ueber die amin- und anilsäuren der fumarsäure und der maleïnsäure

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i 37 Ueber die Amin- und Anilsiiuren der Fumar- saure und der Malei'nsiiure; von Richard Anschuta. (Mittheilung BUS dem chemischen Institut der Universittlt Bonn.) Vor einigen Jahren beschrieb ich in Gemeinschaft mit Herrn Q. W i r tz *) als Fumaranilsaure eine bei 187 bis 187,5O schmelzende Saure, die wir durch vorsichtiges Be- handeln des Maleinanils mit Alkalien erhielten. Dieselbe Siure kann man, wie ich spater fand **), auf einem vie1 bequemeren Weg, namlich durch Vermischen atherischer Losungen von aquimolecularen Mengen Maleinsaureanhydrid und Anilin dar- stellen. Die so gewonnene Sirure wurde trotz ihrer Bildungs- weise aus Maleinanil oder aus Maleinsaureanhydrid als Fumar- anilsaure bezeichnet, weil sie bei energischer Behandlung mit alkoholischem Kalihydrat oder mit Barytwasser in Fumarsaure iiberging. Natiirlich war es mein Bestreben, nun auch aus Fumar- slure oder aus einem Fumarsaureabkommling, der zu Fumar- saure in einfacher Beziehung stand, eine Anilsaure darzu- stellen, allein diese Absicht vermochte ich damals nicht zu erreichen. Dagegen gelang es mir vor anderthalb Jahren in Gemeinschaft mit Herrn Ma ur i c e G a u t i e r aus Genf eine mit der bekannten Fumaraminsaure isomere Aminsaure aufzu- finden, die ich im Nachfolgenden beschreiben werde. Natiir- lich regte diese Entdeckung von neuem Versuche zur Dar- stellung einer Anilsaure aus einem Fumarsaureabk6mmling an. Diesma1 war ich glucklicher, indem ich vor Kurzem in Ge- meinschaft mit Herrn G e r I in g s aus dem Fumarylchlorid ein *) Diem Annalen am, 144. **) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 20, 3214. Annalen der Chemle 468. Bd. 10

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Page 1: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

i 37

Ueber die Amin- und Anilsiiuren der Fumar- saure und der Malei'nsiiure;

von Richard Anschuta. (Mittheilung BUS dem chemischen Institut der Universittlt Bonn.)

Vor einigen Jahren beschrieb ich in Gemeinschaft mit Herrn Q. W i r t z *) als Fumaranilsaure eine bei 187 bis 187,5O schmelzende Saure, die wir durch vorsichtiges Be- handeln des Maleinanils mit Alkalien erhielten. Dieselbe Siure kann man, wie ich spater fand **), auf einem vie1 bequemeren Weg, namlich durch Vermischen atherischer Losungen von aquimolecularen Mengen Maleinsaureanhydrid und Anilin dar- stellen.

Die so gewonnene Sirure wurde trotz ihrer Bildungs- weise aus Maleinanil oder aus Maleinsaureanhydrid als Fumar- anilsaure bezeichnet, weil sie bei energischer Behandlung mit alkoholischem Kalihydrat oder mit Barytwasser in Fumarsaure iiberging.

Natiirlich war es mein Bestreben, nun auch aus Fumar- slure oder aus einem Fumarsaureabkommling, der zu Fumar- saure in einfacher Beziehung stand, eine Anilsaure darzu- stellen, allein diese Absicht vermochte ich damals nicht zu erreichen. Dagegen gelang es mir vor anderthalb Jahren in Gemeinschaft mit Herrn Ma ur i c e G au t i e r aus Genf eine mit der bekannten Fumaraminsaure isomere Aminsaure aufzu- finden, die ich im Nachfolgenden beschreiben werde. Natiir- lich regte diese Entdeckung von neuem Versuche zur Dar- stellung einer Anilsaure aus einem Fumarsaureabk6mmling an. Diesma1 war ich glucklicher, indem ich vor Kurzem in Ge- meinschaft mit Herrn G e r I i n g s aus dem Fumarylchlorid ein

*) Diem Annalen am, 144.

**) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 20, 3214.

Annalen der Chemle 468. Bd. 10

Page 2: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

188 A n s c h i i t z , iiber die Amin- und Anilsauren

Anilsiurechlorid gewann, aus dem icb mit Leichtigkeit eine mit der Anilsaure aus Waleinanil isomere Anilsaure darstellen konnte. Das Fumaranilsaurechiorid und die daraus bereitete neue Fumaranilsaure werde ich im Anschlufs an die Malein- aminsaure abhandeln.

Baleinaminsaure. - Bekanntlich zeigte P. G r i e f s *), dafs man aus dem Asparagin mittelst Jodmethyl und Kalilauge eine Amidogruppe herausnehmen kann. In der so erhaltenen einbasischen Saure erkannten M i c h a e 1 und W i n g **) Fu- maraminsaure. Sie bestimmten den Schmelzpunkt der SIure und fanden, dafs sie bei 2i7O unter Zersetzung schmilzt. Sie zeigten, dafs die Slure sowohl durch Mineralsauren, als auch Jurch Alkalien unter Abspaltung der Amidogruppe in Fumar- saure iibergeht. Da nun aus Maleinsaureanhydrid und Anilin eine Anilslure entsteht, die beim Behandeln mit Alkalien unter Abspaltung der Anilidogruppe ebenfalls in Fumarsaure iiber- geht, so erwarteten wir durch Einwirkung von trockenem Ammoniak auf eine L6sung von Maleinsaureanhydrid in trockenem Aether, Chloroform oder Benzol das Ammonium- salz der G r i e f s 'schen Fumaraminsaure zu erhalten. In der That entsteht jedoch das Ammoniumsalz einer neuen ein- basischen Saure, die mit der Fumaraminsaure isomer ist und die wir ihrer Herkunft halber als Maleinaminslure bezeichnen.

Leitet man scharf getrocknetes Ammoniak in eine ziem- lich verdunnte Losung yon Maleinsaureanhydrid (10 g) in trockenem Chloroform oder trockenern Benzol (350 g), so scheidet sich unter Warmeentwickelung nach einiger Zeit eine weifse, an den Gefafswanden haftende Masse von leim- tihnlicher Beschaffenheit ab. Entfernt man nach Beendigung der Einwirkung das Benzol, so erhalt man eine weifse, klebrige, in Wasser leicht losliche Verbindung als Ruckstand.

*) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 0, 2116. **) Americ. chem. Journ. 6, 419.

Page 3: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

der Fumarsaure u?td der Mahuaure. i39

Man wird kauin fehlgehen, wenn man diesen Kbrper als das Aminoniumsalz der zuniichst entstandenen Aminsaure an- sieht. Erwarmt man die wiisserige LBsung des Ammonium- salzes, so entweicht Ammoniak, versetzt man sie mit Salz- &we, so scheidet sich ein schwerer weifser, deutlich krystal- linischer Niederschlag in reichlicher Menge ab : die new Maleinaminsaure. Die Saure krystallisirt ohne Kryslallwasser und schinilzt bei 152 bis i53O, bei ihrer Analyse wurden fol- gende Werthe erhalten :

L 0,3172 g Substam lieferten 0,4907 COa und 0,1260 H.0. 11. 0,2520 g ,, 0,3867 CO, ,, 0,1011 H.0.

111. 0,2056 g ,, bei 9 O und 735 mm Druck

Berechnet fur Gefunden 20,5 cbcm N.

CIH6NOI I. 11. 111. C 41,74 42,16 41,86 - H 4,35 4,41 4,46 - N 12,17 - - 11,86

0 41,74 - - - 100,oo.

Man erhalt von der Maleinaminslure etwa 70 pC. der berechneten Menge. Die SIure ist kaum loslich in Benzol, Chloroform und Aether, wenig Ioslich in concentrirter kalter Salzsaure, leicht lbslich in heifsem Akohol rind in Wasser. 10 g Saure in 10 cbcm Wasser gelbst lieferten eine Krystalli- sation von 4 g SPure. Aus ihrer wasserigen Losung scheidet sich die Saure krystallwasserfrei in grofsen durchsichtigen Tafeln ab.

Sehr mmkwiirdig ist das Yerhalten der Maleinaminsaure gegen Alkalien. Mit alkoholischem Kali wird die Maleinamin- saure wie die durch Addition yon Anilin an Mafei'nsaurean- hydrid entstandene Anilsaure in Fumarsaure umgewandelt. Ganz anders verhalt sie sich gegen wasserige Kali- oder Na- tronlauge oder gegen Barytwasser. Mit diesen Reagentien liefert die Maleinaminsaure schon in der Kalte maleinsaura Salze.

10 *

Page 4: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

Fumaranilsawechhid. - Das Fumarsluredianilid habe ich fruher gemeinschaftlich mit Herrn W i r t z aus Fumaryl- chlorid und Anilin dargestellt. Dabei ist es einerlei, ob han der ltherischen LBsung yon Anilin die ltherische tosung VOR

Fumarylchlorid alimahlich zusetzt, oder ob man umgekehrt das Fumarylchlorid mit Anilin mischt. In letzterem Fall f&bt sich die Aetherlosung anfangs intensiv hellgelb, welche Farbung schliefslich verschwindet. In weiterer Verfolgung dieser Farbenerscheinung wurde eine zur Urnwandlung des Fumaryl- chlorids in ' Fumarsiiuredianilid unzureichende Menge Anilin mit Fumarylchlorid in Reaction gebracht, yon dem entstan- denen salzsauren Anilin und etwas Fumarsluredianilid die ltherische Losung abfiltrirt und der Aether abdestillirt. Es hinterblieb ein krystallisirter, schwefelgelb gefarbter KGrper, der sich aus trockenem Aether umkrystallisiren liefs. Die Analyse und das Verhalten beweisen, dafs die neue Ver- bindung das Fumaranilsaurechlorid ist. Aus trockenem Aether umkrystallisirt bildete das Fumaranilsiiurechlorid durchsichtige, stark lichtbrechende, schwefelgelbe prismatische Nadeln oder Platten, die bei 119 bis 120° constant schmolzen und bei der Analyse folgende Werthe ergaben :

I. 0,2606 g Substanz lieferten 0,1814 AgCl. 11. 0,3011 g 0,2068 AgC1.

III. 0,2182 g 0,4570 COP Und 0,0800 H*O. Iv. 0,2056 g 0,4336 0,0752 V. 0,2266 g ,, bei 1 2 O und 750 mm Druck

13 cbcm N. Berechnet fur Gefunden C,OHH,C1NOI I. 11. 111. Iv. v.

C 57,28 - - 57,12 57,61 - 4,07 4,06 - - - H 3,82

- - c1 16,95 17,20 16,98 - N 6,68 0

100,oo.

6,7 1 - - - - 15,27 - - - - -

Page 5: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

d e ~ Furnarsaure und der Makinsatme. 14i

Das Fumaranilsaurechlorid ist ein ungemein reactions- fahiger Kijrper, der sein Chlor ganz wie die Chloride der einbasischen Sauren sehr leicht austauscht. Mit Alkoholen liefert es meist sehr gut krystallisirende Aether, mit Aminen Amide u. s. w. Die Abkijmmlinge sowie die Homologen sollen in einer spiteren Abhandlung beschrieben werden. Nur iiber das Einwirknngsproduct von Wasser auf das Fumarcrnill slurechlorid niochte ich jetzt schon einige Worte hinzufugen.

Fumarandsuure entsteht allmihlich bei der Einwirkung yon kaltem Wasser auf das fein gepulverte Fumaranilsaure- chlorid. Rascher erhiilt man die Saure durch Behandeln des Chlorides mit verdiinnter Alkatiiosung und Fallung der Lijsung des Alkalisalzes mit Salzsaure. Diese Saure schmilzt bei 230 bis 23i0 und ist vijllig verschieden von der Anilsaure, die ich rnit W i r t z aus Malehanil darstellte, und weil sie mit Al- kalien in Fumarsaure umgewandelt wird, als Fumaranilsaure bezeichnete. Um Mifsverstandnissen vorzubeugen, werde ich von nun an die durch Addition von Anilin an Maleinsaurean- hydrid oder aus Maleinanil bereitete Anilsiiure Maleinanilsaure nennen zum Unterschied von der aus Fumaranilsaurechlorid entstehenden Fumaranilsaure. Die Saure aus Funiaranilsaure- chlorid lost sich, wenn auch schwer, so doch betrlchtlich leichter in siedendem Wasser als die bei 187 bis 187,5O schmelzende Maleinanilsaure. Beim Erwarmen mit alkoholischer oder wasseriger Kalilauge geht sie wie die letztere in Fumar- saure 8ber. Die Elementaranalysen gaben folgende Werthe :

bei 1l0 und 746 mm Druck l4cbcm N. I. 11. 0,2244 g

0,1274 g Substam lieferten 0,2948 CO, und 0,0594 H,O.

Berechnet fur Gefunden c_h_l

CsoHsN08 I. 11. C 62,82 63,11 - H 4,7 1 6,18 - N 7,33 - 7,27 0 25,13 - -

99,99.

Page 6: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

142 A n s G h ti t z , fiber die Anin- und Anilsiiuren

Wir kennen also je zwei verschiedene Amin- und Anil- s%uren, die sich von der Fumarsaure und der Maleinsiiure ableiten und die icrh der Uebersicht halber nochmals tabellarisclt zusammenstelle :

Name 1 Schmelzpunkt I Bildungsweise

aua Asparagin mit Jodmethyl

1 230 bis 231O 1 au&~eqf.sranils&urechlorid mit

2170 I und Kalihydrat. 1. Fumaraminlure

2. Fumaranillure

aus Male'insllureanhydrid und I 152 1530 I Ammoniak. 3. Male'inamin&ure

4. Mde'inanil&ure 1 187 bis 187,5O 1 aus Male'insllureanhydrid und

Sammtliche vier Sauren werden durch alkoholisches Kali in Fumarsaure umgewandelt, durch wasseriges Alkali gehen drei Sauren ebenfalls in Fumarsaure uber, nur die Malein- aminsaure liefert auf diesem Wege mit der grofsten Leichtig- keit Maleinslure.

Fiir eine Arninsaure einer zweibasischen Saure giebt es zwei Formulirungsmiiglichkeiten. Wenn Arnnioniak, ein pri- mares oder secundares Amin auf das Anhydrid einer zwei- basischen Saure einwirkt, so fragt es sich, wird der Carbonyl- sauerstoff oder der Briickensauerstoff angegriffen, reagirt das Saureanhydrid als Aldeliyd oder als Aethylenoxyd :

Anilin oder aus Maleihanil.

=C-CONHS NHS =C-NH* =c-co

I >o --+ I =C &-OH =c-co =C-COOH

I 11. 1>0 - NH*

Man kiinnte vielleicht der ersten Auffassung gegeniiber einwenden, dafs eine Hydroxylgruppe neben einer Amido- gruppe schwerlich sauren Charakter zeigen wiirde. Aber dies hangt offenbar ab von dem Charakter der sonst noch

Page 7: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

dep. Fumaroaure und der MaleinoGure. 143

mit demselben Kohlenstoff verbundenen Atome oder Atom- gruppen. Wir haben in den Aldehydainmoniaken keine Sauren, wohl aber in der Carbaminsaure :

Derartige Verbindungen spalten natirrlich sehr leicht Am- moniak ab. Meiner Meinung nach sind die auf F i t t i g's Verranlassung kurzlich dargestellten merkwiirdigen Additions- producte von Ammoniak an 7-Lactone dem Aldehydammoniak analog constituirt aufzufassen, z. B. :

CH, CH-C&.C& I I

Diese Verbindungen regeneriren unter Ammoniakabspal- tung leicht die Lactone.

In der folgenden Abhandlung : ,,Beitrage zur Kenntnifs des Mesitenlactons und der Isodehydracetsaure" wird in dem Ammoniakadditionsproduct des Isodehydracetsaureathers eine Verbindung beschrieben werden , die dem carbaminsauren Ammonium entspricht, durch Doppelzersetzung Salze bildet, das Ammoniak leicht verliert uad in den Isodehydracetsaure- iither zuriickverwandelt wird. Dieser Verbindung wird auf Grund der aufgezahlten Eigenschaften folgende Formel zuge- schrieben :

CO,CIH, CH, I I

CHS-Cd- C=CH I 0 A<:&

Die lalei'naminsiiure, das Additionsproduct von Ammoniak a n Maleinsaureanhydrid unterscheidet sich von der Fumar- aminsaure charakteristisch durch die Leichtigkeit, mit der sie mit verdiinntem, wasserigem Alkali Amrnoniak verliert und in Maleinsaure zurirckverwandelt wird. Das Additionsproduct yon Anilin an Maleinsiiureanhydrid ist schwerer zersetzlicb,

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144 A n s c h i i t z , iiber die Amin- und Anilsauren

es geht mit alkoholischem Kali in Fumardure iiber, dasselbe thut die Maleinaminsaure mit alkoholischem Kali. Dieses R e agens spaltet meiner Auffassung nach erst den Lactonring, dann das Ammoniak oder Anilin ab, wahrend das wasserige Alkali aus der Maleinaminsaure sofort das Ammoniak ver- drangt, wodurch das gegen Alkalien bestlndige y-Dioxylacton entsteht. Darnach wiirden den beiden isorneren Amin- und Anilsauren der Fumar- und Maleinsaure folgende Structur- formeln zukommen :

NHl /

CHC-OH CHCONHS Male'inaminsOure = 11 >O Fumaramin&ure = 1 1 (Schmp. 152 bis 1533 CHCO (Schmp. 217O) CHCOOH

NHCeHe /

CHC-OH CHCONHCBH, hle'inanilsilure = 11 >O Fumaranil&ure = 1 1 (Schmp. 187-187,5O) CHCO (Schmp. 230-131O) CHCOOH

Dem Asparagin, aus dem die Fumaraminsaure entsteht, wiirde nach dieser Auffassung die seitherige Formel verbleiben :

NH&HCONH, I CH&OOH.

Zukiinftigen Forschungen bleibt es vorbehalten, in ein- gehenderer Weise, als ich es zur Zeit im Stande bin, diese Anschauungen experimentell zu priifen. Ich beabsichtigte nur die Richtungen anzudeuten, in denen ich seit einiger Zeit das Gebiet der zweibasischen Sauren, die Anhydride bilden, und ihrer Isomeren in Angriff genommen habe. Bereits ist die vergleichende Untersuchung der Amin- und Anilsauren der Fumarsaure und der Maleinsaure betrachtlich weiter vorge- schritten, als ich dies im Vorstehenden jetzt schon darzulegen fiir zweckmafsig hielt. Die Arnmoniakverbindungen von Citra- consaureanhydrid und Itaconsaureanhydrid habe ich in Ge- meinschaft mit 0. S c h a r f e n b e r g bereitet , ebenso das Mesaconanilsaurechlorid. Ueber diese Versuche werde ich

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der Fumarsaure und der Maleimaure. 145

erst berichten, sobald dieselben eine grBfsere Abrundung er- langt haben.

Ain Schlusse dieser Abhandlung wende ich mich g e g e n einige Bemerkungen von Herrn C. A. B i s c h 0 f f *), mit deren Inhalt ich nicht einverstanden bin. Vor Kurzem wies ich auf den Einflufs der Atome oder Atompruppen hin, welche mit dem in allen Anhydriden der Maleinsiiurereihe vorhandenen Nest :

rCCO

-cco verbunden sind, auf die Fahigkeit dieses Restes durch Auf- nahme von einem Molekiil Wasser das Hydra: einer zivei- basischen S h e zu bilden.

Herr B i s c h o f f glaubt diese Erscheinung in folgender A r t erklaren zu k6nnen :

,,Der Umstand, dafs Fumar- und Maleinsaure beide als solche, aber nur in einer Anhydridform existiren, dafs wir von der Pyrocinchonsaure und Xeronsaure nur die Anhydride kennen , kann vom Standpunkt der raumlichen Anschauung offenbar am besten so erklart werden, dafs einmal durch die von Herrn W i s 1 i c e n u s betonte Configuration der Molekeln eine Annaherung der Carboxylgruppen stattfindet, wie sie in den beiden Formeln :

II >o

HC.COOH HOC0C.H

HC.COOH und II

HC.COOH II

ihren Ausdruck findet. Zweitens aber ist unverkennbar d e r Einflufs der Methyl- und Aethylgruppen. Man deutet den- selben offenbar so am richtigsten, dafs man annimmt, d e r Ersatz von Wasserstoffatomen durch diese Gruppen bedingt eine weitere Annaherung der Carbonylgruppen aneinander,

*) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 88, 620.

Page 10: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

146 A n s c h i i t a , iiber die Amim ufid Anilsiiuren

welch' letztere offenbar zusarnmenhangt init der Verringerung der Entferiiung der beiden doppelt mit einander gebundenen Kohlenstoffatome. Daraus kann gefolgert werden , dafs der von den Hydroxylgruppen beanspruchte Platz innerhalb der MolekeI nicht mehr vorhanden ist und dieselben mr Abspaltung von Wasser veranlafst werden."

Auf diesen .Standpunkt der rlumlichen Anschauung' will ich Herrn B i s c h o f f zu folgen versuchen. Von diesem Stand- punkt aus bleibt das Bestreben von Wasserstoff und HydroxyI sich mit einander zu Wasser zu verbinden, aufser Betracht. Von den Salzen und Aethern der fraglichen Sauren, der Pyrocinchonsaure z. B., ist offenbar nichts zu sehen. Nimmt im Silbersalz Ag und OAg, im Methylather CHs und OCH@ keinen Platz ein? Ich dachte immer sie nahmen den Platz von H und OH im hypothetischen Saurehydrat ein und war der Ansicht, dafs durch den Eintritt von Methyl-, Aethyl-, Phenyl- an Stelle des Aethylenwasserstoffs im Maleinsaure- anhydrid die Vertheilung der Valenz eine derartige wird, dafs das Wasser austreten kann, wahrend die Salze und Aether ganz bestandig sind.

Ich sehe in der Beeinflussung der Anhydridbildung in der Malei'nsaurereihe durch Einfiihrung von Alkyl- und Phenyl- gruppen an Stelle der Aethylenwasserstoffatome der Malein- saure eine Erscheinung, die in inniger Beziehung zu vielen langst bekannten Thatsachen steht.

Wir kennen weder die Glycole rnit zwei Hydroxylen an demselben Kohlenstoffatom, noch die Orthocarbonsluren, z. B. Orthoameisenslure, noch Orthokohlenslure und das ge- wiihnliche Kohlensaurehydrat, noch die Orthoamide der Sauren u. s. w., wohl aher kennen wir die den hypothetischen Was- serstoffverbindungen entsprechenden Alkyl- oder Metallver- bindungen :

Page 11: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

der Fumaraaure uad der Maleinsaure. 147

unbekmnt

/0-H /O-CoEI,

\O-H \O-G% HC-0-H HC-O-CsH,.

unbekannt 0-H

-0-H CLO-H

O-C1H6

,o-c*EL. , lO-GH,

'0-H 'O-GH; unbekannt

/0-H /0-c1H6 / O - &

\O \O 'ho C-0-H C-O-CSH, G O - A g .

nnbekannt

/NHl /N(C6Ht0) CH,CNH, CH&-N(CeHto).

\NH, \N(C,H,o) unbekannt

O H O C A OAg / / /

CaHbC-C-OH C H C-C-OCSH6 C H C - C O A g >o

C6HeC-C0 Ill >o

CeHeC-CO I/ >o

CaH,C-CO unbekannt

Sollte es in den unbekannten Verbindungen den Bestand- theilen eines Molekds Wasser oder Ammoniak immer an .Platz" feblen, wahrend fur -OCnH5, -C,H,, -OAg, -Ag, -N(C5Hlo) der ,,Platz(' vorhanden ist? Formaldehyd und Acet- aldehyd haben noch g r o h e Verwandtschaft zum Wasser, wenn sie auch keine bestimmten Hydrate damit zu bilden vermcgen, Valeraldehyd und Benzaldehyd besitzen keine Ver- wandtschaft zu Wasser. Ersetzt man in dem Acetaldehyd die drei Atome Wasserstoff der Methylgruppe durch drei Chloratome, so bat man im Chloral einen Aldehyd, der mit Wasser ein wohl definirtes Hydrat, das Orthochloral, bildet. Von allen aufgeziihlten Aldehyden sind die Diacetate darstell- bar, aus denen sich offenbar O(CO-CHs)p vie1 weniger leicht abspaltet als Wasser aus den entsprechenden Hydraten.

Page 12: Ueber die Amin- und Anilsäuren der Fumarsäure und der Maleïnsäure

148 A n s c h u t z, B en d ix u. R e rp, Beitpage z. Kenntnifs

In den angezogenen Erscheinungen ist das gemeinsame Band so unverkennbar, dafs ich sie fur eine weitere Stutze der Ansicht halte, nach welcher man in den Hydraten der Maleinsiiurereihe , in den Salzen und Aethern, iiberall zwei -0-X'-Gruppen an demselben Kohlenstoffatom anzunehmen hat.

Beitrage zur Keiintnii's des Mesitenlactons und der Isodehydracetsaure :

von Richard Ansch.iltg Paul Bendix u. Wilhefm Kerp. (Mittheilung aus dem chemischen Institut der UniversiUit Bonn.)

In der Abhandlung : Jeber Condensationsproducte des Acetessigathers' beschreibt Ha n t z s c h *) die glatte Conden- sation dieses Aethers durch concentrirte Schwefelsaure. Aus dem ,,urspriinglichen Condensationsproduct" ClsH~~09 wurden zwei Spaltungsproducte gewonnen :

COoH CHS I 1

Isodehydracetsllure : CH,-C=C-C=CH ; (Mesitenlactoncarbons~nre) 0-bo I

CO,C,H& CHa I

I I I C=CH. Isodehydracetsflurellthyliither : CHs-C=C-

Durch Alkalien wird die Isodehydracetsaure in Mesityloxyd, durch Erhitzen in Mesitenlacton umgewandelt, wiihrend aus dem Isodebydracetsaureathylfither auf diese Weise die s. g. Homomesaconslure eritsteht :

(Mesitenlactoncarbona~uretlther) 0 GO

CHS I

Mesitenlacton : CH,-C=CH-C=CH ;

6- A0

*) Diese Annalen B89, 1.