-
men die Beschäftigten teilgenommen haben. Daneben sind die Lerneffekte
zu analysieren, indem die Befragten angeben, ob sie viel oder wenig gelernt
haben und um welche Lerninhalte es sich handelt (vgl. Abbildung 42).
Beurteilung der Maßnahmen (Lernerfolg) Durch welche Schulungen haben Sie in der Einarbei-
tungsphase… …viel gelernt, was? …wenig gelernt, warum?
Be-deu-tung in %
nicht ange-boten
1. Schulungen beim Her-steller/durch Hersteller vor Ort
_________________ ___________________
2. Einweisungen/ Schulun-gen durch Kollegen ___________________ ___________________
3. Einweisungen/ Schulun-gen durch Vorgesetzte ___________________ ____________________
4. Selbst Einweisungen/ Schulungen durchgeführt ___________________ ____________________
5. Fachübergreifendes Schulungsprogramm ____________________ ____________________
6. Sonstige: …………… ___________________ ____________________
männlich Gewerblich Tätigkeit: ____________________ Alter:.............Jahre
weiblich Administrativ Tätigkeit: _____________________Betriebszugehörigkeit.............Jahre
Abbildung 42: Evaluationsbogen zur Bewertung des Qualifizierungskonzepts
Da das Instrument nicht selbsterklärend ist, werden Interviews geführt. So
macht die halbstandardisierte Frage nach den Lerneffekten eine Unterstüt-
zung notwendig, um die inhaltliche Dimension (was wurde gelernt) zu kon-
kretisieren. Einfacher lassen sich Gründe ableiten, warum wenig gelernt
wird oder wo die Nachteile der Maßnahmen liegen. Da es nicht durchgängig
136
möglich ist, eindeutige Antworten zu generieren (viel oder wenig gelernt),
wird die Rubrik "teils, teils" eingeführt, die beide Ausprägungen erfasst. Das
prozentuale Ranking der Bedeutung verschiedener Maßnahmenpakete
kann nicht ausgewertet werden, da den Befragten keine systematische Re-
flexion möglich ist.
Aus betrieblichen Gründen können nur 26 Mitarbeiter befragt werden, die
nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Die Beschäftigten können ih-
ren Arbeitsplatz für das Interview nicht verlassen. Die notwendige Zeit steht
in der Anlaufphase des Produktionsbetriebs nicht zur Verfügung. Bei einem
Rücklauf von 26,0% gibt die Evaluation dennoch Aufschluss über den ten-
denziellen Nutzen des Einarbeitungsprogramms. Gemäß Tabelle 13 besteht
die Stichprobe zu 84,6% aus gewerblichen Beschäftigten. Der Anteil admi-
nistrativer Mitarbeiter (15,4%) umfasst Laboranten, die zur Produktion gehö-
ren. Die meisten Befragten sind männlich (80,8%). Dies spiegelt die aktuelle
Personalstruktur, die nur zu ca. 20,0% aus weiblichen Kräften besteht. Die
Altersstruktur und die Betriebszugehörigkeit zeigen, dass vorwiegend jünge-
re Mitarbeiter zwischen 20 und 30 Jahren (38,5%) in der neuen Fertigung
arbeiten, die weitgehend zwischen einem und fünf Jahren (42,3%) im Un-
ternehmen tätig sind.
Tabelle 13: Zusammensetzung der Stichprobe (n=26)
Geschlecht % Status % Männlich 80,8 Gewerblich 84,6 Weiblich 19,2 Administrativ 15,4 Alter % Betriebszugehörigkeit % bis 20 Jahre 3,8 unter 1 Jahr 3,8 20-30 Jahre 38,5 1-5 Jahre 42,3 30-40 Jahre 19,2 5-10 Jahre 15,4 40-50 Jahre 15,4 10-15 Jahre 11,5 > 50 Jahre 19,2 15-20 Jahre 3,8 Fehlend 3,8 über 20 Jahre 23,1
Kompetenzentwicklung in der Praxis
137
Hinsichtlich der besuchten Maßnahmen legt Abbildung 43 dar, dass fast alle
Befragten an den vorgesehenen Schulungen der Maschinenhersteller teil-
genommen haben. Die Mehrheit (42,3%) ist der Ansicht, viel gelernt zu ha-
ben. Es handelt sich um Kenntnisse über technische Verfahren und Prozes-
se (Fachkompetenz). Die Kritik (wenig gelernt, 11,5%) und die Angabe
"teils, teils" (38,4%) beziehen sich auf den Zeitmangel und die organisatori-
schen Rahmenbedingungen der Schulungen. Es wird angegeben, dass die
Inhalte grundsätzlich vermittelt wurden, aber zum Teil noch Schulungsbe-
darf besteht. Ebenso wird das Lernen von Kollegen von den meisten Mitar-
beitern in Anspruch genommen, negative Bewertungen gibt es kaum. Ein
interessanter Aspekt resultiert aus der Frage, was man gelernt habe. Neben
den Inhalten wird auf die gegenseitige Unterstützung verwiesen (Sozial-
kompetenz).
Abbildung 43: Bewertung der Maßnahmen von Hersteller und Kollegen (n=26)
Hingegen legt Abbildung 44 dar, dass Einweisungen von Vorgesetzten oder
selbst durchgeführte Schulungen von sehr viel weniger Befragten wahrge-
nommen werden. Negative Bewertungen des Lernerfolgs gibt es nicht, da
eine Kritik an Vorgesetzten oder an selbst durchgeführten Maßnahmen in
keine Angabe
7,7%
wurde mir nicht
angeboten11,5%
viel gelernt42,3%
wenig gelernt11,5%
teils, teils26,9%
Einweisung bei/durch Hersteller
wenig gelernt
3,8%
teils, teils7,7%
keine Angabe
3,8% wurde mir nicht
angeboten15,4%
viel gelernt69,2%
Einweisung durch Kollegen
138
einem Interview eher nicht offen formuliert wird. Während sich das Lerner-
gebnis bei den Einweisungen von Vorgesetzten auf fachliche Aspekte
(Fachkompetenz) bezieht, messen die Befragten den selbst durchgeführten
Einweisungen einen hohen Lerneffekt bei. Dieser bezieht sich auf die Ver-
tiefung der Fachkompetenz sowie auf die gegenseitige Unterstützung (So-
zialkompetenz).
Abbildung 44: Bewertung der Einweisung durch Vorgesetze und selbst
durchgeführte Einweisungen (n=26)
Nicht angeführt wird eine Erweiterung von methodischer Kompetenz durch
selbst durchgeführte Schulungen. Dies mag daran liegen, dass dieser As-
pekt nicht präsent ist, u. a. weil die im Vorfeld angeregten Multiplikatoren-
trainings bislang aus zeitlichen Gründen nicht stattfinden konnten. In diesem
Zusammenhang wird deutlich, dass ein Großteil der befragten Mitarbeiter
nicht in das externe Schulungsprogramm eingebunden wird (73,1%, vgl.
Abbildung 45). Die Lerneffekte beziehen sich wie vorgesehen auf den Aus-
bau der Methodenkompetenz. Negativ aus Sicht der Mitarbeiter erscheint,
dass das Gelernte im Arbeitsalltag nicht angewendet werden kann.
keine Angabe11,5%
wurde mir nicht
angeboten57,7%
viel gelernt30,8%
Einweisung durch Vorgesetzten
viel gelernt38,5%
wurde mir nicht
angeboten50,0%
keine Angabe11,5%
Einweisung selbst durchgeführt
Kompetenzentwicklung in der Praxis
139
Daneben beziehen sich die sonstigen Maßnahmen auf allgemeine EDV-
oder Qualitätsschulungen. Während 42,3% angeben, nicht teilgenommen
zu haben, beurteilen 30,8% der Befragten den Lernerfolg als positiv.
Abbildung 45: Bewertung der fachübergreifenden Maßnahmen (n=26)
Es bleibt festzuhalten, dass eine systematische Qualifizierung auf Basis der
Teiltätigkeitslisten gelingt. Nach Aussagen der Mitarbeiter werden die Schu-
lungen durch Maschinenhersteller bevorzugt, wobei der teilweise zu knapp
bemessene Zeitraum kritisch zu sehen ist. Ein bedeutender Stellenwert wird
dem Lernen von Kollegen beigemessen, was eine grundlegende Tendenz in
gewerblichen Bereichen bestätigt. Positiv bewerten die Befragten die Ein-
weisungen von Vorgesetzten sowie die Durchführung eigener Schulungen,
wobei nur ein geringer Anteil diese Form der Kompetenzentwicklung in An-
spruch nehmen kann. Noch geringer fällt die Teilnahme an dem externen
Schulungsprogramm aus, dass aus Sicht der Mitarbeiter einen eher gerin-
gen Transfererfolg besitzt. Abschließend verdeutlicht Abbildung 46 einen
Vergleich der eingesetzten Lernformen. Um die Ergebnisse in Beziehung
wenig gelernt
3,8%
teils, teils7,7%
viel gelernt30,8%
keine Angabe15,4%
wurde mir nicht
angeboten42,3%
wurde mir nicht
angeboten73,1%
viel gelernt19,2%
wenig gelernt
7,7%
Fachübergreifendes Schulungsprogramm Sonstige Maßnahmen
140
setzen zu können, werden nur Mitarbeiter berücksichtigt, die an den jeweili-
gen ‘Maßnahmenpaketen’ teilgenommen haben.
Abbildung 46: Vergleich der Maßnahmen hinsichtlich erzielter Lerneffekte
5) Fazit und weitere Schritte
Teiltätigkeiten sind zielführend, um komplexe fachliche Anforderungen zu
strukturieren, die notwendigen Schulungsmaßnahmen inhaltlich sowie zeit-
lich zu planen und zielgerichtet durchzuführen. Der hohe Umsetzungsstand
beruht zum einen auf dem Anpassungs- und Veränderungsdruck in Verbin-
dung mit gesetzlichen Auflagen. Zum anderen erweist es sich als vorteilhaft,
dass die Maßnahmen neben der anspruchsvollen zeitlichen Planung keine
detaillierte Konzeption erfordern, da die Inhalte den Teiltätigkeitslisten direkt
entnommen werden können.
teils, teils
13,3%wenig gelernt6,7%
viel gelernt53,3%
keine Angabe26,7%
viel gelernt71,4%
wenig gelernt28,6%
viel gelernt76,9%
keine Angabe23,1%
keine Angabe
8,7%
viel gelernt47,8%
wenig gelernt13,0%
teils, teils
30,4%
#
Einweisung bei/durch Hersteller(n=23)
wenig gelernt4,5%
teils, teils9,1%
keine Angabe
4,5%
viel gelernt81,8%
Einweisung durch Kollegen(n=22)
keine Angabe27,3%
viel gelernt72,7%
Einweisung durch Vorgesetzten(n=11)
Einweisung selbst durchgeführt(n=13)
Fachübergr. Schulungsprogramm (n=7)
Sonstige Maßnahmen(n=15)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
141
Negativ ist, dass die Mitarbeiter weder an der Erstellung der Listen noch an
der Maßnahmengestaltung mitwirken können. Dies schließt eine individuelle
oder zielgruppengerechte Förderung durch geeignete Lernformen weitge-
hend aus.69 Ein weiterer Vorteil kommt nicht zum Tragen, der in der Schaf-
fung eines gemeinsamen Verständnisses zwischen Mitarbeitern und Füh-
rungskräften über die entscheidenden Tätigkeitsabläufe als Grundlage für
Diskussionen um vorhandene und erforderliche Kompetenzen liegt (vgl.
Frieling & Grote, 2000). Anforderungs- bzw. Soll-Profile werden nicht struk-
turiert definiert, da die Mitarbeiter alle Tätigkeiten ihres Arbeitsprozesses
beherrschen sollen. Die Ergänzung bzw. Vervollständigung der Ist-Profile
erfolgt auf Basis absolvierter Schulungen. Befragt man die Beschäftigten
nach den Lerneffekten des Qualifizierungskonzepts, offenbart sich jedoch
ein differenziertes Bild. Durch die Vielzahl an Maßnahmen und dem Zeit-
mangel besteht zum Teil noch Schulungsbedarf. Inwieweit dieser erhoben
und gedeckt wird, kann nicht evaluiert werden, da keine weitere Befragung
der Mitarbeiter möglich ist. Das externe Trainingsprogramm wird von weni-
gen gewerblichen Arbeitskräften besucht, obwohl die dort vermittelten me-
thodischen Kompetenzen nach Aussage der Vorgesetzten wichtig sind.
Derartige Trainings werden trotz gegenteiliger Aussagen der Verantwortli-
chen meist nicht für Produktionsmitarbeiter konzipiert. Im vorliegenden Fall
ist die geringe Einbindung positiv zu sehen: Die befragten Mitarbeiter kön-
nen das Gelernte nicht angemessen nutzen, diese Form der Blindqualifizie-
rung verursacht hohe Kosten. Daneben wird deutlich, dass gezielte Ansätze
zur Steigerung von Sozial- und Selbstkompetenz aufgrund der umfassen-
den fachlichen Schulungen zurückgestellt werden.70
69 Gründe sind u. a. in der Komplexität der Veränderungsprozesse und der zu planenden Schulungen zu sehen. Zugleich wird deutlich, dass die konsequente Beteiligung der Mitarbei-ter nicht gegeben ist. 70 Bestimmte Aspekte (z. B. Kommunikation) sind in den Maßnahmen zur Gruppenarbeit ent-halten.
142
Ein weiteres Ziel des Teiltätigkeitslistenkonzepts liegt in der Schaffung lern-
förderlicher Arbeitsstrukturen, um die Voraussetzungen für eine beteili-
gungsorientierte Gestaltung der Gruppenarbeit zu schaffen. Auf die geringe
Einbindung der Mitarbeiter wurde bereits mehrfach hingewiesen. Mit Blick
auf die Organisationsentwicklung als Bestandteil von Kompetenzentwick-
lung unterbleibt eine lernförderliche Tätigkeitsgestaltung zugunsten der typi-
schen Arbeitsteilung zwischen Produktionsmitarbeitern und Instandhaltern.
Obwohl sich die Abläufe mittels Teiltätigkeitslisten so strukturieren lassen,
dass arbeitsintegrierte Kompetenzentwicklung möglich ist, wird z. B. eine
Rotation der Mitarbeiter zwischen verschiedenen Prozessen nicht vorgese-
hen. Sie sind innerhalb eines Arbeitsprozesses tätig, da die Herstellung der
Produkte anspruchsvollere Aufgaben umfasst als das Verpacken der Ware
am Ende der Prozesskette. Neben entgeltrelevanten Erwägungen spielen
qualifikatorische Aspekte und gesetzliche Anforderungen eine Rolle.
Positiv ist anzumerken, dass die Methodik der Teiltätigkeitslisten nach Ab-
schluss des Pilotprojekts in weiteren gewerblichen Bereichen initiiert wird,
da sich Vorteile aus Sicht des Qualitätsmanagement bieten. Die Listen kön-
nen als Weiterentwicklung vorhandener Qualifikationsmatrizen bzw. als
Kompetenzdatenbank angesehen werden, da sie detaillierter und präziser
sind. Ein weiterer Anwendungszweck liegt in der Schulung neuer Mitarbei-
ter. Um die Vorteile des Teiltätigkeitslistenkonzepts auszuschöpfen und die
Listen zur Arbeitsstrukturierung zu verwenden, ist jedoch eine umfassende
Überarbeitung erforderlich. Zur Optimierung werden die in Abbildung 47
dargestellten Schritte vorgeschlagen, die als Gruppenaufgabe wahrgenom-
men werden sollten. Da sich bislang erhebliche Widerständen bei den Ver-
antwortlichen zeigen, kann die Umsetzung nicht begleitet werden.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
143
Abbildung 47: Weiterentwicklung des Teiltätigkeitslistenkonzepts
4.3.3 Fallbeispiel 3 – Kompetenzentwicklung auf Basis von Lernförderlichkeitsanalysen Die Schaffung lernförderlicher Arbeitsplätze ist in Bereichen mit einem nied-
rigen Anforderungs- und Tätigkeitsniveau zielführend, die in geringem Aus-
maß (formale) Lernprozesse erfordern. Derartige Produktionsabteilungen
sind in der Regel durch Personalstrukturen mit gering-qualifizierten, zum
Teil älteren Beschäftigten gekennzeichnet, deren Tätigkeiten sich in der
Vergangenheit kaum verändert haben. Hier muss von einer geringen Lern-
bereitschaft und -fähigkeit ausgegangen werden. So ist es unerlässlich, die
Beschäftigten durch sorgfältig geplante Rahmenbedingungen und Lernen
im Prozess der Arbeit an neue Entwicklungen heranzuführen, da einfache
Arbeitsaufgaben zunehmend wegfallen.
1. Sammlung und Strukturierung der Tätigkeiten und Teiltätigkeiten, die im Produktionsprozess durchgeführt werden auf Basis der bestehenden Teiltätigkeitslisten. Diese müssen mit den Mitarbeitern, die die Tätigkeiten durchführen, erarbeitet bzw. diskutiert und abgeglichen werden.
2. Erstellung/ Erarbeitung eines Kriterienkataloges zur Bewertung der Mitarbeiterkompetenz (Kompetenzskala)
3. Bewertung der Qualifikation/ Kompetenz der Mitarbeiter (Ist-Profile) durch
a. Selbsteinschätzung der Mitarbeiter
b. Feedback durch die Führungskräfte
Ziel: möglichst objektives Bild
4. Definition von Soll-Kompetenzenin Form von Anforderungsprofilen durch
a. Vorgesetzte/ betriebliche Experten
b. Feedback durch die Mitarbeiter
5. Abgleich der Ist- und Soll-Profile und Ableitung des weiteren Entwicklungs-bedarfs der Mitarbeiter
144
1) Beschreibung des Untersuchungsbereichs und der Vorgehensweise
Die Untersuchungen beziehen sich auf einen Produktionsbereich, in dem
medizinische Einmalprodukte gefertigt werden. Die Analysen werden in
zwei Produktionsabteilungen durchgeführt. Während eine Abteilung im An-
schluss an die Erhebung umstrukturiert wird, können in einer weiteren Ab-
teilung Gestaltungsmaßnahmen umgesetzt und evaluiert werden. Die Be-
schäftigten arbeiten in einem Drei-Schicht-System, die Schichtgruppen um-
fassen etwa 30 Mitarbeiter. Die Gruppe fertigt Zubehör für die Infusions-
technik sowie Artikel zur Anästhesie, so dass hohe Qualitätsanforderungen
an die Produkte gebunden sind. Bei einem Großteil der Arbeitsplätze han-
delt es sich um handmontageorientierte Tätigkeiten. Einzelne Arbeitsplätze
erfordern eine Maschinenbedienung, zu deren technischen Betreuung
gruppenübergreifende Einrichter zur Verfügung stehen.
Da die mittelfristig geplante Automatisierung der Fertigung aufgrund der
Standortsicherungsvereinbarung vorwiegend mit dem vorhandenen Per-
sonalbestand zu realisieren ist, zeigen die Vorgesetzten eine hohe Bereit-
schaft, zeitliche und personelle Kapazitäten bereitzustellen. Ergänzend zu
den Bedarfsanalysen können Teile des Lernförderlichkeitsinventars einge-
setzt werden. Zur Umsetzung wird eine Projektgruppe gebildet. Neben Per-
sonalwesen und Betriebsrat sind drei Mitarbeiter dauerhaft integriert, eben-
so der Bereichsleiter, Prozessbegleiter und Gruppensprecher. Die Perso-
nalentwicklung beteiligt sich nicht, da sie die Schaffung lernförderlicher Ar-
beitsbedingungen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich sieht.
Ein Problem liegt darin, dass die Mitarbeiter aufgrund der bisherigen Tätig-
keiten wenig Erfahrung im Umgang mit technischen Prozessen haben. Zu-
dem wird der als Bestandteil von Gruppenarbeit vorgesehene Arbeitsplatz-
wechsel nicht praktiziert. Ein vorrangiges Ziel des Vorhabens liegt in der
Erhöhung von Einsatzflexibilität, Lernfähigkeit und -bereitschaft der Grup-
penmitglieder zur Anpassung an die Veränderungen in der Produktion.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
145
2) Analyse der betrieblichen Kompetenzentwicklung
Die Gruppe besteht zum Zeitpunkt der Analysen aus 85 Mitarbeitern, von
denen vier männlich sind und sich ein Anteil weiblicher Mitarbeiter von
95,0% ergibt. Ein Blick auf die Altersstruktur zeigt ein Durchschnittsalter von
44 Jahren. Über 70,0 % der Beschäftigten sind länger als 15 Jahre im Un-
ternehmen tätig, der Großteil hat bislang ausschließlich in der Gruppe oder
in vergleichbaren Fertigungsbereichen gearbeitet. Weiter macht die Analyse
deutlich, dass über 60,0% der Befragten als höchsten Abschluss die Haupt-
bzw. Volksschule vorweisen können. Durch die handmontageorientierte
Fertigung besteht die Personalstruktur aus An- und Ungelernten. Etwa
30,0% der Mitarbeiter haben keine Berufsausbildung, im erlernten Beruf
sind nur vier Beschäftigte tätig. Betrachtet man die Lernformen der Gruppe
(vgl. Abbildung 48), so spiegelt sich dies an der geringen Bedeutung der
Berufsausbildung (12,5%).
Abbildung 48: Lernformen der Gruppe Produktion H (n=42)
2,5
2,5
20,0
10,0
82,2
55,0
90,0
55,0
12,5
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Durch die Berufsausbildung
Selbstorganisiertes Lernen
Durch Kollegen
Durch Vorgesetzte
Erfahrungen aus täglicher Arbeit
Weiterbildung der PE-Abteilung
Abteilungsinterne Weiterbildung
Private Weiterbildung
CBT / WBT / E-Learning
Sonstiges
146
Wesentlich sind das Lernen von Kollegen (90,0%) und die Erfahrungen
(82,2%). Formale Weiterbildung (10,0% bzw. 20,0%) spielt keine über-
durchschnittliche Rolle. Der geringe Stellenwert des selbstorganisierten
Lernens (55,0%) ist auf die Tätigkeiten zurückzuführen, die kein Lernpoten-
zial bieten. Dies betont die Notwendigkeit zur Gestaltung der Arbeitsplätze
nach lernförderlichen Kriterien. Ohne detailliert auf inhaltliche Aspekte ein-
zugehen, legt Abbildung 49 dar, dass durchschnittlich 2,52 Weiterbildungs-
maßnahmen absolviert werden, was den Schnitt gewerblicher Mitarbeiter
repräsentiert. Dies umfasst weitgehend gesetzlich vorgeschriebene Arbeits-
sicherheits- und Qualitätsschulungen, die jährlich aufzufrischen sind. 35,0%
der Befragten geben an, keine Maßnahmen besucht zu haben, da die
Pflichtveranstaltungen nicht von allen Beschäftigten als Weiterbildung auf-
gefasst werden.
Abbildung 49: Weiterbildungen und Entwicklungsbedarf der
Gruppe Produktion H (n=42)
keine WB-Maßnahme/
keine Angabe35,0%
eine WB-Maßnahme
7,5%zwei WB-Maßnahmen
7,5%
drei WB-Maßnahmen
25,0%
vier WB-Maßnahmen
2,5%
fünf oder mehr WB-
Maßnahmen22,5%
Gesamt: 106 NennungenDurchschnittl. 2,52 Angaben
Anzahl besuchter Weiterbildungsmaßnahmen
zwei Angaben7,5%
drei Angaben2,5%
vier oder mehr Angaben
10,0%
eine Angabe32,5%
keine Angabe47,5%
Gesamt: 42 NennungenDurchschnittl. 1,0 Angaben
Quantitative Ausprägung des Entwicklungsbedarfs
Kompetenzentwicklung in der Praxis
147
Von großer Aussagekraft sind die quantitativen Ausprägungen des Entwick-
lungsbedarfs. Mit durchschnittlich einer Angabe liegt die Gruppe unter dem
Mittelwert gewerblich Beschäftigter. Eklatant ist, dass fast die Hälfte der Be-
fragten (47,5%) keine Angaben macht bzw. keinen Bedarf sieht. Dies macht
zum einen deutlich, dass wenig Handlungsdruck erkannt wird. Zum anderen
ist dies eine Konsequenz der repetitiven Tätigkeiten, die kaum Kompetenz-
entwicklungsbedarf auslösen. Ein weiterer Grund zur Optimierung des Pro-
duktionsbereichs liegt in den Fehlzeiten, die ein erheblicher Faktor der Per-
sonalzusatzkosten sind. Der Krankenstand liegt mit durchschnittlich 6,1%
über den Fehlzeiten weiterer Gruppen am Standort (vgl. Abbildung 50), so
dass ein großer Handlungsbedarf gesehen wird.71
Abbildung 50: Entwicklung des Krankenstandes der Gruppe Produktion H72
Analyse der Lernförderlichkeit von Arbeitsplätzen
Durch die handmontageorientierte Fertigung sind in dem Produktionsbe-
reich weitgehend nur Arbeitskräfte mit geringer Qualifikation tätig. Zu beach- 71 Die krankheitsbedingten Ausfallzeiten liegen in der chemischen Industrie für einen ver-gleichbaren Zeitraum bei etwa 4,1%, vgl. Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC), 2004. 72Krankenstandsquote der Gruppe für den Zeitraum von Januar 2000 - Oktober 2004, vgl. Deichmann, 2005.
148
ten ist das hohe Durchschnittsalter, wobei ein Großteil der Mitarbeiter über
keinerlei Erfahrungen in anderen Unternehmensbereichen verfügt. Dies
manifestiert sich nicht zuletzt darin, dass die Mitarbeiter an ihren ange-
stammten Arbeitsplätzen tätig sind und Job-Rotation nicht praktiziert wird.
Dies wird begünstigt, da nach Auskunft der Vorgesetzten kaum Zeit für Ein-
arbeitungsprozesse zur Verfügung steht. Um derartige Barrieren zu erfas-
sen, Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Sensibilität der Füh-
rungskräfte zu erhöhen, werden diese ebenso wie der Betriebsrat gebeten,
eine Einschätzung zur Lernförderlichkeit mit dem entsprechenden Fragebo-
gen vorzunehmen. Daneben werden entlang des Produktentstehungspro-
zesses alle 13 Arbeitsplätze mit dem Lernförderlichkeitsinventar untersucht
(vgl. im Folgenden Deichmann, 2005). Um den Produktionsbereich ganz-
heitlich abzubilden, erfolgen die Analysen in allen drei Schichten (N=35 Be-
obachtungsinterviews). Während sich keine schichtbezogenen Unterschie-
de ergeben, zeigen die Einschätzungen der Vorgesetzten und Betriebsräte
sowohl Übereinstimungen als auch Abweichungen zu den Beobachtungsin-
terviews (vgl. Abbildung 51).
Abbildung 51: Lernförderlichkeit des Arbeitsbereichs aus
unterschiedlichen Sichtweisen
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
Mittelwerte Beobachtungsinterviews (n=35)
Mittelwerte Vorgesetzten-einschätzung (n=3)
Mittelwerte BR-Einschätzung (n=3)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
149
So finden sich in den Skalen Komplexität, Kommunikation/Kooperation,
Feedback und Information ähnliche Ausprägungen. Anders verhält es sich
bei den Skalen Partizipation, Variabilität und Selbstständigkeit. Die Partizi-
pation wird von den Vorgesetzten und dem Betriebsrat positiver gesehen.
Ebenso bewerten die Vorgesetzten die Variabilität höher, wobei die LFI-
Analysen mit den Betriebsratseinschätzungen nahezu identisch sind. Be-
züglich der Selbstständigkeit fällt die Einschätzung des Betriebsrats gerin-
ger gegenüber den weiteren Ergebnissen aus.
Im Weiteren veranschaulicht Abbildung 52 neben dem Mittelwert über alle
35 Beobachtungsinterviews die Spannweite zwischen minimaler und maxi-
maler Ausprägung der Arbeitsplätze. In den Skalen der Selbstständigkeit,
Partizipation, Variabilität und Feedback finden sich klare Unterschiede, hin-
gegen ist die Spannweite in den anderen Facetten weniger groß.
Abbildung 52: Spannweite und Mittelwert der LFI-Beobachtungsinterviews (n=35)
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
Mittelwerte Beobachtungsinterviews
Spannweite Min/Max
150
3) Erarbeitung von Gestaltungsansätzen
Aufbauend auf den Analyseergebnissen werden Gestaltungsansätze zur
Steigerung der Lernförderlichkeit sowie zur Optimierung des Fertigungsbe-
reichs abgeleitet. In einem ganzheitlichen Ansatz soll auf Verbesserungspo-
tenziale der (arbeits-) organisatorischen Rahmenbedingungen sowie auf
einzelne Arbeitsplätze eingegangen werden.
Um die Beschäftigten eng einzubinden, werden die erhobenen Daten sowie
erste Entwicklungsschwerpunkte an alle Gruppenmitglieder zurückgemeldet
und gemeinsam diskutiert, um weitere Ideen und Anregungen der Mitarbei-
ter in die Gestaltungsansätze einzubringen. Die Mitarbeiter äußern den Be-
darf nach EDV- und Produktschulungen. Daneben macht eine Analyse des
Gruppenarbeitskonzepts deutlich, dass die Zielvereinbarung der Gruppe
auslastungsorientiert angesetzt ist (vgl. Deichmann, 2005). Das primäre Ziel
besteht darin, eine hohe Produktivität anzustreben. Die erfolgskritischen
Kennzahlen werden nicht regelmäßig erfasst, einige Kenngrößen werden
ohne Soll-Vorgaben oder als absolute Werte ausgewiesen, wodurch die
Aussagekraft eingeschränkt ist. Handlungsbedarf besteht bei qualitätsrele-
vanten Daten, die ein zentraler Faktor bei der Erreichung von Zielvorgaben
(z. B. Senkung der Herstellkosten) sind. Aufgrund der mangelnden Visuali-
sierung bzw. einer fehlenden Verknüpfung der Kennzahlen in Ursache-
Wirkungs-Ketten können die Mitarbeiter ihre Leistung schwer beurteilen.
Dies hemmt die Optimierung der Prozesse und Abläufe, die für eine leis-
tungsfähige Produktion von Bedeutung sind. Daneben werden Abstim-
mungs- und Kommunikationsprobleme in den Gruppen seitens der Mitarbei-
ter und der Vorgesetzten angesprochen. Auf dieser Basis werden Hand-
lungsempfehlungen erarbeitet, die in Abbildung 53 auszugsweise dargestellt
sind.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
151
Entwicklungsziel Beschreibung Zeitrahmen Umsetzungsform
Fachkompetenz
Arbeitsplatzwechsel (Job-Rotation)
Kenntnis aller Arbeitsplätze bezüg-lich Aufgaben, Maschinen und An-lagen mit der Fähigkeit, diese zu bedienen
schnellst-möglich
Fachabteilung, Einweisung durch
Kollegen
Kennzahlen der Gruppe
z. B. Gutteile- und Ausschussquote, Fehlzeiten, Status der Zielvereinba-rung
schnellst-möglich
Fachabteilung, Einweisung durch
Meister
Produktkenntnisse Kennenlernen der Auswirkungen möglicher Fehler, Anwendung der Produkte beim Patienten usw.
schnellst-möglich
Interne Schulung durch Mitarbeiter des Marketings
IT-Kompetenz
EDV/ PC EDV-Kenntnisse ausbauen, um Info-Terminal zu bedienen und Standard-Software zu nutzen
Fachabteilung,
Einweisung durch Meister
Sozial-/ Selbstkom-petenz
Zusammenarbeit und Information
Schichtübergreifende Abstimmung und Informationsweitergabe verbes-sern durch Teilnahme der Mitarbeiter an "Funktionsrunde"
laufender Prozess Fachabteilung
Übergreifend Ganzheitliches Pro-zessverständnis för-dern, Veränderungs-kultur etablieren Ergonomische Ges-taltung der Arbeits-bedingungen
Anforderungen nachvollziehen kön-nen (technische, organisatorische, personelle Veränderungen sowie Auswirkungen z. B. auf die Märkte aufzeigen Arbeitsplätze optimieren
laufender Prozess
Fachabteilung, unterstützt vom Personalwesen
Abbildung 53: Maßnahmen zur Steigerung der Lernförderlichkeit (Ausschnitt)
Ein wesentliches Ziel der Maßnahmen liegt darin, die Einsatzflexibilität und
Lernbereitschaft der Mitarbeiter zu erhöhen, die einen kontinuierlichen Ar-
beitsplatzwechsel als belastend empfinden und ablehnen. Hier wird der
größte Handlungsbedarf gesehen. Kritisch scheint, dass geringe Zeitpuffer
für Anlernprozesse zur Verfügung stehen, so dass ein spezielles Konzept
zu entwickeln ist. Dies soll die Mitarbeiter motivieren, flexibler zu werden.
Eine organisatorische Gestaltungsmaßnahme, die von der Projektgruppe
angestrebt wird, stellt die konsequente Umsetzung von Job-Rotation dar.
152
Job-Rotation und Aufgabenerweiterung
Die Analyse des Fertigungsbereichs mittels der LFI-Beobachtungs-
interviews zeigt, dass ein Großteil der Arbeitsplätze durch sich wiederho-
lende Teilaufgaben und repetitive Tätigkeiten mit gleichförmigen Bewe-
gungsanforderungen geprägt ist. Planung, Ausführung und Kontrolle sind
voneinander getrennt und werden von verschiedenen Personen wahrge-
nommen. Die genau einzuhaltenden Arbeitsaufträge stellen geringe kogniti-
ve Anforderungen an die Stelleninhaber. Durch eng begrenzte Teilaufgaben
ist der Beitrag des Einzelnen am Produkt schwer erkennbar. Die Mitarbeiter
erhalten kaum Rückmeldungen über die Qualität und die Bedeutung ihrer
Arbeit, so dass der Stellenwert der Arbeit sinkt. Da die Tätigkeit nur ausfüh-
rende Handlungen enthält, können die Mitarbeiter keine Kompetenzen er-
werben. In der Folge nimmt die Fähigkeit und Bereitschaft ab, an neuen Ar-
beitsplätzen zu arbeiten. Vorschub leisten enge Zielvorgaben, die Einarbei-
tungs- und Lernprozesse in zeitlicher Sicht behindern. Zugleich führt die
ständige Wiederholung begrenzter Arbeitsaufgaben zu einseitigen körperli-
chen Belastungen und zu Zwangshaltungen, die in Verbindung mit dem er-
höhten Krankenstand zu sehen sind.
Die erwünschte Erhöhung der Lernanforderungen an Arbeitsplätzen lässt
sich grundsätzlich mittels horizontaler Aufgabenerweiterung und vertikaler
Aufgabenerweiterung erreichen. Um positive Effekte bei der Lernförderlich-
keit erzielen zu können und die Gruppe zu motivieren, sind die Arbeitsinhal-
te vielfältiger zu gestalten. Mittelfristig soll ein Veränderungsprozess initiiert
werden, der dazu führt, dass die Mitarbeiter an verschiedenen Arbeitsplät-
zen zum Einsatz kommen und der kontinuierliche Arbeitsplatzwechsel ge-
lebt wird. Um die notwendige Akzeptanz und Transparenz zu schaffen, wird
die Implementierung des Rotationskonzepts von der Gruppe vorgenommen.
Die Mitarbeiter sollen sich die Arbeitsinhalte untereinander vermitteln und
sich über die Art und Durchführung der Anlernprozesse verständigen. Bei
der Planung neu zu erlernender Tätigkeiten gilt es, den Bedarf der Produk-
Kompetenzentwicklung in der Praxis
153
tionsleitung zu berücksichtigen, um wirtschaftlichen Gesichtspunkten Rech-
nung zu tragen und Blindqualifizierung zu vermeiden.
Unterstützung von Job-Rotation durch Lernförderlichkeitstage
Zur Einführung des Job-Rotation-Konzepts werden ‘Lernförderlichkeitstage’
organisiert, die außerhalb des Produktionsbetriebs stattfinden. Dies gibt den
Mitarbeitern die Möglichkeit, jenseits des täglichen Leistungsdrucks ver-
schiedene Arbeitsplätze kennen zu lernen. Gleichzeitig sollen Ängste be-
züglich neuer Arbeitstätigkeiten abgebaut werden. Dabei erweist es sich als
zielführend, wenn der reale Produktionsbetrieb simuliert wird, indem z. B.
echte Gutteile produziert werden. Dies erhöht die Motivation der Teilnehmer
und den wirtschaftlichen Nutzen der Initiative aus Sicht des Unternehmens.
Um den Mitarbeitern vertiefende Einblicke in die Anwendung der gefertigten
Produkte zu gewähren und die Sensibilität bezüglich kritischer Herstellpro-
zesse bzw. Arbeitsabläufe zu erhöhen, wird eine Produktschulung integriert.
Weiter sollen die Kennzahlen der Gruppe erläutert werden, um die Bedeu-
tung der qualitätsrelevanten Daten zu vermitteln. Da diese künftig edv-
gestützt erfasst und gepflegt werden, wird dem Wunsch der Mitarbeiter ent-
sprochen, die Nutzung der EDV-Tools zu erlernen. Abbildung 54 zeigt die
Inhalte des Schulungskonzepts, dass im Anschluss an die Umsetzung eva-
luiert werden soll. Die Initiative wird an drei Samstagen durchgeführt. So
können alle Schichtgruppen integriert werden, die Teilnahme ist Pflicht. Die
Zeit wird verrechnet, da sich die Mitarbeiter durch die Standortsicherungs-
vereinbarung zu Überstunden bereit erklärt haben, die u. a. für Weiterbil-
dung genutzt werden. Ohne einen solchen Rahmenvertrag gäbe es erhebli-
che Diskussionen, wer welchen Zeitanteil einbringt oder ob die Anwesenheit
in Form von Überstunden vergütet wird.
154
Abbildung 54: Schulungskonzept der Lernförderlichkeitstage
- Auswahl relevanter Arbeitsplätze
Zur Auswahl der Arbeitsplätze werden die Beschäftigten befragt, welche
Arbeitsplätze sie zusätzlich beherrschen wollen. Eine Auswertung der
aktuellen Stückzahlen und der Auslastung der pro Arbeitsplatz gefertig-
ten Teile verdeutlicht, an welchen Arbeitsplätzen aus Sicht der Produkti-
onsleitung weitere Kapazitäten gebraucht werden.73 Die praktische Ein-
weisung erfolgt durch erfahrene "Paten", die ihre Kollegen "on the job"
einführen.74 Es ist wichtig, dass die Lernförderlichkeitstage nicht zu einer
Informationsveranstaltung degradiert werden. Nur durch die Ausübung
der Tätigkeiten kann ein erster Einblick in die Anforderungen vermittelt
werden. Dies erlaubt eine realistische Einschätzung der Mitarbeiter, ob
sie die neuen Tätigkeiten ausführen können oder ob weiterer Schu-
lungsbedarf besteht.
73 Es ist zu berücksichtigen, dass sich nicht alle Arbeitsplätze für eine 2-stündige Einweisung eignen. Dies gilt z. B. für den Büroarbeitsplatz, an dem auch aus Sicht der Führungskräfte derzeit keine weiteren Mitarbeiter tätig werden sollen. Die Materialbereitstellung kann nicht einbezogen werden, da die zu hebenden Lasten die für weibliche Mitarbeiter geltenden Grenzwerte übersteigen. 74 Zur standardisierten Einarbeitung eignen sich Teiltätigkeitslisten als strukturierte Prozess-dokumentation.
Informationen über die Anwendung und
den Nutzen der durch die Gruppe
erstellten Produkte
Mitarbeiter des Marketings
Produkt-schulung
Einführung in den Umgang mit dem
Computer sowie in die interne
Dokumentation
Coach und Prozessbegleiter
Info-Terminal
Entstehung von Kennzahlen
und ihre Bedeutung für die Gruppe
Coach undProzessbegleiter
Kennzahlen
Einweisung in verschiedene Bereiche der
Fertigung
Arbeitsplatz-Paten
Job-Rotation
Evaluation des Konzepts durch Befragung der Mitarbeiter im Anschluss an die Maßnahme
Kompetenzentwicklung in der Praxis
155
- Einweisung am Info-Terminal
Um den Bedarf der Beschäftigten nach EDV-Kenntnissen zu berücksich-
tigen, wird der im Fertigungsbereich vorhandene Info-Terminal vorge-
stellt. Die Mitarbeiter zeigen ein gesteigertes Interesse an der Nutzung
von Informationstechnologien. Nicht nur unter dem Selbstorganisations-
aspekt von Kompetenzentwicklung sind diese Bedürfnisse ernst zu neh-
men. Die Auseinandersetzung mit neuen Technologien ist zu fördern, da
diese das Arbeitsfeld zunehmend durchdringen und die bestehende
Schwellenangst abzubauen ist. Mittelfristig eröffnet sich die Möglichkeit,
die Tätigkeiten durch dispositive Aufgaben wie z. B. Materialanforderun-
gen anzureichern, um die Komplexität und Variabilität zu erhöhen. Ein
Austausch mittels EDV-Systemen kann zu Verbesserungen in den Ska-
len Kommunikation/Kooperation und Information führen.
- Ausbau von Produktkenntnissen
Neben einem Verständnis der Fertigungsabläufe sind vertiefende Kennt-
nisse über die hergestellten Produkte notwendig und von den Mitarbei-
tern gewünscht. Der Fokus wird auf Einsatz- und Anwendungsgebiete
gelegt, um die Beschäftigten für kritische Produktionsprozesse und Pro-
duktfehler zu sensibilisieren. So können sie die Konsequenzen möglicher
Fehlhandlungen besser einschätzen, auftretende Produktfehler selbst-
ständig identifizieren und Maßnahmen zur Beseitigung einleiten. Der
Umgang mit Produktfehlern und Sperrungen im Produktionsprozess er-
fordert darüber hinaus Kontakt mit Schnittstellen wie der Qualitätskontrol-
le, so dass weitere Effekte hinsichtlich der Lernförderlichkeit erwartet
werden. Da die Schulungen von internen Mitarbeitern des Marketings
abgehalten werden, entstehen geringe Kosten. Bei der Umsetzung ist
darauf zu achten, dass die Inhalte verständlich vorgetragen werden.
- Kennzahlen der Gruppe
Bei den bisher eingesetzten Kennzahlen wird oben auf die mangelhafte
Vollständigkeit, Verständlichkeit, Aufbereitung und Visualisierung hinge-
156
wiesen. Aufgrund der geringen Transparenz fällt es vielen Beschäftigten
schwer, die Leistung der Gruppe sowie ihre persönliche Leistung zu be-
urteilen. Der Zustand hemmt den kontinuierlichen Verbesserungspro-
zess, daher ist die Bedeutung der einzelnen Kennwerte zu erläutern. Zur
Erreichung von Nachhaltigkeit wird angeregt, die Erfassung und Auswer-
tung der Kennzahlen sowie die Gestaltung und Aktualisierung der Grup-
pentafel als Aufgabe der Beschäftigten zu definieren.
Verbesserung von Information, Kommunikation und Arbeitsgestaltung
Die Auswertung der LFI-Beobachtungsinterviews ergibt, dass nahezu alle
untersuchten Arbeitsplätze Schwachpunkte auf der Skala Information zei-
gen. Im den Diskussionen mit den Beschäftigten wird deutlich, dass sich ein
Großteil kritisch über den Informationsfluss und die Qualität der Informati-
onsweitergabe zwischen den Schichtgruppen äußert. Den Hintergrund stellt
eine übergreifende "Funktions-Runde" der Gruppensprecher dar, die der
schichtübergreifenden Information und dem Austausch mit Schnittstellen (z.
B. Fertigungssteuerung) dient. Die Ergebnisse sollen in den Gruppenge-
sprächen in komprimierter Form an die Beschäftigten weitergegeben wer-
den. Da kein strukturiertes Sitzungsprotokoll erstellt wird, fehlt es an Trans-
parenz über die Inhalte dieser Besprechungen. Ein Großteil der Beschäftig-
ten gibt an, dass ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden. Ebenso
werden beschlossene Maßnahmen in den Schichtgruppen durch die fehlen-
de schriftliche Fixierung unterschiedlich interpretiert, woraus Unsicherheiten
und Unruhe zwischen den Gruppen resultieren. Um mehr Transparenz in
den Informationsfluss zu bringen, wird ein "Gaststuhl" in der übergreifenden
Sitzung eingerichtet. Dieser macht es jeweils einem Mitarbeiter möglich, an
der wöchentlichen Besprechung teilzunehmen und das Gespräch mitzuver-
folgen. An die Teilnahme sind gewisse Pflichten gebunden, wie etwa die
Kommunikation besprochener Themen in der Gruppe sowie die Einforde-
rung des Sitzungsprotokolls, dass künftig erstellt werden soll.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
157
Die Analyse der Altersstruktur des untersuchten Fertigungsbereichs ergibt
einen hohen Anteil älterer Mitarbeiter. Nicht zuletzt machen Prognosen und
Statistiken deutlich, dass bedingt durch den demografischen Wandel in Un-
ternehmen zukünftig zunehmend ältere Mitarbeiter arbeiten werden (vgl. z
.B. Frieling, Fölsch & Schäfer, 2004). Daher soll der ergonomischen Gestal-
tung von Arbeitsplätzen und Produktionsprozessen mehr Bedeutung zuge-
wiesen werden. An ergonomisch gut gestalteten Arbeitsplätzen können jün-
gere und ältere Mitarbeiter erfolgreich arbeiten, ohne frühzeitig zu ermüden
oder körperliche Verschleißerscheinungen zu erleiden. Dies erlangt auf-
grund des hohen Krankenstands der untersuchten Gruppe besondere Rele-
vanz. Hinsichtlich der ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung wird seitens
des Unternehmens ein Schwerpunkt auf den sukzessiven Ausbau von Vi-
deo-Arbeitsplätzen gelegt.75 Durch die Möglichkeit der Prüfung am Bild-
schirm und höhenverstellbaren Arbeitstischen sollen die erzwungenen
Zwangshaltungen aufgrund der bisher eingesetzten Lupen und den damit
einhergehenden Belastungen reduziert werden. Mittel- bis langfristig soll
sich eine Reduzierung des Krankenstands ergeben und dieser Effekt durch
das Rotations-Programm unterstützt werden.
4) Evaluation umgesetzter Maßnahmen
Im Verlauf des Kompetenzentwicklungsvorhabens kann festgestellt werden,
dass die Gruppenmitglieder durch die Analysen und Diskussionsprozesse
zunehmend sensibilisiert werden und den Bedarf nach vertiefenden Kennt-
nissen an anderen Arbeitsplätzen erkennen. Diese Bereitschaft ist ein ent-
scheidendes Kriterium, da die Anpassung an wechselnde Tätigkeiten bis-
lang als belastend gilt. Maßnahmen gegen den Willen der Betroffenen ha-
ben wenig Aussicht auf Erfolg. Daher soll der Nutzen aus Sicht der Mitarbei-
ter aufgezeigt werden, bevor weitere Ergebnisse diskutiert werden.
75 Dies geschieht unabhängig von dem Lernförderlichkeitsprojekt.
158
Bewertung der Lernförderlichkeitstage
Seitens der Leitungsfunktionen des Bereichs, dem Personalwesen und der
Arbeitnehmervertreter wird ein positives Fazit der Initiative gezogen. Das
Engagement der Gruppe gilt als vorbildlich und die Vorgesetzten sind der
Ansicht, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Hinsichtlich der eingangs be-
schriebenen Probleme bei der Umsetzung von Job-Rotation und einer an-
gestrebten Erhöhung der Einsatzflexibilität wird konstatiert, dass der Grund-
stein für die notwendige Veränderungskultur gelegt ist. Unter Effizienzge-
sichtspunkten wird es als zielführend angesehen, dass die Gestaltungs-
maßnahme mehrere inhaltliche Aspekte berücksichtigt. So trägt das Ken-
nenlernen neuer Arbeitsplätze in Verbindung mit einer Produktschulung, der
Einweisung am PC und der Erläuterung von Kennzahlen zu einem umfas-
senden Prozessverständnis bei und unterstützt erste Ansätze einer Verän-
derungskultur. Um die Effekte aus Sicht der Mitarbeiter zu erfassen, wird ein
kurzer Fragebogen entwickelt (vgl. Abbildung 55), der auf die betrieblichen
Belange und die Zielgruppe zugeschnitten ist.
Neben informatorischen und organisatorischen Aspekten (Fragen 1, 2, 5)
soll ermittelt werden, welche Nutzen die Mitarbeiter in der Veranstaltung se-
hen (Fragen 3, 4) und ob die Erwartungen der Teilnehmer erfüllt werden
(Frage 6). Als wesentlich gelten die Fragen nach einer Wiederholung der
Initiative (Interesse an weiteren Maßnahmen, Fragen 7, 8) und nach einer
Selbsteinschätzung zur Steigerung der Einsatzflexibilität (Fragen 9, 4d).
Wichtig ist es, eine leichte Handhabung für die Mitarbeiter zu gewährleisten,
da sie den Fragebogen selbst ausfüllen sollen. Auf mehrstufige Skalen oder
komplizierte Fragestellungen wird verzichtet, zumal diese aus Sicht der Un-
ternehmensvertreter keinen Mehrwert bringen.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
159
1. Über die Veranstaltung wurde ich rechtzeitig informiert
JA NEIN
2. Die Ziele wurden deutlich vermittelt JA NEIN
3. Die Stationen waren für mich interessant besucht JA NEIN
KA ST BE KS Produktschulung Info-Terminal Kennzahlen
4. Der Einsatz an verschiedenen Arbeitsplätzen hat mir etwas gebracht JA Nein
a) einen besseren Einblick in die tägliche Arbeit?
b) einen besseren Überblick über Aufgaben der Gruppe
c) einen besseren Überblick über die Produkte
d) um zukünftig flexibler zu sein
5. Der organisatorische Ablauf war aus meiner Sicht gut
JA NEIN
6. Meine Erwartungen wurden erfüllt JA NEIN
7. Lernförderlichkeitstage sollten in anderen Gruppen angeboten werden
JA NEIN
8. Ich wünsche eine Wiederholung des Lernförderlichkeitstages
JA NEIN
9. Ich kann mir nach dem Lernförderlich-keitstag vorstellen, an den besuchten Arbeitsplätze zu arbeiten
JA NEIN
Wenn ja, an welchen: ______________________________________
Meine Verbesserungsvorschläge zum Lernförderlichkeitstag _______________________________________
Vielen Dank für Ihre Mitwirkung!
Abbildung 55: Fragebogen zur Evaluation der Lernförderlichkeitstage
durch die Mitarbeiter
Um alle Beschäftigten zu erreichen, werden sie gebeten, den Bogen direkt
nach der Veranstaltung auszufüllen. Es wird ein hoher Rücklauf von 96,5%
(n=82) erreicht. In allen Fragen können positive Ergebnisse erzielt werden,
die nachfolgend zusammengefasst dargestellt sind. So werden die Informa-
tionen im Vorfeld als ausreichend (Frage 1) und die Gestaltung des organi-
satorischen Ablaufs (Frage 5) als gut erachtet. Ebenfalls wird die Vermitt-
lung der angestrebten Ziele und die Erfüllung von Erwartungen zustimmend
bewertet (Fragen 2 und 6, vgl. Abbildung 56).
160
Abbildung 56: Bewertung des Ablaufs und der Erwartungserfüllung (n=82)
Auch hinsichtlich der angestrebten Lerneffekte (Frage 4) vermittelt die
nachstehende Abbildung 57 ein optimistisches Fazit. Lediglich der bessere
Überblick über die Aufgaben der Gruppe wird mit einem Anteil von 32,9%
ohne Wertung offenbar nicht umfassend vermittelt oder ist bereits im Vorfeld
gegeben.
Obwohl die Produktschulungen von den Mitarbeitern sehr positiv gesehen
werden, äußern sich 23,2% der Befragten nicht zu der Frage, ob sich der
Überblick über die Produkte verbessert hat. Hinsichtlich der künftigen Flexi-
bilität machen 25,6% der Befragten keine Angaben (vgl. Abbildung 58), der
überwiegende Anteil der Bewertungen (73,2%) fällt zustimmend aus.
ja95,2%
keine Angabe2,4% nein
2,4%
Meine Erwartungen wurden erfüllt
ja98,8%
keine Angabe1,2%
Die Ziele wurden deutlich vermittelt
Kompetenzentwicklung in der Praxis
161
Abbildung 57: Bewertung des Nutzens aus Sicht der Mitarbeiter (n=82)
Abbildung 58: Bewertung des Nutzens aus Sicht der Mitarbeiter (n=82)
...für einen besseren Überblick über die Produkte
...um künftig flexibler zu sein
ja73,2%
nein1,2%
keine Angabe25,6%
ja76,8%
keine Angabe23,2%
Der Einsatz an verschiedenen Arbeitsplätzen hat mir etwas gebracht...
...für einen besseren Einblick in die tägliche Arbeit
...für einen besseren Überblick über die Aufgaben der Gruppe
Der Einsatz an verschiedenen Arbeitsplätzen hat mir etwas gebracht...
ja81,7%
keine Angabe18,3%
nein1,2%
ja65,9%
keine Angabe32,9%
162
Als besonders bedeutsam gelten die Fragen nach einer Wiederholung der
Initiative bzw. der Durchführung weiterer/ähnlicher Veranstaltungen und der
Einschätzung der Beschäftigten, künftig an anderen Arbeitsplätzen tätig zu
werden (vgl. Abbildung 59) Während die meisten Befragten dies befürwor-
ten, äußern sich einige Mitarbeiter negativ. Dennoch ist von einer überwie-
genden Zustimmung auszugehen, die sich sowohl auf die Bereitschaft be-
zieht, an weiteren Lernveranstaltungen mitzuwirken als auch auf den künfti-
gen Einsatz an anderen Arbeitsplätzen. Als Verbesserungsvorschlag wird
eine längere Einarbeitungszeit an den Arbeitsplätzen gefordert. Daneben
sind jährliche Produktschulungen gewünscht, ebenso ist die Vertiefung von
EDV-Kenntnissen ein Thema für künftige Qualifizierungsprozesse.
Abbildung 59: Bedarf nach weiteren (Lern-) Veranstaltungen und Bewertung der
Einsatzflexibilität aus Sicht der Mitarbeiter (n=82)
Verbesserung von Information, Kommunikation und Arbeitsgestaltung
Trotz der kritischen Äußerungen über den Informationsfluss wird der einge-
richtete ‘Gaststuhl’ in der übergreifenden Gruppensprechersitzung in den
Die Lernförderlichkeitstage sollten wiederholt werden
Ich kann mir künftig den Einsatz an anderen Arbeitsplätzen vorstellen
ja76,9%
keine Angabe8,5%
nein14,6%
ja79,3%
keine Angabe13,4%
nein7,3%
Kompetenzentwicklung in der Praxis
163
ersten sechs Wochen nur von einem Mitarbeiter genutzt. Anschließend fin-
den sich keine weiteren Teilnehmer, die sich für eine Mitwirkung an der Sit-
zung interessieren. Auch die höhenverstellbaren Arbeitstische werden nur
bedingt angenommen. Hier ist durch eine fortlaufende Information und Ein-
bindung der Beschäftigten in die Thematik der Arbeitsgestaltung und Ge-
sundheitsförderung eine Sensibilisierung anzustreben. So kann eine Veran-
schaulichung über monetäre Auswirkungen des Krankenstandes in Verbin-
dung mit einer Darstellung der Aktivitäten des Unternehmens, diesen zu
verringern und die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten optimaler zu
gestalten, positiv auf das Gesamtverständnis der Mitarbeiter wirken. Inte-
ressanterweise hat die Einführung von Video-Arbeitsplätzen neben gesund-
heitlichen Aspekten (Verminderung von Zwangshaltungen) eine Verände-
rung einzelner Lernförderlichkeitsfacetten zur Folge. Abbildung 60 verweist
auf einen Anstieg der Variabilität nach Einführung von Video-Geräten an
den untersuchten Arbeitsplätzen. Gering erhöht sind die Facetten Partizipa-
tion und Komplexität im Vergleich zu der Tätigkeit ohne Bildschirmgerät.
Abbildung 60: Lernförderlichkeit nach Einführung von Bildschirmprüfgeräten
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
KS neuKS alt Spannweite Min/Max
164
5) Fazit und weitere Schritte
Die ‘Lernförderlichkeitstage’ dienen einer Einführung in die Themen Job-
Rotation und Aufgabenerweiterung. Die aus einem kontinuierlichen Arbeits-
platzwechsel resultierende höhere Veränderungsbereitschaft, Selbständig-
keit und Qualifikation der Mitarbeiter bietet vielfältige Möglichkeiten, eine
bedarfsgerechte Anpassung an sich verändernde Produktionsbedingungen
zu gewährleisten. Jedoch können dem erforderlichen Aufwand bislang keine
monetären Kennzahlen gegenüberstellt werden. Eine Wirtschaftlichkeitsbe-
trachtung ist nicht möglich, da es sich um Investitionen handelt, deren Aus-
wirkungen in die Zukunft reichen. So werden durch Veränderungen der Ar-
beitsplatzgestaltung mittelfristig messbare Effekte bei der Senkung krank-
heitsbedingter Fehlzeiten erwartet. Ebenso lassen sich Produktivitätskenn-
zahlen und qualitätsrelevante Kennwerte zur Erfolgsbewertung nutzen. Auf-
grund der schlechten Datenverfügbarkeit liegen die als Vergleichsgrundlage
benötigten Kenngrößen nicht vor. Darüber hinaus sind die Gruppenmitglie-
der ca. drei Monate nach den ‘Lernförderlichkeitstagen’ weiterhin an ihren
angestammten Arbeitsplätzen tätig. Die neu erlernten Kenntnisse können
sich nicht verfestigen, wenn sie nicht genutzt werden. Auch ist zu beachten,
dass durch Job-Rotation im beschriebenen Sinne lediglich mehrere gleich-
artige Arbeitszyklen aneinandergereiht werden, woraus kein qualitativ höhe-
res Anforderungsniveau resultiert. Wie ein Vergleich der Arbeitsplätze im
Untersuchungsbereich veranschaulicht (vgl. Abbildung 61), sind nur die
Skalen des Büroarbeitsplatzes ‘B1’ vergleichsweise hoch ausgeprägt. E-
benso weist der Arbeitsplatz ‘KA’ Werte auf, die sich eher am Maximum be-
finden. Der durch repetitive Tätigkeiten und wenig komplexe Bewegungsan-
forderungen geprägte Arbeitsplatz ‘AW’ besitzt die geringsten Ausprägun-
gen in den verschiedenen Skalen. Der Arbeitsplatz ‘KS’ pendelt um den Mit-
telwert, diese Tendenzen setzen sich an weiteren Arbeitsplätzen fort.76
76 Die Arbeitsplätze KA, KS, ST und BE wurden im Rahmen der Lernförderlichkeitstage be-rücksichtigt. Als repräsentativ für die Gruppe können insbesondere die Arbeitsplätze KS und BE angesehen werden.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
165
Abbildung 61: Vergleich verschiedener Arbeitsplätze hinsichtlich
der Lernförderlichkeit
Die Analysen lassen sich nicht nur für ein Ranking der Arbeitsplätze bzw.
zur Implementierung von Job-Rotation nutzen. Wesentlich sind Diskussio-
nen über mögliche Abweichungen zwischen (objektiven) Beobachtungsin-
terviews und Vorgesetzten- sowie Betriebsratseinschätzungen als Grundla-
ge für notwendige Veränderungsprozesse. Unterschiede zeigen sich vor
allem bei der Partizipation sowie bei der Komplexität und Variabilität. Dies
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
AW
Spannweite Min/Max
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
KA
Spannweite Min/Max
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
B 1
Spannweite Min/Max
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
KS alt Spannweite Min/Max
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
BE
Spannweite Min/Max
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %
100 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
KomplexitätKommunikation &Kooperation
Feedback
Information
STSpannweite Min/Max
166
stellt kein betriebs- oder gruppenspezifisches Phänomen des untersuchten
Bereichs dar, sondern wird in übergreifenden Studien bestätigt (vgl.
Abbildung 62).
Abbildung 62: Lernförderlichkeitsanalysen und Vorgesetzteneinschätzungen im
untersuchten Unternehmensbereich im Vergleich zu überbetrieblichen Studien77
Die Betrachtung der verschiedenen Perspektiven ist notwendig, um Gestal-
tungspotenziale zu identifizieren und das Verständnis für die Bedeutung
vollständiger Tätigkeiten bei Führungskräften und Mitarbeitern zu erhöhen.
Um kontinuierliches Lernen zu ermöglichen, ist auf Basis der oben darge-
stellten Ergebnisse (vgl. Abbildung 61) künftig eine vertikale Aufgabenerwei-
terung durch dispositive Aufgaben in Betracht zu ziehen. Neben erhöhten
kognitiven Anforderungen durch steigende Komplexität und Variabilität kann
der notwendig werdende Austausch mit Schnittstellen der Gruppe (z. B.
Qualitätskontrolle, Materialdisposition) zu positiven Effekten in den Skalen
Kommunikation / Kooperation, Information und Feedback führen. Langfristig
77 Quelle: IfA, 2005.
0 %
20 %
40 %
60 %
80 %Selbstständigkeit
Partizipation
Variabilität
Komplexität
Komm./Koop.
Feedback/Info.
LFI - Gr. H (N=35)LFI (N=416)Vorgesetzte (N=66)Vorgesetzte Gr. H (N=3)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
167
ist eine übergreifende Personalflexibilität denkbar, indem die Mitarbeiter in
anderen Gruppen zur Maschinenbedienung eingesetzt werden. Durch einen
Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsbereichen sollte sich nicht nur die
Lernförderlichkeit steigern lassen, vielmehr können physische Belastungen
effektiver reduziert werden. Diese Ansätze werden bislang nicht in Betracht
gezogen und es stellt sich die Frage, warum die Umsetzung von organisato-
rischen bzw. strukturellen Maßnahmen derart schnell an Grenzen stößt. Er-
hebungen in anderen Unternehmen und Branchen belegen, dass die Lern-
förderlichkeit von Arbeitsplätzen nicht nur im Zusammenhang mit den Kom-
petenzen der Mitarbeiter steht, sondern mit dem Unternehmenserfolg ver-
bunden ist (vgl. Frieling, Bernard, Bigalk & Müller, in Druck).
4.3.4 Zusammenfassung Die vorherigen Abschnitte beschreiben drei methodische Ansätze zur Ana-
lyse, Gestaltung und Evaluation betrieblicher Kompetenzentwicklungspro-
zesse bei gewerblichen Beschäftigungsgruppen in einem Großunterneh-
men. Die Auswahl der Untersuchungsbereiche erfolgt unter Berücksichti-
gung vorliegender Personal- und Organisationsstrukturen sowie aktueller
betrieblicher Anforderungen. Die Fallbeispiele veranschaulichen, dass eine
systematische Vorgehensweise unter Einbindung der Mitarbeiter bei den
Verantwortlichen nicht immer auf Zustimmung stößt. Ebenfalls ist die Um-
setzung erarbeiteter Maßnahmen mit Schwierigkeiten verbunden und wird
nicht nachhaltig verfolgt. So fließen in gewerblichen Bereichen trotz einer
zunehmenden Sensibilität von Führungskräften und/oder des Personalma-
nagements geringe Investitionen in die Weiterentwicklung der Human Res-
sourcen unter Einbezug der Mitarbeiter sowie unter Berücksichtigung orga-
nisatorischer Gestaltungsansätze. Das Problem einer mangelnden Qualifi-
kation und daraus resultierenden Anpassungserfordernissen scheint trotz
des demografischen Wandels erst langfristig existent zu sein. Jedoch ma-
chen die oben dargestellten Analysen ebenso wie übergreifende Branchen-
168
untersuchungen (vgl. Abschnitt 4.1.1) in Verbindung mit den Entwicklungen
der Arbeitswelt deutlich, dass die Dynamik des Unternehmensumfelds und
die daraus resultierenden Veränderungen sowohl quantitativ als auch quali-
tativ zu höheren Anforderungen führen, denen sich alle Organisationsmit-
glieder stellen müssen (vgl. Jansen, 2002; Weiß, 2002). Vor diesem Hinter-
grund sollen die Ergebnisse der Unternehmensstudien reflektiert werden.
Anschließend findet in Kapitel 5 eine Diskussion der empirischen Befunde
mit Blick auf die eingangs formulierten Forschungsfragen statt.
4.4 Kompetenzentwicklung in der Praxis – Ergebnisse der Unternehmensstudien Im Rahmen des Forschungsprojekts finden Untersuchungen zur betriebli-
chen Kompetenzentwicklung in einem Großbetrieb mit ca. 4.200 Mitarbei-
tern am Standort und einem mittelständischen Betrieb mit 260 Beschäftigten
statt (vgl. Abschnitt 4.1.2). Als Hintergrund der Kooperation im Rahmen des
Forschungsvorhabens können nicht nur die Veränderungen der Arbeitswelt
oder branchenbedingte Entwicklungen gelten, auf die Unternehmen durch
hochqualifizierte Mitarbeiter und als lernende Organisation reagieren müs-
sen. Die Sozialpartner der chemischen Industrie schließen im Jahr 2002
einen "Tarifvertrag zur Qualifizierung" ab, der die Bedeutung innovativer
Konzepte zum Lernen im Prozess der Arbeit hervorhebt. In Unternehmen A
wird im gleichen Jahr eine Vereinbarung zum Ausbau des Standortes und
zur Sicherung der Beschäftigung zwischen Betriebsrat und Unternehmens-
leitung getroffen, in der die Mitarbeiter dem Unternehmen unentgeltliche
Mehrarbeitsstunden zur Verfügung stellen, die auch für Weiterbildung ge-
nutzt werden. Ohne diesen Rahmenvertrag erscheint ein solches For-
schungsprojekt eher nicht möglich, das unternehmensweit bei gewerblichen
und administrativen Zielgruppen umgesetzt wird.78 In Unternehmen B bildet
78 Mit der Bezeichnung ‘Ziel- bzw. Beschäftigungsgruppe’ werden im Folgenden gewerbliche und administrative Mitarbeiter unterschieden.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
169
eine Betriebsvereinbarung zur Qualifizierung die Grundlage des Projekts,
das sich auf gewerbliche Beschäftigte bezieht.
Gemäß des in Abschnitt 4.2 dargestellten Forschungsdesigns beinhaltet die
Vorgehensweise vier Phasen. Zur Bekanntmachung des Vorhabens und zur
Erhöhung der Akzeptanz wird eine intensive Informationsphase durchge-
führt. In Unternehmen A finden ca. 350 Gespräche und Präsentationsveran-
staltungen (Aufwand für ca. 3.500 Mitarbeiter und 100 Vorgesetzte) statt. In
der Analysephase werden berufsbiografische Daten von 48,9% der Be-
schäftigten (N=1.713) erhoben und Vorgesetzte (N=81) unterschiedlicher
Hierarchieebenen interviewt.79 80 Die Daten werden zurückgespiegelt und
auf dieser Basis in der Entwicklungsphase über 80 abteilungs-/ gruppen-
spezifische Workshops zur Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaß-
nahmen organisiert. Es können Ergebnisse aus 29 gewerblichen und 33
administrativen Bereichen in die vorliegende Arbeit einbezogen werden.81
Die Umsetzung der Maßnahmen liegt im Zuständigkeitsbereich des Unter-
nehmens bzw. der Fachbereiche und wird nach ca. 10 Monaten bewertet. In
der Evaluationsphase werden Interviews mit Vorgesetzten (n=48) zum Um-
setzungsstand der Maßnahmen und zum Nutzen der Vorgehensweise
(n=34) geführt,82 auch werden die Mitarbeiter um eine Stellungsnahme ge-
beten (n=627). In Unternehmen B finden ca. 25 einstündige Informations-
veranstaltungen (Aufwand für 210 gewerbliche Mitarbeiter und 10 Füh-
rungskräfte) statt. An der Analyse nehmen 68,0% (N=143) der gewerblichen
Mitarbeiter sowie Führungskräfte unterschiedlicher Hierarchieebenen
(N=10) teil. Die Entwicklungsphase umfasst 5 moderierte Workshops, an-
schließend liegt die Umsetzung der Konzepte im Verantwortungsbereich
79 Insgesamt werden 90 Interviews geführt, die Ergebnisse aus 81 Gesprächen werden einbe-zogen. 80 Die Daten werden im Zeitraum von Januar 2003 bis März 2005 erhoben. 81 Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, werden nur Bereiche/Abteilungen berücksich-tigt, in denen eine Evaluation durchgeführt werden konnte. 82 Die geringere Teilnehmerzahl im Vergleich zu der Entwicklungsphase kommt zustande, da einige Führungskräfte für zwei oder mehr Abteilungen bzw. Gruppen zuständig sind.
170
des Unternehmens. Die Evaluationsphase nach ca. 8 Monaten beinhaltet
die Erhebung des Umsetzungsstands und des Nutzens aus Sicht der Füh-
rungskräfte (n=5). Tabelle 14 zeigt die empirische Vorgehensweise im Ü-
berblick.
Tabelle 14: Überblick der empirischen Erhebungen in den Unternehmen
Phase Unternehmen A Unternehmen B Informati-on
Informationsveranstaltungen (ca. 350 Gespräche und Präsentationen)
Informationsveranstaltungen (ca. 25 Gespräche und Präsentationen)
Analyse
A) Bedarfsanalyse aus Sicht der Mit-arbeiter: Verteilung von ca. 3.500 Befragungs-leitfäden Verwendbare Datensätze: N=1.713 1.251 selbst ausgefüllte Bögen
333 Interviews 129 Online-Bögen
B) Bedarfsanalyse aus Sicht der Füh-rungskräfte Interviews auf unterschiedlichen Hie-rarchieebenen: N= 81 (76 Einzel- und 5 Gruppengespräche) C) Einsatz von Teiltätigkeitslisten zur Erarbeitung eines Qualifizierungs-konzepts D) Einsatz von Lernförderlichkeits-analysen in repräsentativen Berei-chen
A) Bedarfsanalyse aus Sicht der Mit-arbeiter: Verteilung von ca. 200 Befragungs-leitfäden Verwendbare Datensätze: N= 143
130 selbst ausgefüllte Bögen 13 Interviews
B) Bedarfsanalyse aus Sicht der Füh-rungskräfte Interviews auf unterschiedlichen Hie-rarchieebenen: N= 10
Entwick-lung
A) Datenrückmeldung (Survey-Feedback, Aushang, Flyer) B) 62 Workshops zur Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen (29 gewerbliche und 33 administrati-ve Bereiche) C) Erarbeitung eines Qualifizierungs-konzepts auf Basis von Teiltätigkeits-listen D) Maßnahmen zur Schaffung lern-förderlicher Arbeitsplatzbedingungen
A) Datenrückmeldung (Aushang, Flyer) B) 5 Workshops in gewerblichen Be-reichen zur Erarbeitung von Kompe-tenzentwicklungsmaßnahmen
Evaluation
A) Interviews mit Führungskräften zum Umsetzungsstand (n=48) und zum Nutzen der Vorgehensweise (n=34) B) Befragung der Mitarbeiter (n=627) C) Einsatz spezifischer Evaluations-instrumente (im Rahmen der Fallbei-spiele)
A) Interviews mit Führungskräften zum Umsetzungsstand der Maßnah-men und zum Nutzen der Vorge-hensweise (n=5)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
171
Der Schwerpunkt liegt auch im Folgenden auf gewerblichen Zielgruppen,
während die Ergebnisse aus administrativen Bereichen vorrangig zu Ver-
gleichszwecken dienen. Durch die Umsetzung in einem mittelständischen
Betrieb wird deutlich, dass sich die Vorgehensweise grundsätzlich übertra-
gen lässt.
4.4.1 Ergebnisse der Analysephase Um Kompetenzentwicklungsprozesse gezielt zu gestalten, wird in den Un-
ternehmen eine organisationsweite Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbei-
ter (Erhebung berufsbiografischer Daten, vorhandene Qualifikationen, Kom-
petenzen und Entwicklungsbedarf) sowie der Führungskräfte (Veränderun-
gen und Anforderungen) angestrebt. Dies steht nachfolgend im Vorder-
grund, da Teiltätigkeitslisten ebenso wie Lernförderlichkeitsanalysen in den
Fallstudien dargestellt sind und nur in Unternehmen A zur Anwendung
kommen. Um die Vorgehensweise zur Bedarfsanalyse aus Sicht der Praxis
bewerten zu können und repräsentative Daten zu erhalten, beinhaltet das
Forschungsdesign relevante Evaluationskriterien (vgl. Tabelle 9), die in
Verbindung mit der Ergebnisdiskussion zu überprüfen sind. So wird z. B. bei
den Führungskräften eine Beteiligung bzw. Mitwirkung unterschiedlicher
Hierarchieebenen als erforderlich erachtet. Die Zielsetzung liegt in der Ab-
leitung strukturierter Anforderungen, die in Verbindung mit dem Entwick-
lungsbedarf der Beschäftigten zur Erarbeitung von bedarfsgerechten Maß-
nahmen dienen. Um die Mitarbeiterorientierung zu gewährleisten, wird eine
Beteiligung von 50% der Beschäftigten angestrebt.
1) Beteiligung an der Analyse
Die Beteiligung der Führungskräfte an der Bedarfsanalyse lässt sich nicht
quantitativ bewerten, da die obersten Leitungsebenen in Unternehmen A
weitgehend nicht befragt werden können. Auf den mittleren Ebenen ist es
172
abhängig vom Vorgesetzten und der Abteilungsgröße, ob unterstellte Füh-
rungskräfte (Teamleiter, Meister usw.) einbezogen werden. Dies kann in
den meisten Fällen realisiert werden, so dass die Ergebnisse der Interviews
(N=81) ein relativ umfassendes Bild der betrieblichen Situation zeichnen. In
Unternehmen B nehmen am Standort alle gewerblichen Bereichsleiter und
Meister (N=10) an der Analyse teil. In beiden Betrieben ist die Akzeptanz
unterschiedlich ausgeprägt, was sich sowohl in der Analyse- als auch in der
Entwicklungs- und Evaluationsphase zeigt.
An der Bedarfsanalyse beteiligen sich in Unternehmen A 1.750 Mitarbeiter,
es können 1.713 Datensätze ausgewertet werden. Der gewünschte Rück-
lauf von 50,0% wird mit Blick auf die teilnehmenden Fachbereiche bzw. die
in Informationsveranstaltungen angesprochenen Mitarbeiter (insgesamt ca.
3.500) bei einer Quote von 48,9% nicht erreicht. In Unternehmen B nehmen
68,0% der gewerblichen Mitarbeiter an der Befragung teil. Somit ist die auch
Akzeptanz der Mitarbeiter differenziert einzustufen. Neben der Intensität der
Informationsphase spielen z. B .Vorgesetztenverhalten (geringe Unterstüt-
zung, keine Freistellung für Interviews usw.) oder Veränderungsdruck eine
Rolle.
Tabelle 15 beschreibt die betrachteten Zielgruppen. In Unternehmen A sind
zum Zeitpunkt der Erhebung ca. 2.000 Angestellte tätig.83 Da sich nicht alle
Fachbereiche beteiligen, werden ca. 1.500 Befragungsleitfäden ausgege-
ben, es kann ein Rücklauf von 47,1% erzielt werden. Damit beträgt der An-
teil administrativer Mitarbeiter in der Stichprobe 41,3% (n=707). In den ge-
werblichen Bereichen arbeiten zu Beginn der Analysen ca. 2.200 Beschäf-
tigte, die alle eingebunden werden. Es beteiligen sich 45,7% (n=1.006). In
der Stichprobe finden sich mehr Männer (66,3%), dies ist repräsentativ, da
der Frauenanteil in gewerblichen Bereichen des Unternehmens A insge-
83 Die Mitarbeiterzahlen basieren auf Unternehmensstatistiken zu Beginn des Vorhabens im Jahr 2002.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
173
samt geringer ist. Hinsichtlich des Durchschnittsalters und der Betriebszu-
gehörigkeit sind keine großen Abweichungen zwischen den Gruppen zu
verzeichnen.
Tabelle 15: Merkmale der untersuchten Zielgruppen
Unternehmen A administrative MA
Unternehmen A gewerbliche MA
Unternehmen B gewerbliche MA
Größe der Stichprobe (n) 707 1.006 143 ø Alter (Jahre) 38,82 38,83 38,99 ø Betriebszugehörigkeit 12,31 13,46 10,11 Weiblich/ Männlich (n) 308 398 338 667 53 90
2) Kompetenzentwicklung aus Sicht der Mitarbeiter
In Bezug auf Kompetenzentwicklung wird in der Literatur die Bedeutung so-
zialisatorischer Effekte angeführt (vgl. z. B. Kaltschmid, 1994), die sich u. a.
auf das Bildungsniveau beziehen. Ein Blick auf die schulische Ausbildung
der Beschäftigten in Unternehmen A und B zeigt, dass über die Hälfte der
Administrativen ein Fach-/Abitur besitzt, 10% der Befragten haben einen
Volks-/Hauptschulabschluss. Dieser liegt quasi spiegelbildlich bei 47% der
Gewerblichen vor, 10,0% haben ein Fach-/Abitur.84 Eine ähnliche Struktur
findet sich in Unternehmen B. Bei der formalen Berufsausbildung verfügt
knapp die Hälfte der administrativen Mitarbeiter (47%) über eine tätigkeits-
relevante Qualifikation oder einen (Fach-) Hochschulabschluss (35%). Hin-
gegen sind ca. 14% der gewerblich Beschäftigten beider Unternehmen oh-
ne Berufsqualifikation. Ein Großteil der Mitarbeiter hat eine fachfremde
Ausbildung, der Anteil von Facharbeitern beträgt in Unternehmen A ca. 40%
und in Unternehmen B ca. 32%.
Dies manifestiert sich beispielsweise in den von Mitarbeitern genutzten
Lernformen (vgl. Abbildung 63). In administrativen Bereichen stehen Be- 84 Differenz zu 100%=mittlere Reife / keine Angabe.
174
rufsausbildung und -erfahrungen im Vordergrund. Insbesondere formale be-
triebliche und private Weiterbildung stellt bei Angestellten stärker im Vor-
dergrund als bei gewerblichen Gruppen beider Unternehmen. Diese müs-
sen in der Praxis eher auf non-formale oder informelle Lernformen zurück-
greifen. Die Berufsausbildung ist weitgehend nur für Facharbeiter relevant.
Lernen erfolgt vorrangig durch Kollegen, aufgrund von Erfahrungen oder
selbstorganisierten Lernprozessen. In Unternehmen B werden die Vorge-
setzten häufiger angeführt, dies mag auf einen engeren Kontakt in dem mit-
telständischen Betrieb zurückzuführen sein. Auch die unterschiedliche Nut-
zung von Weiterbildung der PE-Abteilung (in Unternehmen B stärker be-
nannt) und abteilungsinterner Weiterbildung (in Unternehmen A häufiger
benannt) verweist auf betriebsspezifische Begebenheiten.
Abbildung 63: Lernformen im Vergleich (Unternehmen A und B)
Betrachtet man die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung, werden die
Unterschiede zwischen den Zielgruppen ebenfalls deutlich (vgl. Abbildung
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Gewerbliche MA (n=1.006)
Administrative MA (n=707)
Durch die Berufsausbildung
Selbstorganisiertes Lernen
Durch Kollegen
Durch Vorgesetzte
Erfahrungen aus täglicher Arbeit
Weiterbildung der PE-Abteilung
Abteilungsinterne Weiterbildung
Private Weiterbildung
CBT / WBT / E-Learning
Sonstiges Gewerbliche MA (n=143)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
175
64). So besuchen administrative Mitarbeiter im Schnitt 3,24 Maßnahmen,
inhaltlich liegen die Schwerpunkte auf der Fach- (31,2%), IT- (28,7%) und
Methodenkompetenz (18,7%). Weniger häufig werden Weiterbildungen im
Bereich der Fremdsprachen- (9,8%), Sozial- und Selbstkompetenz (5,6%)
besucht. Diese fallen bei gewerblichen Mitarbeitern des Unternehmen A
kaum ins Gewicht, die im Schnitt 2,17 Maßnahmen im Bereich der Fach-
(52,3%) und Methodenkompetenz (22,2%) absolvieren.
Abbildung 64: Vergleich der Teilnahme an formaler Weiterbildung gewerblicher
und administrativer Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt)
In Unternehmen B werden durchschnittlich 2,10 Maßnahmen besucht (vgl.
auch Abbildung 66), die vorwiegend fachlicher Art sind. Im Vergleich zu ge-
werblichen Gruppen des Unternehmens A sind systematische Schulungen
im methodischen Bereich nicht erkennbar, der Ausbau von IT-Kompetenz
Durchschnittl. 3,24 Angaben
Führungs-kompetenz
4,1%
Fremd-sprachen-kompetenz
9,8%
IT-Kompetenz28,7%
Sonstige1,9%
Fach-kompetenz
31,2%
Methoden-kompetenz
18,7%
Sozial- & Selbst-
kompetenz5,6%
Besuchte Weiterbildungsmaßnahmen administrativer Mitarbeiter (n=707)
Durchschnittl. 2,17 Angaben
IT-Kompetenz16,3%
Sozial- & Selbst-
kompetenz2,4%
Methoden-kompetenz
22,2%
Fach-kompetenz
52,3%
Führungs-kompetenz
0,7%
Fremd-sprachen-kompetenz
2,2%
Sonstige3,8%
Besuchte Weiterbildungsmaßnahmen gewerblicher Mitarbeiter (n=1.006)
176
ist unterrepräsentiert.85 Zusammenfassend heben die Analysen hervor,
dass administrative Mitarbeiter über einen besseren Zugang zu betrieblicher
Weiterbildung verfügen und vielfältigere Maßnahmen besuchen. Gewerbli-
che Zielgruppen haben ein geringeres Bildungsniveau und nehmen seltener
an formaler Weiterbildung teil, die sich weitgehend auf fachliche Inhalte be-
zieht. Im Arbeitsalltag muss auf non-formale oder informelle Lernformen zu-
rückgegriffen werden, die - wie das Fallbeispiel 3 hervorhebt (vgl. Abschnitt
4.3.3) - ein bestimmtes Tätigkeitsniveau erfordern, so dass für Gewerbliche
insgesamt weniger Lernmöglichen bestehen (vgl. Dehnbostel, Erbe & No-
vak, 1998; Berichtssystem Weiterbildung, 2005, S. 55f.). Daher ist es ein
wichtiges Element, den Entwicklungsbedarf aller Beschäftigungsgruppen zu
erfassen und zu berücksichtigen.
3) Entwicklungsbedarf der Beschäftigten
Die Betrachtung der von Mitarbeitern angeregten Maßnahmen soll zum ei-
nen Aufschluss geben, inwieweit die Reflexion über vorhandene Kompeten-
zen und aktuelle Tätigkeiten eine selbstorganisierte Bedarfsdefinition unter-
stützt. Zum anderen werden die Informationen benötigt, um zielgruppenge-
rechte Kompetenzentwicklungsmaßnahmen zu erarbeiten.
Wie sich zeigt, weicht der Bedarf zwischen den Zielgruppen sowohl quanti-
tativ als auch qualitativ voneinander ab (vgl. Abbildung 65). Administrative
Mitarbeiter generieren durchschnittlich 1,81 Angaben, inhaltliche Schwer-
punkte liegen auf der IT- (27,9%) und Fachkompetenz (22,0%). Darüber
hinaus werden Methoden- (18,9%), Fremdsprachen- (14,1%), Sozial- und
Selbstkompetenzen (9,6%) gefordert. Bei gewerblichen Mitarbeitern des
Unternehmen A finden sich im Schnitt 1,50 Angaben, bei denen es vorwie-
gend um den Ausbau von IT- (41,0%) und Fachkompetenz (32,7%) geht.
85 In Unternehmen A ist der Durchschnittswert besuchter Maßnahme auf die Betriebszugehö-rigkeit (vgl. Tabelle 15) zu beziehen, in Unternehmen B auf die letzten 5 Jahre.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
177
Die weiteren Facetten sind kaum benannt, wobei Fremdsprachenkompe-
tenz (8,9%) sogar häufiger gefordert wird als Methoden- (5,4%), Sozial- und
Selbstkompetenz (4,4%).
Abbildung 65: Vergleich des Entwicklungsbedarfs gewerblicher und administrativer
Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt)
In Unternehmen B liegt der von Mitarbeitern benannte Entwicklungsbedarf
im Schnitt unter einer Nennung (0,79)86 und bezieht sich neben fachlichen
Maßnahmen (36,0%) auf den Ausbau von IT-Kompetenz (24,3%). Im Weite-
ren wird die Methodenkompetenz (13,5%) benannt, die Kategorie Sonstiges
beinhaltet Maßnahmen zur Verbesserungen der Arbeitsbedingungen
(21,6%). Im Vergleich umfasst die bisher besuchte Weiterbildung haupt-
sächlich fachliche Maßnahmen (66,7%), die tendenziell nicht als Kompe-
tenzentwicklung im hier verstandenen Sinn gelten können. Der Ausbau von
Sozial- und Selbstkompetenz (10,9%) betrifft nur Gruppensprecher und
86 Fast die Hälfte der Befragten (45,4%) macht keine Angaben.
Entwicklungsbedarf nach Facetten administrativer Mitarbeiter (n=707)
Entwicklungsbedarf nach Facetten gewerblicher Mitarbeiter (n=1.006)
Durchschnittl. 1,50 Angaben Durchschnittl. 1,81 Angaben
Führungs-kompetenz
0,5%
Fremd-sprachen-kompetenz
8,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz4,4%
IT-Kompetenz41,0%
Fach-kompetenz
32,7%
Methoden-kompetenz
5,4%
Sonstige7,0%
Führungs-kompetenz
3,7%
Fremd-sprachen-kompetenz
14,1%
Fach-kompetenz
22,0%
IT-Kompetenz27,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz9,6%
Sonstige3,8%
Methoden-kompetenz
18,9%
178
ausgewählte Facharbeiter. Interessant ist, dass sich der Bedarf von der bis-
herigen Weiterbildung deutlich unterscheidet und künftig andere Facetten
im Vordergrund stehen (vgl. Abbildung 66).
Abbildung 66: Vergleich der besuchten Weiterbildungen und des Entwicklungsbe-
darf gewerblicher Beschäftigungsgruppen (Unternehmen B, N=143)
Als Fazit ist festzuhalten, dass die Entwicklungsschwerpunkte bei beiden
Zielgruppen und in beiden Unternehmen auf der IT- und Fachkompetenz
liegen. Angestellte fordern darüber hinaus den Ausbau von Methoden-,
Fremdsprachen-, Sozial- und Selbstkompetenz, so dass sich ein variableres
Bild ergibt. Interessant ist die Verschiebung von der Fach- zur IT-
Kompetenz in gewerblichen Bereichen, die sich sowohl in Unternehmen A
als auch in Unternehmen B zeigt. Hier ist jedoch aus den Ergebnissen ab-
zuleiten, dass die Tätigkeiten zum Zeitpunkt der Analysen keinen wesentli-
chen Entwicklungsbedarf auslösen oder die Beschäftigten diesen nicht
selbstorganisiert definieren können. Seitens der Vorgesetzten wird es posi-
tiv bewertet, dass der ‘fehlende’ Bildungsbedarf durch Vorschläge zur Opti-
Durchschnittl. 2,10 Angaben
Besuchte Weiterbildungsmaßnahmen gewerblicher Mitarbeiter
Entwicklungsbedarf nach Facetten gewerblicher Mitarbeiter
Durchschnittl. 0,79 Angaben
Fach-kompetenz
66,7%
IT-Kompetenz7,1%
Führungs-kompetenz
0,7%
Fremd-sprachen-kompetenz
3,7%
Sozial- & Selbst-
kompetenz10,9%
Methoden-kompetenz
5,6%
Sonstige5,2%
Sozial- & Selbst-
kompetenz1,8%
Methoden-kompetenz
13,5%
IT-Kompetenz24,3%
Fremd-sprachen-kompetenz
2,7%
Sonstiges/ Optimierung
21,6%Fach-
kompetenz36,0%
Kompetenzentwicklung in der Praxis
179
mierung der Arbeitsbedingungen ergänzt wird. Aus einer anderen Perspek-
tive kann ein Anteil von 45,4% von Mitarbeitern ohne Angaben nicht positiv
gesehen werden. In Unternehmen A benennen 33,1% der gewerblichen und
27,3% der administrativen Mitarbeiter keinen Entwicklungsbedarf. Es ist
nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass die aktuellen Qualifikationen
unzureichend sind. Jedoch ist eine differenzierte Sichtweise aufgrund der
Interviews mit den Führungskräften geboten, die vielfältige Veränderungen
aufzeigen. Diese Informationen sind offenbar nicht allen Mitarbeitern zu-
gänglich oder werden besonders in gewerblichen Bereichen nicht hinrei-
chend kommuniziert.
4) Definition von Anforderungen durch die Führungskräfte
In der Bedarfsanalyse werden die Vorgesetzten gebeten, Anforderungen an
die Beschäftigten oder Teams/Gruppen abzuleiten, die aus den Zielen und
Veränderungen der Organisationseinheiten resultieren. Zu diesem Zweck
wird der Interview-Leitfaden so aufgebaut, dass eine strukturierte Vorge-
hensweise unterstützt wird.
Wie sich zeigt, fordern Führungskräfte gewerblicher Bereiche des Unter-
nehmen A schwerpunktmäßig den Ausbau von Fachkompetenz (40,7%).
Daneben erlangen Methoden- (21,6%), Sozial- und Selbstkompetenz
(17,0%) einen hohen Stellenwert, geringer wird die Bedeutung der IT-
Kompetenz (13,9%) eingeschätzt. In administrativen Bereichen liegen die
Anforderungen vor allem auf der Methoden- (30,3%) und Fachkompetenz
(24,9%). Anschließend wird der Ausbau von IT- (16,4%), Fremdsprachen-
(12,3%) sowie Sozial- und Selbstkompetenz (11,7%) gefordert (vgl.
Abbildung 67). In Unternehmen B weisen die Anforderungen der Führungs-
kräfte an die gewerblichen Mitarbeiter Parallelen zu Unternehmen A auf. Die
Vorgesetzten erwarten vor allem den Ausbau von Fachkompetenz, daneben
sind Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen relevant. Anteilsmäßig ge-
180
ring wird IT-Kompetenz benannt, die Fremdsprachenkompetenz erscheint
kaum bedeutsam.
Abbildung 67: Vergleich der Anforderungen für gewerbliche und administrative
Zielgruppen aus Sicht der Führungskräfte (Unternehmen A, Ausschnitt)
Die Analysen machen in beiden Betrieben deutlich, dass sich zum Teil all-
gemein gehaltene Aussagen zur Fach- und Methodenkompetenz oder "so-
zial erwünschte" Anforderungen zur Sozial- und Selbstkompetenz finden,
wie etwa die Erhöhung von Flexibilität, Veränderungsbereitschaft oder
Teamfähigkeit. Auch weichen die Ergebnisse von dem von Mitarbeitern be-
nannten Entwicklungsbedarf deutlich ab. In administrativen Bereichen sind
die Differenzen weniger groß, hier werden lediglich Maßnahmen zum Aus-
bau der Methoden- und IT-Kompetenz nicht im gleichen Maße gefordert.
Hingegen wird in gewerblichen Bereichen in beiden Unternehmen nur der
Fachkompetenz eine ähnliche Bedeutung beigemessen. Während die Be-
schäftigten auf IT-Kompetenz fokussieren, sind nach Ansicht der Führungs-
kräfte methodische Kompetenzen auszubauen. Daneben werden verstärkt
Gesamt: 194 Angaben Gesamt: 317 Angaben
Anforderungen der Führungskräfte (n=25)an gewerbliche Zielgruppen
Anforderungen der Führungskräfte (n=56)an administrative Zielgruppen
Führungs-kompetenz
1,6%
Sonstige2,8%
IT-Kompetenz16,4%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,7%
Methoden-kompetenz
30,3%
Fach-kompetenz
24,9%
Fremd-sprachen-kompetenz
12,3%IT-Kompetenz13,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz17,0%
Fach-kompetenz
40,7%
Methoden-kompetenz
21,6%
Fremd-sprachen-kompetenz
4,1%Sonstige
2,6%
Kompetenzentwicklung in der Praxis
181
‘weiche’ Faktoren gefordert, die sich auf Facetten der Sozial- und Selbst-
kompetenz beziehen. Hier äußern die Mitarbeiter ebenso wie bei der Me-
thodenkompetenz wenig Bedarf, so dass die Ursachen der Divergenzen in
der Entwicklungsphase zu klären sind.
4.4.2 Ergebnisse der Entwicklungsphase Das Ziel der Entwicklungsphase liegt darin, bedarfsgerechte Maßnahmen
zu erarbeiten, die neben formaler Weiterbildung das Lernen im Prozess der
Arbeit berücksichtigen. Die Ergebnisse der Bedarfsanalyse werden ausge-
wertet, als Survey-Feedback (vgl. Gebert, 1995) zurückgespiegelt und in
Workshops diskutiert. Aufgrund der angestrebten Partizipation sollen so-
wohl Anforderungen von Führungskräften als auch Bedarfe der Mitarbeiter
in die Maßnahmengestaltung einfließen.
In Unternehmen A werden in 62 Workshops (29 in gewerblichen und 33 in
administrativen Bereichen) ca. 1.300 Maßnahmen diskutiert und weitgehend
konkretisiert.87 Abbildung 68 zeigt die Entwicklungsplanung strukturiert nach
Kompetenzfacetten. Inhaltlich geht es bei gewerblichen Gruppen vorrangig
um fachliche Aspekte (41,8%), gefolgt von Maßnahmen zum Ausbau der
IT-, (22,8%), Methoden- (14,5%), Sozial- und Selbstkompetenz (11,2%). In
administrativen Bereichen stehen IT- (28,5%) und Fachkompetenz (25,5%)
im Mittelpunkt. Dies entspricht eher dem Bedarf der Beschäftigten, da nach
Ansicht der Führungskräfte die Methodenkompetenz als wesentlich gilt (vgl.
die obigen Ausführungen). Die hierfür entwickelten Weiterbildungen umfas-
sen 20,1%. Während 11,5% der Maßnahmen den Ausbau von Sozial- und
Selbstkompetenz betreffen, sind 9,5% der Fremdsprachenkompetenz zuzu-
rechnen. Da die Gruppe der administrativen Mitarbeiter kleiner ist, fällt die
87 Alle Maßnahmen werden in einer Datenbank (vgl. den Ausschnitt in Abbildung 28) erfasst, die eine strukturierte Auswertung ermöglicht. Ebenso werden die Ergebnisse der Evaluation erfasst und ausgewertet, vgl. den folgenden Abschnitt.
182
Maßnahmenplanung nicht nur inhaltlich variabler aus, sondern ist insgesamt
umfangreicher als bei gewerblichen Zielgruppen.
Abbildung 68: Vergleich der geplanten Entwicklungsmaßnahmen für gewerbliche
und administrative Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt)
In Unternehmen B finden 5 Workshops zur Konkretisierung der Analyseer-
gebnisse statt. Betrachtet man die geplanten Maßnahmen für gewerbliche
Zielgruppen der Unternehmen A und B (vgl. Abbildung 69), finden sich Ü-
bereinstimmungen. In beiden Betrieben ist der Ausbau von fachlicher Kom-
petenz wesentlich (41,8% der Maßnahmen in Unternehmen A und 38,1% in
Unternehmen B). Weitere Parallelen zeigen sich bei der Priorisierung von
Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz. Lediglich der Anteil von Maß-
nahmen zur IT-Kompetenz ist in Unternehmen A höher (22,8% vs. 16,1%).
In dem mittelständischen Betrieb wird der EDV-Einsatz in der Produktion
erst mittelfristig ausgebaut. Ebenso werden in Unternehmen A mehr Maß-
nahmen zur Fremdsprachenkompetenz erarbeitet.
Führungs-kompetenz
2,9%
Fremd-sprachen-kompetenz
9,5%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,5%
IT-Kompetenz28,5%
Methoden-kompetenz
20,1%
Sonstige2,0%
Fach-kompetenz
25,5%
Gesamt: 685 Maßnahmen Gesamt: 611 Maßnahmen
Fach-kompetenz
41,8%IT-Kompetenz
22,8%
Führungs-kompetenz
0,6%
Fremd-sprachen-kompetenz
6,0%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,2%
Methoden-kompetenz
14,5%
Sonstige3,2%
Geplante Kompetenzentwicklungs-maßnahmen nach Facetten(gewerbliche Zielgruppen)
Geplante Kompetenzentwicklungs-maßnahmen nach Facetten(administrative Zielgruppen)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
183
Abbildung 69: Vergleich der geplanten Entwicklungsmaßnahmen für gewerbliche
Zielgruppen (Unternehmen A und B)
In der Entwicklungsphase werden die Themen nicht nur inhaltlich, sondern
auch hinsichtlich der Umsetzungsform konkretisiert. Die Zuständigkeit kann
in der Fachabteilung liegen, um die Maßnahmen (near oder on the job) zu
organisieren. Bei einer Verantwortlichkeit des Personalwesens bzw. der
Personalentwicklung handelt es sich eher um formale Weiterbildungen (off
the job). Bestimmte Maßnahmen sind zum Planungszeitpunkt erle-
digt/laufend oder lassen sich mit anderen Themen verbinden (Querverweis).
Für nicht konkretisierte Bedarfe wird keine entsprechende Maßnahme ent-
wickelt.88 Abbildung 70 veranschaulicht, dass in Unternehmen A ein Groß-
teil der Maßnahmen dezentral in den Fachabteilungen umzusetzen ist. Dies
betrifft gewerbliche Zielgruppen (47,6%) stärker als administrative (42,7%).
Die Tendenz geht offenbar nicht auf eine geringere Nutzung formal organi-
88 Die oben (vgl. Abschnitt 4.2.2) angesprochenen EDV-gestützten Lernformen finden sich in den beiden Betrieben kaum und werden vernachlässigt.
Gesamt: 685 Maßnahmen Gesamt: 118 Maßnahmen
Fach-kompetenz
41,8%IT-Kompetenz
22,8%
Führungs-kompetenz
0,6%
Fremd-sprachen-kompetenz
6,0%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,2%
Methoden-kompetenz
14,5%
Sonstige3,2%
Geplante Kompetenzentwicklungs-maßnahmen nach Facetten
(gewerbliche Zielgruppen, Unternehmen A)
Geplante Kompetenzentwicklungs-maßnahmen nach Facetten
(gewerbliche Zielgruppen, Unternehmen B)
Methoden-kompetenz
15,3%
Sozial- & Selbst-
kompetenz13,6%
T-Kompetenz16,1%
Führungs-kompetenz
0,8%
Fremd-sprachen-kompetenz
2,5%
Sonstige13,6%
Fach-kompetenz
38,1%
184
sierter Weiterbildung für gewerbliche Gruppen (31,1%) zurück, da der Anteil
in administrativen Bereichen etwa gleich ausgeprägt ist (30,0%). Gründe
liegen z. B. darin, dass Maßnahmen zur Methoden- und Sozialkompetenz
eher als formale Weiterbildungen zu organisieren sind, was für beide Ziel-
gruppen zutrifft.
Abbildung 70: Vergleich der geplanten Umsetzungsformen für gewerbliche und
administrative Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt)
In der Umsetzungsplanung für gewerbliche Zielgruppen des Unternehmens
B finden sich überwiegend Maßnahmen, die in den Fachabteilungen zu or-
ganisieren sind Abbildung 71. Im Vergleich zu Unternehmen A ist der Anteil
in Unternehmen B mit 51,7% geringfügig höher. Weiterbildungen des Per-
sonalwesens werden in Unternehmen A stärker genutzt und belaufen sich in
Unternehmen B auf 25,4% aller Maßnahmen. Dies hängt damit zusammen,
dass in der Verlagerung von Lernprozessen in die Arbeit eine ökonomische
Perspektive gesehen wird, kostengünstige Maßnahmen umzusetzen. Die
Gesamt: 685 Maßnahmen Gesamt: 611 Maßnahmen
Querverweis 3,4%
nicht konkretisiert
9,5%
Maßnahmen der Fach-abteilung
47,6%
erledigte/ laufende
Maßnahmen8,5%
Maßnahmen des Personal-
wesens31,1%
erledigte/ laufende
Maßnahmen10,6%
Maßnahmen der Fach-abteilung
42,7%
Querverweis 5,6%
nicht konkretisiert
11,1% Maßnahmen des Personal-
wesens30,0%
Geplante Umsetzungsformen der Kompetenzentwicklungsmaßnahmen
(gewerbliche Zielgruppen)
Geplante Umsetzungsformen der Kompetenzentwicklungsmaßnahmen
(administrative Zielgruppen)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
185
Notwendigkeit ist in dem mittelständischen Betrieb höher, da die Bildungs-
budgets gesenkt wurden.
Abbildung 71: Vergleich der geplanten Umsetzungsformen für gewerbliche
Zielgruppen (Unternehmen A und B)
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Entwicklungsplanung für ad-
ministrative Mitarbeiter Facetten der IT-, Fach- und Methodenkompetenz
beinhaltet, während bei gewerblichen Gruppen in beiden hier betrachteten
Unternehmen die Fachkompetenz im Vordergrund steht. Bei der Organisa-
tion der Maßnahmen sind verstärkt die Fachabteilungen zuständig. Mit Blick
auf die verschiedenen Kompetenzfacetten betrifft dies nach der vorliegen-
den Studie unabhängig von der Zielgruppe insbesondere den Ausbau von
Fach-, Selbst- und IT-Kompetenz. Hingegen ist die Förderung von Metho-
den-, Sozial- und Fremdsprachenkompetenz eher im Zuständigkeitsbereich
Gesamt: 685 Maßnahmen Gesamt: 118 Maßnahmen
Geplante Umsetzungsformen der Entwicklungsmaßnahmen
(gewerbliche Zielgruppen, Unternehmen 1)nicht
konkretisiert3,4%Querverweis
auf anderes Thema12,7%
Maßnahmen der Fach-abteilung
51,7%
erledigte/ laufende
Maßnahmen6,8%
Maßnahmen des Personal-
wesens25,4%
Geplante Umsetzungsformen der Entwicklungsmaßnahmen
(gewerbliche Zielgruppen, Unternehmen 2)
Querverweis 3,4%
nicht konkretisiert
9,5%
Maßnahmen der Fach-abteilung
47,6%
erledigte/ laufende
Maßnahmen8,5%
Maßanhmen des Personal-
wesens 31,1%
186
des Personalwesens bzw. der Personalentwicklung angesiedelt und durch
formale Weiterbildung zu unterstützen.89
4.4.3 Evaluation betrieblicher Kompetenzentwicklungsprozesse Mitarbeiterorientierte Analysen sind ebenso wie (partizipative geplante)
Entwicklungsmaßnahmen als Investition anzusehen, die sich im Wesentli-
chen rechnen, wenn eine Umsetzung erfolgt und sich die intendierten Wir-
kungen entfalten können. Eine Evaluation soll hierüber Aufschluss geben.
Da die Ergebnisse der Teiltätigkeitslisten und Lernförderlichkeitsanalysen in
den Fallstudien anhand spezifischer Instrumente bewertet wurden, geht es
um die auf Basis von Bedarfsanalysen entwickelten Konzepte, die nach ca.
10-12 Monaten durch Führungskräfte-Interviews evaluiert werden.
1) Umsetzungsstand
In Unternehmen A werden 48 Führungskräfte interviewt, als Gesprächsleit-
faden dienen die abteilungs- bzw. gruppenbezogenen Entwicklungspläne,
die entsprechend erweitert werden. Zu jeder Einzelmaßnahme sollen neben
dem Status (umgesetzt, in Bearbeitung, nicht umgesetzt) spezifische Er-
folgskriterien definiert oder Gründe benannt werden, die eine Umsetzung
bislang verhindern. Zur Unterstützung der Nachhaltigkeit werden die Vorge-
setzten in diesen Fällen um eine neue Terminplanung gebeten.90
In Unternehmen A (vgl. Abbildung 72) sind in gewerblichen Bereichen 114
Maßnahmen in Bearbeitung (16,6%) und 158 umgesetzt (23,1%). Diese
89 Eine Ausnahme zeigt sich in Unternehmen B, da Maßnahmen zum Ausbau der Methoden-kompetenz in den Fachabteilungen zu organisieren sind. Bedingt durch Kosteneinsparungen besteht ein größerer Handlungsbedarf, das Lernen in die Arbeitsprozesse zu verlagern. 90 Die benannten Gründe können nicht systematisch ausgewertet werden, da es sich um qua-litative Angaben handelt. Auch kann nicht überprüft werden, ob die Umsetzung zu einem spä-teren Zeitpunkt erfolgt. Daher wird den Verantwortlichen die ergänzte Dokumentation zur Fort-schreibung der Planung zur Verfügung gestellt.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
187
lassen sich vorwiegend der Fach- (43,8%) und der IT-Kompetenz (20,7%)
zuordnen. In administrativen Bereichen sind ebenfalls vorrangig Maßnah-
men zur Fach- (35,1%) und IT-Kompetenz (27,7%) realisiert. Die Evaluation
ergibt einen Umsetzungsstand von 41,9%, dabei gelten 187 Maßnahmen
als erledigt (30,6%), 69 sind in Bearbeitung (11,3%).
Abbildung 72: Umgesetzte Maßnahmen (Unternehmen A, Ausschnitt)
In Unternehmen B verdeutlicht die Evaluation einen Umsetzungsstand von
27,1% der Maßnahmen für gewerbliche Zielgruppen, 5,9% sind zum Befra-
gungszeitpunkt in Bearbeitung (vgl. Abbildung 73). Die Aktivitäten beziehen
sich vorwiegend auf fachliche Themen (35,9%) sowie auf Maßnahmen zur
IT- (23,1%) und Methodenkompetenz (17,9%). Formale Weiterbildungen
sind kaum umgesetzt (15,8%), die Schulungen werden weitgehend in den
Fachabteilungen organisiert (84,2%).
Umgesetzte Entwicklungsmaßnahmennach Kompetenzfacetten(gewerbliche Zielgruppen)
Umgesetzte Entwicklungsmaßnahmennach Kompetenzfacetten
(administrative Zielgruppen)
Methoden-kompetenz
16,3%
Sozial- & Selbst-
kompetenz10,1%
IT-Kompetenz20,7%
Fremd-sprachen-kompetenz
6,5%Führungs-kompetenz
0,4%
Sonstige2,2%
Fach-kompetenz
43,8%
Führungs-kompetenz
2,7%
Fremd-sprachen-kompetenz
13,3%
Methoden-kompetenz
17,0%
Sozial- & Selbst-
kompetenz3,2%
IT-Kompetenz27,7%
Sonstige1,1%
Fach-kompetenz
35,1%
272 Maßnahmen158 umgesetzt / 114 in Bearbeitung
256 Maßnahmen187 umgesetzt / 69 in Bearbeitung
188
Abbildung 73: Umgesetzte Maßnahmen bei gewerblichen Zielgruppen
(Unternehmen B)
Inhaltliche Schwerpunkte der Umsetzung zeigen bei beiden Zielgruppen
und in beiden Unternehmen auf den Facetten Fach-, IT- und Methoden-
kompetenz. Hinsichtlich der quantitativen Dimensionen werden die Unter-
schiede zwischen den Beschäftigungsgruppen nicht sofort ersichtlich, je-
doch sind die Umsetzungsprozesse in administrativen Bereichen umfang-
reicher, da die Zielgruppe kleiner ist und mehr Maßnahmen erledigt sind.
Inwieweit die ermittelten Kennzahlen positiv sind, kann nicht gesamthaft be-
urteilt werden, da keine Vergleichswerte (z. B. umgesetzte Maßnahmen vor
dem Projekt / für einen vergleichbaren Zeitraum) vorliegen. Aus einer analy-
tischen Perspektive ist die Evaluation in diesem Punkt nicht zufriedenstel-
lend. Das Ergebnis wird in Unternehmen B von den Verantwortlichen positiv
bewertet, da systematische Bedarfsanalysen sowie darauf basierende
Kompetenzentwicklungsprozesse in gewerblichen Bereichen bislang ver-
nachlässigt wurden und von einer deutlichen Verbesserung auszugehen ist.
Methoden-kompetenz
17,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz15,4%
IT-Kompetenz23,1%
Fremd-sprachen-kompetenz
2,6%Führungs-kompetenz
2,6%
Sonstige2,6%
Fach-kompetenz
35,9%
Umgesetzte Formen der Entwicklungsmaßnahmen
Umgesetzte Entwicklungsmaßnahmennach Kompetenzfacetten
39 Maßnahmen: 32 umgesetzt / 7 in Bearbeitung
Maßnahmen der Fach-abteilung
84,2%
Maßnahmen des Personal-
wesens15,8%
Kompetenzentwicklung in der Praxis
189
Auch in Unternehmen A betonen die Führungskräfte und das Personalma-
nagement bzw. die betrieblichen Vertreter der Expertengruppe die langfris-
tige Dimension der entwickelten Maßnahmen und deren Umsetzung sowie
die strategische Bedeutung der angestoßenen Prozesse. Unter ökonomi-
schen Aspekten ist festzustellen, dass die Führungskräfte den umgesetzten
Maßnahmen nicht immer direkte Wirkungen zuordnen (können). So werden
diese mit sehr gut oder gut bzw. als erfolgreich oder weniger erfolgreich
bewertet. Die formulierten Kriterien beziehen sich weitgehend auf qualitative
Aspekte, so dass sich die Ergebnisse nicht systematisch auswerten und
diskutieren lassen. Die Problematik des Bildungscontrolling bzw. der Wei-
terbildungsevaluation wird in dem theoretischen Teil angesprochen (vgl.
Abschnitt 3.5.2) und stellt kein spezifisches Phänomen dieser Studie dar.
Auch - aber nicht nur - unter diesem Blickwinkel ist es bedeutsam, dass die
Beteiligten der methodischen Vorgehensweise einen Nutzen beimessen,
um die Bedarfsanalysen und die partizipative Entwicklungsplanung in den
Unternehmen als kontinuierlichen Ansatz zu implementieren. Zur Untersu-
chung dieser Aspekte werden Führungskräfte und Mitarbeiter um eine Be-
wertung der Vorgehensweise gebeten, deren Ergebnisse im Anschluss dar-
gestellt sind.
2) Bewertung durch die Führungskräfte
Die Evaluation im Rahmen von Führungskräfte-Interviews bezieht sich auf
1) eine weiterführende Umsetzungs- bzw. Qualifizierungsplanung, da die
Maßnahmen zielgruppenspezifisch definiert werden und ggf. weiter herunter
zu brechen sind. Daneben geht es um die 2) Nutzbarkeit der Ergebnisse
aus der Entwicklungsphase (auch wenn z. B. keine detaillierte Umset-
zungsplanung erfolgt), die 3) Zweckmäßigkeit des beteiligungsorientierten
Ansatzes unter Einbezug von Personalwesen, Betriebsrat und Mitarbeiter
sowie um die 4) Durchführung von weiteren Workshops. Abschließend wer-
den die Führungskräfte gebeten 5) eine mögliche Steigerung der Effektivität
190
Ja Nein Begründung: 1. Wurde eine weiterführende (individuelle) Umset-
zungs-/ Qualifizierungsplanung erstellt?
2. Konnten die in der Entwicklungsphase erarbeiteten Ergebnisse (Entwicklungspläne) genutzt werden?
3. Ist die angewandte Form der beteiligungsorientier-ten Vorgehensweise zur Entwicklungsplanung sinnvoll?
4. Werden Sie in der nächsten Planungsperiode er-neut einen Workshop durchführen?
5. Hat sich die Effektivität durch umgesetzte Maß-nahmen erhöht (z. B. Erreichung von Abteilungs-zielen)?
hoch mittel gering 6. Wie beurteilen Sie den Gesamtnutzen der Vorge-
hensweise für Ihren Bereich/ Abteilung/ Gruppe?
der Abteilung durch umgesetzte Maßnahmen sowie den 6) Gesamtnutzen
der Vorgehensweise zu beurteilen (vgl. Abbildung 74).
Abbildung 74: Interview-Leitfaden zur Bewertung der Vorgehensweise
aus Sicht der Vorgesetzten
Die Evaluation wird in beiden Unternehmen durchgeführt, es nehmen 39
Führungskräfte (Unternehmen A, n=34, Unternehmen B, n=5) an den struk-
turierten Kurzinterviews teil. Zur Interpretation der Ergebnisse werden Füh-
rungskräfte gewerblicher (n=23) und administrativerer (n=16) Bereiche un-
terschieden. Abbildung 75 macht deutlich, dass eine detaillierte Umset-
zungsplanung vorwiegend in administrativen Abteilungen erstellt wird
(93,8%). In gewerblichen Bereichen sind in der Regel keine individuellen
Maßnahmen vorgesehen (30,4%), die im Ergebnis der Entwicklungsphase
erstellten Maßnahmenpläne werden jedoch überwiegend weiter genutzt
(65,2%). Die beteiligungsorientierte Entwicklungsplanung wird in administra-
tiven Abteilungen von 68,8% und in gewerblichen Bereichen von 47,8% der
Führungskräfte positiv beurteilt. Die Kritik bezieht sich u. a. auf den Auf-
wand. Dennoch ist die Durchführung weiterer Workshops in administrativen
Kompetenzentwicklung in der Praxis
191
Abteilungen weniger relevant (43,8%), während 52,2% der Führungskräfte
gewerblicher Bereiche eine Fortsetzung anstreben.
Abbildung 75: Bewertung der Vorgehensweise durch Führungskräfte gewerblicher
(n=23) und administrativer Bereiche (n=16)
Eine erhöhte Effektivität der Abteilung bzw. der Gruppe sehen 17,4% der
Befragten. 35,9% machen keine Angaben oder verweisen darauf, dass (bis-
lang) keine Beurteilung möglich ist (23,1%).91 Neben dem zum Teil länger-
fristigen Wirkungshorizont spielt der tatsächliche Umsetzungsstand der
Maßnahmen eine Rolle, der nicht in allen Bereichen gleich ausgeprägt ist.
Vielmehr ist in einigen Abteilungen oder Gruppen davon auszugehen, dass
wenige bzw. keine Maßnahmen durchgeführt wurden, wobei die Akzeptanz
der Vorgesetzten offenbar eine wesentliche Rolle spielt. Abschließend wird
der Gesamtnutzen (vgl. Abbildung 76) von Führungskräften administrativer
Abteilungen vorwiegend als "mittel" eingeschätzt (56,2%), 25,0% der Be-
fragten sehen einen hohen Nutzen. In kleineren Abteilungen gilt der Ansatz
als zu wenig individuell. Problematisch ist eine Überschneidung mit anderen
91 Differenz zu 100,0%=nicht befragte Führungskräfte in Unternehmen B.
52,2
47,8
65,2
30,4
43,8
68,8
62,5
93,8
0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0
ja (gewerblich) ja (administrativ)
Konnten die in der Entwicklungsphase erarbeiteten Ergebnisse genutzt werden?
Ist die angewandte Form der beteiligungsorientierten
Entwicklungsplanung sinnvoll?
Werden Sie in der nächsten Planungsperiode wieder einen
Workshop durchführen?
Wurde eine (individuelle) Umsetzungsplanung vorgenommen?
192
Instrumenten wie z. B. Mitarbeitergespräch oder bisherigen Personalent-
wicklungsaktivitäten. Dennoch ist die Ausprägung eines geringen Nutzens
niedriger (12,5%) als in gewerblichen Bereichen (30,4%). Hier sehen 39,1%
der Vorgesetzten einen mittleren Nutzen, 26,1% bewerten diesen als hoch.
Abbildung 76: Gesamtnutzen aus Sicht von Führungskräften gewerblicher (n=23)
und administrativer Bereiche (n=16)
Aufgrund der mehrfach angesprochenen Schwierigkeiten bei der Implemen-
tierung des Kompetenzentwicklungsansatzes ist es positiv zu bewerten,
wenn jeweils ein Viertel der befragten Führungskräfte einen hohen Nutzen
in der Vorgehensweise sieht. Insbesondere da betriebliche Kompetenzent-
wicklung (in gewerblichen Bereichen) keine Selbstverständlichkeit ist, die
Umsetzung von den Verantwortlichen nicht immer konsequent vorangetrie-
ben wird und eine direkte Erfolgsbewertung der Maßnahmen oft nicht mög-
lich ist. Dabei werden die Umsetzungsprozesse auch von dem Engagement
der Beschäftigten getragen, sich aktiv mit (ihrer) Weiterbildung und Kompe-
tenzentwicklung auseinanderzusetzen, an der Optimierung der eigenen Ar-
beitsbereiche mitzuwirken und dies bei ihren Vorgesetzten einzufordern.
mittel56,2%
niedrig12,5%
keine Angabe6,3%
hoch25,0%
mittel39,1%
niedrig30,4%
keine Angabe4,3%
hoch26,1%
Gesamtnutzen der Vorgehensweise in in administrativen Abteilungen / Gruppen
Gesamtnutzen der Vorgehensweise ingewerblichen Abteilungen / Gruppen
Kompetenzentwicklung in der Praxis
193
Hierbei erscheint der Nutzen aus Sicht der Mitarbeiter ausschlaggebend,
der durch eine Befragung eruiert werden soll.
3) Bewertung durch die Mitarbeiter
In einer freiwilligen, schriftlichen und anonymen Erhebung werden die Mit-
arbeiter gebeten, das Kompetenzentwicklungsvorhaben und die erzielten
Ergebnisse zu bewerten. Der standardisierte Fragebogen (siehe Anhang C)
ist so aufgebaut, dass er von den Beteiligten selbstständig ausgefüllt wer-
den kann, die Fragen sind anhand einer Vierer-Skala zu beantworten. Die
Befragung soll zum einen verdeutlichen, wie sich die Beschäftigten an dem
Projekt beteiligt haben und ob eine ausreichende Informationsbasis (z. B.
Hintergründe des Projekts, Bedeutung und Ziele von Kompetenzentwick-
lung im betrieblichen Kontext) vorliegt. Zum anderen geht es um den Nut-
zen der Entwicklungsmaßnahmen und der Vorgehensweise für den Einzel-
nen sowie die Abteilung oder Gruppe.
Die Ergebnisse können in der vorliegenden Arbeit nur für Unternehmen A
vorgestellt werden, es beteiligen sich 627 Mitarbeiter. Dies entspricht einem
Rücklauf von 17,9%, legt man die 3.500 Beschäftigten zugrunde, die in der
Informationsphase angesprochen werden bzw. an der Bedarfsanalyse teil-
nehmen konnten. Die Stichprobe umfasst 41,0% weibliche sowie 52,6%
männliche bzw. 17,6% administrative und 65,1% gewerbliche Mitarbeiter.92
Während 64,4% der Befragten an der Bedarfsanalyse mitwirken, können
nur 14,2% an den Workshops in der Entwicklungsphase teilnehmen. 25,0%
der Mitarbeiter geben an, sich nicht beteiligt zu haben.93 Im Weiteren enthält
Abbildung 77 ausgewählte Befragungsergebnisse, die für die vorliegende
Arbeit relevant sind. Zunächst wird die Informationsvermittlung erfasst, die
92 Differenz zu 100,0% (auch im Weiteren) = keine Angabe. 93 Mehrfachnennungen möglich.
194
als wesentlich gilt, um den Kompetenzentwicklungsansatz zu verankern.
Obwohl Tabelle 14 die Intensität der Informationsphase aufzeigt, können
nicht alle Mitarbeiter ausreichend informiert werden. 55,0% der Befragten
beantworten die Frage mit "eher nein/nein". Dennoch geben nur 15,6% an,
sich selbst Informationen beschafft zu haben, was auf eine (zu) geringe Ei-
geninitiative, einen fehlenden Zugang zu Informationen oder mangelndes
Interesse schließen lässt.
Ein wichtiges Ergebnis des Vorhabens stellen die in Workshops erarbeite-
ten Kompetenzentwicklungsmaßnahmen dar. Wie sich zeigt, sind nur weni-
ge Mitarbeiter aktiv in die Entwicklungsphase eingebunden. Somit stellt sich
die Frage, ob die Beschäftigten den Entwicklungsplan ihrer Abteilung bzw.
Gruppe kennen.94 Dies ist bei 34,1% der hier erfassten Personen der Fall,
die 11,3% mit der Angabe "eher ja" können tendenziell hinzugerechnet wer-
den. Auf dieser Basis wird im Weiteren eine Beurteilung möglich, inwiefern
die angeregten und umgesetzten Maßnahmen für den eigenen Arbeitsbe-
reich nützlich sind. Hierbei sind auch Maßnahmen zu berücksichtigen, an
denen Kollegen teilgenommen haben. Da nicht alle Beteiligten die Entwick-
lungsplanung kennen, machen 29,4% keine Angabe. Während 36,6% die
Maßnahmen als nützlich einschätzen (ja/eher ja), sind 33,9% der Befragten
nicht dieser Ansicht. Abschließend wird der Gesamtnutzen der Vorgehens-
weise von 10,7% als hoch bzw. von 27,4% als eher hoch eingestuft. Knapp
die Hälfte der Befragten gibt keine zustimmende Bewertung ab und sieht
eher keinen (27,8%) bzw. keinen hohen Nutzen (21,7%). Auch sind nur
31,8% der befragten Mitarbeiter der Meinung, dass ihnen das Thema Kom-
petenzentwicklung näher gebracht wurde.
94 Insbesondere in gewerblichen Bereichen kann nur ein geringer Anteil der Mitarbeiter an den Workshops zur Erarbeitung von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen teilnehmen. Anschlie-ßend ist es die Aufgabe der Führungskräfte, die Ergebnisse in den Gruppen zu kommunizie-ren und die Umsetzung vorzunehmen.
Kompetenzentwicklung in der Praxis
195
Abbildung 77: Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung (Unternehmen A, n=627)
Als Fazit ist festzuhalten, dass die Bewertung der Informationsgrundlage
und des Gesamtnutzens der Vorgehensweise kritisch ausfällt. Obschon die
mangelnde Eigenaktivität (oder Selbstorganisationsfähigkeit) nicht außer
Acht gelassen werden darf, sind Gründe für dieses Ergebnis herauszuarbei-
ten. Hinsichtlich des Informationsstands können beispielsweise Unterschie-
de zwischen den Zielgruppen vermutet werden. Dies kann nicht bestätigt
werden, da 43,6% der Administrativen und 38,0% der Gewerblichen die In-
formationsgrundlage positiv (ja/eher ja) bewerten. Allerdings geben Admi-
nistrative eine höhere Bereitschaft an, selbst aktiv zu werden und sich In-
formationen zu beschaffen. Vergleicht man im Weiteren den Gesamtnutzen
der Vorgehensweise, sind die positiven Aussagen (vgl. Abbildung 78) etwa
gleich verteilt: 40,2% der gewerblichen Mitarbeiter sehen einen hohen bzw.
eher hohen Nutzen, dieser Anteil beträgt bei den Administrativen 42,4%.
Hingegen bewerten 49,0% der gewerblichen und 53,1% der administrativen
Mitarbeiter die Vorgehensweise (eher) negativ.
9,9%
10,7%
16,6%
34,1%
7,8%
10,5%
21,9%
20,0%
11,3%
8,3%
27,0%
28,2%
17,3%
17,2%
21,7%
31,6%
28,1%
21,7%
16,6%
28,5%
48,2%
23,4%
12,0%
12,4%
29,4%
8,8%
7,5%
27,4% 27,8%
14,0%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
ja eher ja eher nein nein keine Angabe
Ich habe mir selbst Informationen beschafft
Es wurde eine ausreichende Informationsgrundlage geschaffen
Der Entwicklungsplan für meinen Bereich ist mir bekannt
Die durch das Projekt angeregten Maßnahmen sind nützlich
Den Gesamtnutzen der Vor-gehensweise schätze ich hoch ein
Das Thema Kompetenzent-wicklung wurde mir näher gebracht
196
Abbildung 78: Vergleich des Gesamtnutzen gewerblicher und administrativer
Mitarbeiter (Unternehmen A, n=518)
Die Vermittlung der Bedeutung von Kompetenz und den Besonderheiten
von Kompetenzentwicklung stellen eine wichtige Grundlage für systema-
tisch geplante und stärker selbstorganisierte Lernprozesse dar. Hierfür
müssen die Beschäftigten wissen, welche Entwicklungsschwerpunkte rele-
vant sind, welche (Lern-) Möglichkeiten bestehen und wie sie genutzt wer-
den können. Diese Informationen sind in den abteilungs- bzw. gruppenspe-
zifischen Maßnahmenplänen gebündelt.
Hierzu legt Abbildung 79 dar, dass sich die Zufriedenheit mit informatori-
schen Aspekten erhöht, wenn die Mitarbeiter an der Entwicklungsplanung
beteiligt sind bzw. diese kennen. 58,6% der Befragten geben an, dass eine
ausreichende Informationsgrundlage geschaffen wurde, nicht zustimmend
äußern sich 38,6%. Dieser Anteil liegt bei Beschäftigten, die keinen Einblick
in den Entwicklungsplan ihres Bereichs haben, bei 76,6%. Eine ausreichen-
de Informationsgrundlage sehen hingegen nur 20,2%.
Hoher Gesamtnutzen der Vorgehensweise (gewerbliche Mitarbeiter, n=408)
Hoher Gesamtnutzen der Vorgehensweise(administrative Mitarbeiter, n=110)
nein25,5%
keine Angabe
5,5%ja
12,7%
eher ja29,1%
eher nein27,3%
keine Angabe10,8%
ja10,3%
eher ja29,9%
nein18,4%
eher nein30,6%
Kompetenzentwicklung in der Praxis
197
Zur Erläuterung des Sachverhalts ist darauf zu verweisen, dass die Präsen-
tationen in der Informationsphase und die Analysen (z. B. Ausfüllen des Be-
fragungsleitfadens zur Bedarfsanalyse) teilweise als abstrakt oder theore-
tisch empfunden werden. Hingegen stellt der Entwicklungsplan ein an-
schauliches Ergebnis dar.
Abbildung 79: Bewertung der Informationsgrundlage von Mitarbeitern, die den
Entwicklungsplan kennen bzw. nicht kennen (Unternehmen A, n=572)
Der Nutzen der Vorgehensweise wird insbesondere von Mitarbeitern positiv
bewertet, die an Maßnahmen teilnehmen konnten. Abbildung 80 veran-
schaulicht, dass in dieser Gruppe 69,9% der Befragten von einem hohen
bzw. eher hohen Nutzen ausgehen. Diese Zustimmung findet sich nur bei
34,0% der Mitarbeiter, die keine Maßnahme absolviert haben.
eher nein27,0%
keine Angabe
2,8% ja15,8%
eher ja42,8%
nein11,6%
eher nein39,7%
nein36,9%
keine Angabe
3,1%ja
6,3%eher ja13,9%
Ausreichende Informationsgrundlage(Kenntnis des Entwicklungsplans, n=285)
Ausreichende Informationsgrundlage (keine Kenntnis des Entwicklungsplans, n=287)
198
Abbildung 80: Bewertung des Gesamtnutzens von Mitarbeitern, die an Maßnah-
men teilgenommen bzw. nicht teilgenommen haben (Unternehmen A, n=627)
Abschließend wird deutlich, dass die absolvierten Maßnahmen von den Mit-
arbeitern positiv bewertet werden. 58,1% der Befragten (n=74) sehen diese
als hilfreich bzw. positiv (eher positiv=29,7%) für die Arbeit an. Diese Form
der Selbstevaluation ist auszubauen und systematisch mit den Zielen der
Abteilungen oder Gruppen in Bezug zu bringen, zu deren Erreichung die
Maßnahmen in aller Regel beitragen sollen (vgl. Weiß, 2002). Dies macht
intensivere Abstimmungsprozesse erforderlich, als in vielen Bereichen er-
kennbar wird, so dass dieser Aspekt in der Diskussion (vgl. Abschnitt 5.1)
erneut aufzugreifen ist.
4.5 Schlussfolgerungen Die vorherigen Abschnitte beschreiben die Vorgehensweise und Ergebnisse
eines praxisorientierten Kooperationsprojekts zur Analyse, Gestaltung und
Evaluation betrieblicher Kompetenzentwicklungsprozesse bei gewerblichen
Mitarbeitern bzw. in zwei Unternehmen bei verschiedenen Beschäftigungs-
keine Angabe
2,7%
eher nein21,6%
ja20,3%
eher ja48,6%
nein6,8%
nein23,7%
keine Angabe13,7%
ja9,4%
eher ja24,6%
eher nein28,6%
Hoher Gesamtnutzen der Vorgehensweise(Teilnahme an Maßnahmen, n=74)
Hoher Gesamtnutzen der Vorgehensweise (keine Teilnahme an Maßnahmen, n=553)
Kompetenzentwicklung in der Praxis
199
gruppen. Zunächst verdeutlichen die Fallbeispiele des Unternehmens A die
Notwendigkeit eines strukturierten Vorgehens, das Kommunikations- sowie
Informationsprozesse erfordert. Die Implementierung stößt auf Widerstände,
die angestrebte Partizipation kann nicht konsequent gewährleistet werden.
Die Entwicklungserfordernisse der Mitarbeiter und deren Beteiligung an der
Maßnahmenplanung werden nur ansatzweise berücksichtigt (Fallbeispiel 1).
An der Erstellung von Teiltätigkeitslisten (Fallbeispiel 2) sind die Mitarbeiter
nicht beteiligt, der höchste Einbindungsgrad lässt sich durch den Einsatz
von Lernförderlichkeitsanalysen (Fallbeispiel 3) erzielen. Als kritisch erweist
sich weiterhin die Umsetzung erarbeiteter Maßnahmen. Dies gelingt im We-
sentlichen, wenn tiefer greifende Veränderungen anstehen und/oder die
Führungskräfte mittel- und langfristige Entwicklungsstrategien verfolgen
bzw. die Notwendigkeit erkennen. Handlungsbedarf besteht nicht zuletzt bei
einigen Beschäftigungsgruppen darin, deren Verständnis für die Bedeutung
selbstorganisierter Kompetenzentwicklung zur Sicherung der eigenen
Employability auszubauen.
In diesem Zusammenhang wird in den zuvor diskutierten Unternehmens-
studien deutlich, dass die Akzeptanz des Vorhabens - gemessen an der Be-
teiligung - sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Führungskräften variiert. Die
Analysen heben hervor, dass sich administrativen Mitarbeitern bessere
Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung bieten und sie eher in der Lage
sind, ihren Entwicklungsbedarf zu formulieren. Gewerbliche Gruppen haben
geringere Lernchancen in der Arbeit und einen erschwerten Zugang zu for-
malisierter Weiterbildung. Die bislang absolvierten Maßnahmen beziehen
sich bei diesen Zielgruppen in beiden Unternehmen weitgehend auf fachli-
che Themen. Inwiefern jährliche Arbeitssicherheitsschulungen als Weiterbil-
dung anzusehen sind, ist fraglich. Betrachtet man den Entwicklungsbedarf,
so steht aus Sicht der Mitarbeiter der Ausbau von IT- und Fachkompetenz
im Vordergrund. Hier generieren vor allem gering-qualifizierte Mitarbeiter
wenige Ideen, die zur Kompetenzentwicklung beitragen. Daher sind geeig-
200
nete Unterstützungsmaßnahmen sowie verbesserte Informationsstrukturen
zu implementieren. Dies gilt besonders, da die von Führungskräften aufge-
zeigten Anforderungen auch Aspekte der Methoden-, Sozial- und Selbst-
kompetenz umfassen und von den Entwicklungsschwerpunkten der Mitar-
beiter abweichen. Derartige Divergenzen treten in administrativen Berei-
chen weniger auf und sind in Diskussionen abzustimmen. Jedoch ist die
Partizipation trotz der Projektstruktur, die alle Beteiligten integrieren soll, in
gewerblichen Bereichen zu gering. Auch die Verzahnung von formellen,
non-formalen und informellen Lernprozessen erscheint aufgrund der
Schnittstelle zwischen Produktion und Personalwesen/ Personalentwicklung
nur begrenzt möglich.
Die Evaluation des Umsetzungsstands aus Sicht der Führungskräfte legt
dar, dass in den Betrieben nach 10-12 Monate ca. 30% der geplanten Maß-
nahmen durchgeführt sind. Im Kern geht es um den Ausbau von Fach-, IT-
und Methodenkompetenz. "Weiche" Faktoren der Sozial- und Selbstkompe-
tenz werden von den Vorgesetzten gefordert, die Umsetzung wird nicht
nachhaltig vorangetrieben. Während die Ergebnisse seitens der Praxispart-
ner positiv gesehen werden, kann der Veränderungs- oder Verbesserungs-
prozess aufgrund fehlender Vergleichsdaten nicht umfassend dokumentiert
werden. Da eine Erfolgsbewertung einzelner Maßnahmen nicht durchgängig
möglich ist, ist es wesentlich, dass die Beteiligten dem Kompetenzentwick-
lungsansatz einen Nutzen beimessen. Die Interviews mit Führungskräften
zeigen ein tendenziell positives Bild: Knapp ein Viertel sieht einen hohen
Nutzen in der Vorgehensweise. Dieser erschließt sich für die Mitarbeiter
hauptsächlich durch absolvierte Maßnahmen, an denen nach eigener An-
sicht bislang wenige Beschäftigte teilnehmen konnten. Dies deckt sich nicht
mit dem Umsetzungsstand aus Sicht der Vorgesetzten. Gründe können dar-
in liegen, dass diese die Umsetzung zu positiv bewerten oder arbeitsplatz-
nahe bzw. arbeitsintegrierte Lernformen von den Beschäftigten nicht als
Kompetenzentwicklungsmaßnahme aufgefasst werden. Insbesondere,
Kompetenzentwicklung in der Praxis
201
wenn sie keinen Einblick in die Entwicklungsplanung ihres Bereichs haben.
So ist das Augenmerk darauf zu richten, die Organisationsmitglieder in or-
ganisatorischer und informatorischer Hinsicht stärker zu beteiligen. Dies
steht in Verbindung mit der Akzeptanz der Verantwortlichen, ihre Mitarbeiter
zu fördern und in Analyse- sowie Gestaltungsprozesse einzubeziehen. Vor
diesem Hintergrund soll in dem folgenden Kapitel der Frage nachgegangen
werden, welche Elemente zur nachhaltigen Implementierung des Kompe-
tenzentwicklungsansatzes beitragen können und welche Fragestellungen
offen geblieben sind.
202
5 Diskussion der empirischen Befunde zur Kompetenzentwicklung
Die Veränderungen und Anforderungen der Arbeitswelt, die sich auch in
den empirischen Analysen der vorliegenden Arbeit widerspiegeln, erfordern
eine Anpassung der Beschäftigten an dynamische Rahmenbedingungen.
Aufgrund der demografischen Entwicklung in Verbindung mit Standortsiche-
rungsverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die nicht nur in den beteiligten
Unternehmen bestehen, ist künftig verstärkt auf vorhandene Personalstruk-
turen zurückzugreifen, die durch innovative Entwicklungskonzepte zu för-
dern sind. Eine Grundlage wird gemäß der eingangs diskutierten Ausgangs-
lage in einem beteiligungsorientierten Ansatz gesehen, der unter Effizienz-
gesichtspunkten und vor dem Hintergrund der "lernenden Organisation" die
Umsetzung von Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen er-
möglichen soll. Hierfür wird eine methodische Vorgehensweise erarbeitet
und bei gewerblichen Mitarbeitern bzw. bei verschiedenen Zielgruppen in
zwei Unternehmen der chemischen Industrie eingesetzt. Im Folgenden sol-
len Elemente herausgearbeitet werden, die für eine Verankerung des Kom-
petenzentwicklungsansatzes in der Praxis förderlich sein können. Die empi-
rischen Erkenntnisse werden vor dem Hintergrund der theoretischen sowie
methodischen Grundlagen (vgl. Kapitel 2 und 3) sowie in Bezug auf überbe-
triebliche Studien diskutiert, um zur Beantwortung der eingangs gestellten
Forschungsfragen beizutragen.
5.1 Elemente zur Implementierung des Kompetenzentwicklungs- ansatzes
Ansatzpunkte zur Verankerung des Kompetenzentwicklungsansatzes sind
gemäß den vorliegenden Ergebnissen zum einen in organisatorischen
Strukturen zu sehen, die regelmäßige Informations- und Kommunikations-
prozesse auslösen und die Integration von Personal- sowie Organisations-
Diskussion der empirischen Befunde
203
entwicklung ermöglichen. Zum anderen sind systematische Methoden ein-
zusetzen. Ein erkennbarer Nutzen resultiert im Weiteren aus umgesetzten
Maßnahmen und beteiligungsorientierten Entwicklungsprozessen. Dies be-
dingt, dass Vorgesetzte Aufgaben der Personal- und Organisationsentwick-
lung als Bestandteil ihrer Führungstätigkeiten auffassen und hierfür sensibi-
lisiert werden. Auch sind die Beschäftigten aufgefordert, zu ihrer Kompe-
tenzentwicklung beizutragen und an der Optimierung ihrer Arbeitsbereiche
mitzuwirken. Auf diese Punkte wird nachfolgend eingegangen.
5.1.1 Organisatorische und informatorische Voraussetzungen Wie in Abschnitt 2.3.2 angeführt wird, soll die Implementierung des Kompe-
tenzentwicklungsansatzes als Beteiligungsprozess konzipiert werden, in
den alle Organisationsmitglieder eingebunden sind und in dessen Verlauf
die Beschäftigten als Mitgestalter gefordert und gefördert werden (vgl. Fre-
vel, 2000). Hierfür wird eine Projektgruppe initiiert, die sich neben externen
Projektpartnern aus Vertretern des Personalwesens und des Betriebsrats
der Unternehmen zusammensetzt, ergänzt um Führungskräfte und Mitarbei-
ter der Fachbereiche (vgl. z. B. Abbildung 14). Durch die sozialpartner-
schaftliche Besetzung des Gremiums sollen alle Akteure ihre Sichtweisen
und Kompetenzen partizipativ einbringen.95 Im Vordergrund steht zum einen
die Schaffung eines Konsens über die Ziele und die methodische Vorge-
hensweise, wobei betriebliche Zuständigkeiten, Machtverhältnisse, differie-
rende Interessen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zu berück-
sichtigen sind. Die organisatorische Struktur soll zum anderen das Schnitt-
stellenproblem aufgreifen, das aus unterschiedlichen Zuständigkeiten für
Personal- und Organisationsentwicklung resultiert. In größeren Betrieben
findet sich in der Regel eine zentrale Personalentwicklung (vgl. Seusing &
95 Die Einbindung des Betriebsrats ist nicht nur von Bedeutung, wenn eingesetzte Analysein-strumente mitbestimmungspflichtig sind. Daneben fungieren sowohl Betriebsräte (z. B. bei den Beschäftigten) als auch Personalleitung (z. B. bei den Führungskräften) als "Türöffner" zu den Fachbereichen.
204
Bötel, 2000), während die Organisationsentwicklung in den Zuständigkeits-
bereich der Fachabteilungen fällt. Somit gilt es, die erforderliche Kooperati-
on zwischen Personalwesen bzw. -entwicklung sowie Produktion und Ar-
beitsplanung zu unterstützen (vgl. Frieling, 2005).
In der vorliegenden Studie zeigt sich, dass sich die Funktionsteilung bei ei-
ner zentral organisierten Personalentwicklungsabteilung (Unternehmen A)
nicht ohne weiteres aufheben lässt. Die Personalentwickler sehen ihren
Schwerpunkt eher in der Konzeption formaler Weiterbildungen und Trai-
nings für Fach- und Führungs(nachwuchs)kräfte. Die Gestaltung lernförder-
licher Arbeitsstrukturen und arbeitsplatznaher Lernprozesse ist durch die
Verantwortlichen vor Ort umzusetzen. Nicht nur unter diesem Aspekt er-
weist sich die Mitwirkung externer Experten als zielführend. Es gilt zudem,
die angestrebte Beteiligung der Beschäftigten (in gewerblichen Bereichen)
zu gewährleisten. Die praktischen Erfahrungen zeigen ebenso wie überbe-
triebliche Studien (vgl. z. B. Allespach & Heimann, 2001; Frieling, 2004),
dass mitarbeiterorientierte Entwicklungsstrategien keine Selbstverständlich-
keit sind und ggf. immer wieder eingefordert werden müssen. In diesem Zu-
sammenhang ist die Schaffung einer Kommunikationsplattform zum Infor-
mationsaustausch ein wichtiges Element. Bei einer intensiven Information
der Organisationsmitglieder können eine höhere Beteiligung und effizientere
Analyseergebnisse erzielt werden. Dies bezieht sich neben den Mitarbeitern
auch auf die Führungskräfte. Diese verantworten das Ausmaß der Partizipa-
tion während der Projektphasen sowie die Umsetzung geplanter Maßnah-
men, daher ist deren Akzeptanz als zentral anzusehen.
Insgesamt sind Strukturen zu schaffen oder weiterzuentwickeln (z. B. Nut-
zung von Gruppengesprächen in gewerblichen Bereichen), die regelmäßige
Diskussionen über Veränderungen, daraus resultierende Anforderungen
sowie die gemeinsame Erarbeitung von Entwicklungsmaßnahmen ermögli-
chen. Die Fallbeispiele zeigen, dass das Potenzial und Interesse zur aktiven
Diskussion der empirischen Befunde
205
Mitwirkung bei vielen Beschäftigten vorhanden ist oder gesteigert werden
kann (vgl. den folgenden Abschnitt). Zunächst sind die Besonderheiten von
Kompetenzentwicklung angemessen zu vermitteln, da die Thematik bei Mit-
arbeitern und Vorgesetzten nicht immer auf positive Resonanz stößt. Defini-
tionen und Erläuterungen werden schnell als abstrakt empfunden, die Wahl
einer verständlichen Sprache stellt kein triviales Problem dar. Als zielfüh-
rend erweist sich die Betonung, dass Kompetenz mehr ist als durch Berufs-
abschluss oder Zusatzausbildung erworbene Qualifikation und sich auf
Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen usw. bezieht. So werden Beschäftigte
erreicht, deren Potenzial eher im Erfahrungswissen als in einer hohen For-
malqualifikation liegt. Für Lernen im Prozess der Arbeit ist der Nutzen her-
vorzuheben, der z. B. in einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen, einer
erhöhten Partizipation oder der Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit liegt.
Aus Sicht der Führungskräfte sind monetäre Faktoren relevant, da arbeitsin-
tegriertes oder arbeitsplatznahes Lernen als kostengünstig gilt.
Trotz der recht aufwändig betriebenen Informationsphase kann kein umfas-
sendes Verständnis bei allen Beteiligten geschaffen werden, wie die Eva-
luation in Abschnitt 4.4.3 zeigt. Zum einen gelten umfangreiche Informati-
onsphasen ebenso wie beteiligungsorientierte Analysen seitens des Perso-
nalmanagements und der Führungskräfte als zu aufwändig. Zum anderen
lässt sich der Kompetenzentwicklungsansatz sich nicht in einer halbstündi-
gen Präsentation darstellen, ausführliche theoretische Ausführungen wer-
den von den Beschäftigten meist ebenfalls nicht bevorzugt.
Problematisch ist, dass gerade bei gewerblichen Mitarbeitern weniger Mög-
lichkeiten bestehen, auf deren Belange einzugehen. Hier ist den fehlenden
Kenntnissen über verschiedene Formen zur Kompetenzentwicklung, einem
ggf. mangelndem Interesse oder eingeschränkter Lernfähigkeit und
-bereitschaft (vgl. auch Abschnitt 5.2) zu begegnen. Die selbstorganisierte
Bedarfsdefinition stellt in diesen Fällen eine Herausforderung dar und ist zu
206
unterstützen. Ebenso sind den Führungskräften strukturierte Methoden an
die Hand zu geben, die nachfolgend kurz diskutiert werden.
5.1.2 Bedeutung systematischer Methoden Im Rahmen des Forschungsprojekts werden drei Analyseverfahren einge-
setzt, die in der vorliegenden Arbeit ausführlich diskutiert werden. Das vor-
rangige Ziel besteht darin, den Kompetenzentwicklungsbedarf aus ver-
schiedenen Perspektiven (z. B. aus Sicht von Mitarbeitern und Vorgesetzten
bzw. tätigkeits- oder arbeitsplatzbezogen) zu ermitteln, um Kompetenzent-
wicklungsmaßnahmen zu erarbeiten.96 Ein Vergleich der eingesetzten Be-
darfs-, Tätigkeits- und Arbeitsplatzanalyen z. B. auf Basis der Fallbeispiele
kann nicht erfolgen, da von jeweils anderen Voraussetzungen und Zielen
auszugehen ist und die Methoden verschiedene Nutzenpotenziale bieten.
Wesentlich erscheint eine beteiligungsorientierte Anwendung der Verfahren,
da die Vorteile sonst nicht zum Tragen kommen können. Die größte Effi-
zienz lässt sich erzielen, wenn die Analysen ein strukturiertes Vorgehen er-
zwingen und Kommunikations- sowie Informationsprozesse zwischen den
Beteiligten auslösen. Dies erhöht den Druck auf die Verantwortlichen, sich
mit einer systematischen (Kompetenz-) Entwicklungsplanung auseinander
zu setzen. Darüber hinaus soll die Vorgehensweise die Beteiligten bei der
Konkretisierung des Entwicklungsbedarfs bzw. der Anforderungen unter-
stützen. Hierauf wird nachfolgend eingegangen.
96 Die erhobenen berufsbiografischen Mitarbeiterdaten können zur Entwicklung von Kompe-tenzdatenbanken bzw. -modellen bzw. zur Erweiterung von Qualifikationsmatrizen genutzt werden. Dies lässt sich nicht begleiten, u. a., da die so geschaffene Transparenz bei den Ar-beitnehmervertretern nicht auf Zustimmung stößt und diese Form der Mitarbeiterentwicklung in gewerblichen Bereichen zu aufwändig erscheint.
Diskussion der empirischen Befunde
207
1) Nutzung verschiedener Erhebungsformen zur Unterstützung der
Mitarbeiter
In Verbindung mit den in Abschnitt 3.2 diskutierten Erhebungsmethoden do-
kumentieren die Mitarbeiter in Verbindung mit der Bedarfsanalyse ihre Be-
rufsbiografie, um auf dieser Basis den Entwicklungsbedarf abzuleiten, der in
die Maßnahmengestaltung einfließt. Wie sich in Unternehmen B zeigt, ge-
nerieren die Befragten im Schnitt nur 0,79 Angaben, knapp die Hälfte kann
keinen Bedarf benennen. Diese Tendenzen zeigen sich in vielen gewerbli-
chen Bereichen, in denen die Beschäftigten eher einfache Tätigkeiten aus-
führen. Wie bereits der Pretest bzw. die praktische Anwendung des Befra-
gungsleitfaden zeigt, ist eine reine Fragebogenaktion nicht bei allen Ziel-
gruppen sinnvoll. Je geringer das Tätigkeitsniveau und je länger die Ver-
weildauer in monoton gestalteten Arbeitsbereichen ist, desto weniger ist die
(selbstorganisierte) Bedarfsdefinition möglich. Nicht zuletzt, weil die Ar-
beitsaufgaben keine wesentlichen Lern- und Kompetenzentwicklungspro-
zesse erfordern. Prinzipiell könnte man auf Basis dieser Erkenntnisse auf
weitere Aktivitäten verzichten, diese Argumentation wird gelegentlich von
Personalverantwortlichen angeführt. Vorgeschlagene arbeitsorganisatori-
sche Gestaltungsansätze oder Veränderungen der Tätigkeiten lassen sich -
wie in den Fallstudien gezeigt wird - kaum umsetzen. Eine Möglichkeit be-
steht jedoch darin, die Mitarbeiter bei der Analyse zu unterstützen.97
Gemäß Abschnitt 3.2 sind verschiedene Erhebungsformen denkbar. Die in
Abschnitt 3.4.1 diskutierten reflexiven Verfahren heben den Nutzen kom-
munikativer Prozesse zur Förderung von Selbstorganisationsfähigkeit und
zur Ableitung von Entwicklungserfordernissen hervor. So eignet sich ein
‘Learning by doing’ beispielsweise durch das gemeinsame Ausfüllen von
Fragebögen. Abbildung 81 legt dar, dass in persönlichen Gesprächen oder
Interviews durchschnittlich 2,3 Entwicklungsbedarfe seitens der Mitarbeiter
generiert werden, während sich bei selbst ausgefüllten Leitfäden 1,4 Nen- 97 Geführt mit 263 gewerblichen und 70 administrativen Mitarbeitern des Unternehmens A.
208
nungen finden. Hier ist der Anteil von Befragten, die keine Angaben ma-
chen, deutlich höher (35,8% vs. 14,4%). In den meisten Fällen wird ein
Entwicklungsbedarf formuliert, ebenso finden sich weniger Mitarbeiter, die
zwei bis fünf Angaben machen. Dieser Anteil lässt sich durch Interviews
ausweiten: Knapp 40% der Befragten formulieren drei oder mehr Bildungs-
bedarfe, da in den Gesprächen anstehende Veränderungen und auftretende
Entwicklungserfordernisse aufgezeigt bzw. diskutiert werden können.
Abbildung 81: Quantitative Ausprägungen des Entwicklungsbedarfs nach Erhe-
bungsform (Unternehmen A)
2) Strukturierung von Anforderungen aus Sicht der Führungskräfte
Um die Kompetenzentwicklungsmaßnahmen an den Zielen des Unterneh-
mens auszurichten, werden Veränderungen der Organisationseinheiten und
Anforderungen an die Beschäftigten erfasst. Dies erfolgt dies mittels eines
standardisierten Interview-Leitfadens zur Bedarfsanalyse, der in den be-
trachteten Unternehmen positiv aufgenommen wird und als Instrument zur
Personalentwicklung weiter verwendet werden soll (vgl. Anhang B). Struktu-
zwei Angaben24,9%
drei Angaben17,7%
vier Angaben11,4%
fünf oder mehr10,8% keine Angabe
14,4%
eine Angabe20,7%
Durchschn. 2,3 Angaben Durchschn. 1,4 Angaben
Interviews Selbst ausgefülltn = 333 n = 1251
keine Angabe35,8%
eine Angabe24,3%
zwei Angaben17,9%
drei Angaben11,8%
vier Angaben5,6%
fünf oder mehr4,5%
Diskussion der empirischen Befunde
209
rierte Ergebnisse lassen sich nur erzielen, wenn eine Verknüpfung mit vor-
handenen Planungsunterlagen erfolgt. Wie sich zeigt, variiert die Qualität
der Interviews in beiden Betrieben je nach Vorbereitung der Gesprächspart-
ner. Das Spektrum reicht von einer detaillierten Verknüpfung mit Mitarbei-
tergesprächen und darin vereinbarten Zielen in administrativen Bereichen
(Unternehmen A) bzw. Zielvereinbarungen für gewerbliche Gruppen bis hin
zu keiner Vorbereitung. Neben dem zum Teil mangelnden Verständnis für
die Notwendigkeit einer systematischen Bedarfsanalyse besteht ein weite-
res Problem darin, dass einige Führungskräfte es als kritisch empfinden,
Ziele und Veränderungen offen zu schildern oder ggf. keine genaue Be-
reichsplanung vorliegt. Die Beantwortung der Frage, wohin sich ein Bereich
oder eine Abteilung in den nächsten Jahren entwickeln soll (und muss),
stellt in der Praxis oft das größte Problem dar, bildet aber die Vorausset-
zung für gezielte Personal- und Organisationsentwicklungsaktivitäten (vgl.
Frieling, 2005; Bruns & Ridder, 2002). Bei der Operationalisierung von
Fachkompetenzen sind besonders Teiltätigkeitslisten zielführend, die eine
strukturierte Ableitung von Anforderungen unterstützen und in Form von
Soll- bzw. Tätigkeitsbildern bündeln. Dies gilt bei vorhandenen sowie ge-
planten Arbeitsprozessen, bei einer strategischen (Neu-) Ausrichtung auf
Kernkompetenzen oder zur Klärung von Schnittstellen innerhalb und über
Abteilungen hinweg (vgl. ausführlich Frieling & Grote, 2000). Auch erweist
sich die Mitwirkung der Mitarbeiter an der Bedarfsanalyse als positiv, deren
Angaben zum Entwicklungsbedarf eine wichtige Ergänzung zur Sicht der
Vorgesetzten darstellen. Zu berücksichtigen sind mögliche Abweichungen
der Entwicklungsschwerpunkte zwischen den Vorgesetzten und Beschäftig-
ten, die in gemeinsamen Abstimmungsprozessen hinsichtlich ihrer Ursa-
chen zu klären und aneinander anzugleichen sind. Dies kann nur durch ei-
nen beteiligungsorientierten Ansatz gewährleistet werden, der nachfolgend
im Vordergrund steht.
210
5.1.3 Nutzen beteiligungsorientierter Kompetenzentwicklungs-prozesse
Die Planung abteilungs- oder gruppenspezifischer Weiterbildungsmaßnah-
men und Gestaltungsansätzen zum Lernen im Prozess der Arbeit auf Basis
der Analyseergebnisse findet in sozialpartnerschaftlich besetzten
Workshops unter Mitwirkung von Personalwesen, Betriebsrat und Mitglie-
dern der Fachabteilungen statt. Es erweist sich als zielführend, wenn die
Diskussionen von objektiven Moderatoren begleitet werden. Ohne die Mit-
wirkung lässt sich die Berücksichtigung mitarbeiterorientierter Interessen (in
gewerblichen Bereichen) kaum gewährleisten. In den hier betrachteten Un-
ternehmen können nur wenige Beschäftigte an den Workshops teilnehmen,
um individuelle oder gruppenbezogene Interessen einzubringen. Die Be-
rücksichtigung der Mitarbeiter (-interessen) ist nicht nur unter motivationalen
Aspekten relevant, vielmehr soll die Zusammenführung von Entwicklungs-
schwerpunkten eine enge Ausrichtung am Bedarf gewährleisten.
In diesem Zusammenhang zeigt Abbildung 82 exemplarisch für gewerbliche
Bereiche des Unternehmens A, wie die Sichtweisen von Mitarbeitern und
Führungskräften abgestimmt werden können. Der herbeigeführte Konsens
lässt sich am Beispiel der IT-Kompetenz veranschaulichen: Während die
Vorgesetzten (n=25) wenig Bedarf sehen (13,9%) und 41,0% der gewerbli-
chen Mitarbeiter (n=1.006) den Ausbau dieser Facette fordern, belaufen
sich die Maßnahmen anteilsmäßig auf 22,8%. Daneben erlangen Metho-
den-, Sozial- und Selbstkompetenz einen größeren Stellenwert als ur-
sprünglich von den Mitarbeitern erkannt wird.
Diskussion der empirischen Befunde
211
Abbildung 82: Partizipative Erarbeitung von Entwicklungsmaßnahmen für
gewerbliche Bereiche (Unternehmen A, Ausschnitt)
1) Workshops als Lernform
Ein weiterer Vorteil der Diskussionen oder Workshops liegt darin, dass die-
se selbst als Lern- und Entwicklungsprozess anzusehen sind, in dem die
Beteiligten aktiv und kreativ als Problemlöser an der Unternehmensentwick-
lung mitwirken. In einer lernenden Organisation gelten Teams als elementa-
re Lerneinheiten, denen unter Einbeziehung früherer Erfahrungen die effek-
tive und interaktionsorientierte Auseinandersetzung mit situativen Verände-
rungen und Anforderungen zu ermöglichen ist (vgl. Bungard & Comelli,
1995 sowie Senge, 1996). Die Vorteile von Gruppendiskussionen liegen im
Erarbeiten von gemeinsamen Vorschlägen mit größerer Akzeptanz für die
Betroffenen, in der Zeitersparnis und in der Transparenz der Informations-
gewinnung und -konkretisierung (vgl. Frieling & Sonntag, 1999, Lamnek,
1988). Nicht zuletzt stellen Kommunikation und Kooperation wesentliche
Dimensionen einer lernförderlichen Arbeitsgestaltung dar, so dass die
Workshops unter diesem Aspekt zielführend sind. Sie werden auch von den
Teilnehmern in der Regel positiv reflektiert. Dabei bringen Führungskräfte
IT-Kompetenz
13,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz17,0%
Fach-kompetenz
40,7%
Methoden-kompetenz
21,6%
Fremd-sprachen-kompetenz
4,1%
Sonstige2,6%
IT-Kompetenz
22,8%
Fach-kompetenz
41,8%
Führungs-kompetenz
0,6%
Fremd-sprachen-kompetenz
6,0%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,2%
Methoden-kompetenz
14,5%
Sonstige3,2%
Führungs-kompetenz
0,5%
Fremd-sprachen-kompetenz
8,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz4,4%
IT-Kompetenz
41,0%
Fach-kompetenz
32,7%
Methoden-kompetenz
5,4%
Sonstige7,0%
Entwicklungsbedarf gewerblicher Mitarbeiter
Anforderungen der Führungskräfte
Gemeinsam erarbeitete Maßnahmen
(1513 Nennungen) (194 Anforderungen) (685 Maßnahmen)
212
und Mitarbeiter ebenso wie Personalmanagement und Betriebsräte spezifi-
sches Know-How zur Entwicklung bedarfsgerechter Maßnahmen ein und
übernehmen unterschiedliche Aufgaben bei der Umsetzung. So ergibt die
vorliegende Studie (vgl. Abschnitt 4.4.2), dass der Ausbau von Methoden-,
Sozial- und Fremdsprachenkompetenz eher durch formale Weiterbildungen
zu fördern ist, die vom Personalwesen bzw. der Personalentwicklung konzi-
piert werden. Daneben ist eine Vielzahl der Maßnahmen arbeitsplatznah
oder -integriert in den Fachabteilungen zu organisieren. Vor allem das Ler-
nen von Kollegen ist eine Lernform, die künftig nicht an Bedeutung verliert.
Auch werden bestimmte Entwicklungsaufgaben in die Gruppen/Teams ver-
lagert oder die Organisationsmitglieder sind zur Eigeninitiative aufgefordert.
Nicht nur aus diesem Grund müssen diese konsequent einbezogen werden,
was sich nicht nur auf einen einmaligen Workshop mit ausgewählten Teil-
nehmern beziehen kann. Die Prozesse sind langfristig anzulegen, um die
Grundlage für systematisierte Kompetenzentwicklung einerseits sowie
selbstorganisiertes Lernen andererseits zu schaffen. Hierfür müssen Perso-
nalmanagement und Betriebsräte, vor allem aber Führungskräfte und Mitar-
beiter, einen Beitrag zur Fortsetzung und Ausweitung der Aktivitäten leisten.
2) Sensibilisierung der Führungskräfte und betrieblicher Multiplikatoren
Für betriebliche Kompetenzentwicklungsprozesse ist das Verständnis weiter
auszubauen, dass sich die Effektivität und Effizienz der Maßnahmen erhöht,
wenn an betrieblichen Problemsituationen angesetzt wird und eine Verbin-
dung von Mitarbeiter- und Vorgesetzteninteressen erfolgt. Dieser Nutzen
wird zumindest teilweise erkannt. Wie eine Befragung der Führungskräfte
ergibt, streben ca. 50% der Befragten eine Fortführung der Entwicklungs-
planung an (vgl. Abbildung 75). Dabei scheint der Erfolg (oder Misserfolg)
der Vorgehensweise nicht (nur) auf den Einsatz bestimmter Methoden zu-
rückführen zu sein. Betrachtet man verschiedene Abteilungen bzw. Grup-
pen differenzierter, zeigt sich eine Verbindung zwischen der Akzeptanz bzw.
Diskussion der empirischen Befunde
213
Einstellung der Vorgesetzten und dem Umsetzungstand geplanter Maß-
nahmen. Die nachfolgenden Abbildungen veranschaulichen dies exempla-
risch anhand zweier vergleichbarer Produktionsbereiche mit ähnlichen Per-
sonal- und Organisationsstrukturen des Unternehmen A, in denen Bedarfs-
analysen durchgeführt wurden. Der Vorgesetzte des ersten Bereichs (vgl.
Abbildung 83) hat kaum Interesse an der Entwicklung seiner Mitarbeiter, es
werden nur 6 der 34 Maßnahmen umgesetzt. Die Führungskraft sieht einen
geringen Nutzen in der Vorgehensweise, die Fortführung des beteiligungs-
orientierten Ansatzes ist nicht vorgesehen. Hingegen werden in einem wei-
teren Produktionsbereich im selben Zeitraum immerhin 17 der 30 Maßnah-
men durchgeführt (vgl. Abbildung 84). Aus Sicht des Vorgesetzten wird der
Nutzen der Vorgehensweise als mittel eingeschätzt, die Entwicklungspla-
nung soll als Gruppenaufgabe fortgeführt und von dem zuständigen Pro-
zessbegleiter unterstützt werden.
Abbildung 83. Umsetzung von Maßnahmen in einem Produktionsbereich mit ca.
100 Mitarbeitern, geringes Interesse des Vorgesetzten an Kompetenzentwicklung
Geplante Entwicklungsmaßnahmen nach Kompetenzfacetten
Führungs-kompetenz
2,9%
Fremd-sprachen-kompetenz
8,8%
Methoden-kompetenz
8,8%
IT-Kompetenz
29,4%
Fach-kompetenz
38,2%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,8%
34 Maßnahmen
Umgesetzte Entwicklungsmaßnahmen nach Kompetenzfacetten
Fremd-sprachen-kompetenz
16,7%
IT-Kompetenz
16,7%
Fach-kompetenz
50,0%
Sozial- & Selbst-
kompetenz16,7%
6 Maßnahmen
214
Abbildung 84: Umsetzung von Maßnahmen in einem Produktionsbereich mit ca.
80 Beschäftigten, Interesse des Vorgesetzten an Kompetenzentwicklung
Die Einstellung der direkten Vorgesetzten, ihre Mitarbeiter durch geeignete
Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen zu fördern und an
der Gestaltung zu beteiligen, ist nicht zuletzt aufgrund der Problematik einer
Nutzenbewertung relevant. Demzufolge verweisen verschiedene Autoren
(vgl. z. B. Landsberg, 1995; Hummel, 2001) darauf, dass im Bereich der
Weiterbildungsevaluation oder des Bildungscontrollings neben quantitativen
verstärkt qualitative Aspekte zu berücksichtigen sind. So kann es mit Blick
auf das zum Teil nach wie vor mangelnden Verständnis der Vorgesetzten
als positiv angesehen werden, wenn in beiden Unternehmen knapp 25,0%
der befragten Führungskräfte einen hohen Nutzen in der Vorgehensweise
sehen (vgl. Abschnitt 4.4.3). Die qualitativen Aussagen beziehen sich z. B.
auf einen erhöhten Stellenwert von Weiterbildung, die effektivere Kommuni-
kation und verbesserte Reflexion zu Themen der Kompetenzentwicklung,
Führungs-kompetenz
0,0%
Fremd-sprachen-kompetenz
6,7%
Fach-kompetenz
50,0%
Methoden-kompetenz
13,3%
Sozial- & Selbst-
kompetenz3,3%
IT-Kompetenz
20,0%
Sonstige6,7%
30 Maßnahmen
Methoden-kompetenz
18,8%
Sozial- & Selbst-
kompetenz6,3%
IT-Kompetenz
25,0%
Fremd-sprachen-kompetenz
6,3%
Fach-kompetenz
43,8%
17 Maßnahmen
Geplante Entwicklungsmaßnahmen nach Kompetenzfacetten
Umgesetzte Entwicklungsmaßnahmen nach Kompetenzfacetten
Diskussion der empirischen Befunde
215
eine strukturierte Vorgehensweise, gezielte Diskussionen, die gesteigerte
Motivation aller Beteiligten sowie ein optimiertes Angebot an Personalent-
wicklungsmaßnahmen usw.
Wenig(er) bedeutsam erscheint der Ansatz in (produktiven) Bereichen mit
hohem Standardisierungs- und Reglementierungsgrad bzw. bei gleich blei-
benden Arbeitstätigkeiten und -bedingungen. Die Führungskräfte erkennen
geringe Handlungsspielräume bzw. -notwendigkeiten. Die erforderliche
Schaffung kompetenzförderlicher Arbeits- und Rahmenbedingungen ist
schwer vermittelbar. Die Erwartungen der Mitarbeiter (z. B. garantierte Teil-
nahme an einer Weiterbildungsmaßnahme), die aus einer erhöhten Partizi-
pation oder der Dokumentation von Entwicklungsmaßnahmen resultieren,
werden zum Teil als problematisch angesehen. Die Führungskräfte geraten
in die Pflicht, die Umsetzung aktiv anzugehen. Ein gewisser Druck erwächst
beispielsweise aus den angekündigten Evaluationsgesprächen, so dass ge-
zielte Nachfassaktionen die Nachhaltigkeit der angestoßenen Entwick-
lungsprozesse fördern können. Die Fortführung der Entwicklungsplanung
wird in administrativen Bereichen des Unternehmen A durch eine Zertifizie-
rung von Prozessen der Weiterbildung nach DIN ISO verankert und ist in
den Fachabteilungen künftig einheitlich sowie verbindlich vorzunehmen. In
gewerblichen Bereichen besteht diese Verpflichtung z. B. aufgrund des
Qualitätsmanagements. Da der Fokus auf Fachqualifikationen liegt, ist die
fachübergreifende Kompetenzentwicklung fortzusetzen. Ein Ansatzpunkt
kann in der Ausbildung betrieblicher Multiplikatoren gesehen werden, da
Ansprechpartner vor Ort gebraucht werden. Gefordert sind zum einen Be-
triebsräte, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz die Ermittlung des Bil-
dungsbedarfs verlangen können, Mitbestimmungsrechte im Bereich der
Weiterbildung haben und deren Handlungsfelder sich durch den Kompe-
tenzentwicklungsansatz verändern (vgl. Barthel, 2001). Zum anderen kom-
men Prozessbegleiter, Gruppenkoordinatoren und/oder Vertrauensleute in
Frage, die entsprechend zu schulen sind.
216
3) Steigerung des Nutzens der Mitarbeiter durch Partizipation
In vielen Diskussionen zur Personalentwicklung steht die Employability im
Vordergrund (vgl. z. B. Speck, 2004). Betont wird die Fähigkeit der Mitarbei-
ter, zur Sicherung ihrer Beschäftigungsfähigkeit selbst beizutragen (vgl. Sat-
telberger, 1999b). Nach Bergmann (2000b; Weiß, 2002) liegt eine Voraus-
setzung für selbstorganisierte Kompetenzentwicklung darin, dass sich die
damit verbundenen Anstrengungen für die Beschäftigten lohnen und einen
Nutzen bieten. Überträgt man diese Erkenntnis auf die vorliegende The-
menstellung, so stellt sich die Frage, welche Parameter aus Sicht der Mitar-
beiter einen Einfluss auf die Nutzenbewertung haben.
In der oben dargestellten Befragung (vgl. Abschnitt 4.4.3) deuten sich mög-
liche Zusammenhänge zwischen dem Gesamtnutzen und dem Grad an in-
formatorischer sowie organisatorischer Einbindung an. Eine weiterführende
Analyse zeigt, dass bei der Bewertung des Gesamtnutzens statistisch signi-
fikante Unterschiede zwischen Gruppen vorliegen, die 1) den Entwicklungs-
plan ihres Bereichs kennen bzw. nicht kennen (vgl. Tabelle 16) sowie zwi-
schen Gruppen, die 2) an Maßnahmen teilgenommen bzw. nicht teilge-
nommen haben (vgl. Tabelle 17).
Tabelle 16: Bewertung des Gesamtnutzens in Abhängigkeit von der
Kenntnis des Entwicklungsplans (n=521)
Gruppe n Mittelwert Standard-abweichung p
Entwicklungsplan bekannt 266 2,46 ,97 **
Entwicklungsplan nicht bekannt 255 2,11 ,94 **
Anmerkung. T-Test **p=.000
Diskussion der empirischen Befunde
217
Tabelle 17: Bewertung des Gesamtnutzens in Abhängigkeit von der
Teilnahme an Maßnahmen (n=513)
Gruppen n Mittelwert Standard-abweichung p
An Maßnahmen teilgenommen 72 2,85 ,83 **
Nicht an Maßnah-men teilgenommen 459 2,20 ,97 **
Anmerkung. T-Test **p=.000
Personen, die den Entwicklungsplan ihres Bereichs kennen, messen dem
Vorhaben einen signifikant höheren Nutzen bei als Mitarbeiter, die keine
Einblicke haben. Dies gilt auch für Beschäftigte, die an Maßnahmen teilge-
nommen haben. So stellt sich anschließend die Frage, ob der Nutzen mit
zunehmendem Einbindungsgrad gesteigert werden kann. In Kombination
von der Kenntnis des Entwicklungsplans und der Teilnahme an Maßnah-
men werden vier Gruppen gebildet, die sich ebenfalls signifikant voneinan-
der unterscheiden (vgl. Tabelle 18). Dabei weist Gruppe A den höchsten
Mittelwert (2,91) auf, deren Mitglieder sowohl den Entwicklungsplan kennen
als auch an einer Maßnahme teilgenommen haben. Hingegen liegt der Mit-
telwert in Gruppe D, die weder den Plan kennt noch eine Maßnahme absol-
viert hat, deutlich unter den Werten (2,01) der anderen Gruppen. Eine Ein-
flussgröße auf den Gesamtnutzen ist nach dieser Untersuchung in der Teil-
nahme an einer Maßnahme zu sehen: Der Mittelwert der Gruppe C, die den
Plan nicht kennen, aber Maßnahmen besuchen, ist höher als in Gruppe B,
die Einblicke in den Entwicklungsplan hat, aber nicht in Maßnahmen einge-
bunden wurde.
218
Tabelle 18: Gesamtnutzen in Abhängigkeit vom Grad der Beteiligung (n=517)
Gruppe n Mittelwert Standard-abweichung F df p
A) Entwicklungsplan bekannt und an Maß-nahmen teilgenommen
55 2,91 ,82 **
B) Entwicklungsplan bekannt und nicht an Maßnahmen teilge-nommen
210 2,34 ,97 **
C) Entwicklungsplan nicht bekannt und an Maßnahmen teilge-nommen
11 2,55 ,69 **
D) Entwicklungsplan nicht bekannt und nicht an Maßnahmen teilge-nommen
241 2,09 ,95
12,19 3, 513
**
Anmerkung. Einfaktorielle Varianzanalyse ** p=.000
Interessant sind die Häufigkeitsverteilungen innerhalb der Stichprobe, da
Gruppe D (Entwicklungsplan nicht bekannt und nicht an Maßahmen teilge-
nommen) quantitativ am stärksten repräsentiert ist und sich in der Gruppe C
(Entwicklungsplan nicht bekannt und an Maßahmen teilgenommen) nur 11
Mitarbeiter befinden. Dies könnte darauf hinweisen, dass die Kenntnis des
Entwicklungsplans die Teilnahme an einer Maßnahme begünstigt, etwa weil
die Beschäftigten dies stärker einfordern. Wie die Befragung der Beschäftig-
ten zeigt, gilt als häufigster Grund nicht an Maßnahmen teilgenommen zu
haben, ein fehlendes Angebot. Daneben werden Zeitmangel, unklare Rege-
lungen und fehlende Unterstützung angeführt.98 Diese Aspekte lassen sich
weitgehend auf die Vorgesetzten und/oder das Personalmanagement zu-
rückführen bzw. können durch die Verantwortlichen positiv beeinflusst wer-
den. So sollten die Ergebnisse dazu anregen, die Partizipation stärker zu
verankern, um den Nutzen aus Sicht der Beschäftigten zu steigern, der als
motivationale Voraussetzung für (selbstorganisiertes) Lernen gilt. Hier ver-
weisen die obigen Ausführungen auf deutliche Unterschiede zwischen den 98 Seltener benannt werden fehlendes Interesse oder Bedarf.
Diskussion der empirischen Befunde
219
Beschäftigungsgruppen, die zu berücksichtigen sind und nachfolgend be-
trachtet näher werden.
5.2 Berücksichtigung verschiedener Tätigkeitsgruppen Die Notwendigkeit zur Kompetenzentwicklung gilt für alle Mitarbeitergrup-
pen (vgl. Weiß, 2002a), besonders für gewerbliche bzw. gering-qualifizierte
Mitarbeiter mit eingeschränkter Einsatzflexibilität. Eine derartige (Rück-)
Entwicklung resultiert ebenso sowie mangelnde Lernbereitschaft und
-fähigkeit aus einer längeren Verweildauer an eintönigen Arbeitsplätzen mit
hohem Standardisierungsgrad, eingeschränkter Partizipation sowie geringer
Komplexität und Variabilität der Arbeitsaufgaben (vgl. Frieling, 2004). Tätig-
keiten ohne Lernanforderungen sind ebenso wie eine unterdurchschnittliche
Teilnahme an Weiterbildung typisch für gering-qualifizierte Beschäftigungs-
gruppen. Dies wird in betriebsübergreifenden Studien belegt (vgl. z. B. Be-
richtssystem Weiterbildung, 2005; Baethge & Baethge-Kinsky, 2002), die in
Verbindung mit den vorliegenden Erhebungsergebnissen gebracht werden
sollen.99 Dabei ist insbesondere das Tätigkeitsniveau für Kompetenzent-
wicklung bedeutsam (vgl. z. B. Frieling, Bernard, Bigalk & Müller, in Druck;
Bergmann, 1998), da mit sinkenden oder gleichbleibenden Anforderungen
keine bzw. eine geringe Notwendigkeit zu kontinuierlichem Lernen besteht.
Bei diesen Beschäftigungsgruppen kann nicht von einer hohen Identifikation
mit den Arbeitsaufgaben ausgegangen werden, fehlende Entwicklungsziele
schränken die unter dem Selbstorganisationsaspekt erforderliche Motivation
zur Kompetenzentwicklung ein (vgl. Bergmann, 2000a).
Vor diesem Hintergrund werden gewerbliche und administrative Mitarbeiter
des Unternehmens A in 4 Tätigkeitsgruppen geclustert. Die Einteilung orien-
tiert sich an der Erhebung des Berichtssystems Weiterbildung (2005, S.
99 Es ist zu beachten, dass die Ergebnisse durch methodische sowie branchen- und unter-nehmensspezifische Aspekte beeinflusst werden.
220
35f.) und bezieht sich auf An- und Ungelernte, Facharbeiter, Angestellte
sowie qualifizierte/leitende Angestellte.100 Die in Tabelle 19 dargestellten
Merkmale der Stichprobe zeigen, dass An- und Ungelernte quantitativ am
stärksten vertreten sind und die höchste Betriebszugehörigkeit aufweisen,
die in den anderen Klassen nahezu gleich ist. Bei Fachkräften ist das
Durchschnittsalter niedriger als bei den anderen Tätigkeitsgruppen, hinge-
gen haben qualifizierte/leitende Angestellte das höchste Alter und sind in
dieser Stichprobe weniger repräsentiert. Die Geschlechterverteilung zeigt
einen geringen Anteil weiblicher Kräfte in der Gruppe der Facharbeiter (ca.
8%) und der qualifizierten/leitenden Angestellten (ca. 17%), während das
Verhältnis bei An- und Ungelernten sowie Angestellten relativ ausgewogen
ist.
Tabelle 19: Merkmale der untersuchten Stichprobe nach Tätigkeitsklassen101
An- und Un-gelernte
Facharbeiter Angestellte Qual./leiten-de Angestellte
Stichprobe (n) 588 403 522 186 ø Alter (Jahre) 41,1 35,5 38,0 41,4 ø Betriebszugehö-rigkeit (Jahre) 14,2 12,4 12,2 12,6
1) Bisherige Kompetenzentwicklung
Zur Untersuchung von Kompetenzentwicklungsprozessen wird oben auf die
Bedeutung des Bildungsniveaus verwiesen, das auch mit Blick auf die Be-
schäftigungsfähigkeit diskutiert wird, da die Qualifikation die Position auf
dem (externen) Arbeitsmarkt bestimmt (vgl. Hummel & Reinsberg, 2002;
2003). Betrachtet man die Formalqualifikationen, sind diese typischerweise
bei An- und Ungelernten unter dem Niveau der weiteren Gruppen. Obwohl
100 Die im Berichtssystem vorgenommene Unterscheidung zwischen qualifizierten und leiten-den Angestellten kann auf Basis der Datenlage nicht vorgenommen werden, daher werden diese zusammengefasst. 101 Unternehmen A, Ausschnitt, n=1.699.
Diskussion der empirischen Befunde
221
die Mitarbeiter in den meisten Fällen eine Berufsausbildung haben, besitzt
diese nur bei ca. einem Viertel der Befragten eine Relevanz für die aktuelle
Tätigkeit. Daneben haben etwa 20,0% keine formale Ausbildung. Hingegen
absolvieren Facharbeiter in der Regel eine tätigkeitsrelevante Berufsausbil-
dung oder eine weiterführende Qualifikation (z. B. Meister oder Techniker,
10,4%).102 Weitere Unterschiede finden sich zwischen Angestellten und
qualifizierten/leitenden Angestellten. Letztere haben knapp zur Hälfte eine
Fach- oder Hochschulausbildung und besitzen das höchste Qualifikations-
niveau.
Hinsichtlich der Lernformen (vgl. Abbildung 85) zeigen sich bei den Be-
schäftigungsgruppen wiederum Differenzen. So wird die Berufsausbildung
vor allem von Facharbeitern als wesentlich angesehen und ist für An- und
Ungelernte erwartungsgemäß wenig bedeutsam.103 Selbstorganisiertes Ler-
nen wird von Facharbeitern am häufigsten benannt, gefolgt von An- und
Ungelernten sowie leitenden Angestellten. Das Lernen von Kollegen spielt
für An- und Ungelernte eine wichtige Rolle, ebenso für Facharbeiter und
Angestellte. Seltener geben leitende Angestellte an, dies zu nutzen. Wäh-
rend das Lernen von Vorgesetzten von An-/Ungelernten fast im gleichen
Maße genutzt wie von qualifizierten/leitenden Angestellten und für Fachar-
beiter weniger relevant ist, spielen die Erfahrungen aus der täglichen Arbeit
für alle Tätigkeitsgruppen eine Rolle. Am häufigsten wird dies von Fachar-
beitern sowie An-/Ungelernten benannt. Das Bild wendet sich bei formalen
Lernformen, die von qualifizierten/leitenden Angestellten und Angestellten
stärker genutzt werden. An- und Ungelernte fallen bei formalen betriebli-
chen und privaten Bildungsaktivitäten zurück, während Facharbeiter zumin-
dest die private Bildung (z. B. Meisterlehrgang) nutzen. Analog zeigt sich
beim medialen Lernen, dass dies von Angestellten sowie qualifizier- 102 Ein ähnliches Bild spiegelt sich in Unternehmen B: Knapp 21,0% der An- und Ungelernten (n=91) haben keine formale Ausbildung, der Anteil liegt bei Facharbeitern (n=46) unter 4,0%. 103 Die Ergebnisse der gewerblichen Zielgruppen des Unternehmens A korrespondieren auch mit den ermittelten Lernformen von An- und Ungelernten sowie Facharbeitern des Unterneh-mens B.
222
ten/leitenden Angestellten verwendet und von den Gewerblichen fast gar
nicht benannt wird.
Abbildung 85: Lernformen nach Tätigkeitsgruppen
In den Ergebnissen finden sich Übereinstimmungen zu der Studie von
Baethge & Baethge-Kinsky (2002), in der deutlich wird, dass informelles
Lernen als wesentlicher Lernkontext gilt. Die Kategorien selbstorganisiertes
Lernen und Erfahrungen aus täglicher Arbeit verweisen auf diese Lernfor-
men, die von An-/Ungelernten sowie Fachkräften am häufigsten genutzt
werden. Generell ist das Lernen in der Arbeitsituation, z. B. Einweisungen
oder interne Informationsveranstaltungen von Vorgesetzten und Kollegen,
bedeutsam (vgl. Weiß, 2001). Mediale Lernformen sind nach dieser Unter-
suchung unterrepräsentiert und ebenso wie formalisierte betriebliche sowie
private Weiterbildung nur für (qualifizierte/leitende) Angestellte von Bedeu-
Berufsausbildung
Selbstorganisiertes Lernen
Durch Kollegen
Durch Vorgesetzte
Erfahrungen aus täglicher Arbeit
Weiterbildung der PE-Abteilung
Abteilungsinterne Weiterbildung
Private Weiterbildung
CBT / WBT / E-Learning
Sonstiges
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
An-/Ungelernte, n = 588
Facharbeiter, n = 403
Angestellte, n = 522
Qual./leitende Angestellte, n = 186
Diskussion der empirischen Befunde
223
tung. Sie werden von gewerblichen Kräften kaum benannt, eine Ausnahme
bildet die private Weiterbildung bei Fachkräften (z. B. Meisterausbildung).
Ähnliche Befunde zeigt die Untersuchung von Baethge & Baethge-Kinsky
(2002, S. 116), die sich fortsetzen, wenn man die bisherigen Weiterbil-
dungsaktivitäten betrachtet. In den Tätigkeitsgruppen finden sich quantitati-
ve und qualitative Unterschiede. Letztere werden im Berichtssystem Wei-
terbildung IX (2005, S. 35) in Bezug auf berufliche Weiterbildung dargestellt,
wobei gewisse Entsprechungen zur betrieblichen Weiterbildung nicht von
der Hand zu weisen sind. So erhöht sich in den Betrieben mit steigendem
Tätigkeitsniveau die Anzahl besuchter Weiterbildungen, zugleich nimmt der
Anteil derer ab, die nicht an Weiterbildung teilgenommen haben. Dieser liegt
in gewerblichen Beschäftigungsgruppen bei ca. einem Viertel.104 Hingegen
geben nur 14,2% der befragten Angestellten und 8,1% der qualifizier-
ten/leitenden Angestellten an, keine betrieblichen Bildungsmaßnahmen ab-
solviert zu haben. Vergleicht man gewerbliche Gruppen mit qualifizier-
ten/leitenden Angestellten, besuchen diese im Schnitt 1,76 Maßnahmen
mehr. Sowohl bei An- und Ungelernten als auch bei Facharbeitern liegt der
Schwerpunkt bislang auf fachlichen Maßnahmen. Angestellte nehmen am
häufigsten an IT-Schulungen teil, gefolgt von Maßnahmen in den Bereichen
Fach-, Methoden- und Fremdsprachenkompetenz. Das vielfältigste Bild fin-
det sich bei qualifizierten/leitenden Angestellten. Dabei sind vor allem die
Facetten Sozial-, Selbst- und Führungskompetenz deutlich stärker belegt
als bei den anderen Gruppen.
2) "Entwicklungstrends" verschiedener Tätigkeitsgruppen
Beachtenswert sind die in Abbildung 86 dargestellten Ergebnisse. Sie be-
schreiben die quantitativen Angaben, die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Ent- 104 Die im Vergleich zu den im Berichtssystem geringeren Unterschieden zwischen Facharbei-tern sowie An- und Ungelernten resultieren ebenso wie die relativ ausgeprägte Teilnahme an Weiterbildung aus branchenspezifischen, gesetzlich vorgeschriebenen Schulungen. Selektiert man An- und Ungelernte (n=588), die nur derartige Schulungen absolvieren, bleibt ein Anteil von 35,8% der Beschäftigten, die bereits an Weiterbildung teilgenommen haben.
224
wicklungsziele und -interessen machen. Die geringsten Ausprägungen fin-
den sich bei An- und Ungelernten. Dies bezieht sich nicht nur auf den
Durchschnittswert, vielmehr geben 51,0% der Befragten keine Ziele an. Im
Vergleich steigen die Mittelwerte bei den anderen Tätigkeitsgruppen an, in
Verbindung sinkt der Anteil von Mitarbeitern, die keine Angaben machen.
Abbildung 86: Entwicklungsinteressen/ -ziele der Mitarbeiter
nach Tätigkeitsklassen
An-/Ungelernten = 588
zwei Angaben
11,2%
drei Angaben4,6%
keine Angabe51,0%eine Angabe
32,3%
vier oder mehr 0,9%
keine Angabe36,7%
zwei Angaben
15,9%
drei Angaben5,2%
vier oder mehr2,0%
eine Angabe40,2%
Ø 0,72 Ø 0,96
Ø 1,14 Ø 1,27
drei Angaben9,2%
vier oder mehr1,9%
eine Angabe38,3%
zwei Angaben
20,1%
keine Angabe30,5%
drei Angaben7,5%
vier oder mehr3,2%
zwei Angaben
21,5%
keine Angabe22,6%
eine Angabe45,2%
Angestellten = 522
Facharbeitern = 403
Qual./leitende Angestellten = 186
Diskussion der empirischen Befunde
225
Da (selbstorganisierte) Kompetenzentwicklung auch auf der Motivation be-
ruht, persönliche Ziele zu erreichen (vgl. Bergmann, 2000), Perspektiven zu
haben und sich mit den Tätigkeiten zu identifizieren, muss das Ergebnis die
Verantwortlichen zum Handeln auffordern. Insbesondere, wenn sie von ih-
ren Mitarbeitern hohe Einsatzbereitschaft und (zeitliche) Flexibilität verlan-
gen oder deren fehlende Lern- und Veränderungsbereitschaft beanstanden.
Die Studie von Baethge & Baethge-Kinsky (2002) zeigt einen Zusammen-
hang von betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten und Antizipation, ver-
standen als die Sicherung der eigenen Beschäftigungsfähigkeit. Mangelnde
Entwicklungsmöglichkeiten führen zu einem niedrigen Antizipationsniveau,
im Weiteren wird eine Verbindung zur Kompetenzentwicklungs- bzw. Lern-
aktivität gezeigt (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky, 2002, S. 128f.). So zeigt
sich bei der Analyse des Kompetenzentwicklungsbedarfs, dass mit zuneh-
mendem Tätigkeitsniveau die durchschnittliche Anzahl von Angaben steigt,
ebenso nimmt die Variabilität der Kompetenzfacetten zu. Während An- und
Ungelernte auf Maßnahmen zur Steigerung der IT-Kompetenz fokussieren
und Fachkompetenzen bedeutsam erscheinen, ist der Bedarf nach Fach-
und IT-Kompetenz bei Facharbeitern weitgehend ausgeglichen. Allerdings
erlangen die weiteren Facetten bei beiden Zielgruppen eine vergleichsweise
geringe Bedeutung. Bei den Angestellten dominiert ebenfalls die IT-
Kompetenz, zudem werden verstärkt Maßnahmen zum Ausbau von Fach-,
Fremdsprachen- und Methodenkompetenz gefordert. Die Angaben der qua-
lifizierten/leitenden Angestellten sind am vielfältigsten, bedingt durch deren
Tätigkeiten wird auch die Facette Führungskompetenz angeführt. Obwohl
Fremdsprachen tendenziell in administrativen Bereichen stärker benötigt
werden, zeigt sich bei gewerblichen Gruppen ein wachsender Bedarf.
226
Abbildung 87: Entwicklungsschwerpunkte der Mitarbeiter nach Tätigkeitsklassen
Die quantitativen Nennungen zum Entwicklungsbedarf weichen zwischen
den Beschäftigungsgruppen voneinander ab. Während An- und Ungelernte
durchschnittlich 1,50 und Facharbeiter 1,55 Nennungen generieren,105 for-
dern Angestellte 1,82 Maßnahmen und sinkt bei qualifizierten/leitenden An-
gestellte leicht (1,67). Gründe können darin gesehen werden, dass diese
105 In Unternehmen B machen An- und Ungelernte im Schnitt nur 0,57 Angaben, bei Fachar-beitern finden sich 1,2 Nennungen.
Führungs-kompetenz
0,5%
Fremd-sprachen-kompetenz
9,9%
Sonstige4,2%
Fach-kompetenz
39,7%
Methoden-kompetenz
3,2%
Sozial- & Selbst-
kompetenz3,4%
IT-Kompetenz
39,1%
Fach-kompetenz
28,3%
Sozial- & Selbst-
kompetenz5,3%
Methoden-kompetenz
6,3%
IT-Kompetenz
43,2%
Führungs-kompetenz
0,6%
Fremd-sprachen-kompetenz
7,7%
Sonstige8,7%
Ø 1,50 Ø 1,55
Ø 1,82 Ø 1,67
Methoden-kompetenz
18,5%
Sozial- & Selbst-
kompetenz9,1%
IT-Kompetenz
30,0%
Führungs-kompetenz
1,4%
Fremd-sprachen-kompetenz
15,5%
Sonstige3,7%
Fach-kompetenz
21,8%
Methoden-kompetenz
21,9%
Sozial- & Selbst-
kompetenz11,0%
IT-Kompetenz
17,6%
Führungs-kompetenz
11,3%
Fremd-sprachen-kompetenz
12,3%
Sonstige4,3%
Fach-kompetenz
21,6%
An-/Ungelernten = 588
Facharbeitern = 403
Angestellten = 522
Qual./leitende Angestellten = 186
Diskussion der empirischen Befunde
227
Tätigkeitsgruppe die höchste Teilnahme an Weiterbildung aufweist und in
andere Entwicklungsprogramme eingebunden sind, die nicht in dem For-
schungsvorhaben begleitet werden.
Interessant ist, dass mit steigendem Tätigkeitsniveau der fachliche Entwick-
lungsbedarf abnimmt und in den Facetten Methoden-, Sozial- und Selbst-
kompetenz steigt, so dass der Entwicklungsbedarf von An- und Ungelernten
weniger variabel ist als bei den anderen Zielgruppen. Neben fehlenden In-
formationen über verschiedene Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung
(die bisherigen Erfahrungen mit Weiterbildung beziehen sich weitgehend
auf fachliche Maßnahmen) bieten die Tätigkeiten ein eher geringes Lernpo-
tenzial. Hier berichtet die Studie von Baethge & Baethge-Kinsky (2002, S.
118ff.) sowohl von einem Zusammenhang zwischen einem niedrigen Ni-
veau der Lernkompetenz106 und einem niedrigem Tätigkeitsniveau als auch
von einer Verbindung zur Lernförderlichkeit und der informationstechni-
schen Modernität der Arbeit, die in der gleichen Richtung verläuft. Wie sich
zeigt, ist die Nutzung von IT-Systemen bei Gering-Qualifizierten in der Re-
gel eher unterdurchschnittlich. Demgemäß ist die Nutzung edv-gestützter
Lernformen bei diesen Gruppen kaum relevant (vgl. Abbildung 85).
Wenn sich dennoch ein steigender Entwicklungs- bzw. Bildungsbedarf bei
den Mitarbeitern abzeichnet und die Vorgesetzten vielfältige Anforderungen
(u. a. zur Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz) formulieren, ist es nicht
ausreichend, sich seitens des Managements darauf zu berufen, dass die
vorhandenen (Fach-) Qualifikationen der Beschäftigten angemessen sind
oder regelmäßig weiterentwickelt werden. Aus Sicht der administrativen
106 Die Lernkompetenz als Kompetenz zum lebenslangen Lernen beinhaltet die Indizes 1) Antizipation (Sicherung der eigenen beruflichen Zukunft) als Bereitschaft und Fähigkeit, stra-tegisch-biografische und aktuelle Lernerfordernisse der Arbeit oder des Arbeitsmarkts zu in-terpretieren und handlungsrelevant umzusetzen, 2) Selbststeuerungsdisposition (Bereitschaft und Fähigkeit zum selbstorganisierten Lernen) sowie 3) Kompetenzentwicklungs- bzw. Lern-initiative (aktives, eigenständiges, situatives Zugreifen auf unterschiedliche Lernmöglichkei-ten), vgl. Baethge & Baethge-Kinsky, 2002, S. 85ff.
228
Mitarbeiter werden vor allem IT-, Fach- und Methodenkompetenz gefordert.
Daneben erlangt die Fremdsprachenkompetenz eine zunehmende Bedeu-
tung, diese Anforderungen finden sich weitgehend auch bei den Führungs-
kräften. Hingegen verschieben sich in gewerblichen Bereichen die Entwick-
lungsschwerpunkte aus Sicht der Mitarbeiter von der Fach- zur IT-
Kompetenz. Die Vorgesetzten fokussieren neben fachlicher Kompetenz auf
Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz. Daneben ist der Umgang mit
Veränderungen, neuen Arbeitsformen und -strukturen zu lernen, so dass
vor allem für gering-qualifizierte Mitarbeiter umfangreiche Anpassungspro-
zesse erforderlich sind. Hier zeigen die Unternehmensstudien in Abschnitt
4.4, dass sich spezifische Maßnahmen unter Berücksichtigung des Aus-
gangsniveaus für z. B. An- und Ungelernte eher selten finden. Eine differen-
zierte Umsetzungsplanung erfolgt tendenziell nur in administrativen Berei-
chen, so dass die auf Basis der Erhebungen gewonnenen Erkenntnisse ei-
ne genaue Betrachtung geplanter und umgesetzter Kompetenzentwick-
lungsprozesse verschiedener Tätigkeitsgruppen erschweren bzw. zu unge-
nau erscheinen. Jedoch bleibt festhalten, dass für administrative Mitarbeiter
vielfältigere und umfangreichere Maßnahmen entwickelt werden, deren
Umsetzung konsequenter vorangetrieben wird.
5.3 Zusammenfassende Überlegungen Weder die Veränderungen der Arbeitswelt noch der demografische Wandel
machen vor bestimmten Unternehmens- oder Produktionsbereichen halt.
Obschon in den betrachteten Unternehmen von einem hohen Niveau der
Personalentwicklung auszugehen ist, bezieht sich dies verstärkt auf Fach-
und Führungs(nachwuchs)kräfte. Im Interesse der Betriebe und der Be-
schäftigten sind frühzeitige und anforderungsgerechte Entwicklungsprozes-
se anzustreben. Dies muss sich auf alle Beschäftigten beziehen, da Kompe-
tenz als Wettbewerbsvorteil für Unternehmen eine weitreichende Bedeutung
Diskussion der empirischen Befunde
229
erlangt und selbstorganisiert lernende und handelnde Mitarbeiter als Er-
folgspotenziale und Innovationsmotor anzusehen sind.
Mit Blick auf die eingangs formulierten Forschungsfragen wird zunächst
deutlich, dass es um die Schaffung organisatorischer Strukturen geht, die
eine Kooperation zwischen Personalwesen/Personalentwicklung und Pro-
duktions- bzw. Abteilungsleitung sowie den direkten Vorgesetzten und Mit-
arbeitern unterstützen. Die Implementierung einer Projektgruppe, die alle
Beteiligten zusammenführt, reicht jedoch nicht aus, um die angestrebte In-
tegration von Personal- und Organisationsentwicklung zu erreichen, so dass
dieser Aspekt ein offener Punkt bleibt. Zugleich sind regelmäßige Informati-
ons- sowie Kommunikationsprozesse erforderlich, etwa durch eine bessere
Nutzung der Gruppenarbeitsstrukturen bzw. der Gruppenbesprechungen in
gewerblichen Bereichen - auch hier besteht weiterer Optimierungsbedarf.
Bei den eingesetzten Methoden zeigt sich, dass es nicht immer möglich
wird, eine strukturierte Vorgehensweise zu gewährleisten und die erforderli-
chen Entwicklungsmaßnahmen unter Einbezug der Beschäftigten zu erar-
beiten. Eine bedarfsgerechte Förderung einzelner Mitarbeiter ist nur be-
grenzt erkennbar. Die Maßnahmen werden in gewerblichen Bereichen auf
Gruppenebene entwickelt und durchgeführt. Aus Sicht der Führungskräfte
erhöht sich der zeitliche Aufwand mit steigendem Einbindungsgrad und mit
zunehmendem Detaillierungsgrad der Maßnahmen (-planung). Insgesamt
ist das Verständnis weiter auszubauen, dass der Nutzen bzw. die Effektivi-
tät und Effizienz gesteigert wird, wenn an individuellen und/oder betriebli-
chen Problemsituationen angesetzt wird, eine Verbindung von Mitarbeiter-
und Vorgesetzteninteressen erfolgt und die vorhandenen Informationsstruk-
turen optimiert werden. So lassen sich die Maßnahmen am Bedarf ausrich-
ten und werden aus Zielen der Organisationseinheiten und deren Mitglieder
abgeleitet. Dies scheint geboten, da eine Nutzenbewertung in methodischer
Hinsicht problematisch ist und die individuelle Mitarbeiterentwicklung einen
höheren Stellenwert erlangen sollte. Konsequenterweise sind Ansätze zur
230
Selbstevaluation zu implementieren (vgl. Arnold, 1996; Schüßler, 2004).
Diese werden in Bezug auf die Qualitätssicherung in der Weiterbildung (vgl.
Bungard & Jöns, 1998) sowie bei Lernprozessen in der Arbeit diskutiert (vgl.
ausführlich Severing, 1995) und beginnen bereits bei der selbstorganisier-
ten Bedarfsdefinition durch die Beschäftigten.
Als essentiell zur Implementierung des Kompetenzentwicklungsansatzes gilt
die Akzeptanz und Einstellung der Führungskräfte. Insbesondere in gewerb-
lichen Bereichen zeigen sich zum Teil deutlich Barrieren, die ihre Begrün-
dung z. B. in hierarchischen Strukturen, mangelnden Kommunikations- und
Partizipationsprozessen oder einer unzureichenden Lern- und Fehlerkultur
haben. Facharbeiter, Angestellte bzw. qualifizierte Angestellte sind hiervon
weniger betroffen, weil deren Arbeit ‘per se’ als lern- und entwicklungsför-
derlicher gilt und sie einen besseren Zugang zu formalisierter Weiterbildung
haben. Betroffen sind insbesondere Gering-Qualifizierte, deren Tätigkeiten
kaum Lernpotenzial bieten und die ohne geeignete Anpassungsprozesse in
der Arbeitswelt von morgen "auf der Strecke" bleiben (vgl. Reinberg &
Hummel, 2002). In Betracht kommen organisatorische Maßnahmen, um die
Beschäftigten auf bevorstehende Veränderungen vorzubereiten, die zur Si-
cherung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beitragen. Jedoch las-
sen sich Ansätze zur lernförderlichen Arbeits- oder Tätigkeitsgestaltung
nach der vorliegenden Studie äußerst schwer umsetzen. Auch aus diesem
Grund kann die Zuständigkeit für Lernen und Weiterbildung nicht vollständig
auf die Mitarbeiter verlagert werden, wie dies u. a. in den Diskussionen um
die ‘Employability’ angeführt wird (vgl. z. B. Sattelberger, 1999b). Übergrei-
fende Studien belegen einen Zusammenhang zwischen einem niedrigen
Niveau der Lernkompetenz und einem niedrigem Tätigkeitsniveau (vgl.
Baethge & Baethge-Kinsky, 2002). Eine weitere Verbindung der (Lern-)
Kompetenz besteht zur Lernförderlichkeit von Arbeitsplätzen (vgl. Frieling,
Bernard, Bigalk & Müller, in Druck) Somit variieren Selbstorganisations- und
Lernfähigkeit sowie -bereitschaft der Tätigkeitsgruppen und sind teilweise
Diskussion der empirischen Befunde
231
noch deutlich auszubauen. Daher müssen die Beschäftigten nicht nur enger
eingebunden werden. Ihnen ist ferner zu vermitteln, dass es bestimmte Ar-
beitsplätze künftig nicht mehr geben wird und dass sie selbst einen Beitrag
zu ihrer Kompetenzentwicklung leisten müssen.107 So zeigt sich z. B. in Un-
ternehmen B eine hohe Bereitschaft der Mitarbeiter, selbstständig an der
Umsetzung fachabteilungsinterner Maßnahmen mitzuwirken, da die Bud-
gets für Weiterbildungen des Personalwesens gekürzt wurden und es gilt,
zur Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und zur Sicherung der eigenen Ar-
beitsplätze beizutragen.108 Die Erhaltung der Employability ist eine Aufgabe,
die von den Betroffenen mit zu steuern ist, während die Rahmenbedingun-
gen für formale, non-formale oder informelle Lernprozesse durch die Betrie-
be zu schaffen sind. Dass dies bislang nicht in ausreichendem Maße ge-
schieht, verdeutlichen die in der vorliegenden Arbeit aufgezeigten Ergebnis-
se ergänzend zu anderen Studien. Jedoch führen technische oder organisa-
torische Veränderungen zu neuen Tätigkeiten, so dass betriebliche Kompe-
tenzentwicklungsprozesse konsequent auf gewerbliche Mitarbeiter auszu-
weiten sind. Hierfür beinhaltet die vorliegende Arbeit verschiedene Fallbei-
spiele und Optimierungsansätze, die anderen Unternehmen als Handlungs-
empfehlungen nützlich sein können. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich
um Unternehmens- bzw. Fallstudien handelt und nur bedingt von verallge-
meinerbaren Aussagen ausgegangen werden kann. Nicht zuletzt ergeben
sich offen gebliebene Punkte und weiterführende Fragestellungen, die im
Ausblick des letzten Kapitels zusammengefasst sind.
107 Ein Beitrag kann z. B. darin liegen, Weiterbildung in die Freizeit zu verlagern, vgl. Weiß, 2002. 108 Im weiteren Sinne wird dies in verschiedenen (Steuerungs-) Konzepten unter dem Stichwort ‘Vermarktlichung’ diskutiert und meint die Weitergabe des Markt- und Wettbewerbsdrucks an die Mitarbeiter, vgl. ausführlich und zu den möglichen Konsequenzen z. B. Fuchs & Conrads, 2003.
232
6 Ausblick
Komplexe Veränderungen in der Arbeitswelt erfordern Mitarbeiter, die ihre
Kompetenzen problem-, potenzial- und situationsbezogen einsetzen. Dieses
Lernen ist Bestandteil betrieblicher Veränderungsprozesse und für die
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bedeutsam.109 Somit stellen
Selbstorganisations- und Lernfähigkeit der Organisationsmitglieder wichtige
Erfolgsfaktoren dar, die nicht nur in Verbindung mit Personalentwicklung
oder betrieblicher Weiterbildung, sondern auch im Kontext einer lernförderli-
chen Gestaltung von Arbeitsbedingungen und -tätigkeiten zu sehen sind
(vgl. z. B. Baethge & Baethge-Kinsky, 2002; Frieling, Bernard, Bigalk & Mül-
ler, 2001, Bergmann, 1998). Kompetenzentwicklung muss die Förderung
der Lernfähigkeit, die Entwicklung sozialer und persönlicher Kompetenzen,
die Steigerung der Motivation sowie die Bewältigung kognitiver und emotio-
naler Belastungen der Beschäftigten umfassen (vgl. Holling & Liepmann,
1995; Sonntag, 1992; Frieling & Sonntag, 1999). Im Gegensatz zu rein be-
triebswirtschaftlich orientierten Zielen ist nicht nur der Ausbau elementarer
Fertigkeiten motorischer und/oder intellektueller Art unter Verwertungsab-
sichten des Unternehmens voranzutreiben. Diese eher ökonomisch orien-
tierte Auffassung scheint in gewerblichen Bereichen noch häufig vorzulie-
gen: Personalarbeit soll die Belegschaft so verändern und entwickeln, dass
gewünschte Ergebnisse und Ziele aus Sicht des Managements erreicht
werden (vgl. Neuberger, 1994), wobei "an die Banalität erinnert sei, dass es
im Unternehmen nicht um die allseitige Entfaltung des Menschen geht, son-
dern um die Nutzung seiner Potenzen zur Erzielung von Leistung und Ein-
kommen (…). Frei entfaltete Persönlichkeiten sind eine Chance für´s Unter-
nehmen, in ihrer Häufung aber mehr ein Risiko, das man durch Personal-
109 Zur Bedeutung von Humanressourcen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und die Bedeutung des Personalmanagements bzw. der Personalentwicklung vgl. z. B. ausführlich Wunderer & Jaritz, 2001; Wucknitz, 2002; DGFP, 2004.
Ausblick
233
Entwicklung (Personal-Produktion) zu beherrschen sucht." (Neuberger,
1994, S. 9).
Es stellt sich die Frage, ob und wie ein solches Verständnis mit der Forde-
rung nach selbstständig agierenden Mitarbeitern in Übereinstimmung ge-
bracht werden kann. Insbesondere, wenn es verstärkt um die Schaffung von
Freiheitsgraden und Handlungsspielräumen für die Beschäftigten, also um
die Ermöglichung von Lernprozessen, geht (vgl. Ulich, 1992). Dabei kann
Personalentwicklung einen Beitrag zur erfolgreichen Positionierung des Un-
ternehmens im Wettbewerb leisten, indem Erwartungen und Ziele von Or-
ganisationsmitgliedern berücksichtigt werden (vgl. Gebert, 1995; Münch,
1995). Dies ist erforderlich, weil die Anforderungen an den Einsatz der Hu-
manressourcen nicht in ausreichendem Maße bestimmt werden können.
Die vorliegenden Analysen verweisen auf diesen Sachverhalt - Entwicklun-
gen der Organisationseinheiten und daraus resultierende Anforderungen an
die Beschäftigten können nicht immer detailliert definiert werden. Gleichzei-
tig wird deutlich, dass Führungskräfte (in der Produktion) zunehmend
selbstständige, verantwortungs- und kostenbewusste Problemlöser in ihrer
Belegschaft fordern, was sich kaum in Einklang bringen lässt mit dem zum
Teil gering ausgeprägtem Verständnis für partizipativ gestaltete Verände-
rungs- und Entwicklungsprozesse. Die Notwendigkeit zur kontinuierlichen
Weiterentwicklung besteht insbesondere bei Arbeitskräften mit geringer
Qualifikation. Moderne und automatisierte Produktionsprozesse stellen kein
Einsatzhindernis dar, sofern die Mitarbeiter den Umgang mit neuen Techno-
logien mittels geeigneter Lernformen kontinuierlich erlernen können (vgl.
Frieling, Fölsch & Schäfer, 2004) und langfristige Entwicklungsstrategien
verfolgt werden, die unter ökonomischem Blickwinkel als Investitionen gel-
ten müssen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum Unter-
nehmen bereit sind, hohe Beträge in die Optimierung der Maschinen und
Anlagen zu investieren, aber für die Kompetenzentwicklung der Produkti-
onsmitarbeiter (die diese Anlagen bedienen und warten) nur geringe Bud-
234
gets zur Verfügung stehen. Die empirischen Belege zeigen, dass der Zu-
gang zu betrieblicher Weiterbildung nach wie vor einer Segmentierung nach
Beschäftigungsgruppen unterliegt (vgl. Abschnitt 5.2 sowie Becker &
Schwertner, 2002). Ebenfalls steht die Gestaltung lernförderlicher Arbeits-
bedingungen nicht im Fokus des betrieblichen Handelns. Eine Begründung
kann darin liegen, dass die Gestaltung lernförderlicher Tätigkeiten eine Ko-
operation zwischen Personalleitung und Produktion erzwingt, die neue
Denkgewohnheiten erfordert. Das Personalmanagement muss sich mit den
Arbeitsbedingungen der Beschäftigten befassen, "um die Wechselwirkun-
gen zwischen den unmittelbaren Vorgesetzten und Mitarbeitern bezie-
hungsweise ihren Arbeitstätigkeiten (Art der Arbeitsteilung) zu erkennen.
Die Kompetenz zur Beeinflussung dieser Wechselwirkungen (…) ist eine
Grundvoraussetzung, um lernförderliche Arbeitstätigkeiten zu gestalten."
(Frieling, 2005, S. 2). Offenbar ist es nicht damit getan, Aufgaben der Per-
sonalentwicklung (wieder) stärker zu dezentralisieren (vgl. Becker, 1999).
Künftige Untersuchungen könnten sich demgemäß mit Ansatzpunkten zur
Lösung der Schnittstellenproblematik beschäftigen, die in der vorliegenden
Arbeit ein offener Punkt bleibt. In der Folge kann in den betrachteten Unter-
nehmen nicht evaluiert werden, ob und wie die angestrebte Integration von
Personal- und Organisationsentwicklung gelingt, deren (ökonomischen)
Vorteile in Literatur und Praxis umfassend diskutiert werden (vgl. z. B.
Staudt, 1995b; Baitsch, 1998; Erpenbeck & Sauer, 2000; Weiß, 1999). Ob-
wohl die Nutzenbewertung insgesamt - also auch mit Blick auf einzelne
Maßnahmen - eher auf der Ebene qualitativer Kriterien verbleibt, lässt sich
dies nicht als wesentliche Begründung anführen, warum die Umsetzung von
Maßnahmen zum Teil nicht nachhaltig vorangetrieben wird. Hier werden
Unterschiede zwischen einzelnen Abteilungen oder Gruppen deutlich. So
wäre es für weitere Untersuchungen interessant, allgemeine Kontextfakto-
ren und spezifische Rahmenbedingungen (z. B. Aspekte der Gruppenarbeit,
vgl. ausführlich Kauffeld, in Vorb.; Hilpert, in Vorb.) stärker einzubeziehen.
Ausblick
235
Nicht zuletzt verweisen theoretische und praktische Ausführungen auf Ver-
änderungen als "Motor" für Kompetenzentwicklung. Es konnte gezeigt wer-
den, dass sich Maßnahmen bei latentem Veränderungsdruck umsetzen las-
sen, wenn mittel- oder langfristigste Entwicklungsstrategien verfolgt werden.
Dabei scheint der direkte Vorgesetzte eine erhebliche Rolle zu spielen, so
dass gezieltere Analysen (z. B. Alter, Ausbildung, Berufsbiografie, Füh-
rungsstil usw., vgl. zu letzterem Frieling, Bernard, Bigalk und Müller, in
Druck) von Interesse sind. Es wird deutlich, dass es bei der Umsetzung von
Kompetenzentwicklungsprozessen im Betrieb auch um ein Menschenbild
geht, das den Einzelnen einbezieht, wertschätzt und als selbstständiges In-
dividuum begreift. Vor dem Hintergrund, dass die Humanressourcen einen
entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten und vom Mana-
gement als wichtigstes Kapital der Unternehmen bezeichnet werden, sollten
alle Beschäftigten entsprechend berücksichtigt und konsequent an Verän-
derungs- und Kompetenzentwicklungsprozessen beteiligt werden. Dies ist
relevant, da das Engagement, die Motivation und die Selbstorganisationsfä-
higkeit der Mitarbeiter in einer globalen, dynamischen Arbeitswelt wesent-
lich sind und durch zunehmende Partizipation gesteigert werden können.
236
7 Literaturverzeichnis Algedri, J. & Frieling, E. (2001). Human-FMEA. Menschliche Handlungsfehler erkennen und vermeiden. München: Hanser. Alheit, P. (2003). "Biographizität” als Schlüsselqualifikation. Plädoyer für transitori-
sche Bildungsprozesse. In: QUEM-Report, Heft 78: Weiterlernen neu ge-dacht. Erfahrungen und Erkenntnisse. Berlin: ABWF.
Allespach, M. & Heimann, K. (2001). Qualifizierung – Unternehmen auf dem Prüf- stand, Ergebnisse einer Befragung der IG Metall Baden-Württemberg. In: Gewerkschaftliche Bildungspolitik, Heft 7/8. Arnold, R. (1996). Von der Erfolgskontrolle zur entwicklungsorientierten Evaluie- rung. In: Münch, J. (Hrsg.): Ökonomie betrieblicher Bildungsarbeit. Qualität - Kosten -Evaluierung - Finanzierung. Berlin: Schmitt.
Arnold, R. (1997a). Von der Weiterbildung zur Kompetenzentwicklung. Neue
Denkmodelle und Gestaltungsansätze in einem sich verändernden Hand- lungsfeld. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´97. Berufliche Weiterbildung in der Transformation – Fakten und Visionen. Münster: Waxmann.
Arnold, R. (1997b). Qualität und Professionalität – zur Durchmischung von Utilität
und Zweckfreiheit in der Qualität betrieblicher Weiterbildung. In: Arnold, R. (Hrsg): Qualitätssicherung in der Erwachsenenbildung. Opladen: Leske & Buderich.
Arnold, R. & Krämer-Stürzl, A. (1999). Berufs- und Arbeitspädagogik. Berlin: Cornelsen. Baethge, M. & Baethge-Kinsky, V. (2002). Arbeit – die zweite Chance. In: Arbeits- gemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2002. Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur. Rückstand – Stand – Ausblick. Münster: Waxmann. Baitsch, C. (1998). Lernen im Prozess der Arbeit - Zum Stand der internationalen
Forschung. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´98. Forschungsstand und Forschungsperspektiven. Münster: Waxmann.
Baitsch, C. (1999). Interorganisationale Lehr- und Lernnetze. In: Arbeitsgemein-
schaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´99. Aspekte einer neuen Lern-kultur. Münster: Waxmann.
Literaturverzeichnis
237
Bardeleben, R., Beicht, U. & Krekel, E. (2001). Weiterbildung in Deutschland. In: Krekel, E., v. Bardeleben, R., Beicht, U., Frietman, J., Kraayvanger, G. & Mayrhofer, J. (Hrsg.): Controlling in der betrieblichen Weiterbildung im Ver-gleich. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Becker, M. (1995). Bildungscontrolling – Möglichkeiten und Grenzen aus wissenschafts-theoretischer und bildungspraktischer Sicht. In: v. Landsberg,
G. & Weiß, R. (Hrsg.): Bildungscontrolling, 2te Auflage. Stuttgart: Schäfer-Poeschel.
Becker, M. (1999). Personalentwicklung. Bildung, Förderung und Organisations- entwicklung in Theorie und Praxis. 2te Auflage. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Becker, M. & Rother, G. (1998). Pendelschlag von der Qualifikation zur Kompetenz. In: QUEM-Bulletin, 2-3/98. Berlin: ABWF. Becker, M. & Schwarz, V. (2002). Personalentwicklung in Theorie und Praxis - Forschungsgegenstand und Forschungsfragen. In: Becker, M., Schwarz,
V. & Schwertner, A. (Hrsg.): Theorie und Praxis der Personalentwicklung. Ak-tuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis. 2te Auflage. München und Me-ring: Hampp.
Becker, M. & Schwertner, A. (2002). Empirische Befunde zur Unternehmenstrans- formation, Personalentwicklung, Führungskräfteentwicklung. In: Becker, M. &
Schwertner, A. (Hrsg.): Personalentwicklung als Kompetenzentwicklung. München und Mering: Hampp.
Becker, M., Schwarz, V. & Schwertner, A. (2002). Theorie und Praxis der Personalentwicklung. Aktuelle Beiträge aus Wissenschaft und Praxis. 2te Auflage. München und Mering: Hampp. Beicht, U., Bardeleben, R., Frietman, J., Kraayvanger, G., Krekel, E. & Mayrhofer,
J. (2001). Planung und Steuerung betrieblicher Qualifizierungsaktivitäten in Österreich, den Niederlanden und Deutschlang – Ergebnisse einer schriftli-chen Befragung. In: Krekel, E., v. Bardeleben, R., Beicht, U., Frietman, J., Kraayvanger, G. & Mayrhofer, J. (Hrsg.): Controlling in der betrieblichen Wei-terbildung im Vergleich. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Bergmann, B. (1998). Tätigkeitsanforderungen im Verlauf der Berufsbiografie.
Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 01/1998, S. 2-14.Göttingen: Hogrefe.
Bergmann, B. (2000a). Kompetenzentwicklung im Arbeitsprozess. In: Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 54, S. 138-144.
238
Bergmann, B. (2000b). Arbeitsimmanente Kompetenzentwicklung. In: Bergmann, B. et al. (Hrsg.): Kompetenzentwicklung und Berufsarbeit. Münster: Wax-mann.
Bergmann, B. (2001). Kompetenzentwicklung, eine Aufgabe für das gesamte Erwerbsleben. In: QUEM-Bulletin 3/2001. Berlin: ABWF. Bergmann, B. & Pietrzyk, U. (2000). Lernanforderungen von Arbeitsaufgaben und Kompetenzentwicklung. Arbeit, Heft 1/2000. S. 40-53. Bergmann, B., Fritsch, A., Göpfert, P., Richter, F., Wardanjan, B. & Wilczek, S. (2000). Kompetenzentwicklung und Berufsarbeit. Münster: Waxmann. Bernien, M. (1997). Anforderungen an eine qualitative und quantitative Darstellung
der beruflichen Kompetenzentwicklung. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´97. Berufliche Weiterbildung in der Trans-formation – Fakten und Visionen. Münster: Waxmann.
Betriebsverfassungsgesetz (2002). 34te, neu bearbeitete Auflage. München: Beck. Bichler, S. & Dörr, D. (1999). Personalwirtschaft. München: Oldenbourg. BMBF (2001). Berichtssystem Weiterbildung VIII. Erste Ergebnisse der Repräsentativbefragung zur Weiterbildungssituation in Deutschland. Bonn, 2001. BMBF (2004). Berichtssystem Weiterbildung IX. Ergebnisse der Repräsentativbefragung zur Weiterbildungssituation in Deutschland. Bonn, 2004. Borg, I. (1995). Mitarbeiterbefragungen. Strategisches Auftau- und Einbindungs- management. Göttingen: Verlag für angewandte Psychologie. Bortz, J. & Döring, N. (2003). Forschungsmethoden und Evaluation. 3te Auflage. Berlin: Springer. Bötel, C. & Krekel, E. (2000). Bedarfsanalyse, Nutzenbewertung und Benchmarking: Zentrale Elemente des Bildungscontrollings. Bielefeld: W. Bertelsmann. Branchenanalyse Chemische Industrie (2000). Informationen für Betriebe aus der Arbeitgeberbefragung 1999. Nr. 1/ 2000. Branchenanalyse Chemische Industrie (2001). Informationen für Betriebe aus der Arbeitgeberbefragung 1999. Nr. 2/ 2001.
Literaturverzeichnis
239
Buchhester, S. (2003). Bildungscontrolling. Der Einfluss von individuellen und organisatorischen Faktoren auf den wahrgenommenen Weiterbildungserfolg. Hamburg: Dr. Kovac. Bullinger, H.J. (1995). Arbeitsgestaltung. Personalorientierte Gestaltung marktgerechter Arbeitsysteme. Stuttgart: Teubner. Bungard, W. (1997). Mitarbeiterbefragungen als Instrument modernen Innovati- ons- und Qualitätsmanagements. In: Bungard, W. & Jöns, I. (Hrsg.): Mitarbeiterbefragung. Ein Instrument des Innovations- und Qualitätsmana- gements. Weinheim: Psychologie Verlags Union. Bungard, W. & Comelli, A. (1995). Gruppenorientierte Interventionstechniken. In: Schuler, H. (1995): Organisationspsychologie. 2te Auflage. Bern: Huber. Bungard, W. & Jöns, I. (1998). Der European Quality Award als Herausforderung für das Personalmanagement. In E. Regnet & L. Hofmann (Hrsg.): Personal- management in Europa. Göttingen: Hogrefe. Chemiekurier (2003). Tarifinfo der IG BCE. Dehnbostel, P. (2001a). Perspektiven für das Lernen in der Arbeit. In: Arbeitsge- meinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2001. Tätigsein - Lernen – Innovation. Münster: Waxmann. Dehnbostel, P. (2001b). Essentials einer zukunftsorientierten Lernkultur aus betrieblicher Sicht. In: QUEM-Report, Heft 67. Arbeiten und Lernen. Lernkul- tur Kompetenzentwicklung und innovative Arbeitsgestaltung. Berlin: ABWF. Dehnbostel, P. & Novak, H. (2000). Arbeits- und erfahrungsorientierte Lernkon- zepte. Bielefeld: W. Bertelsmann. Dehnbostel, P., Erbe, H. H. & Novak, H. (1998). Berufliche Bildung im lernenden Unternehmen. Zum Zusammenhang von betrieblicher Reorganisation, neuen Lernkonzepten und Persönlichkeitsentwicklung. Berlin: Sigma. Dehnbostel, P., Elsholz, U., Meister, J. & Meyer-Menk, J. (2002). Vernetzte
Kompetenzentwicklung. Alternative Positionen zur Weiterbildung. Berlin: Sigma.
Deichmann, F.(2005). Optimierung eines Fertigungsbereichs unter arbeitswissen-
schaftlichen Gesichtspunkten und Bewertung von Arbeitsplätzen unter Ein-satz des Lernförderlichkeitsinventars (LFI). Unveröffentlichte Diplomarbeit. IfA, 2005.
240
Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (2004). Wertorientiertes Personalmanagement – ein Beitrag zum Unternehmenserfolg. Bielefeld: W. Bertelsmann. Dobischat, R. & Benzenberg, I. (2002). Verbund- und Netzwerkentwicklung in der beruflichen Weiterbildung. In: Dehnbostel, P., Elsholz, U., Meister, J. & Meyer-Menk, J. (Hrsg.): Vernetzte Kompetenzentwicklung. Alternative Positionen zur Weiterbildung. Berlin: Sigma. Dohmen, G. (1996). Das lebenslange Lernen. Bonn: BMBF. Dohmen, G. (2001). Das informelle Lernen: Die internationale Erschließung einer bisher vernachlässigten Grundform menschlichen Lernens für das lebenslan- ge Lernen aller. Bonn: BMBF. Drexel, I. (1997). Die bilans de compétence – ein neues Instrument der Arbeits-
und Bildungspolitik in Frankreich. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´97. Berufliche Weiterbildung in der Transformation Fakten und Visionen. Münster: Waxmann.
Dybowski, G. (1999). Erfahrungsgeleitetes Lernen – ein Ansatz zur Kompetenz- entwicklung. In: QUEM-Report, Heft 63. Berlin: ABWF. Elsholz, U. (2002). Kompetenzentwicklung zur reflexiven Handlungsfähigkeit. In:
Dehnbostel, P., Elsholz, U., Meister, J. & Meyer-Menk, J. (Hrsg.): Vernetzte Kompetenzentwicklung. Alternative Positionen zur Weiterbildung. Berlin: Sigma.
Erler, W., Gerzer-Saß, A., Nußhart, C. & Saß, J. (2003). Die Kompetenzbilanz. In: Erpenbeck, J. & Rosenstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Erpenbeck, J. (1997). Selbstgesteuertes, selbst organisiertes Lernen. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´97. Berufliche Weiterbildung in der Transformation – Fakten und Visionen. Münster: Wax- mann. Erpenbeck, J. (2003). KODE© – Kompetenzdiagnostik und -entwicklung. In:
Erpenbeck, J. & Rosenstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäfer-Poeschel.
Erpenbeck, J. & Heyse, V. (1996). Berufliche Weiterbildung und berufliche Kompe- tenzentwicklung. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwick- lung ´96. Strukturwandel und Trends in der betrieblichen Weiterbildung. Münster: Waxmann.
Literaturverzeichnis
241
Erpenbeck, J. & Heyse, V. (1999a). Die Kompetenzbiografie. Strategien der Kompetenzentwicklung durch selbstorganisiertes Lernen und multimediale Kommunikation. Edition QUEM, Band 11. Münster: Waxmann. Erpenbeck, J. & Heyse, V. (1999b). Kompetenzbiographie - Kompetenzmilieu – Kompetenztransfer. In: QUEM Report, Heft 62. Berlin: ABWF Erpenbeck, J. & Sauer, J. (2000). Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm
Lernkultur Kompetenzentwicklung. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2000. Lernen im Wandel – Wandel durch Lernen. Münster: Waxmann.
Erpenbeck, J. & v. Rosenstiel, L. (2003). Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Faust, M. & Holm, R. (2001). Formalisierte Weiterbildung und informelles Lernen.
In: QUEM-Report, Heft 69. Berufliche Kompetenzentwicklung in formellen und informellen Strukturen, S. 67-108. Berlin: ABWF.
Finance, M. (2005). Stellenwert des Prozessbegleiters für die Entwicklung der Gruppenarbeit im Unternehmen. Unveröffentlichte Diplomarbeit. IfA, 2005. Finkenzeller, D. (1999). Ermittlung zukünftiger Qualifikationsanforderungen für Handwerksmeister verschiedener Branchen in Klein-, Mittel- und Großbetrie- ben. Kassel: Uni-Press. Fölsch, T. (in Vorb.): Kompetenzentwicklung und Demografie. Frank, I. (2002). Stand der Erfassung und Dokumentation informell erworbener Kompetenzen. In: Grundlagen der Weiterbildung, 6/2002, S.286-289. Frei, F., Duell, W. & Baitsch, C. (1984). Arbeit und Kompetenzentwicklung. Theoretische Konzepte zur Psychologie arbeitsimmanenter Kompetenzent- wicklung. Bern: Huber. Frerichs, F. (1999). Der Einsatz älterer Mitarbeiter im Betrieb. Angewandte Arbeitswissenschaft, 159, S. 1-18. Frevel, A. (2000). Bedarfsplanung als partizipative Qualifizierungsplanung. In: Bötel, C. & Krekel, E. (Hrsg.): Bedarfsanalyse, Nutzenbewertung und Bench-
marking: Zentrale Elemente des Bildungscontrollings. Bielefeld: W. Bertels-mann.
Frieling, E. (1999). Unternehmensflexibilität und Kompetenzerwerb. In: Arbeitsge- meinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´99. Aspekte einer neuen Lernkultur: Argumente, Erfahrungen, Konsequenzen. Münster: Waxmann.
242
Frieling, E. (2001). Neue Fakten zur Weiterbildung. In: QUEM-Report, Heft 68, S. 107-122. Berlin: ABWF. Frieling, E. (2004.). Lernen und Arbeiten. In: Arnold, R. & Lipsmeier, A. (Hrsg.): Handbuch der Berufsbildung. Opladen: Leske & Buderich. Frieling, E. & Sonntag, K. (1999). Lehrbuch Arbeitspsychologie. Bern: Huber. Frieling, E., Facaoaru, C., Benedix, A., Pfaus, H. & Sonntag, K.H. (1991). Tätigkeitsanalyse-Inventar. Theorie, Auswertung, Praxis. Handbuch und Ver- fahren. Landsberg / Lech: ecomed. Frieling, E., Bernard, H., Grote, S. & Kauffeld, S. (2000). Flexibilität und Kompe- tenz: Schaffen flexible Unternehmen kompetente und flexible Mitarbeiter. Münster: Waxmann. Frieling, E., Grote, S. & Kauffeld, S. (2000). Fachlaufbahnen für Ingenieure – Ein Vorgehen zur systematischen Kompetenzentwicklung. In: Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 54 (3), S. 165-174. Frieling, E., Bernard, H., Bigalk, D., Müller, R. F. (2001). Lernförderliche Arbeits-
plätze - Eine Frage der Unternehmensflexibilität? In: QUEM-Report, Heft 69, S. 109-139. Berlin: ABWF.
Frieling, E., Grote, S. & Kauffeld, S. (2003). Teiltätigkeitslisten als Methode der Kompetenzeinschätzung. In: Erpenbeck, J. & Rosenstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Frieling, E., Fölsch, T. & Schäfer, E. (2004). Berücksichtigung der Altersstruktur
der Bevölkerung in der Arbeitswelt von morgen. In: Speck, P. (Hrsg.): Employability - Herausforderungen für die strategische Personalentwicklung. Wiesbaden: Gabler.
Frieling, E., Bernard, H., Schäfer, E. & Fölsch, T. (2005). Lebensbegleitendes Ler-
nen im Unternehmen: Zwei Wege führen zum Ziel! In: Personalführung, Heft 1/2005. S. 38-46.
Frieling, E., Bernard, H., Bigalk, D. & Müller, R. (in Druck). Arbeitsorganisation und
Kompetenzentwicklung. Entwicklung eines Lernförderlichkeitsinventars. Münster: Waxmann.
Fuchs, T. & Conrads, R. (2003). Flexible Arbeitsformen. Arbeitsbedingungen, -belastungen und Beschwerden – eine Analyse empirischer Daten. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.
Literaturverzeichnis
243
Gebert, D. (1995). Interventionen in Organisationen. In: Schuler, H. (Hrsg.): Organisationspsychologie. Göttingen: Huber. Gerber, P. (2003). Qualipass – Dokumentation der persönlichen und fachlichen Kompetenzen. In: Erpenbeck, J. & Rosenstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Gnahs, D. & Krekel, E. (1999). Betriebliches Bildungscontrolling in Theorie und
Praxis. In: Krekel, E. & Seusing, B. (Hrsg.): Bildungscontrolling – ein Konzept zur Optimierung der betrieblichen Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Gnath, C. (1996). Organisationslernen. Theorie und Praxis der Veränderung. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag. Grote, S. (2002). Der flexible Mitarbeiter. München: Utz. Grote, S., Kauffeld, S. & Frieling, E. (in Vorb.). Kompetenzmanagement. Grünewald, U. & Moraal, D. (1995). Kosten der betrieblichen Weiterbildung in Deutschland. Ergebnisse und kritische Anmerkungen. Berlin & Bonn: BIBB. Grünewald, U., Moraal, D., Draus, F., Weiß, R. & Gnahs, D. (1998). Formen ar-
beitsintegrierten Lernens. Möglichkeiten und Grenzen der Erfassbarkeit. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): QUEM-Report, Heft 53. Berlin: ABWF.
Habenicht, T., Proß, G. & Werheit, U. (2002). Partizipation der Beschäftigten: Motor für Mitbestimmung und Voraussetzung für die Gestaltung einer integ- rierten Lern- und Arbeitskultur. In: Dehnbostel, P., Elsholz, U., Meister, J. & Meyer-Menk, J. (Hrsg.): Vernetzte Kompetenzentwicklung. Alternative Positionen zur Weiterbildung. Berlin: Sigma. Hacker, W. (1998). Allgemeine Arbeitspsychologie. Psychische Regulation von Arbeitstätigkeiten. Bern: Huber. Heinz, W. R. (1991). Berufliche und betriebliche Sozialisation. In: Lange, U., Harney, K., Rahn, S. & Stachowski, H. (Hrsg.): Studienbuch Berufliche Sozia- lisation: Theoretische Grundlagen und empirische Befunde zu Etappen der beruflichen Sozialisation. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Hentze, H. & Kammel, A. (1993). Personalcontrolling. Bern: Haupt. Herget, H. & Beicht, U. (2000). Weiterbildung am Nutzen orientiert steuern – betriebliche Praxis und Perspektiven. In: Bötel, C. & Krekel, E. (Hrsg.): Bedarfsanalyse, Nutzenbewertung und Benchmarking: Zentrale Elemente des Bildungscontrollings. Bielefeld: W. Bertelsmann.
244
Heyse, V. (2003). KODE X – Kompetenzexplorer. In: Erpenbeck, J. & Rosenstiel, L. (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Hilpert, A. (in Vorb.) Antezedenzien und Konsequenzen von Kompetenz bei industrieller Gruppenarbeit. Hofmann, L. & Regnet, E. (1994). Innovative Weiterbildungskonzepte. Göttingen: Verlag für angewandte Psychologie. Holling, H. & Liepmann, D. (1995). Personalentwicklung. In: Schuler, H. (Hrsg.): Organisationspsychologie. Göttingen: Huber. Holling, H. & Müller, G. (1995). Theorien der Organisationspsychologie. In: Schuler, H. (1995): Organisationspsychologie. 2te Auflage. Bern: Huber. Hummel, T. (2001). Erfolgsreiches Bildungscontrolling. Praxis und Perspektiven. 2te Auflage. Heidelberg: Sauer. Jansen, R. (2002). Der strukturelle Wandel der Arbeitswelt und seine Auswirkung
auf die Beschäftigten. In: Jansen, R. (Hrsg.): Die Arbeitswelt im Wandel. Weitere Ergebnisse aus der BIBB/IAB-Erhebung 1998/99 zu Qualifikation und Erwerbssituation in Deutschland. Berichte zur beruflichen Bildung. Heft 254. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Kailer, N. (1996). Controlling in der betrieblichen Weiterbildung. In: Münch, J. (Hrsg.): Ökonomie betrieblicher Bildungsarbeit. Berlin : Schmidt. Kailer, N., Eder, K. J. & Mayrhofer, J. (2000). Bildungscontrolling in österreichi- schen Unternehmen – Stand, Defizite, Praxisbeispiele. In: Bötel, C. & Krekel, M. (Hrsg.): Bedarfsanalyse, Nutzenbewertung und Benchmarking – Zentrale Elemente des Bildungscontrollings. Bielefeld: W. Bertelsmann. Kaltschmid, J. (1996). Biografische und lebenslauftheoretische Ansätze in der
Erwachsenenbildung. In: Tippelt, R. (Hrsg.): Handbuch Erwachsenenbildung / Weiterbildung. 2te überarbeitete und aktualisierte Auflage. Opladen: Leske & Buderich.
Kauffeld, S. (2000). Teamdiagnose. Göttingen: Hogrefe. Kauffeld, S. (in Vorb.). Kompetenzen messen, bewerten und entwickeln. Kirchhof, S. & Kreimeyer, J. (2003). Informelles Lernen im sozialen Umfeld – Lern-
ende im Spannungsfeld zwischen individueller Kompetenzentwicklung und gesellschaftlicher Vereinnahmung. In: Wittwer, W. & Kirchhof, S. (Hrsg.). In-formelles Lernen und Weiterbildung. Neue Wege zur Kompetenzentwicklung. München: Luchterhand.
Literaturverzeichnis
245
Kirchhöfer, D. (2000). Informelles Lernen in alltäglichen Lebensführungen. Chance für berufliche Kompetenzentwicklung. In: QUEM-Report, Heft 66. Berlin: ABWF.
Klemke, R., Kröplin, P. & Kluth, C. (2003). Ganzheitliches Kompetenzmanage- ment. In: Personalwirtschaft 02/2003, S. 26-31. Kluge, A. (1999). Erfahrungsmanagement in lernenden Organisationen. Göttingen: Verlag für angewandte Psychologie. Knöchel, W. (2000). Informelles Lernen zur selbständigen Gestaltung eigener Lernarrangements. In: QUEM-Materialien 38, S. 75-112. Berlin: ABWF. Knoll, J. (1999). Eigen-Sinn und Selbstorganisation. In: Arbeitsgemeinschaft
QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung ´99. Aspekte einer neuen Lernkultur: Argumente, Erfahrungen, Konsequenzen. Münster: Waxmann
Krapp, A. & Weidenmann, B. (1992). Entwicklungsförderliche Gestaltung von Lernprozessen. In: Sonntag, K.H. (Hrsg.): Personalentwicklung in Unter- nehmen. Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe. Krekel, E. & Gnahs, D. (2000). Bildungscontrolling in Deutschland: Ansätze, Stel- lenwert und Perspektiven. In: Bötel, C. & Krekel, E. (Hrsg.): Bedarfsanalyse,
Nutzenbewertung und Benchmarking: Zentrale Elemente des Bildungscont-rollings. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Krekel, E. & Seusing, B. (1999). Bildungscontrolling – ein Konzept zur Optimierung der betrieblichen Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann. Krekel, E., Bardeleben, R. & Beicht, U. (2001). Bildungscontrolling: Hintergrund,
Bedeutung und Definition. In: Krekel, E., Bardeleben, R., Beicht, U., Friet man, J., Kraayvanger, G. & Mayrhofer, J. (Hrsg.): Controlling in der betriebli-chen Weiterbildung im Vergleich. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Küpper, H.U. (1995). Controlling: Konzeption, Aufgaben und Instrumente. Stutt- gart: Schäfer-Poeschel. Lamnek, S. (1995). Qualitative Sozialforschung. Band 2, Methoden und Techni- ken. 3te, korrigierte Auflage. Weinheim: Beltz. Lamnek, S. (1998). Gruppendiskussion. Theorie und Praxis. Weinheim: Beltz.
246
Landsberg, G. (1991). Bildungscontrolling - What is likely going wrong? In: Landsberg, G. & Weiß, R. (Hrsg.): Bildungscontrolling, 2te Aufl. Stuttgart: Schäfer-Poeschel.
Link, J. (1996). Führungssysteme - strategische Herausforderung für Organisation, Controlling und Personalwesen. München: Vahlen. Lipsmeier, A. (2000). Der Betrieb als Lernort: Arbeiten und Lernen. In: Dewe, B.
(Hrsg.): Betriebspädagogik und berufliche Weiterbildung: Wissenschaft - For-schung – Reflexion. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Mertens, D. (1974). Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine mo-
derne Gesellschaft. In: Lange, U., Harney, K., Rahn, S. & Stachowski, H. (Hrsg.): Studienbuch Theorien der beruflichen Bildung. Grundzüge der Dis-kussion im 20. Jahrhundert. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Münch, J. (1995). Personal und Organisation als unternehmerische Erfolgsfakto- ren. Hochheim: Neres. Münch, J. (1996). Ökonomie betrieblicher Bildungsarbeit. Berlin : Schmidt. Osterloh, M. (2001). Wettbewerbsfähigkeit in der Wissensgesellschaft oder: Können Organisationen lernen? In: QUEM-Report, Heft 68, S. 123-140. Ber- lin: ABWF. Pech, U. (2001). Bildungscontrolling. Deskription, Klassifikation, Identitäten und Disparitäten. Aachen: Shaker-Verlag. Pongratz, H. & Voß, G. (2003). Arbeitskraftunternehmer. Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen. Hans-Böckler-Stiftung. Berlin: Sigma. Probst, G. & Büchel, B. (1994). Organisationales Lernen: Wettbewerbsvorteil für die Zukunft. Wiesbaden: Gabler. Probst, G., Deussen, A., Eppler, M. & Raub, S. (2000). Kompetenzmanagement. Wiesbaden: Gabler. Reglin, T. & Severing, E. (1995). Bildungsplanung im Betrieb – Strategien zur
Ökonomisierung betrieblicher Weiterbildung in kleinen und mittleren Unter- nehmen. In: Loebe, H. & Severing, E. (Hrsg.): Bildungsplanung im Betrieb. Wirtschaft &Weiterbildung, Band 8. Berufliche Fortbildungszentren der Baye-rischen Arbeitsgeberverbände e. V.: Nürnberg.
Regnet, E. (2002). Neue Methoden in der Weiterbildung. In: Becker, M. &
Schwertner, A. (Hrsg.): Personalentwicklung als Kompetenzentwicklung. München: Hampp.
Literaturverzeichnis
247
Reinberg, A. & Hummel, M. (2002). Qualifikation bestimmt Position auf dem Arbeitsmarkt. IAB-Kurzbericht, 15/2002. Reischmann, J. (2003). Weiterbildungsevaluation. Lernerfolge messbar machen. Neuwied: Luchterhand. Richter, F. (2000). Methodik der Querschnittsuntersuchungen. In: Bergmann, B. et al. (Hrsg.): Kompetenzentwicklung und Berufsarbeit. Münster: Waxmann. Ridder, H.-G. & Bruns, H.-J. (2002). Strategische Personalentwicklung und nach- haltige Wettbewerbsvorteile - Kompetenzmanagement aus ressourcenorien- tierter Sicht. In: Becker, M. & Schwertner, A. (Hrsg.): Personalentwicklung als Kompetenzentwicklung. München: Hampp. Romhardt, K. (2001). Die Organisation aus der Wissensperspektive – Möglichkei- ten und Grenzen der Intervention. Online-Publikation (Original: Gabler, 1995). Rosenstiel, von, L. (2001). Lernkultur Kompetenzentwicklung als Herausforderung
für die Wissenschaft. In: QUEM-Report, Heft 78: Weiterlernen neu gedacht. Erfahrungen und Erkenntnisse, S. 27-38. Berlin: ABWF.
Sattelberger, T. (1999a). Handbuch der Personalberatung. Realität und Mythos einer Profession. München: Beck. Sattelberger, T. (1999b). Wissenskapitalisten oder Söldner? Personalarbeit in Unternehmensnetzwerken des 21. Jahrhunderts. Wiesbaden: Gabler. Sauer, H. F. (1995). Die Ermittlung des betrieblichen Bildungsbedarfs als Voraus- setzung einer systematischen Personalentwicklung. Egelsbach: Hänsel- Hohenhausen. Schäfer, E. & Fölsch, T. (2005). Kompetenzentwicklungsprozesse in Unterneh- men. In: GfA (Hrsg.): Personalmanagement und Arbeitsgestaltung. Dort- mund: GfA-Press. Schiersmann, C. & Remmele, H. (2003). Neue Lernarrangements in Betrieben. Theoretische Fundierung – Einsatzfelder – Verbreitung. In: QUEM-Report, Heft 75. Berlin: ABWF. Schmoldt, H. (2000). Kompetenzentwicklung in lernenden Organisationen. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2000. Lernen im Wandel – Wandel durch Lernen. Münster: Waxmann Scholz, Ch. (2004). Employability bei "fortgeschrittenen" Spielern ohne Stammplatzgarantie. In: Speck, P. (Hrsg.): Employability – Herausforderun- gen für die strategische Personalentwicklung. Wiesbaden: Gabler.
248
Schreyögg, G & Noss, C. (1995). Organisatorischer Wandel: Von der Organisa- tionsentwicklung zur Lernenden Organisation. In: Die Betriebswirtschaft 55, S. 169-185. Schreyögg, G. & Kliesch, M. (2003). Rahmenbedingungen für die Entwicklung organisationaler Kompetenz. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): QUEM- Materialien, Heft 48. Schuler, H. & Prochaska, M. (1992). Ermittlung personaler Merkmale. In: Sonntag, K.H. (Hrsg.): Personalentwicklung in Unternehmen. Psychologische Grundla- gen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe. Schuler, H. & Stehle, (1992). Biografisch orientierte Fragebögen. In: Sonntag, K.H. (Hrsg.): Personalentwicklung in Unternehmen. Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe. Schuler, H. (1995). Organisationspsychologie. 2te Auflage. Bern: Huber. Schüßler, I. (2004). Lernwirkungen neuer Lernformen. QUEM-Materialien, Nr. 55. Berlin: ABWF. Seipel, c. & Rieker, P. (2003). Integrative Sozialforschung. Konzepte und Metho- den der qualitativen und quantitativen Sozialforschung. Weinheim und Mün- chen: Juventa. Senge, P. (1996). Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisa- tion. Stuttgart: Klett-Cora. Seusing, B. & Bötel, C. (2000). Bedarfsanalyse – die betriebliche Praxis der
Planung von Weiterbildungsbedarf. In: Bötel, C. & Krekel, E. (Hrsg.): Be-darfsanalyse, Nutzenbewertung und Benchmarking: Zentrale Elemente des Bildungscontrollings. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Severing, F. (1995). Qualitätssicherung arbeitsplatznaher Weiterbildung. In: Feuchthofen, J. & Severing, E. (Hrsg.): Qualitätsmanagement und Qualitäts- sicherung in der Weiterbildung. Grundlagen der Weiterbildung, S. 74–87. Neuwied, Kriftel, Berlin: Luchterhand. Simon, H. (1993). Wettbewerbsstrategien. In: Wittmann, W., Kern, W. & Köhler, R.
(Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Band 3. 5te Auflage, Sp. 4687-4704. Stuttgart: Schäfer-Poeschel.
Sonntag, K.H. (1992). Personalentwicklung in Unternehmen. Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe.
Literaturverzeichnis
249
Sonntag, K.H. & Schaper, N. (1992). Förderung beruflicher Handlungskompetenz. In: Sonntag, K.H. (Hrsg.): Personalentwicklung in Unternehmen. Psychologi-sche Grundlagen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe.
Speck, P. (2004). Employability – Herausforderungen für die strategische Perso- nalentwicklung. Wiesbaden: Gabler. Staehle, C. (1999). Management. Eine verhaltenswissenschafltliche Perspektive. 8te Auflage. München: Vahlen. Staffelbach, B. & Renggli, S. (2002). e-HR meets old HR. In: Organisationsent- wicklung, Heft 02/2002, S. 4-13. Stahl, Th. (2001). Internationales Monitoring zum Programmteil "Lernen im sozia-
len Umfeld“. Statusbericht 1. Institut für sozialwissenschaftliche Beratung (Quelle: www.abwf.de, 03/2003).
Staudt, E. (1995a). Technische Entwicklung und betriebliche Restrukturierung- oder: Innovation durch Integration von Personal- und Organisationsentwick- lung. In: Geißler, H. (Hrsg.): Organisationslernen und Weiterbildung. Die stra- tegische Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft. Neuwied: Luchter- hand. Staudt, E. (1995b). Integration von Personal- und Organisationsentwicklung in der
beruflichen Weiterbildung. In: Arnold, R. & Lipsmeiser, A. (Hrsg.): Handbuch der Berufsbildung. Opladen: Leske & Budrich.
Staudt, E. & Kley (2001). Formelles Lernen – informelles Lernen – Erfahrungsler- nen. In: QUEM-Report, Heft 69. Berufliche Kompetenzentwicklung in forme- llen und informellen Strukturen, S. 227-276. Berlin: ABWF. Staudt, E. & Kriegesmann, B. (2002). Zusammenhang von Kompetenz, Kompe-
tenzentwicklung und Innovation. In: Staudt, E. et al. (Hrsg.). Kompetenzent-wicklung und Innovation. Die Rolle der Kompetenz bei Organisations-, Unter-nehmens- und Regionalentwicklung. Münster: Waxmann.
Staudt, E., Kailer, N., Kottmann, M., Kriegesmann, B., Meier, A., Muschik, C., Ste-
phan, H. & Ziegler, A. (2002). Kompetenzentwicklung und Innovation. Die Rolle der Kompetenz bei Organisations-, Unternehmens- und Regionalent-wicklung. Münster: Waxmann.
Straka, G. A. (2000). Lernen unter informellen Bedingungen (informelles Lernen).
Begriffsbestimmung, Diskussion in Deutschland, Evaluation und Desiderate. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2000. Lernen im Wandel – Wandel durch Lernen. Münster: Waxmann.
250
Ulich, E. (1992). Lern- und Entwicklungspotenziale in der Arbeit – Beiträge der Arbeits- und Organisationspsychologie. In: Sonntag, K.H. (Hrsg.): Personal-entwicklung in Unternehmen. Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien. Göttingen: Hogrefe.
Ulrich, H. (1985). Organisation und Organisieren in der Sicht der systemorientier- ten Managementlehre. In: ZfO: 1/1985, S. 7-11. Ulrich, H. & Probst, G. (1995). Ganzheitliches Denken - ein Brevier für Führungs- kräfte. 4te Auflage. Stuttgart/Wien: Haupt. Voß, R. (1997). Praktische Statistik mit SPSS. München: Hanser. Wagner, U. (1997). Interaktive Sozialforschung. Zur Frage der Wissenschaftlich-
keit und Brauchbarkeit der Aktionsforschung. Weinheim: Deutscher Studien Verlag.
Wardanjan, B. (2000a). Berufsbiografie und Kompetenzentwicklung. In: Berg- mann, B. et al. (Hrsg.): Kompetenzentwicklung und Berufsarbeit. Münster: Waxmann. Wardanjan, B. (2000b). Zum Einsatz des Fragebogens zur Lernhaltigkeit von Ar- beitsaufgaben im Unternehmen. In: Bergmann, B. et al. (Hrsg.): Kompetenz- entwicklung und Berufsarbeit. Münster: Waxmann. Weiß, R. (1995). Betriebliche Weiterbildung im Kosten- und Leistungsvergleich. In:
Landsberg, G. & Weiß, R. (Hrsg.): Bildungscontrolling, 2te Auflage. Stuttgart: Schäfer-Poeschel.
Weiß, R. (1999). Erfassung und Bewertung von Kompetenzen – empirische und konzeptionelle Probleme. In: Arbeitsgemeinschaft QUEM (Hrsg.): Kompe- tenzentwicklung ´99. Aspekte einer neuen Lernkultur: Argumente, Erfahrun- gen, Konsequenzen. Münster: Waxmann. Weiß, R. (2000a). Ansätze und Schwierigkeiten einer Nutzenmessung in Betrie-
ben. In: Bötel, C. & Krekel, E. (Hrsg.): Bedarfsanalyse, Nutzenbewertung und Benchmarking: Zentrale Elemente des Bildungscontrollings. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Weiß, R. (2000b). Erfassung und Bewertung informell erworbener Kompetenzen –
realistische Möglichkeit oder bildungspolitische Utopie? In: Curvy, A., Hae- berlin, F., Michl, W. & Breß, H. (Hrsg.): Erlebnis Erwachsenenbildung: Zur Aktualität handlungsorientierter Pädagogik. Neuwied: Luchterhand.
Literaturverzeichnis
251
Weiß, R. (2002). Zeit- und Kosten-Sharing in der betrieblichen Weiterbildung. In: Becker, M. & Schwertner, A. (Hrsg.): Personalentwicklung als Kompetenz-entwicklung. München: Hampp.
Weiß, R. (2003). Betriebliche Weiterbildung 2001–Ergebnisse einer IW-Erhebung.
IW Trends 01/2003. Institut der deutschen Wirtschaft (www.iw-koeln.de, 03/2003)
Wieland, R. (2004). Arbeitsgestaltung, Selbstregulationskompetenz und berufliche
Kompetenzentwicklung. In: Wiese, B.: Individuelle Steuerung beruflicher Entwicklung – Kernkompetenzen in der modernen Arbeitswelt. Frankfurt: Campus.
Wiesner, D. (2004). Führung von Mitarbeitergesprächen. In: Speck, P. (Hrsg.): Employability – Herausforderungen für die strategische Personalentwicklung. Wiesbaden: Gabler. Wittwer, W. (2003). Lern für die Zeit, werd tüchtig fürs Haus. Gewappnet fürs
Leben trittst du hinaus. Förderung der Nachhaltigkeit des informellen Lernens durch individuelle Kompetenzentwicklung. In: Wittwer, W. & Kirchhof, S. (Hrsg.). Informelles Lernen und Weiterbildung. Neue Wege zur Kompetenz-entwicklung. München: Luchterhand.
Wittwer, W. & Kirchhof, S. (2003). Informelles Lernen und Weiterbildung. Neue Wege zur Kompetenzentwicklung. München: Luchterhand. Wittwer, W. & Münchhausen, G. (2001). Kompetenzentwicklung von Leiharbeits- kräften. In: Personalwirtschaft, Heft 06/2001, S. 62-68. Wottawa, H. & Thierau, H. (1998). Lehrbuch Evaluation. 2te völlig überarbeitete Auflage. Bern: Huber. Wucknitz, U. (2002). Handbuch Personalbewertung. Messgrößen, Anwendungs- felder, Fallstudien. Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Wunderer, R. & Jaritz, A. (2002). Unternehmerisches Personalcontrolling. Evalua-
tion der Wertschöpfung im Personalmanagement. 2te Auflage. Neuwied: Luchterhand.
Zöllner, U. (2003). Praxisbuch Projektmanagement. Das neue, umfassende Hand- buch für Führungskräfte und Projektmitarbeiter. Bonn: Galileo Business.
252
8 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklungstendenzen der betrieblichen Weiterbildung ............................. 34 Abbildung 2: Einflussfaktoren der beruflichen Kompetenz................................................ 38 Abbildung 3: Merkmale lernförderlicher Arbeitssysteme ................................................... 39 Abbildung 4: Befragungsmethoden/-formen...................................................................... 48 Abbildung 5: Möglichkeiten zur Bedarfsanalyse in der Praxis........................................... 51 Abbildung 6: Vorgehensweise zur Ermittlung des Bildungsbedarfs .................................. 52 Abbildung 7: Beispiel einer Teiltätigkeitsliste mit Soll-Tätigkeitsprofilen ........................... 60 Abbildung 8: Beispiel-Items der Skala Partizipation.......................................................... 63 Abbildung 9: Ausschnitt der Vorgesetzteneinschätzung der Skala Selbstständigkeit ....... 65 Abbildung 10: Ganzheitliches Kompetenzmanagement.................................................... 67 Abbildung 11: Messkriterien zur Nutzenbewertung........................................................... 71 Abbildung 12: Entwicklung der Beschäftigungsstruktur der chemischen Industrie ........... 76 Abbildung 13: Phasenmodell zur Vorgehensweise und eingesetzte Methoden................ 80 Abbildung 14: Projektorganisation..................................................................................... 81 Abbildung 15: Frage nach betrieblichen Lernformen ........................................................ 85 Abbildung 16: Frage nach Weiterbildungs-/ Personalentwicklungsmaßnahmen .............. 86 Abbildung 17: Frage nach dem Entwicklungsbedarf aus Sicht der Mitarbeiter ................. 87 Abbildung 18: Frage nach vorhandenen und auszubauenden Kompetenzen .................. 87 Abbildung 19: Ergebnisse des Pretest (n=35)................................................................... 88 Abbildung 20: Interviewleitfaden für Führungskräfte ......................................................... 90 Abbildung 21: Kompetenzentwicklungsplan einer Abteilung (Beispiel)............................. 95 Abbildung 22: Formales Qualifikationsniveau der Mitarbeiter im Produktionsbereich
P (n=120) ................................................................................................. 102 Abbildung 23: Lernformen der Mitarbeiter im Produktionsbereich P (n=120) ................. 103 Abbildung 24: Teilnahme an Weiterbildung der Mitarbeiter im Produktionsbereich
P (n=120) ................................................................................................. 104 Abbildung 25: Entwicklungsbedarf aus Sicht der Mitarbeiter im Produktionsbereich
P (n=120) ................................................................................................. 105 Abbildung 26: Vorhandene und auszubauende Kompetenzen aus Sicht der
Mitarbeiter (n=120)................................................................................... 106 Abbildung 27: Veränderungen und Anforderungen aus Sicht der Führungskräfte.......... 107 Abbildung 28: Kompetenzentwicklungsdatenbank im Produktionsbereich
P (Ausschnitt)........................................................................................... 109
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
253
Abbildung 29: Geplante Entwicklungsmaßnahmen nach Kompetenzfacetten und
Umsetzungsformen im Produktionsbereich P (4 Workshops=108 Maßnahmen).....110 Abbildung 30: Geplante Umsetzung von Maßnahmen zur Fach- und Methoden-
kompetenz ................................................................................................111 Abbildung 31: Geplante Umsetzung von Maßnahmen zur Sozial-, Selbst- und IT-
Kompetenz ...............................................................................................112 Abbildung 32: Erfassung des Umsetzungsstands erarbeiteter Entwicklungs-
maßnahmen..............................................................................................115 Abbildung 33: Evaluation des Umsetzungsstands im Produktionsbereich P...................116 Abbildung 34: Bewertung der Gruppenarbeit durch die Mitarbeiter (Ausschnitt, n=116).119 Abbildung 35: Grobkonzept zur Qualifizierung der Mitarbeiter ........................................123 Abbildung 36: Teiltätigkeitsliste der bestehenden Produktion (Ausschnitt) .....................125 Abbildung 37: Ausschnitt der Teiltätigkeitsliste für den neuen Produktionsbereich
(Grobstruktur) ...........................................................................................................126 Abbildung 38: Erstellung von Ist-Profilen der Mitarbeiter (Ausschnitt).............................128 Abbildung 39: Anforderungskatalog für Schulungen auf Basis von Teiltätigkeitslisten ..129 Abbildung 40: Erfassung überfachlicher Kompetenzen in den Teiltätigkeitslisten...........130 Abbildung 41: Vermischung von Teiltätigkeiten und Schulungsinhalten .........................133 Abbildung 42: Evaluationsbogen zur Bewertung des Qualifizierungskonzepts ...............135 Abbildung 43: Bewertung der Maßnahmen von Hersteller und Kollegen (n=26).............137 Abbildung 44: Bewertung der Einweisung durch Vorgesetze und selbst
durchgeführte Einweisungen (n=26) ........................................................138 Abbildung 45: Bewertung der fachübergreifenden Maßnahmen (n=26)..........................139 Abbildung 46: Vergleich der Maßnahmen hinsichtlich erzielter Lerneffekte ....................140 Abbildung 47: Weiterentwicklung des Teiltätigkeitslistenkonzepts ..................................143 Abbildung 48: Lernformen der Gruppe Produktion H (n=42) ...........................................145 Abbildung 49: Weiterbildungen und Entwicklungsbedarf der Gruppe
Produktion H (n=42) .................................................................................146 Abbildung 50: Entwicklung des Krankenstandes der Gruppe Produktion H....................147 Abbildung 51: Lernförderlichkeit des Arbeitsbereichs aus unterschiedlichen
Sichtweisen ..............................................................................................148 Abbildung 52: Spannweite und Mittelwert der LFI-Beobachtungsinterviews (n=35)........149 Abbildung 53: Maßnahmen zur Steigerung der Lernförderlichkeit (Ausschnitt) ..............151 Abbildung 54: Schulungskonzept der Lernförderlichkeitstage.........................................154 Abbildung 55: Fragebogen zur Evaluation der Lernförderlichkeitstage durch die
Mitarbeiter.................................................................................................159 Abbildung 56: Bewertung des Ablaufs und der Erwartungserfüllung (n=82) ...................160
254
Abbildung 57: Bewertung des Nutzens aus Sicht der Mitarbeiter (n=82)........................ 161 Abbildung 58: Bewertung des Nutzens aus Sicht der Mitarbeiter (n=82)........................ 161 Abbildung 59: Bedarf nach weiteren (Lern-) Veranstaltungen und Bewertung der
Einsatzflexibilität aus Sicht der Mitarbeiter (n=82) ................................... 162 Abbildung 60: Lernförderlichkeit nach Einführung von Bildschirmprüfgeräten................ 163 Abbildung 61: Vergleich verschiedener Arbeitsplätze hinsichtlich der Lernförderlichkeit 165 Abbildung 62: Lernförderlichkeitsanalysen und Vorgesetzteneinschätzungen im
untersuchten Unternehmensbereich im Vergleich zu
überbetrieblichen Studien ........................................................................ 166 Abbildung 63: Lernformen im Vergleich (Unternehmen A und B) ................................... 174 Abbildung 64: Vergleich der Teilnahme an formaler Weiterbildung gewerblicher
und administrativer Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt)................ 175 Abbildung 65: Vergleich des Entwicklungsbedarfs gewerblicher und administrativer
Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt) ................................................ 177 Abbildung 66: Vergleich der besuchten Weiterbildungen und des Entwicklungsbedarf
gewerblicher Beschäftigungsgruppen (Unternehmen B, N=143)............. 178 Abbildung 67: Vergleich der Anforderungen für gewerbliche und administrative
Zielgruppen aus Sicht der Führungskräfte (Unternehmen A, Ausschnitt) 180 Abbildung 68: Vergleich der geplanten Entwicklungsmaßnahmen für gewerbliche
und administrative Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt)................. 182 Abbildung 69: Vergleich der geplanten Entwicklungsmaßnahmen für gewerbliche
Zielgruppen (Unternehmen A und B) ....................................................... 183 Abbildung 70: Vergleich der geplanten Umsetzungsformen für gewerbliche und
administrative Zielgruppen (Unternehmen A, Ausschnitt) ........................ 184 Abbildung 71: Vergleich der geplanten Umsetzungsformen für gewerbliche
Zielgruppen (Unternehmen A und B) ....................................................... 185 Abbildung 72: Umgesetzte Maßnahmen (Unternehmen A, Ausschnitt) .......................... 187 Abbildung 73: Umgesetzte Maßnahmen bei gewerblichen Zielgruppen
(Unternehmen B)...................................................................................... 188 Abbildung 74: Interview-Leitfaden zur Bewertung der Vorgehensweise a us Sicht
der Vorgesetzten....................................................................................... 190 Abbildung 75: Bewertung der Vorgehensweise durch Führungskräfte gewerblicher
(n=23) und administrativer Bereiche (n=16)............................................. 191 Abbildung 76: Gesamtnutzen aus Sicht von Führungskräften gewerblicher (n=23)
und administrativer Bereiche (n=16) ........................................................ 192 Abbildung 77: Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung (Unternehmen A, n=627) .............. 195
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
255
Abbildung 78: Vergleich des Gesamtnutzen gewerblicher und administrativer
Mitarbeiter (Unternehmen A, n=518) ........................................................196 Abbildung 79: Bewertung der Informationsgrundlage von Mitarbeitern, die den
Entwicklungsplan kennen bzw. nicht kennen (Unternehmen A, n=572)....197 Abbildung 80: Bewertung des Gesamtnutzens von Mitarbeitern, die an Maßnahmen
teilgenommen bzw. nicht teilgenommen haben
(Unternehmen A, n=627)..........................................................................198 Abbildung 81: Quantitative Ausprägungen des Entwicklungsbedarfs nach
Erhebungsform (Unternehmen A) ............................................................208 Abbildung 82: Partizipative Erarbeitung von Entwicklungsmaßnahmen für
gewerbliche Bereiche (Unternehmen A, Ausschnitt) ................................211 Abbildung 83. Umsetzung von Maßnahmen in einem Produktionsbereich mit ca. 100
Mitarbeitern, geringes Interesse des Vorgesetzten an
Kompetenzentwicklung.............................................................................213 Abbildung 84: Umsetzung von Maßnahmen in einem Produktionsbereich mit ca. 80
Beschäftigten, Interesse des Vorgesetzten an Kompetenzentwicklung ...214 Abbildung 85: Lernformen nach Tätigkeitsgruppen .........................................................222 Abbildung 86: Entwicklungsinteressen/ -ziele der Mitarbeiter nach Tätigkeitsklassen ...224 Abbildung 87: Entwicklungsschwerpunkte der Mitarbeiter nach Tätigkeitsklassen .........226
256
9 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Teilnahme an beruflicher Weiterbildung (in Prozent) ......................................... 6 Tabelle 2: Aufbau der vorliegenden Arbeit ........................................................................ 13 Tabelle 3: Merkmale formeller, informeller und erfahrungsbasierter Lernprozesse .......... 26 Tabelle 4: Formen der betrieblichen Kompetenzentwicklung............................................ 35 Tabelle 5: Nutzung der verschiedenen Kompetenzentwicklungsformen (in %) ................ 36 Tabelle 6: Struktur der Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbeiter ..................................... 84 Tabelle 7: Datenstruktur der Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbeiter ............................ 92 Tabelle 8: Klassifizierung des Entwicklungsbedarfs.......................................................... 93 Tabelle 9: Praxisorientierte Bewertungskriterien............................................................... 97 Tabelle 10: Struktur der Fallbeispiele................................................................................ 99 Tabelle 11: Statistische Merkmale der Mitarbeiter im Produktionsbereich P .................. 101 Tabelle 12: Statistische Merkmale der Gruppe Produktion C ......................................... 123 Tabelle 13: Zusammensetzung der Stichprobe (n=26) ................................................... 136 Tabelle 14: Überblick der empirischen Erhebungen in den Unternehmen...................... 170 Tabelle 15: Merkmale der untersuchten Zielgruppen...................................................... 173 Tabelle 16: Bewertung des Gesamtnutzens in Abhängigkeit von der Kenntnis des
Entwicklungsplans (n=521) .......................................................................... 216 Tabelle 17: Bewertung des Gesamtnutzens in Abhängigkeit von der Teilnahme an
Maßnahmen (n=513) ................................................................................... 217 Tabelle 18: Gesamtnutzen in Abhängigkeit vom Grad der Beteiligung (n=517) ............. 218 Tabelle 19: Merkmale der untersuchten Stichprobe nach Tätigkeitsklassen .................. 220
Anhang A
257
10 Anhang
Anhang A: Befragungs-Leitfaden zur Bedarfsanalyse aus Sicht der Mitarbeiter ________________________________________________________________________
Information zu diesem Befragungs-Leitfaden
Mit dem Projekt NAME sollen passgenaue Konzepte zur Kompetenzentwicklung für Sie und Ihre Kolleginnen/Kollegen erarbeitet werden. Hierfür ist es wichtig, den momentanen Stand Ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten kennen zu lernen, das geschieht mit diesem Leitfaden. Wir bitten Sie, sich einige Minuten Zeit zu nehmen um den Leitfaden zu bearbei-ten. Möglicherweise können Sie nicht alle Fragen beantworten - das ist völlig normal und liegt daran, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen den gleichen Bogen erhal-ten. Falls Sie zur Bearbeitung des Leitfadens Fragen haben oder Hilfe benötigen, er-reichen Sie die Projektmitarbeiter entweder per Mail (E-MAIL) oder telefonisch unter (Tel.Nr. / NAME). Sie haben weiterhin die Gelegenheit, den Leitfaden mit einem der Projektmitar-beiter persönlich zu besprechen. Falls Sie dies wünschen, wenden Sie sich bitte ebenfalls direkt an das Projekt-Team. Auch im Rahmen der Gruppen-/Teamgespräche oder während bestimmter "Sprechzeiten" (siehe Aushang am schwarzen Brett) haben Sie die Möglichkeit, den Kompetenz-Leitfaden zu besprechen oder Fragen zu stellen. Den ausgefüllten Leitfaden senden Sie bitte in einem verschlossenen Umschlag über die Hauspost an das Projekt -Team (ADRESSE) Selbstverständlich ist die Bearbeitung des Leitfadens völlig freiwillig. Um Ihre persönlichen Bedürfnisse und Wünsche zu berücksichtigen, ist Ihre Teilnahme jedoch besonders wichtig. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.
258
1 Allgemeine Daten
Name: Vorname:
Personalnummer: weiblich männlich
Geburtsdatum: Eintrittsdatum:
Gewerblich Administrativ Vollzeit Teilzeit
Fachbereich / Abteilung (Bereichsbezeichnung/Kostenstelle):
Aktuelle Berufs-/Tätigkeitsbezeichnung: 2 Berufsbiografie
Welche schulische Ausbildung haben Sie? (bitte höchste angeben)
Keine abgeschlossene Schulbildung Hauptschule / Volksschule (oder vergleichbarer Abschluss) Realschule / mittlere Reife (oder vergleichbarer Abschluss) Abitur / Fachabitur (oder vergleichbarer Abschluss) Sonstiges:
Welche Berufsausbildung haben Sie? (Mehrfachnennungen sind möglich)
Keine Berufsausbildung Ausbildung als: Abschlussjahr: Umschulung zum/zur: Techniker/Meister/Fachwirt (Fachrichtung): Fach-/Fachhochschule (Fachrichtung): Hochschule/Universität (Fachrichtung): Akademische Weiterbildung (MBA, Promotion, Habilitation): Sonstiges:
3 Berufserfahrungen
Haben Sie vor Eintritt in das Unternehmen in anderen Betrieben gearbeitet? ja nein
Jahr (von-bis) Dauer (in Monaten) Branche Tätigkeit
Anhang A
259
Haben Sie Erfahrung mit Gruppenarbeit? ja nein
vor xx bei xx
Mitarbeit in Gruppen oder Teams
Tätigkeit als Gruppen- oder Teamsprecher
Verfügen Sie über Projekterfahrung? ja nein
Wenn ja, bitte ankreuzen:
Projekt Leitung vor xx bei xx
Kaufmännische Projekte
Qualitätsmanagement
Technische Projekte
Personalentwicklung / Organisationsentwicklung
EDV- / IT-Projekte
Sonstiges
Haben Sie im Ausland gearbeitet? ja nein
Wenn ja, bitte machen Sie Zusatzangaben:
Jahr (von - bis) Dauer (in Monaten) Land Tätigkeit
Haben Sie Sprachkenntnisse? ja nein
Wenn ja, welche: ........................................................................................ 4 Aktuelle Tätigkeiten Haben Sie in verschiedenen Bereichen / Abteilungen gearbeitet? ja nein
Bisherige Tätigkeiten im Unternehmen
Zeitraum (von - bis) Bereich/Abteilung Position/Kurzbeschreibung der Haupttätigkeiten
260
Bitte nennen Sie die sechs wichtigsten Kenntnisse und Fertigkeiten für Ihre Tätigkeit:
1..................................................................... 4 .............................................................................
2..................................................................... 5 .............................................................................
3..................................................................... 6 .............................................................................
5 Kompetenzentwicklung Wie erlernen Sie die Kenntnisse und Fertigkeiten, die Sie zur täglichen Arbeit benöti-gen? (Mehrfachnennungen sind möglich)
Durch die Berufsausbildung Durch selbstorganisiertes/eigenständiges Lernen Durch Kollegen (Einweisung, Anlernen, Einarbeiten, etc.) Durch Vorgesetzte (Einweisung, Anlernen, Einarbeiten, etc.) Durch Erfahrungen im Rahmen der täglichen Arbeit Durch Weiterbildungsmaßnahmen des Personalwesens / der PE-Abteilung Durch abteilungsinterne Weiterbildungsmaßnahmen Durch private Weiterbildungsmaßnahmen (Meister-, Technikerschule, Fernkurse etc.) Durch Computer Based Training (CBT) / Web Based Training (WBT), E-Learning Sonstiges:
Haben Sie im Unternehmen an Weiterbildungs- bzw. Personalentwicklungsmaßnahmen (z. B. Schulungen, Seminare, Kurse) teilgenommen? ja nein
Thema Inhalt Dauer (h) 1. Arbeitssicherheit / Umweltschutz: ca. 2. Technische Prozesse und Verfahren: ca. 3. Qualitätsmanagement: ca. 4. Informationstechnologie / Software: ca. 5. Projektmanagement: ca. 6. Problemlösung und Entscheidungsfindung: ca. 7. Gruppen- / Teamarbeit: ca. 8. Kommunikation / Konflikt: ca. 9. Methodentraining (z. B. Moderation): ca. 10. Persönlichkeitstraining: ca. 11. Kaufmännisches Wissen: ca. 12. Produkte und Therapiefelder: ca. 13. Vertrieb/Marketing: ca. 15. Fremdsprachen: ca. 16. Führung: ca. 17. Interkulturelle Kompetenz: ca. 18. Sonstiges
Anhang A
261
Folgende (Entwicklungs-/ Weiterbildungs-) Maßnahmen würden mir/meiner Gruppe die Ar-beit erleichtern:
....................................................................... .............................................................
....................................................................... .............................................................
....................................................................... .............................................................
....................................................................... .............................................................
Welche beruflichen Entwicklungsziele/ -interessen haben Sie für die kommenden Jahre?
....................................................................... ...............................................................
....................................................................... ...............................................................
....................................................................... ...............................................................
Vorhanden Auszubauen Besondere Fähigkeiten und Stärken
bitte hier 3 Angaben bitte hier 3 Angaben
a) Flexibilität (z.B. Übernehmen neuer Aufgaben/ Tätigkeitsbereiche) b) Manuelle Fertigkeiten c) Kommunikationsfähigkeit d) Kreativität e) Problemlösefähigkeit f) Strategisches Denken g) Teamfähigkeit h) Methodisches Vorgehen i) Sonstige Fähigkeit:
Raum für Ihre Anmerkungen: ........................................................................................................................
...........................................................................................................................................................................
...........................................................................................................................................................................
...........................................................................................................................................................................
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
262
Anhang B: Interview-Leitfaden zur Bedarfsanalyse aus Sicht der Führungskräfte ________________________________________________________________________
Erfassung der zukünftigen
Ziele
Veränderungen Anforderungen
Kompetenzentwicklungsbedarfe
Interview geführt mit: ........................................................................................................
Interview geführt von: ........................................................................................................
Interview geführt am: ........................................................................................................
Zentralbereich/Sparte: ......................................................................................................
Abteilung:...........................................................................................................................
Anzahl Mitarbeiter:
Hauptaufgaben der Abteilung oder Gruppe: ..
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
Bemerkungen:.........................................................................................................
..............................................................................................................................
..........................................................................................................................................................
Anhang B
263
A) Erfassung von Zielen / Veränderungen in den Abteilungen
A 1) Welche (strategischen) Ziele hat Ihre Abteilung / Ihr Bereich in der
laufenden / kommenden Planungsperiode? (Planungshorizont / Zeitraum)
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
A 2) Stehen organisatorische, technische oder personelle Veränderungen in Ihrer
Abteilung / Ihrem Bereich an?
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
B) Erfassung von künftigen Anforderungen an die Mitarbeiter
B 1) Welche zukünftigen Anforderungen an die Mitarbeiter sind absehbar / leiten sich aus
den Veränderungen ab?
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
...........................................................................................................................................
B 2) Welche Fähigkeiten und Stärken werden zukünftig verstärkt erforderlich sein?
Bereich/Gruppe/Team Bereich/Gruppe/Team
bitte jeweils 3 Angaben ________________ ________________
a) Flexibilität b) Manuelle Fertigkeiten c) Kommunikationsfähigkeit d) Kreativität e) Organisationsgeschick f) Strategisches Denken g) Teamfähigkeit h) Methodisches Vorgehen i) Sonstige Fähigkeit (eintragen):
264
Anhang C: Fragebogen zur Abschlussbefragung der Mitarbeiter _______________________________________________________________________
Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter!
Im Jahr 2002 wurde das Projekt mit dem Auftrag einer Bildungsbedarfsanalyse gestartet.
An der dazugehörigen Befragung beteiligte sich nahezu jeder zweite Mitarbeiter am
Standort. Workshops in allen Unternehmensbereichen konkretisierten die notwendigen
Bildungsmaßnahmen. Die Ergebnisse wurden in Protokollen festgehalten, die langfristig umgesetzt werden.
Um Hinweise zum Projekt aus Ihrer Sicht aufzunehmen, bitten wir Sie, die folgenden Fra-
gen zu beantworten. Dies wird nicht mehr als 5 Minuten in Anspruch nehmen. Bitte lesen
Sie die Fragen genau durch. Ihre Angaben sind anonym, eine Rückverfolgbarkeit der Daten ist ausgeschlossen. Bitte verwenden Sie nach dem Ausfüllen den beiliegenden
Umschlag und senden Sie ihn geschlossen per Hauspost an das Projekt-Team (Adres-
se). Sie leisten damit einen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung des Projekts.
Für Ihre Mitwirkung bedanken wir uns herzlich. Bitte geben Sie zunächst an, wie Sie sich an dem Projekt beteiligt haben:
(Mehrfachnennungen sind möglich) bitte
ankreuzen
- Bedarfsanalyse für Mitarbeiter (Interview oder Fragebogen) - Bedarfsanalyse für Führungskräfte - Teilnahme an einem Entwicklungs-Workshop - Keine Teilnahme - Sonstiges:
ja eher ja eher nein nein
1. Durch das Projekt wurde eine für mich ausreichende Informati-onsgrundlage geschaffen
2. Ich habe mir selbst Informationen beschafft Wenn ja, woher (bitte eintragen):
3. In meiner Abteilung wurden die Ergebnisse aus der Bedarfs-analyse zurückgemeldet (Flyer / Präsentation)
4. Der Entwicklungsplan mit den vereinbarten Weiterbildungs-maßnahmen für meine Abteilung ist mir bekannt
5. In dem Entwicklungsplan sind Weiterbildungsmaßnahmen ent-halten, die für mich sinnvoll sind
6. Ich habe bereits an Kompetenzentwicklungs- bzw. Weiterbil-dungsmaßnahmen teilgenommen, die durch das Projekt ange-regt wurden
Anhang C
265
7. Falls ich an keiner Maßnahme teilgenommen habe: Die größten Schwierigkeiten für eine Umsetzung der Maßnahmen sehe ich in folgenden Gründen (bitte ankreuzen, Mehrfachnennungen sind möglich):
kein Bedarf unklare Regelungen
kein Interesse fehlende Unterstützung durch: …………………………
kein Angebot ……………………………………………….………………
zu wenig Zeit sonstiges: …………………………………………………
ja eher ja eher nein nein
8. Die Teilnahme an Maßnahmen ist geplant
9. Die Maßnahmen, an denen ich selbst teilgenommen habe, wa-ren nützlich für meine tägliche Arbeit
10. Allgemein schätze ich die durch das Projekt angeregten und umgesetzten Maßnahmen in meinem Fachbereich / Abteilung als nützlich ein (auch wenn ich nicht selbst, sondern z. B. Kollegen an Maßnahmen teilgenommen haben)
In welcher Hinsicht (bitte eintragen, z. B. bessere Informationslage, bessere Teamkultur, bessere Zusammenarbeit etc.):
11. Den Gesamtnutzen des Projekts schätze ich persönlich als hoch ein
In welcher Hinsicht (bitte eintragen):
12. Das Projekt hat mir das Thema Weiterbildung/ Kompetenzent-wicklung näher gebracht
Wichtige Angaben, bitte ankreuzen
Sie sind... männlich Gewerbliche/r Mitarbeiter/-in
weiblich Administrative/r Mitarbeiter/-in Führungskraft
Alter:.............Jahre Betriebszugehörigkeit:.................Jahre
Bereich / Abteilung:……………………………………………………..………………….
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!