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www.nwb.de NWB Unternehmensteuern und Bilanzen StuB Beilage zu Heft 22/2018 Unternehmensbewertung ÿ Zunehmende Bedeutung ÿ Aktuelle Entwicklungen ÿ Handlungsempfehlungen für die Praxis WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner und Gregor Zimny, M. Sc. Tax / Audit / Advisory / Legal Audit / Tax / Advisory

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  • www.nwb.de

    NWB Unternehmensteuern und Bilanzen

    StuB” Beilage zu Heft 22/2018

    Unternehmensbewertungÿ Zunehmende Bedeutung

    ÿ Aktuelle Entwicklungen

    ÿ Handlungsempfehlungen für die Praxis

    WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner undGregor Zimny, M. Sc.

    Tax / Audit / Advisory / LegalAudit / Tax / Advisory

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    NWB Rechnungswesen

    Unternehmensbewertung für Praktiker.

    Der objektivierte Unternehmenswert

    C. Wollny3. Aufl age. 2018. Gebunden. XXXIX, 890 Seiten. € 49,90ISBN 978-3-482-54983-0

    Online-Version inklusive

    Das Fachgebiet Unternehmensbewertung hat in

    den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen.

    Gleichzeitig ist eine starke Ausdiff erenzierung aller

    Aspekte des Bewertungs-Know-hows zu beobachten.

    Die Neuaufl age des Standardwerks berücksichtigt alle

    aktuellen Entwicklungen. Das Handbuch folgt dem

    bewährten chronologischen Ablauf einer Unterneh-

    mensbewertung und unterstützt sowohl Einsteiger

    als auch Experten Schritt für Schritt bei der Erstellung

    von Bewertungsgutachten.

    Mit einer Vielzahl von Beispielen undAbbildungen, die die praktische Arbeit erleichtern!

    Vom Praktiker verständlich erklärt.

  • Die Anlässe zur Unternehmensbewertung sind zahlreich, vielschichtig und zunehmend: Von der

    klassischen Unternehmensnachfolge über den Kauf bzw. Verkauf von Unternehmen und Unternehmens-

    teilen bis hin zu Umstrukturierungen wie Unternehmenszusammenschlüssen, Ausgliederungen oder

    Abspaltungen sowie dem Ein- oder Austritt von Gesellschaftern reicht das Spektrum der Bewertungs-

    anlässe. Auch bilanzielle Fragestellungen wie die Abbildung des Unternehmenskaufs sowie die Beurteilung

    der Werthaltigkeit von Beteiligungen und des Geschäfts- oder Firmenwerts in der (Konzern-)Bilanz machen

    eine (Unternehmens-)Bewertung erforderlich. Daneben treten vermehrt steuerliche Fragestellungen auf,

    die eine Bewertung von Unternehmen oder Unternehmensteilen erforderlich machen. In Abhängigkeit des

    jeweiligen Bewertungsanlasses sowie der individuellen Gegebenheiten des Bewertungsobjekts bestehen

    Besonderheiten und Stolperfallen, die bei der Wertfindung berücksichtigt werden müssen. Die Autoren

    zeigen auf, welche grundsätzlichen Anforderungen an eine Unternehmensbewertung zu stellen sind und

    was in diesem Zusammenhang bei der Bewertung von KMU sowie bei der Bewertung hoch verschuldeter

    Unternehmen zu beachten ist. Darüber hinaus stellen die Autoren dar, welche Anforderungen an eine

    ordnungsgemäße Planungsrechnung zu stellen sind. Zudem werden die Besonderheiten bei der Bewertung

    vermögensverwaltender Gesellschaften mit dem Net Asset Value-Ansatz aufgezeigt. Zudem werden die

    aktuellen Verlautbarungen des IDW zur Unternehmensbewertung dargestellt und die aktuelle Recht-

    sprechung beleuchtet.

    NWB Datenbank► Graumann, Unternehmensbewertung, infoCenter }EAAAC-40715 ]

    I. Grundlagen der Unternehmensbewertungnach IDW S 1

    Der IDW S 1 ist ein verbindlicher in Bewertungspraxis undRechtsprechung gleichermaßen anerkannter Leitfaden zurErstellung von Unternehmensbewertungen für den Berufs-stand der Wirtschaftsprüfer in Deutschland. Hierbei sind dieVorgaben des IDW S 1 als Mindestkatalog sowie Gliede-rungsvorschlag anzusehen. Beispielsweise regelt der Stan-dard keine branchenspezifischen Aspekte. Vor diesem Hin-tergrund muss in der Praxis stets eine intensive Auseinan-dersetzung mit den Vorgaben des Standards erfolgen, umdiesen jeweils anlassbezogen und bewertungsobjektspezi-fisch anwenden zu können.

    Praxishinweis █> Die Bewertung nach dem Ertrags-wertverfahren ist höchstrichterlich anerkannt und alsverfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft worden.1

    Mit einer Unternehmensbewertung nach IDW S 1 gehtsomit eine hohe Rechtssicherheit einher.

    Der Wert eines Unternehmens bestimmt sich nach IDW S 1unter der Voraussetzung ausschließlich finanzieller Ziele

    grundsätzlich durch den Barwert der mit dem Eigentum andem Unternehmen verbundenen finanziellen Überschüssedes Anteilseigners (Zukunftserfolgswert).

    Als Wertuntergrenze ist nach IDW S 1 regelmäßig derLiquidationswert anzusetzen. Der Liquidationswert stellt denSaldo aus Vermögensgegenständen und Schulden auf Basisabsatzmarktorientierter Werte dar. Demnach werden dieeinzelveräußerbaren Vermögensgegenstände zu Zerschla-gungswerten und die einzelnen ablösbaren Schulden zuAblösebeträgen angesetzt, wobei zusätzlich Zerschlagungs-kosten zu erfassen sind. Zudem sind die persönlichenSteuern aufgrund eines gegebenenfalls entstehenden Liqui-dationserlöses zu berücksichtigen, so dass es sich um eine

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    Unternehmensbewertung

    Zunehmende Bedeutung, aktuelle Entwicklungen undHandlungsempfehlungen für die Praxis

    Prof. Dr. Christian Zwirner und Gregor Zimny,M. Sc.*

    Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, 3. Aufl. 2018}PAAAG-85758 ]

    Peemöller (Hrsg.), Praxishandbuch der Unternehmensbewertung,

    6. Aufl., 2015 }UAAAE-79427 ]

    * Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München.

    1 Vgl. BGH, Urteil v. 2.2.2011 - XII ZR 185/08 }AAAAD-88296 ], NJW 2011 S. 2572 ff. = Kurzinfo StuB 2012

    S. 47 }YAAAD-99249 ]; BVerfG, Beschluss v. 27.4.1999 - 1 BvR 1613-94 }MAAAB-85466 ], NJW 1999

    S. 3769 ff.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 1

  • Bewertung nach persönlichen Steuern handelt. Der Ansatzeines im Vergleich zum Zukunftserfolgswert höheren Liqui-dationswerts als Mindestwert ist bei einer objektiviertenUnternehmensbewertung nach IDW S 1 nur dann nichtgeboten, wenn eine Liquidation rechtlich oder faktischausgeschlossen ist.2

    Der Substanzwert stellt im Gegensatz zum Liquidationswert(Verkaufs- oder Zerschlagungswert) den Gebrauchswert derbetrieblichen Substanz dar.3 Bei der Ermittlung des Sub-stanzwerts wird ein bestehendes Unternehmen durch Nach-bau seiner Substanz, d. h. seiner einzelbewertungsfähigenGüter und Schulden zum Bewertungsstichtag rekonstruiert.Der (Netto-)Substanzwert spiegelt folglich den (tagesaktuel-len) Wert der vorgeleisteten Ausgaben wider. Gleichzeitigimpliziert die Reproduktion der Unternehmenssubstanz, dassdie Wiederbeschaffungskosten den theoretisch korrektenWertmaßstab darstellen. Die Ermittlung des Substanzwertserfolgt vor persönlichen Steuern. Aufgrund des grundsätzlichfehlenden Bezugs des Substanzwerts zu den künftigenfinanziellen Überschüssen kommt ihm bei der Ermittlungdes Unternehmenswerts nach IDW S 1 keine eigenständigeBedeutung zu.4 Allerdings nehmen die steuerlichen Rege-lungen in §§ 199 ff. BewG Bezug auf den Substanzwert.5

    Praxishinweis █> Nach IDW S 1 stellt der Unterneh-menswert grundsätzlich einen Zukunftserfolgswert dar.Die Ermittlung erfolgt i. d. R. mittels Ertragswertverfahrenoder DCF-Verfahren. Der Liquidationswert repräsentiertdem IDW S 1 folgend regelmäßig die Wertuntergrenze,während dem Substanzwert nach IDW S 1 keine eigen-ständige Bedeutung beigemessen wird.

    II. Allgemeine Ausführungen Ertragswert,DCF

    1. Ermittlung der finanziellen ÜberschüsseDie Ermittlung des Zukunftserfolgswerts hat nach IDW S 1grundsätzlich nach dem Ertragswertverfahren oder nacheinem DCF-Verfahren zu erfolgen, d. h. mithilfe einesKapitalwertkalküls. Der Unternehmenswert berechnet sichdemnach aus den künftigen Überschüssen, die der Unter-nehmenseigner aus dem Unternehmen bei Fortführung inunverändertem Konzept und Veräußerung etwaigen nichtbetriebsnotwendigen Vermögens aufgrund seiner zumBewertungszeitpunkt vorhandenen materiellen Substanz,seiner Innovationskraft und Stellung am Markt, seinerinneren Organisation sowie seines disponierenden Manage-ments in der Zukunft erwirtschaften kann. Kernbestandteileeiner Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertver-fahren respektive einem DCF-Verfahren sind die finanziellenÜberschüsse im Zähler des Kalküls sowie ein risikoadäquaterKapitalisierungszinssatz.

    Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens nach IDW S 1lassen sich nach der Art der möglichen ÜberschussgrößeErtragsüberschüsse und Einnahmenüberschüsse voneinan-der abgrenzen. Der Ertragsüberschuss ist der nach handels-rechtlichen, nach einkommensteuerrechtlichen oder nachinternationalen Rechnungslegungsvorschriften ermittelte

    Saldo aus Erträgen und Aufwendungen, der sich aus derGuV ergibt. Die Prognose der künftigen Ertragsüberschüsseerfolgt mit Hilfe von Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen,die um eine Finanzbedarfsplanung ergänzt werden müssen,um die Auswirkungen der Veränderungen der Vermögens-und Schuldenpositionen im Finanzergebnis adäquat ab-bilden zu können. Die Planung der finanziellen Überschüsseerfolgt i. d. R. nach einem Zwei-Phasenmodell. Die erstePhase (Detailplanungsphase) zeichnet sich dadurch aus, dassdie finanziellen Überschüsse des Bewertungsobjekts i. d. R.detailliert geplant werden können und umfasst regelmäßigeinen Zeitraum zwischen drei und fünf Jahren. Die zweitePhase stellt die sog. ewige Rente dar. In der ewigen Rentewird unterstellt, dass die jährlichen Zahlungen konstantbleiben oder mit einer konstanten Rate wachsen. Dabei istdie Ermittlung von Ertragsüberschüssen stets abhängig vonden zugrunde gelegten Rechnungslegungsvorschriften.

    Allerdings ist zu beachten, dass – obwohl sich unterschied-liche Ertragsüberschüsse je nach zugrunde gelegten Rege-lungen ergeben können – der Unternehmenswert nichtabhängig von den Abbildungsvorschriften ist, da der Ertrags-wert allein auf entziehbare Ertragsüberschüsse abstellt.Daher sind die rechnungslegungsbezogen ermittelten Datenstets in vergleichbare und rechnungslegungsunabhängigeGrößen zu transformieren. Bei der Unternehmensbewertungnach IDW S 1 spielt das handelsrechtliche Vorsichtsprinzipkeine Rolle.

    Praxishinweis █> Der Unternehmenswert ist nichtvon den der Ermittlung der Ausgangsgrößen zugrundegelegten rechnungslegungsbezogenen Abbildungsvor-schriften abhängig. Somit können die Rechnungslegungund die damit zusammenhängende Erfassung sowiePeriodisierung von Aufwendungen und Erträgen keinenEinfluss auf den Unternehmenswert haben.

    Die finanzierungstheoretischen DCF-Verfahren stellen eineinternational, insbesondere im angloamerikanischen Raumübliche Bewertungskonzeption dar, die gem. IDW S 1 auchvon deutschen Wirtschaftsprüfern angewendet werdenkann.6 Dabei werden in der Bewertungstheorie dem Ober-begriff DCF-Verfahren vier konzeptionell divergierende Me-thoden zugeordnet (Free Cashflow WACC (WACC), TotalCashflow WACC (TCF), Adjusted Present Value (APV) undFlow to Equity (FTE)), die bei konsistenten Annahmen jedochanalytisch ineinander überführt werden können und somitwertmäßig identische Ergebnisse hervorbringen. Allen DCF-Methoden gemeinsam ist die Fokussierung auf Zahlungs-ströme, weil nur diese konsumierbar, ergo entscheidungs-relevant sind. Der Beurteilung von Unternehmenswertenliegt der Gedanke „cash is king“ zugrunde.

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    2 Vgl. IDW, WPH Edition Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Kap. A Rz. 156.

    3 Vgl. IDW S 1, Rz. 170.

    4 Vgl. IDW S 1, Rz. 171.

    5 Vgl. zur Abgrenzung zwischen Liquidationswert und Substanzwert auch Zwirner/Zimny, in: Petersen/Zwirner,

    Handbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2017, S. 1033 ff.

    6 Vgl. zu den DCF-Verfahren auch Zwirner/Lindmayr, in: Petersen/Zwirner, Handbuch Unternehmensbewertung,

    2. Aufl. 2017, S. 381 ff.; Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, 3. Aufl. 2018, S. 32 }YAAAG-85729 ].

    2 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • Jede DCF-Methode basiert auf einer bestimmten Zerlegungs-fiktion bezüglich der bewertungsrelevanten Überschüsse, sodass sich die Ableitung der Cashflows (Zähler) sowie dieErmittlung des Zinssatzes (Nenner) entsprechend unter-scheiden. Dabei kann jeweils zwischen Brutto- bzw. Entity-und Netto- bzw. Equity-Ansätzen unterschieden werden,wobei sich innerhalb der Brutto-Methode weitere Differen-zierungen, insbesondere was die Ermittlung des Unter-nehmensgesamtwerts betrifft, ergeben.

    Während die Brutto-Verfahren, bestehend aus APV, WACCund TCF-Ansatz, zunächst den Unternehmensgesamtwert(enterprise value/entity value), d. h. den Wert der Unter-nehmung unabhängig von der Kapitalstruktur berechnen,um diesen anschließend durch Kürzung um die Ansprüchevon Fremdkapitalgebern (Flow-to-debt) zum eigentlich ge-suchten Unternehmenswert (equity bzw. shareholder value)überzuleiten, ermitteln Netto-Verfahren (in Gestalt des FTEbzw. des deutschen Ertragswertverfahrens) den Marktwertdes Eigenkapitals direkt durch Diskontierung der den Eignernzufließenden entziehbaren Überschüsse mit einem risikoan-gepassten Eigenkapitalkostensatz.

    Praxishinweis █> Die einzelnen DCF-Methoden sowiedas Ertragswertverfahren nach IDW S 1 führen beikonsistenter Umsetzung respektive Berücksichtigung kon-sistenter Annahmen zu identischen Ergebnissen.

    2. Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes„Die finanziellen Überschüsse aus dem Unternehmen sindmit dem Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstich-tag abzuzinsen, um sie mit der dem Investor zur Verfügungstehenden Alternativanlage vergleichbar zu machen“.7 In derUnternehmensbewertungslehre sowie in der Rechtspre-chung hat sich zur Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzessowohl bei den DCF-Verfahren als auch bei den Ertragswert-verfahren das Capital Asset Pricing Model (CAPM) bzw. Tax-CAPM (bei einer Nachsteuerbetrachtung) etabliert.

    Praxishinweis █> Die Anwendung des CAPM bei derBestimmung der Kapitalkosten ist internationaler Stan-dard und auch in der deutschen Rechtsprechung höchst-richterlich anerkannt.8

    Das CAPM bzw. Tax-CAPM wird im Rahmen der Gesamt-bewertungsverfahren herangezogen, um die Renditeforde-rung der Eigenkapitalgeber, konkret um risikoadjustierteEigenkapitalkosten, zu berechnen. Dabei berücksichtigt dasCAPM bei der Ermittlung der Renditeforderung der Eigen-kapitalgeber gemäß der dem Modell zugrunde liegendenPrämissen, dass diese allgemein als risikoaverse Investorenzu betrachten sind und neben einer risikolosen Basisver-zinsung (rf) auch eine Risikoprämie verlangen, die diese fürdie Übernahme der unternehmerischen Unsicherheit ent-lohnt. Die Risikoprämie ergibt sich grundsätzlich aus demProdukt der allgemeinen beobachtbaren Marktrisikoprämie(MRP) und dem unternehmensspezifischen Betafaktor (β).

    Bei der Ermittlung des (risikolosen) Basiszinssatzes (rf) sollkeinerlei Risiko in Hinblick auf das Ausfall-, Termin- und

    Währungsrisiko bestehen. Aus diesem Grund wird in derPraxis zur Ermittlung des Basiszinssatzes auf Staatsanleihen,konkret auf Zerobond-Zinssätze für Staatsanleihen zurück-gegriffen. Da in der Praxis regelmäßig keine Staatsanleihenmit Laufzeiten existieren, die exakt der Frist – im Sinne dergeforderten Laufzeitäquivalenz, die bei der Bestimmung desrisikolosen Basiszinssatzes zwingend zu beachten ist –entsprechen, in der das Unternehmen die künftigen finan-ziellen Überschüsse an die Unternehmenseigner ausschüttet,muss auf Schätzverfahren zurückgegriffen werden. Dabeihat sich in der Praxis zur Ableitung des Basiszinssatzes dieSvensson-Methode etabliert.9

    In den letzten Jahren war beim Basiszinssatz ein starkfallender Trend zu verzeichnen. Während der Basiszinssatzzum 31.12.2008 noch bei 4,25 % lag, sank er zwischenzeitlichauf unter 1,00 %. Um die Schwankungen beim Kapita-lisierungszinssatz und insbesondere beim Basiszinssatz sogering wie möglich zu halten – beispielsweise vor demHintergrund eines verschobenen Bewertungsstichtags –empfahl der Fachausschuss für Unternehmensbewertungund Betriebswirtschaft (FAUB) im Juni 2005 eine kauf-männische Rundung des Basiszinssatzes auf 1⁄4-Prozent-punkte. Das anhaltende Niedrigzinsniveau veranlasste denFAUB im Jahr 2016 dazu, eine neue Empfehlung zurRundung des Basiszinssatzes auszusprechen. Seitdem istder ungerundete, aus den Zinsstrukturdaten der DeutschenBundesbank abgeleitete Basiszinssatz unter der Voraus-setzung, dass dieser unter einem Prozentpunkt liegt, auf1⁄10-Prozentpunkte zu runden. Hierdurch sollen Unterneh-menswerte – während Zeiten niedriger Zinsen – genauerermittelt werden.

    Übersicht 1: Entwicklung des Basiszinssatzes nach IDW S 1

    Zum 30.9.2016 sank der Basiszinssatz nach IDW S 1 sogar aufeinenWert von 0,50%. Seit diesem Tiefstand im Spätsommer2016 erholte sich der Basiszinssatz wieder ein wenig undstieg zum 31.12.2017 am Jahresendewieder auf 1,25%. Trotzdes leichten Aufwärtstrends befindet sich der Basiszinssatzaber in der Langzeitbetrachtung weiterhin auf einem sehrniedrigen Niveau. Erst zum 30.9.2018 sank der gerundeteBasiszinssatz wieder – nachdem er 19 Monate bei 1,25 %

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    7 IDW S 1, Rz. 113.

    8 Vgl. stellvertretend OLG Karlsruhe, Beschluss v. 23.7.2015 - 12a W 4/15.

    9 Vgl. IDW, WPH Edition Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Kap. A Rz. 375 ff.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 3

  • verharrte – auf 1,00 %. Wie sich der Basiszinssatz nach IDWS 1 seit dem 31.12.2008 jeweils zum Jahresende entwickelte,kann Übersicht 1 auf S. 3 entnommen werden.

    Die allgemein beobachtbare Marktrisikoprämie (MRP) kannals Differenz zwischen der erwarteten Marktrendite (rM) undeinem risikolosen Zinssatz (rf) ermittelt werden. Durch diesesoll ausgedrückt werden, welchen Renditeabschlag Investo-ren durchschnittlich verlangen, wenn sie ihr Kapital anstattin eine risikolose Anlageform in ein gut diversifiziertesMarktportfolio investieren. Annahmegemäß ist die – amMarkt beobachtbare – Marktrisikoprämie für alle risikobe-hafteten Kapitalanlagen und folglich für alle Unternehmengleich hoch. Die Marktrisikoprämie wird üblicherweise ver-gangenheitsorientiert abgeleitet. Zu ihrer Ermittlung sindinsgesamt vier verschiedene Einflussfaktoren von Bedeutung– Aktienindex, Beobachtungszeitraum, Art der Mittelwert-bildung und risikoloser Zinssatz. In der Praxis wird dieMarktrisikoprämie regelmäßig auf Grundlage von empiri-schen Studien bzw. auf Grundlage der Empfehlungen desFAUB ermittelt.10

    Seit Ende 2012 umfasst die Empfehlung des FAUB eine zuverwendende Bandbreite von 5,5 % bis 7,0 % (vor persön-lichen Steuern) bzw. 5,0 % bis 6,0 % (nach persönlichenSteuern). Mit der Anhebung der empfohlenen Marktrisiko-prämie Ende 2012 hat das IDW auf die anhaltende Niedrig-zinsphase reagiert. Trotz des allgemein anhaltenden Niedrig-zinsniveaus und des damit einhergehenden weiteren Absin-kens des Basiszinssatzes haben Mitglieder des FAUB im Jahr2018 erneut bestätigt, dass die im Jahr 2012 veröffentlichtenBandbreiten weiterhin gültig sind.11

    Praxishinweis █> In der Rechtsprechung besteht hin-sichtlich der Höhe der Marktrisikoprämie kein Konsens.Während beispielsweise das OLG München jüngst einenAnsatz der Marktrisikoprämie i. H. von 5,0 % (nachpersönlichen Steuern) als angemessen erachtete,12 vertratdas OLG Düsseldorf kürzlich die Auffassung, der Ansatzeiner Marktrisikoprämie nach persönlichen Steuern i. H.von 5,5 % sei angemessen.13 Beide Urteile beziehen sichauf einen Bewertungsstichtag im Jahr 2013.

    Vor dem Hintergrund der aktuell empfohlenen Zinssätzezeigt sich, dass sich die Bandbreite der Marktrisikoprämie –abweichend zum Basiszinssatz – seit Jahren (relativ) kon-stant verhält. Hingegen erfährt der Basiszinssatz nach IDWS 1 seit Jahren einen starken Rückgang, wodurch sich – beieinem vergleichsweise konstanten Niveau der Marktrisiko-prämie – auch der bewertungsrelevante Kapitalisierungs-zinssatz rückläufig verhält. Übersicht 2 zeigt dessen Ent-wicklung auf.

    Der angesetzte Risikozuschlag ist um die besondere Risiko-struktur der zu bewertenden Gesellschaft zu modifizieren;dieses drückt sich nach dem CAPM/Tax-CAPM im sog.Betafaktor aus. Der Betafaktor spiegelt die Fluktuation desRisikos im Verhältnis zum Risiko des Gesamtmarkts riskanterPapiere wider. Da die Marktrisikoprämie gegeben bzw. füralle Unternehmen annahmegemäß gleich hoch ist, hängt die

    Höhe der unternehmensspezifischen Risikoprämie und somitdie Renditeforderung der Eigenkapitalgeber eines Unter-nehmens insbesondere von dem unternehmensspezifischenBetafaktor ab. Der Betafaktor ist als Maß für das systema-tische Risiko zu verstehen, der die Sensitivität der Unter-nehmensrendite im Vergleich zur Gesamtmarktrenditeangibt und beschreibt, in welchem Ausmaß die Unter-nehmensrendite an der Entwicklung der Gesamtmarktren-dite partizipiert. Dabei bringt ein Betafaktor von 1,0 zumAusdruck, dass sich ein Wertpapier proportional zur Ge-samtmarktrendite verhält. Ein Betafaktor über 1,0 drückt einim Vergleich zum Gesamtmarkt höheres Risiko des Unter-nehmens, ein Betafaktor unter 1,0 ein entsprechend niedri-geres Risiko aus. In der Praxis wird der Betafaktor regelmäßigdurch einen Rückgriff auf Kapitalmarktdaten vergleichbarerUnternehmen (Peer-Group) ermittelt (beispielsweise mitBloomberg, Capital IQ etc.).

    In der Unternehmensbewertung ist des Weiteren dasWachstum der erwarteten zukünftigen Unternehmenser-gebnisse zu berücksichtigen. Während die Erträge festver-zinslicher Wertpapiere, die für die Ermittlung des Basiszins-satzes angenommen werden, über deren Laufzeit unab-hängig von der künftigen Geldentwertung nominal konstantbleiben (und daher in realer Kau�raft sinken), könnenUnternehmen unter Umständen unter Inflationsbedingun-gen nominal steigende Zukunftserfolge erwirtschaften. Dieswird durch den Ansatz eines Wachstumsabschlags imDiskontierungsfaktor berücksichtigt. Der Wertbeitrag derunternehmerischen Zahlungsüberschüsse, die zeitlich nachder Detailplanungsphase anfallen, wird im Rahmen derBewertung mit dem Barwert einer ewigen Rente erfasst.Während ein eventuelles Wachstum in der Detailplanungs-phase direkt in der Unternehmensplanung abgebildet ist,erfordert die Ermittlung eines nachhaltigen Wachstums inder Phase der ewigen Rente eine Abschätzung des langfristigerreichbaren Wachstumstrends. Es ist daher für diese Jahreein Kapitalisierungszinssatz zu verwenden, der um einenWachstumsabschlag vermindert wird.

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    Übersicht 2: Entwicklung des Kapitalisierungszinssatzes im Zeitablauf seit 31.12.2008

    10 Vgl. Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, IDW life 2018 S. 806 ff.

    11 Vgl. Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, IDW life 2018 S. 806 ff.

    12 Vgl. OLG München, Beschluss v. 26.6.2018 - 31 Wx 382/15, NZG 2018 S. 1104.

    13 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.4.2018 - I-26 W 4/16, AG 2018 S. 679.

    4 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • Ein Wachstumsabschlag ist dann geboten, wenn dieZukunftserfolge auf der Preisbasis des Bewertungsstichtagsgeplant sind. In den Zukunftserfolgen, die im nachhaltigenErgebnis abgeleitet werden (ewige Rente), ist ein nominalesWachstum nicht berücksichtigt. Die nominalen finanziellenÜberschüsse verändern sich jedoch sowohl aufgrund vonPreissteigerungen als auch aufgrund von Mengen- undStrukturveränderungen.

    Praxishinweis █> Bei der Bewertung nicht börsen-notierter Unternehmen kann mangels Kapitalmarkts keinunternehmenseigener Betafaktor ermittelt werden. FürZwecke der Bewertung nicht börsennotierter Unterneh-men ist daher regelmäßig auf die Kapitalmarktdatenbörsennotierter Unternehmen zurückzugreifen, die hin-sichtlich der Risikostruktur vergleichbar mit dem Bewer-tungsobjekt sind (sog. Peer-Group).

    Sofern es um Unternehmensbewertungen mit internationa-lem Bezug geht, wird sowohl in der Theorie als auch in derPraxis vermehrt das Bedürfnis zum Ausdruck gebracht, diedurch das (Tax-)CAPM ermittelten Risikoprämien zu modifi-zieren, die sich an (zum Teil unterschiedlich) entwickeltenKapitalmärkten beobachten lassen. Die Modifikationensollen im Wesentlichen dazu beitragen, (auch) für aufstre-bende und risikoreiche Kapitalmärkte Risikoprämien be-stimmen zu können, die der tatsächlich zu erwartendenRisikosituation der zu bewertenden Unternehmen Rechnungtragen. Das wird zumeist damit begründet, dass inter-national agierende Unternehmen respektive Konzerne, dieu. a. in diesen Märkten tätig sind, mit ihren Investitionen inden einzelnen Ländern zusätzlichen länderspezifischen Risi-ken ausgesetzt sind, die weder durch die national (d. h.beispielsweise bezogen auf den Sitz der Konzernspitze inDeutschland) ermittelte Marktrisikoprämie noch durch denBetafaktor angemessen erfasst werden. Dabei äußern sichdiese länderspezifischen Risiken beispielsweise in Form vongroßen Nachfrageschwankungen, größeren Unsicherheitenüber Zins-, Inflations- und Währungsentwicklungen sowie indem rechtlichen Umfeld. Daher soll eine zusätzliche Länder-risikoprämie bei der Ermittlung von Kapitalisierungszinssät-zen bei eben diesen Unternehmensbewertungen, d. h. derBewertung ausländischer Unternehmen (beispielsweiseTochtergesellschaften eines inländischen Mutterunterneh-mens), berücksichtigt werden.

    Der FAUB des IDW äußerte sich bereits im Jahr 2012 imRahmen des Fragen-Antworten-Katalogs zu IDW S 1hinsichtlich der Möglichkeit und damit auch grundsätzlichenZulässigkeit, Länderrisiken bei der Ermittlung von Unter-nehmenswerten berücksichtigen zu können.14 Unter be-stimmten Voraussetzungen erkennt der FAUB des IDW denAnsatz einer außerhalb des (Tax-)CAPM zu bestimmendenLänderrisikoprämie im Kapitalisierungszinssatz an. Damit istdem Ansatz eines landesspezifischen Risikozuschlags auf denKapitalisierungszinssatz zumindest dem Grunde nach derWeg bereitet. Allerdings hat der FAUB offen gelassen, wiegenau eine Länderrisikoprämie abgeleitet werden soll.15

    Praxishinweis █> In der Praxis sind bei Unterneh-mensbewertungen mit internationalem Bezug Länder-risikozuschläge auf den Kapitalisierungszinssatz zu be-obachten. Das IDW erachtet diese im Einzelfall fürzulässig und als mit dem (Tax-)CAPM vereinbar.

    Die Eigenkapitalkosten werden regelmäßig benötigt, um dieZahlungsströme beim Ertragswertverfahren zu diskontieren.Die Höhe der Eigenkapitalkosten ist darüber hinaus aberauch bei der Anwendung von DCF-Verfahren relevant. Beider APV-Methode sowie bei der FTE-Methode erfolgt dieAbzinsung der Cashflows mit den Eigenkapitalkosten. Aller-dings ist darauf zu achten, dass beim FTE die Eigenkapital-kosten unter Berücksichtigung der Verschuldung des Unter-nehmens angesetzt werden (verschuldete Eigenkapitalkos-ten), während bei der APV-Methode die Abzinsung mit denunverschuldeten Eigenkapitalkosten erfolgt. Die Verschul-dung wird im Rahmen der APV-Methode separat berück-sichtigt, indem der Steuervorteil aus der Fremdfinanzierung(sog. Tax Shield) gesondert ermittelt wird.

    Bei der TCF-Methode und der WACC-Methode werden diefinanziellen Überschüsse mit einem gewichteten Kapita-lisierungszinssatz (WACC) abgezinst, der Eigenkapitalkostenund Fremdkapitalkosten ( jeweils zu Marktwerten) in Abhän-gigkeit des Verschuldungsgrads des Bewertungsobjektsberücksichtigt.

    Praxishinweis █> Die Wahl des Kapitalisierungszins-satzes ist unmittelbar von der gewählten Bewertungs-methode abhängig. Sofern ein Nettoverfahren angewandtwird, sind Eigenkapitalkosten anzusetzen; bei den Brutto-verfahren erfolgt die Abzinsung grundsätzlich mit einemdurchschnittlichen gewichteten Kapitalisierungszinssatz(WACC). Eine Besonderheit stellt die Bewertung nachdem APV dar. Obwohl es sich beim APV um ein Brutto-verfahren handelt, erfolgt die Abzinsung der finanziellenÜberschüsse mit den Eigenkapitalkosten.

    III. Herausforderungen ZinsniveauHinsichtlich der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes(nicht nur für Zwecke der Unternehmensbewertung) werdenUnternehmen seit vielen Jahren aufgrund des anhaltendenNiedrigzinsniveaus vor eine Herausforderung gestellt. DieUrsachen für das bestehende Niedrigzinsniveau sind viel-fältig. Ein wesentlicher Einflussfaktor für das aktuelle Zins-niveau liegt nicht zuletzt im Krisenmanagement der Zentral-banken im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise.Seit der jüngsten Finanzmarktkrise, die seit dem Ausbruchim Jahr 2008 globale Auswirkungen hat, betreiben dieZentralbanken eine expansive Geldpolitik, die das Zinsniveaunach unten drückt. Diese expansive Geldpolitik wird auchnunmehr zehn Jahre nach Beginn der Krise noch immerfortgeführt. Des Weiteren ist auf den Märkten seit derFinanzmarktkrise ein hoher Investitionsstau zu beobachten,der in Verbindung mit einer aktiven Sparpolitik vereinzelter

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    14 Vgl. Fragen und Antworten zu IDW S 1 i. d. F. 2008, FN-IDW 2014 S. 293 ff.

    15 Vgl. zu einem pragmatischen Weg zur Ableitung einer Länderrisikoprämie Zwirner/Kähler, DB 2015 S. 2721 ff.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 5

  • Nationen das historisch niedrige Zinsniveau zusätzlichfördert. Dass die EZB weiterhin an der Niedrigzinspolitikfesthält und die Erwartungen an einen baldigen Zinsanstieggering sind, verschärft die momentane Situation zusätzlich.

    Die Auswirkungen des Niedrigzinsniveaus für die gesamteWirtschaft respektive für die handelnden Unternehmer undUnternehmen sind sehr hoch und vielschichtig. Die Möglich-keit der Einflussnahme durch die betreffenden Unternehmenist häufig sehr gering und hängt insbesondere davon ab,welche Bereiche vom Niedrigzinsniveau im Unternehmenbetroffen sind. Während beispielsweise im Hinblick auf einemögliche Kreditfinanzierung, potenzielle Investitionen, Fi-nanzanlagen, alternative Anlagestrategien (z. B. in Immobi-lien) Unternehmer häufig eine aktive Rolle einnehmenkönnen, das Niedrigzinsniveau strategisch für sich zu nutzen,führt die aktuelle Zinssituation besonders dort zu weit-reichenden Folgen, wo Unternehmen keine Möglichkeithaben, aktiv Maßnahmen einzuleiten, dem Niedrigzinsni-veau nachhaltig entgegenzuwirken.16

    Die geringe Möglichkeit der Einflussnahme des Bilanzieren-den auf Folgen des Niedrigzinsniveaus besteht insbesondereim Bereich der Unternehmensbewertung nach IDW S 1, weilder bewertungsrelevante Basiszinssatz auf Daten der Deut-schen Bundesbank ermittelt wird. Auch der für Zwecke derBeteiligungsbewertung nach IDW RS HFA 10 benötigteBasiszinssatz ist basierend auf Daten der Deutschen Bundes-bank zu ermitteln; nichts anderes gilt für Werthaltigkeits-überlegungen im Zusammenhang mit aktivierten Firmen-werten (sowohl nach HGB als auch nach IFRS). Insoweitmüssen die Unternehmen sich über die Risiken im Klarensein, die das derzeitige Zinsniveau bereits heute mit sichbringt bzw. künftige Folgen aus der jetzigen Situation.

    Praxishinweis █> Bei der Vornahme von Unterneh-mensbewertungen sollte immer das aktuelle Niedrig-zinsniveau bedacht werden. Ein Anstieg der Zinsen inder Zukunft kann einen erheblichen Einfluss auf gegen-wärtige Entscheidungen und künftige Werthaltigkeits-überlegungen haben.

    Vor dem Hintergrund des Niedrigzinsniveaus steigt unteransonsten gleichen Annahmen der Unternehmenswert beisinkenden Zinssätzen. Teilweise reagiert die Praxis auf dieniedrigen Basiszinssätze mit der Verwendung einer Markt-risikoprämie am oberen Ende der vom FAUB empfohlenen

    Bandbreite. Damit wird zumindest teilweise das niedrigeBasiszinsniveau hinsichtlich seines Einflusses auf den Kapi-talisierungszinssatz kompensiert.

    Praxishinweis █> Unternehmen müssen im Rahmenvon Unternehmensbewertungen bedenken, dass derKapitalisierungszinssatz durch die anhaltende Niedrig-zinsphase nach unten gedrückt wird. Dadurch steigen dieUnternehmenswerte bei ansonsten unveränderten An-nahmen allein durch das Niedrigzinsniveau, unabhängigdavon, ob sich die Lage des operativen Geschäfts ge-bessert hat.

    Neben der unmittelbaren Auswirkung des Niedrigzinsni-veaus auf den Kapitalisierungszinssatz im Rahmen derUnternehmensbewertung wirken sich die anhaltend niedri-gen Zinsen auch auf zahlreiche Bereiche innerhalb einesUnternehmens respektive Bewertungsobjekts aus. DieseAuswirkungen ergeben sich unabhängig von einer vorzu-nehmenden Unternehmensbewertung, sind bei dieser abernicht zuletzt bei der Planungsrechnung zu berücksichtigen.Im Rahmen der Unternehmensbewertung sollte ein beson-deres Augenmerk auf das Finanzergebnis gelegt werden. Dieaktuelle Niedrigzinsphase erschwert beispielsweise die Prog-nose der erwarteten Fremdkapitalzinsen in der Zukunft, weileine Abkehr der Niedrigzinsphase durch die EZB noch nichtabsehbar ist. Erst kürzlich verkündete die EZB, dass miteinem steigenden Leitzins für die Eurozone nicht vor demHerbst 2019 gerechnet werden kann. Die Zinsentwicklungder Jahre 2019 ff. ist noch ungewiss, für Zwecke einerUnternehmensbewertung aber möglichst genau und belast-bar zu prognostizieren.

    Es ist festzustellen, dass das anhaltend niedrige Zinsniveaugrundsätzlich einen erheblichen Einfluss auf alle Unter-nehmen, nicht nur in Deutschland, hat. Dadurch, dass dieZinspolitik der EZB die gesamte europäische Volkswirtschaftbetrifft, kann sich diesem Einfluss letztlich kein Unter-nehmen entziehen. Auch die Möglichkeiten, vonseiten derbetroffenen Unternehmen, etwas gegen dieses Zinsniveauzu unternehmen, bzw. aktiv Maßnahmen einzuleiten, die dieindividuellen Lasten mindern, bestehen kaum. Insofernbleibt die Frage, ob respektive wann es einen Ausweg ausder Niedrigzinsphase gibt und was die Unternehmen aktuellmachen können, damit die negativen Effekte möglichstgering sind. Zunächst müssen sich Unternehmen im Klarendarüber sein, welche Bereiche des Unternehmens vomNiedrigzinsniveau betroffen sind. Anschließend müssen dieUnternehmen möglichst frühzeitig die kurz-, mittel- undlangfristigen Folgen bestmöglich abschätzen.

    IV. Anteilsbewertung gem. § 253 HGB i. V.mitIDW RS HFA 10

    Bei Beteiligungen handelt es sich gem. § 271 Abs. 1 HGB umAnteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, demeigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauerndenVerbindung zu jenen Unternehmen zu dienen. Eine Beteili-gung wird nach § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB vermutet, wenn dieAnteile an einem Unternehmen insgesamt 20 % des Nenn-kapitals dieses Unternehmens oder, falls ein Nennkapitalnicht vorhanden ist, 20 % der Summe aller Kapitalanteile andiesem Unternehmen überschreiten. Im Rahmen der Zu-gangsbewertung werden die erworbenen Anteile mit ihrenAnschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB bewertet, diei. d. R. dem Kaufpreis der Beteiligung zzgl. Anschaffungs-nebenkosten entsprechen. Schwieriger gestaltet sich dieFolgebewertung der aktivierten Beteiligungen in künftigenPerioden. Da Beteiligungen nicht planmäßig abgeschriebenwerden, müssen zum Bilanzstichtag die Wertansätze der in

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    16 Vgl. zum Niedrigzinsniveau bereits Zwirner/Zimny, WP Praxis 2016 S. 4 ff. }JAAAF-18166 ].

    6 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Beteiligungen regel-mäßig überprüft werden. Liegt eine voraussichtlich dauer-hafte Wertminderung vor, ist die Beteiligung außerplan-mäßig abzuschreiben. Bei voraussichtlich nicht dauerhafterWertminderung kann eine Wertminderung vorgenommenwerden (Wahlrecht nach § 235 Abs. 3 Satz 6 HGB). BeiWegfall der Gründe für die Wertminderung ist eine Wert-au�olung zwingend geboten (§ 253 Abs. 5 Satz 1 HGB). Fürdie Bilanzierenden bedeutet dies, dass der zum Stichtagbeizulegende Wert einer Beteiligung zutreffend und imEinklang mit den handelsrechtlichen Normen zu ermittelnist. Neben den unternehmensspezifischen Prognosen hin-sichtlich der erwarteten Ertrags- bzw. Zahlungsüberschüssekommt hierbei der zutreffenden Bestimmung des Kapita-lisierungszinssatzes zum Stichtag eine erhebliche Bedeutungzu.17

    Das HGB enthält keine Regelungen dazu, was unter dembeizulegenden Wert zu verstehen ist. Wie der beizulegendeWert einer bilanzierten Beteiligung zu bewerten ist, be-antwortet das HGB insofern nicht. Daher konkretisiert IDWRS HFA 1018 die vom Berufsstand der Wirtschaftsprüferanzuwendenden allgemeinen betriebswirtschaftlichenGrundsätze der Unternehmensbewertung für Zwecke derBeteiligungsbewertung nach IDW S 1. Somit stellt IDW RSHFA 10 ein Bindeglied zwischen den Anforderungen des§ 253 HGB zur handelsrechtlichen Folgebewertung und IDWS 1 dar. Die jährlich vorzunehmende Beteiligungsbewertungist daher regelmäßig im Zusammenspiel der handelsrecht-lichen Normen mit den Anforderungen des IDW RS HFA 10respektive des IDW S 1 vorzunehmen. Als einen Bewertungs-anlass führt das Rahmenkonzept des IDW S 1 explizit die(Gesamt-)Bewertung von Unternehmen für Zwecke derexternen Rechnungslegung auf.19 Die für die Beteiligungs-bewertung maßgeblichen Anforderungen ergeben sichinsbesondere aus IDW S 1.

    Praxishinweis █> Wie der beizulegende Wert im Rah-men der Jahresabschlusserstellung zu ermitteln ist,definiert das HGB nicht. Die Konkretisierung des beizu-legenden Zeitwerts erfolgt in IDW RS HFA 10.

    IDW RS HFA 10 unterscheidet im Hinblick auf die Beteili-gungsbewertung in Abhängigkeit der mit der Beteiligungverbundenen Absicht zwei Fälle:1. Bewertung bei Halteabsicht (Regelfall);2. Bewertung unter Veräußerungsgesichtspunkten (Aus-

    nahmefall).

    Im ersten Fall wird beim bilanzierenden Unternehmen voneiner dauerhaften Halteabsicht der betreffenden Beteiligungausgegangen. Dieser Fall stellt in der Bilanzierungspraxis denRegelfall dar. Diese Annahme ist sinnvoll, weil der Erwerbeiner Beteiligung grundsätzlich mit wirtschaftlichen Vor-teilen verbunden sein dürfte, die das Halten einer Beteili-gung auch in Zukunft voraussetzen. Im zweiten Fall erfolgtdie Bewertung unter der Prämisse einer bestehenden Ver-äußerungsabsicht. Diese Annahme stellt in der Praxis(abgesehen von Finanzinvestoren wie beispielsweise Priva-

    te-Equity-Unternehmen) eher die Ausnahme dar, weil davonauszugehen ist, dass ein Unternehmen sich grundsätzlich garnicht erst an einem anderen Unternehmen beteiligen würde,wenn dies nicht auf Dauer ökonomisch sinnvoll ist.

    Je nachdem, welche Absicht das bilanzierende Unternehmenhat, ergeben sich Auswirkungen auf die Vorgehensweise beider Bewertung. Bei einer dauerhaften Halteabsicht ist derUnternehmenswert als subjektiver Unternehmenswert unterEinschluss aller Synergieeffekte zu bewerten.20 Nach IDW S 1handelt es sich bei Synergieeffekten um die „Veränderungder finanziellen Überschüsse, die durch den wirtschaftlichenVerbund zweier oder mehrerer Unternehmen entstehen undvon der Summe der isoliert entstehenden Überschüsseabweichen.“21 Prägnant bringt die Umschreibung „1+1=3Effekt“ zum Ausdruck, was unter Synergieeffekten grund-sätzlich zu verstehen ist.

    IDW S 1 differenziert im Hinblick auf Synergieeffekte sog.unechte und echte Synergieeffekte. Unechte Synergieeffektesind nach IDW S 1 dadurch gekennzeichnet, dass sie sichohne Durchführung der dem Bewertungsanlass zugrundeliegenden Maßnahme realisieren lassen.22 Diese vom IDWgewählte Formulierung könnte so verstanden werden, dassunechte Synergieeffekte auch realisiert werden können,wenn keine Kooperation zustande käme, mithin das Bewer-tungsobjekt echte Synergieeffekte auch „stand alone“erzielen könnte. Das ist nicht der Fall. Synergieeffektei. S. des IDW S 1 (sowohl echte als auch unechte) bedingenstets mindestens einen Kooperationspartner. Die Betonungliegt weniger auf dem Begriff „ohne Durchführung“, sondernvielmehr auf dem Ausdruck „dem Bewertungsanlass zu-grunde liegende[n] Maßnahme“. Mit anderen Wortenkommen unechte Synergieeffekte auch dann zustande,wenn nicht der konkret vorliegende Bewertungsanlassdurchgeführt wird. Unechte Synergieeffekte lassen sich miteiner Vielzahl unterschiedlicher Kooperationspartner reali-sieren. D. h. unechte Synergieeffekte sind nicht demBewertungsanlass, sondern dem Bewertungsobjekt imma-nent. Die bewertungsrelevante Synergie stiftende Maß-nahme muss im Unternehmenskonzept zudem regelmäßigbereits verankert, dokumentiert oder zumindest konkreteingeleitet sein.23 Bei genauer Auslegung des IDW S 1 zeigtsich, dass die Anzahl der unechten Synergieeffekte in derPraxis begrenzt sein dürfte und es sich dabei branchen- undunternehmensübergreifend stets um vergleichbare bzw.ähnliche (Verbund-)Vorteile handeln dürfte. Neben positivenSynergieeffekten sind auch negative Synergieeffekte in dieBerechnung mit einzubeziehen. Negative Synergieeffekte

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    17 Vgl. zu den Anforderungen an eine Beteiligungsbewertung im Niedrigzinsumfeld Zwirner/Zimny, BC 2015

    S. 206 ff.

    18 Vgl. IDW RS HFA 10, IDW-FN 2012 S. 24 ff. Vgl. grundlegend zur Werthaltigkeitsprüfung nach IDW RS HFA 10

    Reinholdt/de la Paix, in: Petersen/Zwirner, Handbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2017, S. 803 ff.

    19 Vgl. IDW S 1, Rz. 8.

    20 Vgl. zur Berücksichtigung von Synergien stellvertretend Zwirner, DB 2013 S. 2874 ff., sowie Prechtl, in:

    Petersen/Zwirner, Handbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2017, S. 969 ff.

    21 IDW S 1, Rz. 33.

    22 Vgl. IDW S 1, Rz. 34.

    23 Vgl. IDW S 1, Rz. 34.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 7

  • entstehen beispielsweise, wenn durch einen Zusammen-schluss Kosten entstehen, die ihre Ursache in der Zusam-menlegung von Abteilungen (Reibungsverluste) oder derVereinheitlichung respektive Zusammenführung von sys-temseitigen und arbeitstechnischen Prozessen haben.

    Praxishinweis █> Unechte Synergien äußern sich bei-spielsweise in Form von Größenvorteilen, die nach einerTransaktion entstehen oder Rationalisierungspotenzialedurch Zusammenlegung einzelner Abteilungen in derVerwaltung. Derartige Vorteile sind unabhängig vomkonkreten Bewertungsanlass und mit einer Vielzahl vonpotenziellen Kooperationspartnern zu erreichen.

    Was unter echten Synergien zu verstehen ist, definiert IDWS 1 nicht direkt. Die Bestimmung von echten Synergienerfolgt vielmehr in Form einer Negativabgrenzung vonunechten Synergieeffekten. Bei echten Synergieeffektenhandelt es sich um Synergieeffekte, die im Rahmen einesbestimmten, d. h. konkreten Bewertungsanlasses realisiertwerden können bzw. „käufer- respektive verkäuferindivi-duell“ sind.24 Häufig sind die vorhandenen respektiveerwarteten echten Synergieeffekte der Grund, weshalb diegeplante Transaktion überhaupt durchgeführt wurde.

    Unechte Synergieeffekte sind hingegen in den überwiegen-den Fällen ein nützlicher „Nebeneffekt“ einer Transaktionund selten der Hauptgrund, eine Transaktion durchzuführen.Diesem Umstand trägt auch das IDW Rechnung, indem beiVorliegen einer dauerhaften Halteabsicht echte Synergieef-fekte zu berücksichtigen sind.25 Regelmäßig wird dasbilanzierende Unternehmen nämlich im Rahmen der Kauf-preisfindung echte Synergieeffekte eingepreist haben, sodass sich in den Anschaffungskosten respektive in derZugangsbewertung echte Synergieeffekte bereits widerspie-geln, die dann auch für Zwecke der Folgebewertung zuberücksichtigen sind.

    Der für die Beteiligungsbewertung relevante Unternehmens-wert ist bei vorhandener Halteabsicht daher ein subjektiverUnternehmenswert, der die individuellen Verhältnisse undMöglichkeiten aus der Perspektive des die Beteiligungbilanzierenden Unternehmens einbezieht. Zudem sind ge-plante, aber noch nicht konkret eingeleitete Maßnahmen imoperativen Bereich und geplante Änderungen bei der Unter-nehmensfinanzierung und im Management zu berücksichti-gen. Einschränkend dürfen nach IDW RS HFA 10 dievorhandenen (echten) Synergieeffekte lediglich soweit be-rücksichtigt werden, wie sie durch das bilanzierende Unter-nehmen selbst, die zu bewertende Beteiligungsgesellschaftoder Tochterunternehmen dieser beiden Gesellschaftenrealisierbar sind. An dieser Stelle zeigt sich, dass IDW RSHFA 10 bei bestehender Fortführungsprämisse lediglicheinen eingeschränkt subjektiven Unternehmenswert ge-stattet, weil echte Synergieeffekte, die oberhalb des dieBeteiligung bilanzierenden Unternehmens entstehen (Mut-terunternehmen, indirekte Mutterunternehmen) sowie beiihren Schwesterunternehmen, nicht berücksichtigt werdendürfen.26

    * Vgl. auch Zwirner/Zimny, BB 2017 S. 945.

    Mutter-unternehmen X

    Schwester -unternehmen X

    Unternehmen Y

    Unternehmen Xbilanzierendes Unternehmen

    Beteiligung

    zu bewertendesUnternehmen

    Sphäre zu berücksichtigender echter Synergieeffekte

    Übersicht 3: Sphäre zu berücksichtigender Synergien bei der Beteiligungsbewertung*

    Praxishinweis █> Echte Synergieeffekte lassen sichnicht mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern reali-sieren, sondern sind stets vom konkreten Bewertungs-anlass bzw. der bilanzierten Beteiligung abhängig. DieNutzung von technischem Know-how, Patenten, Marken,Kundenlisten usw. stellen beispielsweise regelmäßigechte Synergieeffekte dar, die bei Vorliegen einer Fort-führungsprämisse zu berücksichtigen sind.

    Bei bestehender Veräußerungsabsicht der zu bewertendenBeteiligung ist nach IDW RS HFA 10 ein objektivierterUnternehmenswert zu ermitteln. Hierbei ist der Unter-nehmenswert aus der Perspektive eines potenziellen Erwer-bers bei Unternehmensfortführung mit unverändertemKonzept (stand alone-Betrachtung) zu ermitteln. Dass beibestehender Veräußerungsabsicht keine echten, sondern nurunechte Synergieeffekte berücksichtigungsfähig sind, liegtdaran, dass vorhandene echte Synergieeffekte beim bilan-zierenden Unternehmen nicht mehr realisiert werdenkönnen, wenn die Synergie stiftende Beteiligung veräußertwird. Des Weiteren dürfen lediglich zum Stichtag bereitseingeleitete oder im Unternehmenskonzept dokumentierteMaßnahmen und typisierte Managementfaktoren zugrundegelegt werden.27

    Hinsichtlich der Berücksichtigung von Steuern bei derBeteiligungsbewertung ist wie bei den Synergieeffekten aufdie Perspektive des die Beteiligung haltenden Unternehmensabzustellen. D. h. im Rahmen der Bewertung sind die Steuernauf Ebene der Gesellschaft (Gewerbe- und Körperschaftsteu-er inklusive Solidaritätszuschlag) in Abzug zu bringen. Nichtzu berücksichtigen sind hingegen die persönlichen Ertrag-steuern auf Ebene der Anteilseigner.28

    Anders als bei der Beteiligungsbewertung unter der Prämisseder Unternehmensfortführung ist bei bestehender Veräuße-

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    24 Vgl. Winner, in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2015, § 14 Rn. 7.

    25 Vgl. IDW RS HFA 10, Rz. 5.

    26 Vgl. IDW RS HFA 10, Rz. 6.

    27 Vgl. IDW RS HFA 10, Rz. 11.

    28 Vgl. IDW RS HFA 10, Rz. 8.

    8 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • rungsabsicht hinsichtlich der Besteuerung aus der Perspek-tive eines beliebigen unbeschränkt steuerpflichtigen Anteils-eigners auszugehen. D. h. im Rahmen der Beteiligungsbe-wertung ist eine Bewertung nach typisierten Ertragsteuernvorzunehmen.29 Übersicht 4 stellt zusammenfassend dar,wie hinsichtlich der Bestimmung der finanziellen Über-schüsse für Zwecke der Beteiligungsbewertung in Abhängig-keit der Halteabsicht nach IDW RS HFA 10 vorzugehen ist.

    Übersicht 4: Anforderungen an die Bestimmung der finanziellen Über-schüsse bei der Beteiligungsbewertung

    Finanzielle Über-schüsse

    Halteabsicht Veräußerungsabsicht

    Synergieeffekte > (begrenzte) Berück-sichtigung von ech-ten Synergieeffekten– Berücksichtigungvon unechten Syner-gieeffekten

    > keine Berücksichti-gung von echtenSynergieeffekten –Berücksichtigung vonunechten Synergieef-fekten

    Steuern > Perspektive des dieBeteiligung halten-den Unternehmens

    > Perspektive einesunbeschränkt steuer-pflichtigen inländi-schen Erwerbers

    V. Praxishinweise des IDW

    1. Bewertung von KMU 2014 (Praxishinweis 1/2014)

    1.1 Besonderheiten bei der Bewertung von KMUIn Deutschland lassen sich die meisten Unternehmen sowohlin qualitativer als auch quantitativer Hinsicht den sog.kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) zuordnen.Entscheidend sind regelmäßig die qualitativen Faktoren. Aufdie quantitativen Faktoren, beispielsweise die Mitarbeiter-zahl oder den durchschnittlichen Jahresumsatz, kommt es inden meisten Fällen nicht an. KMU stellen sozusagen denStandardfall in der Unternehmenslandschaft dar, börsen-notierte Großkonzerne sind eher die Ausnahme. Dennochstellt insbesondere die Bewertung von KMU für den Beraterimmer wieder eine besondere Herausforderung dar. Imkonkreten Bewertungsfall wird der Berater regelmäßigdamit konfrontiert, dass der Eigentümer des KMU gleich-zeitig geschäftsführend für das Unternehmen tätig ist, diesermit seinem Vermögen gering diversifiziert ist, gegebenen-falls persönlich haftet, begrenzte Finanzierungsmöglichkei-ten bestehen, mangelnde Fungibilität der Anteile bestehtoder keine hinreichende Unternehmensplanung vorliegt. Diehier nicht abschließend aufgeführten Beispiele haben einenzum Teil erheblichen Einfluss auf den Unternehmenswertund müssen im Kalkül sachgerecht berücksichtigt werden.

    Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen in Theorieund Praxis ist, wie diese qualitativen Faktoren am sinn-vollsten und gleichzeitig im Einklang mit den Anforderungendes IDW S 1 zu quantifizieren sind. Einen ersten Schritt zurLösung des Problems unternahm der FAUB des IDW, indemer 2011 einen Katalog mit Fragen und Antworten zurpraktischen Anwendung des IDW S 1 verabschiedete.Gegenstand des Katalogs waren insbesondere Fragen, diehäufig im Zusammenhang mit der Bewertung von KMUauftreten. Im Februar 2014 machte das IDW einen nächsten

    Schritt und verabschiedete mit dem „Praxishinweis Beson-derheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unter-nehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen (IDWPraxishinweis 1/2014)“ eine Verlautbarung mit dem Ziel, dieBesonderheiten von KMU und deren Umgang im Rahmeneiner Bewertung nach IDW S 1 zu konkretisieren.30 SämtlicheAusführungen des Praxishinweises sind insofern keineneuen Ansichten des IDW, sondern lediglich eine Aus-legungshilfe für die Bewertungspraxis der bereits bestehen-den Ausführungen des IDW S 1.31

    Jedes Unternehmen ist individuell zu betrachten und hatseine bewertungsrelevanten Besonderheiten, die es zuberücksichtigen gilt. Das gilt sowohl für KMU als auch fürgroße Unternehmen. Diesen Befund formuliert das IDW inseinem Praxishinweis 1/2014 für KMU explizit.32 Es istinsofern nicht möglich, KMU anhand allgemeingültigerKriterien zu fassen und darauf au�auend ein universellesBewertungsmodell für sämtliche KMU abzuleiten. Vielmehrobliegt es dem Sachverstand und der Erfahrung desBewerters, die wertrelevanten qualitativen Kriterien zubestimmen und die richtigen Schlüsse für die konkreteBewertung zu ziehen.33

    1.2 Prognose der künftigen finanziellen ÜberschüsseDer Ableitung der künftigen finanziellen Überschüssekommt im Praxishinweis 1/2014 eine herausragende Bedeu-tung zu. Während sich Literatur und Praxis in der Ver-gangenheit überwiegend mit KMU-spezifischen Anpassun-gen am Kapitalisierungsfaktor auseinandersetzten (beispiels-weise Total-Beta, pauschale Abschläge zu Fungibilität, SizePremiums etc.), konzentriert sich das IDW nun insbesondereauf die finanziellen Überschüsse. Allein vom Umfang be-ziehen sich ca. 50 % der Ausführungen im betreffendenPraxishinweis auf die Ableitung der finanziellen Überschüsseim Bewertungskalkül. Hierbei unterscheidet sich das theore-tische Grundkonstrukt zur Vorgehensweise der Ableitung derfinanziellen Überschüsse im Praxishinweis 1/2014 nicht vonder im IDW S 1. D. h. auch bei KMU gilt, dass sich derUnternehmenswert durch den Barwert der an die Unter-nehmenseigner zufließenden Nettozuflüsse ergibt (Zu-kunftserfolgswert).34 Im Hinblick auf die Ableitung derfinanziellen Überschüsse sind das Ertragswertverfahrensowie die international dominierenden Discounted Cash-flow-Methoden denkbar.

    Ein zentraler Aspekt des IDW Praxishinweises 1/2014 beziehtsich hinsichtlich der finanziellen Überschüsse auf die Frageder Übertragbarkeit der Ertragskraft des Bewertungsobjektsauf einen fremden Dritten. In einzelnen Fällen dürfte dievollständige Übertragbarkeit der Ertragskraft bei KMU ge-rade nicht gegeben sein.

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    29 Vgl. IDW RS HFA 10, Rz. 12.

    30 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, FN-IDW 42014 S. 282 ff.

    31 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 4.

    32 Vgl. zu den Anforderungen des IDW Praxishinweises 1/2014 bereits Zwirner/Zimny, StuB 2015 S. 323 ff.

    }WAAAE-89424 ].

    33 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 6 f.

    34 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 12.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 9

  • 1.3 Ermittlung der übertragbaren ErtragskraftObwohl bereits der Standard IDW S 1 im Zusammenhangmit der Berücksichtigung von Managementfaktoren aus-drücklich die Relevanz der übertragbaren Ertragskraft be-tont,35 wurde vor der Veröffentlichung des IDW Praxishin-weises 1/2014 auf die Übertragbarkeit in der Literatur zurBewertung von KMU kaum Aufmerksamkeit geschenkt.

    Bei der Bewertung von KMU ist es für die Bestimmung derLebensdauer somit von entscheidender Bedeutung, inwie-weit die bestehende Ertragskraft des Bewertungsobjekts beiVeräußerung übertragbar ist. Das IDW unterscheidet imPraxishinweis 1/2014 zwischen vollständig übertragbarerErtragskraft und partiell oder temporär übertragbarer

    Ertragskraft.36

    Der Standard IDW S 1 geht im Grunde davon aus, dass dasManagement keinen wertrelevanten Einfluss auf die Ertrags-kraft des Unternehmens hat bzw. austauschbar ist ohnesignifikante Auswirkungen auf die künftige Unternehmens-entwicklung. In diesen Fällen kann davon ausgegangenwerden, dass die vorhandene Ertragskraft des Bewertungs-objekts auch mit einem anderen fachkundigen Geschäfts-führer aufrechterhalten werden kann, so dass die Ertrags-kraft des Unternehmens dann vollständig übertragbar ist.Diese Annahme der vollständigen Übertragbarkeit derErtragskraft kann bei KMU allerdings regelmäßig nichtunterstellt werden.37 Insbesondere bei KMU ist der Einflussder Unternehmenseigner auf das gesamte Unternehmenmeist hoch einzustufen. Diesem Umstand trägt das IDW mitdem Praxishinweis 1/2014 Rechnung.38 Beispielhaft führtdas IDW im Praxishinweis 1/2014 bewertungsrelevanteBesonderheiten des Eigentümers auf. Demnach wirke derEigentümer häufig „insbesondere als> (Haupt-)Leistungserbringer (z. B. Anwalt, Architekt, Arzt,

    Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), dessen Leistung ent-scheidend für die Kundenzufriedenheit ist, auch wenn ersich dabei Erfüllungshilfen bedient,

    > Verkaufsleiter, der kontinuierlich neue Kunden gewinnt,

    > Geschäftsleiter, der hohe Marketingeffekte erzielen kann,

    > Vertrauensperson gegenüber den Mitarbeitern, die einehohe Loyalität in der Belegschaft erzeugt,

    > Träger von bestimmtem Wissen, aufgrund dessen neueProdukte und Verfahren entwickelt werden.“39

    Diese vom IDW beispielhaft aufgeführten Merkmale einesKMU-Geschäftsführers sind in der Form bei fast jedem KMUvorzufinden. Diese immateriellen Faktoren im Rahmen desBewertungskalküls nicht angemessen zu berücksichtigen,hätte auf den Unternehmenswert regelmäßig einen er-heblichen Einfluss. Nach Ansicht des IDW kann – falls eineenge Bindung der oben aufgeführten Fähigkeiten an denEigentümer besteht – nicht davon ausgegangen werden,dass ein Fremdgeschäftsführer diese Fähigkeiten ohneWeiteres weiterführen könne. Vielmehr verbrauchen sichdie Merkmale im Zeitablauf. Für die Ermittlung derfinanziellen Überschüsse bedeutet dies, dass diese im Zeit-ablauf nur begrenzt zur Verfügung stehen oder sogar sofortmit dem Ausscheiden des Eigentümers nicht mehr vor-

    handen sind. Die Ertragskraft des Bewertungsobjekts istdann nur partiell oder temporär übertragbar.40

    Falls die mit dem Eigentümer verbundene Ertragskraftüberhaupt nicht auf einen Fremdgeschäftsführer übertrag-bar ist, müssen die in diesem Zusammenhang stehendenpositiven und negativen Erfolgsbeiträge des (bisherigen)Eigentümers im Bewertungskalkül vollständig eliminiertwerden. Falls davon auszugehen ist, dass die bisherigenErfolgsbeiträge des Eigentümers zumindest temporär über-tragbar sind, sind diese Erfolgsbeiträge im Rahmen derDetailplanungsphase sachgerecht abzuschmelzen. Je nach-dem, um welche Erfolgsbeiträge es sich handelt, respektivewie lange die Erfolgsbeiträge im Zeitablauf noch als vor-handen anzunehmen sind, kann es notwendig sein, dieDetailplanungsphase soweit auszumodellieren, bis sämtlicheBesonderheiten des Bewertungsobjekts bei der Ableitung derfinanziellen Überschüsse abgebildet sind. Nur durch dieumfassende bzw. vollumfängliche Berücksichtigung in derDetailplanungsphase kann vermieden werden, dass dieselediglich temporär oder partiell bestehenden Erfolgsbeiträgein der zweiten Phase (ewige Rente, Terminal Value) fälsch-licherweise ewig fortgeschrieben werden. Analoges gilt füretwaige Einflüsse von Familienmitgliedern und anderensonstigen personellen Einflussfaktoren auf die Erfolgsbei-träge des Bewertungsobjekts.41

    Praxishinweis █> Bei der Bewertung von KMU istzwingend zu untersuchen, inwiefern die vorhandeneErtragskraft auf einen fremden Dritten übertragbar ist.Sofern beispielsweise ein hoher persönlicher Einfluss desGeschäftsführers auf den Erfolg des Unternehmens ge-geben ist, könnte die Ertragskraft nur temporär, partielloder im Zweifel gar nicht übertragbar sein.

    1.4 FortführungsdauerIn der Praxis wurde im Hinblick auf die Fortführungs-prognose bei KMU fast ausnahmslos eine unbegrenzteLebensdauer des Unternehmens unterstellt. Die Annahmeeiner unbegrenzten Lebensdauer mag bei Unternehmeneiner gewissen Größe (beispielsweise multinational agieren-de Kapitalgesellschaften bzw. börsennotierte Unternehmen)annähernd zutreffen. Weshalb einem Unternehmen aus demDAX 30 im Rahmen einer Unternehmensbewertung eineendliche Lebensdauer von beispielsweise „nur“ zehn oder20 Jahren unterstellt werden sollte, wird durchaus schwer zubegründen sein. Die Annahme einer unendlichen Lebens-dauer liegt insofern auch dem Standard IDW S 1 zugrunde.Im Zuge der noch immer andauernden Finanzmarktkrisemuss allerdings auch diese Aussage zumindest relativiertwerden. Viele große Unternehmen mit teilweise genera-

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    35 Vgl. IDW S 1, Rz. 38.

    36 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 24 ff.

    37 Vgl. auch Ballwieser et al., WPg 2014 S. 466.

    38 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 25 ff.

    39 IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 25.

    40 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 26.

    41 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 27.

    10 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • tionenübergreifender Historie mussten plötzlich Insolvenzanmelden oder standen kurz davor.

    Anders als bei großen Kapitalgesellschaften kann bei kleinenund mittelgroßen Unternehmen (KMU) indes nicht zwangs-läufig von einer unendlichen Lebensdauer ausgegangenwerden. Im Gegensatz zu großen Kapitalgesellschaften mussdie Annahme einer unendlichen Lebensdauer des Bewer-tungsobjekts bei KMU regelmäßig kritisch hinterfragt wer-den. Dem Praxishinweis 1/2014 zufolge kann es sachgerechtsein, bei KMU eine endliche Lebensdauer des Unternehmenszu unterstellen.

    Die Ertragskraft bzw. die Lebensdauer eines Unternehmenswird i. d. R. durch Know-how, Kundenbeziehungen, Imageusw. beeinflusst. Während bei großen Aktiengesellschaftengrundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass dieErtragskraft des Unternehmens in erster Linie nicht (allein)durch das Management bestimmt wird, ist das bei KMUhäufig nicht der Fall. Da bei KMU die erfolgsentscheidendenWerttreiber häufig beim Eigentümer gebunden sind, ist diebestehende bzw. vergangene Ertragskraft des Bewertungs-objekts bei Einsatz eines anderen Geschäftsführers nichtvollständig, u. U. sogar überhaupt nicht übertragbar. D. h. beiAusscheiden des bestehenden Geschäftsführers nach einererfolgten Unternehmenstransaktion ist bei KMU häufigdavon auszugehen, dass wertrelevantes Wissen mit demGeschäftsführer ausscheidet und die Ertragskraft des Unter-nehmens im Zeitablauf sinkt. In diesen Fällen kann nicht voneiner unendlichen Lebensdauer des Bewertungsobjekts aus-gegangen werden. Vielmehr sind die künftigen finanziellenÜberschüsse im Zeitablauf mit einer geeigneten Abschmelz-rate zu reduzieren. Der Abschmelzungszeitraum (und damithäufig auch die gesamte Lebensdauer des zu bewertendenUnternehmens) ist dabei individuell zu bestimmen.

    1.5 Bestimmung des KapitalisierungszinssatzesAuch bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmens-werts von KMU ist gem. IDW Praxishinweis 1/2014typisierend auf Renditen eines Aktienportfolios als Aus-gangsgröße abzustellen.42 Die Bestimmung des Kapita-lisierungsfaktors kann auch bei KMU anhand des (Stan-dard-)CAPM (bzw. Tax-CAPM) erfolgen.43 D. h. aber nicht,dass es bei der Ermittlung des Kapitalisierungsfaktors nichtzwingend erforderlich ist, das CAPM anzuwenden. Wenn dasCAPM aber zur Anwendung gelangt, dann nur in seinerStandardform, d. h. ohne finanzmathematisch nicht nach-vollziehbare Anpassungen durch pauschale Zu- oder Ab-schläge. In der Praxis wird mangels Alternativen auch beiKMU ein Rückgriff auf das CAPM erforderlich sein.

    Praxishinweis █> Die Ermittlung des Kapitalisierungs-zinssatzes erfolgt bei der Unternehmensbewertung un-abhängig von der Unternehmensgröße regelmäßig nachdem CAPM.

    Hinsichtlich der konkreten Anwendung des CAPM bei KMUsteht der Berater regelmäßig vor der Herausforderung, dasses keine börsennotierten Vergleichsunternehmen gibt. Fürdie Ableitung des unternehmensspezifischen Betafaktors ist

    es daher zulässig, diesen basierend auf einer Gruppe vonbörsennotierten Vergleichsunternehmen (Peer-Groups) zuermitteln.44 Bei der Zusammenstellung der Peer-Group istdarauf zu achten, dass in diese Unternehmen einbezogenwerden, die hinsichtlich des Geschäftsmodells und derRisikostruktur mit dem Bewertungsobjekt weitestgehendübereinstimmen. Kritiker dieser Vorgehensweise mögen denEinwand haben, dass ein derartiger Peer-Group-Vergleichsehr stark von subjektiven Einflüssen geprägt ist und für dieErmittlung objektivierter Unternehmenswerte i. S. des IDWS 1 daher abzulehnen ist. Dieser Einwand ist durchausberechtigt bzw. nicht unbegründet, da es sich bei derAbleitung des Beta-Faktors über einen Peer-Group-Vergleichzweifellos nicht um die „First-Best-Lösung“ handelt. Aller-dings ist darauf hinzuweisen, dass im Ergebnis letztlich einUnternehmenswert zu ermitteln ist. Auch hier ist dahermangels (praktikabler) Alternativen nach derzeitigem Standschlicht kein anderes Vorgehen vorstellbar bzw. kein besse-res bekannt. Im Praxishinweis 1/2014 wird in diesemZusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass esletztlich in der Verantwortung des Wirtschaftsprüfers liegt,den Betafaktor einzelfallbezogen sachgerecht zu ermitteln.45

    2. Anforderungen an eine Planungsrechnung(IDW Praxishinweis 2/2017)

    2.1 Notwendigkeit einer PlanungsrechnungPlanungsrechnungen bilden für eine Vielzahl unternehme-rischer Entscheidungen eine zentrale Grundlage. Daher ist esessenziell, dass die Planungsrechnung als solche belastbar istund auch die der Planung zugrunde liegenden Annahmenkonsistent respektive plausibel sind. Der Erstellungsprozesseiner Planungsrechnung erfolgt nicht nach gesetzlichenVorschriften, so dass grundsätzlich jedes Unternehmenhinsichtlich der Ausgestaltung der unternehmenseigenenPlanung frei ist. Dieser Umstand führt dazu, dass die Ansätzeund die Qualität der Planungsrechnung von Unternehmenzu Unternehmen sowie in Abhängigkeit des Planungsanlas-ses sehr stark variieren können. Das IDW veröffentlichte2017 mit dem IDW Praxishinweis: „Beurteilung einer Unter-nehmensplanung bei Bewertung, Restrukturierungen, DueDiligence und Fairness Opinion (IDW Praxishinweis2/2017)“46 umfassende Leitlinien zur Beurteilung einerUnternehmensplanung. Nur mit einer plausiblen und aufrealistischen Annahmen basierenden Planungsrechnungkann ein Unternehmenswert zutreffend ermittelt werden.47

    Nach IDW S 1 sind regelmäßig verschiedene Unterpläne bzw.„ergänzende Rechnungen“ zu verwenden, welche in dieeinzelnen Teilplanungen (Plan-Bilanz, Plan-GuV, Plan-Kapi-talflussrechnung) Eingang finden.48

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    42 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 45.

    43 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 47.

    44 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 47.

    45 Vgl. IDW Praxishinweis 1/2014, Rz. 50.

    46 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2017, IDW life 2017 S. 343 ff.

    47 Vgl. zu den Anforderungen des IDW Praxishinweises 2/2017 bereits Zwirner/Zimny, StuB 2018 S. 362 ff.

    }ZAAAG-83896 ].

    48 Vgl. IDW S 1, Rz. 27.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 11

  • Weiterhin umfasst nach IDW S 1 eine ordnungsgemäßeUnternehmensplanung eine sog. integrierte Planungsrech-nung. Der Zusatz „integriert“ steht hierbei für die Konsistenzder einzelnen Teilplanungen unter- respektive zueinander.Dies bedeutet einerseits, dass Plan-Bilanz, Plan-GuV undPlan-Kapitalflussrechnung untereinander abgestimmt seinmüssen.49 Darüber hinaus ist auch auf die zutreffendeAggregation der „untergeordneten“ Teilpläne, wie beispiels-weise den Absatzplan, welcher maßgeblich den Umsatz unddamit die Plan-GuV beeinflusst, zu achten. Die Ableitung derPlanungsdaten ist mit einem großen Aufwand sowie miteiner hohen Komplexität behaftet, so dass die Einrichtungeiner integrierten Planungsrechnung das Risiko inkonsisten-ter und damit falscher Daten minimiert. Dies ist dem Grundgeschuldet, dass durch eine integrierte Planungsrechnungalle (Teil-)Pläne miteinander abgestimmt werden (müssen)bzw. in Verbindung stehen und somit Fehler vermieden oderrechtzeitig erkannt werden.

    Vor dem Hintergrund der Unternehmensbewertung dientdie Unternehmensplanung regelmäßig als „Dreh- undAngelpunkt“. Die gängigsten Bewertungsverfahren (Ertrags-wert- und DCF-Verfahren) basieren auf der Diskontierungder künftigen Zahlungsüberschüsse, die den Anteilseignernzufließen. Dies bedeutet, dass der geplante, ausschüttbareJahresüberschuss maßgeblich das Bewertungsergebnis be-einflusst, so dass dessen Plausibilität zwingend sichergestelltwerden muss. In diesem Zusammenhang ist auch die sog.Wurzeltheorie, die der BGH entwickelt hat, zu beachten.50

    Danach müssen alle Ereignisse, die in der Wurzel bereits zumBewertungsstichtag angelegt sind, Eingang in die Planungfinden. Folglich sind alle – nach vernünftiger kaufmännischerBeurteilung – zum Bewertungsstichtag absehbaren Ereignis-se in der Planungsrechnung zu berücksichtigen. Umgekehrtbedeutet dies aber auch, dass etwaige Entwicklungen nachdem Bewertungsstichtag, die zu diesem noch nicht bekanntwaren oder gar nicht sein konnten, nicht auf den Bewer-tungsstichtag ex post zurück bezogen werden dürfen (sog.Rückschaufehler).51

    2.2 Anforderungen des IDW Praxishinweises 2/2017

    2.2.1 VorbemerkungenDer Praxishinweis 2/2017 des IDW gibt Hinweise zu den zuüberprüfenden grundsätzlichen Planannahmen sowie zu derPlausibilisierung mittels analytischer Prüfungshandlungen.52

    Grundsätzlich hat die Unternehmensplanung auf Basis

    realistischer Annahmen zu erfolgen, was der Wirtschafts-prüfer mit verschiedenen Prüfungshandlungen zu hinter-fragen hat.53 Weiter betont der IDW Praxishinweis 2/2017,dass die einzelnen Teilpläne (wie beispielsweise Absatzplan,Produktionsplan und Investitionsplan) dahingehend über-prüft werden müssen, ob diese (ordnungsgemäß) aufeinan-der abgestimmt worden sind. Vor diesem Hintergrunderläutert der IDW Praxishinweis 2/2017, dass es – für denFall des Fehlens einer integrierten Planungsrechnung –notwendig sein kann, dass die gesetzlichen Vertreter einesolche zu erstellen (lassen) haben.54

    Der IDW Praxishinweis 2/2017 dient insbesondere Wirt-schaftsprüfern als umfassender Katalog mit Hinweisen zurordnungsgemäßen Beurteilung einer Planungsrechnung. Indiesem Zusammenhang gilt es jedoch zu betonen, dass nichtnur für Wirtschaftsprüfer die Hilfestellungen des IDW inBezug auf die Plausibilisierung von Unternehmensplanungeninteressant sind, sondern auch Kontrollorgane (beispiels-weise Aufsichtsräte, Beiräte) oder die Geschäftsführung dieunternehmenseigene Planungsrechnung mithilfe des IDWPraxishinweises 2/2017 analysieren bzw. plausibilisierenkönnen.

    Neben der Analyse der Konsistenz der einzelnen Teilpläneuntereinander sind die analytischen Prüfungshandlungenein zentraler Bestandteil der Beurteilung von Planungs-rechnungen. Der IDW Praxishinweis 2/2017 unterteilt diePrüfungshandlungen in verschiedene Plausibilitätsmaßstä-be.55 Übersicht 5 zeigt diese auf.

    2.2.2 Rechnerische und formelle PlausibilitätAusgangslage der Überprüfung einer Unternehmensplanungist regelmäßig die Sicherstellung der rechnerischen Richtig-keit innerhalb des Modells. Alle weiteren Plausibilitätsmaß-nahmen verfehlen ihren Zweck, wenn bereits Formelfehlerzu (zwangsläufigen) Inkonsistenzen führen. Derartige Inkon-sistenzen finden sich in der Praxis häufig und haben ihre

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    Übersicht 5: Plausibilitätsmaßstäbe nach IDW Praxishinweis 2/2017*

    Rechnerische und formelle Plausibilität Materielle, interne Plausibilität Materielle, externe Plausibilität

    Rechnerische

    Konsistenz

    Konsistenz der

    Annahmen

    Darstellung aus Sicht

    des Managements

    Unternehmensanalyse Marktanalyse Wettbewerbsanalyse

    Sicherstellung derrechnerischen Richtig-keit

    Beurteilung der Kon-sistenz der Teilpläne

    Überprüfung der zu-grunde gelegten An-nahmen durch

    Erläuterungen des Ma-nagements

    Überprüfung der Un-ternehmensentwick-lung durch

    Vergangenheitsanaly-se. Beurteilung derPlausibilität der Fort-schreibung

    Heranziehung vonMarkt- bzw. volkswirt-schaftlichen Prognosensowie Absatzanalysen

    Vergleich mit Wettbe-werbern anhand Ist-Zahlen und Analysten-einschätzungen

    * Vgl. IDW Praxishinweis 2/2017, Rz. 14.

    49 Vgl. IDW S 1, Rz. 27.

    50 Vgl. BGH, Urteil v. 17.1.1973 - IV ZR 142/70, NJW 1973 S. 509.

    51 Vgl. zu den typischen Fehlern in der Unternehmensbewertung Zwirner/Zimny, in: Petersen/Zwirner,

    Handbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2017, S. 1103 ff.

    52 Vgl. zu den Anforderungen des IDW Praxishinweises 2/2017 auch Zwirner/Zimny, StuB 2018 S. 362 ff.

    }ZAAAG-83896 ].

    53 Vgl. Zwirner/Zimny, DB 2017 S. 173 f.

    54 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2017, Rz. 13.

    55 Vgl. hierzu auch Zwirner/Zimny, DB 2017 S. 173 f.

    12 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • Ursache meist in vermeidbaren Unachtsamkeiten, beispiels-weise in Form von fehlerhaften Formelbezügen, falschenSummenberechnungen, Zirkelbezügen usw. Zudem schlei-chen sich Fehler ein, wenn im Rahmen integrierter Planungs-rechnungen mit „manuell“ eingetragenen Werten bereitsbestehende Formeln überschrieben werden. Regelmäßig istdie Erstellung einer integrierten Planungsrechnung einProzess, d. h. während die Planung modelliert wird, könnensich noch aufgrund aktualisierter Planungsprämissen derUnternehmensführung, wesentliche Planungsannahmen än-dern. Im Rahmen der Aktualisierung der Modellrechnungentstehen fast schon unvermeidbare Fehler, weil es regel-mäßig nicht gelingen wird, sämtliche manuell eingetragenenWerte ausfindig zu machen, die einer Änderung bedürfen. Jekomplexer die Planungsrechnung ist oder je mehr manuelleingetragene Werte bestehen, desto höher ist das Fehler-risiko.

    Derartige Fehler lassen sich vermeiden oder zumindest aufein notwendiges Minimum reduzieren, wenn bereits beimModellieren der Planung darauf geachtet wird, dass sämt-liche Werte, die sich basierend auf anderen Werten desModells automatisch berechnen lassen, nicht manuell ein-getragen werden. Eine zusätzliche Sicherheit bietet dieTrennung zwischen Eingabeblättern und Ausgabeblättern.

    Die Plausibilitätsmaßnahmen zur Prüfung der Annahmen-Konsistenz schließen unmittelbar an die Prüfung derrechnerischen Konsistenz an. Im Rahmen integrierter Pla-nungsmodelle werden regelmäßig mehrere Tabellenblättermodelliert, die materiell voneinander abhängig sind. D. h.eine Änderung in einem Tabellenblatt zur GuV-Planung führtzu einer Änderung im Tabellenblatt zur Bilanzplanung.Zudem müssen sich allgemein getroffene bzw. übergreifen-de Annahmen, beispielsweise zum Unternehmenswachstum,konsistent in sämtlichen Tabellen einheitlich widerspiegeln.Auch hier entstehen Fehler, wenn die Verknüpfung dereinzelnen Tabellen untereinander nicht konsequent ist.

    Praxishinweis █> Die Durchführung der rechnerischenund formellen Plausibilitätsprüfung stellt die Basis für diedaran anschließenden Plausibilitätsprüfungen dar. Mit-hilfe dieser Plausibilitätsmaßnahmen wird sichergestellt,dass das Planungsmodell und die diesem inhärentenAnnahmen in sich schlüssig und widerspruchsfrei aufge-baut sind.

    2.2.3 Materielle, interne PlausibilitätModellrechnungen sind isoliert betrachtet regelmäßig einreines Zahlenwerk. Selbst wenn die Berechnungen als solcheschlüssig sind, d. h. die rechnerische und formelle Plausibi-lität gegeben sind, kommt es nicht selten vor, dass diePlanungen nicht mit den tatsächlichen Zielen des Manage-ments in Einklang zu bringen sind oder die Planung zupessimistisch oder zu optimistisch ist. Nicht zuletzt imRahmen objektivierter Unternehmensbewertungen nachIDW S 1, bei denen der Bewerter als neutraler Gutachterauftritt, ist der materiellen, internen Plausibilität ein großerStellenwert beizumessen.

    Die allgemeinen bzw. abstrakten Aussagen zur künftigenGeschäftsentwicklung des Bewertungsobjekts müssen sichin den Planzahlen widerspiegeln. Sofern die Gesellschaftbeispielsweise konkret plant, das Produktportfolio auszuwei-ten und neue Standorte zu eröffnen, müssen sich dieseVorhaben in den konkreten Zahlen wiederfinden.

    Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung der Planungallerdings, wenn eine Aussage getroffen werden muss, obdie von der Geschäftsführung geplante Entwicklung realis-tisch ist. Der Bewerter hat naturgemäß weniger Einblicke indas Bewertungsobjekt als die verantwortliche Geschäftsfüh-rung. Zudem ist es für den Bewerter regelmäßig schwierig,die strategischen Überlegungen der Geschäftsführung alsrealistisch oder unrealistisch zu bezeichnen. Daher erfolgtdie Beurteilung der Plausibilität regelmäßig unter Betrach-tung der Vergangenheit.

    Die Analysehandlungen werden in der Praxis regelmäßigdurch den sog. Soll-/Ist-Vergleich sowie durch Kennzahlen-analysen durchgeführt. Der Soll-/Ist-Vergleich dient derÜberprüfung der Planungsqualität und basiert vollständigauf der Vergangenheitsanalyse.56 Dabei werden historischeUnternehmensplanungen mit der tatsächlichen Entwicklungdes jeweiligen Unternehmens verglichen (sog. Soll-Ist-Ver-gleiche/Plan-Ist-Vergleiche). Hierdurch soll die Prognosequa-lität des Managements überprüft bzw. beurteilt werden.57

    Sofern sich größere Abweichungen ergeben, ist festzustellen,welchen Ereignissen dies geschuldet ist.

    Neben dem Soll-/Ist-Vergleich nimmt die Kennzahlenanalysebei der Plausibilisierung jeder Unternehmensplanung einenzentralen Bestandteil ein. Die Zielsetzung hierbei ist es, dasumfassende Zahlenwerk auf einige wenige aussagekräftigeKennzahlen zu reduzieren. Es ist dabei sicherzustellen, dassein ausreichend großer Referenzzeitraum gewählt wurde.Weiter sind einerseits Ist-Zahlen der Vergangenheit sowieandererseits auch (zukunftsgerichtete) Plan-Zahlen zu ver-wenden, um dadurch die Vergangenheit mit der Zukunft inVerbindung setzen zu können. Sofern sich die Entwicklungder Vergangenheit in den Plan-Kennzahlen widerspiegelt, istdies im ersten Schritt ein Indikator dafür, dass – beiFortführung des bisherigen Geschäftsmodells – die Planungauf realistischen Annahmen basiert. Neben der Vergan-genheitsanalyse müssen sich jedoch auch die Erläuterungenund Planungen des Managements zutreffend in denKennzahlen zeigen. Bei der Ableitung der Kennzahlen sindzudem Sondereffekte zu berücksichtigen und zu eliminieren.

    2.2.4 Materielle, externe PlausibilitätUm das Risiko des Bewertungsobjekts möglichst genau zuerfassen, bedarf es regelmäßig einer detaillierten Wett-bewerbsanalyse. Das individuelle Risiko des Bewertungs-objekts ist stets im Zusammenhang respektive in Abhängig-keit von den Risiken des Gesamtmarkts zu sehen. KeinUnternehmen agiert im „luftleeren Raum“. Bei der Durch-führung von Unternehmensbewertungen sind in einemersten Schritt die gesamtwirtschaftlichen Marktverhältnisse

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    56 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2017, Rz. 23 ff.

    57 Vgl. zur Planungsqualität Ihlau/Duscha, BB 2013 S. 2349.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 13

  • sowie die Marktverhältnisse der relevanten Branche/Bran-chen genau zu analysieren. Erst in einem zweiten Schrittkönnen die Risiken des Bewertungsobjekts identifiziertwerden, weil regelmäßig ein Zusammenhang mit denMarktverhältnissen besteht. In gutachtlichen Stellungnah-men spielt die Markt- und Wettbewerbsanalyse häufig eineuntergeordnete Rolle. Vielfach finden sich lediglich Ausfüh-rungen zu der allgemeinen wirtschaftlichen Lage sowievereinzelte Aspekte der jeweiligen Branchenverhältnisse.Eine Beurteilung der im Gutachten dann ausführlich darge-legten Risiken des Bewertungsobjekts ist in diesen Fällenkaum möglich, weil wesentliche Bezugsgrößen fehlen. InAbhängigkeit von der Verfügbarkeit relevanter Informatio-nen bietet es sich an, ausgehend von der makroökonomi-schen Umweltanalyse, auf die Branchenanalyse überzuleitenund darauf basierend die bewertungsobjektspezifischenRisiken abzuleiten.

    Insbesondere für die Umweltanalyse sowie für die Branchen-analyse stehen dem Bewerter sowie dem Bewertungs-adressaten eine Vielzahl von Analysemethoden zur Ver-fügung. Für die Umweltanalyse bietet sich beispielsweise diesog. PEST-Analyse an. Im Rahmen dieser Analyse können diebewertungsrelevanten politisch-rechtlichen, ökonomischen,technologischen, gesellschaftlichen sowie ökologischen Ver-hältnisse systematisch analysiert werden. Auf betriebswirt-schaftlicher Ebene bietet sich für die Branchenanalyse dieweit verbreitete Branchenstrukturanalyse (sog. Five Forces)von Porter an. Bei der Durchführung der Branchenstruktur-analyse werden die Verhandlungsstärke der Zulieferer undKunden, potenzielle und bereits bestehende Wettbewerbersowie gegebenenfalls vorhandene Ersatzprodukte einer ge-nauen Analyse unterzogen. Die Branchenstrukturanalysevon Porter impliziert, dass die Wettbewerbsintensität inner-halb einer Branche von den aufgeführten fünf „Kräften“beeinflusst respektive bestimmt wird. Basierend auf diesenbeiden Analysen kann der Bewerter beurteilen, wie dasBewertungsobjekt in diese übergeordneten Markt- undWettbewerbsverhältnisse individuell einzuordnen ist. Mit-hilfe einer SWOT-Analyse können dann die einzelnenChancen und Risiken des Bewertungsobjekts identifiziertwerden.

    Praxishinweis █> Zur Beurteilung der Plausibilitäteiner Unternehmensplanung ist regelmäßig auf Kennzah-len Bezug zu nehmen, die einerseits mit Kennzahlen undPerspektiven zu dem Markt, der Branche sowie demWettbewerb und andererseits mit der Entwicklung des zubeurteilenden Unternehmens in der Vergangenheit ver-glichen werden.

    3. Berücksichtigung des Verschuldungsgrads(IDW Praxishinweis 2/2018)

    3.1 Unterschiedliche Kategorisierung der VerschuldungDer Einfluss der Verschuldung auf die Unternehmensbe-wertung ist vielfältig. Regelmäßig fließt der Verschuldungs-grad eines Unternehmens in die Ermittlung des verschulde-ten Betafaktors ein. Zudem stellt sich die Frage nach derBerücksichtigung von Insolvenzwahrscheinlichkeiten auf-

    grund einer gegebenenfalls vorhandenen Überschuldungdes Bewertungsobjekts.

    Im IDW S 1 finden sich keine ausdrücklichen Ausführungenzur Berücksichtigung der unterschiedlichen Verschuldungs-situationen des betreffenden Bewertungsobjekts. DieserUmstand stellte die Praxis in der Vergangenheit regelmäßigvor die Frage der sachgerechten Umsetzung bzw. Anwen-dung der Anforderungen des IDW S 1 bei der Bewertung vonverschuldeten Unternehmen. Die Ausführungen des IDW imaktuellen Praxishinweis 2/2018 konkretisieren unter Bezug-nahme auf die Grundsätze des IDW S 1 die Besonderheiten,die bei der Bewertung (hoch und überhöht) verschuldeterUnternehmen auftreten können und geben Hilfestellung,wie mit diesen Besonderheiten umzugehen ist.58

    Der Praxishinweis 2/2018 stellt wie bereits der Praxishinweis1/2014 sowie der Praxishinweis 2/2017 keine Ausnahmeoder Ergänzung des IDW S 1 dar, sondern lediglich eineKonkretisierung. In der Anlage zum Praxishinweis 2/2018findet sich ein Bewertungsbeispiel, welches die rechen-technische Umsetzung der Ausführungen des Praxishin-weises verdeutlicht. Aufgrund der branchenspezifischenBesonderheiten sind Unternehmen des Finanzdienstleis-tungssektors sowie Versicherungsunternehmen nicht Be-standteil des IDW Praxishinweises 2/2018.

    Dem IDW Praxishinweis 2/2018 liegt die Annahme zu-grunde, dass mit einem steigenden Verschuldungsgrad dasKapitalstrukturrisiko (Finanzierungsrisiko) und das Risiko des(teilweisen) Ausfalls der Zahlungsströme an die Kapitalgeber(Ausfallrisiko) steigen.59 In Abhängigkeit der konkretenVerschuldung des Bewertungsobjekts ist die Tragweitedieser Risiken bei der Unternehmensbewertung jedochunterschiedlich hoch, so dass das IDW eine differenzierteBetrachtung vornimmt.

    Im IDW Praxishinweis 2/2018 wird unterschieden zwischen> normal verschuldeten,

    > gering verschuldeten,

    > hoch verschuldeten und

    > überhöht verschuldeten Unternehmen.60

    Normal verschuldete Unternehmen sind dadurch gekenn-zeichnet, dass sich der Verschuldungsgrad nicht erheblichvom Verschuldungsgrad vergleichbarer Unternehmen (PeerGroup) unterscheidet. Gering verschuldete Unternehmenweisen einen Verschuldungsgrad auf, der den vergleichbarerUnternehmen erheblich unterschreitet. Anzeichen für ma-terielle Ausfallrisiken bestehen bei normal und geringverschuldeten Unternehmen nicht.61

    Ein hoch verschuldetes Unternehmen liegt grundsätzlichdann vor, wenn mit der Verschuldung aktuell oder zukünftigAusfallrisiken verbunden sind. D. h. sofern beispielsweise dasBewertungsobjekt zum Bewertungsstichtag normal ver-

    UNTERNEHMENSBEWERTUNG

    58 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, IDW Life 2018 S. 966 ff.; vgl. zum Praxishinweis 2/2018 auch Zwirner/Zimny,

    DB 2018 S. 2713.

    59 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 11.

    60 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 14 ff.

    61 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 26.

    14 StuB Beilage zu Heft 22/2018

  • schuldet ist, in Zukunft aber eine hohe Verschuldung zuerwarten ist, ist das Bewertungsobjekt als hoch verschulde-tes Unternehmen einzustufen. Umgekehrt liegt auch einhoch verschuldetes Unternehmen vor, wenn zum Bewer-tungsstichtag eine hohe Verschuldung vorliegt, die sich inZukunft planmäßig wieder abbaut.62

    Falls das Bewertungsobjekt einen Verschuldungsgrad auf-weist, der erheblich über dem Verschuldungsgrad vergleich-barer Unternehmen liegt, ist zu überprüfen, ob mit derhohen Verschuldung aktuell oder zukünftig materielle Aus-fallrisiken verbunden sind. Falls keine materiellen Ausfall-risiken bestehen, ist das Unternehmen trotz hoher Ver-schuldung wie ein gering oder normal verschuldetes Unter-nehmen zu betrachten.63 In Übersicht 6 ist die Abgrenzungzwischen gering, normal und hoch verschuldeten Unter-nehmen i. S. des IDW Praxishinweises 2/2018 zusammen-gefasst.

    Übersicht 6: Abgrenzung gering, normal und hoch verschuldete Unter-nehmen*

    Verschuldungsgrad des Bewertungsobjekts isterheblich höher als der Peer Group?

    Verschuldungsgraddes Bewertungsob-jekts ist mit mate-riellen Ausfallrisi-ken verbunden?

    Nein Ja

    Nein Gering bzw. normalverschuldetes Un-ternehmen

    Hoch verschuldetesoder wie geringoder normal ver-schuldetes Unter-nehmen

    Ja Hoch verschuldetesUnternehmen

    Hoch verschuldetesUnternehmen

    * Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 19.

    Bei überhöht verschuldeten Unternehmen ist ohne erfolg-reiche Sanierungsmaßnahmen mittelfristig keine Unterneh-mensfortführung mehr möglich. Im Gegensatz zu hochverschuldeten Unternehmen zeichnen sich überhöht ver-schuldete Unternehmen dadurch aus, dass bereits ein Antragauf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt wurde,Verhandlungen zwischen den Kapitalgebern aufgenommenwurden oder zukünftig aufgenommen werden müssen, weilsonst eine Insolvenz nicht mehr abgewendet werden kann.64

    3.2 Besonderheiten bei der BewertungHinsichtlich der Bewertung von normal und gering ver-schuldeten Unternehmen ergeben sich aufgrund der Ver-schuldung keine besonderen Anforderungen. Regelmäßig istbei diesen Unternehmen von einer unbegrenzten Lebens-dauer auszugehen und Brutto- sowie Nettoverfahren sindgleichermaßen für die Bewertung geeignet.65 Hinsichtlichder Ermittlung der finanziellen Überschüsse sowie derKapitalkosten gelten die allgemeinen Grundsätze des IDWS 1. Ausfallrisiken können bei der Bewertung normal undgering verschuldeter Unternehmen grundsätzlich vernach-lässigt werden.66

    Bei der Ermittlung der finanziellen Überschüsse ergeben sichbei normal und gering verschuldeten Unternehmen keineBesonderheiten, die auf die Verschuldungssituation zurück-zuführen wären. Im Praxishinweis 2/2018 stellt das IDW in

    diesem Zusammenhang allerdings klar, dass die finanziellenÜberschüsse einen Erwartungswert darstellen. D. h. diePlanung sollte nicht das wahrscheinlichste Szenario ab-bilden, sondern ein mit den jeweiligen Eintrittswahrschein-lichkeiten gewichtetes Szenario. Sofern auch nur eine sehrgeringe Wahrscheinlichkeit, beispielsweise i. H. von 1,0 % füreine künftige Insolvenz des Unternehmens besteht, solltedieses Insolvenzszenario mit der entsprechenden Eintritts-wahrscheinlichkeit Eingang in die Ermittlung der finanziellenÜberschüsse finden, obwohl grundsätzlich ein gering odernormal verschuldetes Unternehmen vorliegt.

    Praxishinweis █> Die finanziellen Überschüsse imRahmen der Unternehmensbewertung stellen Erwar-tungswerte dar. D. h. (theoretisch) repräsentiert diePlanung sämtliche denkbare Zukunftsszenarien in Höheder jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit.

    Wie bereits bei der Ermittlung der finanziellen Überschüsseist auch bei der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzesauf die erwartete Rendite abzustellen. Auf die vertraglichvereinbarte Rendite oder auf die am Markt beobachtbareRendite kommt es grundsätzlich nicht an.

    Bei der Bestimmung der Eigenkapitalkosten fließt dieVerschuldung des Unternehmens regelmäßig bei der Ermitt-lung des (verschuldeten) Betafaktors ein. Im Betafaktorspiegelt sich das Risiko aus dem operativen Geschäft(operatives Risiko) und das Risiko aufgrund der bestehendenVerschuldung (Kapitalstrukturrisiko) wider. Sofern unter-stellt wird, dass ein Teil des operativen Risikos auch von denFremdkapitalgebern getragen wird, reduziert sich c. p. derverbleibende Anteil des operativen Risikos für die Eigen-kapitalgeber. Bei der Ermittlung der Eigenkapitalkosten kanndiesem Umstand dem IDW Praxishinweis 2/2018 folgendRechnung getragen werden, wenn bei der Bestimmung desverschuldeten Betafaktors der Betafaktor des Fremdkapitals(Debt Beta) berücksichtigt wird.67

    Das Debt Beta wird in der Praxis aufgrund der fehlendenMessbarkeit regelmäßig nicht direkt, sondern indirektermittelt. Die indirekte Ermittlung des Debt Beta erfolgtbasierend auf den vorhandenen Informationen zum risikolo-sen Basiszinssatz, zu den erwarteten Fremdkapitalkostenund der Marktrisikoprämie. Dem IDW Praxishinweis 2/2018folgend kann ein Debt Beta bei der Ermittlung des ver-schuldeten Betafaktors des Bewertungsobjekts angesetztwerden; eine verpflichtende Berücksichtigung ergibt sichnicht. Allerdings wird der Ansatz eines Debt Beta empfohlen,wenn der Unterschied zwischen den Fremdkapitalkostenund dem risikolosen Basiszinssatz (sog. Spread) hoch ist.68

    STEUER- UND BILANZPRAXIS

    62 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 17.

    63 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 18.

    64 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 51.

    65 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 21.

    66 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 26.

    67 Vgl. IDW Praxishinweis 2/2018, Rz. 40 f.

    68 Vgl. IDW, WPH Edition Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Kap. A Rz. 413.

    StuB Beilage zu Heft 22/2018 15

  • Neben den Eigenkapitalkosten hat die Verschuldung aucheinen Einfluss auf den Fremdkapitalkostensatz. Je nachVerschuldung des Unternehmens können sich der vertraglichvereinbarte Fremdkapi