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Prävention Medizintechnik-assoziierter Risiken im Krankenhaus:
Spezifizierung der APS-Empfehlungen für Anwender und Betreiber von
Anästhesiegeräten
Originalartikel
zur Veröffentlichung angenommen
Bohnet-Joschko S, Zippel C, Siebert H (2015): Prävention Medizintechnik-
assoziierter Risiken im Krankenhaus: Spezifizierung der APS-Empfehlungen für
Anwender und Betreiber von Anästhesiegeräten. ZEFQ, 109 (9-10), S. 725-735,
doi: 10.1016/j.zefq.2015.06.001
Verfügbar unter: uni-wh.de/MIG
Die finale Version dieses Beitrags wurde in der Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und
Qualität im Gesundheitswesen veröffentlicht und ist nun unter dem folgenden Link
verfügbar: zefq-journal.com via https://doi.org/10.1016/j.zefq.2015.06.001
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko
Wackler Stiftungsprofessur für Management und Innovation
im Gesundheitswesen
Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
Universität Witten/Herdecke (UW/H)
Alfred-Herrhausen-Straße 50
D-58448 Witten, Deutschland
Tel.: +49 2302 / 926-505
E-Mail: [email protected]
Die finale Version dieses Beitrags wurde in der Zeitschrift ZEFQ veröffentlicht und ist unter
folgendem Link verfügbar https://doi.org/10.1016/j.zefq.2015.06.001.
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Prävention Medizintechnik-assoziierter Risiken im Krankenhaus:
Spezifizierung der APS-Empfehlungen für Anwender und Betreiber von Anästhesiegeräten
Sabine Bohnet-Joschko, Claus Zippel, Hartmut Siebert
Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
Universität Witten/Herdecke
Januar 2015
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund
Einsatz und Organisation von Medizintechnik spielen eine große Rolle für die Patienten- und
Anwendersicherheit in der Anästhesie.
Fragestellung
Konkretisierung der APS-Empfehlungen für Anwender und Betreiber von Anästhesietechnik, Erläuterung von
Chancen und Herausforderungen für die sichere Geräteanwendung und -organisation.
Methodik
Durchgeführt wurde eine Literaturrecherche in Medline/PubMed zu Forschungen, die sich mit den vom APS
konkretisierten Empfehlungen zur Prävention Medizinprodukt-assoziierter Risiken im Kontext der Anästhesie
beschäftigen. Zusätzlich erfolgte eine Internetrecherche, bei der Arbeiten zum sicheren Anästhesietechnikeinsatz
und -betrieb fokussiert wurden. Identifizierte Studien wurden sortiert und den APS-Empfehlungen zugeordnet.
Die vom APS vorgenommene Unterteilung in Anwender und Betreiber wurde beibehalten.
Ergebnisse
Anwender messen der Einweisung in Anästhesiegeräte teils wenig Bedeutung bei. Die Nichtdurchführung der
Funktionsprüfung scheint eine häufige Ursache für kritische Ereignisse in der Anästhesie. Beim Meldewesen zur
Aufsichtsbehörde besteht großes Potenzial. Ansatzpunkte für den sicheren Anästhesietechnikbetrieb finden sich
besonders an der Schnittstelle zwischen Mensch, Organisation und (Anästhesie-) Technik.
Schlussfolgerungen
Die APS-Empfehlungen bieten wertvolle Hinweise zur Förderung des sicheren Geräteeinsatzes und -betriebs in
der Anästhesie. Angeführt werden Risikoschwerpunkte bei der Anwendung sowie Grundsätze und Materialen
zum sicheren Betrieb von Anästhesiegeräten.
Schlüsselwörter
Anästhesietechnik; Anwender; Betreiber; Handlungsempfehlung; Medizintechnik-assoziierte Risiken;
Patientensicherheit
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ABSTRACT
Background
The use and organisation of medical technology has an important role to play for patient and user safety in
anaesthesia.
Objectives
Specification of the recommendations of the German Coalition for Patient Safety (APS) for users and operators
of anaesthesia equipment, explore opportunities and challenges for the safe use and organisation of anaesthesia
devices.
Methods
We conducted a literature search in Medline/PubMed for studies dealing with the APS recommendations for the
prevention of medical device-related risks in the context of anaesthesia. In addition, we performed an internet
search for reports and recommendations focusing on the use and organisation of medical devices in anaesthesia.
Identified studies were grouped and assigned to the recommendations. The division into users and operators was
maintained.
Results
Instruction and training in anaesthesia machines is sometimes of minor importance. Failure to perform functional
testing seems to be a common cause of critical incidents in anaesthesia. There is a potential for reporting to the
federal authority. Starting points for the safe operation of anaesthetic devices can be identified, in particular, at
the interface of staff, organisation, and (anaesthesia) technology.
Conclusions
The APS recommendations provide valuable information on promoting the safe use of medical devices and
organisation in anaesthesia. The focus will be on risks relating to the application as well as on principles and
materials for the safe operation of anaesthesia equipment.
Keywords
Anaesthesia device; user; operator; recommendation; medical device-related adverse events; patient safety
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Prävention Medizintechnik-assoziierter Risiken im Krankenhaus:
Spezifizierung der APS-Empfehlungen für Anwender und Betreiber von
Anästhesiegeräten
HINTERGRUND UND ZIELSETZUNG
Seit der Gründung 2005 hat sich das APS als zentrale Plattform zur Entwicklung, Förderung und Koordination
der Patientensicherheit in Deutschland etabliert [1]. Ein wesentlicher Teil der inhaltlichen Arbeit geschieht in
Arbeitsgruppen (AG), in denen sich Experten aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens
zusammenschließen. Sie beraten Patientensicherheitsthemen und erarbeiten nach dem Prinzip „aus der Praxis für
die Praxis“ Lösungen zu konkreten Problemstellungen (» Infobox 1). Die unter Einbezug aller Interessengruppen
konsentierten Ergebnisse werden nach Verabschiedung durch den APS-Vorstand als Handlungsempfehlung
veröffentlicht und kostenlos zum Download bereitgestellt (www.aps-ev.de) [2]. 2014 hat die AG
„Medizinprodukt-assoziierte Risiken“ unter der Leitung von Prof. Uvo Hölscher eine Handlungsempfehlung
vorgelegt, die sich an die Anwender und Betreiber von aktiven Medizinprodukten in Krankenhäusern richtet (»
Infobox 2) [3].
Parallel dazu entstand die unseres Wissens erste Studie über eine größere Anzahl von in deutschen
Gesundheitseinrichtungen berichteten unerwünschten Anästhesietechnikereignissen. Hierzu wurden 151
kritische Ereignismeldungen mit spezifischem Bezug zu Narkose- und Beatmungsgeräten durch ein
interdisziplinäres Team analysiert. Die Ereignisse wurden bis 2010 freiwillig in drei Kliniken und ein
öffentliches Berichts- und Lernsystem für die Anästhesie berichtet [4]. Medizingeräte sind für die moderne und
leistungsfähige Anästhesie unverzichtbar, können jedoch zu Vorkommnissen mit teils schwerwiegenden Folgen
für die betroffenen Patienten und Anwender führen. Berichte über kritische Ereignisse bieten hohe
Lernpotenziale für die Stärkung der Patientensicherheit in der Anästhesie. Dies belegen verschiedene Arbeiten
zum klinischen Risikomanagement [5], [6] und zu kritischen Ereignissen im Umgang mit Anästhesietechnik [7],
[8], [9], [10].
Die Empfehlungen des APS können aufgrund des breiten und heterogenen Medizinproduktespektrums nur im
Ansatz auf Besonderheiten einzelner Gerätegruppen bzw. medizinischer Fachbereiche eingehen. Daher sollen sie
im Folgenden am Beispiel des Einsatzes und Betriebs von Anästhesietechnik konkretisiert und beispielhaft durch
Maßnahmen zur Förderung des sicheren Geräteeinsatzes und -betriebs in der Anästhesie ergänzt werden. Die
Anästhesie ist hierfür besonders geeignet, da sie sich frühzeitig mit Patientensicherheitsthemen wie Incident
Reporting, Human Error oder dem Einsatz von Standards/Richtlinien auseinandersetzte und in diesem Bereich
führend ist [11]. In dieser Vorreiterrolle sind über die letzten Jahrzehnte viele bedeutende Arbeiten zum sicheren
Einsatz von Medizinprodukten entstanden [12].
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MATERIAL UND METHODEN
Zunächst wurde eine internationale Literaturrecherche zu den sechs Empfehlungen durchgeführt, die das APS als
wesentlich für den sicheren Medizinprodukteeinsatz und -betrieb anführt (» Infobox 2). Die Vorgehensweise der
Recherche orientierte sich an anerkannten wissenschaftlichen Standards [13]. Durchsucht wurden die
Datenbanken Medline/PubMed. Schlagworte waren folgende Medical Subject Headings: Anesthesia/adverse
effects, Anesthesiology/instrumentation, Equipment Failure, Equipment Safety, Patient Safety, Ventilators,
Mechanical/adverse effects [14]. Es wurde einzeln wie auch in Kombination der Begriffe sowohl zielgerichtet
nach Beiträgen zu Anästhesietechnik-assoziierten kritischen Ereignissen als auch zum sicheren
Gerätemanagement in der Anästhesiologie gesucht.
Die Literaturrecherche wurde ergänzt durch eine Internetrecherche zu Berichten und Hinweisen zum sicheren
Anästhesietechnikeinsatz und -betrieb. Im Gegensatz zur Literaturrecherche wurden dabei nur deutschsprachige
Quellen berücksichtigt. Beispiele dafür sind Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und
Intensivmedizin (DGAI) oder des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) [15].
Anschließend wurden die identifizierten Studien, Berichte und Hinweise im Hinblick auf Relevanz für den
sicheren Anästhesiegeräteeinsatz und -betrieb geprüft und in Bezug zu den APS-Empfehlungen (» Infobox 2)
gesetzt. Die Unterteilung der Empfehlungen nach Anspruchsgruppen wurde beibehalten, um dem vom APS
gewählten Perspektivenwechsel Anwender-Betreiber Rechnung zu tragen.
EMPFEHLUNGEN ANDIEANWENDER
Im Sinne der APS-Empfehlungen werden zunächst die Anwender fokussiert, definiert als diejenigen, die
Medizinprodukte bedienen und für deren sicheren Einsatz am Patienten verantwortlich sind [3], [15].
A.1 Einweisungen ernstnehmen
Das APS weist allgemein auf die Relevanz der Geräteeinweisung hin, zu der Ärzte bzw. am Gerät eingesetztes
nicht-ärztliches Fachpersonal verpflichtet sind (§ 5 Abs. 2 MPBetreibV [16]).
Zur Geräteeinweisung in der Anästhesie zeigt die Literatur folgendes Bild (» Tab. 1):
• Bei einer 1991 veröffentlichten Untersuchung berichtete rund jeder zweite Anwender, nicht ordnungsgemäß
in eingesetzte Geräte eingewiesen zu sein [17].
• Bei Studien zum Zusammenspiel zwischen gerätebezogenem Anwenderwissen und unerwünschten
Anästhesieereignissen wurde die Mehrzahl der Ereignisse auf eine unzureichende Geräteanwendung
zurückgeführt [12], [18].
• Bei einer 2010 publizierten Auswertung über ca. 2.000 unerwünschte Anästhesieproduktereignisse gingen
viele Risiken auf unzureichendes Geräte- und Prozesswissen der Anwender zurück [7]. Dies bestätigte
Ergebnisse einer Studie aus 1998 [19].
Studienübergreifend konnten Anästhesisten einen Geräteausfall schnell erkennen sowie die Patientenversorgung
sicher und effizient managen [20], [21]. Gleichwohl wird deutlich, dass der Einweisung in Anästhesiegeräte –
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trotz Sorgfaltspflicht und damit verbundenen Haftungsfragen – teils wenig Bedeutung beigemessen bzw. dass
deren Nutzen unterschätzt wird.
Die Autoren gehen davon aus, dass die Geräteeinweisung auch künftig ein zentraler Faktor für die
Patientensicherheit in der Anästhesie ist. Dies liegt u. a. daran, dass in Folge des medizinisch-technischen
Fortschritts und zeitlich kürzerer Produktlebenszyklen immer mehr Gerätetypen und -arten aus verschiedenen
Generationen von unterschiedlichen Herstellern nebeneinander eingesetzt bzw. als Einzelgeräte am Arbeitsplatz
kombiniert werden. Bei der Studie zu kritischen Ereignissen im Umfeld von Narkose- und Beatmungsgeräten
wurde in 58% der Meldungen neben dem Anästhesiegerät mindestens ein weiteres (Kombinations-) Produkt,
Teil oder Zubehör genannt [4]. Dies verdeutlicht die Komplexität und Fehleranfälligkeit des anästhesiologischen
Arbeits- und Geräteumfelds. Der Einsatz von Anästhesietechnik erfordert demzufolge hohe sicherheitstechnische
Anforderungen sowie umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten von den Anwendern. Hierzu trägt auch die
Geräteeinweisung bei.
Diesbezüglich empfiehlt das APS, dass auch eingewiesene Anwender nach einer bestimmten Zeit an einer
Wiederholungseinweisung teilnehmen [3]. Für die Anästhesie ist dies aufgrund des hohen Geräteeinsatzes und
der fortwährenden technischen Weiterentwicklung durch Softwareupdates, veränderte Alarmeinstellungen/-
signale etc. besonders sinnvoll [22].
Aufmerksamkeit verdienen zudem die in der Regel kurzfristig angestellten Vertrags- bzw. Honorarärzte. Diese
wurden bei vorangegangenen Tätigkeiten unter Umständen auf anderen Gerätetypen ersteingewiesen. Die
Anästhesie ist hiervon besonders betroffen, da Fachärzte für Anästhesiologie die weitaus größte Gruppe unter
den Honorarärzten darstellen [23].
Eine weitere Herausforderung sind Assistenzärzte, die in der Weiterbildung relativ schnell eine Vielzahl
komplexer Medizingeräte sicher bedienen müssen. Bei Anästhesietechnik betrifft dies sowohl angehende
Fachärzte für Anästhesiologie als auch Weiterbildungsassistenten anderer medizinischer Fachbereiche. Ein
Beispiel dafür ist Innere Medizin, wo Assistenten etwa mit komplexen Beatmungsgeräten konfrontiert werden,
wenn sie auf die Intensivstation oder Weaning-Unit rotieren.
Zur Einweisung in Anästhesiegeräte empfiehlt die DGAI, neben den in der Gebrauchsanweisung angeführten
Funktionen auch allgemein relevante Kenntnisse zu den eingesetzten Geräten zu vermitteln [15]. So kann es
sicherheitsfördernd sein, Anwender bei (Wiederholungs-) Einweisungen präventiv für gehäuft berichtete
Risikoquellen zu sensibilisieren, die für sie neu sein können. » Tab. 2 führt ausgewählte Ergebnisse
gerätespezifischer Auswertungen zu gehäuft betroffenen Geräten/Komponenten bzw. gehäuft berichteten
Risikosituationen und Fehlerquellen im Umgang mit Anästhesiegeräten an [4], [7], [8]. Diese können hierzu
herangezogen werden. Simulatorbasierte Studien weisen ferner auf Lernpotenziale beim Handling der
Sauerstoffzufuhr hin [20], [21]. Schließlich können Anwender von kritischen Ereignissen lernen, die von
fachspezifischen Berichtssystemen als „Fall des Monats“ [24] oder als Einzelfall in der Literatur veröffentlicht
werden [9], [25], [26].
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A.2 Funktionsprüfung sorgfältig durchführen
Zur Risikoprävention wird Anwendern weiterhin empfohlen, sich vor geplanter Inbetriebnahme und beim
Patientenwechsel vom ordnungsgemäßem Zustand und der Funktionsfähigkeit der eingesetzten Medizingeräte zu
überzeugen. Hierzu dient die routinemäßig vorgeschriebene Funktionsprüfung (§ 2 Abs. 5 MPBetreibV [10]).
Für die Anästhesie finden sich hierzu in der Literatur folgende Ergebnisse (» Tab. 3):
• Bei einer 1992 publizierten Studie gaben 41% der Anwender an, das Narkosegerät ohne vorherige
Funktionsprüfung einzusetzen [27]. Eine Folgestudie zum Prüfverhalten bei Anästhesiegeräten aus 2007
ergab, dass 95% der Anwender den Gerätecheck nicht vollständig durchführen, und nur 12% bei jedem
Patientenwechsel [28].
• Die Nicht-Durchführung der Funktionsprüfung stellt mit 18 bis 33% der Anästhesievorkommnisse einen
(Haupt-) Risikofaktor dar [12], [29], [30], [31]. Eine Analyse von kritischen Ereignissen aus der
Kinderanästhesie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis [32].
• Bei einer Fall-Kontrollstudie aus 2005 waren Funktionsprüfung mittels Protokoll und Checkliste sowie
deren Dokumentation statistisch signifikante Faktoren zur Risikovermeidung in der Anästhesie [33].
• Bei einer Auswertung von 40 Anästhesiegas-assoziierten Schadensfällen wurden 35% als durch die
präoperative Funktionsprüfung des Anästhesiegeräts vermeidbar eingestuft [10].
Die Analyse der in Deutschland berichteten Anästhesietechnikereignisse ergab, dass 61% der Risiken im Zuge
der Funktionsprüfung hätten identifiziert und verhindert werden können [4].
Auf Grundlage der Studiendaten kann nicht gesagt werden, wie häufig die Funktionsprüfung bei
Anästhesiegeräten nicht ordnungsgemäß durchgeführt wird. Dies scheint jedoch – ohne eine
sicherheitsgefährdende Handlung herbeiführen zu wollen – weltweit eine häufige Ursache für kritische
Ereignisse in der Anästhesie zu sein. Die sorgfältige Funktionsprüfung ist daher ein zentraler Faktor für die
Vermeidung Anästhesietechnik-assoziierter Risiken und spielt eine bedeutende Rolle bei der Stärkung der
Patientensicherheit in der Anästhesie.
Vor diesem Hintergrund ist es trotz knapper Ressourcen und Rationalisierungsdruck sowie moderner
Anästhesietechnik und vollautomatisierter Selbsttests entscheidend, vor der Anwendung von Anästhesiegeräten
ausreichend Zeit für die Funktionsprüfung einzuplanen. Nach einer Befragung unter 101 Anästhesiemitarbeitern
eines Schweizer Universitätsspitals und einer Studie unter 20 neuseeländischen Anästhesisten verdient hierbei
die Sauerstoffversorgung besondere Beachtung [34], [35].
Sowohl APS als auch DGAI weisen darauf hin, dass der Funktionscheck auch bei nicht täglich eingesetzten
Geräten durchgeführt werden sollte [3], [15]. In der Anästhesie betrifft dies z. B. das Notfallbeatmungsgerät im
OP-Saal. Hierarchisch abgestufte Checklisten können die Anwender dabei unterstützen, die Funktionsprüfung
ordnungsgemäß durchzuführen und zu dokumentieren. Eine Checkliste zur Funktionsprüfung des Narkosegeräts
stellt die DGAI auf ihrer Homepage zum Download zur Verfügung (www.dgai.de) [36].
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A.3 Fehler und Probleme immer melden
Das APS macht Anwender schließlich auf die Meldepflicht an das BfArM aufmerksam. Diese greift bei
Medizinprodukt-assoziierten Vorkommnissen, die zu einer nicht unerheblichen Patientengefährdung geführt
haben, geführt haben könnten oder führen könnten (§ 3 Abs. 2 MPSV) [37], [38]. Dies ist wichtig, da berichtete
Vorkommnisse eine wesentliche Quelle des BfArM-Vigilanzsystems zur Risikoanalyse und -bewertung sind. Sie
sind Ausgangspunkt für die einrichtungsübergreifende Ableitung und Umsetzung von korrektiven Maßnahmen,
Rückrufen und sonstigen Empfehlungen für Gesundheitseinrichtungen, Hersteller etc. [39].
Zwar ist die tatsächliche Häufigkeit meldepflichtiger Vorkommnisse für Deutschland kaum erfasst [37]. Die
statistische Auswertung des BfArM zeigt jedoch, dass die Meldebereitschaft im Allgemeinen und bei
Anwendern von Anästhesietechnik im Speziellen relativ niedrig ist:
• Für das Berichtsjahr 2013 weist das BfArM in der kombinierten Produktgruppe „OP-Ausrüstung und
Anästhesie“ 572 Meldungen aus. Zum Vergleich: In Deutschland wurden nach Angabe der
Gesundheitsberichterstattung des Bundes zuletzt rund 15 Millionen Operationen pro Jahr durchgeführt
(www.gbe-bund.de). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Risikomeldungen auch von den
Gerätebetreibern und -herstellern stammen.
• Die Studie zu Anästhesietechnik-assoziierten Risiken lässt das Potenzial des Meldewesens für Deutschland
erahnen: Danach wurden 24 der 151 berichteten Ereignisse (16%) auf Basis der Meldetexte eindeutig als
BfArM-meldepflichtig eingestuft [40].
Zur Stärkung der Patientensicherheit empfiehlt das APS, möglichst viele Fehler und Probleme bei
Medizinprodukten zu melden [3]. Welches Potenzial damit verbunden sein kann, zeigen retrospektive Studien
aus Frankreich [7], [19] und Großbritannien [8] über eine größere Anzahl zentralbehördlich gesammelter Daten
zu meldepflichtigen (meist technikbedingten) Vorkommnissen. Die Voraussetzungen für eine Verbesserung des
Meldewesens sind wegen der hohen Meldebereitschaft in der Anästhesie gegeben [41]. Hierzu ist es sinnvoll,
wenn sich Anwender von Anästhesiegeräten sowohl über die BfArM-Aufgaben und das Meldeformular
(www.bfarm.de) als auch die Meldepflicht und den Meldeprozess informieren [39].
EMPFEHLUNGEN ANDIEBETREIBER
Im Weiteren werden die APS-Empfehlungen an Betreiber, verstanden als Verantwortliche für die sichere
Organisation von Medizinprodukten, aus Sicht der Anästhesie thematisiert.
B.1 Klare Zuständigkeiten
Das APS empfiehlt Betreibern, den Geräteeinsatz sicher zu organisieren, schon um sich keinem Haftungsrisiko
durch Organisationsverschulden auszusetzen. Voraussetzung dafür ist, dass damit verbundene Zuständigkeiten
und Verantwortlichkeiten klar verteilt sind.
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Die nationale Studie zu unerwünschten Anästhesietechnikereignissen ergab, dass Risiken mit Bezug zu Narkose-
und Beatmungsgeräten primär durch organisationsbedingte Faktoren im Anästhesietechnikumfeld wie Zeitdruck,
Kommunikationsfehler etc. begünstigt werden [4]. Dies verdeutlicht, wie wichtig es aus Managementsicht ist,
zunächst ganz praktische Fragen zum Geräteeinsatz zu klären: Wie häufig findet eine Geräteeinweisung statt?
Wer ist für die Funktionsprüfung der (Ersatz-) Geräte verantwortlich? Wer meldet Anästhesietechnik-bedingte
Vorkommnisse an das BfArM? Und: Existieren hierfür Vertretungsregeln?
Das APS schlägt vor, eine verantwortliche Stelle einzuführen [3]. Diese koordiniert alle Sicherheitsfragen mit
Bezug zur Medizintechnik und kommuniziert die zuständigen Ansprechpartner und deren Stellvertreter. In der
Praxis hat es sich bewährt, damit verbundene Aufgaben, Zuständigkeiten und Abläufe mit Fristen in einem
Prozessdiagramm zu visualisieren. Idealerweise wird dies durch eine hausinterne Risikomanagementsoftware
unterstützt.
B.2 Meldewesen organisieren
Weiter wird Betreibern dazu geraten, das Meldewesen systematisch zu organisieren, sodass Risikowissen im
Umfeld von Medizinprodukten bestmöglich transferiert und genutzt werden kann. Eine Herausforderung für das
Krankenhausmanagement sind oftmals parallel verlaufende Berichtswege für Gerätedefekte, unerwünschte
Medizinproduktevorkommnisse etc.
Im Falle der Anästhesie ist dies besonders komplex, da es hier zusätzliche Informationen aus einer Vielzahl
verschiedener Berichts- und Lernsysteme zu berücksichtigen gilt [42], [43], [44]. Diese wurden zunächst
hausintern in einzelnen Anästhesie- und Intensivabteilungen eingeführt [5], [6], [45], später
einrichtungsübergreifend als öffentliche Berichtsplattform umgesetzt [46].
In » Tab. 4 sind Berichts- und Lernsysteme kategorisiert, die für die Anästhesie relevante Meldedaten enthalten.
Wie groß das Lernpotenzial für das klinische Risikomanagement ist, zeigt sich daran, dass in den letzten sechs
Jahren allein in das größte deutsche Berichtssystem für die Anästhesie (www.cirs-ains.de) ca. 2.700 Ereignisse
berichtet wurden [47]. Hierzu zählen auch viele Anästhesietechnik-assoziierte Ereignisse [48], [49]. Die Autoren
gehen davon aus, dass die Anzahl der gemeldeten kritischen Ereignisse, Fehler und Beinahe-Schäden künftig
weiter steigt. Ein Grund dafür ist, dass mit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes in 2013 sowohl die
Umsetzung interner Berichts- und Lernsysteme als auch die Teilnahme von Häusern an
organisationsübergreifenden Systemen gestärkt wurde [50].
Um die Wissensbasis zu unerwünschten Anästhesietechnikereignissen stärken und damit auch von Fehlern
Anderer lernen zu können, ist ein zuständiger Mitarbeiter klar zu benennen. Dieser sichtet intern und öffentlich
verfügbare Informationen und Warnmeldungen, prüft diese auf Relevanz für den Anästhesiegeräteeinsatz im
Haus und setzt bei Bedarf die Anästhesieabteilung zeitnah in Kenntnis. Darüber hinaus sind die Warnhinweise
des BfArM sowie die in der Literatur veröffentlichten Lernfälle zu Anästhesieprodukt-assoziierten kritischen
Ereignissen zu berücksichtigen.
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Das APS betont, dass es in diesem Zusammenhang wichtig ist, das eigene Personal zur Meldung von
unerwünschten Ereignissen zu motivieren [3]. Nach der einschlägigen Literatur zum klinischen
Risikomanagement ist es wichtig, der Belegschaft zu signalisieren, dass der offene Umgang mit kritischen
Ereignissen in der Organisation gewollt ist. Hierzu gehört, dass Mitarbeiter bei Abgabe einer Meldung oder
Bekanntwerden eines Fehlers keine Sanktionen gegen sich oder andere zu befürchten haben. Dies ist im
Patientenrechtegesetz sogar explizit festgehalten. Zudem sollte die Umsetzung von Maßnahmen auf System-,
Prozess- oder Produktveränderungen zielen und zeitnah kommuniziert werden [53]. Schließlich können
Informationsveranstaltungen dazu dienen, die im Haus verantwortlichen Ansprechpartner zu kommunizieren
sowie weiterführende Informationen zum Meldeprozess bereitzustellen [39].
B.3 Systematische Beteiligung der Medizintechnikabteilung in allen Gremien
Das APS empfiehlt Betreibern schließlich, Medizintechniker systematisch in alle Gremien des klinischen
Risikomanagements einzubinden. Dies ist wichtig, da die Organisation von medizintechnischen Geräten und -
systemen im Krankenhaus in der Regel von der Medizintechnik umgesetzt wird. Hierzu zählt auch das
Beschaffungsmanagement, nämlich wenn es um den Einkauf von möglichst anwenderfreundlichen und
risikoarmen Systemen geht.
Im Fall von Anästhesietechnik erscheint dies aufgrund der komplexen und hochtechnischen Arbeitsabläufe
besonders sinnvoll und wünschenswert. Die Medizintechnik kann bei Analyse und Bewertung unerwünschter
Anästhesietechnikereignisse durch ihr gerätespezifisches und bereichsübergreifendes Fach- und
Erfahrungswissen wichtige Hinweise für den sicheren Geräteeinsatz liefern. Das klinische Risikomanagement
erhält dadurch wertvolle Detailinformationen zu betroffenen Anästhesiegeräten. Diese können dazu genutzt
werden, gerätebezogene Optimierungsmaßnahmen zur Risikovermeidung und Prävention in der Anästhesie zu
identifizieren und umzusetzen.
Darüber hinaus findet auf diese Weise ein Wissenstransfer zur Medizintechnik statt. Diese kann das Wissen über
sicherheitsrelevante Probleme im Umgang mit Anästhesiegeräten nutzen, um weitere Maßnahmen zur sicheren
Anästhesiegeräteorganisation umzusetzen [54]:
• Präventive Risikoabwehr: Anästhesiegeräte, die mit berichteten Gerätetypen baugleich sind, können gezielt
überprüft und – beispielsweise bei Verdacht auf Materialverschleiß − ausgetauscht werden.
• Interne Kommunikation: Schulungs- und Einweisungsunterlagen können kontinuierlich um gehäuft
betroffene Geräte (-komponenten) bzw. gehäuft berichtete Risikosituationen und Fehlerquellen ergänzt
werden, wodurch sich die hausinterne Beratung durch die Medizintechnik verbessert.
• Geräte-/Anlagenmanagement: Betroffene Anästhesiegeräte können einfacher identifiziert, sichergestellt und
ihr Verbleib im Haus dokumentiert werden. Instandhaltungs-, Wartungs- und Prüfintervalle einschließlich
mess- und sicherheitstechnischer Kontrollen werden so effizienter und effektiver an die spezifischen
Bedürfnisse der Klinik angepasst. Durch optimierte Instandhaltungsprozesse und kürzere Leerstandzeiten
steigt die Geräteverfügbarkeit und -nutzung, was zu Kosteneinsparungen führt.
• Beschaffungsmanagement: Wissen über unerwünschte Medizinproduktereignisse kann für den Einkauf bzw.
Austausch von Medizinprodukten genutzt werden, etwa bei der Anschaffung anästhesiologischer
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Komplettlösungen [25]. Dies ist in der Anästhesie besonders wichtig, da hier außerordentlich komplexe und
fehleranfällige Geräte eingesetzt werden.
• Kommunikation mit Herstellern: Gemeinsam mit der Industrie können Wege zur Risikovermeidung im
Umfeld betroffener Geräte erarbeitet werden. Beispiele dafür sind das Gerätedesign, die Kombination mit
Zubehör und Fremdprodukten oder die Menüführung zur einfacheren Bedienbarkeit.
• Umsetzung gesetzlicher Vorgaben: Für Kliniken stellt dies eine geeignete Möglichkeit dar, die Melde- und
Dokumentationspflicht von schwerwiegenden unerwünschten Vorkommnissen an das BfArM
sicherzustellen und zu koordinieren. Dies wirkt sich positiv auf das Meldewesen aus.
Trotz dieser Vorteile wird die Medizintechnik in der klinischen Versorgungspraxis nur selten in den Prüf- und
Analyseprozess von kritischen Ereignissen eingebunden. Dies zeigen Ergebnisse einer 2011 veröffentlichen
Studie zum Stand des klinischen Risikomanagements in deutschen Krankenhäusern. Danach setzten Kliniken
zwar zunehmend Berichts- und Lernsysteme ein; jedoch beziehen nur rund elf Prozent der Häuser, die über ein
Kontroll-/ Steuerungsgremium für klinisches Risikomanagement verfügen, auch Medizintechniker in dieses ein
[55].
ORGANISATIONALE LERNIMPULSE UND SICHERHEITSKULTUR IN DER ANÄSTHESIE
Versäumnisse bei Einweisungen und Funktionsprüfungen gehören weiterhin zu den häufig berichteten
Risikokonstellationen und machen auf die Bedeutung einer expliziten oder impliziten Sicherheitskultur
aufmerksam [56], [57]. Regelmäßiges Abweichen von z. B. Herstellervorschriften darf sich nicht als latenter
Fehler in der Organisation manifestieren („routine violation“) und üblich werden („normalization of deviance“).
Hierzu bedarf es einer Kultur, in der dies weder stillschweigend akzeptiert und toleriert noch aufgrund von z. B.
Zeitdruck überhaupt erst notwendig wird [58].
Aufgabe des Managements ist es, die hierfür nötigen Systembedingungen zu schaffen. Ausgangspunkt ist ein
humanzentrierter Risikomanagementansatz, bei dem die Mitarbeiter aktiv am Aufbau einer Sicherheitskultur
beteiligt werden [59]. Darüber hinaus gilt es auf dem Verständnis des vom britischem Psychologen Reason
entwickelten Modells der organisationalen Unfallentstehung [60] nicht die fehlerhaften Handlungen des
Einzelnen, sondern die organisationalen Bedingungen und Ursachen im System zu fokussieren. Es ist das
Management, das durch die Standardisierung von Prozessen und Ressourcenbereitstellung den Rahmen dafür
schafft, dass Anästhesiegeräte in komplexen und unvermittelt auftretenden (Stress-) Situationen sicher bedient
und unter Zeitdruck eingesetzt werden können.
Diesbezüglich hat die Anästhesie bereits von Forschungen zu Hochrisikoorganisationen (High-Reliability-
Organization, HRO) gelernt. Analog zur Anästhesie sind dort untersuchte Organisationseinheiten wie Luftfahrt,
Kerntechnik oder Petrochemie durch ein riskantes Arbeitsumfeld mit einem hohen Einsatz komplexer
Technologien und Geräte gekennzeichnet, in denen kleinste Routineabweichungen zu Katastrophen führen
können [61]. Neben der Etablierung einer Sicherheitskultur nennen die Anästhesisten Rall/Gaba optimierte
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Strukturen/Prozesse, Team-Training/Simulation von Routineverfahren und organisationales Lernen als
wesentliche HRO-Prinzipien für Gesundheitseinrichtungen [58].
Wegweisend sind in diesem Zusammenhang Arbeiten um den Organisationsforscher Weick. Danach ist es
wichtig, dass neben der Analyse und Bewertung von Risikowissen eine Bewusstseinsveränderung in der
Organisation eintritt, bei der trotz Sicherheits- und Kontrollmechanismen jederzeit von unerwarteten Risiken
ausgegangen wird [62]. Auf Basis dieser Annahme werden Grundsätze identifiziert, die HRO unterstützen
können, den sicherheitsfördernden Umgang mit (normalen) kritischen Ereignissen zu institutionalisieren. Hierzu
gehört:
• sich mit unerwarteten Fehlern zu beschäftigen;
• vereinfachten Interpretationen entgegenzuwirken;
• ein Gespür für betriebliche Abläufe zu vermitteln;
• Organisationsfunktionen nach äußeren Einflüssen aufrechtzuerhalten;
• Expertise und Wissen jedes Mitarbeiters zu berücksichtigen.
ALLGEMEINE ANMERKUNGENUNDLIMITATIONEN
Über die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen, Fehlern und Beinahe-Schäden mit Bezug zu
Anästhesiegeräten ist bislang wenig bekannt. Bei einer ersten Studie zur Gesamthäufigkeit von Medizinprodukt-
assoziierten Ereignissen aus 2004 wurden Risiken im Umfeld von Narkose- und Beatmungsgeräten mit jeweils
6% berichtet [63]. Eine retrospektive Studie über 83.000 Narkosen schätzt die Häufigkeit von unerwünschten
Anästhesietechnikereignisse auf 0,23% in der Allgemeinanästhesie und 0,05% in der Regionalanästhesie [64].
Ziel des Beitrags war es, die APS-Empfehlungen für Anwender und Betreiber im Kontext der Anästhesie zu
konkretisieren. Auch sollten damit verbundene Chancen und Herausforderungen aufzeigt werden. Es ist klar,
dass sich die in diesem Zusammenhang angeführten Anmerkungen und Hinweise teils auf Empfehlungen der
wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Berufsverbände oder Aufsichtsbehörde beziehen [15], [36], [65]. Sie sind
als Ergänzung zu verstehen und wollen einen Beitrag zur weiteren Stärkung der Patientensicherheit im Umgang
mit Anästhesietechnik leisten.
Aus methodischer Sicht ist darauf hinzuweisen, dass die betrachteten Studien auf einer Vielzahl
unterschiedlicher Methoden beruhen, welche verschiedenen Limitationen unterliegen. Mit Blick auf die
nationale Studie betrifft dies etwa die mitunter eingeschränkte Qualität der analysierten Meldedaten [4]. Bei
anderen Studie ist aufgrund einer geringen Probandenzahl von niedriger Reliabilität auszugehen [17], [27], [28],
[34]. Mit Blick auf die internationale Studienlage ist darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse (wenn überhaupt)
nur mit Einschränkungen auf Verhältnisse in deutschen Gesundheitseinrichtungen übertragen werden können.
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13
SCHLUSSFOLGERUNGEN UND FAZIT
Die überwiegende Anzahl der jährlich mehr als 10 Mio. Narkosen in Deutschland verläuft ohne Zwischenfall.
Für die Sicherheit in der Anästhesie spielen Medizinprodukte eine zentrale Rolle. Die geschilderten Erkenntnisse
zeigen, dass bei Anwendung und Organisation von Anästhesietechnik noch Raum für Verbesserungen besteht.
Die APS-Empfehlungen bieten hilfreiche Ansatzpunkte, um den sicheren Geräteeinsatz und -betrieb in der
Anästhesie zu fördern. Dies trägt zur Stärkung der Patientensicherheit in der klinischen Versorgung bei.
HINWEIS
Ergebnisse der Studie zu Anästhesietechnik-assoziierten Ereignissen wurden im European Journal of
Anaesthesiology publiziert sowie auf dem Versorgungsforschungskongress 2013, Medizintechnik- und
Ergonomiekongress 2014 und Deutschen Anästhesiecongress 2014 präsentiert.
INTERESSENSKONFLIKT
Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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(BGBl.IS.3396), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 11. Dezember 2014 (BGBl. IS.2010)
geändert worden ist.
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18
ABBILDUNGEN
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. (APS):
• wurde 2005 aufgrund einer Initiative von engagierten
Vertretern aus verschiedenen Bereichen des
Gesundheitswesens gegründet;
• wird unterstützt von einer Vielzahl von Einrichtungen,
Unternehmen, Organisationen, Verbänden und
Institutionen des Gesundheitswesens,
Leistungserbringern, Krankenhäusern, medizinischen
und wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Behörden,
Patientenorganisationen, Experten und Interessierten;
• hat sich als zentraler Ansprechpartner und nationale
Plattform für alle Fragen zu einer sicheren Versorgung
der Patienten etabliert;
• entwickelt, fördert und koordiniert Maßnahmen und
Aktivitäten zur Patientensicherheit in Form von
Handlungsempfehlungen;
• unterstützt praktische Projekte und fördert
wissenschaftliche Forschung zur Verbesserung der
Patientensicherheit und zur Verminderung von
Behandlungsfehlern;
• arbeitet ehrenamtlich und finanziert sich aus
Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Fördermitteln;
• arbeitet als Netzwerk und vereint Akteure aus allen
Bereichen des Gesundheitswesens.
Infobox 1: Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. (APS)
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Anwender aktiver
Medizinprodukte Betreiber aktiver
Medizinprodukte A.1 Einweisungen ernst
nehmen
A.2 Funktionsprüfung
sorgfältig durchführen
A.3 Fehler und Probleme
immer melden
B.1 Klare Zuständigkeiten
B.2 Meldewesen organisieren
B.3 Systematische Beteiligung
der Medizintechnikabteilung in
allen Gremien des
Risikomanagements Infobox 2: Die APS-Empfehlungen an Anwender und Betreiber aktiver Medizinprodukte [2].
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folgendem Link verfügbar https://doi.org/10.1016/j.zefq.2015.06.001.
20
Tab. 1: Zu „A.1 Einweisungen ernst nehmen“ – Auszug wichtiger Quellen zur Einweisung in Anästhesiegeräte.
Studie
Land
Datengrundlagen
Ausgewählte Ergebnisse
Cooper
et al.,
1984
[12]
USA 1.089 kritische Ereignisse aus vier
Krankenhäusern
Die Mehrzahl der Ereignisse wurde
auf eine unzureichende
Gesamterfahrung (n=208) und den
Umgang mit unbekannten
Medizingeräten (n=126)
zurückgeführt
Weir/Wi
lson,
1991
[17]
Großbrit
annien
89 Anästhesisten aus Südwestengland Rund 50% gaben an, nicht
ordnungsgemäß in die Geräte
eingewiesen worden zu sein bzw.
die Gebrauchsanleitung nicht
gelesen zu haben
Caplan
et al.,
1997
[18]
USA 72 juristische Schadensfällen mit
Bezug zur Anästhesiegaszufuhr
75% der Vorfälle gingen auf eine
Fehlbedienung des
Anästhesiegeräts zurück
Lorrawa
y et al.,
2006
[20]
Kanada 20 Residents Die Mehrzahl konnte bei einem
simulierten Ausfall der
Sauerstoffversorgung die (Reserve-
) Sauerstoffflasche nicht richtig
ersetzen bzw. anschalten
Beydon
et al.,
2010 [7]
Frankrei
ch
Ca. 2.000 Medizinprodukt-ereignisse
aus Anästhesie- und
Intensivabteilungen
Viele der als personenbezogen
eingestuften Ereignisse wurden auf
unzureichendes Geräte- und
Prozesswissen der Anwender
zurückgeführt
Ben-
Menache
m et al.,
2011
[21]
Israel Aufzeichnungen von 31 Probanden 45% hatten bei einem simulierten
Ausfall der Sauerstoffversorgung
Probleme bei der Veränderung von
Einstellungen am Gerät
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21
Tab. 2: Zu „A.1 Einweisungen ernst nehmen“ – Ausgewählte Studienergebnisse zu Anästhesietechnik-
assoziierter Risiken.
Studie Datengrundlage und –herkunft Ausgewählte Ergebnisse
Beydon et al., 2010 [7] 1.935 unerwünschte
Medizinproduktereignisse mit
Bezug zu Anästhesie und
Intensivmedizin, Datenbank der
französischen Agentur für die
Sicherheit von Medikamenten und
Gesundheitsprodukten
Verteilung Anästhesietechnik-
assoziierter Risiken:
- Infusionsgerät (694)
- Beatmung (347)
- Dialyse (183)
- Defibrillator (145)
- Monitor/Patientenüberwachung (136)
- Transfusion (130)
- Katheter-Port (105)
- Drainage (88)
- Regionalanästhesie (49)
- Medizinische Gasversorgung (38)
- Inkubator (Neonatologie) (20)
Cassidy et al., 2011 [8] 1.029 Anästhesieprodukt-
assoziierte Ereignisse, Nationales
Berichts- und Lernsystem für
England und Wales
Hauptkategorien betroffener
Anästhesiegeräte:
- Monitoring / Patientenüberwachung
(410)
- Probleme mit dem Beatmungsgerät
(185)
- Leckage im Atemsystem (99)
- Ausfall des Narkosegeräts, mangelnde
Ausrüstung (54)
- Intravenöse Infusionspumpe (53)
- Probleme am Narkosegasverdampfer
(52)
- Bett / Wagen-Probleme (26)
- Patientenwärmegerät (20)
- Gaszufuhr am Gerät (20)
- Ausfall des Gerätealarms (14)
- Andere (96)
Zippel et al., 2014 [4] 151 CIRS-Meldungen mit Bezug
zu Narkose- und
Beatmungsgeräten aus deutschen
Gesundheitseinrichtungen
Die zehn häufigsten berichteten
Risikoursachen:
- Narkosegasverdampfer unbeabsichtigt
aus/leer (14)
- Problem beim Wechsel des
Atemkalks (13)
- Messleitung eingeklemmt (CO2,
Narkosegas) (11)
- Beatmung mit Parametereinstellungen
des Vorpatienten (8)
- Handbeatmungsbeutel außer
Reichweite (7)
- Sauerstoffzufuhr bei Präoxygenierung
ausgeschaltet (6)
- Sauerstoffflasche am Beatmungsgerät
leer (6)
- Anästhesieeinheit versehentlich
ausgeschaltet (5)
- Narkosegerät bei Anschluss nicht
funktionsfähig (5)
- Leckage bei
Kombinationsprodukt/Anästhesiebedarf
(4)
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22
Tab. 3: Zu „A.2 Funktionsprüfung sorgfältig durchführen“ – Auszug wichtiger Quellen zur Funktionsprüfung in
der Anästhesie.
Studie Land Datengrundlage Ausgewählte Ergebnisse
Craig/Wilson,
1981 [30]
Großbritannien 81
Anästhesiezwischenfälle
aus einem Krankenhaus
Bei 33% der Vorkommnisse war
die nicht durchgeführte
Funktionsprüfung der häufigste
Risikofaktor
Cooper et al.,
1984 [12]
USA 1.089 kritische
Ereignisse aus vier
Krankenhäusern
Mit 22% war die Unterlassung der
Funktionsprüfung der häufigste
assoziierte Risikofaktor
Kumar et al., 1988
[31]
USA 43
Anästhesiezwischenfälle
aus einem Krankenhaus
21% der betrachteten
Anästhesieereignisse waren mit
der Nicht-Durchführung des
Gerätechecks assoziiert
Chopra et al.,
1992 [29]
Niederlande 549 Anästhesie-
assoziierte
Beobachtungen aus
einem
Universitätsklinikum
22% der betrachteten Ereignisse
beruhten auf der nicht
durchgeführten Funktionsprüfung
eingesetzter Geräte
Mayor/Eaton,
1992 [27]
Großbritannien 40 Anästhesisten aus
drei Krankenhäusern
41% der Probanden gaben an, den
Funktionscheck nicht
ordnungsgemäß durchzuführen
Arbous et al.,
2005 [33]
Niederlande Gegenüberstellung von
807 und 883 Todesfälle
unter 869.483 Patienten
Die Funktionsprüfung mittels
Protokoll und Checkliste (Odds
Ratio 0,64) und deren
Dokumentation (Odds Ratio 0,61)
waren die statistisch
signifikantesten Faktoren zur
Vermeidung Anästhesie-
assoziierter Risiken
Marcus, 2006 [32] Großbritannien 284 unerwünschte
Ereignisse aus der
Kinderanästhesie eines
Krankenhauses
Mit 17,8% war die nicht
durchgeführte Funktionsprüfung
die zweithäufigste
personenbezogene Ursache
Weller et al., 2007
[34]
Neuseeland 20 Anästhesisten des
„New Zealand Medical
Council”
70% erkannten bei einem
simulierten Ausfall der
Sauerstoffzufuhr präoperativ
nicht, dass die Ersatz-
Sauerstoffflasche leer war
Langford et al.,
2007 [28]
Großbritannien 41 Anästhesisten aus
Südwestengland
95% der Anwender führten den
Gerätecheck nicht vollständig
durch, nur 12% bei jedem
Patientenwechsel
Mehta et al., 2013
[10]
USA 40 juristische
Anästhesiegas-
assoziierte
Schadensfälle
35% der Anträge wurden als durch
eine präoperative
Funktionsprüfung des
Anästhesiegeräts vermeidbar
eingestuft
Zippel et al., 2014
[4]
Deutschland 151 kritische Ereignisse
im Umfeld von
Narkose- und
Beatmungsgeräten aus
drei NRW-Kliniken und
PaSOS
61% der Ereignisse hätten bei der
Gerätevorbereitung durch eine
Funktionsprüfung identifiziert und
abgewehrt werden können
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folgendem Link verfügbar https://doi.org/10.1016/j.zefq.2015.06.001.
23
Tab. 4: Zu „B.2 Meldewesen organisieren“ – Kategorisierung der für die Anästhesie relevanten Berichts- und
Lernsysteme.
Kategorie
Beispiel
Internet-präsenz
Berufsgruppen-
spezifisch
CIRSmedical Anästhesiologie (CIRS-AINS) [51] www.cirs-ains.de
Überregional Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland (KH-CIRS) www.kh-cirs.de
Regional Netzwerk CIRS-Berlin www.cirs-berlin.de
International Critical Incident Reporting & Reacting NETwork
(CIRRNET) [52]
www.cirrnet.ch
Hausintern Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie,
Universitätsklinik Dresden [5], [6]
-