substanzbezogene störungen bei Älteren - deutscher … · - depressionen - dementielle prozesse -...
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Gliederung
1. Der Begriff ‚Alter‘ – Wann ist alt alt?
2. Zunahme substanzbezogener Störungen im Alter – Demographische Entwicklungen
3. Was ist anders? – Spezifika höheren Lebensalters
4. Epidemiologie / Charakteristika
5. Alkohol
6. Medikamente
7. Tabak
8. Fachklinik Fredeburg – Behandlungsansätze, Konzepte, Ergebnisse
9. HAMAB – Vernetzung von Sucht- und Altenhilfe als Modellprojekt des BMG
Wann ist alt alt?
Altern bedeutet�Normales Altern: alterstypische Einbußen auf somatischer
und psychischer Ebene�Optimales Altern: weitgehender Erhalt von Autonomie und
Lebenszufriedenheit�Pathologisches Altern: Auftreten von Krankheiten,
Funktionseinschränkungen, Verkürzung der Lebensspanne, sinkende Lebenszufriedenheit
�Annahme Wachstum und Entwicklung werden weniger wichtig, Abschied, Krankheit und Tod werden wichtigere Themen
�„Drittes“ vs. „Viertes Lebensalter“
Zunahme substanzbezogener Störungen im Alter
Demographische Entwicklung
�Die Geburtenstarken Jahrgänge kommen ins Alter
�Überproportionaler Anstieg der Lebenserwartung
- 1990 waren 8% der Bevölkerung über 60 Jahre alt
- derzeit sind es über 22 %
- aktuell sind 3,5% der Bevölkerung über 80 Jahre alt
- 2020 werden es 6,6% sein
�Zwei Drittel der über 65-Jährigen sind Frauen
�Drei Viertel der über 80-Jährigen sind Frauen
Dipl.-Psych. C. Fortmann, Bad
Fredeburg:
Zunahme substanzbezogener Störungen im Alter
Demographische Entwicklung
�Jede nachfolgende deutsche Kindergeneration ist um ein Drittel kleiner als die ihrer Eltern (seit 1970)
�Heutige Kinder haben eine 50% Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden
�Die Zahl der Älteren und Alten übertrifft die der Kinder und Jugendlichen
Zunahme substanzbezogener Störungen im Alter
Eine Häufigkeitszunahme substanzbezogenerStörungen im Alter ist zukünftig wahrscheinlich:
� Zunahme älterer Menschen
� Medizinischer Fortschritt
� „Neue“ Alte- andere Konsummuster- andere Lebensentwürfe- anderer Anspruch an psychisches Wohlbefinden
� Individuation
� Frauen: Generation mit selbstverständlicherem Alkoholkonsum erreicht Altersgrenze� Männer: Generation steigenden Wohlstands vs. wachsendes Gesundheitsbewusstsein
Was ist anders? Psychische Komorbidität
� 25% der >60-Jährigen leiden unter psychischen Störu ngen:
- Depressionen
- Dementielle Prozesse
- Schlafstörungen
- Sucht und Missbrauch
� Die höchsten Suizidraten haben Ältere, v.a. Männer
Was ist anders? Soziale Situation
�Geringerer Dichte an sozialen Kontakten
�Geringere Teilnahme am „öffentlichen Leben“
�Geringere Mobilität
�Geringere soziale Kontrolle
�Häufige Verwitwung, besonders bei älteren Frauen
�Vereinsamung
�Große ökonomische Unterschiede
�Durch den Alkoholismus und seine Folgen häufige Verwahrlosung
Was ist anders? Somatische Komorbidität
�Herz- Kreislauferkrankungen
�Krebserkrankungen
�Stoffwechselerkrankungen, bes. Diabetes mellitus
�Degenerative Erkrankungen des Skelettsystems
�Urologische Erkrankungen
�Pneumologische Erkrankungen
�Ophthalmologische Erkrankungen
�Schwerhörigkeit
Was ist anders?
Altersbedingte Stoffwechseländerungen
�Alkohol wirkt schneller, stärker und länger
- geringeres Verteilungsvolumen (weniger Wasser und
Muskelmasse)
- verminderter Abbau in der Leber
�Die Wirkdauer von Medikamenten verlängert sich
�Der Wirkspiegel wird später erreicht
�Manche Medikamente sind für ältere Menschen nicht geeignet (Priscus-Liste, Holt, Schmiedl, Thürmann: priscus. net)
Gerontopsychiatrische Aspekte
Altersabhängige mittlere Prävalenzrate Demenz (%)
1,22,8
5,8
13,3
22,6
33,5
7,1
0
5
10
15
20
25
30
35
40
65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90+ >65
Psychische Komorbidität Demenz nach Bickel 2002
Gerontopsychiatrische Aspekte
Depression
�Prävalenz: Etwa so häufig wie in jüngeren Jahren�Frauen > Männer�Bei Heimbewohnern 40% (Weyerer et al. 1995)�Gehäuft bei:� - Demenzen� - akuten körperlichen Erkrankungen, bes. Apoplex� - chronische körperl. Erkrankung und Behinderung� - schlechte ökonomische Situation� - Verwitweten und Geschiedenen
�Depressive Ältere haben eine wesentlich erhöhte Mortalität
Gerontopsychiatrische Aspekte
Schlafstörungen
�Ca. 25% der > 65-J. leiden unter einer schweren Insomnie
� (Hohagen et al. 1994)
�Die Ursachen unterscheiden sich bei Älteren:
� - Körperliche Erkrankungen und Lärm �
� - Persönliche und berufliche Probleme �
Epidemiologie
Riskanter Alkoholkonsum im Alter ab 60 Jahre
mehr als 30g (Männer) bzw. 20g (Frauen) täglich nach WHO(aber: NIAAA und American Geriatric Society: 14g Männer und Frauen)
�26% der Männer
� 8% der FrauenBühringer et al., 2000
Generell: Angabe eines Grenzwerts wird mit zu-nehmendem Alter schwieriger, weil Gesundheitszuständestärker variieren und die Zahl der Risikofaktoren zunimmt
Epidemiologie
�Ca. 400.000 Männer und Frauen über 60 Jahre haben ein „Alkoholproblem“.
�2-3% der Männer
�0,5-1% der Frauen
Kraus & Augustin, 2005
Abhängiger Konsum - Alkohol
In stationären Einrichtungen der Altenhilfe sind �25 % der Männer alkoholabhängig�5% der Frauen alkoholabhängig�Gesamt: ca 10%
Die Betroffenen�Stehen häufiger unter gesetzlicher Betreuung�Verfügen über geringerer soziale Ressourcen�Sind bei der Aufnahme durchschnittlich 62 Jahre alt (zum Vergleich
nicht Abhängige: 78 Jahre alt)
Rumpf & Weyerer 2006
Abhängiger Konsum
Symptome der Alkoholabhängigkeit im Alter:
�häufige Stürze�Durchfälle�Fehlernährung�nachlassende Leistungsfähigkeit�Hirnleistungsstörungen, besonders mnestische Störungen�Antriebs- und Interesselosigkeit�sozialer Rückzug�nachlassende Körperhygiene�Verwahrlosung
Abhängiger Konsum - Diagnostik
Abhängigkeitssyndrom nach ICD-10 (3 von 6 Kriterien während des letzten Jahres)
�Starker Wunsch oder Zwang, zu konsumieren�Minderung der Kontrolle über Beginn, Umfang und Beendigung des
Konsums�Toleranzentwicklung�Auftreten von Entzugserscheinungen�Vernachlässigung anderer Neigungen und Interessen zugunsten des
Konsums�Fortführung des Konsums trotz eindeutig eingetretener körperlicher
oder psychischer Folgeschäden
Abhängiger Konsum - Diagnostik
�Konsummuster insgesamt weniger auffällig (eher Spiegel als Exzess)
�Trinkorte eher im Verborgenen
�Primärärzte erkennen alkoholbezogene Störungen bei Älteren seltener als bei Jüngeren (37% versus 60%)
Curtis et al., 1989
- Symptome wie Vergesslichkeit, Verwahrlosung, Zittern, Schwindel
Stürze werden als Alterssymptome missverstanden
Abhängiger Konsum
�Interventionen erfolgen noch seltener
Curtis et al. 1989
- Resignierte Haltung
- Hilflosigkeit
- Unwissen über existierende Behandlungsmöglichkeiten
- Fehleinschätzung der Prognose
�Dabei: Prognose bei Älteren ist eher gut (Lemke & Moos, 2003), Ältere weisen geringere Anzahl alkoholbezogener Probleme auf, sind weniger ausgeprägt abhängig
Abhängiger Konsum
Typologie des AltersalkoholismusEarly-onset-Trinker
Late-onset-Trinker
Droller, 1964
Mischformen
Abhängiger Konsum
Besonderheiten des Late-onset-Alkoholismus
Später Beginn
Manifestation an kritischen Übergängen oder „Lebens aufgaben“
Höhere psychische Stabilität
Geringere psychische Komorbidität
Mehr Ressourcen
Bessere Behandlungsprognose
Abhängiger Konsum
Genetische Subtypen nach Cloninger, Cloninger 1987
� Typ I: Milieutyp, später Beginn
� Typ II: früher Beginn, schwere soziale Folgen, nur Männer
Typologie nach Babor, empirisch begründet Babor et al., 1992
� Typ A: später Beginn, günstige Prognose
� Typ B: früher Beginn, höhere Kindheitsrisiken, fami liäre Belastung, häufiger Rückfälle
Alcohol-related harm in the EU
nach Rehm J 2006
European Communities 2006http://ec.europa.eu/health_consumer/indexe.html
Medikamente
Beruhigungs- und Schlafmittel (Sedativa, Hypnotika) mit
Suchtpotenzial
� BZD = Benzodiazepine
� Z-drugs
Beruhigungs- und Schlafmittel (Sedativa, Hypnotika) ohne
Suchtpotenzial
� Neuroleptika
� Antidepressiva
Analgetika mit Suchtpotenzial
� Opiate
Epidemiologie - Medikamente
�Zwischen 5-10% der über 60-Jährigen haben einen problematischen Gebrauch von psychoaktiven Medikamenten bzw. von Schmerzmitteln
�Das sind 1-2 Millionen Menschen!
�Psychopharmaka Verordnungen steigen mit dem höheren Lebensalter deutlich an
Epidemiologie - Medikamente
Benzodiazepine
�Exponentieller Anstieg der Verordnungen mit zunehmenden Alter�Überrepräsentanz von Frauen (Glaeske 1996)�Häufiger Verordnung bei mehreren körperlichen Erkrankungen (Glaeske 1996)�26% der über 70-Jährigen in Berliner Heimen nehmen Psychopharmaka, davon
entfallen die Hälfte auf Benzodiazepine (Helmchen et al. 1996)�21,7 % der Heimbewohner versus 13,7% der zu Hause Lebenden nahmen
BZD (Krankenkassendaten Berlin 1999, Hach et al. 2004)�Besonders häufig erfolgt eine Langzeitverordnung von Benzodiazepinen bei
älteren Menschen mit Schlafstörungen und bei Institutionalisierten (Melchinger 1993)
�Besonders problematisch ist der gemeinsame Konsum mit Alkohol, der im Alter wahrscheinlicher ist (Moore & O´Keefe 1999)
Epidemiologie
Kuhn S & Haasen C: Repräsentative Erhebung zum Umgang mit suchtmittelabhängigenälteren Menschen in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen. BMG April 2009
�80% der Einrichtungen geben an, Personen mit Suchtproblemen zu betreuen
�14% der BewohnerInnen seien betroffen�Je Jünger die Bewohner und je mehr Männer betreut werden, desto
höher der Anteil an Personen mit Suchtproblemen�61% aller zu Pflegenden mit Alkoholproblemen sind Männer�73% aller zu Pflegenden mit „Medikamentenmissbrauch“ sind Frauen
Wurst FM: „Zurück ins Leben“ – INTERREG-Projekt zur Hilfe bei Sucht im Alter,Salzburg, Traunstein, Berchtesgadener Land, mündliche Mitteilung
�Die biochemische Untersuchung von BewohnerInnen (Alkohol und BZD) weist auf eine erheblich größere Anzahl von Betroffenen hin als es die Einschätzung der Pflegenden ergibt
Risikofaktoren Medikamentenabhängigkeit
�Vorbestehende Suchterkrankung
�Höhere Dosis, längere Behandlungsdauer
�Chronizität und Schwere der behandelten Symptome
�Zusätzliche psychosoziale Belastungen
�Verordnungsverhalten
Abhängiger Konsum
Symptome der Benzodiazepinabhängigkeit im Alter:
�häufige Stürze�Ataxie�Verwaschene Sprache�nachlassende Leistungsfähigkeit�Hirnleistungsstörungen, besonders mnestische Störungen
(„Demenzimitation“)�Antriebs- und Interesselosigkeit�sozialer Rückzug�nachlassende Körperhygiene�Verwahrlosung
Unerwünschte Arzneimittelergebnisse (UAE)
in stationären PflegeeinrichtungenThürmann P & Jaehde U: Arzneimittelsicherheit in Alten- und Pflegeheimen:Querschnittsanalyse und Machbarkeit eines multidisziplinären Ansatzes (BMG-gefördert)
N= 778 HeimbewohnerInnenBeobachtungszeitraum: 30 Tage102 UAE� 29% Magen-Darm-Trakt� 29% Herz-Kreislaufsystem� 26% Nervensystem� 16 Stürze, zur Hälfte vermeidbar
Medikamente mit hohem NW-Risiko, vermeidbar:� Langwirksame BZD (Benzodiazepine)� Trizyklische Antidepressiva� MCP (Metoclopramid)
Nachdem die Pflegenden geschult waren, beschriebene n Sie mehr neurologische UAE
� Geschätzte 10-20% aller Patienten auf geriatrischen Stationen werden aufgrund von Arzneimittelnebenwirkungen aufgenommen
Behandlung
�Alkohol: Anteil 60+ in ambulanter Suchthilfe unter 5%, stationär 5,2% (Welsch & Sonntag, 2003)
�Benzodiazepine: hohe Abstinenzquoten (63% bei Pat. Mit Schlafstörungen, 58-62% bei Allgemeinarztpatienten mit Langzeitgebrauch, 13-27% bei schwerer Abh. / Alkoholabhängigkeit)
�Aber: nur 1,0 bzw 0,8% (amb/stat) zum gleichen Zeitpunkt mit Erstdiagnose F13.2x
�9,4% der F13.2x-Pat. älter als 60 Jahre
Tabak
�Mikrozensus 2009: Raucheranteile�60 – 65 Jahre: 17%w, 25%m�65-70 Jahre: 11%w, 17%m�70 – 75 Jahre: 7%w, 12%m�75+: 4%w, 8%m
�Grund für sinkende Prävalenzen:�Geringere gesellschaftliche Akzeptanz rauchender Frauen in der
Kohorte (wird sich ändern)�Steigende Ausstiegsquote�Vor allem: hohe Sterblichkeit langjähriger Raucher
�Ältere Raucher sind gekennzeichnet durch�Hohen Konsum�Stärkeren Grad der Abhängigkeit
Konsequenzen
�Integration der Thematik „Substanzbezogene Störung“ in Aus-, Fort,- und Weiterbildung in medizinischen Berufen
�Sensibilisierung der Bevölkerung für die Risiken erhöhten Alkoholkonsums im Alter
�Prophylaxe-Aktivitäten auch für Menschen in mittleren und höheren Lebensabschnitten
�Verbesserung des Medikamentenmanagements in der ambulanten und stationären Altenhilfe
Ansätze der Fachklinik Fredeburg
�Insgesamt 244 Behandlungsplätze in 5 Behandlungsteams
�Seit 1978 existierendes Seniorenbehandlungskonzept
�Seit 2012 Zusammenfassung in einem Seniorenbehandlungsteam
�Ggw. Vier Seniorengruppen
�2 x 50 – 60 Jahre (Abschied aus dem Erwerbsleben, Auseinandersetzung mit Einschränkungen)
�60 – 70 Jahre (Entwicklung neuer sozialer / Freizeitperspektiven, Sinngebung)
�70+ (‚viertes Lebensalter‘, größte Gruppe, niedrigere Schwellen, mehr Struktur, verstärkte Auseinandersetzung mit Abschied)
60+ Patientinnen und Patienten der Fachklinik
Fredeburg
Konsummuster 2008 (%)
89,6
4,5 3
59,7
70,6
11,817,6
43,1
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Alkohol Medikamente Alkohol +Medikamente
Tabak
Männer
Frauen
60+ Patientinnen und Patienten der
Fachklinik Fredeburg
�Subjektiv belasteter
�Mehr körperliche Beschwerden
�Negativistischeres Denken
�Häufiger selbstunsichere Persönlichkeitsstörungen
�Häufiger depressive Persönlichkeitsstörungen
�Häufigere Suizidversuche
Geyer, Sauter, Förtsch 2008
60+ Patientinnen und Patienten der Fachklinik
Fredeburg
0
1
2
3
4
5
6
7
Negativistisch Selbstunsicher Depressiv Borderline
F13.2
F13.2 + F10.2
F10.2
Ziele
�Erhaltung oder Erhöhung der Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Unabhängigkeit
�Verbesserung sozialer Fähigkeiten
�Bearbeitung und Integration von Verlusten
�Akzeptanz der Endlichkeit des Lebens
�Förderung des Gegenwartsbezugs
�Verbesserung der Lösungskompetenzen
Interventionen
Suchtbezogene Ziele
�Förderung Krankheitseinsicht- und akzeptanz
�Verbesserung Abstinenzfähigkeit
Psychotherapeutische Schwerpunkte
�Altersarbeitslosigkeit, Vorruhestand, Berentung, Freizeitaktivitäten
�Tod, schwere Erkrankung von Angehörigen und Freunden
�Psychotraumata, Kriegs- und Nachkriegserfahrungen
Interventionen
Soziotherapeutische Aufgaben
�Altersgerechte Wohnung, verschieden Formen des Betreuten Wohnens,
Wohnanlagen, Mehrgenerationenhäuser, Pflegeeinrichtungen
� Inanspruchnahme ambulante Pflegedienste, Haushaltshilfen
�Gesetzliche Betreuung
Somatische Ziele
�Verbesserung des körperlichen Befindens
Psychotherapeutische Schwerpunkte
�Einsamkeit
�Trauerbewältigung
�Angst vor Siechtum und Tod
�Nachlassen körperlicher Fähigkeiten
�Verlust des beruflichen Status
�Verlust des bisherigen Freizeitverhaltens
�Kriegs- und Nachkriegserlebnisse
Was ist (noch) anders in der Psychotherapie
�Ausgeprägte Schuld- und Schamgefühle�Geringere Verbalisierungsfähigkeit von Emotionen�Größere Gelassenheit�Höhere Frustrationstoleranz�Höhere Impulskontrolle�Geringere Aggressivität�Somatische Multimorbidität�Andere Zugangswege in die Suchthilfe�Motivation durch/wegen Kinder und Enkel
Was ist anders? Therapeutische Beziehung
�„Umgekehrte“ Übertragung (Radebold 1992)
�Regressiver Sog (Hinze 1994)
�Das ungelebte Leben (Hinze 1987)
�Therapeut als Ersatzkind
�Patient und Therapeut verbünden sich gegen die Eltern (Enkelübertragung)
�„Eigenübertragung“ (Heuft 1994)
Behandlungsergebnisse Entlassform Jahrgang 2008
Entlassform 2008 (%)
80,5
14,4
5,1
74,2
19,7
6,1
88,5
7,73,8
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Regulär Abbruch Vorzeitig
Alle
Männer
Frauen
Behandlungsergebnisse Patientenzufriedenheit
Größere Zufriedenheit der über 60-Jährigen
� Partnerschaftssituation (p=0,004)� Freundes- und Bekanntenkreis (p=0,019)
Kein Unterschied in der Zufriedenheit
� Freizeit� Gesundheitszustand
Behandlungsergebnisse
abstinent nach Rückfall12,7%
rückfällig23,9%
abstinent63,3%
Abstinenzquoten, „liberale“ Berechnung (2003 und 2004)
Patienten von 18-59 Jahren
N= 990
abstinent nach Rückfall8,9%
rückfällig11,6%
abstinent79,5%
Patienten über 60 Jahre
N=146Unterschied hochsignifikant
Unterschied hochsignifikant
keine Information43,3%
abstinent nach Rückfall7,2%
rückfällig13,6%
abstinent35,9%
Patienten von 18-59 Jahren
N= 1747
abstinent54,0%
rückfällig7,9%
abstinent nach Rückfall6,0%
keine Information32,1%
Patienten über 60 Jahre
N=215
Behandlungsergebnisse
Abstinenzquoten, „konservative“ Berechnung (2003 und 2 004)
Ambulante Betreuung und Behandlung älterer
Suchtkranker
�Barrierefreiheit�Tageszeit/ Tagesstruktur�Aufsuchende Arbeit�Integration Älterer in das bestehende Angebot an Prävention, Beratung
und Behandlung oder�Spezifizierte Angebote�z.B. gemeinsamer Mittagstisch�z.B. Singen und Bewegungstherapie �Vernetzung ambulante und stationäre ärztliche Behandlung�Vernetzung mit Altenhilfe�Vernetzung mit ambulanter Pflege
Betreuung und Behandlung älterer Suchtkranker
Stepped Care und Top down Ansätze erforderlich
Stepped Care:Bei nicht vital oder sozial erheblich Gefährdeten:
�Minimalinterventionen im medizinischen Kontext
�Ambulante Interventionen in der Gemeinde, auch aufsuchend
�Nutzung der vorhandenen Versorgungsstrukturen der Sucht- und der Altenhilfe
�Erhalt der Unabhängigkeit, Verbesserung der Lebensbedingungen und der Gesundheit vorrangig
Key elements in a simple stepped care model.
Bower P , Gilbody S BJP 2005;186:11-17
©2005 by The Royal College of Psychiatrists
Betreuung und Behandlung älterer Suchtkranker
Top down AnsatzBei vital oder sozial erheblich Gefährdeten (z.B. bei schweren
Folgeschäden wie Leberzirrhose oder drohendem schweren Entzug
oder Verlust der Fähigkeit zur Selbstbestimmung)
�Schnelle und tendenziell maximale medizinische und suchttherapeutische Hilfe, auch stationär, auch wohnortfern (Kompetenz hat Vorrang!)
�Weiterführende Unterstützung in der Gemeinde unter Nutzung der Ressourcen der Sucht- und der Altenhilfe
Modellprojekte des BMG
Aus einer Pressemitteilung der Drogenbeauftragten d er
Bundesregierung Frau Mechtild Dyckmans vom 20. Okto ber 2010:
„Schädlicher Suchtmittelkonsum und Abhängigkeit im Alter werden
bisher zu wenig beachtet und oft nicht erkannt. Oftmals ist auch das
Pflegepersonal nicht ausreichend auf den Umgang mit Suchtproblemen
vorbereitet. Aus der Praxis wissen wir, dass bisher eine Abstimmung
zwischen Altenhilfe und Suchthilfe kaum erfolgt. Damit werden
vorhandene Expertisen für dieses spezifische Problemfeld nicht
ausreichend genutzt“
Modellprojekte des BMG
Beispiel: HAMAB
HAMAB : „Hilfe für ältere Frauen und Männer mit Alkohol undMedikamenten bezogenen Störungen in einer ländlichen Region –Altkreis Brilon“
Ambulante und stationären Altenhilfe:�Sensibilisierung und Fortbildung aller MitarbeiterInnen zur Problematik substanzbezogenerStörungen (insbesondere Alkohol, Sedativa, Hypnotika, Analgetika) älterer Frauen undMänner und den in der Region vorhandenen Hilfsmöglichkeiten, Gesprächsführung. (3 mal 2h über 1,5 Jahre)
�Implementierung sog. „Suchtbeauftragter“ in den beteiligten Institutionen der Altenhilfe (intensive Schulung inklusive Hospitation)
�Implementierung einer standardisierten FB zum Thema in der Einarbeitungsphase neuer MitarbeiterInnen
Modellprojekte des BMG
Beispiel: HAMAB
Ambulante und stationäre Suchthilfe:
�Sensibilisierung und Fortbildung aller MitarbeiterInnen zu spezifischen Problemen älterer
suchtkranker Frauen und Männer und den in der Region vorhandenen Hilfsmöglichkeiten
der Altenhilfe (3 mal 2 h über 1,5 Jahre)
�Implementierung sog. „Altersbeauftragter“ in den beteiligten Institutionen der Altenhilfe
(intensive Schulung inklusive Hospitation)
�Implementierung einer standardisierten FB zum Thema in der Einarbeitungsphase neuer
MitarbeiterInnen
Modellprojekte des BMG
Beispiel: HAMAB
Vernetzung
�Implementierung regelmäßiger gemeinsamer Fachkonferenzen der Beauftragten der Institutionen der Alten- und Suchthilfe
�Implementierung gemeinsamer Fallarbeit
Einbezug der Öffentlichkeit
� Wanderausstellung
Modellprojekte des BMG
Voraussetzung für eine gelingende Vernetzung der Su cht- undAltenhilfe ist die Beachtung unterschiedlicher „Kul turen“
�Unterschiedliche Zeittakte�Unterschiedlicher Ausbildungsstand�Suchthilfe hat Besprechungs- und Reflexionstradition�Altenhilfe hat Handlungstradition
Weitere Voraussetzungen
�Die Zusammenarbeit der Sucht- und Altenhilfe beginnt im Kopf�Die Verantwortlichen müssen sie wollen�Sie muss sich für alle Beteiligten “lohnen“�Case-Management durch Suchthilfe (Altenhilfe kann das nicht
refinanzieren)