urgewald jahresbericht 2011
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Jahresbericht 2011
urgewald
2 urgewald
3Geschäftsbericht 2012
als ich vor 20 Jahren urgewald gründete, wusste ich ziemlich genau was ich wollte: Mich in meinem Berufsleben voll für Umwelt- und Menschenrechte einsetzen und dabei den Hebel an der Achillesferse vieler Projekte, der Finanzierung ansetzen. Wie die Idee “urgewald” sich entwickeln würde, konnte damals noch niemand ahnen... heute ist urgewald eine international angesehene NGO. In unserem kleinen, aber wirksamen Team ist jede/r auf seine Weise mit ganzem Herzen dabei, größtenteils schon seit vielen Jahren.
Der Ansatz “Follow the Money” ist der rote Faden unserer Arbeit und heute wie damals verstehen wir uns als „advocates“, als „Anwalt für Umwelt- und Menschenrechte“. Wir arbeiten dabei eng zusammen mit Menschen in NGOs und Communities im Ausland, die ihre Rechte und Lebensgrundlagen gegen die Interessen mächtiger Konzerne und Investoren verteidigen müssen. Ohne unsere Unterstützung ist es ihnen kaum möglich, hiesige Entscheidungen von Politik und Wirtschaft zu beeinflussen. Gemeinsam jedoch gelingt es, Projekte zu verhindern oder deren Folgen zu mindern. Daher setzen viele unserer Partner ihre Hoffnung auf diese Zusammenarbeit und vertrauen uns.
Im Fukushima-Jahr 2011 gelang es uns, auf die Unterstützung der Atomwirtschaft durch den Bankensektor aufmerksam zu machen. Denn Fukushima ist auch ein Beispiel für die verheerenden Folgen der „Vogel-Strauß-Mentalität“ der Banken. Schon lange war der japanische AKW-Betreiber Tepco dafür bekannt, dass die Firma Sicherheitsberichte fälscht. Trotzdem hat die Deutsche Bank Tepco weiterhin mit Finanzen versorgt. Wir haben auf die damit verbundenen Gefahren bereits auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank 2010 hingewiesen.
Die Maßstäbe, die Banken für die Vergabe von Krediten anlegen, haben entscheidende Auswirkungen – auf die Umwelt, auf das Klima und auf die Lebensrealität von Menschen. Um Banken hierfür zu sensibilisieren, führt urgewald seit Jahren Dialog-Gespräche zu kontroversen Themen wie z.B. Rüstung, Atom oder Klima. In manchen Bereichen haben wir viel erreicht, und Banken bewegen sich, in anderen bleibt noch viel zu tun. Auch sind nicht alle Banken gleich reformwillig – daher begleiten wir den Dialog weiterhin mit Protesten und intensiven Recherchen.
Auch wenn Wirtschaft und Politik sich (noch) wenig bewegen, Menschen „wie du und ich“ nehmen nicht mehr alles als „alternativlos“ hin. Hunderttausende protestierten gegen Atomkraft, oder kehren ihrem Atomstromversorger den Rücken, wechseln ihr Konto zu einer Bank mit Gewissen und wenden sich mit Protesten an Bundestagsabgeordnete. Als BürgerInnen und als VerbraucherInnen haben wir viel Macht – nutzen wir sie!
Für einen besseren Schutz von Umwelt- und Menschenrechten, setzt urgewald am Hebel Finanzierung an. Denn: „Wer das Geld gibt, trägt Verantwortung für das Geschäft.“
Heffa Schücking
Sassenberg, im November 2012
Liebe Freundinnen und Freunde, Unterstützerinnen und Unterstützer,
4 urgewald
In den ersten Jahren konzentrierte urgewald sich darauf, die Auswirkungen von Finanzierungen durch die Weltbank und anderer öffentlicher Geldgeber bekannt zu machen und stärkere Umwelt- und Sozialstandards zu fordern. Auch wenn wir mit gezielter Lobbyarbeit und Kampagnen beachtliche Verbesserungen zum Schutz von Mensch und Umwelt erreicht haben, reichen die Standards bisher nicht aus, um die Vertreibung von Menschen, die Zerstörung von Wäldern und Naturräumen oder die Ausbreitung von Armut und Korruption zu verhindern.
urgewald arbeitet als Teil einer globalen Koalition von zivilgesellschaftlichen Organisationen weiterhin daran, die Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank und insbesondere auch ihre Anwendung in der Praxis zu stärken. Das ist auch wichtig, weil die Weltbank entscheidenden Einfluss auf die Umwelt- und Sozialstandards ausübt, die andere öffentliche und private Geldgeber anwenden. Zum Beispiel dienen die Umwelt- und Sozialrichtlinien für die sogenannten Privatsektorprojekte der Weltbank als globaler Maßstab für die größten Privatbanken der Welt (Equator Banks) sowie für die Exportkreditagenturen der Industrieländer. Verbesserungen in der Weltbank-Politik haben somit einen entscheidenden Einfluss auf die Finanzierungspolitik von Privatbanken.
Bei unseren Recherchen zu den schlimmsten umwelt- und naturzerstörenden Projekten, stießen wir immer wieder auf Privatbanken und Großinvestoren als Kreditgeber. Das private Kapital spielt bei internationalen Finanzierungen zunehmend eine wichtige Rolle. Investoren und Aktionäre wollen vor allem schnelle und hohe Renditen sehen – die Frage, auf wessen Kosten diese erwirtschaftet werden, wird meistens nicht gestellt.
Im Zuge dieser Entwicklung haben wir uns vermehrt mit der Strategie von Banken und Investoren auseinandergesetzt. Dabei stellten wir fest, dass private Institute stärker vom Reputationsrisiko betroffen sind als öffentliche, multilaterale Entwicklungsbanken. Das eröffnete uns neue Möglichkeiten und wir entdeckten den Hebel „Kundenproteste“ sowie die „Konzernkritik als Aktionär“. So konnten wir zum Beispiel mit Protesten und mit Besuchen der Aktionärsversammlungen von 2006 – 2009 drei deutsche und 12 internationale Banken von der Finanzierung des Atomkraftwerkes Belene in Bulgarien abhalten. In der Folge haben dann auch die beiden deutschen Energieversorger E.ON und RWE eine Beteiligung an dem Projekt gestrichen.
urgewaldKleiner Abriss der urgewald-Geschichte
5Geschäftsbericht 2012
Investoren und Finanziers interessieren sich in erster Linie für ihre Rendite. Erst fundierte Informationen und öffentlicher Druck zwingen sie, sich mit weiteren Aspekten der von ihnen finanzierten Projekten auseinanderzusetzen. Als „Anwalt für Umwelt- und Menschenrechte“ geben wir Betroffenen eine Stimme. Für sie machen wir Druck auf Investoren, Banken und Politiker. Für sie sind wir eine Anlaufstelle, wenn mit deutschem Geld im Ausland ihre Rechte missachtet werden.
urgewald sorgt dafür, dass von Vertreibung bedrohte indische Kleinbauern, Aktivisten gegen Streubomben und bulgarische oder finnische Atomkraftgegner auf Aktionärsversammlungen, Pressekonferenzen und in den Vorstandsetagen deutscher Firmen und Banken Gehör finden. Hilft das nicht, mobilisieren wir Proteste oder starten Verbraucherkampagnen.
Typisch für urgewald ist der Mut, gegen große Gegner vorzugehen und sich mit besonderer Hartnäckigkeit in scheinbar aussichtslosen Kampagnen zu behaupten.
Mit Erfolg: urgewald verhinderte die Finanzierung für das AKW Belene in Bulgarien und hat mehrere Großbanken dazu bewegt, auf die Finanzierung von Streubomben zu verzichten. Eines der ersten urgewald-Themen, staatliche Hermes-Bürgschaften für Atomprojekte im Ausland, ist heute aktueller denn je. Wir machen daran die Doppelzüngigkeit des deutschen Atomausstiegs fest und organisieren Proteste.
Follow the Money - urgewald verhindert mit diesem ungewöhnlichen
strategischen Ansatz seit 1992 umweltzerstörende und Menschen verachtende
Projekte. Unsere Kampagnen gegen Investoren und Finanziers zielen genau
auf die Achillesferse vieler Vorhaben – ihre Finanzierung. Ohne Kredite und
Investoren wird kein Atomkraftwerk, kein Staudamm und keine Pipeline gebaut.
Auch Bergbaukonzerne und Waffenhersteller benötigen ständig frisches Geld.
Geld ist nicht neutral - wer das Geld gibt, trägt Verantwortung für das Geschäft!
Knud Agnes Andrea Barbara SimoneKorinna Regine Lydia Katrin Heffa
6 urgewald
Wie radioaktiv ist meine Bank?
• Bankwechsel • Massenproteste • Mahnwachen nach Fukushima
7Geschäftsbericht 2012
ATOM „Wie radioaktiv ist meine Bank?“
Ende Dezember 2010 veröffentlichten wir die Broschüre „Wie radioaktiv ist meine Bank?“.
Die Empörung bei den VerbraucherInnen ist groß, kaum jemandem war bis dahin bewusst,
dass mit dem Geld auf dem Spar- oder Girokonto, oder mit der Geldanlage bei der
Hausbank die Atomwirtschaft finanziert wird.
Unsere Recherchen decken auf: Fast alle deutschen Geldinstitute sind als Kreditgeber
der Atomkonzerne am Atomgeschäft beteiligt. Die Broschüre enthält ausführliche
Informationen zu den einzelnen „Atombanken“ und – als Alternative, Portraits der
Alternativbanken. Unsere Tipps zum Bankwechsel machen diesen leicht und erweitern
das Spektrum des persönlichen Atomausstiegs um das Thema Finanzen. Der neue Aspekt
„Atombank“ bringt zusätzlichen Input und Bewegung in die Bankenwechsel-Kampagne
„Krötenwanderung“. Auch die Anti-Atom-Bewegung greift das Thema „Finanzierung von
Atomkraft“ dankbar auf.
Als im März 2011 die Reaktoren in Fukushima havarieren, steigt das Interesse an der
Verbindung deutscher Banken und der Atomwirtschaft nochmals an. Wir hatten bereits
2010, auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank, die Geschäfte der Bank mit
dem japanischen AKW-Betreiber Tepco kritisiert, denn schon damals war bekannt, dass
Tepco jahrelang Sicherheitsberichte gefälscht hatte. Auch auf der Hauptversammlung der
Commerzbank forderten wir den Ausschluss von Investitionen in die Atomindustrie.
Im Zuge der Mahnwachen und der Großdemonstrationen nach Fukushima finden unsere
Materialien zu den „Atombanken“ reißenden Absatz und etliche Menschen, die gegen
Atomkraft auf der Straße protestieren, entscheiden sich, der Atomwirtschaft nun auch ihr
Geld zu entziehen und wechseln zu einer der Alternativbanken.
urgewald beteiligt sich das ganze Jahr über an unzähligen Mahnwachen,
Großdemonstrationen und sonstigen Veranstaltungen und informiert an Infotischen und
mit Redebeiträgen auf den Bühnen über die „Atombanken“.
Zur Atombanken-Kampagne produzieren wir unseren ersten urgewald-Spot: Ein
Bankkunde wird bei seinen Geldgeschäften durch das radioaktive Engagement seiner Bank
erheblich „gestört“ – verzweifelt und irritiert versucht er schließlich Online-Banking im
Strahlenschutzanzug durchzuführen. Doch die Lösung seiner Probleme ist eigentlich ganz
einfach: http://urgewald.org/kampagne/radioaktive-bank
Auszug urgewald-Pressemitteilung am 14. März 2011: „Deutsche Bank und West-LB finanzieren Betreiber des Katastrophen-Reaktors in Japan“ Atomare Renditejagd muss gestoppt werden
Angesichts der Atomkatastrophe in Japan haben das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die Umweltorganisation urgewald scharf die Rolle von Banken bei der Finanzierung von unsicheren Atomkraftwerken kritisiert. „Wo große Gewinne winken, spielen Informationen über massive Sicherheitsprobleme und Störfälle keine Rolle“, sagte Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungskreis. „Auf der Jagd nach der größtmöglichen Rendite setzen Banken Millionen Menschenleben aufs Spiel.“ So gaben die Deutsche Bank und die WestLB für Tepco, den Betreiber des japanischen Katastrophen-Reaktors, Anleihen in Höhe von zweimal rund 30 Millionen Euro aus; die ING Bank (Muttergesellschaft der Direktbank ING-Diba) kaufte Tepco-Anleihen für rund 15 Millionen Euro. „Die Banken haben sich weder für die bekannte Vertuschung von Mängeln und Störfällen durch Tepco interessiert, noch für die schon vor Jahren offenkundigen Folgen kleinerer Erdbeben in den japanischen AKW“, stellte Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald, fest.“
Regine Richter
Heffa Schücking
Katrin Ganswindt
8 urgewald
„Ich bin doch kein Atombürger!“
urgewald-Pressemitteilung vom 25. März 2011:„urgewald kritisiert fehlende Wende der Bundesregierung bei AtomexportenBundesregierung hält an Grundsatzzusage für brasilianisches AKW Angra 3 fest
Die Fassade des „neuen Atomkurses“ der Bundesregierung bröckelt: Nicht nur im Inland, wo Minister Brüderle das Atommoratorium der Regierung als Wahlmanöver bezeichnet hat und zwei Kommissionen berufen werden, die ein weiteres Mal über die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland beraten sollen, mehren sich die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des neuen Kurses.
„Besonders deutlich wird der nicht stattfindende Atom-Kurswechsel bei der Außenwirtschaftsförderung. Die Bundesregierung hat eine Grundsatzzusage für eine Hermesbürgschaft erteilt, die den Bau des Risikoreaktors Angra 3 in Brasilien ermöglichen soll. Doch statt die Ereignisse in Japan zum Anlass zu nehmen, sich klar gegen die Förderung eines derart riskanten Projektes auszusprechen, laviert die Bundesregierung auch hier herum und beschränkt sich darauf, die brasilianische Regierung nochmals zu konsultieren. Dabei will diese den Ausbau ihrer Atomanlagen trotz Fukushima weiter vorantreiben“, erklärt Dr. Barbara Happe, Brasilienexpertin der Umweltorganisation urgewald. Eine Grundsatzzusage ist rückholbar, wenn es eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage gibt. „Das Beispiel Fukushima zeigt, wie sehr das Restrisiko der Atomkraft und Fragen der Standortsicherheit bisher unterschätzt wurden. Das ist eine wesentliche Änderung der Sachlage und deshalb muss die Bürgschaft zurückgezogen werden“, fährt Happe fort.
Ein Etappensieg: Wir können die endgültige Bürgschaftsvergabe das ganze Jahr über aufhalten. Um auch im Jahr 2012 weiter mit neuen Fakten zu argumentieren, geben wir gemeinsam mit Greenpeace ein Experten-Gutachten in Auftrag, das die Sicherheits- und Standort-bedingungen bei Angra 3 prüfen und bewerten soll.
9Geschäftsbericht 2012
„Ich bin doch kein Atombürger!“
Gleich nach dem Regierungswechsel hatte die neue Bundesregierung Ende 2009 das bis
dahin geltende Verbot von staatlichen Bürgschaften für Atomprojekte außer Kraft gesetzt.
Sie schuf damit die gesetzliche Grundlage für Areva, eine Hermesbürgschaft für das AKW
Angra 3 in Brasilien zu beantragen: mit 1,3 Mrd. Euro Steuergeldern soll der deutsche
Staatshaushalt dieses Exportgeschäft absichern, wenn es nach dem Willen von Areva
und schwarz/gelb geht. Am liebsten ohne großes Aufsehen und ohne die Beteiligung des
Parlamentes.
Wir bekamen Wind von der Sache, recherchierten und setzen eine Welle von Protesten in
Gang: Tausende empörte Bürgerinnen und Bürger und der Atomausstieg im eigenen Land
nach der Fukushima-Katastrophe sorgten dafür, dass dieses Vorhaben nicht mehr still und
leise über den Tisch gehen konnte. Viele Menschen sind entsetzt über die Doppelzüngigkeit
des Atomausstiegs und mit unserer Unterstützung nutzen viele die Wahlkreis-Sprechstunden
„Ihrer“ Bundestagsabgeordneten, um Argumente vorzubringen und ihren Unmut zu
äußern. Die Aktiven treffen dabei entweder auf Ignoranz oder auf einen ziemlichen
Erklärungsnotstand, vereinzelt auch auf Verständnis und das Angebot, das Anliegen zu
unterstützen.
Wir bringen mehr als 100.000 Protestpostkarten unter die Leute. Frau Merkel und die
Abgeordneten der Regierungsparteien in ihren Wahlkreisen sind die Empfänger. Eine
E-Mail-Protest-Aktion gemeinsam mit Campact unterfüttert den Protest zusätzlich.
Trotz der massiven Proteste verlängert die Bundesregierung im September 2011 ihre
Grundsatzzusage für Angra 3 und beruhigt protestierende Bürger mit dem Versprechen,
für ausreichende Sicherheit zu sorgen. Im November organisieren wir eine bundesweite
Aktionswoche, an der sich Menschen in 40 Städten beteiligen. Wir unterstützen mit
Materialien, Tipps und aktuellen Informationen.
Die Medien verfolgen das Thema mit großem Interesse: Fernseh- und Rundfunkbeiträge,
Tages- und Wochenzeitungen, sowie Verbrauchermagazine und Kundenzeitschriften
aus dem ökologischen Bereich greifen das Thema auf. „ZDF-Reporter“ berichtet für das
Fernsehen, urgewald kommt mehrfach zu Wort.
Rückblick: Sowohl das Thema staatliche Hermesbürgschaften als auch das Atomvorhaben
Angra 3 begleitet urgewald seit fast 20 Jahren: Hermes war schon zu Anfangszeiten
ein Schwerpunkt der urgewald-Themen. Damals hat urgewald vor allem intensiv zu
Staudämmen gearbeitet, konnte Bürgschaften verhindern und für Betroffene wesentliche
Verbesserungen bei Umsiedlung und Entschädigung erreichen. Das Thema Atom kam
dazu: für den Zwillingsmeiler Angra 2 hatte es in den 80er Jahren bereits Bürgschaften
gegeben und Angra 3 sollte schon 2002 Bürgschaften erhalten und realisiert werden. Zum
Glück konnten wir das damals verhindern. Nun müssen wir uns wieder mit dem Thema
herumschlagen...
Katrin Ganswindt
Regine Richter
Barbara Happe
Heffa Schücking
Auszug urgewald-Pressemitteilung vom 17.3. 2011:
„Schluss mit staatlich verbürgten Atomexporten. Angesichts der Atomkatastrophe in Japan und der daraus folgenden Atomausstiegsdebatte in Deutschland fordert die Umweltorganisation urgewald Konsequenzen auch bei den staatlichen Hermesbürgschaften. Solche staatlichen Garantien sind in vielen Fällen die Voraussetzung, damit Atomkraftwerke überhaupt gebaut werden können. So wurden drei Reaktoren des Unglücks-AKW Fukushima mit Hilfe des amerikanischen Hermespendants Export-Import Bank realisiert.
Seit Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition werden auch in Deutschland wieder Atomexporte ins Ausland mit staatlichen Garantien abgesichert. Die seit 2001 gültigen Hermesleitlinien schlossen den Export von Nukleartechnologie aus. “Kaum jedoch war die neue Regierung an der Macht, schaffte sie die Hermesleitlinien ab und gab eine Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro an Areva/Siemens für den Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra 3“, erklärt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald. Brasilianische Umweltschützer wehren sich seit Jahren gegen den Bau dieses AKW, da es in einer potenziellen Erdbebenzone liegt, ein veralteter Reaktortyp gebaut werden soll, der einzige Evakuierungsweg häufig durch Erdrutsche blockiert wird, die Atomaufsicht nicht unabhängig ist und immer wieder hohe brasilianische Politiker laut über die Vorteile einer eigenen Atombombe nachdenken.“
10 urgewald
Ein erster Etappensieg: Im November 2011 erklärt die Deutsche Bank offiziell ihren Rückzug aus der Finanzierung von Streumunition.
11Geschäftsbericht 2012
Waffen/ Streumunition / Deutsche Bank / Riester-Rente
Im Dezember 2010 sorgte eine von urgewald in Auftrag gegebene Recherche zu den
Investitionen der größten deutschen Banken in Streumunitionshersteller für große
Aufregung. Gemeinsam mit Walter Riester, dem „Vater der Riester-Rente“ thematisierte
urgewald in einer Pressekonferenz in Berlin die staatliche Unterstützung von
Altersvorsorge-Produkten, mit denen die Anbieter von Riester-Renten nachweislich in die
Hersteller von Streumunition investieren. Es gab hierzu eine große Presseresonanz, die
Verbraucherzeitschrift Finanztest veröffentlichte einen Artikel, der sich auch auf unsere
Recherche bezog.
Als einer der großen globalen Finanzierer von Waffenherstellern, und auch der Hersteller
der international geächteten Streumunition ist die Deutsche Bank ein Ziel dieser Kampagne.
Im Mai 2011, zur Hauptversammlung der Bank, konfrontierten wir Deutsche Bank-Chef
Ackermann mit der Kritik an der Finanzierung dieser todbringenden Waffenart. Während
Josef Ackermann in seiner Rede zu den Aktionären unter dem Motto „Erfolgreich in
unsicheren Zeiten“ die gute Geschäftslage der Bank hervorhebt, zeigen wir mit unserer
Teilnahme die andere Seite dieses Erfolges: außer Kontrolle geratene Atomreaktoren in
Fukushima und die mit Streumunition in Libyen bombardierte Stadt Misrata.
Mit unserem Gast Branislav Kapetanovic stand vor Josef Ackermann einer, der weiß wie fatal
und zerstörerisch Streumunition ist. Branislav ist selber in Serbien beim Minenräumen von
einer Streubombe fast getötet worden. Er wurde gerettet, verlor aber Arme und Beine und
kämpft seitdem für ein umfassendes Verbot dieser Waffen. Hier ein Auszug aus seiner Rede:
„Viele Jahre habe ich als ausgebildeter Minenräumer gearbeitet, bis ich bei der Räumung
von Streubomben des Typs BLU 97 schwer verletzt wurde. Es ist nicht ungewöhnlich,
dass erfahrene und gut ausgebildete Minenräumer bei ihrer Arbeit verletzt werden. Dies
zeigt umso deutlicher, wie gefährlich diese Waffen sind. Im letzten Jahr wurden mehr als
30 Experten bei ihrem Einsatz im Libanon getötet. Sie kamen aus aller Welt, um dabei
zu helfen, durch Streubomben kontaminierte Gebiete zu säubern. Welche Gefahr erst
für unschuldige Zivilisten und Kinder, die nicht wissen, was Streubomben sind, aber in
kontaminierten Gebieten leben? 95 Prozent der Opfer von Streubomben sind Zivilisten,
rund ein Drittel sind unschuldige Kinder. Die Hauptwirkung dieser Waffen ist die Tötung
und Verkrüppelung von Tausenden unschuldiger Menschen, manchmal lange nach dem das
eigentliche Kriegsgeschehen vorbei ist.“
Investmentverbot für StreumunitionAuf der politischen Ebene haben wir uns für ein gesetzliches Investitionsverbot für
Streumunitionshersteller eingesetzt. Bei einem parlamentarischen Frühstück im Bundestag
informierten wir Abgeordnete aus dem Ausschuss für Abrüstung und Rüstungskontrolle
über die Möglichkeiten für ein Verbot am Beispiel von Ländern wie Luxemburg oder
Belgien. Leider verweigert schwarz/gelb beharrlich ein Gesetz, das die Finanzierung in das
geltende Verbot einschließt.
Zu Besuch im Libanonurgewald Mitarbeiterin Barbara Happe nahm im September 2011 an der 2. Vertragsstaatenkonferenz zur Ächtung von Streumunition im Libanon teil. Ein ZDF-Team der Sendung Mona Lisa begleitete sie.
Auszug aus ihrem Reisetagebuch: „Was ich dort erlebt habe, lässt sich schlecht in Worte fassen. Zerstörung, innere Verwundung und Hass sind die Folgen des fatalen Einsatzes von Streumunition im Süd-Libanon. (...) oder Frauen zu treffen, die ihre sicheren Jobs aufgegeben haben, um als Minenräumerinnen ihre Heimat wieder sicherer zu machen. Dieser Besuch zeigte mir einmal mehr, dass unsere Arbeit, Streumunition umfassend zu verdammen, zu Recht einen hohen Stellenwert bei urgewald einnimmt. Einige BankenvertreterInnen, die ich im Vorfeld der Reise gesprochen hatte, hatten mir noch alles Gute gewünscht und dass ich heile zurück kommen möge. Vor Ort im Libanon dachte ich nur, dass eine solche Reise so manchem Banker und vor allem Bankenvorstand die Augen öffnen und Debatten über mögliche Renditeverluste schnell in den Hintergrund stellen würde.“Zur Fernsehdokumentation: http://www.youtube.com/urgewald
Barbara Happe
12 urgewald
2011 - Internationales Jahr der Wälder
Viel mehr als gute Absichten, brauchen wir radikal neue Ansätze, um Regenwälder
und ihre Bewohner zu schützen. Regenwälder werden unablässig weiter abgeholzt, ihre
Bewohner in bittere Armut getrieben und indigene Kulturen zum Aussterben verurteilt.
Nach dem neuesten Bericht der U.N. Food and Agriculture Organization (FAO) sind
Lateinamerika und Afrika besonders hart getroffen. Gleichzeitig hat das Thema Waldschutz
Hochkonjunktur auf der internationalen Tagesordnung. Die Vereinten Nationen haben 2011
zum Internationalen Jahr der Wälder erklärt. Aber viel wichtiger ist die Tatsache, dass dem
Schutz von Wäldern nun eine Schlüsselrolle in der internationalen Klimapolitik zugedacht
worden ist. Denn hier geht es potentiell um sehr große Investitionen.
Dabei geht es darum, die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren, die durch die
Zerstörung und Abholzung von Wäldern entstehen. Denn diese machen bis zu 20%
aller durch Menschen verursachten CO2 Emissionen aus. Bekannt ist dieses Vorhaben
unter der englischen Abkürzung REDD (Reduced Emissions from Deforestation and
Forest Degradation). REDD ist das einzige große Thema, zu dem es Fortschritte bei den
Klimaverhandlungen in Kopenhagen und Cancún gegeben hat.
Klimaschutz mit REDD – gute Idee oder Bedrohung für die Waldvölker?Die Regenwälder werden unablässig weiter abgeholzt. Da die Zerstörung viel Treibhausgas
freisetzt, sollen nun Milliarden fließen, um sie als CO2-Speicher zu erhalten. Doch was „gut
gemeint“ ist, bedroht die Existenz von indigenen Völkern, die im und vom Regenwald leben.
Eigentlich könnte es eine gute Nachricht sein. Der Schutz von Regenwäldern steht ganz
oben auf der internationalen Agenda, denn er spielt eine Schlüsselrolle in der Klimapolitik.
Die Entwaldung macht 18% der von Menschen verursachten Treibhausgase aus. REDD
ist das weltpolitische Thema, bei dem sich die Regierungen (!) von Industrie- und
Entwicklungsländern relativ einig sind. In Zukunft sollen jährlich über 20 Milliarden Euro
in waldreiche Länder fließen, um sie für den Erhalt der Regenwälder zu belohnen. Die einen
sehen in REDD einen vergleichsweise billigen Klimaschutz, die anderen eine ertragreiche
Einnahmequelle.
Korinna Horta
13Geschäftsbericht 2012
Korruption und fehlende LandrechteViele Regenwald-Staaten leiden an endemischer Korruption, ihre Forstverwaltungen
und Justizsysteme sind schwach und die Landrechte in Waldgebieten ungeklärt. Unter
solchen Bedingungen wird REDD zu einem Magneten für mächtige Interessen und
korrupte Cliquen. Wenn durch REDD-Projekte das traditionelle Waldgebiet der Außenwelt
mehr zugänglich gemacht wird, bedrohen illegaler Holzabschlag und illegale Jagd die
Lebensgrundlage der Indigenen. Noch dramatischer sind die Folgen, wenn im Regenwald
Landrechte und Konzessionen an Konzerne und Finanzinvestoren vergeben werden, um
an die Profite aus den REDD-Milliarden zu kommen. Den Ureinwohnern, die fast nie über
verbriefte Landrechte verfügen, droht dann die brutale Vertreibung. Die Indigenen, die über
Jahrtausende den Regenwald geschützt haben, würden ihrer Lebensgrundlage und Heimat
beraubt. Vor diesem Schicksal müssen wir sie wirksam schützen!
Die U.N. Erklärung zu den Rechten indigener Völker (2007) und das Menschenrechtskon-
zept der Bundesregierung (2011) enthalten explizit das Recht auf „freie, vorherige und
informierte Zustimmung“ indigener Völker in allen Fragen, die ihr Land betreffen.
Gefährliche Lücken bei REDDDies gilt jedoch nicht für das wichtigste multilaterale Instrument, die bei der Weltbank
angesiedelte Forest Carbon Partnership Facility, das die Rahmenbedingungen für zukünftige
REDD-Zahlungen schaffen soll. Deutschland ist der größte Geldgeber dieses Instruments,
an dem 36 Länder beteiligt sind. Ob in Berlin, Brüssel oder Washington – urgewald kämpft
dafür, dass die Rechte der Waldvölker bei REDD nicht mit Füßen getreten werden. Wir
arbeiten mit Netzwerken von Nicht-Regierungs-Organisationen auf allen Kontinenten
zusammen. Studie um Studie belegt, dass die Erhaltung von Regenwäldern dort am besten
gelingt, wo die Landrechte der Waldvölker anerkannt werden. Nur so können sie über
Nutzung und Schutz ihrer traditionellen Waldgebiete mit entscheiden. Ihr umfassendes
Wissen über die nachhaltige Bewirtschaftung fördert die Artenvielfalt und die Erhaltung des
Waldes und hilft das Klima zu stabilisieren.
Die Beteiligung der Waldvölker ist die effektivste Art den Regenwald zu schützen. Durch REDD sollen nun Milliarden von Euros fließen – bislang ganz überwiegend ohne eine solche aktive Beteiligung. So wird die internationale Finanzierung in Korruption und in Sackgassen enden.
Im Dschungelurgewald-Mitarbeiterin Korinna Horta ist dem Regenwald und seinen Bewohnern
inzwischen eng verbunden: „Ich bewundere die Indigenen für ihre tiefe Vertrautheit mit
dem Regenwald. Nach einer Stunde hätte ich mich total verlaufen, würde keinen Weg mehr
finden und wahrscheinlich an Hunger und Durst schnell zugrunde gehen... Ich weiß, ich
kann mich total auf sie verlassen. Sie können wochenlang im Wald unterwegs sein, ohne die
Orientierung zu verlieren. Durst? Kein Problem: Sie wissen, welche Lianen angezapft werden
können für frisches Wasser, wo Honig und anderes Essbares zu finden ist. Oder wie man
auch ganz leicht wieder aus dem Wald herauskommt.“
Für den gemeinsamen Weg durch den Bürokratie-Dschungel gilt dies Vertrauen auch, nur
mit umgekehrten Vorzeichen.
So baut urgewald Brücken zwischen der lokalen Ebene und globalen Entscheidungsträgern.
Mit Ihrer Hilfe verschaffen wir Indigenen Gehör bei obersten Entscheidungsträgern. Immer wieder gelingt es urgewald, „gut gemeinte“ Projekte zu verhindern oder Programme entscheidend zu verbessern. Der Weg ist mühsam, aber effektiv. Deshalb setzen viele Indigene ihre Hoffnung auf diese Zusammenarbeit und vertrauen uns.
„Dafür sitze ich heute auf einem Baumstamm in einem
Pygmäendorf im Regenwald und morgen in einem Konferenzsessel
in der Chefetage der Weltbank.“ Korinna Horta
14 urgewald
Papierwende
Die Papierwende NRW ist aus der Initiative 2000plus – Schulmaterialien aus
Recyclingpapier, die 1999 in NRW gegründet wurde, hervorgegangen. 12 Jahre lang hat
die Initiative 2000plus NRW die Umstellung auf Recyclingpapier und die bundesweite
Vernetzung von Papierakteuren vorangetrieben. Mittlerweile gibt es in 13 Bundesländern
landesweite Netzwerke mit über 70 Organisationen, die miteinander vernetzt diesen
Schwerpunkt bearbeiten.
Bisher stand die Umstellung von Primärfaserpapieren auf Recyclingpapier zur
Ressourcenschonung im Vordergrund der Netzwerkarbeit. Zukünftig soll die weitere Arbeit
die Verringerung des massenhaften Papierverbrauchs thematisieren und Einsparungen auf
verschiedenen Entscheidungs- und Handlungsebenen vorantreiben.
Im Rahmen des Projektes „Papierwende NRW – Wald- und Ressourcenschutz durch
Papiersparen“ hat urgewald in Funktion der Projektleitung eine Fachtagung mit
nachfolgendem 2-tägigen Strategieworkshop konzipiert und vorbereitet. Die Fachtagung
im Februar 2012 verfolgte das Ziel, strategisch bedeutsame Anknüpfungspunkte zur
Einsparung von Papier im Bereich Politik und Entscheider, Groß- und Endverbraucher,
Kommunen, Handel und Industrie zu identifizieren und das Know-how zu wirksamen
Papiersparmaßnahmen sowohl in technischer als auch kommunikativer Hinsicht zu
vertiefen.
Darüber hinaus wurde die Bündnisseite http://papierwende.de neu gestaltet und dem neuen
Schwerpunkt Wald- und Ressourcenschutz entsprechend inhaltlich überarbeitet.
Agnes Dieckmann
15Geschäftsbericht 2012
Alle gewinnen – Stromwechseln hilft
Bereits im Jahr 2009 hat urgewald eine Stromwechselaktion für Bioläden gestartet. Über
700 Geschäfte beteiligten sich und ermöglichten ihren Kunden den Wechsel zu Ökostrom,
der mit einem 20-Euro-Einkaufsgutschein belohnt wurde. Ende 2010 war diese Kampagne
beendet, sehr zum Bedauern vieler Bioläden und urgewald-Aktiven, die mit unseren
Materialien gerne für den Ökostromwechsel werben. Deshalb starteten wir 2011 eine neue
Kampagne, bei der für jeden Wechsel zu einem der vier anerkannten Ökostromanbieter
gleichzeitig eine gute Sache unterstützt wird.
„Alle gewinnen. Stromwechseln hilft.“ ist eine Verbraucherkampagne, durch die im letzten
Jahr 11.7000 € an unsere Partnerprojekte fließen konnten: In Ecuador bietet ein Indianerdorf
der Erdölindustrie die Stirn. Die Dorfbewohner pflanzen eine „Lebenslinie“ aus blühenden
Bäumen, um ihr Land zu markieren. Die Albert Schweizer Stiftung führt mit dem Geld aus
den Wechselprämien vegetarische Kochschulungen in Kitas und Schulen durch.
Heim-statt Tschernobyl ist die Partnerorganisation, für die die meisten WechslerInnen
gewonnen wurden. In Weißrussland entsteht auch mit Hilfe der Wechselprämien eine
Gesundheitsstation für Umsiedlungs-Familien aus den Tschernobyl-Gebieten. Dietrich von
Bodelschwingh ist begeistert, wie erfolgreich die Kampagne ist: „Wir setzen das Geld für eine
neue Ambulanz im Umsiedlungsdorf Stari-Lepel ein. Mit dem Bau wurde schon begonnen,
die Einweihung ist für 2012 vorgesehen.“
Alle unsere Partner finden Sie unter: http://www.stromwechseln-hilft.de/
Stromwechseln hilft!
„Alle gewinnen!“
„Mit dem Wechsel zu Ökostrom entscheide ich mich für saubere Energie und engagiere mich für eine Sache die mir am Herzen liegt.“
ANJA FRANKE, SCHAUSPIELERIN
Andrea Soth
Agnes Dieckmann
16 urgewald
Klimaschutz ist in aller Munde. Heute, wo die unbeherrschbare Risikotechnologie Atomkraft
und die CO2- intensiven Kohlekraftwerke Auslaufmodelle werden, liegt die Zukunft in
Erneuerbaren Energien. Auch die Biokraftstoffe sollen einen Teil zur klimafreundlichen
Energieversorgung beitragen. Doch welche Folgen hat der Anbau von Biokraftstoffen und
welche Nachhaltigkeitskriterien müssen angelegt werden, um tatsächlich eine positive
Energiewende zu erreichen?
Biokraftstoffe wurden lange als umweltfreundliche Alternative gegen Klimawandel,
Rohstoffknappheit und die Abhängigkeit vom Öl gepriesen. Heute stellen sie sich als
eine der Haupttriebkräfte für Landnahme, den Anstieg von Nahrungsmittelpreisen und
Naturzerstörung heraus. Auch ihr tatsächlicher Beitrag zum Klimaschutz ist in vielen Fällen
sehr fraglich. Die Anbaumethode als großflächige Monokulturen verwandelt Lebensräume
in Grüne Wüsten. Die einhergehende Zerstörung von wichtigen Kohlenstoffspeichern wie
Wälder, Savannen oder Moore führt den Anbau von Energiepflanzen ad absurdum. Folge
des Biokraftstoffbooms ist die fortschreitende Ausbeutung von Land in ärmeren Nationen
durch reiche Industrieländer. Trotz lauter werdenden Warnungen treiben Regierungen und
Lobbyisten den Welthandel mit Bioenergien immer weiter voran.
Unsere Recherche beschreibt die Rolle der Politik, der Firmen und der Investoren, prägnante
Fallbeispiele zeigen die zerstörerischen Folgen. Nachzulesen in der Broschüre: „Banken und
Biokraftstoffe - Der Biokraftstoffboom und seine Folgen“
Lydia Kroll
„Banken und Biokraftstoffe - Der Biokraftstoffboom und seine Folgen“
17Geschäftsbericht 2012
„Wir müssen reden.“ Banken-Dialog „Kohle“
Mit dem seit mehreren Jahren erfolgreich durchgeführten Banken-Dialog-Programm trägt
urgewald dazu bei, das Thema Nachhaltigkeit durch einen kontinuierlichen Dialog stärker
in den Banken zu verankern. Das Programm hilft, die Entwicklung und Umsetzung von
Nachhaltigkeitspolicies und -kriterien für das Kreditgeschäft zu befördern und kritisch
von außen zu begleiten. Gleichzeitig informieren wir die Öffentlichkeit darüber, wie
deutsche Banken mit dem anvertrautem Geld ihrer Kunden umgehen – sprich: mit welchen
Geschäften sie ihr Geld verdienen.
Im Vorfeld des UN-Klimagipfels in Durban hat urgewald im Juli 2011 ein
Bankendialoggespräch zum Thema Kohle durchgeführt. Dabei ging es darum, Investitionen
deutscher Finanzinstitute in Kohlekraftwerke und Kohlebergbau als „Klimakiller“ kritisch zu
beleuchten und fortschrittliche Richtlinien in diesem Bereich vorzustellen.
Um international vergleichbare Ergebnisse zu haben, beschränkten wir den Fokus nicht
nur auf deutsche Finanzhäuser, sondern untersuchten im Vorfeld in einer Recherche 93
international führende Banken. Urgewald hat daraus gemeinsam mit Partnerorganisationen
aus anderen Ländern eine Studie angefertigt. Diese analysiert die Finanzierung der
weltweit 31 größten Unternehmen, die Kohlebergbau betreiben sowie die Finanzierung
der weltweit 40 größten Betreiber von Kohlekraftwerken. Dabei stellte sich heraus, dass
gerade beim Thema Kohle die Milliardeninvestitionen führender deutscher Banken
in klarem Widerspruch zu ihren öffentlichen Bekenntnissen zum Klimaschutz stehen.
Erschreckenderweise zeigte unsere Untersuchung auf, dass sich die Kohlefinanzierung seit
Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls fast verdoppelt hat, obwohl die katastrophalen Folgen des
Klimawandels immer offensichtlicher werden.
Für die Zukunft hoffen wir, weitere Fürsprecher innerhalb der Banken für die Notwendigkeit
verbindlicher Regeln für den Kohlesektor zu gewinnen. Vielen Banken erkannten erst im
Dialoggespräch, dass auch Finanzierungen im Kohlebereich ein Reputationsrisiko darstellen
(können) und sie deshalb, ihre Portfolien in diesem Bereich einer kritischeren Analyse
unterziehen müssen.
Die Ergebnisse der Studie stellten wir auch bei der Businessakademie der HypoVereinsbank
im Oktober 2011 vor, auf der VfU Jahrestagung (Verein für Umweltmanagement bei Banken,
Versicherungen und Sparkassen) im November 2011 sowie auf der UN-Klimakonferenz in
Durban in einem side event und einer Pressekonferenz.
Heffa Schücking
Barbara Happe
Lydia Kroll
Regine Richter
18 urgewald
Unsere Arbeit zur Weltbank war geprägt durch viele Termine außerhalb von Sassenberg.
Auch in diesem Jahr nahm urgewald an den Frühjahrs- und Jahrestagungen der Weltbank
teil, Korinna Horta und Knud Vöcking reisten im April und Oktober nach Washington. Die
wichtigen Themen 2011 waren neben REDD die neue Energiestrategie der Weltbank und die
Überarbeitung der Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank.
urgewald hat in den Fachgesprächen zur Energiestrategie in Bonn, Berlin, Brüssel und
Washington versucht die Weltbank davon abzubringen weiterhin große Kohlekraftwerke
zu finanzieren. Ende 2010 hatte der südafrikanische Energiekonzern ESKOM über 3 Mrd.
Dollar für ein Kohlekraftwerk zu bekommen, das nicht einmal eine Schwefelabscheidung
hat. Wir fordern, dass die Weltbank in Zukunft auf Erneuerbare Energien setzt.
Das Thema Energie ist für uns aber auch im weiteren Zusammenhang wichtig. Gemeinsam
mit mehreren anderen NROs aus der EU haben wir ein Projekt gestartet, das sich kritisch
mit der Frage auseinandersetzt, was eigentlich die Menschen in den Entwicklungsländern
davon haben, wenn Kohle, Erdöl, Erdgas aus ihren Ländern nach Europa, USA, China oder
Indien exportiert wird. Dies war auch Thema auf dem Evangelischen Kirchentag in Dresden.
Dort hatten wir gemeinsam mit anderen Gruppen einen großen, gut besuchten Infostand
zum Thema Rohstoffe. Korinna Horta und Barbara Happe waren auch Rednerinnen auf
Kirchentagspodien.
Zu unserer Überraschung kam das BMZ (Entwicklungsministerium) Anfang des Jahres
mit der Idee, sich für die Entwicklungszusammenarbeit einen Standard, eine Richtlinie zu
geben. Damit ist Deutschland Vorreiter in den Industrieländern. Wir haben uns an den
Fachgesprächen mit dem Ministerium intensiv beteiligt und konnten einige Punkte in der
Richtlinie verankern. So ist das Papier auch für die deutschen Vertreter in der Weltbank und
anderen multilateralen Organisationen Richtschnur des Handelns. Und Deutschland will
eine eigene Beschwerdestelle einrichten. An diese können sich alle wenden, die ihre Rechte
durch das Handeln deutscher staatlicher Entwicklungsorganisationen verletzt sehen.
Dieser Menschenrechtsstandard ist für uns ein wichtiges Instrument, wenn nach ausgiebigen
Vordiskussionen 2012 die Überarbeitung der Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank
beginnen. Diese so genannten ‚Safeguards’ sind in allen unseren Arbeitsbereichen der
Bezugsrahmen, wenn es um die Einhaltung von Standards geht. 2011 hat urgewald bei den
Weltbanktagungen einige Diskussions- und Informationsveranstaltungen organisiert, die
sich mit Fallbeispielen der mangelhaften Anwendung der ‚Safeguards’ befassten.
Insgesamt ist die Arbeit zur Weltbank geprägt durch viele Gesprächstermine mit
Entscheidungsträgern, Fach- und Strategiekonferenzen. urgewald ist hier ein
Korinna Horta
Knud Vöcking
Regine Richter
Weltbank / EIB
Energie, Rohstoffe und Menschenrechte
19Geschäftsbericht 2012
wichtiger Partner für Gruppen aus anderen Industrieländern, aber vor allem auch aus
Entwicklungsländern.
Mongolei: urgewald Mitarbeiterin Regine Richter besucht im Juni 2011 die Mongolei.
Dort wollen Weltbank und Osteuropabank helfen, die Kupfer/Gold Mine Oyu Tolgoi
und die Kohlevorkommen Tavan Tolgoi zu erschließen. Beide Projekte sind in der Wüste
Gobi angesiedelt, einem äußerst fragilen, wasserarmen Ökosystem. urgewald besuchte mit
den Partnern vom osteuropäischen CEE Bankwatch Network und der lokalen NGO OT-
Watch die Wüste Gobi und diskutierte mit Nomaden, der lokalen Verwaltung und den
Unternehmen. urgewald verfolgt kritisch sowohl die Kreditvergabe der Entwicklungsbanken
als auch die deutsch-mongolische Rohstoffpartnerschaft.
Auszug urgewald Pressemitteilung vom 10. Oktober 2011:
OT Watch organisierte im Juni 2011 einen Besuch des osteuropäischen Umweltnetzwerks
CEE Bankwatch Network und der deutschen Umweltorganisation urgewald in der
Kohleabbauregion in der Wüste Gobi. Sie besuchten die Bergbausiedlung Tsogttsetsii,
die in wenigen Jahren ihre Einwohnerzahl verdoppelte, was die Kapazitäten von Schule
und Krankenhaus sprengt. Gleichzeitig erhält die Gemeinde nicht genug aus den
Bergbauabgaben, um ihre Infrastruktur anzupassen, weil fast die gesamten Einnahmen in
die Hauptstadt fließen. „Es wird immer wieder behauptet, beim aktuellen mongolischen
Rohstoffboom sollten die Einkünfte gerecht verteilt werden. Die bisherige Realität deutet
jedoch darauf hin, dass wieder nur die Eliten profitieren werden und die Abbaugebiete
nichts bekommen außer den vielfältigen Problemen“, mutmaßt Regine Richter von
urgewald. So verbraucht der Teil von Tavan Tolgoi, der bereits entwickelt wird, schon 25
Prozent eines fossilen Wasserspeichers, obwohl dabei nur vier Prozent der Kohlevorkommen
von Tavan Tolgoi erschlossen werden. Und Gespräche mit der lokalen Verwaltung zeigten,
dass diese keinerlei Vorstellung von den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen des
Kohleabbaus hat.
urgewald macht sich deswegen keine Illusionen über die geplante Rohstoffpartnerschaft
zwischen Deutschland und der Mongolei. „Bei der Rohstoffpartnerschaft geht es um
knallharte deutsche Wirtschaftsinteressen: Zugang zu Rohstoffen, für Deutschland offene
Märkte und politische Unterstützung für die deutschen Unternehmen. Die Rhetorik von
der ‚Win-win Situation für alle’ ist im wesentlichen schmückendes Beiwerk und nicht mehr.
Kollegen von mongolischen Umweltorganisationen berichten, dass die deutsche Botschaft
für sie extrem schwer zugänglich ist, während der deutsche Botschafter in mongolischen
Medien massiv für das deutsche Kohle-Konsortium geworben hat. Da sehe ich nur einen
Gewinner: die deutsche Industrie und nicht mongolische Umweltinteressen“, urteilt Richter.
Bericht „Spirited away“ http://bankwatch.org/sites/default/files/spirited-away-mongolia-
mining.pdf
Europäische Investitionsbank und die sambische Kupfermine MopaniNicht nur die Bundesregierung will ihrer Industrie Rohstoffe in aller Welt sichern, auch
die EU arbeitet an einer Rohstoffinitiative, bei der die Europäische Investitionsbank (EIB)
eingeplant ist. Sie soll helfen, Rohstoffe weltweit zu erschließen. Was dies jedoch vor
Ort bedeuten kann hat urgewald als Mitglied des Netzwerkes Counter Balance gezeigt:
die EIB hat Darlehn für das Mopani Copper Mine Konsortium in Sambia vergeben.
Dessen Hauptakteur ist die schweizerische Firma Glencore. Nach Besuchen in Sambia
veröffentlichte Counter Balance den Bericht “The Mopani copper mine, Zambia – How
European development money has fed a mining scandal”. Dieser zeigt die schwerwiegende
Luftverschmutzung durch die Kupfermine sowie das Problem, dass die Mine sich arm
rechnet und so praktisch keine Steuern in Sambia zahlt. Im Februar 2011 kam eine
Rechnungsprüfung an die Presse, die nachzeichnet, wie der Betreiber der Mopani
Kupferhütte voraussichtlich „Steuern optimierte“. In der Folge sprachen sich über 50
Europaparlamentarier dafür aus, Rohstoffabbau erst dann wieder mit öffentlichen Geldern
zu unterstützen, wenn bessere Standards solche Skandale verhindern. Die EIB, die Counter
Balance Vorwürfe immer von sich gewiesen hatte, sah sich durch den öffentlichen Druck
gezwungen, eine interne Untersuchung zu starten und Glencore zum unerwünschten
Kunden zu erklären. Zudem kündigte die neue sambische Regierung an, die Abkommen mit
Bergbauunternehmen zu überprüfen, um sicher zu stellen, dass diese korrekt Steuern zahlen.
20 urgewald
Klimakonferenz in DurbanRecherche und Kampagnenstart: Bankrolling Climate Change
Für Aufsehen in Durban und in der internationalen Presse hat die Studie „Bankrolling
Climate Change“ gesorgt, die urgewald durch Hauptautorin Heffa Schücking auf einem
der vielen „Side-Events“ vor rund 150 internationalen Journalisten, Delegierten und NGO-
Vertreter/innen präsentierte. Die Studie liefert wichtige Basisdaten für internationale
NGO-Kampagnen, denn der Klimawandel wird ganz gewaltig auch von der Finanzindustrie
vorangetrieben. Erstmals liegt eine umfassende Untersuchung darüber vor, wie international
führende Finanzinstitute durch Finanzierung der Kohleindustrie zum Klimaproblem
beitragen. „Nun können sich die Banken nicht mehr hinter schönen Klimaworten
verstecken, denn unsere Studie identifiziert die wichtigsten Klimakiller unter ihnen und
ihre Kohle-Portfolios sind nun erstmals mit einander vergleichbar“, so Schücking. Die
Kohlefinanzierung wurde untersucht, weil Kohlekraftwerke die größte Quelle für CO2-
Emissionen sind. Erschreckenderweise hat sich die Kohlefinanzierung von Banken seit
Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls fast verdoppelt, obwohl die katastrophalen Folgen des
Klimawandels immer offensichtlicher werden.
Die nächsten 10 bis 15 Jahre sind entscheidend, ob es gelingt die Folgen des Klimawandels zu
begrenzen. Zweifel an ernsthaften und durchgreifenden Maßnahmen durch die Politik sind
angebracht. In der Praxis entscheiden jedoch wieder einmal die Banken: sie sind diejenigen,
die das notwendige Kapital zur Verfügung stellen - finanzieren sie den Klimawandel weiter
wie bisher oder sind sie aufzuhalten? Wir werden zukünftig die Klimakiller und ihre
Geldgeber weiter unter Druck setzen. Mit Protest- und Verbraucherkampagnen wollen wir
eine größere Sensibilität für die Klimaauswirkungen von Banken und Finanzprodukten
erreichen.
Lydia Kroll
Heffa Schücking
Regine Richter
21Geschäftsbericht 2012
Fazit
Dieser Bericht kann nicht sämtliche Aktivitäten darstellen, nicht alle Aktionen, an denen
wir mitgewirkt haben oder die wir initiiert haben. Wir hoffen, dass die ausgewählten
Schwerpunkte und Kampagnen aber einen groben Überblick über unsere Themen geben.
Weitere Informationen finden Sie auf den Kampagnenseiten unserer Homepage
http://urgewald.org/, auf den Kampagnenseiten http://www.stromwechseln-hilft.de/,
auf http://papierwende.de/ und auf den Kampagnenseiten verschiedener Bündnisse.
Viel wichtiger als die Aufzählung „was haben wir gemacht?“ ist die Antwort auf die Frage:
• Aufgrund unserer Kampagne gibt die Deutsche Bank den offiziellen Ausstieg der aus der Finanzierung von Streumunition bekannt – weitere Finanzinstitute folgen.
• RWE erklärt im Januar, dass sie als Investor des rumänischen AKW Cernavoda aussteigen. Ein Sargnagel in der Realisierung des Projektes.
• Wir halten die Vergabe der Hermesbürgschaft für Angra 3 in Höhe von 1,3 Mrd. Euro an Areva/Siemens auf und mobilisieren Tausende von BürgerInnen zu Protesten, wir interessieren die Medien für das Thema.
• 2011 ist ein Protestjahr: Hunderttausende gehen auf die Straße, weil sie die Atomgefahren nicht mehr mittragen wollen. Unsere „neuen“ Themen „Atombank“ und Atombürgschaften“ mobilisieren zusätzlich und geben der Anti-Atombewegung neue, starke Argumente.
• Die Steuertricksereien von Bergbauunternehmen kommen am Beispiel der Mopani Mine in Sambia ans Licht und zwingen die EIB dieses Geschäft genauer zu prüfen, ermuntern Europaparlamentarier, sich für bessere Standards bei Bergbauprojekten einzusetzen und erlauben es der sambischen Regierung, ihre Bergbauverträge mit großen Firmen neu zu diskutieren.
• Ende 2011 gelingt es uns, die Klimarelevanz von Banken plakativ und mit internationalem Aufsehen zu thematisieren: auf der Klimakonferenz in Durban zeigt die Studie eindrücklich, dass nicht nur die Politik, sondern auch die Finanzwirtschaft einen enormen Einfluss auf unsere Zukunft hat...
• Ein maßgeblicher Erfolg unserer Weltbankkampagne war, dass die überarbeiteten Performance Standards der International Finance Corporation, der Tochtergesellschaft der Weltbank, die für Kredite an den Privatsektor zuständig ist, das Prinzip der „freien, vorherigen und informierten Zustimmung“ für indigene Völker in ihre Politikrichtlinien aufgenommen hat, die im Januar 2012 in Kraft treten, Das ist besonders bedeutsam, weil diese Richtlinien auch Privatbanken (Äquator Banken) als Maßstab dienen.
„WAS HABEN WIR ERREICHT?“ Folgende augenscheinliche Erfolge können wir in 2011 verbuchen:
22 urgewald
BündnisseIn den folgenden Bündnissen war urgewald 2011 innerhalb von
Kooperationskampagnen aktiv:
Atomausstieg selber machendas Bündnis aus 23 deutschen Umwelt- und Verbraucherverbänden wirbt für den Wechsel
zu einem der folgenden vier Ökostromanbieter: Greenpeace Energy, Elektrizitätswerke
Schönau (EWS), Naturstrom, Lichtblick
Bank Track
Counter Balance
ist eine europäische Koalition von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, die zur EIB
arbeiten. Mitglieder sind CEE Bankwatch Network (Zentral- und Osteuropa), Les Amis
de la Terre (Frankreich), urgewald (Deutschland), Campagna per la Riforma della Banca
Mondiale (Italien), BothEnds (Niederlande), Bretton Woods Project (Großbritannien).
ECA-Watchist ein Bündnis internationaler Nichtregierungsorganisationen, die zu
Exportkreditagenturen (in Deutschland Hermesbürgschaften) arbeiten. ECA-Watch ist auf
EU und OECD-Ebene aktiv. Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and
Development) verabschiedet Umweltleitlinien für Exportkreditagenturen.
Facing Finance klima allianz deutschland
ein Bündnis aus über 110 Organisationen, die sich gemeinsam dafür einsetzen, dass
politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine drastische Senkung der
Treibhausgase in Deutschland bewirken.
Papierwendeist ein Bündnis, das sich auf politischer Ebene, bei Entscheidern und (Groß-)Verbrauchern
für Ressourcenschonung beim Papierverbrauch einsetzt – durch den Einsatz von
Recyclingpapier und vor allem durch eine Verbrauchsreduzierung. urgewald hat das
Bündnis (als Initiative2000plus) 1999 mit gegründet.
MitgliedschaftenDachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Eine Welt Netz NRW
FSC Deutschland
Zusammenarbeit mit anderen Organisationen:Greenpeace, Robin Wood, ARA, VerbraucherZentrale NRW, Campact, .ausgestrahlt,
SoFa Münster, CRBM (Campagna per la Riforma della Banca Mondiale)-Italien, Fern-
Belgien, The Cornerhouse-Großbritannien, Les Amis de la Terre-Frankreich, Both Ends-
Niederlande, Pacific Environment-USA, Friends of the Earth Japan, Central and Eastern
Europe Bankwatch Network, Bank Information Center- USA, International Rivers, USA,
Greenpeace- USA, Forest Peoples Programme - England, Misereor, Brot für die Welt,
Arbeitsgruppe Tschad. Centrum CSR – Polen, Ecodefense (Russland)
23Geschäftsbericht 2012
Kommunikation und Verbreitung
Wir informierten Interessenten mittels unserer Internetseite, die wir 2011 völlig neu
überarbeitet haben über unseren E-Mail-Newsletter mit ca. 5.000 Abonnenten und über
die Versendung von 4 Kampagnenmailings an jeweils zwischen 8 – 12.000 Empfänger. An
unseren Online-Protestaktionen beteiligt sich eine stetig wachsende Zahl von engagierten
Menschen und im Laufe eines Jahres versenden wir Tausende von Informations- und
Kampagnenmaterialien, die vorwiegend über unseren Shop oder telefonisch bestellt werden.
Unsere Materialien werden auch durch viele unterstützende MultiplikatorInnen:
Einzelpersonen, Bioläden, Heilpraktiker und Ärzte, Kirchen- und Gemeindezentren,
Online-Shops verteilt.
Auf unserer Facebookseite posten wir tagesaktuelle Meldungen und verweisen auf
interessante Veranstaltungen, andere Kampagnen, Zeitungsartikel und vieles mehr. Die Zahl
unserer „Freunde“ steigt bis Ende des Jahres auf über 800 Personen an und unsere Inhalte
werden von anderen mitverbreitet.
Wir beantworten per Brief oder Mail im Jahr hunderte von Anfragen und beraten und
informieren täglich Menschen, die sich telefonisch mit Fragen und Hinweisen an uns
wenden.
Wir werden als Redner oder Referentinnen angefragt und sind mit Infoständen oder in
Workshops an unterschiedlichsten Veranstaltungen beteiligt.
Durch intensive Pressearbeit, Interviews und Gespräche mit Journalisten berichten
bundesweite Medien wie die Süddeutsche Zeitung, Handelsblatt, Financial Times, taz,
Focus oder Spiegel über „unsere“ Themen. Fachmedien, wie die vom Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit unterstützte Fachzeitschrift „Entwicklung und
Zusammenarbeit“ greift auf urgewald’s detaillierte Kenntnisse zurück, wenn es um
Umwelt- und Sozialstandards bei der Weltbank angeht. Manchmal gelingt es, in
Fernsehbeiträgen zu Wort zu kommen und Journalisten mit Hintergrundinformationen
für ein Thema zu sensibilisieren. In 2011 z.B. „ZDF Reporter“ zum Thema
Hermesbürgschaften für Atomprojekte sowie mehrere Beiträge zum Thema Finanzierung
von Streubombenherstellern. So begleitete das Team von Mona Lisa urgewald-Mitarbeiterin
Barbara Happe zur Vertragsstaatenkonferenz zum Thema Streubomben in den Libanon
Internationale Treffen dienen dem Austausch mit unseren internationalen Kollegen, der
Entwicklung von gemeinsamen Strategien und den Gesprächen mit Entscheidungsträgern,
die nicht in Berlin und im Bundestag sitzen, sondern im Europäischen Parlament, bei der
EU Kommission oder bei internationalen Banken.
Öffentliche Diskussionsveranstaltungen im In- und Ausland helfen uns, unsere Ideen und
Themen unter die Leute zu bringen.
Simone Lennerz
Andrea Soth
24 urgewald
361.871,-
226.997,-
3.597,-
47.674,-
640.139,-
318.697,-
257.749-
66.375,-
23.801,-
6.508,-
673.130,-
Zuschüsse/ Stiftungen1
Spenden u. Förderbeiträge
Zins- u. Kurserträge
Zweckbetrieb/Verkäufe2
Gesamt
Personalkosten
Kampagnen
Reisekosten
Miete u. Nebenkosten
Abschreibungen
Gesamt
Einnahmen 2011
2011
2010
2010
2009
2009Ausgaben
347.732,-
139.922,-
999,-
37.438,-
526.091,-
230.631,-
241.966,-
22.702,-
18.326,00
6.715,-
520.340,-
455.134,-
154.101,-
410 ,-
88.059,-
697.705,-
282.540,-
172.595,-
38.055,-
19.423 ,-
512.613,-
Finanzbericht 2011
Einnahmen:Zuwendungen von Stiftungen und öffentlichen Förderinstitutionen(1), Spenden und Förder-beiträge machen den größten Anteil der Einnahmen bei urgewald aus. Die erfolgreich gegen RWE gewonnene Kampagne hatte 2009 einen enormen Spendenzuwachs zur Folge, (von knapp 100.000 Euro im Vorjahr auf 154.000 Euro 2009) der im Jahr darauf zunächst nicht erreicht werden konnte. Im Laufe des Jahres 2011 entwickelte sich das Wachstum der Spen-den und Förderbeiträge jedoch wieder über die Erwartungen hinaus und machte mit fast 227.000 Euro erstmals ein gutes Drittel unserer Einnahmen aus. Der Verkauf von Materiali-en und Einnahmen von Veranstaltungs- und Tagungsbeiträgen sind eine weitere Einnahme-quelle, in diesen Bereich fallen auch die Provisionen unserer Stromwechsel-Kampagnen und gelegentliche Sponsoring-Einnahmen. (Zweckbetrieb2)
In den letzten Jahren konnten wir unsere Einnahmen kontinuierlich steigern und damit mehr Personal und Kampagnenarbeit finanzieren. Die stetig steigenden Spenden-Einnah-men und die kalkulierbaren Zusagen unserer Fördermitglieder fangen die tendenziell etwas zurückgehenden Einnahmen bei den Förderinstitutionen auf. (Dies ist den Zahlen nicht unmittelbar anzusehen, da z.B. in 2009 Fördermittel eingingen, die erst im Jahr 2010 veraus-gabt wurden)
25Geschäftsbericht 2012
2009
2009Der Verein verfügt zu Ende 2011 über ca. 80.000 Euro, die als Rücklage für „Notsituationen“ gedacht sind. Diese Summe wurde über den Zeitraum von fast 10 Jahren angespart und aus den jeweiligen Haushaltsjahren entnommen. Laufende Zahlungen, wie Personal oder Miete können hiermit im Notfall aufgefangen werden.
Ausgaben: Die steigenden Einnahmen wurden in Kampagnen und zusätzliches Personal investiert. Im Jahresabschluss ausgewiesene Mehrausgaben waren jeweils gedeckt durch bereits im Vorjahr vereinnahmte Förderzuschüsse. Seit 2009 werden alle Geschäftsvorfälle bei urgewald von einem Steuerbüro gebucht, das auch die Jahresabschlüsse erstellt.
Dank und Ausblick:Ein großer Dank gilt den Stiftungen und Förderinstitutionen, die uns seit vielen Jahren fördern und mit deren Unterstützung wir langfristige Projekte und Kampagnen durchfüh-ren können. Ein besonderer Dank gilt dabei ihren MitarbeiterInnen, die als unsere ersten Ansprechpartner oft einen großen Anteil daran haben, dass ein Förderantrag bewilligt wird und wir einen wichtigen Arbeitsbereich, eine große Kampagne, ein neues Thema anschieben können.
Die stetig steigenden Einnahmen aus Spenden und Förderbeiträgen ermöglichen uns un-abhängig, schnell und schlagkräftig zu arbeiten. Wir können uns – trotz insgesamt stagnie-render Spendenquoten – über einen Zuwachs an interessierten und aktiven Spenderinnen und Spendern freuen. Besonders die verlässlichen Zusagen unserer Fördermitglieder sind mittlerweile ein festes Standbein in unserer Finanzplanung. Ihnen allen ein ganz herzliches Dankeschön! Darüber hinaus engagieren sich unsere Spender und Fördermitglieder häufig aktiv in den Kampagnen – protestieren, schreiben Briefe, verteilen Materialien und vieles mehr. Auch hierfür möchten wir uns bedanken. In den nächsten Jahren wollen wir den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen – Stiftungen werden auch weiterhin eine tragende Rolle in unserer Finanzierung spielen. Neue Stif-tungskonzepte, wie z.B. die Bewegungsstiftung oder die European Climate Foundation sind wichtige Partner, um politische Kampagnenarbeit zu finanzieren.
Schlagkraft, Schnelligkeit und die Unabhängigkeit von definierten Projekten und Kampag-nen erhalten wir durch einen elementaren Anteil an Spenden- und Förderbeiträgen. Dieser betrug 2011 erstmals ca. 1/3 und soll weiter wachsen.
Impressum:Autorin: Andrea SothHerausgeber: urgewald e.V.Von-Galen-Str. 448336 [email protected] November 2012
26 urgewald
urgewald