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M O T O G E R A G O G I K „ Aktivieren im Alltag“ ABL Kathrin Abschlussarbeit Lehrgang zur Dipl. Aktivierungstrainerin Velden a. Wörthersee, 2015/2016

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M O T O G E R A G O G I K

„ Aktivieren im Alltag“

ABL Kathrin

Abschlussarbeit Lehrgang zur Dipl. Aktivierungstrainerin

Velden a. Wörthersee, 2015/2016

1

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 2

2. Begriffserklärung 3

3. Ziel der Motogeragogik 4

3.1. Ich - Kompetenz 4 3.2. Sozial - Kompetenz 5

3.3. Sach - Kompetenz 6

3.4. Kompetenztabelle 7

4. Aktivierung im Alltag 8

4.1. Grundsatz der Aktivierungsarbeit 8

5. Aktivierungsarten 9

5.1. Gruppenaktivierung 9

5.2. Einzelaktivierung 10

5.3. Kurzaktivierung 11

6. Bewegung 11

6.1. Beweglichkeit und die vier Bereiche des Menschen 11

6.2. Musik und Gesang 12

6.3. Rhythmus und Tanz 14

6.4. Spiel 15

7. Vorbereitung für eine Gruppenstunde 15

7.1. Thema und Ziele 15

7.2. Einsatz von Materialien 16

7.3. Nutzung von Materialien 16

7.4. Vorbereiten der Räumlichkeit 17

7.5. Teilnahme und Sitzordnung 18

7.6. Reflexion 19

8. Stundenbild 20

9. Resümee 24

Quellenverzeichnis 24

Ehrenwörtliche Erklärung 25

Freigabe zur institutsinternen Verwendung der Abschlussarbeit sowie von während des Lehrganges entstandene Fotos 25

Zu meiner Person 26

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1. Einleitung

Die schriftliche Hausübung behandelt das Thema: „Motogeragogik, aktivieren im Alltag“. Auf Grund meiner beruflichen Erfahrung mit „Bewegung“, habe ich mich für dieses Thema entschieden. Das Aufzeigen positiver Auswirkungen im Pflegealltag und die damit verbundene Steigerung der Lebensqualität ist mein Ziel.

Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Motogeragogik und die damit verbundene Beweglichkeit im Alltag von Heimbewohnern eine große Bereicherung ist. Ich bin davon überzeugt, das individuelle Alltagsgestaltung und sinnvolle Beschäftigungen fundamentale Grundlagen einer hohen Lebensqualität nicht nur unserer Heimbewohner sondern aller Menschen sind.

Mit dieser Arbeit setze ich mich mit dem Begriff Motogeragogik auseinander und möchte die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten und Anwendungsfacetten aufzeigen. Die Individualität der Anwendung hat das Fördern und Schaffen einer harmonischen Ausgeglichenheit zwischen Körper, Geist und Seele zum Ziel. Das Setzen von Reizen wie „Schmecken/Hören/Fühlen/Spüren/Tun“ bildet die Basis dafür. Die daraus entstehende Eigendynamik, vor allem innerhalb einer Lehrgruppe, tut das Ihrige dazu. Daher müssen wir einer alten Weise nickend zuzustimmen:

3

2. Begriffserklärung

Wir Menschen brauchen Bewegung, um beweglich zu bleiben. Und wenn sie mich fragen wovon Beweglichkeit eigentlich abhängig ist, würde Selbstständigkeit,

Unabhängigkeit und Wohlbefinden meine Antwort darauf sein. Die motogeragogischen Bewegungen werden so individuell gestaltet, dass jedem älteren Menschen die Möglichkeit gegeben wird, seinen kränkelnden und mitunter nicht mehr funktionierenden Körper wieder erleben und spüren zu lernen.

Was kann man nun aus diesem Begriff herauslesen. „Moto“ steht für Bewegung und „Geragogik“ ist die Begleitung von alten Menschen. Werden also diese beiden Worte kombiniert, so steht „Begleitung der älteren Menschen mit und durch Bewegung“ als Ergebnis fest.

Bewegung und Sinneswahrnehmung ermöglichen uns, in Kommunikation mit Menschen zu treten und auf diese Weise ein Teil unserer Gesellschaft zu sein. Dies macht sich die Motogeragogik zu Nutze und spricht so durch setzen von Reizen und Bewegungen die Sinneswahrnehmungen der alten Menschen an, um sie an unserem sozialen Geschehen noch mehr teilhaben zu lassen.

„Geist und Psyche haben Einfluss auf den Körper. Er wird

quasi von ihnen genährt und ist das Schlachtfeld all

dessen, was sich anderswo nicht austoben kann“

(© Monika Minder)

3. Ziel der Motogeragogik

Die Persönlichkeit des Menschen formt sich im Laufe seines Lebens durch diverse prägende Ereignisse wie zum Beispiel Auseinandersetzungen oder den Eindrücken des alltäglich Erlebten. Wir alle sind in einem Netzwerk sozialer Beziehungen und in einer Umgebung von Materialien die entweder vom Menschen oder von Mutter Natur geschaffen wurden. Um in diesem Umfeld bestehen bzw. überleben zu können, benötigt der Mensch gewisse Kernkompetenzen.

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3.1. Ich - Kompetenz

� Seit wir um die Bedeutung von Körpererfahrung zur Erhaltung der eigenen Identität wissen, werden vielfältige Körpergefühle ermöglicht, wie zum Beispiel das Gefühl einer Berührung während dem Eincremen der Haut. Über diese Wahrnehmung des eigenen Körpers durch Körperkontakt, können die Menschen ihre Subjektivität erleben. Als positive Folge wird die Identität bewahrt und der Kontakt zu anderen Menschen aufrechterhalten.

� Wir wissen mittlerweile, wie wichtig sinnliche Wahrnehmungen über die diversen Sinneskanäle für das Gefühl des „lebendig seins“ ist. Genau deshalb erzeugen wir viele Situationen zum Riechen, Tasten, Schmecken, Hören, Sehen und Fühlen. Um solche „AHA-Erlebnisse“ zu erreichen, verwenden wir bekannte Materialien aus dem täglichen Leben wie Tastsäcke, Waschlappen, Kochlöffel, Blumen, Äste und Blätter, usw.

� Es ist bewiesen, dass manche neurologischen Erkrankungen oder Deprivationserscheinungen die höheren kognitiven Funktionen außer Kraft setzen. Deshalb bedarf es zur Erhaltung von Gedächtnis und Gehirnleistung so mancher Übung. Genau deshalb bieten wir bewegungsorientierte Gedächtnisübungen an.

� Außer Zweifel steht, dass rhythmische Strukturierungen von Anbeginn an unser Leben positiv beeinflussen. Da das Gefühl für Rhythmus aber oft aus diversen Gründen verschüttet ist, versuchen wir über einfache Rhythmusübungen wohltuende Bewegungserfahrungen zu geben.

� Erst das Erlebnis über Spannung in die Entspannung zu gelangen, macht das bewusste wahrnehmen von Wohlbefinden aus. Deshalb versuchen wir immer Situationen anzubieten, in denen jeder Teilnehmer über genau diesen Weg seine persönliche Entspannung und das darauf folgende Wohlbefinden erleben kann.

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3.2. Sozial - Kompetenz

� Jeder Mensch hat ein angeborenes Bedürfnis nach Nähe und sozialer Gemeinschaft. Jedoch wird durch die Lebensbedienungen im Heim gerade die Gestaltung von „normalen“ Beziehungen enorm erschwert. Wir konstruieren deshalb durch Spiele, Tanz und Gesang viele Situationen, in denen Gemeinschaftsgefühle, Freude am gemeinsamen Tun und Gruppengeschehen erlebt werden kann.

� Da Verstehen und Verständigen zu den Grundbedürfnissen des Menschen zählen, aber die logisch-formale Sprache oft nicht mehr ausreicht, legen wir besonderen Wert auf nonverbale Kommunikation. Denn das Verständigen ohne Worte, durch Körpersprache und emotional gefärbten Botschaften, macht einen großen Teil unseres „Miteinanders“ aus.

� Wussten sie, dass Würde und Wohlbefinden eines Menschen davon abhängen, wertgeschätzt und ernst genommen zu werden. Kurz gesagt - gemocht zu werden. Daher bemühen wir uns, unserem Gegenüber eine stabile und tragfähige Beziehung spüren zu lassen. Aber auch spürbare gegenseitige

Achtung, Wertschätzung und Zuneigung gehören zu den Säulen des Lebens.

„Das Leben ist bezaubernd.

Man muss es nur durch die richtige Brille sehen“

Alexandre Dumas (1802-1870)

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3.3. Sach - Kompetenz

� Wir wissen, dass sensomotorisches Handeln in der frühen Kindheit den Grundstein der Entwicklung aller kognitiven Fähigkeiten legt und für Begriffsbildung und Intelligenz verantwortlich ist. Damit diese grundlegende Fähigkeit nicht verloren geht, auch wenn Krankheit die höheren kognitiven Funktionen außer Kraft setzt, sehen wir es als wichtige Aufgabe jene Situationen zu schaffen, die sensomotorisches Handeln und sensomotorische Erfahrungen ermöglichen und so trotz neurologischer Defizite kognitive Prozesse ermöglichen.

� Durch sensorischen Handeln werden weiters materielle Erfahrungen gemacht, die den Bezug zur Umwelt erhalten und mit Leben füllen. Folglich brauchen sie immer wieder neue „Nahrung“, sonst verlieren sie sich. Gezielt gestalten wir die Umwelt so, dass es immer wieder etwas zum Anfassen, Riechen und Tasten gibt. So werden die älteren Menschen angeregt etwas in die Hand zu nehmen, es zu drehen, zu wenden, hinzustellen, fallen zu lassen. Kurz gesagt etwas zu tun.

� In der Regel kann jeder Gegenstand auch zu anderen Dingen verwendet werden als dafür, wozu er eigentlich hergestellt wurde (zweckentfremdet). Weiters wissen wir, dass dieser freie Umgang mit Materialien für Freude und Staunen sorgt („Ach, damit kann man auch das machen“). Daher ermöglichen wir experimentelles Ausprobieren, Erfinden und vieles mehr.

� Jeder weiß um die heilsame Beeinflussung auf Geist, Körper und Seele durch unsere Mutter Natur. Nichts anderes kann die Sinne so mannigfaltig ansprechen, als sie. Man muss sie nur zu nutzen wissen. Daher ermöglichen wir so oft wie möglich Spaziergänge nach draußen, um Flora und Fauna auf die Menschen wirken zu lassen.

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Noch etwas: Unsere Menschen hier im Wohn- und Pflegeheim sind wie alle Menschen am Anfang ihres Lebens auch auf intensive Zuwendungen angewiesen. Und diese Zuwendung können wir in unserer motogeragogischen Arbeit geben. Wir können vielerlei Anwendungen bieten und hoffentlich miterleben, wie sich Menschen aus ihrer Zurückgezogenheit heraus in die Welt bewegen. Wir müssen diese Stunden zu einer echten Begegnung gestalten, einer Begegnung zwischen Menschen. Begegnung ist nämlich auch Bewegung.

3.4. Kompetenztabelle

(3.4. Quelle: Unterlagen von PYRINGER Iryna)

„Erzähle es mir – und ich werde es vergessen.

Zeige es mir – und ich werde mich erinnern.

Lass’ es mich tun – und ich werde es behalten“.

(Konfuzius)

ICH - Kompetenz

� Körpererfahrung � Wahrnehmungen � Bewegungsfähigkeit � Gedächtnis � Entspannung � Identitätsfindung

Selbstvertrauen Selbstbewusstsein

Selbstwertschätzung (Ich bin wertvoll)

Sozialkompetenz

� Gemeinsam Tun � Spielen, Tanzen,… � Spaß haben � Erfahrungsaustausch � Verbale /nonverbale

Kommunikation � Beziehung knüpfen � Respektvoller Umgang

mit Anderen � In der Gesellschaft

integrieren

WIR-Gefühl stärken Vertraue neuen Personen Vertraue neuem Umfeld (Pflegeheim / -personal)

Sachkompetenz

� Materielle Erfahrung � Sensomotorisch

handeln � Handgeschicklichkeit � Umgang mit Dingen � Wissen über gebrauch

und Zweck (Material)

Stolz über Wissen und Erfahrungen, weckt Erinnerungen und positive Emotionen, stärkt den Willen und die Würde

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4. Aktivierung im Alltag

Aktivieren bedeutet unter anderem, etwas Ruhendes und Passives in etwas Positives und Bewegliches zu verwandeln. Das ist allerdings nicht so einfach wie es vielleicht scheinen mag. Um einen solchen Vorgang in Bewegung zu bringen, benötigen wir bestimmte wichtige Bausteine. Das ist

� Biografie und Erinnerungsarbeit � Gedächtnistraining � Bewegung und Spiel � Sinnesaktivierung � Kreativität � Tanz � Musik � Rhythmus � Lieder und deren Texte � Körpererfahrungen.

4.1. Grundsatz der Aktivierungsarbeit

Der wichtigste Grundsatz und somit Baustein einer Aktivierung ist das „aktivieren lassen“. Damit ist nichts anderes als die Freiwilligkeit gemeint. Eine erzwungene Teilnahme an einer Motogeragogikstunde wird daher nicht von Dauer sein und auch nicht das gewünschte Ergebnis liefern. Ich lade also unsere Heimbewohner herzlich ein, an solchen Aktivierungsstunden teilzunehmen. Dabei lege ich großen Wert darauf, dass unsere Bewohner aus freien Stücken und mit Freude in meine Stunden kommen. Sie wissen dass sie nicht mitmachen müssen, aber können. Wir sollten die Teilnehmer anregen Einsatzzwecke bzw. Einsatzmöglichkeiten von Gegenständen selbst

zu kreieren. Auch das Spüren „in der Gruppe gerne gesehen zu sein“, gehört meiner Meinung nach zu den grundlegenden Dingen. Immer wieder erlebe ich, dass Bewohner beteuern, zwar teilzunehmen aber nicht mitmachen zu können. Meistens sind es genau Jene, die nach einigen Minuten aktiv, fröhlich und motiviert im Geschehen stehen. Frei nach dem olympischen Gedanken:

„Dabei sein ist alles“ (Gerhard ABL)

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5. Aktivierungsarten

Individualität und Kreativität wird natürlich auch vom Gruppenleiter verlangt. Er muss sich auf die jeweiligen Teilnehmer und eventuell auftretende Situationen einstellen. Dabei helfen ihm drei grundlegende Aktivierungsarten.

5.1. Gruppenaktivierung

Darunter versteht man eine der am besten geeigneten Aktivierungsarten schlechthin. Mit der Gruppenaktivierung werden gleich mehrere Ziele erreicht. So werden innerhalb der Heimbewohner nicht nur das WIR-Gefühl und das Selbstbewusstsein gestärkt, sondern auch durch gezielte Übungen die Beweglichkeit und das Gedächtnis gefördert und trainiert.

Durch die Verwendung diverser Gegenstände werden die Teilnehmer zum Sensomotorischen Handeln animiert und dadurch die Geschicklichkeit im Umgang mit diesen Gegenständen gefördert. Das Endergebnis ist Selbstwertgefühl, Freude und Motivation. Der Bewohner bekommt das Gefühl in die Gemeinschaft integriert zu sein.

„Letztendlich tragen die vielen kleinen Dinge

zum Wohlbefinden unserer Heimbewohner bei“ (Gerhard ABL)

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5.2 Einzelaktivierung

Es gibt ältere Menschen, die sich in einer Gruppe aus Gründen wie z.B. Schamgefühl nicht wohlfühlen. Um diesen Bewohnern trotzdem dieses Training nicht vorzuenthalten, sollte man es mit Einzeltraining sprich Einzelaktivierung versuchen.

Die Bewohner sind allein oft nicht so zurückhaltend wie in einer Gruppe. Offensichtlich fühlen sie sich nicht beobachtet und haben auch Angst etwas Falsches zu sagen oder zu tun. Das Rezept ist recht einfach. Man sucht sich ein Plätzchen, wo sich der Bewohner wohl fühlt. Somit herrscht schon ein positives Umfeld vor. Der Teilnehmer wird es euch danken und rege mitarbeiten.

Durch

individuelle

und gezielte

Bewegung

wird nun die

Mobilität

gesteigert und

das Gefühl

vermittelt,

nicht allein da

zu stehen.

Man kümmert

sich um mich!

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5.3. Kurzaktivierung

Wenn Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden, wirken Bewohner oft gereizt, unzufrieden und unausgeglichen. Viele reagieren mit Rückzug und Trauer auf die emotionale und soziale Vereinsamung. Depressionen, Angstzustände und Panikattacken treten auf und führen zu Unruhezuständen.

Eine gezielte Kurzaktivierung bietet die Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. Hochaltrigen und dementen Menschen wird auf sozialer, emotionaler und vor allem auch auf nonverbaler Ebene entgegengekommen. Sie bekommen so die Gelegenheit, Kommunikation im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu erleben. Beziehungen zu ihrem Umfeld werden aufgebaut und so ihre Grundbedürfnisse gestillt. Der Bewohner bekommt das Gefühl von sozialer Sicherheit und Integration in die Gemeinschaft vermittelt. Die daraus resultierende emotionale Zufriedenheit bewirkt Wohlbefinden, Ruhe und Ausgeglichenheit.

6. Bewegung Körperliche Aktivität im höheren Alter hat auch bei bisher überwiegend inaktivem Lebensstil noch positive Einflüsse auf die Gesundheit. Was nicht gebraucht, nicht bewegt wird, baut schneller ab und wird zunehmend weniger funktionsfähig.

6.1. Beweglichkeit und die vier Bereiche des Menschen

Beweglichkeit ist eine komplexe Angelegenheit und bezieht sich auf die vier

Bereiche des Menschen:

� Körperliche Beweglichkeit ist eine Voraussetzung dafür, dass Menschen mobil und selbstständig bleiben und sich weitgehend selbst versorgen können.

� Geistige Beweglichkeit hält das Interesse wach an sich selbst, an andere Menschen und an der Lebenswelt durch Zeitung lesen, Radio hören oder mit Materialien umgehen können.

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� Psychische Beweglichkeit entsteht durch ein Zusammenspiel von körperlicher Bestätigung und dem Entstehen und Erleben von Gefühlen und Stimmungen.

� Soziale Beweglichkeit ist gekennzeichnet durch die Fähigkeit, alte Kontakte zu pflegen und neue Kontakte zu schaffen, erhalten und genießen zu können.

Bewegungsübungen mit Alltagsmaterialien wecken Lebensfreude und stärken die sozialen Kontakte.

Beispiel:

Ich habe eine aktive, geistig und körperlich gute Gruppe.

Als ich zum ersten Mal Motogeragogik gemacht habe, fragten mich die Teilnehmer: „Wos soll den des? Zwoa Wåschlåpp`m - ah roter und ah

grüner“, sehr neugierig. Ich forderte die Teilnehmer auf, mir zu zeigen was man alles damit machen kann. Ein roter Waschlappen für die linke Hand, ein grüner Waschlappen für die rechte Hand und los ging es! Nach einiger Zurückhaltung kamen die TN immer besser damit zurecht und haben mir diverse Übungen gezeigt.

Die Stunde, in der wir sehr viel gelacht haben, verlief sehr gut. Es wurde eine lebendige und lustige Stunde. Die Lebensfreude wurde geweckt und die Gemeinschaft gefördert.

6.2. Musik und Gesang

Musik verbindet nicht nur Welten, sondern erweckt in den Menschen große Freude und Zufriedenheit in jeder Lebensphase, auch im hohen Alter. Musik ist ein wichtiger Bewegungsanreiz. Die Bewohner bewegen sich im Takt, da sie von der Musik inspiriert werden. Je nach Art der Musik wirkt sie völlig unterschiedlich auf die Menschen. Sie

� baut körperliche Spannungen ab

� vermittelt Ruhe und Geborgenheit

� steuert das Tempo der Bewegungen

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Langsame Musik

� veranlasst langsame Körperbewegungen

� eignet sich für Entspannungsübungen

� Bringt Menschen zum Nachdenken

� Berührt

Schnelle Musik

� verleitet zu schnellen Körperbewegungen

� wirkt motivierend

Gesang:

� bringt Abwechslung

� Liedtexte wecken Erinnerungen

� fördert Gemeinschaft und Genussfähigkeit

(6.1., 6.2. Quelle: Unterlagen von PYRINGER Iryna)

Man muss nicht ein Instrument spielen können, um Musik zu erleben. Musik und Gesang kann auch passiv durch Zuhören erlebt werden. Auf diese Weise kann Zeit mit sich und seinen Gedanken verbracht werden. Daher ist Musik eine sehr erholsame Angelegenheit, vorausgesetzt man kann seine bevorzugte Musik hören. Musik kann aber auch zur Qual werden, wenn man ihr dauernd ausgesetzt ist oder die falsche Musik hört.

„Dort wo die Sprache aufhört, fängt die Musik erst an“

(E.T.A. Hoffmann)

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6.3. Rhythmus und Tanz

Rhythmus ist Ordnung in der Bewegung

Rhythmus kann man hören, wie das Ticken der Uhr oder das gleichmäßige Geräusch von Regentropfen auf einer Blechdose. Aber man kann Rhythmus aus spüren. Das Vibrieren vom Handy oder das Fühlen eines Pulsschlages.

Rhythmus ist nicht nur für die Koordination aller Bewegungen sondern auch für die Sinneseindrücke zuständig. Beim gehen pendeln die Arme instinktiv im Rhythmus gegengleich zu den Beinen und halten so das Gleichgewicht. Beim sogenannten Passgang (gleichseitig und gleichzeitig), pendeln die Arme seitengleich mit den Beinen und stabilisieren den Körper nicht in gleicher Weise.

Beispiel - Sitztanz

Tanzen im Sitzen ist eine ganzheitliche Förderung bewegungseingeschränkter und /oder pflegebedürftiger Menschen. Tanzen im Sitzen kann für sich ein eigenständiges Bewegungsangebot sein. Es können daraus aber auch Teile bereichernd in andere Bewegungsangebote (Motogeragogik) integriert werden. Tanzen im Sitzen ist sehr vielfältig und lebt von Musik und Rhythmus.

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6.4. Spiel

Das Spiel ist ein ganz wesentlicher Bestandteil unserer Motogeragogikstunde. Spielen bereitet jedem Menschen jeden Alters Freude und Spaß. Weitere Vorteile des Spieles sind

� unterstütz den Weg aus der Isolation

� unterstützt die Beziehungsfähigkeit

� ermöglicht das Knüpfen von Kontakten

� es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl

� fördert die Kreativität und Fantasie

� erhält als Gedächtnistraining Wissen und geistige Fähigkeit

7. Vorbereitung für eine Gruppenstunde

Eine gezielte Vorbereitung auf ein spezielles Bewegungstraining ist natürlich schon die halbe Miete. In dieser Phase sollte der Gruppenleiter einige Eigenschaften wie z.B. Kreativität, ein „offenes Auge“ für Gegenstände, Feinfühligkeit und ein „großes Herz“ für Menschen mitbringen. Auch ein gewisses Vorstellungsvermögen über den Ablauf der künftigen Stunde wäre nicht verkehrt.

„Eine gediegene Vorbereitung ist die halbe Miete“ (Gerhard ABL)

7.1. Thema und Ziele

Das Thema für Motogeragogikstunde sollte sich an den aktuellen Ereignissen sowie an den Jahreskreis (Frühjahr, Sommer, usw.) orientieren. Auch auf Wünsche der Teilnehmer geht man selbstverständlich ein.

Das Ziel ist Freude an der Bewegung zu wecken. Bevor ein Programm erstellt wird, analysiert man die aktuelle Lebenswelt der alten Menschen. Vor allem welche Bedürfnisse an Bewegung, Notwendigkeiten und Art der Aktivitäten zum Ziel führen. Erst im Anschluss legt man die Methode fest, wie die Bewegungen kombiniert werden.

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7.2. Einsatz von Materialien

Der Einsatz von Alltagsmaterialien stellt in unserer Arbeit einen wichtigen Schwerpunkt dar. Mit ihnen lassen sich die verschiedensten Bewegungen spielerisch durchführen. Daher sind wir immer auf der Suche nach neuen Ideen mit hohem Aufforderungscharakter.

Rückmeldungen jener Bewohner mit denen wir arbeiten beweisen, dass scheinbar wertlose Materialien besonders gut ankommen. So erinnern diese einfachen Gegenstände die Bewohner an ihre Kindheit. „Als Kind hatten wir

nichts gehabt und mit dem, was einfach vorhanden war, gespielt“, sagte einst ein Bewohner.

Dass diese Erinnerung auch eine gute Anknüpfung an unser gemeinsames Tun darstellt, ist ein zusätzlich positiver Aspekt des Einsatzes solcher Materialien.

Es gibt noch einen Vorteil von Alltagsmaterialien. Sie kosten nichts oder nur sehr wenig. Zum Beispiel

� passende Musik

� Lieder wie Wanderlieder, Kinderlieder

� Alltagsgegenstände

� „Tastsäcke“ gefüllt mit diversen Materialien

7.3. Nutzung von Materialien

Ein offenes Auge erkennt schnell Gegenstände die in Aktivierungseinheiten zum Einsatz kommen können. Diese werden sowohl als Handhabungs-gegenstände, als auch zur Gestaltung der Kreismitte verwendet. Egal, was uns in die Hände kommt, probieren Sie es selbst aus und lassen Sie Ihrer

Kreativität freien Lauf.

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Der Urtrieb, die Sammelleidenschaft des Menschen, lässt sich gut ausnutzen. Nicht nur bei den Bewohnern selbst sondern auch bei Kollegen und Freunden. Wenn Sie also einen Aufruf starten, um zum Beispiel Strumpfhosen, Becher, Tannenzapfen oder Äste zu sammeln, werden Sie binnen kürzester Zeit genug haben, um die Kreismitte zu gestalten bzw. eine Gruppe damit zu Bewegen.

Ist man einmal von diesem motogeragogischen Zugang fasziniert, geht man mit einem ganz speziellen Blick durchs Leben und vor allem durch die Natur.

„Kreativität entsteht oft durch Aufmerksamkeit

auf die kleinen Dinge.“ (Wilhelm Busch)

7.4. Vorbereiten der Räumlichkeit

Der Raum der zukünftigen Stunde sollte ruhig, hell, nicht zu groß und nicht zu klein sein. Er sollte Gemütlichkeit verströmen. Vor der Stunde sollte man ihn gut Lüften! Die Kollegen sollten natürlich über die Aktivierungsstunde Bescheid wissen und möglichst nicht stören. Darüber hinaus ist auch entscheidend, zu welcher Tageszeit die Stunde abgehalten wird.

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Wann sind denn nun die besten Zeitpunkte für unsere Aktivierungsstunden? Die besten Zeitpunkte für Aktivierungsstunden sind

• am späten Vormittag vor dem Mittagessen oder

• am frühen Nachmittag vor dem Kaffee.

In der Mitte eines Sesselkreises sollten die Kalenderarbeit und das Thema sichtbar sein. Damit sich die Teilnehmer wohlfühlen ist eine freundliche

Atmosphäre des Raumes sehr wichtig. Leise Hintergrundmusik und vielleicht eine Duftlampe verbreiten alles in allem ein wohliges Gefühl.

Wichtig ist auch, den CD Player und die CD vorher nochmal auszuprobieren, um keine bösen Überraschungen zu erleben.

Ohne die Hilfe der Kollegen funktioniert nichts. Informieren sie die Bewohner durch aufhängen von Plakaten wo und wann die Motogeragogikstunde stattfindet. Sprechen sie auch Einladungen an die Besucher aus, dass Sie die Angehörigen ruhig einmal begleiten.

7.5. Teilnahme und Sitzordnung

Vor der Motogeragogikstunde spricht man mit dem Personal. Sie sollten die Teilnehmer erinnern in die Stunde zu kommen. Ebenso informiert man sich, welcher Teilnehmer krank ist, welcher Bewohner Besuch bekommt oder zum Arzt geht.

Wie bereits erwähnt ist es sehr wichtig, dass die Bewohner aus ihrem eigenen

Willen und aus eigener Entscheidung teilnehmen. Damit herrscht bereits zu Beginn der Stunde eine positive Einstellung vor und eine dementsprechend motivierte Mitarbeit wird nicht lange auf sich warten lassen.

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Zum Thema Sitzordnung gilt es auch einige Dinge zu „behirnen“. Als Erstes bereitet man den Sesselkreis vor. Die Sesselabstände dürfen nicht zu eng, aber auch nicht zu weit sein. Weiters ist dabei zu beachten:

� Bewohner die schlecht hören oder sehen, setzte ich in

meine Nähe

� Bewohner die Konflikte auslösen, sollten nicht

nebeneinander sitzen

� Rüstige oder orientierte Bewohner, setze ich zwischen

Bewohnern mit weniger Selbstvertrauen

� Bei Partnerübungen besteht fallweise der Nachteil, dass

der Bezug zu mir als Gruppenleiter beeinträchtigt ist

� Nach der Stunde: Reflexion nicht vergessen

� Was hat gut funktioniert und was nicht?

� Mit welchem Abschnitt war ich Zufrieden?

� Was würde ich ändern?

� Was habe ich in der Einheit gelernt?

7.6. Reflexion

Damit wir uns als Gruppenleiter weiter entwickeln können, ist die Reflexion der Stunde sehr wichtig. Dabei stelle ich mir einige Fragen. Was ist mir gelungen? Was hat gut und was hat schlecht funktioniert? Was würde ich ändern? Worauf muss ich achten? Was habe ich in dieser Einheit gelernt? Welche Möglichkeiten der Verbesserung hätte ich? …………

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8. Stundenbild

Titel/Thema: Methode:

Motogeragogik

Bewegung und Spiel

Kurzbeschreibung

Bewegung mit Waschlappen Sesselkreis Mitte: Waschlappen in 2 Farben (rot und grün)

Förderziele

Hauptziele:

Aktivierung des Bewegungsapparates

Auge-Hand-Auge-Fuß

Nebenziele:

Fördern und Stärken der Handlungskompetenzen

Erinnerungsarbeit

Materialien

Waschlappen, CD mit ruhiger und flotter Musik

Bälle für das Spiel

Hinweise zur Gruppen-zusammenstellung

Aktive Gruppe: 8 – 10 Teilnehmer Demenzgruppe: 4 Teilnehmer

21

Ein

gangs

phase

Leise Hintergrundmusik

Ankommen und Platz nehmen

Begrüßung nach den 4 Säulen

1. Emotionale Zuwendung 2. Berührung – Hautkontakt 3. Verbale und nonverbale Kommunikation 4. Ungeteilte Aufmerksamkeit

Ritual --- Zigeunerpolka

Kalenderarbeit: Wochentag, Datum, Monat, Jahr

Memoryfragen:

1. Wer hat früher einen Waschlappen benützt

2. Welche Farbe hatte der Waschlappen

3. Wann wurde der Waschlappen benützt

(morgens oder abends)

22

H

auptt

eilphase

Bunte Waschlappen (2 färbig)

Im Sack versteckt sind die Waschlappen

Jeder Teilnehmer greift in den Sack und holt sich 2 Waschlappen

Zuwinken mit den Waschlappen, einmal mit er linken und dann mit der rechten Hand

Bewegungen mit den Waschlappen

Körperwäsche von Kopf bis Fuß

Wir suchen die Farben der Waschlappen

Rechte Hand – roter Waschlappen

Linke Hand – grüner Waschlappen

Wenn jeder den passenden Waschlappen hat, können wir mit verschiedenen Übungen experimentieren

Grüner Waschlappen nach oben usw.

Übungen zur rechts- /links- Koordination

Spiel:

Ich nehme verschieden Größen Softbälle

Mit den Waschlappen angezogen werden die Bälle im Kreis weitergegeben

Lustig wenn man die Richtung ändert

Geschicklichkeitstraining

23

Ausg

angs

phase

Rückblick auf die Einheit

Was haben wir heute gemacht

Wie hat es euch gefallen

Ritual: Sitztanz

Verabschiedung nach den 4 Säulen der Begegnung

Weiterführende Ideen

Umso öfter wir diese Übungen machen, desto öfter können mehr Übungen eingebaut werden.

Kathrin Abl

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9. Resümee Ich arbeite schon viele Jahre im Wohn- und Pflegeheim LIENZ in der Tagesgestaltung und habe schon sehr viel Erfahrung gesammelt.

Tausende schöne Momente habe ich mit unseren Heimbewohnern und deren Angehörigen erlebt und es bestätigt sich immer wieder, dass gerade Naturmaterialien bei den Bewohnern sehr gut ankommen.

Als ich diese Ausbildung angefangen habe, wusste ich nicht was Motogeragogik ist. Jedoch nach dem ersten Kontakt war ich begeistert, fasziniert und voller Motivation. Ich wusste sofort, das ist es! Liebe Frau Alex TROCH, du hast mich in deinen Bann gezogen. Meine Kollegen finden diese Methode auch sehr interessant.

Ich finde es faszinierend, Motogeragogik in meine Praxisstunden einzubauen. Sowohl in der Gruppen- als auch in der Einzelaktivierung. Auch eine Kurzaktivierung eignet sich in so manchen Situationen sehr gut. Mit den vielen verschiedenen Materialien, kann man mit kleinen Dingen sehr viel bewegen.

In meiner Ausbildung zur Dipl. Aktivierungstrainerin habe ich sehr viel gelernt. Das Beste an der gesamten Ausbildung ist, dass man alles Erlernte auch tatsächlich in der Praxis anwenden kann.

Danksagung:

Ich möchte mich noch bei unserem Heimverwalter Hrn. Franz WEBHOFER für die Unterstützung bedanken. Großer Dank gilt auch der PDL Daniela MEIER. Ein herzliches „Vergelt`s Gott“ auch an die Dipl. Aktivierungstrainerin Margit NIEDERWIESER und an meinen Mann Gerhard ABL, der mir in so mancher Stunde mit Rat und Tat zur Seite stand. Ein ganz besonderer Dank gilt natürlich Frau Alexandra TROCH.

Quellenverzeichnis Literatur:

� „Basiskonzept“ von Alexandra Troch � „In Bewegungsrunden aktivieren“ von Marianne Eisenburger, Elisabeth

Gstöttner, Thesi ZAK; VINCENTZ NETWORK � „Bewegte Begegnungsstunden“ von Marianne Eisenburger und Thesi

Zak; MEYER & MEYER Verlag � „Sensorische Aktivierung“ von Lore Wehner u. Ylva Schwinghammer;

Springer-Verlag

Abbildungen: � Alle Abbildungen sind Selbstfotografien von Kathrin ABL

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Ehrenwörtliche Erklärung

Ich, ABL Kathrin, erkläre, dass die vorliegende Abschlussarbeit von mir selbst verfasst wurde und dass ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet habe. Außerdem habe ich die vorliegende Reinschrift einer Korrektur unterzogen. Eine Kopie der vorliegenden Arbeit halte ich in persönlicher Verwahrung. Zudem bin ich damit einverstanden, dass meine Abschlussarbeit innerhalb des Institutes ilw veröffentlicht werden darf.

Unterschrift Ort, Datum

Freigabe zur institutsinternen Verwendung der Abschlussarbeit sowie

von während des Lehrganges entstandenen Fotos

Ich, ABL Kathrin, stimme hiermit zu, dass meine vorliegende Arbeit mit dem Titel „Titel der Abschlussarbeit“ ausnahmslos für institutsinterne Zwecke des Instituts ilw (z.B. Einsicht der LehrtrainerInnen, für neue Lehrgänge, Vorlage für TeilnehmerInnen) verwendet werden darf. Weiters stimme ich zu, dass Fotos, die im Laufe des Lehrganges (z.B. Praktikum) aufgenommen wurden, ebenfalls nur für institutsinterne Zwecke ( u.a. Abschlusspräsentation) verwendet werden dürfen, und nicht zur Veröffentlichung in institutsexternen Bereichen freigegeben sind.

Unterschrift Ort, Datum

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Vorname: Kathrin

Nachname: ABL

Geburtsdatum: 12.11.1965

Geburtsort: LIENZ

Familienstand: verheiratet seit 1990

Kinder: 2 Töchter

Ausbildung:

� Staatliche geprüfte Heilmasseurin und Heilbademeisterin � Staatliche geprüfte Seniorentanzleiterin

� Staatlich geprüfter Lehrwart für FIT-SENIOREN

� Kinästhetik und sonstige unzählige Fortbildungen in

Seniorensport und –tanz

„Es ist besser, ein kleines Licht zu entzünden,

als über große Dunkelheit zu klagen“.

(Konfuzius)