surprise strassenmagazin

32
Rohstoff Nr. 266 | 6. bis 19. Januar 2012 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass. Action im Ruhestand – wenn Senioren nochmals Gas geben Ausgewandert – was junge Schweizer im Ausland erleben Wie Schweizer Konzerne die Welt ausbeuten

Upload: strassenmagazin-surprise

Post on 12-Mar-2016

383 views

Category:

Documents


3 download

DESCRIPTION

Surprise Strassenmagazin

TRANSCRIPT

Page 1: Surprise Strassenmagazin

Rohstoff

Nr. 266 | 6. bis 19. Januar 2012 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

Act

ion

im R

uhes

tand

–w

enn

Sen

iore

n no

chm

als

Gas

geb

en

Ausgewandert – was junge Schweizer im Ausland erleben

Wie Schweizer Konzerne die Welt ausbeuten

Page 2: Surprise Strassenmagazin

Anzeigen:

Aussendienst-mitarbeiterWer Surprise verkauft, hat seinen eigenenexklusiven Verkaufsstandort. Und verdientpro verkauftes Strassenmagazin zweiFranken siebzig bar auf die Hand. Startkapital abholen und sofort loslegen.Informationen gibt es hier: In der Region Bern:Pappelweg 21, 3013 BernT 031 332 53 93 oder 079 389 78 [email protected]

In der Region Basel:Spalentorweg 20, 4051 BaselT 061 564 90 83 oder 079 428 97 [email protected]

Eigenes Verkaufsgebiet für

In der Region Zürich und Luzern:Engelstrasse 64, 8004 ZürichT 044 242 72 11 oder 079 636 46 [email protected]

www.strassenmagazin.ch

ManagerWer Surprise verkauft, ist sein eigenerChef. Und verdient pro verkauftesStrassen magazin zwei Franken siebzig bar auf die Hand. Startkapital abholen und sofort loslegen.Informationen gibt es hier:

Wir bieten Karrierechancen für

In der Region Bern:Pappelweg 21, 3013 BernT 031 332 53 93 oder 079 389 78 [email protected]

In der Region Basel:Spalentorweg 20, 4051 BaselT 061 564 90 83 oder 079 428 97 [email protected]

In der Region Zürich und Luzern:Engelstrasse 64, 8004 ZürichT 044 242 72 11 oder 079 636 46 [email protected]

www.strassenmagazin.ch

*gemäss MACH Basic 2008-2.

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

Seite bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

Ist gut. Kaufen!Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache.Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute.Alle Preise exkl. Versandkosten.

266/12

Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50

neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.–

rot blau schwarz

Surprise Rucksäcke(32 x 40 cm); CHF 89.–

schwarz rot

Page 3: Surprise Strassenmagazin

3SURPRISE 266/12

Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt, die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

Tit

elb

ild: R

EU

TE

RS

/Fin

bar

r O

’Rei

lly

EditorialDrecksgeschäfte

Gnadenloser Opportunismus. So laute der gemeinsame Nenner von Rohstoffbrancheund politischer Schweiz, behauptet Oliver Classen von der Erklärung von Bern(EvB) im Interview in dieser Ausgabe. Classen ist Co-Autor der ersten umfassendenAnalyse des Rohstoffhandels in der Schweiz. Die Resultate sind erschütternd – selbstfür Menschen, die schon länger wissen, dass der Wohlstand im Westen zu weitenTeilen auf der Ausbeutung von Entwicklungsländern beruht. Die Dimensionen, indenen Unternehmen wie Glencore, Trafigura und Xstrata operieren, sind gewaltig.2010 setzte Branchenprimus Glencore 145 Milliarden Dollar um, deutlich mehr alsNestlé oder Novartis. Weitere eindrückliche Zahlen: Glencores Anteil am freien Roh-stoffmarkt beträgt bei Aluminium 22 Prozent, bei Kupfer 50 und bei Zink gar 60 Pro-zent. Dazu kommen neun Prozent beim Getreide. Den Hauptsitz haben Glencoreund Co. in steuergünstigen Staaten wie der Schweiz. So sacken sie die Gewinne ein,ohne dass für die Bevölkerung in den rohstoffreichen Ländern etwas übrig bleibt.

Als Hort dieser Firmen beweist die Schweiz einmal mehr, dass sie gern bei jeder Sauerei mitmischt, solangees nur etwas einbringt. Dabei betrachtet selbst der Chef der Direktion für Entwicklung und ZusammenarbeitDeza den Rohstoffhandelsplatz Schweiz als «politische Zeitbombe». Als stünde man als Finanzplatz nichtschon genug unter Druck, droht bereits weiterer Ärger wegen einiger weniger Ausbeuter, die hier ungestörtschmutzige Geschäfte machen dürfen. «Daher wäre die Schweiz gut beraten, den Rohstoffhandel proaktiv zuregulieren, statt dann irgendwann wieder die Scherben zusammenwischen zu müssen», sagt Buchautor OliverClassen.

Als Konsumenten können wir laut Classen nur wenig gegen die Zustände im Rohstoffhandel unternehmen.Als Bürger aber können Sie politischen Druck aufsetzen. Derzeit läuft die Unterschriftensammlung für die Petition «Konzerne an die Leine», die verlangt, dass Firmen mit Sitz in der Schweiz die Menschenrechte unddie Umwelt weltweit respektieren müssen. Hinter der Petition steht die Kampagne «Recht ohne Grenzen», dieunterstützt wird von einer breiten Allianz aus Gruppierungen wie Alliance Sud, Amnesty International, Fa-stenopfer und Terre des Hommes. Das Engagement gegen die Drecksgeschäfte der Rohstoffbranche kann nichtals Steckpferd einiger linker Idealisten abgetan werden. Dieser Kampf betrifft alle, für die Menschenwürdemehr bedeutet als eine Floskel.

Ich wünsche Ihnen anregende Lektüre – und ein gutes neues JahrReto Aschwanden

BIL

D:

DO

MIN

IK P

SS

RETO ASCHWANDEN

REDAKTOR

Page 4: Surprise Strassenmagazin

4 SURPRISE 266/12

Inhalt03 Editorial

Schmutzige Deals05 Basteln für eine bessere Welt

Hirnaktivierer06 Aufgelesen

Kein Marzipan für Münchner Beamte06 Zugerichtet

Schillernde Zechprellerin07 Hausmitteilung

Zum neuen Jahr07 Dankeschön

Selbstgestricktes für unsere Verkäufer08 Porträt

Selbstverwirklichung im Haus Meise22 Le mot noir

Krisengerede23 Schweizer Düsterrock

The Beauty of Gemina24 Kulturtipps

Velodiebe auf belgisch26 Ausgehtipps

Lustvolle Zivilisationskunst 28 Verkäuferporträt

Voll im Fussballfieber29 Projekt Surplus

Eine Chance für alle!30 In eigener Sache

ImpressumINSP

Massen von Einwanderern haben nur ein Ziel: dieSchweiz. So will es die Propaganda von rechts. Ausge-blendet wird dabei, dass fast 700000 Schweizer imAusland leben, das sind prozentual mehr als etwa un-ter den Italienern. Drei Ausgewanderte erzählen, wa-rum sie die Schweiz verlassen haben und wie der Blickvon aussen die Wahrnehmung der Heimat verändert.Und ein Experte erklärt, warum es vor allem gut Aus-gebildete ins Ausland zieht.

BIL

D:

RO

LA

ND

SO

LD

I

BIL

D:

FO

TO

LIA

Rentner verbringen geruhsam ihren Lebensabend undschwelgen in Erinnerungen. Dieses Klischee könnte fal-scher nicht sein. Viele Senioren entdecken nach derPensionierung Hobbys, für die sie davor kein Interesseoder keine Zeit hatten. Sei es als Stepptänzer, im Gi-tarrenunterricht oder beim Marathon – die Rentnervon heute sind nie zu alt, neue Leidenschaften zu ent-wickeln.

14 RohstoffhandelReich dank fremden RessourcenDie Schweiz war schon immer ein Hort für Geschäfte-macher. Nach Apartheid-Gold und Schwarzgeld bildetder globalisierte Rohstoffhandel das neueste Kapitel inder Geschichte von Gier und Gewissenlosigkeit. OliverClassen ist Co-Autor des Buches «Rohstoff – das ge-fährlichste Geschäft der Schweiz». Im Interview erklärter, wie die Schweiz so attraktiv wurde für dunkle Ge-schäfte – und wieso uns dieses Business gefährlicherwerden könnte als die Konten der Steuerhinterzieherauf hiesigen Banken.

10 AuslandschweizerÜber die Grenzen

18 Alter Tanzstunden im Ruhestand

BIL

D:

RE

UT

ER

S/F

INB

AR

R O

’RE

ILLY

Page 5: Surprise Strassenmagazin

5SURPRISE 266/12

Basteln für eine bessere Welt25 Mal ist Surprise im letzten Jahr erschienen, mit 25 Cover-Motiven haben wir um Ihre Gunst geworben –Väter, Bauern und Blondinen waren darunter, Hund, Fisch und Vogel und auch eine WC-Schüssel. Nur weilein neues Jahr beginnt, muss man ja nicht alles Vergangene vergessen. Wir möchten in Ihrer Erinnerungbleiben. Also: Spielen Sie mit uns!

1. Schneiden Sie die Bildchen in einem Stück aus (wie immer in solchen Fällen natürlich erst nach dem Lesen der Rückseite), kleben Siesie auf ein dickes Blatt Papier (breitflächig mit Papierleim bestreichen) und schneiden Sie dann die Bildchen einzeln aus.

2. Nehmen Sie eine grosse Zündholzschachtel, wechseln Sie die Zündhölzer durch die Memory-Kärtchen aus, schneiden Sie zur Dekorationein Bild nach Wahl aus dieser Surprise-Ausgabe in der Grösse der Schachtel-Oberseite aus und kleben es drauf.

3. Fertig ist das Surprise-Jahresrückblicks-Memory zum Mitnehmen!

ILL

US

TR

AT

ION

: S

IMO

N D

RE

YF

US

| W

OM

M

Page 6: Surprise Strassenmagazin

6 SURPRISE 266/12

AufgelesenNews aus den 90 Strassenmagazinen,die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Gute Fragen

Nürnberg. Anstatt sich etwas zu wünschen,stellt Erwin Pelzig aus der ARD-Satiresen-dung «Neues aus der Anstalt» lieber unange-nehme Fragen. Zum Beispiel, wie es seinkann, dass die Investmentbank GoldmanSachs zurzeit empfiehlt, gegen den Euro zuwetten, und gleichzeitig europäische Regie-rungen berät, wie der Euro zu retten ist? Oderwarum man für die Sparpakete das Geld beiden vielen holt, die wenig haben, und nichtbei den wenigen, die alles haben? Ob man dieUngerechtigkeit statt auf viele nicht besserauf möglichst wenige verteilt?

Hoffnung ist Quatsch

Hamburg. «Hinz&Künztler» äussern sichaufs neue Jahr zum Thema Hoffnung. Chaka,34, offenbart sein Motto: «Spass ist, wennman trotzdem lebt.» Das Schicksal müsseman selber in die richtigen Bahnen lenken:«Wenn du kuschst, wird nur auf dich drauf-getreten. Du musst schon selber was tun, umdein Leben zu verbessern.» Noch drastischersieht es Adam (35): «Hoffnung ist Quatsch.»Er möchte so schnell wie möglich eine Woh-nung und eine Arbeit finden, am liebsten aufdem Bau – da helfe nur anpacken.

Geschenke verboten

München. Keine Bescherung für die Münch-ner Beamten und Mitarbeiter im öffentlichenDienst: Ihnen ist es per Gesetz verboten, Ge-schenke anzunehmen – damit sie unbestech-lich bleiben. So musste Gemeinde-Bürgermei-ster Dworzak eine Frau bitter enttäuschen,die ihm aus Dankbarkeit für das Vermittelneiner Lehrstelle für ihren behinderten SohnMarzipanpralinen gemacht hatte. MüllmannLukarski erzählt, dass ihm eine Frau nach-lief, schäumend vor Wut, und sagte: «Wo le-ben wir denn? Da haben Sie Ihr Geld!» Eshalf nichts, er musste es ihr zurückgeben.

ZugerichtetFlüchtling aus der EU

Die letzte Begegnung zwischen Bezirks-richter Ernst und Sylke P. im vorigen Jahr hat-te in einem giftigen Showdown geendet. Alses im Urteilsspruch um die Frage ihrer geisti-gen Verfassung ging, rastete die Deutscheaus: «Fressen Sie Ihre Novartis-Pillen dochselbst!» Das war sogar dem sanftmütigenErnst zu viel. Lautstark herrschte er Sylke P.an, sie solle den Mund halten. Keine Hun-dertstelsekunde später knallte die Erwide-rung wie ein Geschoss durch den Saal. «Ver-gessen Sies.» Grösser hätte der Punkt nichtsein können, der nach diesen wütenden Wor-ten des Trotzes wie ein riesiger japanischerGong über den Köpfen der Anwesendenschwebte. Als er sich verflüchtigt hatte, er-laubte sich Richter Ernst mit der Ruhe desMächtigen einen fiesen Spass. Er empfahlSylke P., sie solle das nächste Mal lieber nachÖsterreich reisen, das sei auch ein schönesLand. Schuldig der rechtswidrigen Einreiseund der geringfügigen Zechprellerei, wirdFrau P. abgeführt, ans Migrationsamt über-wiesen und ausgeschafft.

Sylke P. ist eine schillernde Konstante inder Zürcher Gerichtsszene. Seit 2007 strapa-ziert sie unablässig die Nerven des Personalsdiverser Stadtzürcher Behörden. EinemStaatsanwalt platzte schon früh der Kragenund er erwirkte ein Einreiseverbot bis 2014.Für Sylke P. ein kolossaler Irrtum. Es sei nichtihre Sache, wenn keiner kapiere, dass ihr alsStaatenlose ein Schweizer Pass zustehe. Mitder EU, «dieser Fiskalunion», wolle sie nichtsmehr zu tun haben. «Ich will in der Schweizleben, lieben und hassen.» Da sie sich umdieses Recht geprellt sieht, bereitet sie eineMillionenklage gegen die Schweiz vor. Was

die Zechprellerei angeht, verhält es sich so,dass Frau P. Seafood und Weizenbier mag, aberselten Geld hat. Ihre kriminelle Energie mag be-scheiden sein, ihre Tatorte sind es nicht: Mada-me diniert im Dolder oder auf der noblen Dach-terrasse des Swissôtel. Im August dieses Jahresfasste man sie im Amber Club am Bahnhof-quai, zum insgesamt neunten Mal. Im Dezem-ber stand sie deshalb wieder vor dem Richter.

«Schön, Sie zu sehen, Richter Ernst!», ruftSylke P. beim Betreten des Saals. Dieser nu-schelt etwas, «jaja», worauf Sylke neckt: «Wie!Sie glauben mir nicht?» Der Richter umgehtden Small Talk und liest aus der Anklage vor.Bowle, Gamberoni-Salat, vier Weizenbier undzwei Cocktails, alles zusammen 106 Franken.«Ist gut, das Amber, sollten Sie mal hingehen,Herr Richter», scherzt Frau P. Aber dannkommt auch sie zur Sache. Sie war auch schonin Hotpants oder ihrem im Knast selbst ge-strickten Minikleid erschienen. Heute aberträgt sie einen verschlissenen Jogging-Anzugund eine Kampfeslust, die an den Filmboxer«Rocky» erinnern. Dass Angeklagte unverfro-ren Freisprüche fordern, kommt vor – dass ei-ne Beschuldigte zehnminütige Gegenklagenwegen «Polizeigewalt im Foltergefängnis»führt, eher nicht. Ihr Verteidiger fordert mitverbeulter Coolness à la Humphrey Bogart ei-nen Freispruch – Sachverhaltsirrtum seinerMandantin. Vergebens. Als der Schuldspruchund die Anordnung zur Überweisung ans Mi-grationsamt ergeht, wird es wieder laut. «Ille-galer Scheissdreck! Sie versauen mir das Le-ben!» «Es endet immer gleich mit Ihnen»,seufzt Richter Ernst. «Bis zum nächsten Mal.»

YVONNE KUNZ ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

Page 7: Surprise Strassenmagazin

7SURPRISE 266/12

Dankeschön Wollpullis aus ZürichImmer wieder erhalten wir stapelweise Pull-over für unsere Verkaufenden. Die Strickerinaus Zürich möchte anonym bleiben, wir wol-len uns trotzdem bedanken. Unsere Verkau-fenden freuen sich immer über die schönen,farbigen Sachen. Gerade jetzt im Winter sindwarme Kleider hoch willkommen. Und weildie Spenderin so fleissig ist, kommen nichtnur Zürcher zu einem tollen Gratis-Pulli,sondern auch Surprise-Verkaufende in Bernund Basel – so wie Daniel Giuliani und So-kha Roth. Im Namen der Verkaufenden einherzliches «Merci bien!»

BIL

D:

ZV

GNominieren Sie IhrenStarverkäufer!Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, welche/n Verkäufer/in Siean dieser Stelle sehen möchten: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 (0)61 564 90 99, [email protected]

Vor gut einem Jahr wurde Surprise zu einerdramatischen Reduktion des Betriebs und zueinem Neustart mit frischen Führungskräftengezwungen. Dadurch war 2011 geprägt vomBemühen um Stabilität und Konsolidierung. Infinanzieller Hinsicht konnten wir das reduzier-te Budget einhalten und gar leicht übertreffen.Die zusätzlichen Einnahmen wurden direkt inden Betrieb investiert, um das bestehende An-gebot zu sichern.

Probleme bereiteten uns Einschränkungenbei der Erteilung von Verkaufsbewilligungen.In einzelnen Kantonen dürfen Asylsuchendeund vorläufig aufgenommene Personen Surpri-se nicht verkaufen, obwohl die Bundesgesetz-gebung eine Zulassung gestatten würde. EinenLichtblick bildete hingegen die Erweiterungder Verkaufsregionen nach Luzern und weite-ren Innerschweizer Ortschaften. Es gelanguns, den Verkäuferbestand knapp zu halten,allerdings konnten die einzelnen Verkäufer imSchnitt weniger Hefte absetzen. Auch das liegtan Restriktionen vonseiten der Behörden: So-zialhilfeempfänger dürfen nur bis zum erlaub-ten und nach ihrem Empfinden tief angesetz-ten Freibetrag dazuverdienen. Einige wärendennoch bereit, mehr zu verkaufen und denErlös der Sozialhilfe abzugeben, doch verbie-ten dies einzelne Kantone – obschon sie daranverdienen würden. Die defensive Einstellungmancher Behörden (zum Glück nicht aller)steht im krassen Widerspruch zu der Tatsache,

HausmitteilungDas Surprise-Jahr aus der Sicht desVorstandspräsidenten

dass Surprise noch nie Geld von staatlichenStellen beansprucht hat. Wir haben uns bereitsim vergangenen Jahr bemüht, uns in den füruns problematischen Kantonen besser zu ver-netzen, werden aber künftig noch mehr Über-zeugungsarbeit leisten müssen. Zudem müs-sen wir dringend mehr Verkaufende gewinnen,damit die Surprise-Leserschaft ohne langes Su-chen einen Verkäufer findet.

Der Strassensport wurde mit drei Fussball-turnieren weitergeführt. Die Surprise Strassen-sport-Liga hat sich mittlerweile etabliert undbietet Teams aus sozialen Einrichtungen dieMöglichkeit, regelmässig Teamgeist und Wett-bewerb zu erleben. Die Strassenfussball-Welt-meisterschaft fand 2011 in Paris statt, wo unserNationalteam mit Rang 27 so gut wie noch nieabschneiden konnte. Ebenfalls eine Erfolgsge-schichte ist der wiederbelebte Chor. Unter neu-er Leitung entwickelt er sich zum Strassen-chor, der Freude bereitet und auch in dieserForm für unsere Anliegen wirbt.

Im Vorstand haben wir die Zusammenar-beit und Aufgabenverteilung neu organisiert,die Zuständigkeiten von Vorstand und Ge-schäftsleitung geklärt und eine strategischeAusrichtung für die nächsten Jahre erarbeitet.Besonders freut mich, dass wir mit dem Na-tionalrat Beat Jans und dem FinanzexpertenRoger Meier zwei neue Mitglieder willkom-men heissen konnten, die unsere Kompeten-zen sinnvoll erweitern.

BIL

D:

DO

MIN

IK P

SS

Allen, die im Jahr 2011 dazu beigetragenhaben, dass wir nach dem schwierigen Vor-jahr wieder Boden fassen konnten, sei es imBetrieb, im Vorstand oder auf der Strasse, giltmein herzlicher Dank. Ganz besonders bedan-ke ich mich bei unsern Geldgebern, Sponsorenund Magazinkunden. Dank ihrer Unterstüt-zung können wir mit einiger Zuversicht insneue Jahr blicken. Die Solidarität, die wir im-mer wieder erleben dürfen, ist uns Ansporn,weiterhin möglichst vielen Verkaufenden beider Verbesserung ihrer Lebensumstände ganzkonkret zu helfen. ■

Peter Aebersold, Vorstandspräsident Surprise

Page 8: Surprise Strassenmagazin

SURPRISE 266/128

Page 9: Surprise Strassenmagazin

9SURPRISE 266/12

VON MANUELA DONATI (TEXT) UND ANDREA GANZ (BILD)

«Ich sollte doch einfach ein Café eröffnen. Damit wäre ich bestimmtglücklich», denkt Claudia Nabholz. Es ist Januar 2009, sie sitzt in einemgemütlichen Hamburger Café beim Brunch und weiss: So etwas fehlt inBaden. Die Idee lässt die damals 27-jährige Badenerin nicht mehr los.Zumal die studierte Wirtschaftspsychologin in ihrem Job nicht viel hält.Ein Jahr zuvor hat sie das Studium an der Universität abgeschlossenund arbeitet im Management Development einer grossen Firma. Dasssie ihr Studienwissen anwenden kann, gefällt ihr. Die tägliche Routineeines Bürojobs droht sie aber zu erdrücken. Ihre Schwester Nadja, diein Hamburg arbeitet und der Grund des Besuchs im deutschen Nordenist, ermutigt sie, weist aber auch darauf hin, dass jeder Job seine Pro-bleme mit sich bringe. Doch Claudia Nabholz hat sich entschieden. Sieflaniert durch das kalte Hamburg und malt sich in Gedanken aus, wieihr Café aussehen soll. Gemütlich, verspielt, farbig. Und in einer Eckesoll Mode von Jungdesignern zu kaufen sein.

Zurück in der Schweiz, sitzt sie mit ihrem Vater zusammen undmacht einen Businessplan. Dieser stellt kritische, aber hilfreiche Fragen.Er kennt seine Tochter und weiss, dass sie immer viele Ideen hat, diedann auch schnell von neuen ersetzt werden. Diesmal ist es anders.Claudia Nabholz macht sich auf die Suche nach einem geeigneten Ortund wird in der Badener Altstadt fündig. In einem fast 500 Jahre altenHaus wird ein Lokal frei. Sie legt dem Besitzer ihr Konzept in den Brief-kasten und schon am Tag darauf klingelt ihr Telefon. Die beiden treffensich und nur zwei Wochen nach dem ersten Gedanken an ein eigenesCafé – beziehungsweise an einen komplettenLebenswandel – unterzeichnet Claudia Nab-holz den Vertrag. Und hat einen kleinenSchock, als ihr bewusst wird, was sie da gera-de unterschrieben hat. Dieser eine kurze Mo-ment geht aber schnell vorbei und sie stürzt sich mit viel Herzblut in ihrProjekt. Sie kündigt ihren sicheren Job und steckt ihr ganzes Erspartesin ihr Café. «Andere kaufen sich ein Auto, ich habe meinen Traum ver-wirklicht», meint sie dazu. Zusammen mit Freunden baut sie das Lokalum und sucht in Brockenhäusern Möbel und Geschirr zusammen. Siebüffelt für die Wirteprüfung und kümmert sich um alle notwendigen Be-willigungen.

Sie sei mutig, so etwas zu wagen, hört Claudia Nabholz von allen Sei-ten. Doch sie selbst sieht das ganz anders: «Wenn ich etwas will, dannbin ich überzeugt davon und denke gar nicht daran, dass etwas schief-gehen könnte. Es gab nie einen Moment, wo ich alles hinschmeissenwollte. Ich bin eben ein positiv denkender Mensch.» Im Sommer 2009öffnet das Café Frau Meise, benannt nach dem Haus zur Meise, und tat-sächlich: Claudia Nabholz hatte richtig gelegen mit ihrer Vermutung.Die Mischung aus Brockenhaus und gemütlicher Stube, die farbigen und

PorträtEin Meisen-Nest voller KreativitätWie kommt eine studierte Wirtschaftspsychologin zu ihrem eigenen Café? Bei Claudia Nabholz kamenJobfrust und ein inspirierender Brunch zusammen – und heute führt sie mit dem Café Frau Meise ein krea -tives Kleinunternehmen in der Badener Altstadt.

verspielten Details und die kulturellen Veranstaltungen kommen in Ba-den gut an. Mit dem «Meisli», wie sie ihr Café liebevoll nennt, schreibtClaudia Nabholz seit zwei Jahren eine Erfolgsgeschichte. Und nicht nurdas: Sie hat sich selbst verwirklicht und selbst gefunden.

Nicht in einem kreativen Umfeld aufgewachsen, spürt Nabholz erstmit Anfang 20 das Verlangen, auch ihre schöpferische Seite auszuleben.Sie belegt Kurse, lernt Schnittmuster selber herzustellen und die Kleiderdann auch zu nähen. Dass die Mode ihre grosse Leidenschaft ist, weisssie, doch ganz darauf zu setzen, wagt sie nicht. Mit der Frau Meise än-dert sich das. «Ich träumte schon lange davon, selbstständig etwas aufdie Beine zu stellen», sagt sie rückblickend. «Die Idee mit dem eigenenCafé kam aber ganz impulsiv.» Nun könne sie hauptberuflich das tun,was ihr am meisten Spass mache und wofür sie sonst nur nach der Ar-beit Zeit fand. Heute arbeitet die Chefin nicht mehr täglich in ihrem Ca-fé. Zu den zwei Mitarbeitern, die mit ihr am Eröffnungsabend hinter derTheke standen, sind in der Zwischenzeit acht weitere dazugekommen,die es ihr ermöglichen, sich um anderes zu kümmern. Die Buchhaltungzum Beispiel. Oder, ihr viel lieber, das Ausklügeln von neuen Projekten.«Es ist für mich das Schönste, wenn ich mich in etwas Neues einarbei-ten und etwas dazulernen kann», sagt die umtriebige Badenerin. Und sokann man in der Frau Meise nicht nur Kaffee trinken und Kleider kau-fen, sondern auch Accessoires, Schmuck und Krimskrams aus ganz Eu-ropa – von der Besitzerin persönlich während Städtetrips in Rom oderLondon entdeckt und ausgewählt. Ausserdem hat die Frau Meise ihrNest erweitert: Im selben Haus bietet Nabholz seit diesem Jahr auchzwei Pensionszimmer an. Und um die Ecke können in einem Schaufen-

ster Vintage-Möbel bestaunt werden, die Claudia Nabholz auf Floh-märkten und im Internet zusammensucht und aufwertet. Es gibt viel zutun und das ist auch gut so, denn Claudia Nabholz sagt, ihr werdeschnell langweilig. Immerhin hat sie ein Patentrezept dagegen: «Wennein Projekt läuft, dann suche ich nach einer neuen Herausforderung.»

So überrascht es nicht, dass sie die nächste Herausforderung schonangepackt hat; wie immer mit strahlenden Augen und viel Power. Die-ses Jahr bringt sie unter dem Label «Frau Meise» eine eigene kleine Klei-derkollektion heraus. Dabei legt sie Wert darauf, dass ihre Mode tragbarist: «Ich mache Kleider, die ich selbst auch anziehen würde. Meine Kol-lektion wird bunt und verspielt». Claudia Nabholz betont, sie könne Ar-beit und Privates gut trennen. Gibt dann aber zu: «Frau Meise ist ein Teilvon mir. Ohne sie hätte ich wohl eine Persönlichkeitskrise.» ■

www.fraumeise.ch

«Wenn ich etwas will, dann bin ich überzeugt davon unddenke nicht daran, dass etwas schiefgehen könnte.»

Page 10: Surprise Strassenmagazin

10 SURPRISE 266/12

BIL

D:

WO

MM

Page 11: Surprise Strassenmagazin

11SURPRISE 266/12

AuslandschweizerDie AusgewandertenDie angebliche Masseneinwanderung in die Schweiz dient hierzulande der politischen Stim-mungsmache. Vergessen geht dabei, dass zugleich auch eine umgekehrte Bewegung statt-findet. Zahlreiche Schweizer verlassen ihr Heimatland für kürzere oder längere Zeit. Hier erzählen drei von ihnen, was sie ins Ausland gelockt hat und wie sich der Blick auf die Heimatin der Fremde veränderte.

VON JOEL BISANG

Heimatgefühle in der Centraal Station Res Zangger, Historiker, lebt seit zwei Jahrenin Amsterdam.

Eigentlich hatte Res Zangger nur einen vorübergehenden For-schungsaufenthalt geplant. Doch dann hat ihm ein mehrmonatiger Auf-enthalt in den Niederlanden unbeabsichtigt eine neue Heimat beschert.Seit einigen Monaten fühle er sich zu Hause angekommen, wenn er ander «Centraal Station», dem Hauptbahnhof von Amsterdam, aus demZug steige, sagt der Historiker. Hier, in der niederländischen Hauptstadt,hat er vor gut zwei Jahren seine heutige Frau, mit der er mittlerweile ei-ne gemeinsame Tochter hat, kennengelernt.

Als Neuankömmling sei ihm der Start sicher dadurch erleichtert wor-den, dass die Verhältnisse in den Niederlanden vergleichbar seien mitdenjenigen in der Schweiz, erklärt Zangger. Holland sei – wie dieSchweiz – ein reiches, gut organisiertes Land, mit funktionierenden In-frastrukturen. «Dass ich mich mittlerweile angekommen fühle, hat abervor allem auch mit meiner Familie und meinem neuen Freundeskreis zutun», ergänzt er. Starke Heimwehgefühle kämen so gar nicht erst auf.Die Brücken zur Schweiz hat der 44-Jährige aber nicht abgebrochen;dank Internet und Freunden ist er auf dem Laufenden, was in der altenHeimat passiert. Zugleich sei aber auch eine Distanz da. «Seit ich in Am-sterdam bin, interessieren mich Schweizer Wahlen einfach nicht mehrso sehr.»

Zangger verschweigt nicht, dass er bezüglich der Umstände, die dasAuswandern mit sich bringt, gerne 15 Jahre jünger wäre. Sich in einemneuen System zurechtzufinden und eine neue Sprache zu lernen, sei ei-ne Herausforderung, sagt er. «Einem jungen Menschen, der dabei ist,sich die Welt anzueignen, fällt das sicher leichter». Die frische, dynami-sche Art und die positive Grundeinstellung, die er seinen neuen Lands-leuten attestiert, machten jedoch vieles wieder wett. «Die in der Schweizverbreitete Haltung, immer als Erstes die Schwierigkeiten zu sehen, istbei den Niederländern deutlich weniger ausgeprägt», so der gebürtigeWinterthurer. Wichtig sei zudem, dass er die angenehmen Dinge desAlltags in der neuen Heimat – wie zum Beispiel das Fahrradfahren inAmsterdam – sehr geniesse. In die Zukunft blickend ist eine Rückkehrin die Schweiz für den Wahl-Amsterdamer deshalb kein Thema. «Mo-mentan finde ich die Vorstellung, hier mein Leben zu gestalten, deutlichspannender als eine allfällige Rückkehr in die Schweiz.» ■

«Momentan finde ich die Vorstellung, hier mein Leben zu gestalten,deutlich spannender als eine allfällige Rückkehr in die Schweiz.»

BIL

D:

ZV

G

Page 12: Surprise Strassenmagazin

12 SURPRISE 266/12

«Grenzen zählen nicht»Angela Bolliger, 25, Art Directorin, hat bis En-de 2011 vier Jahre in Paris und Hamburg gelebt.

Zürich, Paris, Hamburg – gerade mal 25 Jahre alt, hat Angela Bolli-ger bereits mehrere Jahre ihres Berufslebens im Ausland verbracht.Wenn es nach ihr geht, war das erst der Anfang. «Ich bin neugierig undwill so viele Erfahrungen sammeln, wie ich kann, Grenzen zählen dabeinicht. Das ist mein Weg», sagt die Grafikdesignerin, die bis Ende des ver-gangenen Jahres in Hamburg als Art Directorin einer Werbeagentur ge-arbeitet hat. Hört man ihr zu, wie sie von ihrer Zeit in der norddeut-schen Metropole, ihrem zweijährigen Paris-Aufenthalt und von ihrenZukunftsplänen erzählt, glaubt man ihr sofort.

«Ich finde es unglaublich spannend, einen fremden Ort zu entdeckenund mich auf ihn einzulassen», schwärmt die gebürtige Aargauerin.Nicht Touristin zu sein, sondern einen neuen Alltag zu erleben und zuleben, mit allem, was dazugehört. Unabhängig zu sein und immer wie-der Menschen zu treffen, deren Lebensweise der ihren entspricht. Siefühle sich, trotz kulturellen Unterschieden und neuen Bekannten, an un-bekannten Orten jeweils nicht fremd, sagt Bolliger. «Wenn mir ein Ort et-was gibt, wenn ich etwas mitnehmen kann, dann fühle ich mich zu Hau-se.» Ihre Anpassungsfähigkeit sei dabei sicher hilfreich, was aber keines-falls heisse, dass sie nie Heimweh nach Freunden und Familie habe.

Selbstverständlich schätze sie ihr Heimatland, die Schweiz, erklärtdie junge Arbeitsmigrantin: «Ich bin Fan.» Und Zürich sei sowieso einegrossartige Stadt. Gründe genug für sie, um immer wieder in ihr Hei-matland zurückzukehren. Denn gewisse Schweizer Qualitäten habe sie,wohl gerade auch wegen der langen Auslandaufenthalte, durchausschätzen gelernt. Die da wären? Schweizer hätten Qualitätsbewusstseinund seien in der Regel eher zurückhaltend im Auftreten, sagt Bolliger.

«Wie Tag und Nacht»Michael Hock, 38, Weinbauer und Biologe,lebt seit sieben Jahren in Borgaretto/Beinascobei Turin.

Gut sieben Jahre sind vergangen, seit Michael Hock zusammen mitseiner Frau Luisa beschlossen hat, den gemeinsamen Wohnsitz von Zü-rich nach Italien zu verlegen. Genauer, in den Turiner Vorort Borgaret-to, Luisas Heimatort. Anlass für den Umzug war zunächst die Arbeits-situation der Grafikerin; doch auch Hock selbst, ursprünglich Biologe,hatte sich damals bereits länger für einen Studiengang in Önologie ander Universität Turin interessiert, den er inzwischen auch erfolgreich ab-solviert hat. Er habe sich, nicht zuletzt dank Familienanbindung undFreundeskreis, gut eingelebt, lacht der 38-Jährige, der heute für einenPiemonteser Weinbauernverband tätig ist.

Dennoch: Als Wohn- und Arbeitsland erlebe er Italien als ein deutlichhärteres Pflaster als die Schweiz. Zumindest härter, als sich das Schwei-zer Touristen jeweils vorstellten, die vom guten Essen und den freund-lichen, kommunikativen Menschen schwärmten. «Einige Dinge hier sindim Vergleich zur Schweiz wie Tag und Nacht», sagt der gebürtige Churer,der im Grossraum Zürich aufgewachsen ist. Dienstleistungsbewusstseinbeispielsweise sei für viele Italiener ein Fremdwort und Auskünfte, dieman erhalte, seien nicht immer verlässlich. «Das lässt sich manchmal nurschlecht mit dem Weltbild des Schweizers vereinbaren, der sich gewöhntist, dass immer alles reibungslos funktioniert», grinst Hock. Angesichtsder bedeutend tieferen Löhne gebe es zudem rein aus finanzieller Sichtnicht viele Gründe, um von der Schweiz nach Italien zu ziehen.

Den Bezug zur Schweiz habe er nicht nur aufgrund der geografischenNähe nie verloren, so der zweifache Vater. Dank der «Tagesschau» desSchweizer Fernsehens via Satellit und gegenseitigen Besuchen von

Aber wenn es darum gehe, Pläne schliesslich umzusetzen «reden sienicht nur, sondern machen auch.» Trotz der Distanz zu ihren Freundenund positiven Gefühlen gegenüber der Schweiz ist ihr Fernziel nicht derSchweizer Heimathafen, wo sie seit Kurzem wieder wohnt. Denn dieDesignerin zieht es erneut ins Ausland, wo sie sich – am liebsten in Lon-don, San Francisco oder New York – gerne als Art Directorin im Musik-bereich betätigen würde. ■

«Wenn mir ein Ort etwas gibt, wenn ich etwas mitnehmenkann, dann fühle ich mich zu Hause.»

Angesichts der tieferen Löhne gibt es aus finanzieller Sichtnicht viele Gründe, um von der Schweiz nach Italien zu ziehen.

Schweizer Freunden und Familie sei er bestens informiert über die Hei-mat. Alte Freunde, Familie und spontane Erlebnisse im Schweizer Be-kanntenkreis seien es denn auch, was er am meisten vermisse. EineRückkehr in die Schweiz oder einen Umzug in ein anderes Land wolleer nicht ausschliessen, sagt der Weinbauer. Allerdings sicher nur im Zu-sammenhang mit einer vielversprechenden Arbeitsstelle im Ausland:«Denn grundsätzlich fühle ich mich hier wohl und zu Hause.» ■

BIL

D:

ZV

GB

ILD

: Z

VG

Page 13: Surprise Strassenmagazin

13SURPRISE 266/12

Die Zahl der Auslandschweizer nimmt seit Jahren leicht zu. Waren im Jahr 1999 noch rund570000 Personen im Ausland bei einer Schweizer Botschaft registriert, waren es 2008 bereitsrund 680000. Dazu kommt eine Dunkelziffer der nicht gemeldeten Personen. Nach Schätzun-gen leben gut zwölf Prozent aller Menschen, die einen Schweizer Pass besitzen, im Ausland.Die Schweiz zählt damit zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an Auslandbürgern. Zum Ver-gleich: In Italien sind es 11,2 Prozent, in Deutschland fünf Prozent. Die Auswanderungsbilanzder Schweiz war in den letzten 20 Jahren immer leicht negativ, das heisst, die Anzahl Schwei-zer, die sich aus der Schweiz abmelden, ist jedes Jahr etwas höher als die Anzahl der Schwei-zer, die in ihre Heimat zurückkehren.

Die Schweiz – ein Auswanderungsland

Auslandschweizer«Kein Entscheid fürs Leben»Walter Leimgruber ist Leiter des Seminars für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnolo-gie an der Universität Basel. Er gehört zu den wenigen Wissenschaftern, die zum Thema Aus-landschweizer forschen.

INTERVIEW: JOEL BISANG

Professor Leimgruber, weshalb wandernSchweizerinnen und Schweizer aus?

Es ist heute so, dass Schweizer Bürger, dieihre Heimat verlassen, dies in der Regel aus ei-ner komfortablen Situation heraus tun. Armutist kein Auswanderungsgrund mehr. Die grös-ste Gruppe der Schweizer Auswanderer istüberdurchschnittlich gut ausgebildet und willbeispielsweise die eigenen Karrierechancenmit einem Praktikum im Ausland erhöhen, ei-nen Beruf ausüben, den es in der Schweiz sonicht gibt, oder nochmals eine Ausbildung ab-solvieren. Überspitzt kann man sagen, dass ei-ne Mehrheit auswandert, weil sie auf Erfolgaus ist, und nicht, weil sie vor dem Versagenflüchtet.

Die Schweiz ist also nicht nur ein Einwan-derungs-, sondern auch ein Auswande-rungsland?

Das kann man so sagen. Interessant ist indiesem Zusammenhang, dass von der Öffent-lichkeit immer die hohe Zahl an gut ausgebil-deten Einwanderern wahrgenommen wird.Dabei bleibt unerwähnt, dass auch sehr vielegut ausgebildete Schweizer ihre Heimat verlas-sen, um im Ausland zu arbeiten. Vor allem dieZahl der Schweizer Angestellten, die von ihrerFirma für eine bestimmte Dauer ins Auslandgeschickt werden, die sogenannten Expats(von Englisch «Expatriates» für «Auswande-rer»), nimmt kontinuierlich zu.

Ein Grossteil der Auswanderer ist alsojung und gut ausgebildet – aber längstnicht alle.

Nein, sicher nicht alle. Eine wichtige Aus-wanderergruppe sind Schweizer Pensionäre,die ihren Lebensabend im warmen Süden, bei-spielsweise in Spanien, verbringen wollen;man spricht hier von Altersmigration. Vieleder heutigen Auswanderer sind zudem ehema-

lige Einwanderer, die – mittlerweile im Besitzdes Schweizer Passes – in ihre ursprünglicheHeimat zurückkehren.

Welche Rolle spielt die Personenfreizü-gigkeit mit der EU für die Auswanderung?

Seit einigen Jahren ist generell eine leichteZunahme der Auswandererzahl feststellbar.Die Personenfreizügigkeit ist dabei sicher einwichtiger Faktor. Sie erleichtert es Schweizern,im europäischen Ausland Fuss zu fassen.

Welche anderen Entwicklungen sind überdie vergangenen 20 Jahre feststellbar?

Eine der Hauptentwicklungen ist sicher,dass eine Auswanderung in den meisten Fällennicht mehr ein Entscheid fürs Leben ist. Manverbringt einen Lebensabschnitt im Ausland

und kehrt dann wieder zurück, ohne dass mandie Verbindungen zur Heimat gekappt hat.Man könnte das auch ein «Teilzeitauswan-dern» nennen. Bei Menschen, die gleichzeitigin zwei oder mehr Ländern leben und arbei-

ten, spricht man in der Wissenschaft zudemvon Pendlermigration. Moderne Verkehrsmit-tel und neue Kommunikationstechnologienunterstützen diese Trends, denn sie lassen ge-wissermassen die Distanzen schrumpfen. ■

«Die Mehrheit wandert aus, weil sie auf Erfolg aus ist, und nicht, weilsie vor dem Versagen flüchtet.»

BIL

D:

ZV

G

Page 14: Surprise Strassenmagazin

14 SURPRISE 266/12

VON CHRISTOF MOSER (INTERVIEW) UND DAVIDE CAENARO (BILDER)

Die Schweiz ist eine Rohstoff-Weltmacht. Jeder dritte Liter Erdöl aufdem Weltmarkt wird hier gehandelt. Bei Kaffee und Zucker ist es gardie Hälfte. In Zug, Luzern und Genf handeln Konzerne wie Glencoreoder Trafigura mit Kohle aus Kolumbien, Zink aus Kasachstan und Ölaus Äquatorialguinea. Die sechs Top-Manager von Glencore haben da-mit letztes Jahr zusammen 23 Milliarden Franken verdient – auf Kostender Länder, aus denen die Rohstoffe herkommen. Dank globalisiertenFirmenkonstrukten entziehen sie den rohstoffreichen Ländern des Sü-dens jährlich Steuereinnahmen von 100 bis 250 Millionen Franken. Vonden massiven Umweltschäden, die der Abbau von Rohstoffen nach sichzieht, gar nicht zu reden. Mit ihrem ungehemmten Wachstum und derschonungslosen Gier würden die Rohstoff-Handelsfirmen nicht nur ar-me Länder plündern, sondern auch den Ruf der Schweiz beschädigen,warnt Oliver Classen.

Herr Classen, was besitzen Sie alles, das problematische Rohstoffe beinhaltet?

Davon ist fast nichts ausgenommen. Es beginnt mit der Baumwollein meinen Kleidern und endet bei Koltan und Kupfer in meinem Smart-phone. Dazu kommt alles, was synthetisch hergestellt wird und damitnatürlich Erdöl beinhaltet.

Warum sind Kupfer und andere Metalle problematische Rohstoffe?

Rohstoffe werden häufig unter mittelalterlichen Bedingungen ausder Erde geholt. Zur Gewinnung vieler Erze und Metalle werden Gifteeingesetzt, die Mensch und Natur schädigen. Zudem sacken Bergbau-und Handelskonzerne die Gewinne ein, ohne dass für die Bevölkerungin rohstoffreichen Ländern etwas übrig bleibt. Gegen die Profiteure die-ses Systems sind die Abzocker in der Finanzbranche kleine Fische. Aufder Bilanzliste der 300 reichsten Schweizer finden sich neuerdings vierRohstoffhändler. Mit dem Börsengang der Rohstofffirma Glencore, diein Zug angesiedelt ist, sind 2011 einige Top-Manager auf einen SchlagMilliardäre geworden. Das Geschäft mit Rohstoffen ist ein dreckiges,aber auch ein hochprofitables Geschäft.

Bei Kleidern und Lebensmitteln könnenKonsumenten Fair-Trade- und Bio-Pro-dukte kaufen. Was kann der Endverbrau-cher bei Rohstoffen tun?

Beim Rohstoffhandel reden wir über einSchattenreich der Wirtschaft. Eine Zertifizierung ökologischer und sozi-al unbedenklicher Rohstoffe gibt es nicht, weil sie für Endkonsumentenunsichtbar bleiben. Ins Visier der Öffentlichkeit gerieten bisher Firmen,die mit diesen Rohstoffen umstrittene Produkte machen: zum BeispielNike, Apple oder Shell. Bei Nahrungsmitteln hat sich durchgesetzt, dassKonsumenten Fair-Trade-Kaffee oder -Bananen kaufen können. Bei Roh-

Rohstoffhandel«Ein dreckiges Geschäft»Immer mehr Rohstoffhändler lassen sich in der Schweiz nieder. Nun beleuchtet das Buch «Rohstoff – dasgefährlichste Geschäft der Schweiz» erstmals diese verschwiegene Schattenwelt. Co-Autor Oliver Clas-sen von der entwicklungspolitischen Organisation Erklärung von Bern erklärt, warum die schmutzigenGeschäfte der Rohstoffhändler uns alle betreffen.

stoffen gibt es nichts Vergleichbares. Einzig bei Gold zeigen sich ersteAnsätze. Gold wird tatsächlich physisch in die Schweiz gebracht undhier geschmolzen, weil es für die Uhren- und Schmuckindustrie wichtigist.

Die Schweiz ist einer der wichtigsten Handelsplätze der Welt fürRohstoffe. Warum ist das so?

Sicher spielt die Eigendynamik eine Rolle, der sogenannte Cluster- Effekt. Jede neu zugezogene Firma zieht wieder neue Firmen an. DieserEffekt war in den letzten drei, vier Jahren besonders in Genf zu beob-achten, wo sich viele Ölhändler angesiedelt haben, und zuvor in den1990er-Jahren in Zug und Luzern. Die Schweiz war aber immer schoneine wichtige Handelsnation. Dass die Schweiz ein derart wichtigerHandelsplatz für Rohstoffe ist, hat auch mit unserer Mentalität zu tun.

Wie meinen Sie das?Es ist eine Geisteshaltung, die die Rohstoffbranche und die politische

Schweiz verbindet: gnadenloser Opportunismus. Im Geschäftsdeutschspricht man von Business Opportunities, die politische Entsprechungdazu ist die Schweizer Neutralität. In den 1980er-Jahren empörte sichdie ganze Welt, dass die Schweiz rund 80 Prozent der Goldvorräte dessüdafrikanischen Apartheid-Regimes verdealte. Auf die globale Empö-rung reagierte der Bundesrat, indem er Gold einfach von der Einfuhrbi-lanz strich. Dieses Vorgehen zeigt exemplarisch den Filz zwischen Pri-vatwirtschaft und Politik in der Schweiz. Wenn es brenzlig wird, decktder Staat zuerst einmal die ins Fadenkreuz geratene Industrie, undwenns dann gar nicht mehr geht, wird das Problem schrittchenweise an-gegangen. Wir beobachten das ja gerade wieder beim Bankgeheimnisund der Steuerpolitik. Daher wäre die Schweiz gut beraten, den Roh-stoffhandel proaktiv zu regulieren, statt dann irgendwann wieder dieScherben zusammenwischen zu müssen.

Glauben Sie wirklich, es wird sich etwas ändern, solange dieSchweizer das Gefühl haben, sie profitieren vom Rohstoffhandel?

Das ist sicher einmal mehr ein Knackpunkt. Die Zürcher GemeindeRüschlikon konnte Anfang Dezember die Steuern um sieben Prozentsenken, weil der Chef des Rohstoffhändlers Glencore und weitere Ma-nager dieser Firma dort wohnen. Die versteuren zwar wenig, aber im-

mer noch genug, um viel Geld in die Gemeindekasse zu spülen. DieSchweiz muss sich bewusst sein, dass das Thema Rohstoffhandel undauch die damit verbundene Nahrungsmittelspekulation internationalungeheures Empörungspotenzial haben. Vom Rohstoffhandel sind spe-ziell die ärmsten Schichten in den Entwicklungsländern betroffen. Jereicher ein Land an Rohstoffen ist, desto ärmer ist seine Bevölkerung.

«Gegen die Profiteure des Rohstoffhandels sind dieAbzocker in der Finanzbranche kleine Fische.»

Page 15: Surprise Strassenmagazin

15SURPRISE 266/12

Page 16: Surprise Strassenmagazin

16 SURPRISE 266/12

Wie kann es sein, dass die Medien jahrelang ignoriert haben,dass die grössten und mächtigsten Firmen der Schweiz Roh-stoffhändler sind?

Der Schweizer Markt ist klein, ebenso die Ressourcen und das Know-how, die für Recherchen in diesem komplexen Umfeld nötig sind. Je hö-her die Eintrittsbarriere in ein Thema, desto höher auch die Hemm-schwelle der Journalisten, dieses anzupacken. Die Firmenkonstruktesind äusserst komplex, und man muss sich sehr weit in das Thema ver-tiefen, bis man überhaupt in die Lage kommt, diese Firmen kritisierenzu können. Dazu kommt, dass der Rohstoffsektor äusserst verschwie-gen ist. Solche Branchen neigen zu starker Hermetik, schon fast zur Sek-tiererei.

Wie äussert sich das?Rohstoffhändler stehen unter enormem Druck. Wenn man in einer

Branche arbeitet, in der man seinen Kollegen auch beim zweiten Biernicht erzählen darf, was man genau macht, ist das belastend. Zumal

diese Branche mit ähnlich komplexem Instrumentarium hantiert wie dieFinanzbranche, sodass die Akteure teilweise selber nicht mehr über-blicken, was sie genau tun. Das alles führt zu Kadavergehorsam und Ru-delbildung.

«Je reicher ein Land an Rohstoffen ist, desto ärmer ist seine Bevölkerung.» – Kinder beim Goldschürfen im Ost-Kongo.

Die Globalisierung beschleunigt die Ausbeutung. Und es wird nichtmehr lange gehen, bis dieses Thema zuoberst auf der Traktandenlisteder internationalen Gemeinschaft landet.

Wird das Thema von der Schweizer Politik tabuisiert?Ja. Wir hatten den Fall einer Podiumsdiskussion an der ETH, ge-

sponsert vom Aussenministerium EDA, an der sich der Chef der Direk-tion für Entwicklung und Zusammenarbeit Deza dazu hinreissen liess,den Rohstoffhandelsplatz Schweiz als «politische Zeitbombe» zu be-zeichnen. Was dann passierte, ist bezeichnend.

Erzählen Sie!Eine halbe Stunde nachdem der Deza-Chef seine Aussage gemacht

hatte, hatte ich sie im Wortlaut auf meinem Handy. Ich soufflierte sieJournalisten, sodass seine Aussage bald darauf in der Zeitung stand.Daraufhin wurde «10vor10» auf das Thema aufmerksam und fragte beider ETH nach, wo die Videoaufzeichnung der Podiumsdiskussion sei,die normalerweise im Internet aufgeschaltetwird. Die ETH teilte mit, man schalte die Auf-zeichnung nicht mehr im Internet auf und kön-ne die Bilder deshalb auch nicht herausgeben.«10vor10» drohte dann damit, den Sachverhaltgenau so darzustellen, was dazu führte, dass das EDA, das hinter demZensurversuch steckte, die Aufzeichnung doch freigab. Dies wiederumhatte zur Folge, dass der zuständige EU-Kommissar in Brüssel erstmalszum Rohstoffplatz Schweiz Stellung nahm und durchblicken liess, dasshier Druck auf die Schweiz zukommt. Dies alles zeigt, wie knapp unterder Oberfläche das Thema gärt.

«Der Rohstoffhandel und die Nahrungsmittel-Spekulationhaben ungeheures Empörungspotenzial.»

BIL

D:

RE

UT

ER

S/F

INB

AR

R O

’RE

ILLY

Page 17: Surprise Strassenmagazin

17SURPRISE 266/12

schmutzig. Diese Reputationsrisiken zahlen sich aus, weil sie dafür diegesamte Wertschöpfungskette unter Kontrolle haben, bis hin zur Lage-rung. Diese extreme Macht ermöglicht den Firmen aber auch Preisma-nipulationen. Was die Steuern angeht, ist die Mechanik dahinter banalund komplex zugleich. Rohstoffirmen warten den günstigsten Zeitpunktab, um dann, oft mit Unterstützung von multilateralen Organisationenwie der WTO oder dem IWF, in einem Land aktiv zu werden. Sambiazum Beispiel ging fast pleite und musste dann seine Kronjuwelen, alsodie staatlichen Rohstoffirmen, verkaufen …

… unter Druck der Welthandelsorganisation WTO oder demWährungsfonds IWF, weil sie Kredite nur gegen Privatisierungenerhielten …

... genau. Und die Rohstofffirmen haben günstig zugegriffen. Die Pro-fite werden dann ausgelagert, in Steueroasen oder an den Hauptsitz indie Schweiz, wo die Steuersätze tief sind. Im Förderland selber versteu-ern sie nicht selten keine Gewinne, weil sie dort dank Investitionen nurVerluste ausweisen. Einzig die Schürfrechte müssen sie bezahlen, meistabsurd wenig, und häufig fliesst dieses Geld an korrupte Regierungen.Hier wird jetzt die EU aktiv und will, dass die Geldflüsse zwischenUnternehmen und Staaten offengelegt werden müssen. Dieser soge-nannte Cross Country Report wird auch zum Problem für die Schweiz.Die aktuelle Geschäftspolitik vieler Rohstofffirmen ist too dirty to tole-rate – zu schmutzig, um sie weiter zu tolerieren. ■

Sie hatten Kontakt mit Händlern. Habendiese ein schlechtes Gewissen?

Wir bekamen bei der Recherche ein paarwenige, aber wichtige Insiderinfos und erhiel-ten jetzt nach der Veröffentlichung weitere Reaktionen von Händlern,die mit uns reden wollten: aus Neugier, aber auch zur Gewissenser-leichterung. Einigen dämmert langsam, dass an der Gewinnspanne ih-res Geschäfts etwas nicht stimmen kann.

Wie reagiert die Rohstoffbranche offiziell auf das Buch?Es sind zwei Reaktionen auszumachen. Der einzige Branchenver-

band kommuniziert noch weniger und versteckt sich noch mehr. Voneinigen Rohstoffirmen dagegen werden wir teilweise aggressiv ange-gangen, endlich den Dialog mit ihnen aufzunehmen, damit sie zeigenkönnen, was sie alles für die Umwelt und ihre Arbeiter in den Minenmachen. Wir als Organisation müssen dabei höllisch aufpassen, nichtin einen Beraterstatus zu geraten und diese Firmen einfach auf dieSchwachstellen ihrer Kommunikation hinzuweisen, die vor allem einZiel hat: die Probleme zu verschleiern. Im Rahmen eines OECD-Be-schwerdeverfahrens sind wir aber beispielsweise mit Glencore im Ge-spräch. Dort geht es vor allem um die Steuerproblematik.

Den Umstand, dass sie ihre Gewinne verstecken und fast keineSteuern zahlen müssen?

Genau. Diese Firmen nutzen die globalisierte Wirtschaft perfekt.Glencore betreibt seit Jahren eine vertikale Integration, das heisst, siesind nicht mehr nur als Händler, sondern auch in der Rohstoffförderungaktiv. Sie graben also selber und machen sich damit auch die Hände

«Glencore gräbt selber und macht sich damit auch dieHände schmutzig. Das zahlt sich aus.»

Oliver Classen: «Die Rohstoffbranche und die politische Schweiz verbindet eine Geisteshaltung: gnadenloser Opportunismus.»

Page 18: Surprise Strassenmagazin

18 SURPRISE 266/12

Page 19: Surprise Strassenmagazin

19SURPRISE 266/12

VON SARAH STÄHLI (TEXT) UND ROLAND SOLDI (BILDER)

Die Stimme am Telefon klingt jugendlich. Einen Interviewtermin zufinden, ist gar nicht so einfach. «Meine Agenda ist rappelvoll!», lachtAnna Teuber. Seit einem Jahr nimmt sie Gitarrenunterricht. Anna Teu-ber ist 81 Jahre alt.«Ich gehe am Samstagabend lieber mit meiner Frau tanzen, als zu Hau-se vor dem Fernseher einzuschlafen», sagt Rolf Möller. Er ist 75 Jahre altund leidenschaftlicher Stepptänzer. «Pro Woche renne ich zwischen zwölf und 20 Kilometer. Ausser im Win-ter. Dann fahre ich Langlaufski.» Ruth Helfenstein ist 80 Jahre alt undrennt für ihr Leben gerne Marathon. Sie alle nutzen den Ruhestand aktiv und haben endlich genügend Zeit,ihren Leidenschaften nachzugehen.

«Früher dachte ich, die Pensionierung sei der Anfang vom Ende»,sagt Anna Teuber in ihrer von der Wintersonne durchfluteten Wohnungin Jona: «Dabei beginnt nochmals eine wahnsinnig intensive Phase. Daskann man sich als junger Mensch gar nicht vorstellen. Endlich hat manZeit! Ein Studium beginnen oder eine Ausbildung absolvieren – all daswäre jetzt noch möglich.» Oder zumindest kann man Gitarrestundennehmen. Angefangen hat alles vor 15 Jahren. Teubers wohnen genaugegenüber der letztes Jahr verstorbenen Sängerin Nella Martinetti. VomKüchenfenster aus konnten sie einander zuwinken. Als sie zu Nellas da-maligem Freund Claudio de Bartolo bemerkte, dass das Gitarrenspielenimmer ein Wunsch von ihr gewesen sei, meinte dieser: «Es ist nie zuspät.» Dank ihm besitzt die ehemalige kaufmännische Angestellte undKatechetin heute eine Gitarre. Vor seinen Besuchen bei Nella schaute deBartolo jeweils eine halbe Stunde bei Teubers vorbei und lehrte derNachbarin ein paar Akkorde.

«Als die ersten Enkelkinder kamen – mittlerweile sind es zehn –, wardie Gitarre nicht mehr so wichtig», sagt Teuber. Es folgten ausgefüllteJahre mit den Enkeln. Seit einem Jahr nimmt die Rentnerin wieder Gi-tarrestunden. Die Musikschule Pro Musicante bietet in Rapperswil, Alt-dorf und Luzern Musikunterricht für Schülerim AHV-Alter an. «Die Menschen werden im-mer älter, nach der Pensionierung beginnt fürsie nochmals ein neuer, attraktiver Lebensab-schnitt», so der Leiter der Musikschule, UrsKrienbühl. Ob Musizieren gegen Gedächtnisverlust hilft, ist zwar nichtbewiesen, doch Krienbühl glaubt daran, dass das Gehirn dank der Mu-sik fit bleibt. Und eine schöne Nebenwirkung gibt es auf jeden Fall: «Vie-le erzählen mir, dass sie ihre Sorgen und Gebrechen während des Musi-zierens für kurze Zeit vergessen können.»

Mit dem Rollator zum KugelstossenRuth Helfensteins Leidenschaft, das Rennen, nahm ihren Anfang

dank einem Presseartikel über den Frauenlauf, auf den sie ihr Freundhingewiesen hatte: «Ich dachte zuerst: Das ist nichts für mich. Beganndann aber zu trainieren – im Geheimen, da ich nicht wusste, ob ich nachein paar Tagen schon wieder aufgeben würde – und machte rasch Fort-schritte.» Am 3. Berner Frauenlauf war sie dann dabei. Damals war sie58, und seither hat sie nur einen einzigen Lauf verpasst. Zudem nimmt

AlterStepptanz statt SeniorenturnenFrüher sassen Senioren häkelnd auf dem Bänklein im Altersheim. Heute laufen sie lieber Marathon. Oderfangen mit 80 Jahren auf eine andere Art ein neues Leben an.

sie mit Swiss Masters Athletics – dem Verein für Leichtathletinnen und-athleten, die über 30 Jahre alt sind – regelmässig an Europa- und Welt-meisterschaften teil: «Ich stand auch schon ein paar Mal auf dem Po-destli.» Letzten Sommer stand sie in Sacramento, Kalifornien, am Start –und 2010 nahm sie am Great Wall Marathon in China teil. Als ältesteTeilnehmerin.

Früher fehlte die ZeitRuth Helfenstein will nur so lange rennen, wie das, was sie macht,

«nach Sport aussieht». Sobald sie sich zur Rennbahn schleppen müsse,sei es dann auch für sie Zeit, ganz auf Wandern oder Nordic Walkingumzusteigen. Bis dahin frequentiert die ehemalige Hauswirtschaftsleh-rerin und Schwimminstruktorin – die oft im Zug unterwegs ist, etwa,um ihren Freund in Bern Wabern zu besuchen – weiterhin auch das Fit-nesscenter: «Zuerst dachte ich, das sei nur etwas für die Schönen undJungen.» Denn eines weiss die gebürtige Luzernerin mit der sportlichenKurzhaarfrisur und dem vifen Blick mit Bestimmtheit: «Wenn ich jetztaufhören würde mit dem Sport, ginge es bergab.» An einer WM in Finn-land sah sie, wie ein 100-Jähriger beim Kugelstossen antrat – mit Rolla-tor: «Er war der Einzige in seiner Alterskategorie.» So schnell gibt auchHelfenstein nicht auf. Nach einer schweren Herzoperation musste siefast ein halbes Jahr kräftig reduzieren mit dem Training. «Ich wurde be-reits in der Reha zurückgepfiffen, weil ich zu schnell unterwegs war.» Il-lusionen macht sie sich trotzdem keine. Sie lebt in Muttenz vis-à-vis voneinem Altersheim und wird immer wieder mit der Realität konfrontiert:«Den grössten Teil meines Lebens habe ich hinter mir.» Die Zeit, die ihrnoch bleibt, verbringt sie am liebsten mit anderen aktiven Altersgenos-sen: «Mir geht es nicht in erster Linie um die Fitness, sondern um diesozialen Kontakte. Die Sportler aus meiner Alterskategorie treffe ich aufder ganzen Welt immer wieder», erzählt Helfenstein. Den Kontakt mitihnen hält sie via E-Mail aufrecht. Die nötigen Computer- und Internet-kurse hat sie längst besucht und mittlerweile schreibt sie lieber E-Mailsals Briefe: «Weil ich nicht so lange auf eine Antwort warten muss.»

Der Austausch mit Gleichgesinnten ist auch einer der Hauptgründefür den pensionierten Goldschmied Rolf Möller, das Tanzbein zuschwingen. Neben dem Stepptanz besucht Möller mit seiner Frau auchnoch andere Tanzkurse: «Wir tanzen uns quer durch den Gemüsegar-ten.» Für ihn eine Selbstverständlichkeit: «Früher hat man sich beimTanz kennengelernt. Einen Walzer oder Foxtrott beherrschten damalsfast alle. Heute können die meisten gerade noch auf der Tanzfläche her-umhampeln. Die Zeiten ändern sich.» Etwas ist aber gleich geblieben:Männer tanzen weniger gerne als Frauen. «Im Steppkurs höre ich immerwieder von Frauen, es sei ein Fluch: Vor der Heirat tanzen die Männer,danach muss man sie auf die Tanzfläche zerren.» Möller wurde deshalbauch schon von einer Altersresidenz angefragt, als Tänzer mitzuma-chen, da auch im Altersheim tanzfreudige Männer Mangelware sind.«Ein herrliches Erlebnis: Da waren alte Frauen, die kaum laufen konn-

«Alte Frauen, die kaum laufen konnten, wollten fast nichtmehr aufhören zu tanzen.»

Page 20: Surprise Strassenmagazin

20 SURPRISE 266/12

ten, und wenn man sie dann endlich zum Tanzen überredet hatte, woll-ten sie fast nicht mehr aufhören.» Eine habe ihm gesagt: «Schade, habeich nicht schon früher damit angefangen.»

Im Geist ein junges MädchenRené Fürstenfeld bietet an seiner Rhythm and Tap School in Zürich-

Oerlikon schon seit Längerem auch Kurse für Senioren an. «Indem sichdie Senioren die Choreografien merken müssen, trainieren sie automa-tisch die rechte und linke Gehirnhälfte», sagt Fürstenfeld. «Steppen kannauch zur Sturzprävention dienen: Eine Seniorin mit lahmem Fuss hatdurch das Tanzen gelernt, ihr Gleichgewicht besser zu halten.» Tanzensei eine prima Alternative zum ächzenden Altersturnen, die erst nochviel mehr Spass mache, wie eine Kursteilnehmerin versichert. Dass mandie Senioren auf keinen Fall unterschätzen sollte, weiss er aus Erfah-rung: «Zuerst machen wir die Schritte immer im ‹Seniorentempo›, abererst wenn wir ins Normaltempo wechseln, geht die Post richtig ab.» Dieälteste Tänzerin an der Rhythm and Tap School ist 80 Jahre alt undmöchte nach einem Schlaganfall unbedingtwieder mit dem Stepptanzen beginnen. «Eineandere Schülerin hat mir gesagt, dass sie liebereine Tablette gegen die Schmerzen nehme, alsauf das Steppen verzichten zu müssen. Die Se-niorenstunden tun auch mir unglaublich gut. Aber es ist trotzdem Kno-chenarbeit», sagt Fürstenfeld.

Auch Anna Teuber hat früher gesteppt, sagt sie und tänzelt kurzer-hand ein paar Schritte auf dem Parkplatz vor dem Haus. «Manchmaltanze ich zu Hause barfuss im Wohnzimmer, wenn niemand zusieht. Ei-nen griechischen Volkstanz zum Beispiel.»

Die Gitarre steht auf Anraten ihres Lehrers Urs Krienbühl mitten in

Teubers Wohnzimmer. «Damit ich sie immer vor Augen habe und so dasProben nicht vergesse», erklärt Anna Teuber. Krienbühl berät die Senio-ren auch darin, wie sie sich die Zeit beim Üben zu Hause am besten ein-teilen können. «Ältere Schüler wissen besser als jüngere, was sie wollen– und was sie nicht wollen», sagt Krienbühl, der seine Kurse auch überPro Senectute bewirbt. In ihrer Wandergruppe macht Anna Teuber fleis-sig Werbung für die Musikschule, denn sie ist überzeugt, dass es vieleältere Leute gibt, bei denen irgendwo in einer Ecke ein Instrument ver-staubt – oder der unerfüllte Wunsch, ein Musikinstrument zu lernen,schlummert: «Man darf nur keine Hemmungen haben. Jetzt noch ein In-strument zu lernen, das ist für mich Lebensqualität und hundert Malbesser, als hinter dem Ofenbänkli zu warten.» Auf ihrem Esstisch stehtein Strauss Rosen. «Von meinem Mann», lächelt sie. Kennengelernt ha-ben sich die beiden in der Pfadi, die Goldene Hochzeit feierten sie un-längst mit der ganzen Grossfamilie. Mit den Pfadikollegen, alle um die80, unternehmen die beiden immer noch regelmässig Ausflüge. «Es wer-den zwar immer weniger», meint sie nachdenklich, «aber ich bin dank-

bar dafür, dass wir noch so aktiv sein können.» Als Katechetin sei sieimmer von jungen Menschen umgeben gewesen, das habe auch sie junggehalten. «Und im Herzen bleibt man ja jung, bleibt sich selber, ich binkeine Greisin im Herzen.» Als Teuber die Gitarre hervornimmt und lä-chelnd ein paar Töne spielt, sieht sie aus wie ein junges Mädchen. ■

www.promusicante.ch / www.tapdance.ch / www.swiss-masters-athletics.ch

Ruth Helfenstein will nur solange rennen, wie es«nach Sport aussieht.»

Rolf Möller: «Wir tanzen uns quer durch den Gemüsegarten.» Berlin 2008: Der 33. Marathon von Ruth Helfenstein.

Page 21: Surprise Strassenmagazin

21SURPRISE 266/12

«Hundert Mal besser, als hinter dem Ofenbänkli zu warten.» Anna Teuber mit ihrer Gitarre.

VON DIANA FREI

Allein vom zeitlichen Aufwand her ist es im sogenannten Ruhestanderstmals möglich, sich intensiv mit einem Hobby auseinanderzusetzen.Aber das Alter ist erst seit einigen Jahrzehnten eine Lebensphase, in deres sich lohnt, nochmals Neues anzupacken.

Die Lebenserwartung ist in den letzen 100 Jahren, grob gesagt, von40 auf 80 Jahre gestiegen. Damit hat sich das Alter als Lebensabschnitteinerseits verlängert, anderseits hat sich auch die Gesundheit dank me-dizinischem Fortschritt verbessert. «Senioren haben heute bessere Aus-gangsbedingungen als frühere Generationen», sagt Pasqualina Perrig-Chiello, Professorin am Institut für Psychologie in Bern mit Schwer-punkt Alter und Generationenbeziehungen. «Sie sind heute durch dieAHV finanziell abgesichert, sind gesünder, fitter und besser gebildet alsfrühere Generationen», so Perrig-Chiello, «das sind alles Bedingungen,die dazu beitragen, dass die Leute länger aktiv sind und ihre Zeit auchbewusst nutzen.» Die Forschung hat ergeben, dass gerade die Bildungeiner der besten Indikatoren sowohl für die Lebenslänge wie auch fürein gesundes, aktives Alter ist. Die verbesserten Bedingungen und dievielfältigeren Möglichkeiten wie das Training in Fitnessstudios – was als

AlterJüngere Generationen profitierenPensionierte bleiben immer länger selbstständig und aktiv. Das kommt nicht nur ihnen selbst zugute, sondernauch dem Gesundheitssystem.

Angebot noch vor einigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wäre – führ-ten zu einem besseren Selbstbewusstsein der Senioren.

Davon profitiert auch das Gesundheitssystem. Bettina Schulte-Abel,stellvertretende Direktorin der Gesundheitsförderung Schweiz, rechnetan einem Beispiel für den Kanton Bern vor: «Ein Tag verhinderte Pfle-gebedürftigkeit in einem Heim ergibt eine Ersparnis von 250 Frankenpro Person. Im Kanton Bern gibt es 14500 Pflegebetten. Wenn man ei-nen Tag Pflege für alle diese Leute einsparen könnte, käme man auf Ein-sparungen von 3,6 Millionen.»

Aktive Senioren kommen aber auch direkt der jüngeren Generationzugute: Eine ältere Generation, die eigenverantwortlicher leben kann,wird weniger schnell pflegebedürftig und organisiert sich selber besser.Sie baut sich auch im Alter soziale Kontakte auf, Alters-WGs kommenimmer mehr auf, was auch Depressionen aufgrund von Einsamkeit ent-gegensteuert. «Das Eintrittsalter in ein Pflegeheim steigt stetig», sagt Per-rig-Chiello, «mit 90 Jahren leben heute 55 Prozent der Senioren in derSchweiz noch zu Hause – das ist eine hohe Rate.»

Auch auf europäischer Ebene hat man den Wert eines aktiven Alterserkannt: 2012 wird das «Europäische Jahr für aktives Altern und Solida-rität zwischen den Generationen» eingeläutet. ■

Page 22: Surprise Strassenmagazin

22 SURPRISE 266/12

sieren nun mal wirre oder schlimme Dinge,und wenn man die nicht mit ein bisschen Hu-mor …» «Ist angekommen! Ich bin halt eherwie Käse … gleichmässig … oder zähfädig?Aber ich drehe auf! Auch wenn ich kein Ge-schirr werfe. Ja, ich kenne übrigens nieman-den, der in einem Wutanfall Minuten langüberlegt, was er jetzt wirft und was nicht!»«Ich werfe nur, was eh weg muss!», bin ichjetzt beleidigt. «Solide Schweizerinnen ma-chen das so!»

«Ich will ja nicht nerven», orakelt die ande-re Hälfte weiter. «Wenn die Wirtschaft sich soweiterentwickelt, hast du bald nichts mehr,das du werfen kannst.» «Siehst du, das ist derGrund, warum das so nicht weitergeht», rolleich die Augen. «Oder hast du dafür vielleichteine Lösung?» «Ich klebe die Scherben undwerfe wieder, was sonst?» «Und wenn du dirkeinen Klebstoff mehr leisten kannst?» «Weisstdu was?», blättere ich sauer Zeitung. «Ich kanndie Krise kaum erwarten!»

DELIA LENOIR

[email protected]

ILLUSTRATION: IRENE MEIER

([email protected])

Neulich im Café. «Merde!», grabe ich hinterdem Tresen im Abfalleimer. «Dass ihr da alteEier reinhaut, von mir aus, aber frische Zei-tung?!» «Lesen machen schlapper Body. Lieberputzen!», fegt die resolute Inderin über michhinweg. «Wühlst du schon wieder in gammli-gen Brötchen?», trompetet meine andere Hälf-te unvermutet in den Raum. «Wann wirst duendlich realistisch? Zeitungen sind doch out.»

«Was machst du überhaupt hier?», wühleich sauer weiter: «Ich dachte, du zählst deinGeld, oder was Pessimisten sonst so machen.»«Sobald ich mit den Hundehaaren fertig bin.»«Noch etwas, worüber wir unbedingt redenmüssen», trete ich mit dem Fuss den Müll zurSeite, vorbei an altem Kaffeesatz. «Warummachst du denen da keinen Zettel?» «Weil dasihr Territorium ist! Sie werfen weg, ich wühleund bedanke mich, wenn ich was finde. Oder

BIL

D:

AN

DR

EA

GA

NZ

Le mot noirEin Käsejahr

läuft das in Indien anders?» «Nun ja, Kaffeeund reden?» «Nein.» «Nur Kaffee?» «Okay»,schüttle ich freudig die versiffte Zeitung. «Aberwir reden nur über die Finanzkrise! Für mehrhab ich heute keinen Nerv.»

«Diese Studie ist übrigens ein bisschen opti-mistisch, findest du nicht?», versucht es meineandere Hälfte mit einem gewohnt grauen Ein-stieg. «Von Jobanbietern durchgeführt, diesieht solide aus», schlürfe ich gierig im Milch-schaum. «Heisst?» «Es gibt dieses Jahr Kündi-gungen, aber die Jobs in 500 repräsentativenSchweizer Firmen bleiben recht stabil. Die su-chen weiter Arbeitskräfte!» «Das werden zäh-fädige Jahre», orakelt die andere Hälfte. «Ab-solut korrekt, da müssen wir halt durch,» hebeich die Tasse hoch. «Aber für Schweizer ist dasdoch die Kür!» «Was meinst du denn damit?»«Wir haben Raclette doch sozusagen als Na-tionalgericht. Das ist furchtbarer Käse, den inFrankreich nie einer kaufen würde. Und wir es-sen ihn, weil er so gleichmässig schmilzt! Waskann uns mit dieser charmanten Einstellungpassieren?» «Ja, auf das Miteinander wollt ichgrad kommen!» «Nein, nur die Krise!», blockeich ab. «Die meine ich, und ja, ich weiss, dassich nicht so wahnsinnig lustig bin, aber nüch-tern betrachtet …» «Nüchtern betrachtet stirbstdu als Griesgram, das seh ich auch so.» «Ich la-che schon gern, wenn es nicht grad um deineverrückte Familie geht.» «Ich bin deiner Mei-nung», blocke ich ab. «Aber siehst du, es pas-

Page 23: Surprise Strassenmagazin

23SURPRISE 266/12

Schweizer DüsterrockDie Essenz der schwarzen Szene

VON RETO ASCHWANDEN

Schweizer Bands schaffen es kaum einmal ins Ausland. So das gän-gige Vorurteil. Dabei gibt es immer mehr einheimische Musiker, diedurch halb Europa touren. Zum Beispiel The Beauty Of Gemina. DieBand um den Rheintaler Michael Sele hat sich in den letzten Jahren ei-nen festen Platz in der Wave- und Gothic-Szene erspielt. Und es gehtweiter: Das neue Album «Iscariot Blues» stieg gerade auf Platz fünf derdeutschen Alternative Charts ein, in den USA wird es vom renommier-ten Label Metropolis vertrieben.

The Beauty Of Gemina traten von Anfang an selbstbewusst auf. Nor-malerweise spielt eine neue Band zunächst in kleinen Klubs. MichaelSele und seine Mitmusiker buchten für die Präsentation des Debütal-bums «Diary Of A Lost» 2007 gleich mal das X-Tra in Zürich, wo an die1500 Leute Platz finden. Damit spielten sie an dem Ort, wo auch eineGoth-Legende wie The Sisters Of Mercy auftritt. «Und zwar nicht alsVorband, sondern als Hauptact», betont Michael Sele. Ein starker Ein-stieg, der nicht frei von Risiko war. «Es wurde genau beobachtet, ob wirdas hinkriegen», erinnert sich Sele. Sie bekamen es hin und fühlten sichbestätigt. «Das Publikum in Zürich wählt aus einem Riesenangebot undist sehr kritisch. Wenn man einen Klub wie das X-Tra für sich einneh-men kann, dann kann mans überall schaffen.» Nach diesem Einstiegwar der Schritt ins Ausland nur logisch. Um so mehr, als das Zielpubli-kum in der Schweiz begrenzt ist. Die Einladung an ein Festival in Eng-land kam für Michael Sele aber dann doch unerwartet. Erst recht, alsdort, im Mutterland von New Wave und Gothic, ein Einheimischermeinte: «Wir haben diesen Sound erfunden, dann haben wir ihn verlo-ren, und jetzt bringt uns eine Schweizer Band diese Gefühle zurück.»Sele war beeindruckt: «Diese Begegnung werde ich nie vergessen.»

Michael Sele bildet unbestritten das Zentrum von The Beauty Of Ge-mina. Er schreibt die Songs, singt, spielt Gitarre und amtet auch als Ar-rangeur und Produzent. Umso erstaunlicher, dass «Iscariot Blues» bereitsdas vierte Album in fünf Jahren ist. Er habe nach seiner Zeit bei der Wa-ve-Band Nuuk wohl einen gewissen Nachholbedarf in Sachen Songwri-ting gehabt, mutmasst Sele über die Gründe der hohen Produktivität.Ausserdem arbeitet er im eigenen Studio, das jederzeit bereit ist. ImGegensatz zu den vorangegangenen Platten beschränkt sich das neueWerk auf zehn Songs in einer knappen Dreiviertelstunde – die klassi-sche Albumstrecke. «Ich hoffe bloss, die Fans denken jetzt nicht, ich hät-te keine Ideen mehr», grübelt Sele und grinst dabei kaum merklich. «Mirging es darum, an die Essenz jedes Songs zu gelangen.»

In der schwarzen Szene sind The Beauty Of Gemina fest verankert.Mit dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig und M’Era Luna in Hildesheimbespielten sie zwei der grössten Gruft-Festivals. Letzte Jahr gelang TheBeauty Of Gemina ein Coup, als sie als Vorgruppe der Chartstürmer Un-

heilig auf Deutschlandtour gingen. Im Gegensatz zu anderen Acts, diedem Gothic-Umfeld entstammen, sieht Sele keinen Anlass zur Abgren-zung. Er fragt nach, ob «Grufti» negativ gemeint sei – nein – und bestä-tigt dann: «Die schwarze Szene ist ein Teil meiner Heimat. Unser Publi-kum hat eine Affinität zur Melancholie. Allerdings gibt es darunter auchLeute, die Muse, Placebo oder die Editors hören.»

Diese Heimat kann eng werden, denn ähnlich wie die Metal-Fans,sind auch Goths recht konservativ in ihren Ansichten, wie «ihre» Bandszu klingen haben. Deshalb wird es einige Fans irritieren, dass im neuenStück «Badlands» eine Steel-Guitar ertönt, ein Instrument, dass im Bluesgang und gäbe ist, im Goth-Kontext aber exotisch wirkt. Sele ist sich be-wusst, dass solche Stilexperimente polarisieren: «Das ist ein Kampf, denich führe. Die Szene steht für Authentizität und Underground, gleich-zeitig möchten manche immer wieder das, was sie schon kennen. Ichlasse mich aber nicht gern einzäunen. Wenn ich meine Kreativität nichtausleben kann, kann ich die Leute auch nicht begeistern.» Völlig unbe-einflusst schreibt Sele allerdings nicht, Begegnungen mit Fans bleibenim Unterbewusstsein gespeichert: «Das ist wie eine Energie, die immerda ist. Ich versuche nicht konkret, bestimmte Erwartungen zu bedienen.Aber: Man ist wie nie allein in dieser Szene.» ■

The Beauty Of Gemina: «Iscariot Blues» (Universal Music)

Lässt sich ungern einzäunen: Michael Sele von The Beauty Of Gemina.

The Beauty Of Gemina präsentieren mit «Iscariot Blues» ihr viertes Album. In nur fünf Jahren entwickelte sich dieRheintaler Band zu einer festen Grösse der Wave-Szene – vor allem jenseits der Schweizer Grenze.

BIL

D:

ZV

G

Page 24: Surprise Strassenmagazin

24 SURPRISE 266/12

Kulturtipps

BIL

D:

ZV

G

BIL

D:

ZV

G

BuchStubenhocker und Laptop-Nomaden

Eine Geschichte der literarischen Arbeitsorte entführt uns auf eine spannende Entdeckungsreise zu den Geburtsstätten derBücher.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

Es gibt kaum einen Ort, an dem nicht schon geschrieben wurde. Man-che Schreibende verkriechen sich in ihren vier Wänden, andere zieht eshinaus, ins Freie, in die Geselligkeit, auf Reisen. Für die einen ist es einOrt der Musse und Inspiration, an dem sie Frieden und Harmonie fin-den. Andere erleben den Schreibort als Kerker und Albtraum, pendelndzwischen Höhenflügen und Abstürzen. Mit seiner Geschichte literari-scher Arbeitsorte nimmt uns der Schweizer Autor Severin Perrig zu ei-ner Kulturzeitreise mit, die auf dem Berg Sinai beginnt, dort, wo Mosesdie zehn Gebote in Stein meisselte, und bei den Laptop-Nomaden derModerne ein vorläufiges Ende nimmt.Dazwischen liegt eine Fülle von Schreiborten. Da ist die Rede von denSchreibfabriken der Antike und mittelalterlichen Klöstern, von Studier-zimmern, Dichterklausen, Kellerhöhlen und von Wind und Wetter aus-gesetzten Poetenstüblein unterm Dach. Oder vom mobilen Schreiben inSänften und Kutschen, in Zügen und Flugzeugen, auf Schiffen oderschlicht zu Fuss. Aber auch vom Elend des Schreibens oder des Ver-stummens in Exil, Verbannung, Gefangenschaft, Gulag und KZ.Viele Schreiborte sind umrankt von Legenden und romantischen Vor-stellungen, werden vom Literaturtourismus zu Wallfahrtsorten erhobenoder selber wieder Anlass zu literarischen Ergüssen. Goethes karges Ar-beitszimmer, Heinrich Heines Matratzengruft, Hölderlins Turmstube,Virginia Woolfs «Zimmer für sich allein», Karl Mays Villa Shatterhand,das Schreibbett des «horizontalen Autors» Truman Capote, oder auch dieLiteratencafés und repräsentativen Schreibtische, an denen sich fürstli-che und literarische Feldherren wie auf einer Bühne in Szene setzten. Das Interesse an den Orten, wo Literatur entsteht, beschränkt sich nichtnur auf die Lesenden. Auch die Schreibenden selbst haben die Umstän-de ihrer Tätigkeit immer wieder zum Gegenstand gemacht, klagendoder euphorisch, nüchtern oder schwärmerisch. So kann man aus ersterHand einiges über das Entstehen von Literatur erfahren und dabei einenneugierigen Blick über die Schulter derjenigen werfen, für die Schreibenein Handwerk ist, das wie jedes andere einen Platz braucht, an dem esbetrieben werden kann.Severin Perrig: «Am Schreibtisch grosser Dichter und Denkerinnen.

Eine Geschichte literarischer Schreiborte.» Rüffer & Rub 2011. CHF 38.00.

KinoEin Velo fürs Leben

Im Mittelpunkt von «Le gamin au vélo» steht der zwölfjährige Cyril. Er wird von seinem Vater aufgegeben, dafür von einer Fri-seuse aufgenommen.

VON MICHAEL GASSER

Wie bei Vittorio de Sicas «Ladri di biciclette» von 1948 geht ohne Fahr-rad auch bei «Le gamin au vélo» der Gebrüder Dardenne gar nichts. Woder Protagonist des neorealistischen Klassikers seinen Radesel unbe-dingt wiederbeschaffen muss, um seiner Arbeit als Plakatkleber nach-gehen zu können, benötigt der zwölfjährige Cyril (Thomas Doret) sei-nen fahrbaren Untersatz, um nach Geborgenheit zu suchen. Und nachseinem Vater (Jérémie Renier), der ihn in einem Heim abgesetzt hat –ohne dem Sprössling von seinem Umzug zu berichten, ohne ihm eineneue Adresse zu hinterlassen. Der Junge büxt aus; er muss mit eigenenAugen sehen, dass seine ehemalige Wohnung leer und verlassen steht.Als ihn die Erzieher wieder zurück ins Heim bringen wollen, klammerter sich an den nächstbesten Menschen, die Friseuse Samantha (Cécilede France). Sie verspricht ihm, ihn fortan für die Wochenenden bei sichaufzunehmen. Warum, wird nicht erklärt, denn an einer Psychologisie-rung sind die beiden Regisseure schlicht nicht interessiert. Die Belgierwerten nicht – das wird dem Zuschauer überlassen – und bleiben in ih-ren Betrachtungen betont nüchtern und nahezu dokumentarisch. Undso folgt man dem vorzugsweise rot gekleideten Cyril beim Herumrum-radeln zwischen Wald, Tankstelle und Friseursalon. Sieht, wie er seinVelo gegen Diebe verteidigt und selber zu einem wird. Nicht aus Moti-ven der Geldgier, sondern aus dem Irrglauben heraus, er könne sich soLiebe und Anerkennung beschaffen. Die Filmemacher erzählen ihre Geschichte ohne jegliche Sentimentalitätund fast ohne musikalische Untermalung. Selbst als Cyril seinen Vaterdank Samantha ausfindig machen kann, von diesem aber kurz, knappabgewimmelt wird – «Ich möchte ihn nicht mehr sehen» –, drückt derFilm nicht auf die Tränendrüse. Der Knabe versucht die Abweisung zuverarbeiten, was nicht ohne Rückschläge bleibt. Aber in letzter Instanzbeweist sich Cyril als Stehaufmännchen. Und zwar im Schlechten wieim Guten.Jean-Pierre und Luc Dardenne: «Le gamin au vélo», 87 Min.

Der Film läuft ab 12. Januar in den Deutschschweizer Kinos.

Mehr Charme als der Papa: Samantha nimmt Cyril auch mal in den Arm.

Wo fliessen die Gedanken, wo kleckerts

sich am besten?

Page 25: Surprise Strassenmagazin

25SURPRISE 266/12

Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet

werden?

Mit einer Spende von mindestens 500 Franken

sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel

Zahlungszweck:

Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag.

Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

01

02

03

04

05

06

07

08

09

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

Locher, Schwittay Gebäudetechnik GmbH, BS

Weingut Rütihof, Uerikon

AnyWeb AG, Zürich

Niederer, Kraft & Frey, Zürich

Musikschule archemusia, Basel

Paulus-Akademie Zürich

Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

Thommen ASIC-Design, Zürich

BEVBE Ingenieurbüro, Bonstetten

homegate AG, Adliswil

ratatat – freies Kreativteam

Kaiser Software GmbH, Bern

bölsterli hitz gmbh, 8005 Zürich

www.rechenschwaeche.ch

Philip Maloney, Privatdetektiv

VXL gestaltung und werbung ag, Binningen

Scherrer & Partner GmbH, Basel

Balcart AG, Carton Ideen Lösungen, Therwil

KIBAG Bauleistungen

responsAbility, Zürich

Odd Fellows, St. Gallen

Coop

Arbeitssicherheit Zehnder GmbH, Ottenbach

Velo-Oase Bestgen, Baar

Schweiz. Tropen- und Public Health-Institut, BS

266/12

BIL

D:

ZV

G

MusikEin grosser Wurf

Pop und Kunst zu vereinen, das strebt die Basler Band The BiancaStory seit ihrer Gründung an. Mit dem neuen Album «Coming Home» erfüllt die Band die eigenen Erwartungen und landet einenechten Coup.

VON OLIVIER JOLIAT

Im Video turnt dieser abartig muskulöse Junge am Reck. Dazwischenge-schnitten apokalyptische Gesellschafts-, Kriegs- und Katastrophenbilder.«I’m afraid of the world», singt Bandleader Elia Rediger dazu. Bild undTon brennen sich im Kopf ein. Die ersten Versuche der Kunst- und Jazz-schüler von The Bianca Story wirkten noch wie das provinzielle Plagiatder hoch gelobten Pop-Dandys Franz Ferdinand. Doch vom Gespött an-derer liess sich das Quintett nicht irritieren. Auch nicht davon, dass ih-nen auf Tour der Bus mit allem Equipment geklaut wurde. The BiancaStory veröffentlichten nebst dem Debütalbum «Hi Society!» ihr «UniqueCopy Album» – ein Einzelstück, verpackt in eine Kunstinstallation, diesie 2009 für 10000 Franken verkauften. Dazu inszenierten sie dieElektro-Oper «Chris Crocker – erfinde dich neu». So viel Schaffenskraft liess den deutschen Pop-Guru Tim Renner auf-horchen. Sein Label Motor Music nahm The Bianca Story unter Vertrag.Die Basler konnten ihr neues Album an Ostern 2010 in den altehrwür-digen Londoner Abbey Road Studios einspielen – Streich- und Bläseror-chester inklusive.Man denkt gross, und das ist richtig so. Die vier jungen Bebbi und ihreDame überzeugen nicht nur beim beschwärmten Opener «Afraid Of TheWorld». Auch die folgenden «Coming Home» und «Lazy Boy» sind soeingängige wie dringliche Pop-Würfe (natürlich mit Video dazu). Mitgewinnendem Timbre und herrlich spontan wirkenden Melodiebögennimmt Rediger die Zuhörer ein. Trotz Orchester und bandtypischemNew-Wave-Pathos wirken die Songs nie schwerfällig oder überladen.Das ist frischer Pop, zu dem man nicht tanzen muss, aber durchauskann. «Dancing People Are Never Wrong», wie Anna Waibel treffendsingt. Sie ist das helle Gegenstück zum tiefen Gesang Redigers. Nicht je-der Song hat das gewisse Etwas, allerdings fällt auch keiner wirklich ab.Und dank «Friends Bar» weiss man, dass schnalzende Zungen nicht nurim Hip-Hop gut kommen. Applaus!The Bianca Story: «Coming Home» (Motor Entertainment/Irascible).

Live: 11. und 13. Januar, Amboss Rampe Zürich,

12. Januar, Saubanner-Beizen-Tour durch Zürich, Start: 20 Uhr La Catrina,

14. Januar, Salts, Birsfelden.

Alle Videos & weitere Konzertdaten: www.thebiancastory.com

Denken gross, und das ist richtig so: The Bianca Story.

Page 26: Surprise Strassenmagazin

26 SURPRISE 266/12

Ausgehtipps

BIL

D:

ZV

G

Abheben für einen guten Zweck.

BIL

D:

TA

BE

A H

ÜB

ER

LI

Anzeigen:

BernFeiern gegen denWahnsinn

Den «Wachstumswahnsinn loswerden» wollendie Initiatoren der 12. Tour de Lorraine. AlsFundraising-Veranstaltung für die Anti-WEF-Proteste ins Leben gerufen, hat sich die Tourdurch das – glücklicherweise noch immer nichtdurchgentrifizierte – Berner Alternativquartierlängst zu einem der grössten (und schönsten)Berner Stadtfeste entwickelt. Am Nachmittagwird informiert, debattiert und geworkshopt:Man kann sich ein umfassendes Bild über dieAuswüchse und Widersprüche unseres aufewiges Wachstum und maximalen Konsum aus-gerichteten Wirtschaftssystems machen. Undweil dies zwar wichtig, aber nicht sehr erbau-end ist, wird am Abend gefeiert, was das Zeughält – vom Kairo über die Brücke zur Reitschu-le bis zum Progr und zum ISC. The Show mustgo on! Und dient dazu einem guten Zweck: Dergesamte Erlös kommt Kampagnen und Projek-ten für soziale Gerechtigkeit zugute. (fer)«Tour de Lorraine 2012»: Fr 20. und Sa 21. Januar.

Am Nachmittag Filme, Vorträge und Workshops,

am Abend Partys und Konzerte, u.a. von Churchhill und

Copy&Paste, Bern, diverse Veranstaltungsorte in

Lorraine und Innenstadt.

Details: www.tourdelorraine.ch

Silberbüx machen Kinder froh, und Erwachsene ebenso.

Auf TourBäche stauen stattTennis stunde

«Tränen der Nostalgie» sichtete die Journalistineiner Lokalzeitung an der Silberbüx-Plattentau-fe in Erwachsenen-Gesichtern. Schon das ersteAlbum der Mundartband, «Gheim isch gheim»,war ein kinderpreisgekrönter Erfolg, der auchErwachsene begeisterte. Letzten Herbst legtensie mit «Uf em Sprung» nach: Wunderschönverspielte Melodien, mal nach Reggae, malnach Polka, mal jazzig klingend, dazu Ge-schichten vom Verkleiden, Waldhüttenbauenund Bäche stauen oder von einem Schildkröt-chen, das vom ausgelachten Loser zur Heldinwird – poetische Lieder für Kinder und Kindge-bliebene. (fer)So 8. Januar, 11.15 und 14.15 Uhr, Tonhalle Zürich

(mit dem Tonhalle-Orchester), So, 15. Januar, 11 Uhr,

Kleintheater Luzern, So, 22. Januar, Casino Theater Zug.

Für weitere Konzerte siehe www.silberbuex.ch

BIL

D:

ZV

G

Videokunst: Still aus «Urban Diamonds».

Bern/JuraNachwuchs zu Neujahr

Es handelt sich bei der Cantonale Berne Jurazwar um eine neue Weihnachtsausstellung,aber ganz so vorbei ist die Cantonale auch imJanuar noch nicht, dass die Kunst schon wietrockene Nadeln schon vom Bäumlein rieselnwürde. Im Gegenteil: Sinn und Zweck der Sa-che ist, den Nachwuchskünstlern in den Kan-tonen Bern und Jura eine prominente Plattformzu geben – oder eher: gleich acht Plattformen.Das CentrePasquArt, die Kunsthalle Bern, dasKunsthaus Interlaken, das Kunsthaus Langen-thal, das Kunstmuseum Thun, Marks BlondProject R. f. z. K., das Musée jurassien des ArtsMoutier und die Stadtgalerie Bern haben dieAusstellung gemeinsam lanciert. 339 Bernerund jurassische Kunstschaffende haben ihreWerke eingegeben, 166 von ihnen wurden vonder Jury ausgewählt und vermitteln nun in ge-ballter Ladung einen Eindruck davon, was inden Ateliers der Kantone alles entsteht. (dif) Cantonale Berne Jura – Weihnachtsausstellung,

verschiedene Institutionen, noch bis zum 15. oder

22. Januar, in Moutier bis zum 29. Januar.

www.cantonale.ch

Page 27: Surprise Strassenmagazin

27SURPRISE 266/12

BIL

D:

ST

EP

HA

NO

SC

HR

OE

TE

R

BIL

D:

ZV

G

Obacht: S.C.U.M. sehen harmloser aus, als sie klingen. Einsichten in Körper und ihre fahrbaren Gestelle.

LuzernAnatomie und Autokarosserie

Einen Matthew Day Jackson sollte man heutzutage eigentlich im heimi-schen Wohnzimmer haben. Immerhin ist der 37-jährige Amerikaner be-reits in bedeutenden privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten,nun hat er in Luzern seine erste Einzelausstellung. Jackson eignet sichhochkomplexe Themengebiete an, recherchiert Nukleartechnologie undRaumfahrt, gräbt in der Geschichte der westlichen Zivilisation und denktüber antike Mythen und Anthropologie nach, um Kunst daraus zu ma-chen. Und zwar lust- und humorvoll: «In Search of …» heisst die Aus-stellung, die den Kanon des Bildungsbürgertums gleichzeitig erforschtund zum Spielen benutzt. Heraus kommen dabei unverkrampft viel-schichtige Werke, und in Jacksons Universum gibt es entsprechendAstronauten, Skelette, eine Autokarosserie, einen Leichensack und einIkea-Wohnzimmer zu sehen. Alles in die Farben des Regenbogens ge-taucht. (dif)Matthew Day Jackson: «In Search of …», noch bis zum 15. Januar,

Di und Mi 10 bis 20 Uhr, Do bis So 10 bis 17 Uhr, Kunstmuseum Luzern

www.kunstmuseumluzern.ch

ZürichGegen den Winterschlaf

Wenn im Januar der Schnee alles dämpft, dampft es zuverlässig aus demZiegel oh Lac. Während rundherum alle im Winterschlaf verharren, gehtim Restaurant der Roten Fabrik die traditionelle Rockwoche über dieBühne. Neben – klar – Rock gibt es während sieben Abenden auch Song-writer und Tanzbares. Letzteres etwa von S.C.U.M. aus London. Das jun-ge Quintett spielt psychedelischen, treibenden New Wave und ist draufund dran zur Retrorock-Truppe der Stunde aufzusteigen. Ebenfalls vonweiter her reist Maria Taylor an, diesmal nicht im Duo Azure Ray, son-dern solo. Ausserdem schauen 7 Dollar Taxi aus Lozärn und der ZürcherLee-Hazelwood-Wiedergänger Tom Huber vorbei, die Cello- und Geigen-rocker Deep Trip packen die Bögen aus und Roy And The Devils Motor-cycle lassen die Amps knattern. Ein bisschen überraschend stehen auchetliche Basler Bands auf dem Programm: 4th Time Around, die Lombe-go Surfers und Zatokrev, letztere im Rahmen des Wall-of-Sound-Abends,der nur den richtig Harten empfohlen sei. Ansonsten: Alles dabei, abnach Wollishofen. (ash)19. bis 28. Januar, jeweils 19.30, Ziegel oh Lac, Zürich

Detailprogramm: www.rotefabrik.ch

Folk noir aus dem Jazzklub: Liz Green.

Auf TourLüpfige Lieder über den Tod

Liz Green könnte zu einer der grossen Entdeckungen des neuen Jahreswerden. Ihre Songs pendeln zwischen Folk noir und einem verrauchtenJazzclub aus den 30ern. Ein bisschen Django Reinhard hier, etwas NinaSimone da und oben drauf eine Prise Karen Dalton. Als Begleitung reichtmal ein Banjo, mal ein Akkordeon, denn im Zentrum steht diese typischbritische Stimme zwischen Gaumen und steifer Oberlippe. Das klingtmusikalisch recht lüpfig, textlich eher weniger. «A song about a party, asong about the war and all the other songs are about death», so beschriebsie dem Publikum bei einem Konzert in Paris ihr Repertoire. Eine gefreu-te Sache. (ash)Do 19. Januar, 20 Uhr, Gonzo Club, Zürich;

Fr 20. Januar, 21.30 Uhr, Bad Bonn, Düdingen;

Sa 21. Januar, 20 Uhr, Parterre, Basel.

BIL

D:

ZV

G

Page 28: Surprise Strassenmagazin

28 SURPRISE 266/12

AUFGEZEICHNET VON ISABEL MOSIMANN

«Zu Surprise gebracht hat mich meine Freundin Corinna. Sie istselbst Verkäuferin und hat mir das Ganze erklärt. Ich dachte, das machtsicher Spass, meldete mich im Büro Bern und fing an. Es ist von Anfangan perfekt gelaufen. Ich stellte mich vor die Markthalle, hab den Leuteneinen guten Morgen gewünscht, nach zehn Uhr ‹Grüezi› gesagt und mei-ne ersten Hefte verkauft. Die Leute schätzen, dass ich ihnen das Heftnicht andrehe, sondern einfach freundlich grüsse.

Für mich ist Surprise voll gut, denn ich konnte nie eine Lehre ma-chen. Als Kind kam ich von Heim zu Heim und als Jugendlicher von ei-ner geschützten Werkstatt zur nächsten. Ins erste Heim wurde ich ge-steckt, als ich elf war. Ich lebte damals bei meinen Grosseltern, weil mei-ne Mutter mich bekam, als sie erst 17 war. Mein Vater war überhauptnicht präsent. Eines Tages kam mein Vormund und fand, meine Gross -eltern seien schon alt, deshalb wolle er früh genug schauen, dass ich ei-nen Platz im Heim bekomme. Wohlgemerkt: Meine Grossmutter lebtheute noch und mein Grossvater ist erst vor fünf Jahren gestorben. Die-sem Vormund habe ich es auch ‹zu verdanken›, dass ich eine IV-Renteerhalte. Die wurde damals beantragt, um den ersten Platz in der ge-schützten Werkstatt zu bezahlen. Aus welchem Grund ich genau dieRente kriegte, da habe ich keinen blassen Schimmer. Mein Vormundsagte einfach immer, ich könne nichts, ich sei nicht motiviert, und wennich körperliche Beschwerden hatte, war ich ein Simulant.

Das Blatt wendete sich zum Glück mit meinem Umzug nach Thun –ich komme ursprünglich aus der Ostschweiz, aus St.Gallen, und habezuletzt in einem Wohnheim in Romanshorn gelebt. Nach Thun brachtemich 2003 die Liebe: Meine damalige Freundin und ich pendelten zuersthin und her, dann entschied ich mich, nach Thun zu ziehen. Dort krieg-te ich eine andere Vormundin, und ich wurde neu abgeklärt. Es stelltesich heraus, dass mein vegetatives Nervensystem defekt ist. Deshalb ha-be ich öfters Herzrhythmusstörungen, Magenschmerzen, vertrage Hitzerecht schlecht und bei grösserem Stress wird mir schwindlig. Das sindaber alles Beschwerden, die mich beim Heftverkauf nicht behindern.Das ist ja das Tolle an Surprise: Ich kann meinen Tag einteilen, wie esmir entspricht, und eine Pause einlegen, falls ich sie brauche.

Im Moment stehe ich ausser am Sonntag jeden Tag früh auf, fahrenach Bern, hole so um halb acht die Hefte im Lorraine-Laden und stel-le mich vor die Markthalle. Wenn ich sie verkauft habe, mache ich amfrühen Nachmittag Feierabend. Zurzeit habe ich keinen anderen Job,deshalb nutze ich die freie Zeit ab und zu für einen Kinobesuch.

Bis vor kurzem war ich regelmässig Steward beim FC Thun und ha-be Eingangskontrolle, Platzanweisung und Feldschutz gemacht. Un-glücklicherweise gab es im Stadion einen Vorfall mit meiner Ex-Freun-

Andreas Breu (30) verkauft seit drei Monaten Surpise vor der Berner Markthalle. Er ist eingrosser Fussballfan – im Moment vor allem als Zuschauer, in der kommenden Saison will eraber als Spieler in der Surprise Strassenfussball Liga ins Geschehen eingreifen.

din, deswegen haben mir die Verantwortlichen gesagt, ich müsse eineWeile ein Time-Out machen. Ich hoffe nun sehr, dass ich im Frühlingwieder damit anfangen kann. Das wäre der Hammer! Ich bin ein vollgrosser Fussballfan. Als Ostschweizer ist mein Klub natürlich der FCSt.Gallen, und in der Bundesliga fane ich für Borussia Dortmund. Ein-fach weils ein guter Klub ist und weil Stéphane Chapuisat lange dort ge-spielt hat. Die haben mit über 80000 Plätzen das grösste Stadion vonganz Deutschland. Leider war ich noch nie dort. Das wär schon so einbisschen ein Traum von mir, dort mal dabei zu sein.

Ich habe früher eine Zeit lang beim luzernischen FC Triengen bei denA-Junioren gespielt, war aber nicht so der grosse Techniker. Den Balljonglieren und so kann ich nicht. Aber nächste Saison will ich bei Sur-prise in den Strassenfussball einsteigen. Da freue ich mich schon volldrauf! Neben fussballerischen Highlights wünsche ich mir für 2012 vorallem, dass es mit Corinna weiterhin so gut läuft. Das ist mein aller-grösster Traum.» ■

BIL

D:

IMO

Verkäuferporträt«Mit elf steckten sie mich ins Heim»

Page 29: Surprise Strassenmagazin

29SURPRISE 266/12

Surprise kümmert sich um Menschen, die weniger Glück im Leben hat-ten als andere. Menschen, die sich aber wieder aufgerappelt haben undihr Leben in die eigenen Hände nehmen wollen. Mit dem Verkauf desStrassenmagazins Surprise überwinden sie ihre soziale Isolation. IhrAlltag bekommt Struktur und wieder einen Sinn. Sie gewinnen neueSelbstachtung und erarbeiten sich aus eigener Kraft einen kleinen Ver-dienst. Die Surprise-Strassenverkäuferinnen und -verkäufer helfen sich

selber. Das verdient Respekt und Unterstützung. Regelmässige Verkau-fende werden von Surprise gezielt unterstützt. Die Teilnehmer am Pro-gramm SurPlus sind sozial abgesichert (Ferien, Krankheit). Mit der Programmteilnahme übernehmen die Surprise-Verkaufenden mehr Ver-antwortung; eine wesentliche Voraussetzung dafür, wieder fit für dieWelt und den Arbeitsmarkt zu werden.

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

1 Jahr: 6000 Franken 1/2 Jahr: 3000 Franken 1/4 Jahr: 1500 Franken 1 Monat: 500 Franken

Ja, ich werde Götti/Gotte von:

Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected], PC-Konto 12-551455-3

266/12

Eine Chance für alle!Werden Sie Surprise-Götti oder -Gotte

Ausserdem im Programm SurPlus:

Tatjana GeorgievskaBasel

Wolfgang KreibichBasel

René SennZürich

Marika Jonuzi, BaselFatima Keranovic, BasellandBob Ekoevi Koulekpato, BaselJovanka Rogger, Zürich

Jela Veraguth, ZürichKurt Brügger, BaselAnja Uehlinger, BadenPeter Hässig, BaselAndreas Ammann, Bern

Marlies Dietiker, OltenPeter Gamma, BaselJosiane Graner, Basel

Page 30: Surprise Strassenmagazin

30 SURPRISE 266/12

Impressum

HerausgeberStrassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.ch Öffnungszeiten Sekretariat 9–12 Uhr, Mo–DoT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected]äftsführungPaola Gallo (Geschäftsleiterin), Sybille Roter (stv. GL) AnzeigenverkaufT +41 61 564 90 90, M +41 76 325 10 [email protected] T +41 61 564 90 70, F +41 61 564 90 99Reto Aschwanden (Nummernverant wortlicher), Florian Blumer, Diana Frei [email protected]ändige Mitarbeittexakt.ch (Korrektorat), Yvonne Kunz, Delia Lenoir, Irene Meier, Stephan Pörtner, Milena Schärer, Priska Wenger, Christopher ZimmerMitarbeitende dieser AusgabeJoel Bisang, Davide Caenaro, Manuela Donati, Andrea Ganz, Michael Gasser, Olivier Joliat, Christof Moser, Roland Soldi, Sarah StähliGestaltung WOMM Werbeagentur AG, BaselDruck AVD GoldachAuflage15000, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./JahrMarketing, Fundraising T +41 61 564 90 61Theres Burgdorfer, [email protected]

Vertriebsbüro Basel T +41 61 564 90 83, M +41 79 428 97 27Zoë Kamermans, Patrick Würmli, Spalentorweg 20, 4051 Basel, [email protected]üro ZürichT +41 44 242 72 11, M +41 79 636 46 12Reto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 Zürich, [email protected]üro BernT +41 31 332 53 93, M +41 79 389 78 02Andrea Blaser, Alfred Maurer, Bruno Schäfer, Pappelweg 21, 3013 Bern, [email protected] T +41 61 564 90 40, F +41 61 564 90 99Paloma Selma, [email protected] T +41 61 564 90 10, F +41 61 564 90 99Lavinia Biert (Leitung), Olivier Joliat, David Möller [email protected], www.strassensport.chTrägerverein Strassen magazin Surprise Präsident: Peter Aebersold

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs weiseoder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird vonder Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise behält sich vor, an Verkaufende gerichtete Post-sendungen zu öffnen. Barspenden an namentlich bezeich-nete Verkaufende können nur bis zu einem Betrag vonCHF 100.– weitergeleitet werden. Darüber hinausgehendeBeträge sollen – im Einverständnis mit der Spenderin oderdem Spender – allen Verkaufenden zugute kommen.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise hilft seit 1997 Menschen in sozialenSchwierigkeiten. Mit Programmen in den Bereichen Beschäftigung, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selbständigkeit.Surprise hilft bei der Integration in den Ar-beitsmarkt, bei der Klärung der Wohnsitua-tion, bei den ersten Schritten raus aus derSchuldenfalle und entlastet so die SchweizerSozialwerke.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Be-nachteiligung betroffenen Menschen eineStimme und sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Gesellschaft und bezieht Stellungfür soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinen-de Strassenmagazin Surprise heraus. Dieseswird von einer professionellen Redaktion pro-duziert, die auf ein Netz von qualifizierten Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illu-stratorinnen zählen kann. Das Magazin wird fast ausschliesslich auf der Strasse verkauft.Rund dreihundert Menschen in der deutschenSchweiz, denen der Arbeitsmarkt verschlos-sen bleibt, erhalten damit eine Tagesstruktur,verdienen eigenes Geld und gewinnen neuesSelbstvertrauen.

Sport und Kultur Surprise fördert die Integration auch mit Sport.In der Surprise Strassenfussball-Liga trainierenund spielen Teams aus der ganzen deutschenSchweiz regelmässig Fussball und kämpfenum den Schweizermeister-Titel sowie um dieTeilnahme an den Weltmeisterschaften für so-zial benachteiligte Menschen. Seit 2009 hatSurprise einen eigenen Chor. GemeinsamesSingen und öffentliche Auftritte ermöglichenKontakte, Glücksmomente und Erfolgserleb-nisse für Menschen, denen der gesellschaft-liche Anschluss sonst erschwert ist.

Finanzierung, Organisation und internatio-nale VernetzungSurprise ist unabhängig und erhält keine staat-lichen Gelder. Das Strassenmagazin wird mitdem Erlös aus dem Heftverkauf und mit Inse-raten finanziert. Für alle anderen Angebotewie die Betreuung der Verkaufenden, die Sport-und Kulturprogramme ist Surprise auf Spen-den, auf Sponsoren und Zuwendungen vonStiftungen angewiesen. Surprise ist eine nicht gewinnorientierte sozi-ale Institution. Die Geschäfte werden von derStrassenmagazin Surprise GmbH geführt, dievom gemeinnützigen Verein StrassenmagazinSurprise kontrolliert wird. Surprise ist führen-des Mitglied des Internationalen Netzwerkesder Strassenzeitungen (INSP) mit Sitz in Glas-gow, Schottland. Derzeit gehören dem Ver-band über 100 Strassenzeitungen in 40 Län-dern an.

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

Ich möchte Surprise abonnieren!

Rechnungsadresse:

Bitte heraustrennen und schicken oder faxen an:Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

24 Ausgaben zum Preis von CHF 189.– (Europa: CHF 229.– )(Verpackung und Versand bietenStrassenverkäuferInnen ein zusätzliches Einkommen.)

Gönner-Abo für CHF 260.–

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Geschenkabonnement für:

266/12

Page 31: Surprise Strassenmagazin

SURPRISE 266/12 31

Macht stark.

www.strassenmagazin.ch ❘ www.strassensport.ch ❘ Spendenkonto PC 12-551455-3Strassenmagazin Surprise, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, Tel. 061 564 90 90, Fax 061 564 90 99

Page 32: Surprise Strassenmagazin