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Broadacre City 2.0 Resümee des Abstimmungstreffens am 11.1.2018 in Feldkirchen/Graz 11:45 bis 12:30 Rundfahrt im Gebiet 13:45 bis 16:30 Besprechung im Gemeindeamt Feldkirchen Zu Beginn werden die Zielsetzungen anhand des Textes „Broadacre City 2.0 – die post-fossile Transformation als räumliche Aufgabe“ und mit Bezug auf die Richtlinien für die postfossile Stadt von Mike Davis reflektiert (s. Beilage). Nach der Diskussion der aktuellen Situation im Gebiet, dessen Funktion und Einbindung in den Großraum Graz, verständigen sich die TeilnehmerInnen darauf, dass es bei dem Ausstellungsprojekt nicht um eine Lösung für das konkrete Gebiet, sondern um die Erarbeitung typischer Lösungen geht, etwa neue Freiraumkategorien, Nutzungsmuster, Erschließungssysteme. (Wie das auch bei Wright der Fall war.) Diese exemplarischen Lösungen sollen dazu beitragen, die post-fossile Stadt auch anderswo vorstellbar zu machen. In Folge dieser Überlegungen wird das Ausmaß des Modellgebiets auf die Originalabmessungen des Modells von Frank Lloyd Wright festgelegt: 3.658m x 3.658m. Maßstab 1:1000. Das Bestandsmodell wird aus bedruckten Kartonplatten bestehen. Es werden wichtige Geländecharakteristika und das Luftbild dargestellt, aber keine Gebäudevolumina. Die Einsatzmodelle sollen hingegen möglichst detailliert sein. Das Material ist noch offen. Es soll aber auch eine Form gefunden werden soll, den Kontext in den Entwurf mit einzubeziehen. Themen und Fragen dafür sind zum Beispiel: Von welcher gesellschaftlichen Entwicklung gehen wir aus? Was wird aus dem motorisierten Individualverkehr? Wie sieht das übergeordnete Freiraumsystem aus? Themen für die einzelnen Planungsteams: Landschaftsarchitektur: Eine großmaßstäbliche Kontextplanung wäre für den landschaftlichen Entwurf nicht nur nötig, sondern auch wünschenswert, um den Rahmen zu stärken (Darstellung als Plan oder Projektion?). Ein detaillierter Entwurf ist natürlich ebenso möglich – auch die Verbindung beider Ebenen. Möglicher Ausarbeitungsbereich: Flächen der Schotterindustrie zwischen A9 und A2. Die Bearbeitung wird Aron Seereiter übernehmen. Betreuung: Prof. Lilli Lička, Boku Wien, Landschaftsarchitektur Architektur: Es werden folgende Themen besprochen: Nachverdichtung eines Einfamilienhausgebietes, Transformation der Shopping City Seiersberg, Ausschnitt einer Bandstadt entlang der Triester Straße. Bearbeitung durch Julia Sochacky und Alexandra Traussnigg, Betreuung: Prof. Aglae Degros, TU Graz, Städtebau. Die BearbeiterInnen sollten bis Februar ihren Ausschnitt für das Planungsgebiet und den Umriss für das Einsatzmodell definieren. Die Kosten für den Modellbau können aus den Ausstellungsmitteln gedeckt werden. Es wird vereinbart, dass seitens fiedler.tornquist Luftbild, Katasterdaten und Gelände (5m Schichten) bereitgestellt werden. Alle weiteren Bestandsinformationen müssen von den BearbeiterInnen erhoben werden. Vielleicht ist es möglich, weitere Mitwirkende zu motivieren, um eine größere thematische Breite abzudecken. Dazu abschließend der Verweis auf die aktuelle Themenliste (Beilage). erstellt: fiedler.tornquist, 12.1.2018 TeilnehmerInnen, Mail: Lilli Lička, [email protected] Aron Seereiter, [email protected] Julia Sochacky, [email protected] Alexandra Traussnigg, [email protected] Johann Zancanella, [email protected] Johannes Fiedler, [email protected] Leon Scheufler, [email protected]

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Page 1: Broadacre City 2 - arch-urb.at · Abstimmungstreffen 11.1.2018, Feldkirchen/Graz Broadacre City 2.0 – die post-fossile Transformation als räumliche Aufgabe Das Projekt orientiert

Broadacre City 2.0

Resümee des Abstimmungstreffens am 11.1.2018 in Feldkirchen/Graz

11:45 bis 12:30 Rundfahrt im Gebiet 13:45 bis 16:30 Besprechung im Gemeindeamt Feldkirchen

Zu Beginn werden die Zielsetzungen anhand des Textes „Broadacre City 2.0 – die post-fossile Transformation als räumliche Aufgabe“ und mit Bezug auf die Richtlinien für die postfossile Stadt von Mike Davis reflektiert (s. Beilage).

Nach der Diskussion der aktuellen Situation im Gebiet, dessen Funktion und Einbindung in den Großraum Graz, verständigen sich die TeilnehmerInnen darauf, dass es bei dem Ausstellungsprojekt nicht um eine Lösung für das konkrete Gebiet, sondern um die Erarbeitung typischer Lösungen geht, etwa neue Freiraumkategorien, Nutzungsmuster, Erschließungssysteme. (Wie das auch bei Wright der Fall war.) Diese exemplarischen Lösungen sollen dazu beitragen, die post-fossile Stadt auch anderswo vorstellbar zu machen.

In Folge dieser Überlegungen wird das Ausmaß des Modellgebiets auf die Originalabmessungen des Modells von Frank Lloyd Wright festgelegt: 3.658m x 3.658m. Maßstab 1:1000. Das Bestandsmodell wird aus bedruckten Kartonplatten bestehen. Es werden wichtige Geländecharakteristika und das Luftbild dargestellt, aber keine Gebäudevolumina. Die Einsatzmodelle sollen hingegen möglichst detailliert sein. Das Material ist noch offen.

Es soll aber auch eine Form gefunden werden soll, den Kontext in den Entwurf mit einzubeziehen. Themen und Fragen dafür sind zum Beispiel: Von welcher gesellschaftlichen Entwicklung gehen wir aus? Was wird aus dem motorisierten Individualverkehr? Wie sieht das übergeordnete Freiraumsystem aus?

Themen für die einzelnen Planungsteams:

Landschaftsarchitektur: Eine großmaßstäbliche Kontextplanung wäre für den landschaftlichen Entwurf nicht nur nötig, sondern auch wünschenswert, um den Rahmen zu stärken (Darstellung als Plan oder Projektion?). Ein detaillierter Entwurf ist natürlich ebenso möglich – auch die Verbindung beider Ebenen. Möglicher Ausarbeitungsbereich: Flächen der Schotterindustrie zwischen A9 und A2. Die Bearbeitung wird Aron Seereiter übernehmen. Betreuung: Prof. Lilli Lička, Boku Wien, Landschaftsarchitektur

Architektur: Es werden folgende Themen besprochen: Nachverdichtung eines Einfamilienhausgebietes, Transformation der Shopping City Seiersberg, Ausschnitt einer Bandstadt entlang der Triester Straße. Bearbeitung durch Julia Sochacky und Alexandra Traussnigg, Betreuung: Prof. Aglae Degros, TU Graz, Städtebau.

Die BearbeiterInnen sollten bis Februar ihren Ausschnitt für das Planungsgebiet und den Umriss für das Einsatzmodell definieren. Die Kosten für den Modellbau können aus den Ausstellungsmitteln gedeckt werden.

Es wird vereinbart, dass seitens fiedler.tornquist Luftbild, Katasterdaten und Gelände (5m Schichten) bereitgestellt werden. Alle weiteren Bestandsinformationen müssen von den BearbeiterInnen erhoben werden.

Vielleicht ist es möglich, weitere Mitwirkende zu motivieren, um eine größere thematische Breite abzudecken. Dazu abschließend der Verweis auf die aktuelle Themenliste (Beilage).

erstellt: fiedler.tornquist, 12.1.2018

TeilnehmerInnen, Mail: Lilli Lička, [email protected] Aron Seereiter, [email protected] Julia Sochacky, [email protected] Alexandra Traussnigg, [email protected] Johann Zancanella, [email protected] Johannes Fiedler, [email protected] Leon Scheufler, [email protected]

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Abstimmungstreffen 11.1.2018, Feldkirchen/Graz

Broadacre City 2.0 – die post-fossile Transformation als räumliche Aufgabe

Das Projekt orientiert sich an der Stadtvision Broadacre City von Frank Lloyd Wright aus dem Jahr 1935, in der – basierend auf der sich abzeichnenden Motorisierung – ein gänzlich neuer Siedlungstyp vorgestellt wird. In dieser neuen „Stadt“, die ihren Bürgern große individuelle Flächen (broad acres) zugesteht, gibt es kein Zentrum und keine Peripherie, sie ist vielmehr ein Kontinuum aus Landwirtschaft, Industrie und Freizeiteinrichtungen, zusammengehalten von Telekommunikation, Flugverkehr und einem Netz von Infrastrukturkorridoren, in denen Autos und Züge verkehren. Tankstellen und Konsumeinrichtungen bilden die Knotenpunkte des sozialen Austausches.

Diese Stadtvision ist weitgehend Wirklichkeit geworden, wenngleich nicht mit der von Wright imaginierten Ordnung und Ästhetik. Insbesondere in Europa manifestiert sie sich über weite Strecken als chaotische Überformung vorindustrieller Bestände. Ihre Funktionsweise und ihre Gestaltung induzieren immer neue Formen und Maßstäbe der Raumzerstörung. Diese Stadt ist die räumliche Manifestation des fossilen Zeitalters.

Broadacre City 2.0 soll im gleichen Maßstab und Detailgrad wie Wright’s Modell den Zustand einer Stadtregion um das Jahr 2050 darstellen. Bis dahin sind gemäß dem internationalen Klimaabkommen von Paris (2015) 95% der CO2-Emissionen substituiert.

Gewählt wurde ein Bearbeitungsgebiet von 6,8 x 4,8 km südlich von Graz. Hier bilden sich die Raumtypen des fossilen Zeitalters ab: Einfamilienhausteppiche, überwucherte Dorfstrukturen, auto-orientierte Konsumeinrichtungen, raumgreifende Verkehrsanlagen, Autoindustrie.

Wir gehen davon aus, dass die Gesellschaft auch im Jahr 2050 liberal-demokratisch konstituiert sein wird, und dass sich die Marktwirtschaft in einem ökologisch geprägten Regelsystem weiter entwickelt hat. Der globale Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Personen ist gewährleistet.

Weiters gehen wir davon aus, dass sowohl das Wachstum der Bevölkerung, als auch jenes der Wirtschaftsleistung, im Bearbeitungsgebiet weiter fortschreitet. Danach wird die Bevölkerungszahl bis 2050 gegenüber heute um den Faktor 1,7 zunehmen. Alle Maßnahmen, die im Modell Broadacre City 2.0 dargestellt werden, sind darauf ausgelegt, dass dieses Wachstum keine zusätzliche Umweltbelastung (Flächenverbrauch, Energieeinsatz, Lärm, Abgase) bewirkt, sondern diese möglichst verringert.

Wie bei Wright (1935) liegt der Fokus auf der räumlichen Lösung, auf der wirtschaftlich-technischen Konsistenz der Maßnahmen. Die Frage der politischen Umsetzbarkeit bleibt ausgeklammert. Vielmehr soll das Modell dazu dienen, durch die Glaubwürdigkeit und Attraktivität der räumlichen Lösungen die sukzessive politische Machbarkeit zu befördern.

Wie andere visionäre Stadtvorstellungen ist auch Broadacre City 2.0 stark von Verkehrsinnovationen geprägt. Im Gegensatz zu den Vorstellungen der Moderne beruhen die vorgeschlagenen Lösungen jedoch auf einer Degression des Maßstabs. Indem Nutzungsmischung, Feinkörnigkeit und Fußläufigkeit als allgemeine Maxime angewendet werden, entfaltet sich auch die positive Wirkung von Stadt- und Naturraum. Die neue Qualität des Raumes unterstützt Verhaltensänderungen und bewirkt, dass die post-fossile Stadt als Verbesserung wahrgenommen wird.

Die post-fossile Transformation ist also nicht nur eine technologische und politische, sondern in hohem Maß eine räumliche Aufgabe, ein Frage der Gestaltung. Denn, so wie Frank Lloyd Wright’s Vision soll auch die Broadacre City 2.0 das Bedürfnis der Menschen nach Ordnung und Ästhetik ansprechen.

Johannes Fiedler, 10.1.2018

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Abstimmungstreffen 11.1.2018, Feldkirchen/Graz

Richtlinien für die postfossile Stadt, von Mike Davis*:

Stadtwachstum, das Freiraum und Natur bewahrt

klare Trennung zwischen Stadt und geschützter Landschaft

Abfall wird wiederaufbereitet und nicht abgeschoben

strenge Regulierung der Nutzung von Autos

Anwendung umweltbezogener Skaleneffekte in den Bereichen Verkehr und Siedlungsbau

Ersatz privaten Konsums durch öffentlichen Luxus

Sozialisierung von Wunschvorstellungen und Identität in einem öffentlichen Raum

leistbarer Zugang von den Peripherien zu den Stadtzentren

allgemein zugängliche öffentliche Leistungen

große Bereiche öffentlichen oder nicht-gewinnorientierten Wohnbaus

ethnische und ökonomische Heterogenität auf allen städtischen Maßstabsstufen

starke Instrumente progressiver Besteuerung und der Planung im öffentlichen Interesse

ein hohes Maß an politischer Mobilisierung und Beteiligung von Bürger/innen

Gestaltung öffentlicher Landschaften mit Hinblick auf Kinder, ältere Menschen und besondere Bedürfnisse

ein reichhaltiges Wechselspiel zwischen Nachbarschafts- und Weltkultur

Vorrang öffentlichen Erbes vor den Ikonen des Eigentums

räumliche Integration von Arbeit, Erholung und häuslichem Leben

* Mike Davis: Who Will Build the Ark – The Utopian Imperative in an Age of Catastrophe (in: Post-Oil City – The History of the City’s Future (2011), Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart, mit ARCH+)

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Abstimmungstreffen 11.1.2018, Feldkirchen/Graz

Frank Lloyd Wright, Broadacre City (1935), 2 x 2 miles (3658 x 3658 m)

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Abstimmungstreffen 11.1.2018, Feldkirchen/Graz

Graz-Süd (2015), 3658 x 3658 m

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Abstimmungstreffen 11.1.2018, Feldkirchen/Graz

Broadacre City 2.0 – post-fossil Transformation durch räumliche und betriebliche Maßnahmen

Knoten Puntigam: Neugestaltung ÖV-Knoten, Bebauung

Knoten Webling: Logistikzentrum Bahn/Güterautobahn/Stadt

IKEA Webling: Verkauf und Logistik ohne MIV, Standortverlagerung, Umnutzung?

Städtische Schellstraßen: Weblinger Gürtel als Bahntrasse, S-Bahn-Spange auf Südgürtel?

Achse Triester Straße, Südbahn: verdichtete Bebauung mit Kante zum Grünraum Mur-Auen

Einfamilienhausgebiete: ökologische Siedlungslandschaft (Einfrieren von Bebauung und Versiegelung, autofreie Organisation…)

Einfamilienhausgebiete: Alltagslogistik ohne MIV

Shoppingcity Seiersberg: neue Formen des Handels oder Umnutzung (Lebensmittelproduktion?)

Landwirtschaft: Nahversorgung durch Intensivlandwirtschaft auf Konversionsflächen (z.B. Schotterabbaugebiete, Gewerbe- oder Handelseinrichtungen)

Freiland/Naturraum: grünes Netz für Erholung und kleinteilige Landwirtschaft

Autobahnknoten West: Umnutzung für Landwirtschaft/Energieerzeugung (Solarkraftwerk?)

Autobahnen: Substitution Alltags-MIV, Verlagerung auf das niederrangige Straßennetz

Autobahnen: automatisierter Gütertransport mit E-Antrieb

Autobahnen: Nutzung von Spuren für Schienenverkehr (1 Tunnelröhre Plabutsch für Bypass-Güterverkehr?)

Magna-Werk Graz-Thondorf: postfossile An- und Auslieferung

Flughafen Graz-Feldkirchen: Substitution Regionalflugverkehr, räumliche Entwicklung, geänderte Technologie?

Transformation durch Regulation:

Reduktion des Raumkonsums (z.B. durch Einpreisen des Faktors Entfernung)

Steuermodell zur Förderung von Nähe (supranational)