bacarbeit
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2015TRANSCRIPT
Kultursensible Sprache und Kommunikation im Krankenhaus
Bachelorarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Bachelor of Arts in Social Sciences
der Fachhochschule FH Campus Wien
Bachelorstudiengang: Soziale Arbeit
Vorgelegt von: Dihanits Anja
Froschauer Benedikt
Mayr Claudia
Möstl Katharina
Personenkennzeichen: c1410533061
c1410533018
c1410533132
c1410533088
Erstbegutachter:
Ao. Univ. - Prof. Mag. Dr. Franz Kolland Zweitbegutachter: Mag. Martin Schenk
Eingereicht am:
29. 01. 2016
ERKLÄRUNG: Ich erkläre, dass die vorliegende Bachelorarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich
keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner
unerlaubten Hilfe bedient habe.
Ich versichere, dass ich diese Bachelorarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer
Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit
vorgelegt habe.
Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und
elektronisch) identisch sind.
Datum: ................................. Unterschrift: ................................................................
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KURZFASSUNG
Diese Arbeit beschäftigt sich in erster Linie mit Kommunikation und Sprache im
Krankenhaus. Dabei wird der Schwerpunkt vor allem auf die Barrieren, die im
Zusammenhang mit der Verständigung auftreten, gelegt. Um in weiterer Folge auf Barrieren
aufmerksam zu werden, mussten vorerst funktionierende Sprachmethoden und
Kommunikationsmodelle erläutert werden. Im Zuge dessen stellte sich heraus, dass der
Ursprung aller Sprach- und Kommunikationshindernisse in kognitiven und motorischen
Einschränkungen bzw. in einer nicht vorhandenen gemeinsamen Sprachbasis liegt. Des
Weiteren wurde nach bereits vorhandenen Hilfsmöglichkeiten zur Minimierung dieser
Sprach- und Kommunikationsprobleme sowie nach neuen noch nicht angewandten
Hilfestellungen gesucht. Aus diesem Grund begaben sich die Forscher*innen durch zwei
Interviews und ein Go-Along in das Feld der Krankenhaussozialarbeit. Durch Beobachtungen
sowie Expert*innenbefragungen stellte sich nun heraus, dass die größten
Herausforderungen bzgl. Sprache und Kommunikation den Bereich Migration betreffen. Die
auftretenden Schwierigkeiten werden momentan durch unterschiedlichste Arten von
Dolmetsch versucht zu bewältigen. Trotz des kreativen Einsatzes sämtlicher Akteur*innen,
kommt es immer wieder zu Problemen. Daher wurden verschiedenste Projektideen zur
Minimierung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Bezug auf eine fehlende
gemeinsame Sprachbasis entwickelt. Eine dieser Ideen wurde zu einem fertigen Pilotprojekt
ausgearbeitet.
ABSTRACT
This paper is basically about communication and language in hospitals, whereby the main
focus is on the occurring barriers of those two aspects. First of all it was essential to get
aware of such barriers through elucidation of functioning language methods and comware. In
the course of this it was found that the beginning of all language and communication
obstacles is about cognitive and motoric restrictions, or rather about non-existing basic
language skills. Therefore the research was about finding already existing supporters for a
reduction of language and communication troubles and furthermore for new possibilities,
which had not been applied so far. That was why the explorers of this project tried to find
answers, with the assistance of an interview and a ‘Go-Along’, in the hospital social work.
Currently an attempt with various types of interpretation and translation is made, to overcome
the emerged difficulties. But troubles still occur in this area, although creative effort of
numerous agents has been applied. Through observations and surveys of experts, they
expose that the major challenge in terms of language and communication is due to migration.
Therefore the project develops new ideas for the reduction of barriers in language and
communication as well as the lack of a basic language skills. One of these ideas has been
elaborated for a finished pilot project.
3
1. Einleitung .................................................................................................................................... 1
2. Kommunikation im Krankenhaus ................................................................................................. 3
2.1 Krankenhaus ........................................................................................................... 3
2.2 Soziale Arbeit im Krankenhaus ................................................................................ 4
2.3 Kommunikation und Sprache ................................................................................... 5
2.4 Kommunikations- und Sprachbarrieren .................................................................... 6
3. Ergebnisse der Kommunikationsforschung .................................................................................. 8
3.1 Methoden und Modelle ............................................................................................ 8
3.2 Gesundheitskommunikation .................................................................................... 11
3.3 Kommunikationsbarrieren durch Behinderungen ....................................................13
3.4 Entstehung der Sprache .........................................................................................13
3.5 Unterstützte Kommunikation ...................................................................................14
3.6 Sprachbarrieren und Migration ................................................................................17
4. Strukturen im Krankenhaus ....................................................................................................... 23
4.1 Aufgabenverteilung und Finanzierung .....................................................................23
4.2 Hierachiesystem .....................................................................................................24
4.3 Patient*innensystem ...............................................................................................27
4.4 Externe Institutionen ...............................................................................................27
5. Zwischenfazit ............................................................................................................................. 29
6. Empirischer Teil ......................................................................................................................... 31
6.1 Forschungsdesign ..................................................................................................31
6.2 Reflexion des ersten Interviews ..............................................................................33
6.3 Reflexion des zweiten Interviews ............................................................................34
6.4 Interviewauswertungen ...........................................................................................35
6.5 Go-Along ................................................................................................................42
7. Fazit und Schlussfolgerungen für die Praxis .............................................................................. 50
8. Projekt proposal ........................................................................................................................ 51
8.1 Projektumfeld ..........................................................................................................51
8.2 Ausgangslage .........................................................................................................52
8.3 Handlungsbedarf ....................................................................................................53
8.4 Lösungsansätze ......................................................................................................55
8.5 Projektinhalt ............................................................................................................56
8.6 Projektziel ...............................................................................................................57
8.7 Projektbeteiligte ......................................................................................................58
8.8 Projektorganisation .................................................................................................59
8.9 Projektdauer ...........................................................................................................60
8.10 Ressourcen ..........................................................................................................61
8.12 Evaluation .............................................................................................................62
4
Autor*innen Zuweisung: Vorwort Kurzfassung, Abstract Dihanits, Froschauer 1.Einleitung 1.1 Fragestellung 1.2 Forschungsinteresse
Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl
2. Kommunikation im Krankenhaus 2.1 Krankenhaus 2.2 Soziale Arbeit im Krankenhaus 2.3 Kommunikation und Sprache 2.4 Kommunikations- und Sprachbarrieren Foreigner Talk
Möstl Möstl Möstl Möstl Mayr
3. Ergebnisse der Kommunikationsforschung 3.1 Methoden und Modelle 3.2 Gesundheitskommunikation 3.3 Kommunikationsbarrieren durch Behinderung 3.4 Entstehung der Sprache 3.5 Unterstützte Kommunikation 4.6 Sprachbarrieren und Migration Interkulturelle Kommunikation
Dihanits Dihanits Mayr Mayr Mayr Froschauer Mayr
4. Strukturen im Krankenhaus 4.1 Aufgabenverteilung und Finanzierung 4.2 Hierachiesystem 4.3 Patient*innensystem 4.4 Externe Institutionen
Möstl Möstl Froschauer Dihanits
5. Zwischenfazit 5.1 Arbeitsrecht von Asylwerber*innen Mayr 6. Empirischer Teil 6.1 Forschungsdesign 6.2 Reflexion des 1. Interviews 6.3 Reflexion des 2. Interviews 6.4 Interviewauswertungen 6.5 Go-Along
Dihanits, Froschauer Dihanits, Froschauer Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Mayr, Möstl
7. Fazit und Schlussfolgerungen Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl 8. Projectproposal 8.1 Projektumfeld 8.2 Ausgangslage 8.3 Handlungsbedarf 8.4 Lösungsansätze 8.5 Projektinhalt 8.6 Projektziel 8.7 Projektbeteiligte 8.8 Projektorganisation 8.9 Projektdauer 8.10 Projektressourcen 8.11 Projektrisiken 8.12 Evaluation
Dihanits Möstl Mayr Möstl Froschauer Froschauer Mayr Dihanits Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl
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1. EINLEITUNG
„Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.“ Dieses Zitat aus dem Buch „Der kleine
Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry zeigt, dass es zu jener Zeit schon Probleme in der
Kommunikation gab. Heute – 70 Jahre später – verstehen wir uns noch immer nicht. Doch
woran liegt das? Die Informationsempfänger*innen interpretieren das Empfangene des/der
Senders/Senderin. Dies geschieht automatisch subjektiv, da sich Menschen ihre eigene
soziale Wirklichkeit konstruieren. Aufgrund von gesellschaftlichem Wandel, der
Globalisierung, sowie dem damit verbundenen Informationsreichtum entstehen viele
differenzierte Anschauungen und dadurch soziale Wirklichkeiten.
Sprach- und Kommunikationsprobleme können jedem Menschen in sämtlichen Lebenslagen
begegnen: angefangen von Missverständnissen aufgrund der Fehlinterpretationen von
Kommunikationsinhalten bis hin zu Sprachbarrieren, ausgelöst durch das Sprechen oder
Beherrschen unterschiedlicher Sprachen oder Dialekte.
Im beruflichen Kontext können durch verschiedene Bildungsniveaus und Fachsprachen
Irrtümer und Unstimmigkeiten entstehen – so auch im Krankenhaus. Jeder Mensch kann im
Laufe seines Lebens mit Krankheiten oder Verletzungen konfrontiert werden und folglich auf
Unterstützung der intramuralen (innerhalb von Krankenanstalten) oder extramuralen
(außerhalb von Krankenanstalten) Krankenversorgung angewiesen sein, unabhängig von
seiner Biografie. Das Erleben des Krankseins ist sehr individuell. Manche Menschen sehen
eine Erkrankung als etwas, das im Alter oder im Laufe des Lebens natürlicherweise auftritt,
bei anderen kann sie auch eine (Lebens-)Krise auslösen. In jedem Fall ist der Umgang mit
Krankheiten von großer Bedeutung. Eine adäquate Kommunikationsweise kann Betroffenen
ein wenig die Sorgen über die Zukunft nehmen. Dies gelingt jedoch aufgrund von
Sprachbarrieren nicht immer bzw. nicht so gut, wie es möglich wäre.
Fragestellung
Die verschiedenen Gedanken und Fragen, mit welchen sich die Autor*innen dieser Arbeit
auseinandergesetzt haben, wurden zu folgenden Forschungsfragen konkretisiert:
Was kann Soziale Arbeit zur Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in
Wiener Krankenhäusern beitragen? Was sind aktuelle Unterstützungsmittel bzgl.
Schwierigkeiten im Sprachverständnis für die Soziale Arbeit in Wiener Krankenhäusern?
1
Forschungsinteresse:
Das Interesse am Thema Kommunikations- und Sprachbarrieren und deren Überwindung im
Krankenhaus wurde unter anderem durch verschiedenste persönliche Erfahrungen, wie
Krankenhausaufenthalte, Praktika, Exkursionen, Zivildienst oder Berufserfahrungen der
Autor*innen dieser Arbeit geweckt. In dieser Bachelorarbeit wird auf die Themen Migration
und Sprachbehinderungen eingegangen, da Sozialarbeiter*innen in jeglichen
Handlungsfeldern mit diesen beiden Bereichen konfrontiert werden können. Die Autor*innen
dieser Arbeit sind daran interessiert, Kommunikations- und Sprachbarrieren durch die
theoretische Auseinandersetzung mit diesem Thema zu erkennen und somit zu vermindern.
In Krankenhäusern kann es hektisch zugehen. Betten- und Personalmangel gehören zum
Krankenhausalltag, wodurch Krankenpflegepersonal, Ärzte und Ärztinnen unter Zeitdruck
stehen und es sich vermutlich schwierig gestalten kann, sich angemessen um die Sorgen der
Patient*innen zu kümmern. Es besteht die Gefahr, dass diese wie am Fließband „abgefertigt“
werden. Die Soziale Arbeit kann daher als Bindeglied und Vermittlungsinstanz ein wichtiges
Unterstützungsmittel im Krankenhaus darstellen.
Im Krankenhaus treffen Personal und Patient*innen unterschiedlichen Alters aus
verschiedenen Herkunftsländern, Kulturen sowie Religionen aufeinander, es herrscht
Diversität. Diese kann einerseits bereichernd sein, andererseits kann sie auch große
Konflikte, z. B. durch Missverständnisse, auslösen. Durch welche Unterstützungsmittel
könnte also eine gut funktionierende Kommunikation gefördert werden? Was oder wer
könnte Hilfe leisten, um nicht deutsch sprechenden Personen in Wiener Krankenhäusern
bspw. zu erklären, was die nächsten Vorgehensweisen bei einer Behandlung sind? – Das
sind Fragen, die sich die Autor*innen dieser Arbeit zu Beginn ihrer Forschung gestellt haben.
In der Arbeit mit Menschen, welche unterschiedlichste Behinderungen haben, kann es
Schwierigkeiten bei der Verständigung geben. Sei es, dass jemand nicht deutlich bzw. gar
nicht sprechen kann, da die kognitiven Fähigkeiten nicht entsprechend ausgeprägt sind, oder
dass die Sprache aufgrund organischer Funktionen verloren ging bzw. nicht ausgebildet
werden konnte. Was könnte man tun, um auch hier eine Kommunikation zu fördern? Welche
technischen, visuellen oder sonstigen Behelfe könnten bei der Überwindung dieser
Sprachbarrieren im Krankenhaus unterstützend wirken? – Diese Fragestellungen wollen die
Autor*innen im Laufe dieser Arbeit beantworten.
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2. KOMMUNIKATION IM KRANKENHAUS
2.1 Krankenhaus
In Österreich dient das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) als
bundesrechtliche Basis für Errichtung, Betrieb und Finanzierung von Krankenhäusern.
Nach § 1 KAKuG gelten als Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten Einrichtungen, die:
1. „Zur Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung, 2. zur Vornahme operativer Eingriffe, 3. zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung, 4. zur Entbindung, 5. für Maßnahmen medizinischer Fortpflanzungshilfe oder 6. zur Bereitstellung von Organen zum Zweck der Transplantation bestimmt sind. (2) Ferner sind als Krankenanstalten auch Einrichtungen anzusehen, die zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind“ (KAKuG 2012: § 1). Zweckmäßig können Krankenanstalten unterschieden werden in:
• Allgemeine Krankenanstalten,
• Sonderkrankenanstalten,
• Pflegeanstalten für chronisch Kranke,
• Sanatorien und
• selbstständige Ambulatorien.
§ 65 KAKuG regelt, dass die österreichischen Bundesländer selbst für die
Ausführungsgesetzgebung verantwortlich sind. Nicht betroffen sind z. B. öffentliche
Universitätskliniken wie das AKH Wien, das weiterhin das Bundesrecht unmittelbar
anzuwenden hat (vgl. Pöttler 2012: 103). Für die restlichen Wiener Krankenanstalten kommt
das Wiener Krankenanstaltengesetz von 1987 zu tragen.
Laut § 197 des deutschen Sozialgesetzbuches dienen Krankenanstalten einerseits dem
Erkennen, der Behandlung, Heilung und Verhütung von Erkrankungen und damit
einhergehenden Beschwerden von Patient*innen und andererseits der Geburtshilfe.
Das im Krankenhaus tätige medizinische, pflegerische, funktions- und medizinisch-
technische Personal wird mit diesen Aufgaben betraut. Es muss nach wissenschaftlich
anerkannten Methoden arbeiten und dafür über diagnostische sowie therapeutische
Möglichkeiten verfügen (vgl. Ansen et al 2004: 21).
In der Beschreibung des Aufgabenbereiches des Krankenhauses findet sich kein Verweis
darauf, dass Krankenanstalten und das darin tätige Personal dafür zuständig sind,
Kommunikations- und Sprachbarrieren im Krankenhaus zu minimieren. Neben der
3
körperlichen Untersuchung von Patient*innen, stellen Anamnese und Exploration wichtige
diagnostische Maßnahmen dar, in denen das Arzt-Patient*innen-Gespräch eine zentrale
Rolle spielt.
2.2 Soziale Arbeit im Krankenhaus
Die Soziale Arbeit im Krankenhaus ist ein Teilgebiet der klinischen Sozialarbeit. Sie hat im
Gesundheitswesen den Auftrag, die Gesundheit der Bevölkerung einerseits zu wahren und
andererseits zu fördern. Für die Soziale Arbeit im Krankenhaus sind vor allem jene
Krankheiten relevant, die mit besonderen Komplikationen verbunden sind und/oder mit
sozialen Konsequenzen einhergehen. Dies betrifft oftmals chronische Erkrankungen. Von
Bedeutung sind für die Krankenhaussozialarbeit das Sicherstellen von sozialer und
ökonomischer Unterstützung sowie persönliche und heilbringende Hilfestellungen. Ihr ist es
wichtig, die mit der Krankheit einhergehenden psychischen, ökonomischen und sozialen
Faktoren einzubeziehen, um Interventionen vorzubereiten und durchzuführen (vgl. Ansen et
al. 2004: 13).
Klinische Sozialarbeit wird bei Erkrankungen, Behinderungen oder Krisen psychosozialer Art
tätig (vgl. Ansen et al. 2004: 15), findet die allerdings im Gegensatz zur
Krankenhaussozialarbeit nicht nur in Krankenanstalten statt.
Klinische Sozialarbeit ist eine behandelnde Art von Sozialarbeit (vgl. Ansen et al. 2004: 18).
Sie behandelt Menschen mit sozialen und psychischen Problemen sowie mit körperlichen
Behinderungen. Dabei wird versucht, zu den Problemen auch die sozialen Aspekte in
Zusammenhang zu stellen. Die Sozialarbeit wirkt dabei mit ihrer Professionalität auf
Verbesserung und Beseitigung der Probleme hin (vgl. Ansen et al. 2004: 18 zit.n. Wendt
2000: 4ff.).
“Social work is a practice-based profession and an academic discipline that promotes social change and development, social cohesion, and the empowerment and liberation of people. Principles of social justice, human rights, collective responsibility and respect for diversities are central to social work. Underpinned by theories of social work, social sciences, humanities and indigenous knowledge, social work engages people and structures to address life challenges and enhance wellbeing“ (IASSW 2014: 1).
Die „International Federation of Social Workers“ (IFSW) und die „International Association of
Schools of Social Work“ (IASSW) nehmen in ihrer weltweiten Definition der Sozialen Arbeit
Bezug auf die praxisorientierte und wissenschaftliche Disziplin selbiger. Ihre Ziele sind die
Förderung des sozialen Wandels, des sozialen Zusammenhaltes und die Befähigung und
Befreiung von Menschen. Ihre Grundlagen sind die soziale Gerechtigkeit, die Prinzipien der
4
Menschenrechte, kollektive Verantwortung und der Respekt vor Unterschiedlichkeiten. Sie
stützen sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften
und traditionelles Wissen. Somit werden existenzielle Herausforderungen bewältigt und das
Wohlbefinden verbessert (vgl. IASSW 2014: 1).
Ein wichtiges Werkzeug der Sozialen Arbeit ist das Gespräch mit den Klient*innen und das
methodische anwenden unterschiedlicher Gesprächstechniken. Einerseits dient die
Kommunikation mit Klient*innen dem Informationszuwachs und somit dem finden geeigneter
Interventionen und andererseits ist sie zentral, um eine Beziehung zu Klient*innen
aufzubauen.
2.3 Kommunikation und Sprache
Im Alltagsverständnis werden Kommunikation und Sprache oftmals synonym gebraucht.
Jedoch gehen die beiden Begriffe in ihrer Bedeutung auseinander und müssen daher
unterschieden werden.
Unter den Begriff Kommunikation fallen alle Verhaltensweisen und Ausdrucksformen, mit
denen Menschen bewusst oder unbewusst miteinander in Beziehung treten, wie z. B. Mimik,
Körperhaltung, Gesichtsfarbe, eben viel mehr als nur die gesprochene Sprache. Diese
Kommunikationsformen müssen jedoch vom Gegenüber interpretiert werden, was zu
Verständigungsschwierigkeiten führen kann (vgl. Wilken 2006: 4 zit.n. Klein 2001).
Kommunikation kann „face-to-face“, schriftlich, medial zwischen Nichtanwesenden (z. B.
telefonisch) und massenmedial öffentlich (z. B. via Zeitungen oder Fernsehen) erfolgen. Im
Krankenhaus kommt es großteils zu einer „face-to-face“ - Kommunikation. Diese Art der
Kommunikation wird von verschiedenen Bedingungen beeinflusst. Dazu zählen z. B.
personelle Bedingungen wie Interesse und Kommunikationsfähigkeit, ebenso auch
Situationsmerkmale wie die Beziehungsqualität. Zudem sind räumliche Gegebenheiten und
Kontextbedingungen wie Anregungen und Unterstützung der Umwelt sowie gesellschaftliche
Normen und Werte relevant (vgl. SAMW 2013: 8).
Es kann zwischen nonverbaler und verbaler Kommunikation differenziert werden. Zu den
nichtsprachlichen Elementen der Kommunikation zählen z. B. Mimik, Gestik und
Körperhaltung, aber auch paraverbale Phänomene wie die Lautstärke der Stimme, das
Sprechtempo und die Stimmlage. Je mehr die verbale Kommunikation verringert wird, umso
wichtiger werden nonverbale Elemente (vgl. SAMW 2013: 19).
Sprache beruht auf Symbolen wie Gebärden, Wörtern oder optischen Zeichen. Diese
Symbole sind grundlegend, um Wahrnehmungen deuten, vergleichen, bewerten, erinnern
und kategorisieren zu können (vgl. Wilken 2006: 5). Im Unterschied zur Muttersprache, mit
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welcher Menschen von klein auf konfrontiert werden, wird eine Fremdsprache durch
bewusstes Lernen angeeignet (vgl. Bibliographisches Institut GmbH 2013)
2.4 Kommunikations- und Sprachbarrieren
Kommunikationsbarrieren
Kommunikationsbarrieren definiert der Duden online als „etwas, was eine Kommunikation
hemmt oder verhindert“ (Bibliographisches Institut GmbH 2013a).
Kommunikationsbarrieren können einerseits durch das Krankenhauspersonal und
andererseits durch Patient*innen ausgelöst werden. Auf Seiten des Pflegepersonals können
Kommunikationsstörungen z. B. durch situative Fehleinschätzungen, Vorurteile, Mangel an
Sympathie für die Patient*innen, Zeitmangel, fehlendes Wissen über die Biografie, Normen
und Werte der Patient*innen sowie Störungen des Fühlens und Denkens, wenn z. B. der/die
Patient*in verdinglicht wird, da die Pflegeperson keine Fehler zulassen möchte, entstehen.
Auf der Patient*innenseite können Kommunikationsbarrieren durch Erkrankungen, welche
Auswirkungen auf den Sprechapparat bzw. das Gehör haben, oder durch eine Beeinflussung
der Wahrnehmung aufgrund psychischer Erkrankungen auftreten (vgl. Rogall et al. 2006:
99ff.).
Sprachbarrieren
Der Duden online beschreibt Sprachbarrieren als „Schwierigkeiten in der Verständigung
zwischen Angehörigen verschiedener Sprachen“ (Bibliographisches Institut GmbH 2013b).
Der Soziolinguist Basil Bernstein beschreibt sprachliche Unterschiede zwischen Kindern,
welche in der „Mittelschicht“ aufgewachsen sind und jenen aus der „Arbeiterschicht“
aufgrund deren sozialer Herkunft und Schichtzugehörigkeit. Er unterscheidet zwischen dem
„restringierten Code“ der „Arbeiterschicht“ und dem „elaborierten Code“ der „Mittelschicht“.
Elaborierte Äußerungen sind kontextunabhängig und universalistisch orientiert, im
Gegensatz dazu bleiben „restringierte Codes“ situations- und kontextgebunden. Diese
Differenzierung soll jedoch keine Wertung beinhalten. Der elaborierte Code kann auch als
eine Kommunikationsform gedeutet werden, mit welcher Personen mit möglichst geringem
Aufwand und angepassten Mitteln Alltagsanforderungen meistern (vgl. Sertl, Leufer o.J.:
10f.).
Der Verweis auf die Bernstein-Hypothese soll aufzeigen, dass Sprachbarrieren nicht nur
aufgrund unterschiedlicher Sprachen auftreten können, sondern auch, wenn die
Interaktionspartner*innen dieselbe Sprache sprechen. Verschiedene Sozialisationen und
unterschiedliche Bildungsniveaus können dafür verantwortlich sein.
6
Foreigner Talk
Unter „Foreigner Talk“ wird jenes Sprachverhalten verstanden, welches
Muttersprachler*innen in der Kommunikation mit jenen Personen anwenden, die nicht
dieselbe Muttersprache haben und deren Sprachkompetenzen der jeweiligen Sprache nur
wenig bis gar nicht ausgebildet sind (vgl. Strasser 2006: 77, zit.n Ferguson 1981: 10). Der
Foreigner Talk weist mehrere Merkmale auf. Auf sprachlicher Ebene ist er durch eine
inkorrekte Ausdrucksweise gekennzeichnet, es werden grammatikalische Endungen
weggelassen, Wörter anders bzw. falsch ausgesprochen oder Satzbildungen, in denen nur
die wichtigsten Schlagwörter vorkommen verwendet etc. (z.B. „Du morgen Arzt kommen.“).
Des Weiteren wird langsamer und lauter gesprochen und/oder Ausdrücke mehrmals
wiederholt und umschrieben. Außerdem passiert es oft, dass Menschen, deren
Muttersprache deutsch ist – in der Kommunikation mit einer Person mit geringen deutschen
Sprachkenntnissen – die Höflichkeitsform vernachlässigen, und daher gleich ins „du“
übergegangen wird (vgl. Strasser 2006: 79 ff.).
7
3. ERGEBNISSE DER KOMMUNIKATIONSFORSCHUNG
Kommunikation ist ein vermittelnder Prozess und setzt ein Kommunikationsmedium voraus
(vgl. Greisberger 2009: 70). Hier wird aufgrund der Möglichkeiten, wie Kommunikation
gesendet, bzw. empfangen werden kann, zwischen primären, sekundären, tertiären und
quartären Medien unterschieden.
• Primäre Medien (Menschmedien): Weder Empfänger*in noch Sender*in benötigen ein
Gerät, um Kommunikation zu vermitteln (Sprache, Rhythmus etc.).
• Sekundäre Medien (Schreib- und Druckmedien): Ausschließlich der/die Sender*in
bedarf eines Mittels, um Kommunikation hervorzubringen (Broschüren, Buch, etc.).
• Tertiäre Medien (elektronische Medien): Sowohl auf der Sender*innen- wie auch auf
der Empfänger*innenseite ist ein Medium zur Kommunikation erforderlich (Telefon,
Tonband etc.).
(vgl. Greisberger 2009: 70 zit.n. Pross 1972: 127f.).
• Quartäre Medien (digitale Medien): Eine Mischung und Erweiterung der drei oben
genannten Medien. Zum Kommunikationssenden bzw. -empfangen ist ein
Internetzugang vonnöten (soziale Netzwerke, Homepages etc.)
(vgl. Dittmar 2011: 42).
Alle Formen der Kommunikationsmedien können in Organisationen angewandt werden, die
primäre Kommunikation spielt jedoch für die Arbeit im Krankenhaus die wichtigste Rolle.
Des Weiteren kann die menschliche Kommunikation als symbolisch vermittelte Interaktion
verstanden werden. Darunter kann man sich körperliche Zeichen als Übermittler von Inhalten
vorstellen. Unterschieden kann zwischen natürlichen Zeichen wie zittern oder rot werden und
künstlichen Zeichen wie Winken oder Deuten werden (vgl. Greisberger 2009: 71).
Um diese Punkte zusammenzufassen, kann gesagt werden, dass für die menschliche
Kommunikation das „in Beziehung treten“ von Individuen durch soziale sowie symbolische
Interaktion, mit dem gemeinsamen Ziel der Verständigung durch ein gewähltes Medium, von
Bedeutung ist.
3.1 Methoden und Modelle
Die Geschichte der Kommunikationsmodelle reicht lange zurück und hat unterschiedlichste
Formen und Ausprägungen durchlebt. Anfangs enthielten die Kommunikationsmodelle
ausschließlich drei beteiligte Faktoren. Den/die Sender*in, das Medium und den/die
Empfänger*in. Diese Grundmodelle erwecken den Anschein, dass es zwischen Sender*in
8
und Empfänger*in ein hierarchisches Verhältnis gibt. Der/die Sender*in ist dominant und
aktiv, der/die Empfänger*in ist passiv und von den empfangenen Medien abhängig. Diese
Annahme wird heute nicht mehr unterstützt, weitere Kommunikationsmodelle haben sich
jedoch an diesem angelehnt und es in unterschiedlichste Richtungen ausgebaut (vgl. Dittmar
2011: 19).
Das Modell von Paul Watzlawick
Für Watzlawick spielt die Beziehung zwischen Empfänger*in und Sender*in die größte Rolle.
Die Grundlage seines Modells beruht auf zwischenmenschlichen Problemen oder Störungen,
die im Bezug auf die Kommunikation auftreten. Watzlawick arbeitet mit einem Analyseraster,
welches sich in fünf Kommunikationsregeln gliedert (vgl. Simon 2014: 24).
Regel 1: Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren. Jede Aktion bzw. Reaktion beinhaltet
eine Information, welche vom Gegenüber interpretiert werden kann, und es wird dadurch
unmöglich, nicht zu kommunizieren (vgl. Simon 2014: 24f.).
Regel 2: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. Wie schon bei
den ersten Versuchen, Kommunikation in Modelle zu ordnen (s. o.), hat auch Watzlawick das
Verhältnis zwischen Sender*in und Empfänger*in durch eine Mitteilung festgelegt. Erweitert
wurde diese jedoch durch die Inhalts- und Beziehungsebene. Durch die Inhaltsebene werden
zusätzliche Auskünfte im Bezug auf die Mitteilung ausgetauscht und die Beziehungsebene
schildert den persönlichen Bezug zum Empfänger (vgl. Simon 2014: 25ff.).
Regel 3: Die Interpunktion der Erfolge definiert die Beziehung. Am Anfang eines Gesprächs
setzt sich jede/r Beteiligte/r ihren/seinen persönlichen Anfangspunkt, der von Watzlawick als
Interpunktion beschrieben wird. Durch diesen Punkt erweckt es für die Beteiligten den
Anschein, dass das Gespräch einen Anfang und ein Ende hat. Dies trifft jedoch nicht zu, da
Kommunikation immer zirkulär verläuft und jede Aktion auf der Basis einer vorherigen
gebildet wird (vgl. Simon 2014: 27f.).
Regel 4: Kommunikation kann digital oder analog erfolgen. Unter digitaler Kommunikation
versteht Watzlawick eindeutige Signale, die der Empfänger problemlos entziffern kann. Das
Gegenteil dazu bietet die analoge Kommunikation, bei der die Kommunikationspartner
indirekt oder nur ungefähr die Bedeutung der zu entschlüsselnden Mitteilungen verstehen
(vgl. Simon 2014: 28f.).
Regel 5: Kommunikation erfolgt entweder symmetrisch oder komplementär. In einer
symmetrischen Kommunikationsbeziehung stehen Sender*in und Empfänger*in in einer
gleichgestellten Relation zueinander, in der komplementären Kommunikationsbeziehung ist
dies nicht der Fall und eine Hierarchie kann zwischen den Gesprächspartner*innen erkannt
werden (vgl. Simon 2014: 30).
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Das Modell von Friedemann Schulz von Thun
Schulz von Thun entwickelte eine Methode, um den Kommunikationsablauf zu verstehen und
um ihn voranzutreiben. Hierzu verwendet er die Annahme, dass jede Mitteilung unbewusste
oder bewusste Sachbotschaften, Selbstoffenbarungsbotschaften, Beziehungsbotschaften
und einen Appell beinhalten kann (vgl. Simon 2014: 49f.).
Jede Nachricht enthält eine Sachinformation, in welcher der/die Sender*in seinen/ihren
persönlichen Standpunkt zu einer Sache bekannt gibt. Zusätzlich kann man die
Selbstoffenbarung an den Andeutungen über die eigene Person des Senders/der Senderin,
erkennen. Der Beziehungsinhalt einer Kommunikation macht Verhältnis zwischen den
Kommunikationspartner*innen deutlich. Dieses kann aufgrund von Wortwahl, Mimik oder
Sprachstil erkennbar gemacht werden. Der Beziehungsinhalt wird durch unterschiedliche
Kombinationen von Wertschätzung und Bevormundung bzw. „Lenkung“ des Senders/der
Senderin geprägt. Daraus resultieren der patriarchalische-fürsorgliche Stil (Kombination aus
hoher Lenkung/Bevormundung und Wertschätzung), der partnerschaftlich-sozialintegrative
Stil (Kombination aus Wertschätzung und geringer Lenkung/Bevormundung), der laissez-
faire Stil (Kombination aus geringer Lenkung/Bevormundung und Geringschätzung) und der
autoritäre Stil (Kombination aus Geringschätzung und Bevormundung). Das letzte zu
beachtende Element eines Kommunikationsverlaufes ist der Appell. Durch ihn möchte
der/die Sender*in Einfluss auf den/die Empfänger*in nehmen. Appelle können offen oder
versteckt übermittelt werden (vgl. Simon 2014: 50ff.).
Jedoch nicht nur der/die Sender*in trägt dazu bei, dass es in der Kommunikation zu
Komplikationen bzw. Missverständnisse kommen kann, auch der/die Empfänger*in kann laut
Schulz von Thun und seinem Modell der „vier Ohren des Empfängers“ mitwirken, dass
Informationen falsch aufgenommen werden (vgl. Simon 2014: 55).
Das Sach-Ohr überprüft und nimmt die Sachinhalte der Mitteilung wahr. Das
Selbstoffenbarungs-Ohr kümmert sich um Informationen, die im Hintergrund ablaufen und
versucht zu verstehen, wieso der/die Sender*in genau diese Tonlage, Mimik oder Gestik
gewählt hat, um das Gesprochene auszudrücken. Durch das Beziehungs-Ohr wird das
Übermittelte auf den/die Empfänger*in persönlich in Beziehung gebracht. Das Appell-Ohr
möchte den Erwartungen, die hinter dem Gesprochenen stehen, gerecht werden (vgl. Simon
2014: 56ff.).
Aufgrund dieser unterschiedlichen Möglichkeiten, Mitteilungen einerseits auszudrücken und
andererseits zu verstehen, ist das Verständnis für die geringe Wahrscheinlichkeit des
einwandfreien Informationswechsels gegeben.
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Zusammenfassung
Zusammenfassend kann im Bezug auf die unterschiedlichen Kommunikationsmodelle gesagt
werden, dass es in erster Linie ein Medium braucht um Kommunikation überhaupt stattfinden
zu lassen (vgl. Greisberger 2009: 70 zit.n. Pross 1972: 127f.). Am häufigsten wird jedoch
ausschließlich der Mensch als Kommunikationsmedium verwendet. Um Gesprochenes zu
unterstützen werden bewusst oder auch unbewusst symbolische Interaktionen angewandt
um beispielsweise auf etwas besonders aufmerksam zu machen (vgl. Simon 2014: 28f.).
Des Weiteren wird eine funktionierende Kommunikation durch die Beziehung zwischen
Sender um Empfänger gebildet (vgl. Simon 2014: 49f.). Je nachdem in welchem
Zusammenspiel die gegenseitige Wertschätzung, sowie auch die gegenseitige
Bevormundung auftritt, können sich verschiedenen Kommunikationsstile entwickeln (vgl.
Simon 2014: 50ff.). Um schlussendlich die Mittelung des/der Senders/in beim/bei der
Empfänger*in ankommen zu lassen, spielen laut Schulz von Thun die „Ohren“ des/der
Empfängers*in eine bedeutende Rolle. Diese entscheiden wie das Gesprochene
aufgenommen bzw. interpretiert werden soll (vgl. Simon 2014: 56ff.).
Es können unterschiedlichste Problematiken auf dem Weg einer Mitteilung vom/von der
Sender*in zum/zu der Empfänger*in auftreten. Daher ist es von großer Bedeutung sich über
möglichen Komplikationen bewusst zu werden um sie gegeben falls beseitigen zu können.
3.2 Gesundheitskommunikation
Unter Gesundheitskommunikation versteht man jede Art von Kommunikation über
Gesundheit oder Krankheit. Um dies jedoch einzugrenzen und die verschiedenen
Kommunikationsebenen festzulegen, bietet das 4-Ebenen-Modell der Kommunikation einen
Überblick.
Ebene der intrapersonalen Kommunikation
Kommunikative und psychische Prozesse innerhalb einer Person, die sowohl mit Gesundheit
als auch mit Krankheit zusammenhängen, stehen hier im Mittelpunkt. Für Betroffene
bedeutet das, ob sie bspw. Vorsorgeuntersuchungen einhalten oder auf Signale ihres
Körpers reagieren und diese als Risiko erkennen (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 81).
Ebene der interpersonellen Kommunikation
Der Informationsaustausch zwischen allen beteiligten Akteur*innen im Gesundheitswesen
steht hier im Vordergrund. Die Beziehungen zwischen Ärzt*innen untereinander, Ärtz*innen
11
und Pflegepersonal, Pflegepersonal und Patient*innen, Patient*innen und
Sozialarbeiter*innen etc. wird in dieser Ebene beachtet (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 81).
Ebene der Organisationskommunikation
Die Kommunikation in und von sämtlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens wird hier
beachtet. Für die Gesundheitsinstitutionen gilt in dieser Ebene bspw. die Kommunikation
durch Pressearbeiten (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 81).
Ebene der massenmedialen oder gesellschaftlichen Kommunikation
In dieser Ebene wird die Kommunikation durch sämtliche Medien verstanden. Gesundheits-
oder Krankheitsinformationen, die von Medizinjournalismus bis hin zu „Arzt-Serien“ in der
Gesellschaft verbreitet werden, bilden den Mittelpunkt dieser Ebene (vgl. Rossmann, Hastall
2014: 81).
All diese Ebenen verfolgen drei zusammenhängende gemeinsame Ziele:
Informationsdarbietung, Veränderung der Wahrnehmung und schlussendlich die
Verhaltensänderung.
Unter Informationsdarbietung wird verstanden, dass bspw. Beipackzettel gelesen und
beachtet werden. Dieses Zwischenziel ist häufig schwer zu definieren und infolgedessen
auch schwer umzusetzen. Es wird versucht, die Informationen möglichst umfassend zu
formulieren. Der Gedanke dahinter lautet, dass je mehr Informationen gegeben werden,
desto besser sind die Gesundheits- bzw. Risikokommunikation. Dadurch tritt jedoch das
Problem auf, dass sich die Betroffenen nicht persönlich angesprochen fühlen und durch den
unpersönlichen Informationsüberfluss häufig Überforderung und Ignoranz ausgelöst werden
(vgl. Rossmann, Hastall 2014: 65f.).
Durch die nächste Zielsetzung soll die Wahrnehmung der Betroffenen verändert werden.
Wissen über Risiken oder Einstellungen zu Risikowahrnehmungen soll Beachtung geschenkt
werden. Durch die Informationsdarbietung sollten genug Informationen vorhanden sein, um
Gesundheitsrisiken einschätzen zu können und im Zuge dessen eine passende
Entscheidung zu treffen. Zu beachten ist, dass die Entscheidungen und Verhaltensweisen
von den Betroffenen selbst gewählt werden können und in ihrem persönlichen Interesse
liegen müssen (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 65f.).
Die Verhaltensänderung zählt zu einem weiteren Ziel der Gesundheits- und
Risikokommunikation. Hier wird vorausgesetzt, dass es ein erwünschtes Verhalten gibt,
welches von den Betroffenen erreicht werden möchte. Nicht nur Sachinformationen, sondern
auch emotional wirksame Informationen werden angewandt, um das Verhalten der
12
Betroffenen zu verändern. Durch Informationen soll eine persönliche Relevanz erkannt und
eine daraus resultierende Schutzmotivation entwickelt werden (vgl. Rossmann, Hastall 2014:
65f.).
3.3 Kommunikationsbarrieren durch Behinderungen
Kommunikationsprobleme können, wie bereits erwähnt, immer und bei jedem Menschen
vorkommen. Erschwert werden diese jedoch vor allem, wenn eine/r der beiden
Gesprächspartner*innen nicht oder fast nicht dazu in der Lage ist, sich verbal auszudrücken,
sei es aufgrund einer Demenz, einer geistigen Behinderung, Gehörlosigkeit bzw.
Schwerhörigkeit oder verschiedener Sprachstörungen. Wie sollte man mit solchen
Situationen umgehen? Was könnte unterstützend wirken? Diese Fragen werden im Laufe
dieses Kapitels beantwortet. Nach einer kurzen Beschreibung über den Aufbau des
Sprachzentrums im Gehirn werden das Konzept der „Unterstützten Kommunikation“ und
Hilfsmittel zur Kommunikation erläutert.
3.4 Entstehung der Sprache
Hirnareale, die für Sprachwahrnehmung und Sprachproduktion verantwortlich sind, liegen in
der Großhirnrinde, in der dominanten Hemisphäre, welche bei 95 Prozent der Menschen die
linke Gehirnhälfte ist (vgl. Willnauer 1998: 3). Prinzipiell wird das Sprachzentrum in das
Broca-Sprachzentrum und das Wernicke-Sprachzentrum aufgeteilt, welche unterschiedliche
Funktionen haben. Das Broca-Areal befindet sich im Frontallappen und ist in erster Linie für
die Sprachproduktion verantwortlich. Fällt das Broca-Sprachzentrum aus, ist es Betroffenen
daher nicht möglich zu sprechen, obwohl der Sprechapparat voll funktionsfähig ist. Das
Wernicke-Areal hingegen ist das sensorische Sprachzentrum. Dieses liegt im Schläfenlappen
und ist für das Sprachverständnis von großer Bedeutung. In diesem Teil werden gehörte
Worte gespeichert, wobei das Gehörte von der Funktionstüchtigkeit des akustischen
Sprachzentrums abhängig ist. Fällt das Wernicke-Areal aus, so fehlt die Fähigkeit, gehörte
Sprache in ihrem Sinn zu verstehen. Ebenso gibt es ein optisches Sprachzentrum, in
welchem bereits aufgenommene akustische und visuelle Informationen aufgenommen und
miteinander verbunden werden. Um Sprechen zu können, arbeiten daher alle Sprachzentren
– unter Beteiligung des Seh- und Hörzentrums – eng zusammen (vgl. Spektrum
Akademischer Verlag 2000).
13
3.5 Unterstützte Kommunikation
Anfang der 1980er-Jahre wurde im englischen Sprachraum ein Kommunikationssystem
entwickelt, um das kommunikative Potenzial bei Menschen zu fördern, die aufgrund
angeborener oder erworbener Behinderungen nicht oder kaum sprechen können. Dieses fällt
unter den Fachterminus „Augmentative and Alternative Communication“ (AAC). Diese wird
mit dem Begriff „Unterstützte Kommunikation“ ins Deutsche übersetzt.
Dieses Unterkapitel ist für diese Bachelor-Arbeit insofern relevant, als dass mögliche
Lösungsansätze des aus dieser Arbeit entstehenden Projektes von Arten der „Unterstützten
Kommunikation“ inspiriert sind. Durch die anschließend beschriebenen Hilfsmittel könnten
bspw. Dolmetschgespräche so gut es geht umgangen werden und zu einer vertrauliche
Kommunikation zwischen Patient*in und Sozialarbeiter*in bzw. Arzt/Ärztin verhelfen.
Das Konzept der „Unterstützten Kommunikation“ besteht darin, alle vorhandenen
Möglichkeiten, die der Kommunikation dienen könnten wie Mimik, Gestik, Laute etc.
wahrzunehmen, sie auszunutzen und darauf aufzubauen. Sind die motorischen Fähigkeiten
bei einem Menschen bspw. gut vorhanden, können Gebärden zur Unterstützung
herangezogen werden. Überdies werden oft Objekte, Karten und Kommunikationstafeln
verwendet. So wird durch Deuten auf Gegenstände, Bilder etc. Kommunikation ermöglicht.
Mittlerweile werden auch elektronische Geräte als Hilfsmittel verwendet (vgl. Seidl 2001:
27ff.).
Kommunikation durch Gebärden
Hierbei ist nicht die Gebärdensprache gemeint, welche zur Kommunikation unter oder mit
gehörlosen Menschen verwendet wird. Eher geht es hier um Gebärden, die nicht durch einen
langen und mühevollen Lernprozess geprägt sind. Diese Art der Verständigung setzt bei
Betroffenen die Fähigkeit voraus, einzelne Gesten durch bestehende motorische Fertigkeiten
zu unterscheiden. Außerdem müssen die dargestellten Wörter differenziert werden, wobei
die kognitiven Bedingungen, um dieses tun zu können, gegeben sein müssen. Im Prinzip
bestehen die Gebärden eines solchen Kommunikationssystems aus grobmotorischen
Bewegungen, die eindeutig und differenzierbar sein müssen. Es darf auch keine Rolle
spielen, ob diese von der rechten oder der linken Körperhälfte aus gemacht werden. Des
Weiteren sollte man auf Zustände, die Beeinträchtigungen hervorrufen können, Rücksicht
nehmen. Bei der Kommunikation mit Personen mit Autismus sollte bspw. darauf geachtet
werden, dass die Bewegung auf dem Tisch oder dem eigenen Körper endet bzw. dass die
Gebärden sich nicht wiederholen, da sonst stereotype Bewegungen entstehen können.
Grundsätzlich sollte diese Art der Verständigung an die individuelle Lebenswelt der
Betroffenen angepasst sein und daher Bedürfnisse, Interessen etc. beinhalten.
14
Die Umsetzung dieses Kommunikationssystems findet durch regelmäßige Anwendung bei
alltäglichen Routinetätigkeiten statt, z. B. wird das Haarekämmen von der Betreuungsperson
mit einer Gebärde angedeutet, anschließend durchgeführt und diese Bewegung dann von
der betroffenen Person nachgeahmt (vgl. Seidl 2001: 30f.). In Deutschland begann man
schließlich in den 1970er-Jahren damit, diese Art der Kommunikation in der Arbeit mit
Menschen mit Behinderung anzuwenden. Es wurden Sammlungen von Gebärden
verschiedenster Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung aufgegriffen und ein
einheitlicher Gebärdenkatalog erstellt. Dieser wurde 1991 unter dem Titel „Schau doch meine
Hände an“ vorerst vollendet. Zum heutigen Zeitpunkt existiert von diesem neben einem Buch
und einer DVD auch eine Gebärdenbuch-App für „Smartphones“ (vgl. Bundesverband
evangelische Behindertenhilfe o.J.). Durch die Erstellung dieses Gebärdenkatalogs können
sich nicht-sprechende Menschen mit Behinderung an der Kommunikation mit anderen
beteiligen und sie bekommen die Möglichkeit, ein Leben mit einem größeren Quantum an
Selbstbestimmung zu führen (vgl. Seidl 2001: 32).
Kommunikation durch Bildsymbole
Für Menschen, welche die motorischen Fähigkeiten, um Gebärden auszuüben, nicht
besitzen oder verlernt haben, ist es dienlich, auf Bildsymbole zeigen zu können. Dafür
können verschiedenste Gegenstände herangezogen werden wie eine Trinkflasche oder ein
Trinkglas, um zu signalisieren, dass man durstig ist. Dazu bedarf es allerdings zusätzlicher
Unterstützungsmittel wie Kommunikationstafeln, -bücher oder -mappen. Diese sollten von
der Betreuungsperson zusammengestellt und an die individuellen Bedürfnisse und
Interessen der Betroffenen adaptiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Bilder
ausgewechselt werden können, wenn sich Interessen oder Bedürfnisse ändern. Ist eine
Person motorisch stark beeinträchtigt, kann es sich als hilfreich erweisen, sich über
Augenbewegungen zu verständigen. Bildsymbole könnten bspw. auf einer großen
Plexiglasplatte in größeren Abständen zueinander befestigt werden. Die betroffene Person
kann dann durch gezielte Augenbewegungen eine Auswahl der Symbole treffen. Die
Kommunikation mit Augenbewegungen kann bei Menschen, die lesen können, auch mithilfe
von Buchstaben stattfinden (vgl. Seidl 2001: 34ff.).
Es gibt mehrere Bildsymbolsysteme. Genannt werden in diesem Kapitel der Bachelor-Arbeit
jedoch nur zwei: das LÖB-System und das System „Picture Communication Symbols“.
Das LÖB-System, wurde in den 1980er-Jahren von dem Pädagogen R. Löb in Deutschland
entwickelt. Dieses besteht aus 60 Bildkarten, die Themen wie Gesundheitsfürsorge,
Körperhygiene, Religion, Nahrungsmittel u. v. m. beinhalten. Die Bilder des LÖB-Systems
setzen sich zu einem großen Teil aus internationalen Symbolen zusammen. Diese werden in
15
Schwarz-Weiß gezeichnet. Über den Zeichnungen ist das dazugehörige Wort
aufgeschrieben. Einerseits helfen die geschriebenen Wörter den
Kommunikationspartner*innen, Symbole zu verstehen, die sie nicht kennen. Andererseits
bekommen nicht-sprechende Kinder, sofern die kognitiven Voraussetzungen gegeben sind,
die Möglichkeit, einzelne Buchstaben und somit auch das Lesen zu erlernen (vgl. Seidl 2001:
40).
Als zweites System wird das Picture Communication Symbols (PCS) genannt. Dieses wurde
von Roxanna Mayer-Johnson, einer US-amerikanischen Sprachheillehrerin und Logopädin,
erstellt. Ähnlich dem LÖB-System werden die Bilder in Schwarz-Weiß gezeichnet und das
Wort darüber geschrieben, allerdings beim PCS in Englisch. Nach der Erscheinung des
ersten Bandes 1981 in den USA, der 655 Bildsymbole beinhaltete, wurden Menschen, die
dieses System beanspruchten, befragt, welche Themen bzw. welche Symbole noch in die
Sammlung aufgenommen werden sollten. Zu jenem Zeitpunkt fehlten Abbildungen zu den
Themen Partnerschaft, Liebe und Sexualität und Begrifflichkeiten, die sich auf den Bereich
der Informations-Technologie beziehen. Floskeln wie „Unterbrich mich nicht!“ oder „Blättere
die Seite um!“ waren ebenfalls nicht vorhanden. In der zweiten Ausgabe dieses
Kommunikationssystems waren bereits etwa 2000 Bildsymbole vorhanden (vgl. Seidl 2001:
46).
Kommunikation durch elektronische Hilfsmittel
Durch diese Art der Verständigung können vor allem Menschen, die in ihrer
Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, kommunizieren. Unterstützung bieten hierbei
Geräte mit speziellen Schaltern und Sensoren, die auch an Rollstühlen angebracht werden
können. Ähnlich wie bei der Kommunikation durch Augenbewegungen können bspw. Bilder
an einer Plexiglasplatte befestigt werden, nur dass in diesem Fall ein Lichtpunkt erscheint,
der mithilfe eines Schalters auf ein Symbol gelenkt und angehalten werden kann. Eine
weitere Möglichkeit bietet ein Gerät, bei dem Bildsymbole in einem Kreis angeordnet sind.
Ein sich drehender Zeiger kann bei einem erwünschten Bild gestoppt werden. Die
Geschwindigkeit des Zeigers kann im Vorhinein individuell eingestellt werden. Solche
Schalter können durch Druck der Finger, Hand, Schulter, Schenkel oder des Kopfes betätigt
werden (vgl. Seidl 2001: 53). Des Weiteren werden oft Geräte herangezogen, durch die man
mittels Betätigung einer oder mehrerer Tasten Äußerungen produzieren kann.
Sprachausgabe ist vor allem durch eine geringe Anzahl an Tasten ziemlich unkompliziert.
Das bringt jedoch mit sich, dass sie in erster Linie für einfache, alltägliche Gespräche
angedacht und daher für spezifische Gespräche kaum geeignet ist.
16
Bei einem weiteren Modell können Personen, die elektronische Kommunikationshilfe
beanspruchen, Buchstaben oder Bildsymbole eingeben. Jede Mitteilung kann dann gedruckt
werden. Ebenso können Äußerungen an Sprachsynthesemodule geschickt und damit
künstlich erzeugte Aussagen getätigt werden. Bei diesem Typ der elektronischen
Kommunikationshilfe können sich Personen möglichst frei äußern, die Produktion von
Aussagen ist allerdings mit einem großen Zeitaufwand verbunden. So wird eine
Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen deutlich erschwert.
Zusammenfassend kann bzgl. elektronischer Unterstützungsmittel zur Kommunikation
gesagt werden, dass bereits einige Möglichkeiten vorhanden sind, um diese zu fördern. Da
jedoch nur einfache Gespräche zustande kommen können oder der Aufwand zu groß ist, um
solche zu führen, sind Modelle elektronischer Kommunikationshilfen noch
verbesserungswürdig, um einen gut funktionierenden Austausch zwischen Menschen mit
einer Sprachbehinderung und deren Umfeld zu verwirklichen (vgl. Langer o.J.: 547ff.).
3.6 Sprachbarrieren und Migration
Zu Beginn des Theorieteils im Kapitel Kommunikation im Krankenhaus wurden auch die
Kommunikationsbarrieren erklärt. Sie können auf äußere und innere Ursachen zurückgeführt
werden. Zu diesen Ursachen zählen unter anderem Informationsmangel, ungenaues
Zuhören, Vorurteile, Zeitdruck, Desinteresse am Gegenüber oder das Ziehen von voreiligen
Schlüssen.
Den Sprachbarrieren liegen ähnliche Ursachen zugrunde. Anders als bei den
Kommunikationsbarrieren, wo auch die nonverbale Kommunikation eine große Rolle spielt,
ist hier die sprachliche Komponente von großer Bedeutung. Sie sind eine Form der
Kommunikationsbarrieren aufgrund unterschiedlicher Sprache und/oder fehlender
Sprachkompetenz. Sprachbarrieren machen sich bei Interaktionen mit immigrierten
Menschen besonders bemerkbar. Da in Österreich viele Menschen mit Migrationshintergrund
leben, kommt es durch Sprachbarrieren oftmals zu Verständnisstörungen. In Wien oder in
anderen Ballungszentren, in denen viele Migrant*innen auf engem Raum zusammenleben,
häufen sich diese Probleme. Sprachbarrieren treten vorwiegend in großen Institutionen, wie
es auch das Krankenhaus ist, auf. Ein Grund dafür ist das Zusammentreffen von vielen
Menschen mit unterschiedlicher Kultur und sprachlicher Herkunft.
Deutschkenntnisse von Migrant*innen können unterschiedlich ausgebildet sein. Faktoren, die
das Sprachniveau beeinflussen, sind unter anderem:
• Aufenthaltsdauer in Österreich
• Alter bei der Immigration
• Grad der Integration in Erwerbs- und Ausbildungssystem
17
(vgl. Borde 2002: 144).
Es gibt weitere Aspekte, die für eine gute, unter anderem deutsche, Sprachentwicklung
Auswirkungen haben. Die gesprochene Sprache innerhalb der Familie hat eine sehr große
Bedeutung (vgl. Borde 2002: 146). Wird in einer Familie mit Migrationshintergrund zusätzlich
zur Sprache des Herkunftslandes auch viel Deutsch gesprochen, hat das positive
Auswirkungen auf die Entwicklung der „neuen“ Sprache. Auch das soziale Umfeld spielt eine
große Rolle. Bezüglich der Deutschkenntnisse besteht oft ein Unterschied zwischen
Migrant*innen, die viele deutschsprachige Beziehungspersonen haben, und jenen, die wenig
oder keinen Kontakt mit deutschsprachigen Mitbürger*innen haben. Ein weiterer
erwähnenswerter Faktor ist der Medienhaushalt. Der Empfang von deutschsprachigem
Radio oder Fernsehen bietet eine gute Möglichkeit, um die deutsche Sprachentwicklung zu
unterstützen, indem bspw. der Wortschatz erweitert und das „Verstehen“ geübt werden kann.
Große Schwierigkeiten bereiten bei der Interaktion mit Migrant*innen die Übermittlung von
krankheitsbezogenen Informationen sowie das Niveau medizinischer Aufklärung (vgl. Borde
2002: 350). Lange Zeit wurden für diese Sprachschwierigkeiten Migrant*innen verantwortlich
gemacht (vgl. Dreißig 2005: 32 f.). Eine Form der Kontaktvermeidung und Vernachlässigung
der Patient*innen vonseiten des Gesundheitspersonals sind leider eine häufige
Bewältigungsoption der medizinischen Abteilungen (vgl. Borde 2002: 350). Oft wird auch im
„Foreigner Talk“ („Ich Tarzan, du Jane“) mit den Patient*innen gesprochen, was für ihre
Deutschkenntnisse nicht förderlich ist und ihnen möglicherweise kein angenehmes Umfeld
ermöglicht. Neben der unterschiedlichen Sprache wird vermehrt auch auf Vorurteile und
Erwartungshaltungen aufmerksam gemacht, welche ebenfalls Interaktionsstörungen
darstellen können (vgl. Dreißig 2005: 33). Die Problemlage ist aber sehr vielfältig. Oft ist die
übermittelte Information für Patient*innen mit Migrationshintergrund nicht ausreichend, bzw.
wird diese nicht verstanden. Unverständliche Fachausdrücke und allgemeine Unsicherheit
der Patient*innen verstärken diese Problemlage.
Aktuell gibt es in fast allen Krankenhäusern zwei Methoden, um Sprachbarrieren erfolgreich
entgegenwirken zu können:
• Einstellung von mehrsprachigen Mitarbeiter*innen,
• professioneller krankenhausinterner Dolmetsch.
Treten Sprachbarrieren und/oder Interaktionsprobleme auf, werden ein der Fremdsprache
mächtiges Krankenhauspersonal und/oder ein/e professionelle/r krankenhausinterne/r
Dolmetscher*in hinzugezogen.
Probleme treten jedoch auch bei diesen Unterstützungsmöglichkeiten auf. Beschwerden gibt
es oft vonseiten des bilingualen Mitarbeiter*innenpersonals. Diese Beschwerden können wie
folgt zusammengefasst werden:
18
• organisatorische Probleme,
• Koordinationsprobleme,
• zu wenig Anerkennung für die Übersetzungsarbeit,
• aufhalten der allgemeinen Klinikabläufe
(vgl. Borde 2002: 351).
Oft werden Patient*innen mit Migrationshintergrund von Angehörigen begleitet, welche dann
die Informationsvermittlung im Krankenhaus bewerkstelligen sollen. Auch bei der
Kommunikation mit den Angehörigen treten immer wieder Störfaktoren auf. So bekritteln
viele Krankenhausmitarbeiter*innen die Glaubwürdigkeit der Angehörigen. Gerade bei der
Interaktion über schwerwiegende Krankheiten oder über intime Krankheitsbereiche glauben
viele Mitarbeiter*innen, nicht vollständig informiert worden zu sein.
Allgemein kommen bei der Interaktion mit Angehörigen von Patient*innen mit
Migrationshintergrund folgende Problembereiche zum Vorschein:
• filtern von Information,
• schlechte oder falsche Übersetzung,
• Probleme mit der Verschwiegenheitspflicht,
• Angehörigenberatung (= mehr Arbeit).
Angehörige von Patient*innen mit Migrationshintergrund haben aufgrund anderer Kultur und
Herkunft oftmals ein anderes Krankheitsverständnis. Das kann eine Interaktion zwischen
Klinikpersonal und Angehörigen erheblich stören. Sie haben einen anderen Bezug zur
Krankheit als die erkrankte Person. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass
Angehörige das Krankheitsbild den Ärzt*innen richtig schildern. All diese Komponenten
müssen bei Interaktionen mit Angehörigen beachtet werden. Daher kann
Angehörigenberatung sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.
Dolmetsch
Im folgenden Abschnitt wird der professionelle Dolmetsch näher behandelt. Dolmetsch durch
das Krankenhauspersonal oder Angehörige von Patient*innen mit Migrationshintergrund sind
davon daher ausgeschlossen.
Wie zuvor erwähnt, ist der Dolmetsch eine Möglichkeit, die Interaktion zwischen
Klinikpersonal und Patient*innen mit Migrationshintergrund zu erleichtern. Es ist
möglicherweise eine Hilfestellung, die aktuell am häufigsten in Österreich bekannt ist und
auch eingesetzt wird.
Es gibt zwei Möglichkeiten, einen professionellen Dolmetsch für ein Krankenhaus zu
organisieren. Der Dolmetsch ist sehr häufig außerhalb von den Krankenhäusern stationiert
und Teil einer externen Institution. Im Falle von Kommunikationsproblemen werden die
19
Dolmetscher*innen ins Krankenhaus gerufen. Professionelle Dolmetscher*innen können aber
auch vor Ort im Krankenhaus angestellt sein, was eine sofortige bzw. raschere Lösung des
Problems gewährleistet. Bei externen Dolmetscher*innen können die Wartezeiten länger
sein. Das kann sich auch auf jegliche andere Abläufe im Krankenhaus auswirken.
Dolmetscher*innen könnten in Österreich jedoch viel häufiger eingesetzt werden, als das
aktuell der Fall ist. Viele Krankenhäuser versuchen, dieses Problem auf eine andere Art und
Weise zu lösen, als professionelle Dolmetscher*innen einzusetzen. 1996 wurde das
Krankenhauspersonal von zwölf verschiedenen Kliniken über dieses Thema befragt. Dabei
stellte sich heraus, dass die Verständigung durch Angehörige von Patient*innen oder
bilinguale Mitarbeiter*innen geregelt wurde (vgl. Pöllabauer 2009: 6). Auch in heutiger Zeit
wird das oftmals noch so gehandhabt. Ein Beispiel ist das „Krankenhaus der Barmherzigen
Brüder“ in Wien. Auch dort haben die Autor*innen durch ein Interview erfahren, dass
versucht wird, Sprachbarrieren vorerst durch Angehörige oder das Krankenhauspersonal zu
beseitigen. Nur bei sehr prekären Fällen werden externe Dolmetscher*innen hinzugezogen.
Um die Arbeit und den Arbeitsfluss im Krankenhaus möglichst wenig zu stören, wären
Dolmetscher*innen, welche sich direkt am Krankenhausstandort befinden, die einfachste
Lösung. Oben genannte Probleme würden sich dadurch erheblich vereinfachen. Des
Weiteren würde ein/e krankenhausinterne/r Dolmetscher*in die ohnehin zeitlich sehr
begrenzten Ressourcen weniger belasten und sich somit in einer Zeit, in der die Anzahl von
Menschen mit Migrationshintergrund weiterhin steigt vermutlich rentieren.
Kritisch betrachtet bringt der Dolmetsch auch einige negative Aspekte mit sich. Zum Ersten
wird bei einem Dolmetsch-Gespräch die Anonymität beeinträchtigt, denn die Patient*innen
müssen den Dolmetscher*innen einige intime gesundheitliche Aspekte und Ereignisse
preisgeben. Des Weiteren können die Patient*innen ihre Emotionen mit Hilfe eines/einer
Dolmetscher*in nicht so gut vermitteln. Außerdem spielt auch das Vertrauen eine große
Rolle. Viele Patient*innen fühlen sich bei einem Dolmetsch-Gespräch nicht gut aufgehoben,
was natürlich auch noch ein erschwerender Faktor ist.
Da also fast alle Menschen in Österreich über eine Versicherung für allgemeine Klasse
verfügen, ist diese in den meisten Krankenhäusern maßlos überfüllt. Das bringt natürlich
einige Probleme mit sich:
• Platzmangel,
• weniger Betreuung seitens des Krankenhauspersonals für die einzelnen
Patient*innen,
• längere Wartezeiten,
• unpersönlichere Betreuung.
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Die Situation in den überfüllten allgemeinen Klassen kann massiven Stress verursachen und
somit zu schlechter Stimmung von allen Beteiligten führen. Das kann wiederum
Auswirkungen auf zwischenmenschliche Kommunikation haben. Daher wäre eine
Überarbeitung des Systems wahrscheinlich sinnvoll.
Interkulturelle Kommunikation
Die Kommunikation zwischen zwei Menschen ist von unterschiedlichen Wahrnehmungen
aufgrund der jeweiligen Erfahrungen geprägt. Bereits bei Personen, die aus dem gleichen
Kulturkreis stammen, kann es daher zu differenzierten Sichtweisen kommen. Kommunizieren
Menschen, die in unterschiedlichen Kulturen aufgewachsen sind, miteinander, so bedarf es
daher zusätzlich bestimmter „interkultureller Kompetenzen“ (vgl. Wisiak 2011: 131). Als
interkulturelle Kompetenz bezeichnet Ursula Viktoria Wisiak im Sammelband „Medizin im
Konflikt der Kulturen“ „[...] die Fähigkeit, kulturelle Einflussfaktoren und Bedingungen im
Wahrnehmen, Empfinden, Urteilen und Handeln [...]“ (vgl. Wisiak 2011: 131) sowohl bei sich
selbst als auch bei dem/der Gesprächspartner*in zu erkennen, zu respektieren bzw.
akzeptieren und diese sinnvoll zu nützen. Der Nutzen darin besteht entweder in einer
gegenseitigen Anpassung, Entwicklung von Toleranz gegenüber der anderen Person oder
das Ermöglichen eines gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Um das erreichen zu können,
findet ein Lernprozess statt, bei dem die Bereitschaft vorhanden sein muss, sich mit einer
anderen Kultur als der eigenen auseinanderzusetzen. Das Erreichen einer hohen
interkulturellen Kompetenz macht sich bemerkbar, indem bspw. Kenntnisse und ein
weitergehendes Verständnis für Orientierungssysteme der eigenen und fremder Kultur/en
vorliegen und aus dem Vergleich jener Orientierungssysteme Reaktionen und Handlungen
gebildet werden (vgl. Wisiak 2011: 132).
Auch für die interkulturelle Kommunikation ist das bereits beschriebene
Kommunikationsmodell von Paul Watzlawick bedeutend. Es geht um ein Verstehen zwischen
Sender*in und Empfänger*in, aber auch um ein gegenseitiges Verständnis der
Kommunikationspartner*innen. Nicht nur der Inhalt eines Satzes, sondern auch dessen
Bedeutung muss verstanden werden. Um das Verstehen zwischen Menschen mit
unterschiedlichen Sprachen und/oder Kulturen zu erleichtern, werden diverse Methoden wie
Hervorheben wichtiger Aspekte, Übersetzung, Wiederholung in der Muttersprache,
Nachfragen etc. herangezogen. Speziell im medizinischen Kontext ist es für Patient*innen
mit einer anderen Muttersprache als der der behandelnden Ärzt*innen eine Herausforderung,
die eigenen körperlichen Symptome und Beschwerden verständlich darzustellen oder zu
beschreiben und gleichzeitig darauf zu achten, dass psychosoziale Faktoren auch in Bezug
auf körperliche Symptome berücksichtigt werden. Gerade dann, wenn es keine sprachlichen
21
oder kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen den Kommunikationspartner*innen gibt, ist
Empathie für das ärztliche Gespräch die Basis (vgl. Wisiak 2011: 133f.).
Für die interkulturelle Kommunikation in ärztlichen Gesprächen müssen daher folgende
Punkte beachtet werden:
Verständlichkeit – dies bedeutet, dass sowohl Arzt/Ärztin als auch Patient*in die Bereitschaft
haben bzw. zeigen müssen, sich möglichst verständlich auszudrücken.
Bezeichnung eines realen Sachverhaltes – beide Seiten des Arzt-/Ärztin-
Patient*innengespräches müssen tatsächliche somatische Symptome beschreiben und somit
versuchen, so wenig Spielraum für Interpretationen als möglich zu lassen.
Vertrauen – dieses ist die Basis für ärztliche Gespräche. Durch Erfahrungen der
Patient*innen, die sie in ihrer Heimat gemacht haben, kann es zu Missverständnissen bzgl.
der Aufwendungen für den Krankenhausaufenthalt bzw. der Qualität der Betreuung kommen.
Unterschiedlichkeit von Normen- und Wertesystemen können Schwierigkeiten bei der
Interaktion darstellen. So sollte bereits am Anfang des Gespräches damit gerechnet werden,
dass Störungen in der Kommunikation und Missverständnisse auftreten können. Diese
wären dann durch Nachfragen zu beseitigen (vgl. Wisiak 2011: 135f.).
Grundsätzlich sind bei der interkulturellen Kommunikation daher einige Verhaltensweisen
bzgl. der verbalen und der nonverbalen Kommunikation zu berücksichtigen. Es wäre bspw.
wichtig, den Familiennamen des Betroffenen richtig auszusprechen. Als Hilfe könnte man
den jeweiligen Namen auch mit Lautschrift festhalten. Ebenso sollten Sätze klar und deutlich
und so gut als möglich in Alltagssprache formuliert werden. Nachfragen und
Zusammenfassen des Gesagten können ebenfalls Missverständnisse aus dem Weg räumen.
Des Weiteren ist es wichtig, auf ein langsames Sprechtempo und eine niedrige Lautstärke zu
achten, da dies sonst beim Gegenüber durch die Annahme, es handle sich um einen
Konflikt, Unsicherheiten hervorrufen könnte. Außerdem erweist es sich meist als hilfreich,
Anschauungsmaterial wie Abbildungen, Modelle etc. zum Gesagten hinzuzuziehen. Ist ein
Dolmetscher/eine Dolmetscherin anwesend, sollte der Blick jederzeit auf die betroffene
Person gerichtet sein, wobei darauf geachtet werden muss, auf welchen Körperteil man
schaut (vgl. Wisiak 2011: 137).
22
4. STRUKTUREN IM KRANKENHAUS
Im Kapitel Strukturen im Krankenhaus wird auf die Finanzierung des Gesundheitswesens in
Österreich eingegangen und es werden überblicksmäßig drei Berufsgruppen, welche in
Krankenanstalten tätig sind, abgebildet. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Akteur*innen
im Gesundheitssystem wurde von den Autor*innen dieser Arbeit die Hypothese aufgestellt,
dass es auch zwischen diesen leicht zu Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten
kommen kann, welche sich im weiteren Verlauf auf die Versorgung der Patient*innen
auswirken können.
4.1 Aufgabenverteilung und Finanzierung
Das Ziel des österreichischen Gesundheitswesens ist es, einerseits erkrankte Menschen zu
unterstützen, wieder gesund zu werden, und andererseits präventive Maßnahmen zu treffen,
um deren Gesundheit zu fördern und Krankheiten vorzeitig zu vermeiden. Der Großteil der in
Österreich zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel fließt in die Krankenversorgung,
wobei Gesundheitsförderung und Prävention stetig an Bedeutung gewinnen. Die
Gesundheitssicherung liegt in öffentlicher Verantwortung und sieht eine Arbeitsteilung
zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungen und gesetzlichen
Interessenvertretungen (wie z. B. Kammern) betreffend Entscheidungen der österreichischen
Gesundheitsversorgung vor (vgl. Pöttler 2012: 22).
Die Organisation und Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems sind in der
Vereinbarung des Artikels 15a Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und im Finanz-
Verfassungsgesetz geregelt (vgl. Hofmarcher, Rack 2006: 27). Die 15a-B-VG-Vereinbarung
regelt, dass Bund und Länder kooperativ Vereinbarungen über ihre jeweiligen
Wirkungsbereiche schließen (vgl. B-VG 1930: §15a).
Vom Bund und den jeweiligen Bundesländern werden über die Finanzierung der
Krankenanstalten befristete Vereinbarungen beschlossen. Laut Bundesverfassung ist der
Bund für den Großteil aller Bereiche des Gesundheitswesens zuständig. Eine Ausnahme
bilden die Krankenanstalten, bei denen die Länder für Ausführung und Vollziehung der von
Bund beschlossenen Grundsatzgesetze zuständig sind. Die sanitäre Aufsicht über die
Spitäler verbleibt jedoch im Verantwortungsbereich des Bundes (vgl. Hofmarcher, Rack
2006: 32ff.).
Ein Grundprinzip des österreichischen Gesundheitssystems ist die solidarische Finanzierung.
Darunter ist zu verstehen, dass allen Menschen der Zugang zu Gesundheitsleistungen zu
ermöglichen ist, unabhängig von deren Alter, Einkommen, Geschlecht oder Herkunft. Ein
weiteres Kennzeichen ist die Pflichtversicherung, welche den Versicherungsnehmer*innen
23
einen Rechtsanspruch auf die Leistungen des Gesundheitssystems bietet. Die Finanzierung
des Gesundheitssystems setzt sich zusammen aus:
• Sozialversicherungsbeiträgen,
• öffentlichen Geldern und
• privaten Beiträgen. Die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge, welche die Patient*innen zu zahlen haben, ist
einkommensabhängig und die öffentlichen Gelder sind steuerfinanziert. Zu den privaten
Beiträgen können z. B. Selbstbehalte bei stationären Krankenhausaufenthalten und
Rezeptgebühren gezählt werden (vgl. BMG 2013: 20).
Den größten Anteil zur Finanzierung des Gesundheitssystems trugen 2011 mit 45 Prozent
die Krankenversicherungen bei. Im Bereich der Krankenanstalten kommt es zu einer
geteilten Finanzierung zwischen öffentlicher Hand und Sozialversicherung. Insgesamt
wurden im Jahr 2011 76 Prozent der Ausgaben im Gesundheitsbereich aus öffentlichen
Mitteln finanziert. Unter diese fallen die Ausgaben der Sozialversicherungsträger, des
Bundes, der Länder und der Gemeinden. Die restlichen 24 Prozent setzen sich zusammen
aus privaten Ausgaben von Haushalten, Versicherungen, anderen Organisationen und
betriebsärztlichen Leistungen (vgl. BMG 2013: 10ff.). Der höchste Anteil der
Gesamtausgaben fließt in die stationäre Gesundheitsversorgung mit 34 Prozent. Im
Vergleich hierzu werden für Prävention und den öffentlichen Gesundheitsdienst nur zwei
Prozent aufgewendet (vgl. BMG 2013: 19 zit.n. OECD 2011).
4.2 Hierachiesystem
In diesem Kapitel wird auf drei unterschiedliche im Krankenhaus tätige Berufsgruppen und
deren berufliche Rangordnung auch innerhalb ihrer Berufsgruppe im Spitalsalltag
eingegangen. Wegen der verschiedenen Ausbildungen und Spezialisierungen, welche die
unterschiedlichen Akteur*innen, die in Krankenanstalten tätig sind, durchlaufen, wurde durch
die Autor*innen dieser Arbeit die Hypothese aufgestellt, dass auch die unterschiedlichen
Fachsprachen und Kompetenzen zu Sprachbarrieren zwischen den Personalgruppen, aber
auch in der Kommunikation zwischen Patient*innen und deren Angehörigen führen können.
Die hierarchische Organisation des Krankenhauses regelt Verantwortungen, Zuständigkeiten
und Kompetenzen, was ermöglicht, in Notfällen durch Normvorgaben schnell zu handeln
(vgl. Eckhardt 2015: 24).
24
Arzt und Ärztinnen
Eine zentrale Berufsgruppe des Krankenhausalltages sind Ärzt*innen. § 2 des Ärztegesetzes
beschreibt die Tätigkeit von Ärzt*innen folgendermaßen:
„Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen. Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfasst jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere 1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und
psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalie, die krankhafter Natur sind;
2. die Beurteilung von in Z1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;
3. die Behandlung solcher Zustände (Z 1); 4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut; 5. die Vorbeugung von Erkrankungen; 6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen
Fortpflanzungshilfe; 7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinischen diagnostischen
Hilfsmitteln; 8. die Vornahme von Leichenöffnungen. Jeder zur selbstständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten“ (vgl. ÄrzteG 1998). Bei der Berufsausübung von Ärzt*innen kann unterschieden werden zwischen Ärzt*innen für
Allgemeinmedizin, Fachärzt*innen und in Ausbildung stehenden Turnusärzt*innen. Als
Ausbildung haben Ärzt*innen das Diplomstudium der Humanmedizin zu absolvieren und
nachfolgend entweder eine Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin oder zum
Facharzt/zur Fachärztin. Das Diplomstudium der Humanmedizin umfasst zwölf Semester, die
Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin zumindest drei Jahre. Die
Fachärzt*innenausbildung umfasst mindestens sechs Jahre (vgl. BMG 2013a: 9).
Auch zwischen den verschiedenen in Krankenhäusern tätigen Ärzt*innen bildet sich eine
Hierarchie ab.
Nach Schlüter 1992 gliedert sich das ärztliche Hierarchiesystem wie folgt:
1. Ärztliche/r Direktor*in,
2. Oberärzt*innen,
3. Stationsärzt*innen,
4. Assistensärzt*innen und
5. Ärzt*innen im praktischen Jahr (vgl. Eckhardt 2015: 26 zit.n. Schlüter 1992).
Fächärzt*innen sind zur selbstständigen Berufsausübung berechtigt, diese ist jedoch auf
deren Fachbereich beschränkt. Turnusärzt*innen unterstehen in Anleitung und Ausbildung
ausgebildeten Ärzt*innen (vgl. Pöttler 2012: 73).
25
Gesundheits- und Krankenpflegeberufe
Als Rechtsgrundlage dient das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG). Es regelt die
Tätigkeitsbereiche des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und der
Pflegehilfe.
Die Aufgaben des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege gliedern sich in
einen
1. eigenverantwortlichen,
2. mitverantwortlichen und
3. interdisziplinären Tätigkeitsbereich (vgl. GuKG 2009: § 13 f.).
Nach § 14 (1) GuKG fallen unter den eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich:
„[...] die eigenverantwortliche Diagnostik, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller pflegerischen Maßnahmen im intra- und extramuralen Bereich (Pflegeprozess), die Gesundheitsförderung und -beratung im Rahmen der Pflege, die Pflegeforschung sowie die Durchführung administrativer Aufgaben im Rahmen der Pflege“ (GuKG 2009: §14). Unter intramural sind hier Bereiche innerhalb von Krankenanstalten und unter extramural
außerhalb von Krankenanstalten zu verstehen.
„Der mitverantwortliche Tätigkeitsbereich umfasst die Durchführung diagnostischer und
therapeutischer Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung“ (GuKG 2009: §15). Hierbei trägt der
Arzt bzw. die Ärztin die Anordnungsverantwortung und der gehobene Dienst für Gesundheits-
und Krankenpflege die Verantwortung zur Durchführung der Tätigkeiten. Zum
interdisziplinären Tätigkeitsbereich zählt die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheits- und
Krankenpflegeberufen und weiteren Berufen des Gesundheitsbereiches (vgl. GuKG 2009: §
15 f.).
Die Ausbildung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst drei
Jahre und erfolgt an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen bzw. als Bachelorstudiengang
an Fachhochschulen. Es gibt im gehobenen Dienst schon während der Grundausbildung
Spezialisierungen.
Diese unterteilen sich in:
• allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege,
• psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege und
• Kinder- und Jugendlichenpflege.
Mit dem Erwerb von Sonderausbildungen ist es möglich, den Tätigkeitsbereich auch nach
Absolvierung entsprechender Grundausbildungen zu erweitern bzw. für Lehr- und
Führungsaufgaben ausgebildet zu werden (vgl. BMG 2013a: 70ff.).
Der Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe wird im GuKG § 84 beschrieben. Zu ihm gehören
einerseits die Durchführung von pflegerischen Maßnahmen nach Anleitung und unter
Aufsicht des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und andererseits die
26
Mitwirkung an diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Einzelfall, jedoch sind
hierfür eine schriftliche ärztliche Anordnung und die Aufsicht des gehobenen Dienstes für
Gesundheits- und Krankenpflege oder die ärztliche Aufsicht vonnöten. Außerdem umfasst
der Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe die soziale Betreuung von Patient*innen und die
Verrichtung von hauswirtschaftlichen Arbeiten.
Die Pflegehilfeausbildung umfasst ein Jahr und ist im Rahmen von Pflegehilfelehrgängen zu
absolvieren. Der Lehrgang wird mit einer kommissionellen Abschlussprüfung abgeschlossen
(vgl. BMG 2013a: 81).
Die drei vorgestellten Berufsgruppen sind noch lange nicht alle Berufsgruppen, welche im
stationären und ambulanten Krankenhausalltag tätig sind. In den unterschiedlichen
Berufsbildern wird jedoch deutlich, wie sehr die verschiedenen Akteur*innen aufeinander
angewiesen sind und miteinander kooperieren müssen, um den Patient*innen die
bestmögliche Behandlung zu bieten. Auch auf die unterschiedlichen Kommunikationsformen
(schriftlich bzw. „face-to face“) wird gesetzlich verwiesen.
4.3 Patient*innensystem
Das Patient*innensystem wird in Österreich bundesweit geregelt und ist somit im ganzen
Land gleich. Es ist auch bekannt als Zweiklassensystem:
• allgemeine Klassen
• Sonderklassen
Den allgemeinen Klassen werden all jene zugewiesen, die in Österreich über eine
Sozialversicherung verfügen. Das trifft auf den Großteil der Bevölkerung zu, jedoch nicht auf
alle Menschen in Österreich.
In manchen Krankenhäusern wie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien gibt es
für diese Menschen eine Ambulanz für Nichtversicherte. In dieser Abteilung werden auch
Menschen ohne Versicherung, unabhängig von Herkunft und Religionszugehörigkeit,
behandelt.
Für die Sonderklassen sind nur all jene berechtigt, die über eine Zusatzversicherung
verfügen oder selbst bezahlen. Die Patient*innen der Sonderklasse werden medizinisch in
der Regel nicht besser behandelt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sowohl für ihre
Begutachtung und Behandlung mehr Zeit aufgewendet wird.
4.4 Externe Institutionen
Die Soziale Arbeit hat mit unterschiedlichsten Organisationen und Institutionen in Kontakt zu
treten. Eine große Rolle spielt dabei der Aufenthalt nach der Zeit im Krankenhaus.
27
Zur sozialen Beratung, die als Aufgabenbereich der Krankenhaussozialarbeiter*innen
definiert ist, stehen die „akuten, krankheits- und behandlungsbedingten, sozialen,
persönlichen und finanziellen Schwierigkeiten von PatientInnen im Vordergrund“ (Dieplinger
2008: 27).
Fragen, die sich auf die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt beziehen, werden von
unterschiedlichsten Institutionen beantwortet. Die Soziale Arbeit hat die Aufgaben, die
Patient*innen über die Institutionen zu informieren und wenn nötig, den Kontakt
aufzunehmen und einzuleiten. Dadurch entsteht ein wechselseitiger Informationsfluss
zwischen dem Krankenhaus und den externen Institutionen wie Pflegeheimen oder der
Heimhilfe. Wenn dieser Informationsaustausch gut funktioniert, kann ein organisiertes Leben
der Patient*innen nach deren Krankenhausaufenthalt gewährleistet werden (vgl. Dieplinger
2008: 26).
In dieser Schnittstelle kann es passieren, dass Komplikationen auftreten. Um dies zu
vermeiden, sollten sich alle an der Zusammenarbeit beteiligten Akteur*innen kennen,
Fähigkeiten sowie Angebote von allen Seiten aus sollten regelmäßig mitgeteilt werden und
ein allgemein gültiger Überblick über das gesamte Versorgungsnetz erspart weitere
Schwierigkeiten (vgl. Dieplinger 2008: 27).
Nicht nur die Patient*innen selbst leiden an einer schlechten Kommunikation zwischen den
Institutionen. Auch „ineffizientes Arbeiten, Spannungen im Team, Verschwendung von
Ressourcen“ (Kiessling 2014: 100) können Folgen eines mangelhaften Austausches
zwischen den Organisationen hervorrufen. Die Probleme liegen großteils im
Zeitmanagement, am mangelnden Informationsfluss sowie an unklaren Entscheidungen oder
am Ausgrenzen von beteiligten Akteur*innen (vgl. Kiessling 2014: 100).
Zu den Gründen, welche durch die betroffenen Institutionen ausgelöst werden, zählen laut
(Kiessling 2014: 101 zit.n. Manser 2009) Einstellung, Intoleranz und Klischees im Bezug auf
andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen, verschiedenen Konzepte die Krankheit und
Gesundheit betreffen, unterschiedliche Fachsprachen und Ansichten bzw. Anforderungen an
die Hilfe betreffend der Patient*innen.
Um dem entgegenzuwirken und die Qualitätsstandards im Bezug auf die Kooperation mit
externen Institutionen aufrecht zu erhalten, gibt es einige Richtlinien.
„Jährliche Treffen mit Verantwortlichen von Pflegeheimen, Rehabilitationskliniken und sonstigen Institutionen, persönlicher Kontakt zu allen wichtigen Kooperationspartnern und regelmäßige, persönliche Gespräche zur Verbesserung der regionalen Angebote und zur Erweiterung der jeweiligen Sichtweise“ (Dieplinger 2008: 26 zit.n. Tros 1999: 15), sollten daher auf der Tagesordnung der Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus stehen.
28
5. ZWISCHENFAZIT
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Fragestellungen „Was kann Soziale
Arbeit zur Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Wiener
Krankenhäusern beitragen? Was sind aktuelle Unterstützungsmittel bzgl. Schwierigkeiten im
Sprachverständnis für die Soziale Arbeit in Wiener Krankenhäusern?“ auf einen sehr
komplexen Themenbereich beziehen. In jedem Teilbereich sind die Autor*innen zur
Erkenntnis gekommen, dass es sich dabei um ein breit gefächertes Spektrum an
Informationen handelt. So konnten die Tatsachen erarbeitet werden, dass es für jede Art von
Kommunikation ein minimales Quantum an kognitiven bzw. motorischen Voraussetzungen
braucht. Ebenso ist für eine erfolgreiche Interaktion auch das Verstehen und Sprechen einer
gemeinsamen Sprache notwendig. Um eine gut funktionierende Kommunikation zu
gewährleisten, gibt es eine Vielzahl an Methoden. Im Zuge dessen haben sich die
Autor*innen damit beschäftigt, ein angebrachtes Kommunikationsmodell zur jeweiligen
Situation zu finden. Des Weiteren konnte ein Einblick in das „System Krankenhaus“ bereitet
werden. Im Zusammenhang damit kamen folgende Fragen auf: Gibt es im Krankenhaus
eine „bewusstes missverstehen“? Verursacht womöglich eine ablehnende Haltung seitens
der Ärzt*innen den Patient*innen gegenüber Kommunikationsbarrieren? Oder wird im
Krankenhaus generell nicht adäquat kommuniziert, da der Schwerpunkt auf einer möglichst
schnellen Behandlung von Krankheiten liegt? Die anfangs gestellte Frage, durch welche
Unterstützungsmittel Kommunikation gefördert werden kann, konnte jedenfalls unter
anderem durch die Schlussfolgerung, dass eine einheitliche Gebärden- oder Bildsprache
regelmäßig von Betreuungspersonen praktiziert werden sollte, beantwortet werden.
Zusätzlich wäre es von Vorteil, wenn Krankenhaussozialarbeiter*innen diese vereinfachte
Gebärdensprache zumindest zum Teil beherrschen würden. Dies ist jedoch kritisch zu
betrachten, da diese Gebärdensprache Begriffe aus Alltagssituationen beinhaltet und es
somit schwierig werden könnte, weitere Vorgehensweisen, z. B. wie finanzielle
Unterstützungsmittel zu beantragen sind, zu erklären. Um Kommunikationsschwierigkeiten
zu minimieren, stellen Dolmetscher*innen ein weiteres Hilfsmittel dar. Diese Aufgabe wird –
wie aus einem der Expert*inneninterviews hervorging – unter anderem durch das
krankenhausinterne Personal gelöst, da beim Einsatz eines/r professionellen
Dolmetsches/Dolmetscherin zusätzliche Kosten anfallen würden. Das Übernehmen dieser
Aufgabe durch interne Abwicklung bringt jedoch aufgrund von Zeitmangel und
Unerreichbarkeit einen nicht immer reibungslosen Ablauf mit sich. Durch die neuen Medien
besteht die Möglichkeit, kommunikativen Problemen durch Hilfe von außen (z. B.:
Dolmetsch auf Bereitschaft) entgegenzuwirken.
29
Im Zuge der Forschung fand eine Sensibilisierung bzgl. verschiedener Formen von Sprach-
und Kommunikationsbarrieren statt, welche von den Autor*innen somit leichter zu erkennen
sind. Dies macht es möglich, jene folglich zu verringern.
Da im Feldkontakt in Erfahrung gebracht wurde, dass Menschen mit einer Behinderung
bereits ausreichend in das System der Behindertenhilfe integriert sind. Da die Autor*innen
dieser Arbeit davon ausgehen, dass Missverständnisse und Kommunikationsbarrieren im
Krankenhausalltag ohnehin auftreten, diese jedoch durch „verschieden-sprachige“
Hintergründe der Kommunikationspartner*innen verstärkt auftreten, haben sich die
Autor*innen dieser Arbeit dazu entschlossen, den Fokus des Projektes auf den Bereich
Migration und die damit verbundenen Sprach- und Kommunikationsbarrieren im
Krankenhaus zu legen. Aufgrund des derzeitigen Bürgerkrieges in Syrien und der damit
verbundenen Fluchtbewegung nach Europa, unter anderem nach Österreich, wird der
Schwerpunkt auf syrische Asylwerber*innen gesetzt, Dies je nach Bedarf als ehrenamtliche
Dolmetscher*innen in Wiener Krankenhäusern fungieren sollen. Diese Idee wird vorerst als
Pilotprojekt gestartet und könnte bei erfolgreicher Umsetzung ausgebaut und weitergeführt
werden. Die Planung des Pilotprojekts wird in den folgenden Kapiteln beschrieben.
Abschließend ist zu sagen, dass die Autor*innen dieser Arbeit einen facettenreichen Einblick
in dieses Gebiet erhielten, und sie sich somit eine gute Basis für die weitere empirische
Forschung schaffen konnten.
Um mit den Projektarbeiten zu beginnen, mussten vorerst rechtliche Informationen zum
Arbeitsrecht von Aslywerber*innen eingeholt werden.
30
6. EMPIRISCHER TEIL
6.1 Forschungsdesign
Um das Thema der Arbeit bzw. die Forschungsfrage „Was kann Soziale Arbeit zur
Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Wiener Krankenhäuser
beitragen?“ bestmöglich zu erforschen, haben die Autor*innen zwei Interviews und ein Go-
Along abgehalten. Das Forschungsfeld begrenzt sich lokal auf die Stadt Wien und thematisch
auf Sprach- und Kommunikationsbarrieren im Zusammenhang mit Migration.
In der ersten Feldphase wurden die zwei Interviews jeweils mit einer Sozialarbeiterin
durchgeführt. Das erste Interview fand am 13.05.2015 zwischen 14:00 und 15:00 Uhr im
Wilhelminenspital mit einer zuständigen Sozialarbeiterin der Kinder- und Jugendheilkunde
statt. Die beiden Interviewerinnen waren Claudia Mayr und Katharina Möstl.
Das zweite Interview fand am 09.06.2015 im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder mit
einer der dort tätigen Sozialarbeiter*innen statt. Dieses Interview dauerte rund 60 Minuten.
Die Interviewer*innen waren Anja Dihanits und Benedikt Froschauer. Für diese beiden
Interviews wurde von den Autor*innen dieser Arbeit im Vorfeld ein ausführlicher
Interviewleitfaden mit Fragen zum Thema Sprach- und Kommunikationsbarrieren im
Krankenhaus erstellt.
Die beiden Interviews wurden anschließend mithilfe der „Auswertungsmethode nach
Mayring“ ausgewertet. Bei dieser Auswertungsmethode geht es darum, das Interview in
Kategorien einzuteilen und anschließend bestmöglich zusammenzufassen. Die
Auswertungsmethode gliedert sich in drei Arbeitsschritte:
Kategorienentwicklung
Die Kategorienentwicklung beginnt mit dem Zusammenfassen bzw. Paraphrasieren des
Interviews. Aus dem Gesprochenen werden Fakten und Kernaussagen herausgearbeitet und
in einer anderen Wortwahl wiedergegeben. Im Schritt der Generalisierung wird der Textinhalt
auf ein qualitativ höheres Niveau angehoben. Im letzten Schritt der Kategorienentwicklung,
dem Reduzieren, werden inhaltsidente Aussagen weggestrichen und textähnliche Passagen
zusammengefasst (vgl. Kolland 2015: 42ff.). In diesem Schritt entstehen die Hauptkategorien
des Kategorienbaums.
31
Kategorienanalyse
Im Arbeitsschritt der Kategorienanalyse werden zu den Hauptkategorien passende
Unterkategorien gebildet. Es ist möglich, dass eine Unterkategorie bei verschiedenen
Hauptkategorien aufscheint. Des Weiteren erfolgt eine Selektion jener Interviewpassagen,
die nicht in den Kategorien aufscheinen. Ausschließlich Kernaussagen bleiben erhalten (vgl.
Kolland 2015: 55).
Kategorienvergleich
Kernaussagen werden in Bezug auf das gesamte Interview verglichen und
Übereinstimmungen bzw. Widersprüche werden dargestellt (vgl. Kolland 2015: 56).
Um die Kategorisierung zu veranschaulichen, wurde sie in Form eines Kategorienbaumes
visualisiert.
In der zweiten Feldphase wurde ein weiterer Einblick in das Feld geschaffen. Am 24.11.2015
wurde von zwei Autorinnen dieser Arbeit ein Go-Along in einem Wiener Krankenhaus
durchgeführt. Unter einem Go-Along versteht man eine begleitende Beobachtung. Die
Autorinnen hatten die Möglichkeit, von 07:30 bis 11:00 eine Krankenhaussozialarbeiterin in
der Praxis zu begleiten. Dabei war es den Autorinnen erneut möglich, diverse Fragen zu
stellen.
Formen der Beobachtung
Da die Sozialarbeiterin über die Umstände der Beobachtung aufgeklärt wurde, handelt es
sich um eine offene Beobachtung (vgl. Kolland 2015: 6). Bei dieser Beobachtungsform
besteht die Möglichkeit, dass der/die Beobachtete durch das Wissen der Beobachtung eine
32
unnatürliche bzw. veränderte Haltung einnimmt (vgl. Kolland 2015: 11). Aufgrund der
Tatsache, dass die Beobachterinnen die Sozialarbeiterin bei ihrem Arbeitstag aktiv
begleiteten, liegt eine teilnehmende Beobachtung vor. Da das Go-Along im gewohnten
Umfeld der Krankenhaussozialarbeiterin stattfindet, handelt es sich um eine
Feldbeobachtung, welche nach dem Schema einer unstrukturierten Beobachtung
durchgeführt wird (vgl. Kolland 2015: 6). In dieser Beobachtung integrieren sich die
Forscherinnen in die natürliche Lebenswelt der Sozialarbeiterin (vgl. Kolland 2015: 10). Den
Partizipationsgrad der Beobachterinnen bezeichnet man als „observer as participant“. Die
Beobachterinnen sind hier in erster Linie auf die Tätigkeiten der zu beobachtenden
Sozialarbeiterin fokussiert. Sie versuchen jedoch, sich mit passenden Fragen zum Feld in
das Umfeld zu integrieren (vgl. Kolland 2015: 8).
6.2 Reflexion des ersten Interviews
Vorbereitung
Das erste Interview im Rahmen dieser Forschung wurde im Wilhelminenspital in der
Montleartstraße 37 in 1160 Wien durchgeführt. Träger ist der Wiener Krankenanstalten
Verbund.
Die Kontaktaufnahme mit einer Sozialarbeiterin des Wilhelminenspitals erfolgte per E-Mail.
Aufmerksam wurden die Interviewerinnen auf die Interviewpartnerin über die Website des
Wilhelminenspitals, auf welcher die Kontaktdaten der Krankenhaussozialarbeiterin der
Kinder- und Jugendstation angegeben waren.
Für die Interviewerinnen war es das erste Interview im Rahmen einer Forschung. Daher
wussten sie auch nicht genau, was auf sie zukommen würde. Es gab Bedenken darüber, ob
das Interview auch lang genug dauern oder ob es zu lange Sprechpausen geben würde.
Beim Wilhelminenspital angekommen, mussten die Interviewerinnen erst den Pavillon
suchen, in dem sich das Büro der Krankenhaussozialarbeiterin befand. Da das
Wilhelminenspital in viele unterschiedliche Pavillons aufgeteilt ist, war es gar nicht so
einfach, sich zu orientieren. Was nach Auffinden des richtigen Pavillons auffiel, war, dass
sich das Büro im Dachgeschoss eines mehrstöckigen Pavillons befand und die
Interviewerinnen in diesem Bereich keinen Lift sahen und diesen Sachverhalt als eine
mögliche Barriere für manche Klient*innen der Sozialarbeit wahrnahmen.
Die Methodik des Interviews war ein leitfadengestütztes Expert*inneninterview. Der Leitfaden
wurde im Rahmen des Seminars „Forschung und Projektentwicklung. Hilflos im
Krankenhaus? Herausforderungen an die klinische Sozialarbeit“ von den vier Autor*innen
dieser Arbeit erstellt. Aufgrund des Forschungsinteresses „Was kann Soziale Arbeit zur
Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Wiener Krankenhäusern
33
beitragen?“ wurde der Leitfaden mit dem Fokus auf die Themengebiete „Migration“ und
„Menschen mit Behinderungen“ erstellt.
Durchführung des Interviews
Aufgrund der Durchführung des Interviews auf einer Kinder- und Jugendstation waren eher
Fragen über Migration relevant, was von den Interviewer*innen zuvor zu wenig bedacht
worden war. Dies brachte ein wenig Verwirrung in die Interviewsituation. Auch die Tatsache,
dass vor dem Interview nicht genau eingegrenzt wurde, welche Arten von Behinderungen
(bezogen auf Sprache) für die Forschung von Bedeutung sind, führte zwischendurch
kurzzeitig zu einem „Rollentausch“, bei dem die Interviewte zur Interviewerin wurde und die
Interviewerinnen zu den Interviewten.
Im Interview wurde das Thema Dolmetsch angesprochen, was die Autor*innen dieser Arbeit
auf die Idee brachte, sich im Rahmen der Forschung unter anderem mit diesem Thema zu
beschäftigen.
Fazit
Zusammenfassend ist zu sagen, dass vonseiten der Interviewten ein großes Interesse an
dieser Forschungsarbeit, den Ergebnissen und dem daraus entstehenden Projekt gezeigt
wurde. Trotz des Leitfadens, war es wichtig, flexibel zu bleiben, da manche Fragen schon
beantwortet waren, bevor sie gestellt wurden.
Die Bedenken, das Interview könnte zu kurz werden, wurden nicht bestätigt. Wäre ein
größerer Zeitrahmen da gewesen, hätte das Interview sehr wahrscheinlich noch länger
gedauert.
6.3 Reflexion des zweiten Interviews
Vorbereitung
Das Interview fand im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder am 09.06.2015 von 13:30 Uhr
bis 14:30 statt. Das Krankenhaus liegt am Johannes-von-Gott-Platz 1 im 2. Wiener
Gemeindebezirk.
Aufgrund einer Exkursion im ersten Semester gab es bereits Kontakt zum Team der
Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus. Die erneute Kontaktaufnahme erfolgte telefonisch und
die Interviewanfrage wurde herzlich entgegengenommen.
Die Interviewer*innen beschlossen schon vorab, das Gespräch mit einem Handy
aufzunehmen. Trotzdem gab es anfänglich Bedenken bzgl. eines reibungslosen Ablaufes.
34
Außerdem beschäftig die Interviewer*innen der Gedanke über eine eventuell schlechte
Tonqualität der Amateuraufnahmen. Diese Sorgen bestätigten sich glücklicherweise nicht.
Die Interviewer*innen erkundigten sich an der Pforte im Eingangsbereich über den genauen
Standort der Krankenhaussozialarbeit. Dank der guten Auskunft konnte das Büro der
Sozialarbeiter*innen problemlos gefunden werden. Die Interviewer*innen mussten jedoch
einige Minuten warten, bis die zuständige Sozialarbeiterin ihren vorigen Termin
abgeschlossen hatte.
Durchführung des Interviews
Im Laufe des Interviews stellte sich heraus, dass vor allem im Migrationsbereich Sprach- und
Kommunikationsbarrieren auftreten. Diese werden momentan fast ausschließlich durch
internes Personal zu beheben versucht. Wenn kein Personal zur Verfügung steht, wird ein
externer Dolmetsch kontaktiert. Im Bereich Behinderung schilderte die Interviewte eigentlich
keine Probleme. Für gehörlose Menschen besteht aber die Möglichkeit, die
Gehörlosenambulanz im Haus aufzusuchen, die von einem gehörlosen Sozialarbeiter betreut
wird.
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Bereich Migration mehr Sprach- und
Kommunikationsbarrieren mit sich bringt als der Bereich der Behinderung. Die persönliche
Schlussfolgerung der Interviewer*innen war, dass es notwendig wäre, internes
Krankenhauspersonal von den Pflichten des/der Dolmetschers/Dolmetscherin zu entlasten.
6.4 Interviewauswertungen
Im Vorfeld der Interviews wurde von den Autor*innen dieser Arbeit gemeinsam ein
Interviewleitfaden ausgearbeitet, in welchem der Schwerpunkt auf Sprach- und
Kommunikationsbarrieren im Krankenhaus gelegt wurde. Aufgabenbereiche der
Sozialarbeit*innen, kommunikative Herausforderungen mit Patient*innen und anderen
Krankenhausakteur*innen sowie allgemeinere Fragen waren konkrete Themen des
Leitfadens. Aufgrund des ausführlich gegliederten Aufbaus war es den Interviewer*innen
selbst bei abschweifenden Antworten der Befragten möglich, wieder zum Ursprungsthema
zurückzukehren. Durch die oftmals sehr breit gefächerten Antworten der Sozialarbeiter*innen
kamen aber neue und sehr interessante Aspekte zum Vorschein. Bei der Transkription sind
die Interviewer*innen zur Erkenntnis gekommen, dass es häufig große
Auffassungsunterschiede zwischen gesprochenem und geschriebenem Wort gibt. Mithilfe
35
der Auswertungen der Interviewtranskriptionen konnten diese behoben werden: Die
Transkriptionen wurden jeweils von jenen Interviewer*innen ausgewertet, die das Interview
nicht geführt hatten, um Unklarheiten zu beheben.
Krankenhaussozialarbeiter*innen
Aufgabenbereiche, Team und Rolle der Krankenhaussozialarbeiter*innen
Die interviewte Sozialarbeiterin des Wilhelminenspitals ist für die Kinder- und
Jugendabteilungen zuständig, von der Neonatologischen Intensivstation bis hin zur Arbeit mit
Kindern mit verschiedensten Infektionserkrankungen. Des Weiteren hat das Krankenhaus
einen Schwerpunkt im Bereich der Psychosomatik (Säuglingspsychosomatik) (vgl. I1 2015:
11 ff.).
In erster Linie zählen Beratung, Information, Begleitung sowie Krisenintervention zu den
wesentlichsten Aufgaben der Krankenhaussozialarbeiterin. Ein Fokus wird dabei auf die
soziale Dimension der Krankheit gelegt. Dadurch wird versucht, den Genesungsprozess zu
fördern und die psychosoziale Situation bestmöglich zu beachten (vgl. I1 2015: 15 ff.).
Je nach Fallgeschichte ist eine Vernetzung mit externen Institutionen, wie z. B. der Kinder-
und Jugendhilfe, nötig (vgl. I1 2015: 23 f.).
Zu den Aufgaben der Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien
gehört die Beratung von Patient*innen und deren Angehörigen. Ein wesentliches Thema der
Beratungsgespräche ist, wie es nach der Entlassung der Patient*innen aus dem
Krankenhaus weitergehen soll und welche Unterstützungsmittel bzw. sozialen Dienste dann
zur Verfügung stehen können bzw. werden. Des Weiteren unterstützen die
Sozialarbeiter*innen die Patient*innen beim Stellen diverser Anträge, wie z. B. für Pflegegeld
oder Pflegeheime. Sie sind für das gesamte Krankenhaus zuständig (vgl. I2 2015: 15ff.).
Eine weitere Aufgabe der Sozialarbeiter*innen ist es, Zeit für die Patient*innen zu haben und
mit ihnen Gespräche zu führen, da dafür durch die Mehrbelastung auf den Stationen seitens
des medizinischen Personals oft nicht genügend Zeit bleibt. Dafür werden die
Sozialarbeiter*innen von den Patient*innen wertgeschätzt (vgl. I2 2015: 165ff.).
In Ausnahmefällen arbeiten die Sozialarbeiter*innen auch mit nicht-krankenversicherten
Patient*innen von den Ambulanzen, indem sie diese über Organisatorisches wie bspw. einen
Pflegegeldantrag informieren (vgl. I2 2015: 211ff.).
Das Team der Sozialarbeiter*innen besteht aus zwei vollzeittätigen Sozialarbeiter*innen,
zwei, die Teilzeit arbeiten und einem Sozialarbeiter auf der Gehörlosenambulanz, der
unabhängig von den anderen Sozialarbeiter*innen tätig ist (vgl. I2 2015: 306ff.). Eine Kollegin
der Interviewpartnerin, welche die Gebärdensprache beherrscht, arbeitet zusammen mit dem
Gebärdendolmetscher auf der Gehörlosenambulanz (vgl. I2 2015: 350ff.). Laut Aussage der
36
Interviewpartnerin, haben Patient*innen kein Problem damit, dass es keinen männlichen
Sozialarbeiter außerhalb der Gehörlosenambulanz gibt (vgl. I2 2015: 311f.). Innerhalb des
Teams herrscht ein gutes Arbeitsklima (vgl. I2 2015: 313ff.).
Die Sozialarbeiter*innen arbeiten unabhängig von anderen Berufsgruppen im Krankenhaus.
Das Team ist basisdemokratisch und organisiert sich Großteils selbst. Dennoch gibt es eine
höhere Instanz, nämlich die kaufmännische Leitung. Diese bezeichnet die Interviewpartnerin
als „formellen Chef“ (vgl. I2 2015: 334ff.).
Akteur*innen
Zielgruppe der Krankenhaussozialarbeiter*innen und Personal
Zu den wichtigsten Zielgruppen der Sozialarbeiterin im Wilhelminenspital zählen Kinder und
Jugendliche mit unterschiedlichen Krankheitsbildern (vgl. I1 2015: 7ff.). Auch mit der
Obsorge betraute Personen, bzw. im Falle von Fremdunterbringungen andere
Bezugspersonen der Patient*innen, zählen zu einer zentralen Zielgruppe (vgl. I1 2015: 27
ff.). Ebenso werden Menschen mit Behinderung und Personen mit Migrationshintergrund von
der Krankenhaussozialarbeiterin zu ihren Klient*innen gezählt. Abgesehen von den
Krankheiten der Kinder kommen familiäre Probleme wie Gewalt, Wegweisungen,
Überforderung etc. zum Vorschein, für die ebenfalls die Sozialarbeiterin im Krankenhaus
zuständig sind (vgl. I1 2015: 37 ff.).
Die Zusammenarbeit zwischen Ärzten/Ärztinnen, Pflegepersonal, Sozialarbeiter*innen,
Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Psycholog*innen und Verwaltungspersonal
funktioniert grundsätzlich gut. Der reibungslose Ablauf einer großen Institution wie einem
Krankenhaus hängt laut der Sozialarbeiterin von der Kooperation zwischen den einzelnen
Berufsgruppen ab (vgl. I1 2015: 175 ff.). Diese zeigt sich z. B. bei der „Überweisung“ von
Patient*innen von Ärzten/Ärztinnen bzw. dem Pflegepersonal zur Sozialarbeiterin.
Aufgrund der multiplen Problemlagen vieler Klient*innen müssen unterschiedlichste Faktoren
beachtet werden, die von den diversen Professionen bearbeitet werden müssen. Somit wird
versucht, das bestmögliche Ergebnis für die Betroffenen zu gewährleisten. Um die einzelnen
Arbeitsschritte zu überschneiden und die Komplexität der Fälle beachten zu können, bedarf
es einer guten Zusammenarbeit zwischen den Akteur*innen des Krankenhauses (vgl. I1
2015: 200 ff.).
Ebenso spielt Zeitmanagement eine wichtige Rolle. Grundsätzlich ist die befragte
Sozialarbeiterin mit der Zeiteinteilung auf den Kinderstationen zufrieden. Auch die
Ärzte/Ärztinnen nehmen sich auf diesen Stationen ausreichend Zeit für Gespräche mit den
Kindern und deren Angehörigen (vgl. I1 2015: 135 ff.). Ärzte/Ärztinnen und das
Pflegepersonal haben bei der Behandlung der Patient*innen einen anderen Zugang, da das
37
Krankheitsbild für sie im Vordergrund steht. Dennoch sollte aus Sicht der Sozialarbeiterin
auch in diesen Situationen mehr Zeit für Gespräche und Betreuung beansprucht werden (vgl.
I1 2015: 151 ff.). Probleme im Zeitmanagement sieht die Sozialarbeiterin des
Wilhelminenspitals eher auf den Erwachsenenstationen, da der Fokus hier ausschließlich auf
die Patient*innen gerichtet wird und laut Interviewpartnerin kaum weitere Zeit für Gespräche
mit Angehörigen eingeplant wird. Außerdem wird auf Stationen in Erwachsenenabteilungen
wegen Ressourcenknappheit schneller gearbeitet (vgl. I1 2015: 142 ff.).
Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder sind die Zielgruppen, mit welchen die
Krankenhaussozialarbeiter*innen in Kontakt kommen, sehr unterschiedlich. Ein großer Teil
der Klient*innen sind alte Menschen mit Pflegebedarf und verschiedenen Erkrankungen.
Jedoch arbeiten sie auch mit jungen Patient*innen mit z. B. Substanzabhängigkeiten oder
psychischen Erkrankungen. Ebenso sind obdachlose Klient*innen ein Teil der Zielgruppe.
Eine Besonderheit des Krankenhauses ist, dass auch nicht-krankenversicherte Menschen
aufgenommen werden (vgl. I2 2015: 55ff.). Oft sind die nicht-krankenversicherten
Patient*innen Migrant*innen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Bei dieser
Klient*innengruppe spielen Fragen zum Thema materielle Grundsicherung im
Zusammenhang mit der Versicherung eine wichtige Rolle (vgl. I2 2015: 68ff.). Bei den
Barmherzigen Brüdern gibt es eine Ambulanz für Menschen mit Mehrfachbehinderungen. Mit
Menschen mit Behinderung arbeiten die Sozialarbeiter*innen jedoch eher selten, da diese
meist besachwaltet bzw. gut ins System der Behindertenhilfe integriert sind. (vgl. I2 2015:
78ff.). Des Weiteren gibt es eine Gehörlosenambulanz, ein Sozialarbeiter spricht die
Gebärdensprache und kann somit dolmetschen (vgl. I2 2015: 100ff.).
Es gibt zwei mögliche Tage in der Woche, an denen Teambesprechungen stattfinden
(Dienstag und Donnerstag). Diese wöchentliche, einstündige Sitzung ist wichtig, da alle
Berufsgruppen jeder Station dabei sind, die mit den Patient*innen zusammenarbeiten (vgl. I2
2015: 237ff.). Einzelne Personen unter den Mitarbeiter*innen empfinden die Sozialarbeit als
unwichtig und kommunizieren daher nicht gut mit den Sozialarbeiter*innen (vgl. I2 2015:
181ff.). Eine Strategie der Sozialarbeiter*innen ist es daher, mit den Personen zu
kommunizieren, mit denen sie sich gut verstehen (vgl. I2 2015: 185ff.).
Die Sozialarbeiter*innen haben keine bestimmten Personen als Klient*innen, es wird mit
jedem gearbeitet, der gerade Bedarf hat. Allerdings wird darauf geachtet, dass Personen,
welche die Krankenhaussozialarbeit bereits beansprucht haben, bei erneuter Aufnahme ins
Krankenhaus wieder von der-/demselben Sozialarbeiter*in betreut werden wie beim letzten
Mal (vgl. I2 2015: 297ff.).
38
Organisatorisches
Kontaktaufnahme und Finanzierung
Die Kontaktaufnahme zwischen den Patient*innen bzw. deren Angehörigen und den
Sozialarbeiter*innen des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder erfolgt z. B.:
• persönlich über das Stationspersonal (welches über die vorhandene Sozialarbeit
informiert bzw. die Patient*innen zu den Sozialarbeiter*innen zuweist),
• „face-to-face“ durch Anklopfen der Klient*innen/Angehörigen an die Tür des Büros der
Sozialarbeiter*innen,
• medial mittels Telefon bzw. über Informationsblätter und Broschüren vor dem Büro
der Sozialarbeiter*innen und
• massenmedial öffentlich über einen Verweis über die vorhandene Sozialarbeit auf der
Homepage des Krankenhauses (vgl. I2 2015: 31ff.).
Wann die Sozialarbeit einbezogen wird, ist von der gesundheitlichen Entwicklung der
Patient*innen abhängig. Oft dauert es einige Wochen, bis die Patient*innen die Soziale Arbeit
beanspruchen können. Diese wird hinzugezogen, wenn Patient*innen vor der Entlassung
stehen (Entlassungsmanagement) (vgl. I2 2015: 196ff.).
Für Patient*innen und für Sozialarbeiter*innen werden Fortbildungen, Workshops und
Arbeitskreise angeboten, welche die Leitung des Krankenhauses finanziert. Wenn das
Personal Workshops außerhalb des Krankenhauses machen will, muss erst um die
Finanzierung angefragt werden (vgl.I2 2015: 250ff.).
Sprache
Sprachbarrieren und Hilfsmittel zur Überwindung
Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder teilte die Interviewpartner*in mit, dass
Sprachprobleme beim Klient*innenkontakt auftreten, wenn Patient*innen oder deren
Angehörige nicht deutsch sprechen würden. Oft würden dann die Familien und sogar Kinder
dolmetschen. Es wäre jedoch nicht von Vorteil, wenn diese Personen die Betroffenen über
z. B. eine Krebserkrankung zu informieren hätten. Das Überbringen tödlicher Erkrankungen
sei auch dem Personal nicht immer zumutbar (vgl. I2 2015: 108ff.).
Unterstützungsmittel zur Überwindung von Sprachbarrieren, welche im Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder zur Verfügung stehen, sind z. B.:
• dolmetschende Angehörige der Patient*innen,
• mehrsprachiges dolmetschendes (ärztliches und pflegerisches) Krankenhauspersonal
• und gegebenenfalls externe Dolmetscher*innen (vgl. I2 2015: 78ff.).
39
Auch ist es angedacht, Workshops für ein paar dolmetschende Mitarbeiter*innen bzgl.
Information über tödliche Erkrankungen zu organisieren (vgl. I2 2015: 108ff.).
Die Aufklärung der Patient*innen über die Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten wird
von der Interviewpartnerin als wichtig angesehen. Deshalb gibt es Arbeitskreise für
Patient*innen, in denen diese über ihre Erkrankung aufgeklärt werden sollen. Die Aufklärung
der Patient*innen, speziell bei schweren Erkrankungen wie Krebs, wäre laut der
Interviewpartnerin vor allem seitens der Ärzte und Ärztinnen verbesserungswürdig (vgl. I2
2015: 269ff.). Die Sozialarbeiterin: „Nein, also das Einzige, das [kann] man eben sicher
verbessern“ kann, „das ist die Aufklärung der Patienten“ (I2 2015: 269f).
Des Weiteren gibt es Fortbildungen und Workshops, um Dolmetscher*innen auszubilden.
Es existieren aber noch nicht viele Hilfsmittel für eine förderliche Kommunikation (vgl. I2
2015: 250ff.).
Das wichtigste und meist eingesetzte Hilfsmittel in Bezug auf Kommunikations- und
Sprachprobleme im Wilhelminenspital sind Dolmetscher*innen. Es besteht die Möglichkeit,
durch Angehörige zu dolmetschen sowie personalinterne Dolmetscher*innen zu kontaktieren.
Beim Dolmetsch im Verwandtschaftskreis werden aufgrund von zu starker seelischer
Belastung keine Kinder mit einbezogen. Die personalinternen Dolmetscher*innen sind auf
einer Liste mit Kontaktdaten vermerkt und können bei Bedarf zur Unterstützung gerufen
werden (vgl. I1 2015: 252 ff.).
Ist eine gemeinsame Sprachbasis nicht bzw. kaum gegeben, ist die Verwendung von
Bildwörterbüchern laut der Interviewpartnerin zu wenig. Sie würde eine/n Dolmetscher*in
bevorzugen. Eine visuelle Darstellungsmöglichkeit, die sie verwendet, sind Landkarten,
welche oftmals benutzt werden, um etwas über die Herkunft der Klient*innen zu erfahren
(vgl. I1 2015: 368 ff.).
Derzeit besteht (noch) nicht die Möglichkeit, mit Videodolmetsch zu arbeiten. Bezüglich
dieses modernen Hilfsmittels gibt es unterschiedliche Meinungen. Einerseits würden sich
neue und vor allem schnellere Möglichkeiten der Kommunikation eröffnen (vgl. I1 2015: 264
ff.), andererseits besteht der Gedanke, dass das Vertrauen zwischen Klient*innen und
Sozialarbeiter*innen dadurch gestört würde (vgl. I1 2015: 435 ff.).
Des Weiteren spricht die Sozialarbeiterin das Thema Migration und Sprachverständnis an. In
diesem Zusammenhang erwähnt sie ihre fehlende Kompetenz in Bezug auf Fremdsprachen.
Vor allem Serbisch, Türkisch, Russisch, Rumänisch, Bulgarisch und Polnisch sind Sprachen,
die sie in ihrer täglichen Arbeit im Krankenhaus benötigen würde (vgl. I1 2015: 49 ff.).
Im Bezug auf ihre persönlichen Kommunikationskompetenzen spricht sie ihre eigenen
Sprachkompetenzen in Deutsch und Englisch sowie einfache Grundkenntnisse in anderen
häufig vorkommenden Sprachen (Türkisch, Serbisch etc.) an (vgl. I1 2015: 350 ff.). Die
40
Sozialarbeiterin ist der Meinung, dass Begrüßungen in der Muttersprache eine vertraute
Basis schaffen können und so die Einstiegssituation für die Klient*innen vereinfacht wird (vgl.
I1 2015: 355 ff.). Sie habe „in sämtlichen Sprachen, guten Tag und auf Wiedersehen versucht
zu lernen, gemeinsam im Gespräch mit der Person“ (vgl. I1 2015: 354).
Kommunikation
Barrieren, Beschilderung
Kommunikationsbarrieren gibt es im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder z. B. in der
Arbeit mit Schlaganfallpatient*innen, wenn diese Formulare nicht mehr selbst ausfüllen bzw.
nicht mehr selbst unterschreiben können. In diesen Fällen wird eng mit den Angehörigen der
Patient*innen zusammengearbeitet. Es wird versucht, bestimmte Angelegenheiten mittels
Vertretungsbefugnis zu regeln. Die Vertretungsbefugnis kann bei einem Notar beantragt
werden und ist im Gegensatz zur Sachwalterschaft kein gerichtliches Verfahren. Die
Angehörigen dürfen dann verschiedene Anträge stellen. In medizinische Behandlungen
dürfen sie damit jedoch nicht einwilligen. Wenn das Legen einer PEG-Sonde [zur künstlichen
Ernährung, Anm. d. Verf.] medizinisch indiziert ist, wird versucht, mittels der Angehörigen den
Willen der Patient*innen herauszufinden, um eine Sachwalterschaft zu umgehen (vgl. I2
2015: 125ff.).
Wenn Patient*innen neu aufgenommen werden, bekommen sie eine „Willkommens-Mappe“,
in der bspw. der Tagesablauf oder Angebote (psychologische Betreuung, Sozialarbeit,
Physiotherapie etc.) des Krankenhauses angeführt sind (vgl. I2 2015: 224ff.).
Anfangs haben manche Patient*innen bzw. deren Angehörige noch Schwierigkeiten, sich im
Krankenhaus zu orientieren. Oft finden diese ein Zimmer nicht, da das Krankenhaus der
Barmherzigen Brüder einen alten und einen neuen Gebäudetrakt hat. Wenn man
Patient*innen oder Angehörigen einmal zeigt, wo sie hingehen müssen, orientieren sie sich
jedoch relativ schnell. Da es zwei Büros der Sozialarbeiter*innen in unterschiedlichen
Stockwerken gibt, kommt es jedoch manchmal vor, dass ein/e Patient*in zum falschen Büro
geht (vgl. I2 2015: 280ff.).
Insgesamt funktioniert die Kommunikation im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
großteils gut, unter anderem auch dadurch, weil es ein verhältnismäßig kleines Spital ist (vgl.
I2 2015: 176f.).
Laut der Sozialarbeiterin des Wilhelminenspitals bedarf es viel Zeit und Geduld vonseiten der
Sozialarbeit, um die oft schwierige Kommunikation zu erleichtern und um an die nötigen
Informationen zu gelangen, damit die Klient*innen bestmöglich unterstützt werden können
(vgl. I1 2015: 83 f.). Als einen ihrer persönlichen Alltagstricks werden
Übersetzungsmöglichkeiten durch neuen Medien (Mobiltelefon, Internet Übersetzer)
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angesprochen. Um die Verständigung zu vereinfachen, soll darauf geachtet werden, die
Sprache möglichst einfach zu halten und unnötige/komplizierte Redewendungen zu
vermeiden. (vgl. I1 2015: 334 ff.).
Fazit
Durch die Interviewauswertungen haben sich die Krankenhaussozialarbeit, die Akteur*innen,
das Organisatorische sowie Sprache & Kommunikation als Hauptthemen herauskristallisiert.
Wie anfangs vermutet, treten Sprach- und Kommunikationsbarrieren im Migrations- und
Behindertenbereich auf. Da Menschen mit Beeinträchtigung meist gut in das System der
Behindertenhilfe integriert sind, wird der Fokus im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf
Sprachbarrieren und Migration gelegt werden. Eine nicht vorhandene Sprachbasis ist oftmals
der Hauptausgangspunkt für Sprach- und Kommunikationsstörungen. Diese Barriere wird
unter anderem durch Hilfsmittel wie Angehörigen- und/oder Personaldolmetsch gelöst. Des
Weiteren tragen die eigenen erlernten Sprachkompetenzen zur Minimierung von
Unverständlichkeit bei. Aus beiden Interviews ging hervor, dass es von großer Hilfe sein
kann, sich eigene Alltagstricks anzueignen. Hier wurden Beispiele wie das Basiswissen in
Fremdsprachen oder die Übersetzung mithilfe neuer Medien angesprochen. Zusätzlich
wurde in Bezug auf Kommunikationsbarrieren auch die Verwendung von Bildwörterbüchern
und Landkarten angesprochen. Da der Dolmetsch von großer Bedeutung ist und noch weiter
ausgebaut werden möchte, werden Arbeitskreise und Workshops in Bezug auf
Kompetenzbildung angeboten. Die Befragten äußerten sich beim Thema Dolmetsch
prinzipiell sehr positiv, erwähnten jedoch auch einen Kritikpunkt. Dieser bezog sich auf
eventuell auftretendes Misstrauen im Falle von dritten Beteiligten.
Zusammenfassend kann prinzipiell gesagt werden, dass aus den Interviews sehr
wesentliche Themen hervorgehen, welche hervorragend für die weitere empirische
Ausarbeitung herangezogen werden können.
6.5 Go-Along
Am Donnerstag, dem 24. November 2015 nahmen Frau Mayr und Frau Möstl ein Go-Along
in einem Wiener Krankenhaus teil. Sie hatten die Möglichkeit, eine
Krankenhaussozialarbeiterin von 7:30 bis 11:00 Uhr zu begleiten. Da aufgrund des
Forschungsinteresses der Autor*innen Kommunikations- und Sprachbarrieren sowohl
zwischen den unterschiedlichen Berufsgruppen als auch im Kontakt mit Patient*innen
thematisiert wurden, wird auf das betroffene Krankenhaus nicht näher eingegangen.
42
Ankunft
Frau Mayr und Frau Möstl erreichten das Krankenhaus um 7.00 Uhr und hatten somit Zeit,
sich eine halbe Stunde lang selbstständig im Krankenhaus umzusehen. Das Krankenhaus
war mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht erreichbar und an der Haltestelle, an welcher die
Autor*innen dieser Arbeit ausstiegen, befand sich ein grafischer Hinweis, wie das Spital zu
erreichen sei. Im Krankenhaus angekommen, wurde ein besonderes Augenmerk auf
Beschilderungen und Wegweiser gelegt und ob diese auch für Menschen, welche die
deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen, verständlich seien. In der Nähe
des Eingangsbereiches war eine große Tafel, auf welcher schriftlich auf die einzelnen
Stationen und deren Lage verwiesen wurde. Die Hinweistafel war für die Autor*innen dieser
Arbeit nicht einfach zu verstehen, da die Bezeichnungen der Stationen in unterschiedlichen
Farben hinterlegt waren und der Grund für die Farbzuordnung nicht nachvollziehbar war.
Somit war die Orientierung (obwohl die Autor*innen Deutsch in Sprache und Schrift gut
verstehen) erschwert. Positiv fiel auf, dass der Informationsschalter leicht zu finden war.
Die Wände des Eingangsbereiches waren beklebt mit verschiedensten Zetteln, wobei einige
an das Personal und nicht an die Patient*innen gerichtet waren. Die Info-Zettel waren
großteils beschrieben und die Autor*innen dieser Arbeit fanden, dass mehr Bilder für eine
barrierefreie Kommunikation und zur Orientierung hilfreicher gewesen wären. Die einzigen
Bilder, welche im Eingangsbereich auffielen, waren Verbotsschilder (z. B. Rauchen verboten
im typischen roten Kreis mit einer durchgestrichenen Zigarette und ein Schild, welches auf
das Verbot von Roller-, Inlineskates und Skateboard hinwies). Direkt vor dem Krankenhaus
wurde mit Bildern gut beschrieben, wie der Parkplatz mittels Automaten zu bezahlen sei.
Morgenbesprechung
Um ca. 8:00 Uhr begleiteten Frau Mayr und Frau Möstl die Krankenhaussozialarbeiterin zu
einer Morgenbesprechung mit unterschiedlichen Berufsgruppen. Im Seminarraum, in
welchem diese Besprechung stattfand, befanden sich insgesamt 40 Stühle. 20 davon
standen in der Mitte des Raumes kreisförmig um in quadratischer Form angelegte Tische
und 20 weitere bildeten einen Außenkreis an der Wand entlang. Es befanden sich etwa 30
Personen im Seminarraum. Es war für die Beobachter*innen als Außenstehende nicht ganz
erkennbar, welche Person welcher Berufsgruppe angehörte, da jede unterschiedliche
Kleidung trug. Die Autor*innen vermuteten, dass eine Überzahl an Ärzt*innen anwesend war
und diese auf unterschiedlichen Stationen des Krankenhauses arbeiteten. Die Sessel waren
in die Richtung einer Tafel angeordnet. Vor der Tafel saß zu Beginn der Besprechung der
Primararzt und anschließend jenes Personal, welches Einzelfälle medizinisch vorstellte. Die
Sprache, die das medizinische Personal verwendete, war für Menschen mit nicht-
43
medizinischem Hintergrund kaum verständlich, da viele lateinische und griechische
Bezeichnungen benutzt wurden, um Krankheitsbilder, Symptome etc. zu beschreiben. Die
Sitzplätze schienen nicht fix zugeteilt. Es fanden auch während der Besprechung laufend
Sitzplatzwechsel statt, wenn z. B. Personen (meist Ärzte/Ärzt*innen) den Raum aufgrund
eines Telefonates verlassen mussten.
Die Zielgruppe, auf welche sich die Autor*innen dieser Arbeit im Rahmen ihres Projektes
fokussieren wollen (Migrant*innen), wurde nur einmal explizit angesprochen (ein Patient mit
Fluchthintergrund), ansonsten konnte ein Migrationshintergrund nur aufgrund von
bestimmten Vor- bzw. Nachnamen vermutet werden. Die Kommunikation bzw. Sprache mit
den Patient*innen wurde jedoch nicht thematisiert, da der Fokus der Besprechung auf
medizinische Inhalte wie Krankheiten und deren Behandlung gelegt wurde.
Insgesamt war die Atmosphäre während der Besprechung sehr unruhig. Das medizinische
Personal redete oft durcheinander. Immer wieder klingelte ein Telefon und es wurden im
Seminarraum, auch während eine Person einen Vortrag hielt, Anrufe angenommen.
Dieser Teil des Go-Alongs zeigt, dass es selbst innerhalb der Berufsgruppe der Ärzt*innen
eine ungünstige Kommunikationskultur gibt. Durch das Durcheinanderreden und das Nicht-
Zuhören des Gegenübers entstehen Missverständnisse, welche weitreichende Folgen haben
können.
Go-Along
Im Rahmen des Go-Alongs konnten Frau Mayr und Frau Möstl im Büro der Sozialarbeiterin
Einblick in die handschriftliche Dokumentation der Sozialarbeiterin und in ein
krankenhausinternes Telefonbuch nehmen, in welchem die Telefon- und Durchwahlnummern
des Personals bzw. anderer Stationen enthalten waren. Weitere Räume, die gezeigt wurden,
waren der Seminarraum (bei der Morgenbesprechung), das Büro einer weiteren
Sozialarbeitskollegin einer anderen Station sowie Aufenthaltsräume für Patient*innen bzw.
deren Angehörige. Die Stationen, welche gezeigt wurden, waren einerseits eine Interne und
andererseits die Chirurgie, wobei ein mehrmaliger Stationswechsel erfolgte.
Bei Kontaktaufnahmen von Patient*innen, bei welchen die Sozialarbeiterin auch sensible
Themen zu besprechen hatte, warteten die Beobachter*innen dieser Arbeit vor der Tür.
Vermutlich wäre es einfacher gewesen, mehr Einblick in den Patient*innenkontakt zu
bekommen, wenn die Autor*innen dieser Arbeit nicht zu zweit, sondern allein gewesen
wären.
44
Interaktion
Im Krankenhaus befinden sich auch weitere Sozialarbeiter*innen. Diese haben zwar einen
anderen Zuständigkeitsbereich, die Zusammenarbeit funktioniert jedoch gut und es herrscht
ein freundlicher Umgangston.
Die Interaktion zwischen der Sozialarbeiterin und Ärzt*innen bzw. dem Pflegepersonal war
durchaus unterschiedlich. Dies hing vor allem davon ab, ob schon zusammengearbeitet
wurde und das Gegenüber bekannt war. Großteils wirkte der Umgang miteinander - vor
allem mit dem Pflegepersonal - sehr freundschaftlich, es wurde viel gescherzt und gelacht.
Nur in einem Gespräch zwischen medizinischem Personal und einem Angehörigen einer
Patientin, welches ein sensibles Thema beinhaltete, nahm die Sozialarbeiterin einerseits die
Rolle der Vermittlerin zwischen Angehörigem und Ärzt*innen, andererseits als „Verteidigerin“
des Angehörigen ein. Dabei wurde auch energisch miteinander geredet. Als zwei Ärzt*innen
bei einem Gespräch mit einem Angehörigen übergriffige Fragen stellten bzw. diesen
abwertend behandelten, versuchte die Sozialarbeiterin vermittelnd einzuschreiten.
Laut Sozialarbeiterin gibt es in diesem Krankenhaus eine Station, auf der sich das Personal
von den anderen ein wenig abschottet. Es gestalte sich für sie schwierig, mit den
Mitarbeiter*innen jener Station zu kooperieren, da die Sozialarbeit von diesen als negativ
bewertet würde.
Den Patient*innen und deren Angehörigen gegenüber war die Sozialarbeiterin sehr
empathisch, offen und wertschätzend. Sie stellte oft Körperkontakt zu Patient*innen her (z.B.
Berührung an der Schulter, bei Patient*innen, die im Bett lagen Berührung der Füße/Beine)
und begegnete ihnen auch mit Humor und einem Lächeln. Bei Menschen, deren
Muttersprache nicht deutsch war, versuchte sie, eine einfache Sprache zu verwenden.
Mussten sensible Themen besprochen werden, wurden die Beobachter*innen gebeten, den
Raum zu verlassen. Im Bedarfsfall ergriff die Sozialarbeiterin auch Partei für Patient*innen
oder deren Angehörige.
Der Alltag der Sozialarbeiterin war von viel Humor geprägt, wobei dieser Großteils von ihr
ausging. Sie lachte viel und hatte eine sehr wertschätzende und humorvolle Kommunikation
mit den Patient*innen, mit manchen Kolleg*innen und mit den Autor*innen dieser Arbeit.
Dolmetschgespräch
Das Dolmetschgespräch wurde von der Sozialarbeiterin in der Früh organisiert. Geplant
waren als beteiligte Personen der Angehörige einer Patientin, die Sozialarbeiterin, eine
45
Chirurgin und zwei diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, wobei eine von
diesen als Dolmetscherin fungierte.
Um 10.30 Uhr sollte das Gespräch stattfinden. Die Beteiligten erschienen pünktlich, die
Dolmetscherin fehlte jedoch. Außerdem nahm die Chirurgin eine Kollegin als „Unterstützung“
mit. Das Gespräch fand in einem Aufenthaltsraum für Patient*innen statt. Es wurde ein Tisch
aufgestellt. Der Angehörige saß mit dem Rücken zur Tür, neben ihm und ihm zugewandt die
Sozialarbeiterin. Schräg gegenüber befanden sich die Ärztinnen. Zwischen diesen und der
Sozialarbeiterin stand der Sessel der Krankenpflegerin. Die Beobachter*innen hatten ihren
Sitzplatz schräg hinter dem Angehörigen. Die Sitzordnung wechselte, als die Dolmetscherin
dazustieß.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis die Dolmetscherin erschien. Dies passierte aufgrund eines
Missverständnisses, bei dem die falsche Dolmetscherin informiert wurde. Es wurde
mehrmals auf der Station der dolmetschenden Krankenpflegerin angerufen und nachgefragt,
wo sie sei. Immer wieder kam die Rückmeldung, dass die diese noch etwas zu tun und
daher noch keine Zeit habe, zu dem Gespräch zu kommen. Schlussendlich ging eine der
Ärztinnen zu jener Station, um die Dolmetscherin zu holen. Wie dann doch die richtige
Dolmetscherin zu dem Gespräch kam, ließ sich für die Beobachter*innen aufgrund der
Verwirrungen nicht genau erschließen.
Während der Wartezeit sahen die anwesenden Medizinerinnen die Patient*innenakte erneut
durch und unterhielten sich vor dem Angehörigen über die Patientin bzw. diesen selbst. Dies
taten sie, da sie laut eigener Aussagen davon ausgingen, dass der Angehörige ohnehin
nichts verstehen würde. Dies widerlegte sich, als die Sozialarbeiterin versuchte, mit dem
Angehörigen auf Deutsch zu sprechen. Die Sozialarbeiterin redete langsam, verwendete
einfache Wörter und wartete geduldig auf Antworten. Der Angehörige antwortete auf Deutsch
mit Schlagworten. Ein Gespräch ohne Dolmetscherin wäre jedoch in diesem Fall nicht
möglich gewesen, da es sich um ein sensibles Thema handelte und die Sprachkompetenzen
des Angehörigen nicht ausreichend waren. Dieser brachte den Lösungsvorschlag, einen
Freund anzurufen, der anstatt der Krankenpflegerin übersetzen könnte, was aufgrund der
Thematik abgelehnt wurde. Des Weiteren schienen die Ärztinnen während der Wartezeit
ungeduldig zu sein, eine von diesen beklagte sich, dass sie extra für dieses Gespräch die
Visite abgebrochen habe. Die Kommunikation seitens der Ärztinnen war (negativ) wertend.
Nach einer halben Stunde traf schließlich die dolmetschende Krankenpflegerin ein. Sie
meinte, man habe ihr nicht ausgerichtet, dass sie dolmetschen sollte und sei aus diesem
Grund noch mit der Pflege andere Patient*innen beschäftigt gewesen. Die Dolmetscherin
setzte sich zwischen die beiden Ärztinnen, dem Angehörigen gegenüber. Während des
Gesprächs wirkte sie von der Tonlage und der Körpersprache her neutral. Bezüglich. des
gedolmetschten Inhalts mangelte es den Beobachter*innen an den spezifischen
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Fremdsprachenkenntnissen. Es wirkte so, als hätten sich die Ärztinnen bereits vor dem
tatsächlichen Gespräch eine Meinung über den Angehörigen gebildet und waren nun nicht
mehr offen für einen anderen Gesprächsausgang. Auffallend war, dass die Ärztinnen
emotionale Äußerungen tätigten bzw. eine mentale Grenze zwischen der österreichischen
Kultur und der des Angehörigen zogen. Die persönliche Situation des Angehörigen wurde
kaum berücksichtigt, da die Ärztinnen gewisse Aspekte nur von ihrem eigenen Standpunkt
aus beleuchteten. Außerdem redeten die Ärztinnen, während die Dolmetscherin gerade mit
dem Angehörigen sprach, miteinander, sodass die Dolmetsch-Situation erschwert wurde. Der
Angehörige wurde im Laufe des Gesprächs immer verkrampfter und wirkte verzweifelt. Sein
Kopf war nach unten geneigt, seine Körperhaltung verspannte sich im Laufe des Gespräches
zusehends (z. B. Hände wurden zu einer Faust geballt und auf den Oberschenkeln
abgestützt).
Da sich die Emotionen gegen Ende so sehr aufschaukelten, dass das eigentliche Thema
nebensächlich wurde, beendete die Sozialarbeiterin das Gespräch. Da der Angehörige
emotional aufgewühlt wirkte, beschloss die Sozialarbeiterin mit diesem und der
Dolmetscherin die Situation in ihrem Büro nachzubesprechen. Die Beobachter*innen wurden
gebeten, währenddessen vor der Tür zu warten. Anschließend hatten die Beobachterinnen
noch die Möglichkeit, die Situation mit der Sozialarbeiterin zu reflektieren und dieser Fragen
zu stellen.
Gegen Ende des Go-Alongs wurden der Sozialarbeiterin drei verschiedene potenzielle
Projekte vorgestellt.
A) Dolmetsch durch Ehrenamtliche
Im ersten Projekt würden Ehrenamtliche über Werbung im Internet, durch Soziale Medien
etc. angeworben. Diese würden Schulungen fürs Dolmetschen bzw. auch in ihren Sprachen
bzgl. medizinischer und sozialarbeiterischer Begriffe erhalten. Mittels Doodle-Listen könnten
sich dann die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen melden, an welchen Tagen bzw. zu welcher
Zeit sie einen Bereitschaftsdienst übernehmen könnten. Bei Bedarfsfall würden die
ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen verständigt, um zu dolmetschen (entweder vor Ort oder
schriftlich/mündlich).
Dieses Projekt wurde von der Sozialarbeiterin als positiv bewertet. Sie fügte noch hinzu,
dass man (syrische) Asylwerber*innen, die sich bereits in Österreich eingelebt hätten und die
deutsche Sprache beherrschten, einbezogen werden sollten, da ein Bedarf an arabisch-
sprachigen Dolmetscher*innen vorhanden sei und diese die Situation anderer
Asylwerber*innen besser nachempfinden könnten. Sie merkte an, dass man den
Dolmetscher*innen als Aufwandsentschädigung ein Taschengeld geben könnte, da diese als
Asylwerber*innen keinen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt hätten.
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B) Bilderkatalog
Beim zweiten Projekt würde ein Katalog erstellt werden. Dieser enthielte Darstellungen von
Dingen, die für die Soziale Arbeit relevant seien (z. B. die Wörter „Versicherung“,
„Familienstand“, „ledig/verheiratet/geschieden“, „Schulden“, „Beihilfen“ etc.). Bei den
Darstellungen würden die Wörter auf Deutsch und die Übersetzung in der jeweiligen Sprache
dabeistehen. Angedacht wären entweder ein gedruckter Katalog, ein Online-Katalog oder
eine App fürs Handy. Handle es sich um die gedruckte Version, sollte auf jeder Abteilung ein
Bilderkatalog vorhanden sein.
Dieses Projekt betrachtete die Sozialarbeiterin als zu aufwändig sowohl in der Herstellung,
als auch in der Ausführung.
C) Personal-/Angehörigenschulung
Beim dritten möglichen Projekt würden Angehörige bzw. das Krankenhauspersonal selbst für
das Dolmetschen bzw. auch in ihren Sprachen bzgl. medizinischer und sozialarbeiterischer
Begriffe geschult werden. Angehörige, die Patient*innen begleiten, könnten dann als
Dolmetscher fungieren, oder falls das nicht der Fall ist, könnte bei Bedarf das geschulte
Krankenhauspersonal dolmetschen.
Zu dieser Projektidee meinte die Sozialarbeiterin, dass es wichtig sei, das Familiensystem zu
schonen, da es durch gewisse Erkrankungen und Situationen bereits genug belastet sei. Vor
allem sei es Priorität, Kinder nicht als Dolmetscher*innen einzusetzen. Bezüglich des
Personals wären Problematiken die Verfügbarkeit (Dienstpläne) und die Abrufbarkeit.
Zusammenfassung
Im Großen und Ganzen nahm die Sozialarbeiterin jenes Krankenhauses mehrere Rollen ein.
Einerseits fungierte sie als Mediatorin, im Speziellen während des Gespräches zwischen
dem Angehörigen und den Mediziner*innen. Des Weiteren entschärfte sie Situationen und
korrigierte Fehler, die im Umgang mit Patient*innen/Angehörigen passierten durch
Bewusstmachung von Wertungen, Grenzüberschreitungen und diskriminierenden Haltungen.
Dies geschah in diesem Fall durch das Transparentmachen der Lebenswelt der Patient*in
und deren Umwelt (z. B. Aufteilung der Wohnung, Rahmenbedingungen der Arbeit,
Konstruktion des Familiensystems etc.).
Die Soziale Arbeit stellt auch eine Funktion als antidiskriminierendes Element dar.
Möglichkeiten, das zu tun, sind bspw. Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, Stereotype
anzusprechen und zu hinterfragen.
Das Dolmetsch-Gespräch wurde von der Sozialarbeiterin bewusst beendet, um den
Angehörigen zu entlasten. Die Ärzt*innen nahmen dies hin, ohne sich in ihrer Autorität
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untergraben zu fühlen. Vermutlich stellte die Beendigung des Gespräches auch für sie eine
Entlastung dar, da sie an ihre Arbeit zurückgehen konnten und sich nicht weiter mit dieser
Problematik beschäftigen mussten. Dies verdeutlicht jedoch erneut den enormen Druck bzw.
Zeitdruck unter welchem das Ärzte- und Krankenpflegepersonal vermutlich steht, was eine
erfolgreiche Kommunikation erschwert. Es bleibt nur wenig Zeit für eine ausgeprägte
Kommunikationskultur, welche aus Zuhören und ganzheitlichem Verstehen – also der
Sprache, der Lebenswelt des Gegenübers, die daraus resultierenden Bedürfnisse und
Ängste etc. – besteht. Aufgrund des medizinischen Schwerpunktes im Krankenhaus bleibt
vor allem für Ärzt*innen, aber auch für das Krankenpflegepersonal nicht genügend Zeit, um
auf die kulturellen und persönlichen Hintergründe der Patient*innen zu achten.
Die Rolle der Krankenhaussozialarbeiterin in der Morgenbesprechung war für die
Beobachter*innen nicht klar ersichtlich. Selbst nahm sie keinen aktiven Part ein, sondern
verhielt sich passiv und ging auch aufgrund eines Telefonates aus dem Raum. Da sie das
Dolmetschgesprächs organisieren bzw. eine andere Patientin aufsuchen musste, verließ sie
mit den Beobachter*innen die Morgenbesprechung frühzeitig.
Beim Kontakt mit Patient*innen waren Berührungen an der Schulter bei der Begrüßung
häufig. Dabei machte sie keinen Unterschied, welche kulturellen Hintergründe diese hatten.
Die Gesten wirkten bewusst eingesetzt und schienen großteils nicht negativ aufgenommen
zu werden. Dies wirkte eher unterstützend beim Beziehungsaufbau und förderte eine positive
Gesprächskultur. Sprache und Kommunikation spielen eine essentielle Rolle im Berufsalltag
der Sozialarbeiterin. Die Beobachterinnen gewannen den Eindruck, dass es der
Sozialarbeiterin auch erlaubt ist, sich bewusst auf z.B. Beratungsgespräche zu fokussieren,
wohingegen Ärzt*innen und Pflegepersonal Gespräche oftmals nebenbei (z.B. während der
Körperpflege bzw. Untersuchungen) zu führen hatten.
Bei der Kommunikation mit Menschen mit wenig deutschen Sprachkompetenzen verfiel sie
anfangs in den Foreigner Talk, der anfangs unter dem Punkt 2.4 „Kommunikations- und
Sprachbarrieren“ beschrieben wurde: Sie verwendete Zweiwortsätze und Schlagworte.
Ebenso sprach sie in gesteigerter Lautstärke und einem langsameren Tempo. Das änderte
sich jedoch während der Dauer des Gespräches. Nach einer kurzen Anlaufphase ging sie
dann in eine fließende Sprache über.
49
7. FAZIT UND SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS
Durch den Feldkontakt erhielten die Autor*innen dieser Arbeit einen Einblick in die
unterschiedlichen Arten des Dolmetschens in drei Wiener Krankenanstalten und auch deren
Defizite. In diesen drei Krankenhäuser wird die unterstützte Kommunikation oftmals in Form
von Dolmetsch mit Hilfe von Angehörigen und dem Krankenhauspersonal gewehrleistet. Aber
vereinzelt gibt es auch Krankenhäuser die das schon mit Hilfe eines Videodolmetsches
versucht haben. Natürlich ist dieser Videodolmetsch teuer und ist auch mit negativen
Aspekten behaftet. So ist beispielsweise die Vertrauensbasis im Gegensatz zu einem
persönlichen Gespräch dementsprechend beeinträchtigt. Das können natürlich auch Gründe
sein, warum dieser noch nicht so oft Verwendung findet. Aufgrund dieser Einblicke wurde ein
Projekt erarbeitet, welches darauf abzielt, Sprach- und Kommunikationsbarrieren
kostengünstig zu minimieren, ohne das soziale Netz der Patient*innen bzw. das
Krankenhauspersonal zusätzlich zu belasten. Durch die derzeitig herrschende
Flüchtlingsbewegung, von der neben anderen europäischen Ländern auch Österreich
betroffen ist, wurde der Schwerpunkt des Projekts auf die syrischen Asylwerber*innen und
deren Sprach- bzw. Kommunikationsbarrieren in Krankenanstalten gelegt. Durch den Einsatz
von syrischen Asylwerber*innen mit ausreichenden Deutschkenntnissen als ehrenamtliche
Dolmetscher*innen werden gerade diese als Ressource zur Minimierung der Barrieren zu
sehen sein. Zusätzlich können durch das Projekt deren Integration und soziale Anerkennung
durch die sinnvolle Beschäftigung verbessert werden.
Für die praktische Anwendung des Projektes wünschen sich die Autor*innen, dass den
Patient*innen mittels funktionierenden Dolmetschens die Phase der Genesung durch
rasches Erkennen und somit Behandeln der Erkrankungen verkürzt wird. Dadurch wird es
möglich, das Gefühl der Hilflosigkeit bei Patient*innen zu minimieren und stattdessen
Vertrauen in deren eigene Selbstheilungskräfte sowie in das österreichische
Gesundheitssystem zu schaffen.
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8. PROJEKT PROPOSAL
Das Pilotprojekt „Voices for Health“ wird beim Bundesministerium für Inneres für die nötige Finanzierung eingereicht.
8.1 Projektumfeld
Das Projekt findet in Kooperation zwischen dem Otto Wagner Spital und der
Flüchtlingsunterkunft Haus Vindobona der Caritas statt. In diesem Umfeld soll das Projekt als
Pilotprojekt gestartet und zukünftig auf andere Krankenhäuser und Flüchtlingsunterkünfte
übertragen werden.
Das Otto Wagner Spital ist der Baumgartner Höhe im 14. Wiener Gemeindebezirk. Auf dem
großen Areal befinden sich in unterschiedlichsten Pavillons folgende Abteilungen:
Neurologisches Zentrum, Orthopädisches Zentrum, Psychiatrisches Zentrum,
Pulmologisches Zentrum, Medizinisches Diagnostik- und Servicezentrum sowie das
Internistische Zentrum. (vgl. Wiener Krankenanstaltenverbund. OWS. Zentren und
Abteilungen). In einem weiteren Pavillon hat sich seit Oktober 2015 das Haus Vindobona für
ca. 80 geflüchtete Frauen, Männer und Kinder angesiedelt. Die Flüchtlingsunterkunft der
Caritas legt den Betreuungsschwerpunkt vor allem auf Familien, bietet jedoch auch Platz für
Einzelpersonen. Sobald ein Betreuungsplatz vom Fond Soziales Wien (FSW) zugeteilt
wurde, übernimmt die Caritas die Betreuung der Flüchtlinge im Haus Vindobona.
Die Caritas möchte den Menschen während ihres Asylverfahrens zur Seite stehen und dazu
beitragen, sich mit der neuen Situation bestmöglich zurechtzufinden. Um dies zu
gewährleisten, bietet das Haus Vindobona folgende Angebote:
• Unterstützung bei der Suche nach Deutschkursen und Ausbildungen
• Überblick über die rechtliche Situation
• Beratung und Unterstützung im Krankheitsfall (fachärztliche Termine, Spitäler)
• Aufarbeitung von Flucht- und Foltererfahrungen in Zusammenarbeit mit externen
Psychotherapeut*innen
• Freizeitgestaltung
• Kontakt zu Schulen und Kindergärten
freizeitpädagogische Aktivitäten für Kinder, um traumatische Erfahrungen besser zu
verarbeiten und ihren Integrationsprozess zu fördern (vgl. Caritas der Erzdiözese
Wien. Hilfe in Not).
Aufgrund der räumlichen Nähe zwischen der Flüchtlingsunterkunft und dem Krankenhaus
haben sich die Autor*innen dieser Arbeit für das Haus Vindobona und das Otto Wagner Spital
entschieden.
51
8.2 Ausgangslage
Durch die durchgeführten Interviews und das Go-Along bekamen die Autor*innen dieser
Arbeit einen Einblick, wie in drei unterschiedlichen Wiener Krankenanstalten gedolmetscht
wird. Im Rahmen der Feldphasen stießen die Autor*innen auf folgende Wege des
Dolmetschens in Krankenanstalten: Dolmetsch durch personalinterne bzw. professionelle
Dolmetscher*innen und dolmetschende Angehörige. Nachfolgend wird auf diese Arten des
Dolmetschens sowie den Videodolmetsch und die damit zusammenhängenden Defizite in
der Praxisanwendung eingegangen.
Personalinternes Dolmetschen
Ein Lösungsweg ist die Möglichkeit des personalinternen Dolmetschens. Dadurch, dass das
multiprofessionelle Krankenhauspersonal oftmals multikulturell zusammengesetzt ist, wird
bei auftretenden Sprachbarrieren mit jenem Personal Kontakt aufgenommen, welches die
Muttersprache der Patient*innen beherrscht. Die Autor*innen dieser Arbeit erfuhren, dass in
manchen Krankenhäusern Listen aufliegen, auf welchen das mehrsprachige Personal
aufscheint. Schwierigkeiten, die bei dieser Art des Dolmetschens auftreten können, sind
bspw. der Zeitmangel des Personals und somit die mangelnde Flexibilität in der
Durchführung der Dolmetschgespräche. Wird z. B. Pflegepersonal zu einem
Dolmetschgespräch auf eine andere Station berufen, hat dies zur Folge, dass es auf der
eigenen Station zu einem kurzzeitigen Personalmangel kommen kann, welcher dann durch
Kolleg*innen ausgeglichen werden muss. Auch die Organisation der Dolmetschgespräche
stellt durch die unterschiedlichen Dienstpläne des Personals und die Zeitressourcen von
Patient*innen und sonstigen beteiligten Akteur*innen eine Hürde dar. Des Weiteren kann die
Multiprofessionalität der Dolmetscher*innen zur Schwierigkeit werden, wenn z. B.
mehrsprachiges Reinigungspersonal dazu veranlasst wird, medizinische Gespräche für
einen Arzt/eine Ärztin zu dolmetschen bzw. nicht ärztliches Personal schlechte Nachrichten,
wie z. B. eine schwere Erkrankung überbringen muss. Auch die Deutschkenntnisse des
Personals stellen einen zentralen Faktor für das Gelingen der Gespräche dar.
Dolmetsch durch Angehörige
Bei dieser Art des Dolmetschens haben die Deutschkenntnisse der Angehörigen und die
Beziehung dieser zu den Patient*innen einen wesentlichen Einfluss auf das
Dolmetschgespräch. Im Rahmen der Feldphase erfuhren die Autor*innen dieser Arbeit, dass
ein weiterer wichtiger Faktor des Angehörigendolmetschens die Volljährigkeit der
Angehörigen darstellt, um die minderjährigen Kinder/Angehörigen der Patient*innen zu
schützen. Eine Problematik dieser Art des Dolmetschens kann z. B. dadurch verursacht
52
werden, dass nicht 1:1 gedolmetscht wird, sondern Informationen in die Aussagen der
Patient*innen hineininterpretiert werden. Eine weitere Komplikation kann die
Verselbstständigung des Gespräches zwischen Patient*in und Angehörigen auf deren
Muttersprache darstellen, während die Sozialarbeiter*innen dabei sitzen, welchen es dann
nicht möglich ist, dem Gespräch zu folgen. Ein weiterer Mangel kommt zum Vorschein, wenn
das Gespräch vonseiten des medizinischen/pflegerischen Personals plötzlich nur mehr mit
den deutsch sprechenden Angehörigen geführt wird und somit der/die Patient*in
ausgeschlossen wird. Zusätzlich stellt diese Dolmetschart eine Belastung des familiären
Systems dar. Eine (schwere) Erkrankung ist in der Lage, Patient*innen und deren
Angehörige in Krisen zu stürzen, daher ist es wichtig dieses System nicht unnötig zusätzlich
zu belasten.
Professionelle Dolmetscher*innen
Der professionelle Dolmetsch und dessen Nachteile wurden zuvor im Kapitel 3.2
Sprachbarrieren und Migration: Dolmetsch behandelt. Die Autor*innen erfuhren im Rahmen
der Feldphase, dass ein zentrales Defizit des professionellen Dolmetschs dessen
Finanzierung ist und professionelle Dolmetscher*innen oftmals erst zum Einsatz kommen,
wenn das Dolmetschen durch Personal bzw. Angehörige nicht möglich ist.
Videodolmetsch
Während ihrer Feldphase wurden die Autor*innen dieser Arbeit nicht mit dem Thema
Videodolmetsch konfrontiert. Ein Erklärungsansatz dafür könnte sein, dass diese Art des
Dolmetschens in Krankenanstalten noch eher jung ist. Einen Nachteil können die Kosten
darstellen, wobei diese im Gegensatz zum professionellen Dolmetscher geringer sind.
Eventuell könnte diese Art des Dolmetschens einen negativen Einfluss auf das
Vertrauensverhältnis durch die physische Abwesenheit der Dolmetscher*innen und das
mediale Hilfsmittel Computer darstellen. Auch könnten datenschutzrechtliche
Fragestellungen die Patient*innen womöglich verunsichern.
8.3 Handlungsbedarf
Um angesichts der Ausgangslage eine adäquate Lösung zu finden, bedarf es der Darstellung
jeglicher Aspekte der unterschiedlichen Akteur*innen.
53
Dolmetsch durch Personal
Wie bereits beschrieben, stellt der Mangel an Zeitressourcen des Krankenpflegepersonals
ein Problem dar, vor allem durch die unzureichende Flexibilität der Dienstpläne. Des
Weiteren entsteht ein (zusätzlicher) Personalmangel auf jenen Stationen, in denen
zweisprachige Mitarbeiter*innen tätig sind, da diese für die Dauer des Gespräches ausfallen.
Für die Krankenpfleger*innen wäre es also wichtig, einen Weg zu finden, wie sie ihren
pflegerischen Tätigkeiten nachgehen und einen Personaleng-Pass so gut es geht verhindern
können, um so möglicherweise auch die Qualität im Umgang mit Patient*innen zu steigern.
Dolmetsch durch Angehörige
Vor allem durch schwere oder chronische Erkrankungen kann das Familiensystem enorm
belastet werden. Die Betroffenen und ihre Angehörigen erleben dann oftmals eine große
Veränderung. Es müssen erst Bewältigungsstrategien gefunden werden, um mit der neuen
Situation fertig zu werden. Diese Umstellungen bedürfen viel Zeit und Kraft seitens der
Erkrankten, aber auch deren Familie bzw. anderer Vertrauenspersonen. Daher gilt es als Ziel
der Autor*innen dieser Arbeit, Angehörige – insbesondere Minderjährige – zu schützen. Das
bedeutet für dieses Projekt, dass ein anderer Weg gefunden werden muss, eine
Verständigung zwischen Arzt/Ärztin bzw. Sozialarbeiter*in und Patient*in zu ermöglichen, als
das Dolmetschen durch die Familie der Betroffenen oder andere Angehörige.
Professioneller Dolmetsch
Eine Möglichkeit, ein Gespräch mit Patient*innen zu führen, welche die deutsche Sprache
(noch) nicht genügend beherrschen, wäre das Hinzuziehen eines professionellen
Dolmetschers/einer professionellen Dolmetscherin. Dies hätte den Vorteil, dass so wenige
Informationen wie möglich verloren gehen bzw. weder das Familiensystem belastet wird oder
das Krankenpflegepersonal als „Übersetzungsinstrument“ einspringen muss. Jedoch dürfen,
wie in Punkt 8.2 erwähnt, die Kosten einer Inanspruchnahme eines professionellen
Dolmetschers/einer professionellen Dolmetscherin nicht außer Acht gelassen werden. Es
stellt sich die Frage, wer diese Zahlungen übernehmen soll. Auch die Interviewpartnerin im
Wilhelminenspital wusste keine Antwort darauf. Daher wollen die Autor*innen dieser Arbeit
eine Möglichkeit zur Übersetzung finden, die finanziell günstiger ausfällt.
Um noch einmal alle Aspekte zusammenzufassen: Es müsste ein Projekt erstellt werden, in
dem weder das System Familie noch das Krankenhauspersonal mit einer zusätzlichen
Aufgabe belastet wird. Des Weiteren sollte dabei auch das Vertrauensverhältnis zwischen
Patient*innen und Ärzten/Ärztinnen bzw. Sozialarbeiter*innen nicht gestört werden.
54
Obendrein muss auch auf den finanziellen Aspekt geachtet werden, das Projekt sollte also
nicht zu viel kosten.
8.4 Lösungsansätze
Die Autor*innen dieser Arbeit haben sich aufgrund der zuvor beschriebenen Ausgangslage
unterschiedliche Lösungsansätze überlegt und diese im Rahmen des Go-Alongs auch mit
einer Krankenhaussozialarbeiterin besprochen, welche ihnen Feedback über deren
Anwendbarkeit gab.
Bilderkatalog
Eine Idee der Autor*innen war es, einen Bilderkatalog zu erstellen, welcher für die
Sozialarbeit relevante Begrifflichkeiten, wie z. B. Familienstand, Schulden etc. beinhalten
sollte. Unter den Bildern wären dann einerseits die Begriffe in der Muttersprache der
Patient*innen gestanden und andererseits die deutschen Übersetzungen. Bezüglich. der
Erstellung dieses Bilderkataloges hatten die Autor*innen sich überlegt, entweder einen
gedruckten Katalog oder aus Kostengründen bzw. zur leichteren Adaptierung einen Online-
Katalog zu erstellen. Auch eine bildgestützte Übersetzungs-App für Sozialarbeiter*innen war
angedacht, wobei der Nachteil dieser App das Angewiesensein auf ein Smartphone, die
damit einhergehende Kostenfrage in der Erstellung der App und die Anschaffung des
Smartphones darstellt. Auch die Idee der gedruckten Version des Bilderkataloges wurde
aufgrund des Aufwandes in der Erstellung (auch für verschiedene Sprachen), der
Notwendigkeit der regelmäßigen Adaptierung und des nicht praktikablen Aufwandes, welcher
sich ergibt, wenn Sozialarbeiter*innen mehrmals täglich (mit Bilderkatalog) Stationen
wechseln müssen, verworfen.
Personal-/ Angehörigenschulung
Eine weitere Idee, welche durch das Interview im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
inspiriert wurde, war die einer Dolmetschschulung für mehrsprachiges Krankenhauspersonal
bzw. Angehörige von Patient*innen. Bei dieser Schulung wäre der Fokus auf die
Durchführung von Dolmetschgesprächen und medizinische bzw. sozialarbeiterische
Fachbegriffe gelegt worden. Wie zuvor im Kapitel Ausgangslage beschrieben, kann das
Dolmetschen von Personal bzw. Angehörigen in der Praxisanwendung zu Schwierigkeiten
wie Personalmangel und der zusätzlichen Belastung des familiären Systems führen. Die
Autor*innen behielten jedoch die Idee, Schulungen ehrenamtlichen Dolmetscher*innen
anzubieten, bei.
55
Ehrenamtliche Dolmetscher*innen
Bei der dritten Projektidee überlegten sich die Autor*innen dieser Arbeit, ehrenamtliche
Dolmetscher*innen über Werbung im Internet, z. B. über soziale Medien, anzuwerben. Auch
bei diesem Lösungsansatz wurden, wie zuvor im Punkt Personal-/Angehörigenschulung
beschrieben, Schulungen für Dolmetscher*innen angedacht. Für diese Art des Dolmetschens
ist ein organisatorischer Aufwand vonseiten der Sozialarbeiter*innen erforderlich, um die
freien Zeiten der ehrenamtlichen Dolmetscher*innen mit den Terminen der
Dolmetschgespräche zu koordinieren. Die Autor*innen überlegten sich, dass sich die
ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen an bestimmten Tagen, an welchen sie zur Verfügung
stehen könnten, in „Doodle-Listen“ eintragen könnten. Im Bedarfsfall würden sie dann von
dem/der Sozialarbeiter*in verständigt werden.
Die Autor*innen dieser Arbeit entschieden sich für den Lösungsansatz des Dolmetschens
mittels ehrenamtlicher Dolmetscher*innen. Angedacht ist, dass z. B. syrische
Asylwerber*innen, welche schon ausreichend Deutschkenntnisse besitzen, als ehrenamtliche
Dolmetscher*innen für neu ankommende Flüchtlinge fungieren und hierfür eine
Aufwandsentschädigung erhalten. Dies wird im Kapitel Projektinhalt näher beschrieben.
8.5 Projektinhalt
Um das Projekt zu festigen und zu strukturieren, wird in der Nähe des Otto Wagner Spitals
eine Schnittstelle errichtet, die einen reibungslosen Ablauf gewährleisten soll. Menschen, die
sich im Asylverfahren befinden, der deutschen Sprache mächtig sind und im Haus Vindobona
angesiedelt sind, können sich als ehrenamtliche Dolmetscher bewerben. Besteht im
Krankenhaus ein Dolmetschbedarf, wird der/die diensthabende ehrenamtliche Mitarbeiter*in
in das Krankenhaus geschickt, um die Sprachbarriere zu beseitigen. Für ihr ehrenamtliches
Engagement erhalten die Personen monatlich 50 € Aufwandsentschädigung.
Doodle-Listen
Doodle-Listen sollen dafür sorgen, dass das Projekt gut strukturiert ist und keine
Missverständnisse entstehen. In diese Listen werden die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen
eingetragen, um festzuhalten, an welchen Tagen diese für mögliche Dolmetschgespräche zur
Verfügung stehen.
Schulungen
Zu Beginn werden die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen eingeschult. Bei der Auswahl der
Freiwilligen wird auf den AMS-Kompetenzcheck Rücksicht genommen. Der Gedanke
56
dahinter ist, dass jene Personen, die bereits eine Ausbildung und Erfahrungen im
medizinischen Bereich gesammelt haben, eher als Dolmetscher*innen in Betracht gezogen
werden als jene ohne. Die Schulung wird von einer/einem Sozialarbeiter*in sowie von
einer/einem professionellen Dolmetscher*in durchgeführt. Die/der Sozialarbeiter*in informiert
die Menschen über die allgemein gültigen Umgangsformen und lehrt sie wichtige
medizinische Begriffe, die beim Dolmetschen im Krankenhaus zum Pflichtwortschatz
gehören.
Der/die Dolmetscher*in versucht ihnen beizubringen, wie ein gut funktionierendes
Dolmetschgespräch gewährleistet wird, was beachtet werden muss und wie schwierige
Gesprächssituationen gut gemeistert werden können.
Eine Einschulung findet rund alle drei Monate statt. Im Rahmen des Pilotprojekts nimmt die
Schulung zwei Vormittage ein. Nach erfolgreicher Beendigung des Pilotprojekts kann der
Kreis der Beteiligten erweitert werden. Im Zuge dessen dauert ein Schulungszyklus einen
ganzen Monat und die Einheiten finden zwei bis drei Mal wöchentlich - je nach Zulauf -
jeweils vier Stunden am Vor- und Nachmittag statt. Bei einer vierstündigen
Einschulungseinheit werden 20 bis 25 Personen eingeschult.
8.6 Projektziel
Primärziele
Das primäre Ziel ist es, Sprach- und Kommunikationsbarrieren abzubauen und zu verringern.
Leider gehen mit Kommunikationsbarrieren auch oft diverse Behandlungsfehler einher. Das
kann verheerende Auswirkungen auf die Patient*innen haben. Somit zählt auch die
Verminderung bzw. Beseitigung von Behandlungsfehlern zu den Projektzielen.
Sekundärziele
Dieses Projekt kann aber auch noch andere Bereiche positiv beeinflussen. So ist es dadurch
möglich, Menschen, die sich im Asylverfahren befinden, eine sinnvolle Art der Beschäftigung
zu ermöglichen. Natürlich ist dies kein gewöhnliches Dienstverhältnis, aber trotzdem wird
diesen Menschen eine Beschäftigung und eine gute Perspektive angeboten.
Wichtige Indikatoren könnten sein, dass viele ehrenamtliche Dolmetscher*innen dadurch
weitere Dolmetsch-Schulungen machen und sich in diesem Bereich noch mehr engagieren
und somit den Sprung in das Gesundheitswesen schaffen könnten. Dadurch kann sich
natürlich auch das Sprachniveau erheblich verbessern. Diese Indikatoren sind auch
bezüglich der Projektfinanzierung zu berücksichtigen.
57
Außerdem werden durch dieses Projekt Familienangehörige von Patient*innen und das
Krankenhauspersonal entlastet, die in der Praxis großteils als Dolmetscher*innen fungieren.
Das Krankenhaus kann sich dadurch Geld sparen, da ein professioneller Dolmetsch teuer ist.
Des Weiteren kann dieses Projekt gerade in Zeiten von großem Flüchtlingszuwachs ein
gewisses Vertrauen zwischen Österreicher*innen und Asylwerber*innen aufbauen bzw.
dieses Vertrauen stärken. Es kann außerdem dazu führen, dass Flüchtlinge in unserem Land
mehr Akzeptanz erfahren.
8.7 Projektbeteiligte
Von diesem Pilotprojekt wären in erster Linie das Krankenhaus betroffen, in dem Bedarf an
syrischen Dolmetscher*innen besteht – in diesem Fall das Otto Wagner Spital – und jene
Unterbringung für Asylwerber*innen, die Dolmetscher*innen zur Verfügung stellen kann –
hier das Haus Vindobona. Daraus resultierend sind selbstverständlich auch Patient*innen
betroffen, die syrisch als Muttersprache haben und deren deutsche Sprachkompetenzen
noch nicht ausreichend vorhanden sind, bzw. jene Asylwerber*innen, die sich als
Dolmetscher*innen bewerben und eben jene fehlenden Sprachkompetenzen der Betroffenen
ausgleichen können. Des Weiteren sind Ärzte, Ärztinnen und Sozialarbeiter*innen in dieses
Projekt involviert, das es diesen erleichtert, Informationen an syrisch-sprachige Patient*innen
mit fehlenden Deutschkenntnissen zu übermitteln bzw. Informationen von diesen
aufzunehmen.
Interessiert daran, dieses Projekt durchzusetzen, wäre außer eben Genannten bspw. das
zweisprachige Krankenhauspersonal. Für dieses würde des Dolmetschen durch
Ehrenamtliche eine enorme Entlastung darstellen, da das Dolmetschen durch das
Krankenpflegepersonal zusätzlich zur eigentlichen Arbeit stattfindet. Es muss daher neben
den pflegerischen Tätigkeiten ein Zeitrahmen gefunden werden, in dem das Gespräch
stattfinden kann. Oft bedeutet dies einen größeren Zeitverlust. Das heißt, zum üblichen
Stress im Krankenhaus kommt für das dolmetschende Krankenhauspersonal ein zusätzlicher
Stress hinzu, auch durch den daraus resultierenden Personalmangel. Das kann nicht nur
negative Auswirkungen auf den Umgang mit Patient*innen haben, sondern auch auf das
Dolmetschgespräch selbst. Auch die Angehörigen der Patient*innen könnten sehr an diesem
Projekt interessiert sein. Denn es stellt für diese eine große Belastung dar, medizinische
Informationen zu vermitteln, wenn es um ein heikleres Thema wie z. B. eine schwere oder
chronische Erkrankung geht. Die Familienmitglieder sind dadurch meist genug belastet, da
sie davon persönlich betroffen sind, und es erschwert die Situation zusätzlich, wenn diese
die Betroffenen über ihre Krankheit aufklären müssten. Außerdem besteht meist die „Gefahr“,
dass nicht jeder Satz genau übersetzt wird und dadurch ein Teil der Informationen verloren
58
geht, sowohl vonseiten des Arztes/der Ärztin oder der Sozialarbeiter*innen als auch
vonseiten des/r Patient*in.
An diesem Projekt beteiligt sind daher vorerst das Otto Wagner Spital mit den betroffenen
Patient*innen, und das Haus Vindobona, eine Flüchtlingsunterkunft der Caritas, mit den darin
untergebrachten dolmetschenden Asylwerber*innen.
8.8 Projektorganisation
Das Projekt teilt sich in vier Organisationsphasen. Anfangs müssen alle Betroffenen
(Sozialarbeit*innen im Otto Wagner Spital, Bewohner*innen und Betreuungspersonal im
Haus Vindobona) über das Projekt informiert werden. In weiterer Folge werden Schulungen
benötigt um die syrischen Asylwerber*innen für die Dolmetschgespräche auszubilden. Des
Weiteren wird die Soziale Arbeit benötigt, als Schnittstelle zwischen Krankenhaus und
Flüchtlingsunterkunft zu fungieren. Der letzte Schritt besteht in der Evaluation.
Information In der Projektorganisation geht es im ersten Schritt darum, syrischen Asylwerber*innen,
welche die Deutsche Sprache bereits beherrschen, die Möglichkeit zu bieten, an
Schulungskursen, um Dolmetschgespräche führen zu können, teilzunehmen. Um die
Betroffenen im laufenden Asylverfahren auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen, wird
ein Informationsabend veranstaltet. Bevor dieser stattfinden kann, müssen in Kooperation mit
einem Grafiker sowie einem Copy-Shop Plakate gedruckt werden, um erste Informationen
bereitzustellen. Auch im Otto Wagner Spital müssen in Kooperation mit den dort tätigen
Sozialarbeiter*innen Informationen über das Angebot ausgetauscht werden.
Beim Informationsabend für die zukünftigen ehrenamtlichen Dolmetscher*innen werden die
Grundzüge des Projekts erläutert und offenen Fragen geklärt. Um diesen Abend zu
arrangieren, wird ein Raum benötigt, in dem dieser stattfinden kann. Der Raum wird von der
Caritas zur Verfügung gestellt.
Schulungen
Auch zu Schulungszwecken für die angehenden ehrenamtlichen Dolmetscher*innen wird der
Raum erneut von der Caritas bereitgestellt. Des Weiteren werden für die Schulungen
professionelle Dolmetscher*innen benötigt, welche die Kurse anleiten und nötiges
Schulungsmaterial mitbringen. Damit die Kursteilnehmer*innen Mitschriften anfertigen
können, werden von der Caritas Hefte und Stifte bereitgestellt.
59
Kooperation zwischen Otto Wagner Spital und Haus Vindobona
Um das Projekt schließlich auf die Beine zu stellen und im Folgenden aufrecht zu erhalten,
ist eine virtuelle Schnittstelle zwischen dem Otto Wagner Spital und dem Haus Vindobona
vonnöten. In dieser werden notwendige Dolmetschgespräche sowie die Bereitschaft von
vorhandenen Dolmetscher*innen zusammengefügt. Um hier einen reibungslosen Ablauf
gewährleisten zu können, sind Bereitschaftslisten (Doodle) sowie ein/e Sozialarbeiter*in,
welche/r sich um die Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus und der
Flüchtlingsunterkunft bemüht, notwendig. Der/die Sozialarbeiter*in ist für die Aktualisierung
und Aufrechterhaltung der Doodle-Listen sowie für den Telefonkontakt mit den
Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus zuständig.
Evaluation
Im letzten Organisationsschritt ist es notwendig, dass alle Beteiligten das Projekt evaluieren.
Hier ist die Erstellung eines Evaluationsbogens notwendig, um die Sinnhaftigkeit und
mögliche Mängel des Projektes zu erläutern.
8.9 Projektdauer
Am Anfang des Pilotprojektes steht die Ermittlung des Bedarfs an Dolmetschgesprächen im
Otto Wagner Spital. Des Weiteren erfolgt eine Kontaktaufnahme mit der Leitung des Hauses
Vindobona bzgl. der Durchführbarkeit des Projektes. Im nächsten Schritt wird nach
Sponsoren für das Projekt gesucht. Für die Anfangsphase planen die Autor*innen die Dauer
von einem Monat ein.
Die nächste Phase des Pilotprojektes befasst sich mit der Organisation von Räumlichkeiten
für die Schulungen, Dolmetscher*innen und Sozialarbeiter*innen, welche diese durchführen,
Schulungsmaterialien sowie mit der Planung von Schulungsinhalten. Außerdem muss der
Informationsabend, welcher für das Bewerbungsverfahren relevant ist, geplant werden. Für
Planung und Organisation wird ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten vorgesehen.
In der Umsetzungsphase werden oben genannte Schritte realisiert. Durch einen
dreistündigen Informationsabend wird das Bewerbungsverfahren für zukünftige
ehrenamtliche Dolmetscher*innen eingeleitet. Um potenzielle Ehrenamtliche auszuwählen,
findet ein Bewerbungsgespräch mit dem/der Sozialarbeiter*in statt. Des Weiteren wird in der
Umsetzungsphase auf das Probejahr vorbereitet. Dies bedeutet, Dolmetschschulungen
werden geführt, Bereitschaftslisten werden erstellt und erprobt und das
Krankenhauspersonal wird über das Bestehen des Projektes informiert. Letzteres könnte
durch die Teilnahme an einer Teamsitzung erfolgen. Die Umsetzungsphase nimmt einen
Zeitraum von vier Monaten in Anspruch.
60
Die Zeit der Probephase beträgt ein Jahr. In dieser Zeit werden Dolmetschgespräche in
Zusammenarbeit mit dem Otto Wagner Spital organisiert und geführt. Die Sinnhaftigkeit
sowie Durchsetzungsfähigkeit des Pilotprojektes werden beobachtet und festgehalten.
In der Evaluationsphase werden Fragebögen erstellt und an betroffene Patient*innen, das
Krankenhauspersonal und an die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen selbst ausgeteilt. In
diesen wird das Empfinden von Sicherheit und Vertrauen der Patient*innen während der
Dolmetschgespräche abgefragt. Ehrenamtliche Dolmetscher*innen sollen Auskunft darüber
geben, ob sie sich während der gesamten Probephase ausreichend unterstützt fühlten. Auch
das Krankenhauspersonal wird bzgl. Verbesserungsvorschlägen im Ablauf und der
Durchführung bzw. der subjektiven Sinnhaftigkeit des Pilotprojektes befragt.
Weiteres werden besondere Begebenheiten, welche sich in der Probephase ereigneten und
festgehalten wurden, bewertet. Für die Evaluationsphase werden zwei Monate eingerechnet.
8.10 Ressourcen
Für das Pilotprojekt fallen monatlich folgende Kosten an:
Taschengeld 20 ehrenamtliche
Mitarbeiter*innen 50€ pro Person 1000,-
Gehälter ein/e geringfügig angestellte/r
Sozialarbeiter*in ein/e ehrenamtliche/r
Sozialarbeiter*in ein/e geringfügig angestellte/r
Dolmetscher*in
415,72,-
50,00,-
415,72,-
Teilversicherungen 1,3 % UV je angestellte/r
Sozialarbeiter*in 1,53% betriebliche Vorsorge je
angestellte/r Sozialarbeiter*in
5,40,-
6,36,-
1,3 % UV je geringfügig angestellte/r Dolmetscher*in
1,53% betriebliche Vorsorge je angestellte/r Dolmetscher*in
5,40,-
6,36,-
Sonstiges Schulungsraum und Material
von Caritas zur Verfügung gestellt Druckkosten
zwei Plakate (OWS und Haus Vindobona)
0,00,-
39,60,-
Summe für ein Monat = 1.944,56,-
Summe für Probejahr = 24.609,20,-
61
Potenzielle Förderungen
• Bundesministerium für Inneres (vgl. BM.I)
• Spendengelder
• Crowdfunding Kampagne (vgl. Respekt.net)
• Charity-Events
8.11 Projektrisiken
Prinzipiell könnte es zum Hindernis werden, wenn Förderungen der oben genannten
Sponsor*innen abgelehnt bzw. eingestellt werden. Im Falle dessen müssen neue
Geldgeber*innen gesucht bzw. bei anderen oben genannten Förderern angefragt werden.
Bei einem Mangel an interessierten potenziellen ehrenamtlichen Dolmetscher*innen oder bei
Beendigung der Tätigkeit der ehrenamtlichen Dolmetscher*innen, bzw. bei Ablehnung
seitens des Otto Wagner Spitals kann das Projekt nicht durchgeführt werden.
In diesem Fall müssen neue Kooperationspartner*innen gefunden werden. Das bedeutet, die
Planungsphase muss erneut startenund andere Flüchtlingsunterkünfte und deren
umliegende Krankenhäuser müssen kontaktiert werden.
Ein weiteres Risiko stellt eine mangelnde Sprachkompetenz seitens der ehrenamtlichen
Dolmetscher*innen dar. Sollte dies der Fall sein, sind Sprachkurse zur Erweiterung der
Basiskenntnisse der deutschen Sprache erforderlich. Eventuell könnte sich hier das
Arbeitsmarktservice als Kooperationspartner herausstellen.
Bei Erkrankung des Schulungspersonals könnte eine Verzögerung des Projektes eintreten.
Während sonstiger Abwesenheiten der/des geringfügig angestellten Sozialarbeiter*in springt
ein/e ehrenamtliche/r Sozialarbeiter*in ein, um diverse sozialarbeiterische Aufgaben und
Tätigkeiten zu übernehmen.
Im Verlauf der Dolmetschgespräche könnten zwischenmenschliche Konflikte bzw. kulturelle
Differenzen die Gesprächskultur stören. Sollte eine solche Begebenheit eintreten, müssen
sozialarbeiterische Interventionen gesetzt werden.
Sobald das Projekt publik wird, könnten politische Parteien als Gegner auftreten und so die
Weiterführung des Projektes gefährden.
8.12 Evaluation
Für die Beurteilung des Pilotprojektes, werden Fragebögen erstellt und an alle
Projektbeteiligten weitergeleitet. Die Patient*innen werden darüber befragt, ob sie sich
während der Dolmetschgespräche haben sicher und gut aufgehoben gefühlt haben bzw.
62
Änderungsvorschläge in Bezug auf die Interaktion zwischen allen anwesenden Akteur*innen
des Dolmetschgespräches. Die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen sollten Auskunft darüber
geben, ob sie ihrem Empfinden nach gut von dem/der Sozialarbeiter*in und dem/der
Dolmetscher*in begleitet gefühlt haben. Des Weiteren können sie Verbesserungsvorschläge
bzgl. der Schulungen bzw. der Organisation der Gespräche anmerken. Das
Krankenhauspersonal erhält Fragen zu den Aspekten Sinnhaftigkeit des Projektes,
Entlastung, Kommunikation und Kooperation der Beteiligten.
Das Pilotprojekt kann als erfolgreich angesehen werden, wenn es vom Großteil der
Beteiligten als sinnvolles Projekt erkannt wird. Dies lässt sich vermutlich durch eine erhöhte
Nachfrage nach ehrenamtlichen Dolmetscher*innen sowohl seitens der Krankenhäuser, als
auch seitens der Bewohner*innen der Flüchtlingsunterkünfte, die sich als ehrenamtliche
Dolmetscher*innen bewerben wollen, feststellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, an dem sich
ein Erfolg ablesen lässt, ist wenn das Vertrauen der Patient*innen zu Ärzten/Ärztinnen bzw.
Sozialarbeiter*innen trotz der Dolmetschsituation aufrecht erhalten oder sogar verbessert
wurde. Außerdem ist ein sensiblerer Umgang seitens des Krankenpflegepersonals mit den
Patient*innen ein Indikator dafür, dass das Projekt seinen Zweck der Entlastung des
Personals erfüllt.
63
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Strasser Margareta (2006): Verständigungsstrategien bei sehr geringen Sprachkenntnissen.
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Universität Salzburg: Dissertation.
Willnauer Ruth (1998): Das psychosoziale Wohlbefinden von Menschen mit Aphasie: Der
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