bacarbeit

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Kultursensible Sprache und Kommunikation im Krankenhaus Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts in Social Sciences der Fachhochschule FH Campus Wien Bachelorstudiengang: Soziale Arbeit Vorgelegt von: Dihanits Anja Froschauer Benedikt Mayr Claudia Möstl Katharina Personenkennzeichen: c1410533061 c1410533018 c1410533132 c1410533088 Erstbegutachter: Ao. Univ. - Prof. Mag. Dr. Franz Kolland Zweitbegutachter: Mag. Martin Schenk Eingereicht am: 29. 01. 2016

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Page 1: bacarbeit

Kultursensible Sprache und Kommunikation im Krankenhaus

Bachelorarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Bachelor of Arts in Social Sciences

der Fachhochschule FH Campus Wien

Bachelorstudiengang: Soziale Arbeit

Vorgelegt von: Dihanits Anja

Froschauer Benedikt

Mayr Claudia

Möstl Katharina

Personenkennzeichen: c1410533061

c1410533018

c1410533132

c1410533088

Erstbegutachter:

Ao. Univ. - Prof. Mag. Dr. Franz Kolland Zweitbegutachter: Mag. Martin Schenk

Eingereicht am:

29. 01. 2016

Page 2: bacarbeit

ERKLÄRUNG: Ich erkläre, dass die vorliegende Bachelorarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich

keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner

unerlaubten Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Bachelorarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer

Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit

vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und

elektronisch) identisch sind.

Datum: ................................. Unterschrift: ................................................................

Datum: ................................. Unterschrift: ................................................................

Datum: ................................. Unterschrift: ................................................................

Datum: ................................. Unterschrift: ................................................................

Page 3: bacarbeit

KURZFASSUNG

Diese Arbeit beschäftigt sich in erster Linie mit Kommunikation und Sprache im

Krankenhaus. Dabei wird der Schwerpunkt vor allem auf die Barrieren, die im

Zusammenhang mit der Verständigung auftreten, gelegt. Um in weiterer Folge auf Barrieren

aufmerksam zu werden, mussten vorerst funktionierende Sprachmethoden und

Kommunikationsmodelle erläutert werden. Im Zuge dessen stellte sich heraus, dass der

Ursprung aller Sprach- und Kommunikationshindernisse in kognitiven und motorischen

Einschränkungen bzw. in einer nicht vorhandenen gemeinsamen Sprachbasis liegt. Des

Weiteren wurde nach bereits vorhandenen Hilfsmöglichkeiten zur Minimierung dieser

Sprach- und Kommunikationsprobleme sowie nach neuen noch nicht angewandten

Hilfestellungen gesucht. Aus diesem Grund begaben sich die Forscher*innen durch zwei

Interviews und ein Go-Along in das Feld der Krankenhaussozialarbeit. Durch Beobachtungen

sowie Expert*innenbefragungen stellte sich nun heraus, dass die größten

Herausforderungen bzgl. Sprache und Kommunikation den Bereich Migration betreffen. Die

auftretenden Schwierigkeiten werden momentan durch unterschiedlichste Arten von

Dolmetsch versucht zu bewältigen. Trotz des kreativen Einsatzes sämtlicher Akteur*innen,

kommt es immer wieder zu Problemen. Daher wurden verschiedenste Projektideen zur

Minimierung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Bezug auf eine fehlende

gemeinsame Sprachbasis entwickelt. Eine dieser Ideen wurde zu einem fertigen Pilotprojekt

ausgearbeitet.

ABSTRACT

This paper is basically about communication and language in hospitals, whereby the main

focus is on the occurring barriers of those two aspects. First of all it was essential to get

aware of such barriers through elucidation of functioning language methods and comware. In

the course of this it was found that the beginning of all language and communication

obstacles is about cognitive and motoric restrictions, or rather about non-existing basic

language skills. Therefore the research was about finding already existing supporters for a

reduction of language and communication troubles and furthermore for new possibilities,

which had not been applied so far. That was why the explorers of this project tried to find

answers, with the assistance of an interview and a ‘Go-Along’, in the hospital social work.

Currently an attempt with various types of interpretation and translation is made, to overcome

the emerged difficulties. But troubles still occur in this area, although creative effort of

numerous agents has been applied. Through observations and surveys of experts, they

expose that the major challenge in terms of language and communication is due to migration.

Therefore the project develops new ideas for the reduction of barriers in language and

communication as well as the lack of a basic language skills. One of these ideas has been

elaborated for a finished pilot project.

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Page 4: bacarbeit

1. Einleitung .................................................................................................................................... 1

2. Kommunikation im Krankenhaus ................................................................................................. 3

2.1 Krankenhaus ........................................................................................................... 3

2.2 Soziale Arbeit im Krankenhaus ................................................................................ 4

2.3 Kommunikation und Sprache ................................................................................... 5

2.4 Kommunikations- und Sprachbarrieren .................................................................... 6

3. Ergebnisse der Kommunikationsforschung .................................................................................. 8

3.1 Methoden und Modelle ............................................................................................ 8

3.2 Gesundheitskommunikation .................................................................................... 11

3.3 Kommunikationsbarrieren durch Behinderungen ....................................................13

3.4 Entstehung der Sprache .........................................................................................13

3.5 Unterstützte Kommunikation ...................................................................................14

3.6 Sprachbarrieren und Migration ................................................................................17

4. Strukturen im Krankenhaus ....................................................................................................... 23

4.1 Aufgabenverteilung und Finanzierung .....................................................................23

4.2 Hierachiesystem .....................................................................................................24

4.3 Patient*innensystem ...............................................................................................27

4.4 Externe Institutionen ...............................................................................................27

5. Zwischenfazit ............................................................................................................................. 29

6. Empirischer Teil ......................................................................................................................... 31

6.1 Forschungsdesign ..................................................................................................31

6.2 Reflexion des ersten Interviews ..............................................................................33

6.3 Reflexion des zweiten Interviews ............................................................................34

6.4 Interviewauswertungen ...........................................................................................35

6.5 Go-Along ................................................................................................................42

7. Fazit und Schlussfolgerungen für die Praxis .............................................................................. 50

8. Projekt proposal ........................................................................................................................ 51

8.1 Projektumfeld ..........................................................................................................51

8.2 Ausgangslage .........................................................................................................52

8.3 Handlungsbedarf ....................................................................................................53

8.4 Lösungsansätze ......................................................................................................55

8.5 Projektinhalt ............................................................................................................56

8.6 Projektziel ...............................................................................................................57

8.7 Projektbeteiligte ......................................................................................................58

8.8 Projektorganisation .................................................................................................59

8.9 Projektdauer ...........................................................................................................60

8.10 Ressourcen ..........................................................................................................61

8.12 Evaluation .............................................................................................................62

4

Page 5: bacarbeit

Autor*innen Zuweisung: Vorwort Kurzfassung, Abstract Dihanits, Froschauer 1.Einleitung 1.1 Fragestellung 1.2 Forschungsinteresse

Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl

2. Kommunikation im Krankenhaus 2.1 Krankenhaus 2.2 Soziale Arbeit im Krankenhaus 2.3 Kommunikation und Sprache 2.4 Kommunikations- und Sprachbarrieren Foreigner Talk

Möstl Möstl Möstl Möstl Mayr

3. Ergebnisse der Kommunikationsforschung 3.1 Methoden und Modelle 3.2 Gesundheitskommunikation 3.3 Kommunikationsbarrieren durch Behinderung 3.4 Entstehung der Sprache 3.5 Unterstützte Kommunikation 4.6 Sprachbarrieren und Migration Interkulturelle Kommunikation

Dihanits Dihanits Mayr Mayr Mayr Froschauer Mayr

4. Strukturen im Krankenhaus 4.1 Aufgabenverteilung und Finanzierung 4.2 Hierachiesystem 4.3 Patient*innensystem 4.4 Externe Institutionen

Möstl Möstl Froschauer Dihanits

5. Zwischenfazit 5.1 Arbeitsrecht von Asylwerber*innen Mayr 6. Empirischer Teil 6.1 Forschungsdesign 6.2 Reflexion des 1. Interviews 6.3 Reflexion des 2. Interviews 6.4 Interviewauswertungen 6.5 Go-Along

Dihanits, Froschauer Dihanits, Froschauer Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Mayr, Möstl

7. Fazit und Schlussfolgerungen Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl 8. Projectproposal 8.1 Projektumfeld 8.2 Ausgangslage 8.3 Handlungsbedarf 8.4 Lösungsansätze 8.5 Projektinhalt 8.6 Projektziel 8.7 Projektbeteiligte 8.8 Projektorganisation 8.9 Projektdauer 8.10 Projektressourcen 8.11 Projektrisiken 8.12 Evaluation

Dihanits Möstl Mayr Möstl Froschauer Froschauer Mayr Dihanits Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl Dihanits, Froschauer, Mayr, Möstl

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Page 6: bacarbeit

1. EINLEITUNG

„Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.“ Dieses Zitat aus dem Buch „Der kleine

Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry zeigt, dass es zu jener Zeit schon Probleme in der

Kommunikation gab. Heute – 70 Jahre später – verstehen wir uns noch immer nicht. Doch

woran liegt das? Die Informationsempfänger*innen interpretieren das Empfangene des/der

Senders/Senderin. Dies geschieht automatisch subjektiv, da sich Menschen ihre eigene

soziale Wirklichkeit konstruieren. Aufgrund von gesellschaftlichem Wandel, der

Globalisierung, sowie dem damit verbundenen Informationsreichtum entstehen viele

differenzierte Anschauungen und dadurch soziale Wirklichkeiten.

Sprach- und Kommunikationsprobleme können jedem Menschen in sämtlichen Lebenslagen

begegnen: angefangen von Missverständnissen aufgrund der Fehlinterpretationen von

Kommunikationsinhalten bis hin zu Sprachbarrieren, ausgelöst durch das Sprechen oder

Beherrschen unterschiedlicher Sprachen oder Dialekte.

Im beruflichen Kontext können durch verschiedene Bildungsniveaus und Fachsprachen

Irrtümer und Unstimmigkeiten entstehen – so auch im Krankenhaus. Jeder Mensch kann im

Laufe seines Lebens mit Krankheiten oder Verletzungen konfrontiert werden und folglich auf

Unterstützung der intramuralen (innerhalb von Krankenanstalten) oder extramuralen

(außerhalb von Krankenanstalten) Krankenversorgung angewiesen sein, unabhängig von

seiner Biografie. Das Erleben des Krankseins ist sehr individuell. Manche Menschen sehen

eine Erkrankung als etwas, das im Alter oder im Laufe des Lebens natürlicherweise auftritt,

bei anderen kann sie auch eine (Lebens-)Krise auslösen. In jedem Fall ist der Umgang mit

Krankheiten von großer Bedeutung. Eine adäquate Kommunikationsweise kann Betroffenen

ein wenig die Sorgen über die Zukunft nehmen. Dies gelingt jedoch aufgrund von

Sprachbarrieren nicht immer bzw. nicht so gut, wie es möglich wäre.

Fragestellung

Die verschiedenen Gedanken und Fragen, mit welchen sich die Autor*innen dieser Arbeit

auseinandergesetzt haben, wurden zu folgenden Forschungsfragen konkretisiert:

Was kann Soziale Arbeit zur Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in

Wiener Krankenhäusern beitragen? Was sind aktuelle Unterstützungsmittel bzgl.

Schwierigkeiten im Sprachverständnis für die Soziale Arbeit in Wiener Krankenhäusern?

1

Page 7: bacarbeit

Forschungsinteresse:

Das Interesse am Thema Kommunikations- und Sprachbarrieren und deren Überwindung im

Krankenhaus wurde unter anderem durch verschiedenste persönliche Erfahrungen, wie

Krankenhausaufenthalte, Praktika, Exkursionen, Zivildienst oder Berufserfahrungen der

Autor*innen dieser Arbeit geweckt. In dieser Bachelorarbeit wird auf die Themen Migration

und Sprachbehinderungen eingegangen, da Sozialarbeiter*innen in jeglichen

Handlungsfeldern mit diesen beiden Bereichen konfrontiert werden können. Die Autor*innen

dieser Arbeit sind daran interessiert, Kommunikations- und Sprachbarrieren durch die

theoretische Auseinandersetzung mit diesem Thema zu erkennen und somit zu vermindern.

In Krankenhäusern kann es hektisch zugehen. Betten- und Personalmangel gehören zum

Krankenhausalltag, wodurch Krankenpflegepersonal, Ärzte und Ärztinnen unter Zeitdruck

stehen und es sich vermutlich schwierig gestalten kann, sich angemessen um die Sorgen der

Patient*innen zu kümmern. Es besteht die Gefahr, dass diese wie am Fließband „abgefertigt“

werden. Die Soziale Arbeit kann daher als Bindeglied und Vermittlungsinstanz ein wichtiges

Unterstützungsmittel im Krankenhaus darstellen.

Im Krankenhaus treffen Personal und Patient*innen unterschiedlichen Alters aus

verschiedenen Herkunftsländern, Kulturen sowie Religionen aufeinander, es herrscht

Diversität. Diese kann einerseits bereichernd sein, andererseits kann sie auch große

Konflikte, z. B. durch Missverständnisse, auslösen. Durch welche Unterstützungsmittel

könnte also eine gut funktionierende Kommunikation gefördert werden? Was oder wer

könnte Hilfe leisten, um nicht deutsch sprechenden Personen in Wiener Krankenhäusern

bspw. zu erklären, was die nächsten Vorgehensweisen bei einer Behandlung sind? – Das

sind Fragen, die sich die Autor*innen dieser Arbeit zu Beginn ihrer Forschung gestellt haben.

In der Arbeit mit Menschen, welche unterschiedlichste Behinderungen haben, kann es

Schwierigkeiten bei der Verständigung geben. Sei es, dass jemand nicht deutlich bzw. gar

nicht sprechen kann, da die kognitiven Fähigkeiten nicht entsprechend ausgeprägt sind, oder

dass die Sprache aufgrund organischer Funktionen verloren ging bzw. nicht ausgebildet

werden konnte. Was könnte man tun, um auch hier eine Kommunikation zu fördern? Welche

technischen, visuellen oder sonstigen Behelfe könnten bei der Überwindung dieser

Sprachbarrieren im Krankenhaus unterstützend wirken? – Diese Fragestellungen wollen die

Autor*innen im Laufe dieser Arbeit beantworten.

2

Page 8: bacarbeit

2. KOMMUNIKATION IM KRANKENHAUS

2.1 Krankenhaus

In Österreich dient das Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) als

bundesrechtliche Basis für Errichtung, Betrieb und Finanzierung von Krankenhäusern.

Nach § 1 KAKuG gelten als Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten Einrichtungen, die:

1. „Zur Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung, 2. zur Vornahme operativer Eingriffe, 3. zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung, 4. zur Entbindung, 5. für Maßnahmen medizinischer Fortpflanzungshilfe oder 6. zur Bereitstellung von Organen zum Zweck der Transplantation bestimmt sind. (2) Ferner sind als Krankenanstalten auch Einrichtungen anzusehen, die zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind“ (KAKuG 2012: § 1). Zweckmäßig können Krankenanstalten unterschieden werden in:

• Allgemeine Krankenanstalten,

• Sonderkrankenanstalten,

• Pflegeanstalten für chronisch Kranke,

• Sanatorien und

• selbstständige Ambulatorien.

§ 65 KAKuG regelt, dass die österreichischen Bundesländer selbst für die

Ausführungsgesetzgebung verantwortlich sind. Nicht betroffen sind z. B. öffentliche

Universitätskliniken wie das AKH Wien, das weiterhin das Bundesrecht unmittelbar

anzuwenden hat (vgl. Pöttler 2012: 103). Für die restlichen Wiener Krankenanstalten kommt

das Wiener Krankenanstaltengesetz von 1987 zu tragen.

Laut § 197 des deutschen Sozialgesetzbuches dienen Krankenanstalten einerseits dem

Erkennen, der Behandlung, Heilung und Verhütung von Erkrankungen und damit

einhergehenden Beschwerden von Patient*innen und andererseits der Geburtshilfe.

Das im Krankenhaus tätige medizinische, pflegerische, funktions- und medizinisch-

technische Personal wird mit diesen Aufgaben betraut. Es muss nach wissenschaftlich

anerkannten Methoden arbeiten und dafür über diagnostische sowie therapeutische

Möglichkeiten verfügen (vgl. Ansen et al 2004: 21).

In der Beschreibung des Aufgabenbereiches des Krankenhauses findet sich kein Verweis

darauf, dass Krankenanstalten und das darin tätige Personal dafür zuständig sind,

Kommunikations- und Sprachbarrieren im Krankenhaus zu minimieren. Neben der

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Page 9: bacarbeit

körperlichen Untersuchung von Patient*innen, stellen Anamnese und Exploration wichtige

diagnostische Maßnahmen dar, in denen das Arzt-Patient*innen-Gespräch eine zentrale

Rolle spielt.

2.2 Soziale Arbeit im Krankenhaus

Die Soziale Arbeit im Krankenhaus ist ein Teilgebiet der klinischen Sozialarbeit. Sie hat im

Gesundheitswesen den Auftrag, die Gesundheit der Bevölkerung einerseits zu wahren und

andererseits zu fördern. Für die Soziale Arbeit im Krankenhaus sind vor allem jene

Krankheiten relevant, die mit besonderen Komplikationen verbunden sind und/oder mit

sozialen Konsequenzen einhergehen. Dies betrifft oftmals chronische Erkrankungen. Von

Bedeutung sind für die Krankenhaussozialarbeit das Sicherstellen von sozialer und

ökonomischer Unterstützung sowie persönliche und heilbringende Hilfestellungen. Ihr ist es

wichtig, die mit der Krankheit einhergehenden psychischen, ökonomischen und sozialen

Faktoren einzubeziehen, um Interventionen vorzubereiten und durchzuführen (vgl. Ansen et

al. 2004: 13).

Klinische Sozialarbeit wird bei Erkrankungen, Behinderungen oder Krisen psychosozialer Art

tätig (vgl. Ansen et al. 2004: 15), findet die allerdings im Gegensatz zur

Krankenhaussozialarbeit nicht nur in Krankenanstalten statt.

Klinische Sozialarbeit ist eine behandelnde Art von Sozialarbeit (vgl. Ansen et al. 2004: 18).

Sie behandelt Menschen mit sozialen und psychischen Problemen sowie mit körperlichen

Behinderungen. Dabei wird versucht, zu den Problemen auch die sozialen Aspekte in

Zusammenhang zu stellen. Die Sozialarbeit wirkt dabei mit ihrer Professionalität auf

Verbesserung und Beseitigung der Probleme hin (vgl. Ansen et al. 2004: 18 zit.n. Wendt

2000: 4ff.).

“Social work is a practice-based profession and an academic discipline that promotes social change and development, social cohesion, and the empowerment and liberation of people. Principles of social justice, human rights, collective responsibility and respect for diversities are central to social work. Underpinned by theories of social work, social sciences, humanities and indigenous knowledge, social work engages people and structures to address life challenges and enhance wellbeing“ (IASSW 2014: 1).

Die „International Federation of Social Workers“ (IFSW) und die „International Association of

Schools of Social Work“ (IASSW) nehmen in ihrer weltweiten Definition der Sozialen Arbeit

Bezug auf die praxisorientierte und wissenschaftliche Disziplin selbiger. Ihre Ziele sind die

Förderung des sozialen Wandels, des sozialen Zusammenhaltes und die Befähigung und

Befreiung von Menschen. Ihre Grundlagen sind die soziale Gerechtigkeit, die Prinzipien der

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Page 10: bacarbeit

Menschenrechte, kollektive Verantwortung und der Respekt vor Unterschiedlichkeiten. Sie

stützen sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften

und traditionelles Wissen. Somit werden existenzielle Herausforderungen bewältigt und das

Wohlbefinden verbessert (vgl. IASSW 2014: 1).

Ein wichtiges Werkzeug der Sozialen Arbeit ist das Gespräch mit den Klient*innen und das

methodische anwenden unterschiedlicher Gesprächstechniken. Einerseits dient die

Kommunikation mit Klient*innen dem Informationszuwachs und somit dem finden geeigneter

Interventionen und andererseits ist sie zentral, um eine Beziehung zu Klient*innen

aufzubauen.

2.3 Kommunikation und Sprache

Im Alltagsverständnis werden Kommunikation und Sprache oftmals synonym gebraucht.

Jedoch gehen die beiden Begriffe in ihrer Bedeutung auseinander und müssen daher

unterschieden werden.

Unter den Begriff Kommunikation fallen alle Verhaltensweisen und Ausdrucksformen, mit

denen Menschen bewusst oder unbewusst miteinander in Beziehung treten, wie z. B. Mimik,

Körperhaltung, Gesichtsfarbe, eben viel mehr als nur die gesprochene Sprache. Diese

Kommunikationsformen müssen jedoch vom Gegenüber interpretiert werden, was zu

Verständigungsschwierigkeiten führen kann (vgl. Wilken 2006: 4 zit.n. Klein 2001).

Kommunikation kann „face-to-face“, schriftlich, medial zwischen Nichtanwesenden (z. B.

telefonisch) und massenmedial öffentlich (z. B. via Zeitungen oder Fernsehen) erfolgen. Im

Krankenhaus kommt es großteils zu einer „face-to-face“ - Kommunikation. Diese Art der

Kommunikation wird von verschiedenen Bedingungen beeinflusst. Dazu zählen z. B.

personelle Bedingungen wie Interesse und Kommunikationsfähigkeit, ebenso auch

Situationsmerkmale wie die Beziehungsqualität. Zudem sind räumliche Gegebenheiten und

Kontextbedingungen wie Anregungen und Unterstützung der Umwelt sowie gesellschaftliche

Normen und Werte relevant (vgl. SAMW 2013: 8).

Es kann zwischen nonverbaler und verbaler Kommunikation differenziert werden. Zu den

nichtsprachlichen Elementen der Kommunikation zählen z. B. Mimik, Gestik und

Körperhaltung, aber auch paraverbale Phänomene wie die Lautstärke der Stimme, das

Sprechtempo und die Stimmlage. Je mehr die verbale Kommunikation verringert wird, umso

wichtiger werden nonverbale Elemente (vgl. SAMW 2013: 19).

Sprache beruht auf Symbolen wie Gebärden, Wörtern oder optischen Zeichen. Diese

Symbole sind grundlegend, um Wahrnehmungen deuten, vergleichen, bewerten, erinnern

und kategorisieren zu können (vgl. Wilken 2006: 5). Im Unterschied zur Muttersprache, mit

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Page 11: bacarbeit

welcher Menschen von klein auf konfrontiert werden, wird eine Fremdsprache durch

bewusstes Lernen angeeignet (vgl. Bibliographisches Institut GmbH 2013)

2.4 Kommunikations- und Sprachbarrieren

Kommunikationsbarrieren

Kommunikationsbarrieren definiert der Duden online als „etwas, was eine Kommunikation

hemmt oder verhindert“ (Bibliographisches Institut GmbH 2013a).

Kommunikationsbarrieren können einerseits durch das Krankenhauspersonal und

andererseits durch Patient*innen ausgelöst werden. Auf Seiten des Pflegepersonals können

Kommunikationsstörungen z. B. durch situative Fehleinschätzungen, Vorurteile, Mangel an

Sympathie für die Patient*innen, Zeitmangel, fehlendes Wissen über die Biografie, Normen

und Werte der Patient*innen sowie Störungen des Fühlens und Denkens, wenn z. B. der/die

Patient*in verdinglicht wird, da die Pflegeperson keine Fehler zulassen möchte, entstehen.

Auf der Patient*innenseite können Kommunikationsbarrieren durch Erkrankungen, welche

Auswirkungen auf den Sprechapparat bzw. das Gehör haben, oder durch eine Beeinflussung

der Wahrnehmung aufgrund psychischer Erkrankungen auftreten (vgl. Rogall et al. 2006:

99ff.).

Sprachbarrieren

Der Duden online beschreibt Sprachbarrieren als „Schwierigkeiten in der Verständigung

zwischen Angehörigen verschiedener Sprachen“ (Bibliographisches Institut GmbH 2013b).

Der Soziolinguist Basil Bernstein beschreibt sprachliche Unterschiede zwischen Kindern,

welche in der „Mittelschicht“ aufgewachsen sind und jenen aus der „Arbeiterschicht“

aufgrund deren sozialer Herkunft und Schichtzugehörigkeit. Er unterscheidet zwischen dem

„restringierten Code“ der „Arbeiterschicht“ und dem „elaborierten Code“ der „Mittelschicht“.

Elaborierte Äußerungen sind kontextunabhängig und universalistisch orientiert, im

Gegensatz dazu bleiben „restringierte Codes“ situations- und kontextgebunden. Diese

Differenzierung soll jedoch keine Wertung beinhalten. Der elaborierte Code kann auch als

eine Kommunikationsform gedeutet werden, mit welcher Personen mit möglichst geringem

Aufwand und angepassten Mitteln Alltagsanforderungen meistern (vgl. Sertl, Leufer o.J.:

10f.).

Der Verweis auf die Bernstein-Hypothese soll aufzeigen, dass Sprachbarrieren nicht nur

aufgrund unterschiedlicher Sprachen auftreten können, sondern auch, wenn die

Interaktionspartner*innen dieselbe Sprache sprechen. Verschiedene Sozialisationen und

unterschiedliche Bildungsniveaus können dafür verantwortlich sein.

6

Page 12: bacarbeit

Foreigner Talk

Unter „Foreigner Talk“ wird jenes Sprachverhalten verstanden, welches

Muttersprachler*innen in der Kommunikation mit jenen Personen anwenden, die nicht

dieselbe Muttersprache haben und deren Sprachkompetenzen der jeweiligen Sprache nur

wenig bis gar nicht ausgebildet sind (vgl. Strasser 2006: 77, zit.n Ferguson 1981: 10). Der

Foreigner Talk weist mehrere Merkmale auf. Auf sprachlicher Ebene ist er durch eine

inkorrekte Ausdrucksweise gekennzeichnet, es werden grammatikalische Endungen

weggelassen, Wörter anders bzw. falsch ausgesprochen oder Satzbildungen, in denen nur

die wichtigsten Schlagwörter vorkommen verwendet etc. (z.B. „Du morgen Arzt kommen.“).

Des Weiteren wird langsamer und lauter gesprochen und/oder Ausdrücke mehrmals

wiederholt und umschrieben. Außerdem passiert es oft, dass Menschen, deren

Muttersprache deutsch ist – in der Kommunikation mit einer Person mit geringen deutschen

Sprachkenntnissen – die Höflichkeitsform vernachlässigen, und daher gleich ins „du“

übergegangen wird (vgl. Strasser 2006: 79 ff.).

7

Page 13: bacarbeit

3. ERGEBNISSE DER KOMMUNIKATIONSFORSCHUNG

Kommunikation ist ein vermittelnder Prozess und setzt ein Kommunikationsmedium voraus

(vgl. Greisberger 2009: 70). Hier wird aufgrund der Möglichkeiten, wie Kommunikation

gesendet, bzw. empfangen werden kann, zwischen primären, sekundären, tertiären und

quartären Medien unterschieden.

• Primäre Medien (Menschmedien): Weder Empfänger*in noch Sender*in benötigen ein

Gerät, um Kommunikation zu vermitteln (Sprache, Rhythmus etc.).

• Sekundäre Medien (Schreib- und Druckmedien): Ausschließlich der/die Sender*in

bedarf eines Mittels, um Kommunikation hervorzubringen (Broschüren, Buch, etc.).

• Tertiäre Medien (elektronische Medien): Sowohl auf der Sender*innen- wie auch auf

der Empfänger*innenseite ist ein Medium zur Kommunikation erforderlich (Telefon,

Tonband etc.).

(vgl. Greisberger 2009: 70 zit.n. Pross 1972: 127f.).

• Quartäre Medien (digitale Medien): Eine Mischung und Erweiterung der drei oben

genannten Medien. Zum Kommunikationssenden bzw. -empfangen ist ein

Internetzugang vonnöten (soziale Netzwerke, Homepages etc.)

(vgl. Dittmar 2011: 42).

Alle Formen der Kommunikationsmedien können in Organisationen angewandt werden, die

primäre Kommunikation spielt jedoch für die Arbeit im Krankenhaus die wichtigste Rolle.

Des Weiteren kann die menschliche Kommunikation als symbolisch vermittelte Interaktion

verstanden werden. Darunter kann man sich körperliche Zeichen als Übermittler von Inhalten

vorstellen. Unterschieden kann zwischen natürlichen Zeichen wie zittern oder rot werden und

künstlichen Zeichen wie Winken oder Deuten werden (vgl. Greisberger 2009: 71).

Um diese Punkte zusammenzufassen, kann gesagt werden, dass für die menschliche

Kommunikation das „in Beziehung treten“ von Individuen durch soziale sowie symbolische

Interaktion, mit dem gemeinsamen Ziel der Verständigung durch ein gewähltes Medium, von

Bedeutung ist.

3.1 Methoden und Modelle

Die Geschichte der Kommunikationsmodelle reicht lange zurück und hat unterschiedlichste

Formen und Ausprägungen durchlebt. Anfangs enthielten die Kommunikationsmodelle

ausschließlich drei beteiligte Faktoren. Den/die Sender*in, das Medium und den/die

Empfänger*in. Diese Grundmodelle erwecken den Anschein, dass es zwischen Sender*in

8

Page 14: bacarbeit

und Empfänger*in ein hierarchisches Verhältnis gibt. Der/die Sender*in ist dominant und

aktiv, der/die Empfänger*in ist passiv und von den empfangenen Medien abhängig. Diese

Annahme wird heute nicht mehr unterstützt, weitere Kommunikationsmodelle haben sich

jedoch an diesem angelehnt und es in unterschiedlichste Richtungen ausgebaut (vgl. Dittmar

2011: 19).

Das Modell von Paul Watzlawick

Für Watzlawick spielt die Beziehung zwischen Empfänger*in und Sender*in die größte Rolle.

Die Grundlage seines Modells beruht auf zwischenmenschlichen Problemen oder Störungen,

die im Bezug auf die Kommunikation auftreten. Watzlawick arbeitet mit einem Analyseraster,

welches sich in fünf Kommunikationsregeln gliedert (vgl. Simon 2014: 24).

Regel 1: Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren. Jede Aktion bzw. Reaktion beinhaltet

eine Information, welche vom Gegenüber interpretiert werden kann, und es wird dadurch

unmöglich, nicht zu kommunizieren (vgl. Simon 2014: 24f.).

Regel 2: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. Wie schon bei

den ersten Versuchen, Kommunikation in Modelle zu ordnen (s. o.), hat auch Watzlawick das

Verhältnis zwischen Sender*in und Empfänger*in durch eine Mitteilung festgelegt. Erweitert

wurde diese jedoch durch die Inhalts- und Beziehungsebene. Durch die Inhaltsebene werden

zusätzliche Auskünfte im Bezug auf die Mitteilung ausgetauscht und die Beziehungsebene

schildert den persönlichen Bezug zum Empfänger (vgl. Simon 2014: 25ff.).

Regel 3: Die Interpunktion der Erfolge definiert die Beziehung. Am Anfang eines Gesprächs

setzt sich jede/r Beteiligte/r ihren/seinen persönlichen Anfangspunkt, der von Watzlawick als

Interpunktion beschrieben wird. Durch diesen Punkt erweckt es für die Beteiligten den

Anschein, dass das Gespräch einen Anfang und ein Ende hat. Dies trifft jedoch nicht zu, da

Kommunikation immer zirkulär verläuft und jede Aktion auf der Basis einer vorherigen

gebildet wird (vgl. Simon 2014: 27f.).

Regel 4: Kommunikation kann digital oder analog erfolgen. Unter digitaler Kommunikation

versteht Watzlawick eindeutige Signale, die der Empfänger problemlos entziffern kann. Das

Gegenteil dazu bietet die analoge Kommunikation, bei der die Kommunikationspartner

indirekt oder nur ungefähr die Bedeutung der zu entschlüsselnden Mitteilungen verstehen

(vgl. Simon 2014: 28f.).

Regel 5: Kommunikation erfolgt entweder symmetrisch oder komplementär. In einer

symmetrischen Kommunikationsbeziehung stehen Sender*in und Empfänger*in in einer

gleichgestellten Relation zueinander, in der komplementären Kommunikationsbeziehung ist

dies nicht der Fall und eine Hierarchie kann zwischen den Gesprächspartner*innen erkannt

werden (vgl. Simon 2014: 30).

9

Page 15: bacarbeit

Das Modell von Friedemann Schulz von Thun

Schulz von Thun entwickelte eine Methode, um den Kommunikationsablauf zu verstehen und

um ihn voranzutreiben. Hierzu verwendet er die Annahme, dass jede Mitteilung unbewusste

oder bewusste Sachbotschaften, Selbstoffenbarungsbotschaften, Beziehungsbotschaften

und einen Appell beinhalten kann (vgl. Simon 2014: 49f.).

Jede Nachricht enthält eine Sachinformation, in welcher der/die Sender*in seinen/ihren

persönlichen Standpunkt zu einer Sache bekannt gibt. Zusätzlich kann man die

Selbstoffenbarung an den Andeutungen über die eigene Person des Senders/der Senderin,

erkennen. Der Beziehungsinhalt einer Kommunikation macht Verhältnis zwischen den

Kommunikationspartner*innen deutlich. Dieses kann aufgrund von Wortwahl, Mimik oder

Sprachstil erkennbar gemacht werden. Der Beziehungsinhalt wird durch unterschiedliche

Kombinationen von Wertschätzung und Bevormundung bzw. „Lenkung“ des Senders/der

Senderin geprägt. Daraus resultieren der patriarchalische-fürsorgliche Stil (Kombination aus

hoher Lenkung/Bevormundung und Wertschätzung), der partnerschaftlich-sozialintegrative

Stil (Kombination aus Wertschätzung und geringer Lenkung/Bevormundung), der laissez-

faire Stil (Kombination aus geringer Lenkung/Bevormundung und Geringschätzung) und der

autoritäre Stil (Kombination aus Geringschätzung und Bevormundung). Das letzte zu

beachtende Element eines Kommunikationsverlaufes ist der Appell. Durch ihn möchte

der/die Sender*in Einfluss auf den/die Empfänger*in nehmen. Appelle können offen oder

versteckt übermittelt werden (vgl. Simon 2014: 50ff.).

Jedoch nicht nur der/die Sender*in trägt dazu bei, dass es in der Kommunikation zu

Komplikationen bzw. Missverständnisse kommen kann, auch der/die Empfänger*in kann laut

Schulz von Thun und seinem Modell der „vier Ohren des Empfängers“ mitwirken, dass

Informationen falsch aufgenommen werden (vgl. Simon 2014: 55).

Das Sach-Ohr überprüft und nimmt die Sachinhalte der Mitteilung wahr. Das

Selbstoffenbarungs-Ohr kümmert sich um Informationen, die im Hintergrund ablaufen und

versucht zu verstehen, wieso der/die Sender*in genau diese Tonlage, Mimik oder Gestik

gewählt hat, um das Gesprochene auszudrücken. Durch das Beziehungs-Ohr wird das

Übermittelte auf den/die Empfänger*in persönlich in Beziehung gebracht. Das Appell-Ohr

möchte den Erwartungen, die hinter dem Gesprochenen stehen, gerecht werden (vgl. Simon

2014: 56ff.).

Aufgrund dieser unterschiedlichen Möglichkeiten, Mitteilungen einerseits auszudrücken und

andererseits zu verstehen, ist das Verständnis für die geringe Wahrscheinlichkeit des

einwandfreien Informationswechsels gegeben.

10

Page 16: bacarbeit

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann im Bezug auf die unterschiedlichen Kommunikationsmodelle gesagt

werden, dass es in erster Linie ein Medium braucht um Kommunikation überhaupt stattfinden

zu lassen (vgl. Greisberger 2009: 70 zit.n. Pross 1972: 127f.). Am häufigsten wird jedoch

ausschließlich der Mensch als Kommunikationsmedium verwendet. Um Gesprochenes zu

unterstützen werden bewusst oder auch unbewusst symbolische Interaktionen angewandt

um beispielsweise auf etwas besonders aufmerksam zu machen (vgl. Simon 2014: 28f.).

Des Weiteren wird eine funktionierende Kommunikation durch die Beziehung zwischen

Sender um Empfänger gebildet (vgl. Simon 2014: 49f.). Je nachdem in welchem

Zusammenspiel die gegenseitige Wertschätzung, sowie auch die gegenseitige

Bevormundung auftritt, können sich verschiedenen Kommunikationsstile entwickeln (vgl.

Simon 2014: 50ff.). Um schlussendlich die Mittelung des/der Senders/in beim/bei der

Empfänger*in ankommen zu lassen, spielen laut Schulz von Thun die „Ohren“ des/der

Empfängers*in eine bedeutende Rolle. Diese entscheiden wie das Gesprochene

aufgenommen bzw. interpretiert werden soll (vgl. Simon 2014: 56ff.).

Es können unterschiedlichste Problematiken auf dem Weg einer Mitteilung vom/von der

Sender*in zum/zu der Empfänger*in auftreten. Daher ist es von großer Bedeutung sich über

möglichen Komplikationen bewusst zu werden um sie gegeben falls beseitigen zu können.

3.2 Gesundheitskommunikation

Unter Gesundheitskommunikation versteht man jede Art von Kommunikation über

Gesundheit oder Krankheit. Um dies jedoch einzugrenzen und die verschiedenen

Kommunikationsebenen festzulegen, bietet das 4-Ebenen-Modell der Kommunikation einen

Überblick.

Ebene der intrapersonalen Kommunikation

Kommunikative und psychische Prozesse innerhalb einer Person, die sowohl mit Gesundheit

als auch mit Krankheit zusammenhängen, stehen hier im Mittelpunkt. Für Betroffene

bedeutet das, ob sie bspw. Vorsorgeuntersuchungen einhalten oder auf Signale ihres

Körpers reagieren und diese als Risiko erkennen (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 81).

Ebene der interpersonellen Kommunikation

Der Informationsaustausch zwischen allen beteiligten Akteur*innen im Gesundheitswesen

steht hier im Vordergrund. Die Beziehungen zwischen Ärzt*innen untereinander, Ärtz*innen

11

Page 17: bacarbeit

und Pflegepersonal, Pflegepersonal und Patient*innen, Patient*innen und

Sozialarbeiter*innen etc. wird in dieser Ebene beachtet (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 81).

Ebene der Organisationskommunikation

Die Kommunikation in und von sämtlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens wird hier

beachtet. Für die Gesundheitsinstitutionen gilt in dieser Ebene bspw. die Kommunikation

durch Pressearbeiten (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 81).

Ebene der massenmedialen oder gesellschaftlichen Kommunikation

In dieser Ebene wird die Kommunikation durch sämtliche Medien verstanden. Gesundheits-

oder Krankheitsinformationen, die von Medizinjournalismus bis hin zu „Arzt-Serien“ in der

Gesellschaft verbreitet werden, bilden den Mittelpunkt dieser Ebene (vgl. Rossmann, Hastall

2014: 81).

All diese Ebenen verfolgen drei zusammenhängende gemeinsame Ziele:

Informationsdarbietung, Veränderung der Wahrnehmung und schlussendlich die

Verhaltensänderung.

Unter Informationsdarbietung wird verstanden, dass bspw. Beipackzettel gelesen und

beachtet werden. Dieses Zwischenziel ist häufig schwer zu definieren und infolgedessen

auch schwer umzusetzen. Es wird versucht, die Informationen möglichst umfassend zu

formulieren. Der Gedanke dahinter lautet, dass je mehr Informationen gegeben werden,

desto besser sind die Gesundheits- bzw. Risikokommunikation. Dadurch tritt jedoch das

Problem auf, dass sich die Betroffenen nicht persönlich angesprochen fühlen und durch den

unpersönlichen Informationsüberfluss häufig Überforderung und Ignoranz ausgelöst werden

(vgl. Rossmann, Hastall 2014: 65f.).

Durch die nächste Zielsetzung soll die Wahrnehmung der Betroffenen verändert werden.

Wissen über Risiken oder Einstellungen zu Risikowahrnehmungen soll Beachtung geschenkt

werden. Durch die Informationsdarbietung sollten genug Informationen vorhanden sein, um

Gesundheitsrisiken einschätzen zu können und im Zuge dessen eine passende

Entscheidung zu treffen. Zu beachten ist, dass die Entscheidungen und Verhaltensweisen

von den Betroffenen selbst gewählt werden können und in ihrem persönlichen Interesse

liegen müssen (vgl. Rossmann, Hastall 2014: 65f.).

Die Verhaltensänderung zählt zu einem weiteren Ziel der Gesundheits- und

Risikokommunikation. Hier wird vorausgesetzt, dass es ein erwünschtes Verhalten gibt,

welches von den Betroffenen erreicht werden möchte. Nicht nur Sachinformationen, sondern

auch emotional wirksame Informationen werden angewandt, um das Verhalten der

12

Page 18: bacarbeit

Betroffenen zu verändern. Durch Informationen soll eine persönliche Relevanz erkannt und

eine daraus resultierende Schutzmotivation entwickelt werden (vgl. Rossmann, Hastall 2014:

65f.).

3.3 Kommunikationsbarrieren durch Behinderungen

Kommunikationsprobleme können, wie bereits erwähnt, immer und bei jedem Menschen

vorkommen. Erschwert werden diese jedoch vor allem, wenn eine/r der beiden

Gesprächspartner*innen nicht oder fast nicht dazu in der Lage ist, sich verbal auszudrücken,

sei es aufgrund einer Demenz, einer geistigen Behinderung, Gehörlosigkeit bzw.

Schwerhörigkeit oder verschiedener Sprachstörungen. Wie sollte man mit solchen

Situationen umgehen? Was könnte unterstützend wirken? Diese Fragen werden im Laufe

dieses Kapitels beantwortet. Nach einer kurzen Beschreibung über den Aufbau des

Sprachzentrums im Gehirn werden das Konzept der „Unterstützten Kommunikation“ und

Hilfsmittel zur Kommunikation erläutert.

3.4 Entstehung der Sprache

Hirnareale, die für Sprachwahrnehmung und Sprachproduktion verantwortlich sind, liegen in

der Großhirnrinde, in der dominanten Hemisphäre, welche bei 95 Prozent der Menschen die

linke Gehirnhälfte ist (vgl. Willnauer 1998: 3). Prinzipiell wird das Sprachzentrum in das

Broca-Sprachzentrum und das Wernicke-Sprachzentrum aufgeteilt, welche unterschiedliche

Funktionen haben. Das Broca-Areal befindet sich im Frontallappen und ist in erster Linie für

die Sprachproduktion verantwortlich. Fällt das Broca-Sprachzentrum aus, ist es Betroffenen

daher nicht möglich zu sprechen, obwohl der Sprechapparat voll funktionsfähig ist. Das

Wernicke-Areal hingegen ist das sensorische Sprachzentrum. Dieses liegt im Schläfenlappen

und ist für das Sprachverständnis von großer Bedeutung. In diesem Teil werden gehörte

Worte gespeichert, wobei das Gehörte von der Funktionstüchtigkeit des akustischen

Sprachzentrums abhängig ist. Fällt das Wernicke-Areal aus, so fehlt die Fähigkeit, gehörte

Sprache in ihrem Sinn zu verstehen. Ebenso gibt es ein optisches Sprachzentrum, in

welchem bereits aufgenommene akustische und visuelle Informationen aufgenommen und

miteinander verbunden werden. Um Sprechen zu können, arbeiten daher alle Sprachzentren

– unter Beteiligung des Seh- und Hörzentrums – eng zusammen (vgl. Spektrum

Akademischer Verlag 2000).

13

Page 19: bacarbeit

3.5 Unterstützte Kommunikation

Anfang der 1980er-Jahre wurde im englischen Sprachraum ein Kommunikationssystem

entwickelt, um das kommunikative Potenzial bei Menschen zu fördern, die aufgrund

angeborener oder erworbener Behinderungen nicht oder kaum sprechen können. Dieses fällt

unter den Fachterminus „Augmentative and Alternative Communication“ (AAC). Diese wird

mit dem Begriff „Unterstützte Kommunikation“ ins Deutsche übersetzt.

Dieses Unterkapitel ist für diese Bachelor-Arbeit insofern relevant, als dass mögliche

Lösungsansätze des aus dieser Arbeit entstehenden Projektes von Arten der „Unterstützten

Kommunikation“ inspiriert sind. Durch die anschließend beschriebenen Hilfsmittel könnten

bspw. Dolmetschgespräche so gut es geht umgangen werden und zu einer vertrauliche

Kommunikation zwischen Patient*in und Sozialarbeiter*in bzw. Arzt/Ärztin verhelfen.

Das Konzept der „Unterstützten Kommunikation“ besteht darin, alle vorhandenen

Möglichkeiten, die der Kommunikation dienen könnten wie Mimik, Gestik, Laute etc.

wahrzunehmen, sie auszunutzen und darauf aufzubauen. Sind die motorischen Fähigkeiten

bei einem Menschen bspw. gut vorhanden, können Gebärden zur Unterstützung

herangezogen werden. Überdies werden oft Objekte, Karten und Kommunikationstafeln

verwendet. So wird durch Deuten auf Gegenstände, Bilder etc. Kommunikation ermöglicht.

Mittlerweile werden auch elektronische Geräte als Hilfsmittel verwendet (vgl. Seidl 2001:

27ff.).

Kommunikation durch Gebärden

Hierbei ist nicht die Gebärdensprache gemeint, welche zur Kommunikation unter oder mit

gehörlosen Menschen verwendet wird. Eher geht es hier um Gebärden, die nicht durch einen

langen und mühevollen Lernprozess geprägt sind. Diese Art der Verständigung setzt bei

Betroffenen die Fähigkeit voraus, einzelne Gesten durch bestehende motorische Fertigkeiten

zu unterscheiden. Außerdem müssen die dargestellten Wörter differenziert werden, wobei

die kognitiven Bedingungen, um dieses tun zu können, gegeben sein müssen. Im Prinzip

bestehen die Gebärden eines solchen Kommunikationssystems aus grobmotorischen

Bewegungen, die eindeutig und differenzierbar sein müssen. Es darf auch keine Rolle

spielen, ob diese von der rechten oder der linken Körperhälfte aus gemacht werden. Des

Weiteren sollte man auf Zustände, die Beeinträchtigungen hervorrufen können, Rücksicht

nehmen. Bei der Kommunikation mit Personen mit Autismus sollte bspw. darauf geachtet

werden, dass die Bewegung auf dem Tisch oder dem eigenen Körper endet bzw. dass die

Gebärden sich nicht wiederholen, da sonst stereotype Bewegungen entstehen können.

Grundsätzlich sollte diese Art der Verständigung an die individuelle Lebenswelt der

Betroffenen angepasst sein und daher Bedürfnisse, Interessen etc. beinhalten.

14

Page 20: bacarbeit

Die Umsetzung dieses Kommunikationssystems findet durch regelmäßige Anwendung bei

alltäglichen Routinetätigkeiten statt, z. B. wird das Haarekämmen von der Betreuungsperson

mit einer Gebärde angedeutet, anschließend durchgeführt und diese Bewegung dann von

der betroffenen Person nachgeahmt (vgl. Seidl 2001: 30f.). In Deutschland begann man

schließlich in den 1970er-Jahren damit, diese Art der Kommunikation in der Arbeit mit

Menschen mit Behinderung anzuwenden. Es wurden Sammlungen von Gebärden

verschiedenster Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung aufgegriffen und ein

einheitlicher Gebärdenkatalog erstellt. Dieser wurde 1991 unter dem Titel „Schau doch meine

Hände an“ vorerst vollendet. Zum heutigen Zeitpunkt existiert von diesem neben einem Buch

und einer DVD auch eine Gebärdenbuch-App für „Smartphones“ (vgl. Bundesverband

evangelische Behindertenhilfe o.J.). Durch die Erstellung dieses Gebärdenkatalogs können

sich nicht-sprechende Menschen mit Behinderung an der Kommunikation mit anderen

beteiligen und sie bekommen die Möglichkeit, ein Leben mit einem größeren Quantum an

Selbstbestimmung zu führen (vgl. Seidl 2001: 32).

Kommunikation durch Bildsymbole

Für Menschen, welche die motorischen Fähigkeiten, um Gebärden auszuüben, nicht

besitzen oder verlernt haben, ist es dienlich, auf Bildsymbole zeigen zu können. Dafür

können verschiedenste Gegenstände herangezogen werden wie eine Trinkflasche oder ein

Trinkglas, um zu signalisieren, dass man durstig ist. Dazu bedarf es allerdings zusätzlicher

Unterstützungsmittel wie Kommunikationstafeln, -bücher oder -mappen. Diese sollten von

der Betreuungsperson zusammengestellt und an die individuellen Bedürfnisse und

Interessen der Betroffenen adaptiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Bilder

ausgewechselt werden können, wenn sich Interessen oder Bedürfnisse ändern. Ist eine

Person motorisch stark beeinträchtigt, kann es sich als hilfreich erweisen, sich über

Augenbewegungen zu verständigen. Bildsymbole könnten bspw. auf einer großen

Plexiglasplatte in größeren Abständen zueinander befestigt werden. Die betroffene Person

kann dann durch gezielte Augenbewegungen eine Auswahl der Symbole treffen. Die

Kommunikation mit Augenbewegungen kann bei Menschen, die lesen können, auch mithilfe

von Buchstaben stattfinden (vgl. Seidl 2001: 34ff.).

Es gibt mehrere Bildsymbolsysteme. Genannt werden in diesem Kapitel der Bachelor-Arbeit

jedoch nur zwei: das LÖB-System und das System „Picture Communication Symbols“.

Das LÖB-System, wurde in den 1980er-Jahren von dem Pädagogen R. Löb in Deutschland

entwickelt. Dieses besteht aus 60 Bildkarten, die Themen wie Gesundheitsfürsorge,

Körperhygiene, Religion, Nahrungsmittel u. v. m. beinhalten. Die Bilder des LÖB-Systems

setzen sich zu einem großen Teil aus internationalen Symbolen zusammen. Diese werden in

15

Page 21: bacarbeit

Schwarz-Weiß gezeichnet. Über den Zeichnungen ist das dazugehörige Wort

aufgeschrieben. Einerseits helfen die geschriebenen Wörter den

Kommunikationspartner*innen, Symbole zu verstehen, die sie nicht kennen. Andererseits

bekommen nicht-sprechende Kinder, sofern die kognitiven Voraussetzungen gegeben sind,

die Möglichkeit, einzelne Buchstaben und somit auch das Lesen zu erlernen (vgl. Seidl 2001:

40).

Als zweites System wird das Picture Communication Symbols (PCS) genannt. Dieses wurde

von Roxanna Mayer-Johnson, einer US-amerikanischen Sprachheillehrerin und Logopädin,

erstellt. Ähnlich dem LÖB-System werden die Bilder in Schwarz-Weiß gezeichnet und das

Wort darüber geschrieben, allerdings beim PCS in Englisch. Nach der Erscheinung des

ersten Bandes 1981 in den USA, der 655 Bildsymbole beinhaltete, wurden Menschen, die

dieses System beanspruchten, befragt, welche Themen bzw. welche Symbole noch in die

Sammlung aufgenommen werden sollten. Zu jenem Zeitpunkt fehlten Abbildungen zu den

Themen Partnerschaft, Liebe und Sexualität und Begrifflichkeiten, die sich auf den Bereich

der Informations-Technologie beziehen. Floskeln wie „Unterbrich mich nicht!“ oder „Blättere

die Seite um!“ waren ebenfalls nicht vorhanden. In der zweiten Ausgabe dieses

Kommunikationssystems waren bereits etwa 2000 Bildsymbole vorhanden (vgl. Seidl 2001:

46).

Kommunikation durch elektronische Hilfsmittel

Durch diese Art der Verständigung können vor allem Menschen, die in ihrer

Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, kommunizieren. Unterstützung bieten hierbei

Geräte mit speziellen Schaltern und Sensoren, die auch an Rollstühlen angebracht werden

können. Ähnlich wie bei der Kommunikation durch Augenbewegungen können bspw. Bilder

an einer Plexiglasplatte befestigt werden, nur dass in diesem Fall ein Lichtpunkt erscheint,

der mithilfe eines Schalters auf ein Symbol gelenkt und angehalten werden kann. Eine

weitere Möglichkeit bietet ein Gerät, bei dem Bildsymbole in einem Kreis angeordnet sind.

Ein sich drehender Zeiger kann bei einem erwünschten Bild gestoppt werden. Die

Geschwindigkeit des Zeigers kann im Vorhinein individuell eingestellt werden. Solche

Schalter können durch Druck der Finger, Hand, Schulter, Schenkel oder des Kopfes betätigt

werden (vgl. Seidl 2001: 53). Des Weiteren werden oft Geräte herangezogen, durch die man

mittels Betätigung einer oder mehrerer Tasten Äußerungen produzieren kann.

Sprachausgabe ist vor allem durch eine geringe Anzahl an Tasten ziemlich unkompliziert.

Das bringt jedoch mit sich, dass sie in erster Linie für einfache, alltägliche Gespräche

angedacht und daher für spezifische Gespräche kaum geeignet ist.

16

Page 22: bacarbeit

Bei einem weiteren Modell können Personen, die elektronische Kommunikationshilfe

beanspruchen, Buchstaben oder Bildsymbole eingeben. Jede Mitteilung kann dann gedruckt

werden. Ebenso können Äußerungen an Sprachsynthesemodule geschickt und damit

künstlich erzeugte Aussagen getätigt werden. Bei diesem Typ der elektronischen

Kommunikationshilfe können sich Personen möglichst frei äußern, die Produktion von

Aussagen ist allerdings mit einem großen Zeitaufwand verbunden. So wird eine

Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen deutlich erschwert.

Zusammenfassend kann bzgl. elektronischer Unterstützungsmittel zur Kommunikation

gesagt werden, dass bereits einige Möglichkeiten vorhanden sind, um diese zu fördern. Da

jedoch nur einfache Gespräche zustande kommen können oder der Aufwand zu groß ist, um

solche zu führen, sind Modelle elektronischer Kommunikationshilfen noch

verbesserungswürdig, um einen gut funktionierenden Austausch zwischen Menschen mit

einer Sprachbehinderung und deren Umfeld zu verwirklichen (vgl. Langer o.J.: 547ff.).

3.6 Sprachbarrieren und Migration

Zu Beginn des Theorieteils im Kapitel Kommunikation im Krankenhaus wurden auch die

Kommunikationsbarrieren erklärt. Sie können auf äußere und innere Ursachen zurückgeführt

werden. Zu diesen Ursachen zählen unter anderem Informationsmangel, ungenaues

Zuhören, Vorurteile, Zeitdruck, Desinteresse am Gegenüber oder das Ziehen von voreiligen

Schlüssen.

Den Sprachbarrieren liegen ähnliche Ursachen zugrunde. Anders als bei den

Kommunikationsbarrieren, wo auch die nonverbale Kommunikation eine große Rolle spielt,

ist hier die sprachliche Komponente von großer Bedeutung. Sie sind eine Form der

Kommunikationsbarrieren aufgrund unterschiedlicher Sprache und/oder fehlender

Sprachkompetenz. Sprachbarrieren machen sich bei Interaktionen mit immigrierten

Menschen besonders bemerkbar. Da in Österreich viele Menschen mit Migrationshintergrund

leben, kommt es durch Sprachbarrieren oftmals zu Verständnisstörungen. In Wien oder in

anderen Ballungszentren, in denen viele Migrant*innen auf engem Raum zusammenleben,

häufen sich diese Probleme. Sprachbarrieren treten vorwiegend in großen Institutionen, wie

es auch das Krankenhaus ist, auf. Ein Grund dafür ist das Zusammentreffen von vielen

Menschen mit unterschiedlicher Kultur und sprachlicher Herkunft.

Deutschkenntnisse von Migrant*innen können unterschiedlich ausgebildet sein. Faktoren, die

das Sprachniveau beeinflussen, sind unter anderem:

• Aufenthaltsdauer in Österreich

• Alter bei der Immigration

• Grad der Integration in Erwerbs- und Ausbildungssystem

17

Page 23: bacarbeit

(vgl. Borde 2002: 144).

Es gibt weitere Aspekte, die für eine gute, unter anderem deutsche, Sprachentwicklung

Auswirkungen haben. Die gesprochene Sprache innerhalb der Familie hat eine sehr große

Bedeutung (vgl. Borde 2002: 146). Wird in einer Familie mit Migrationshintergrund zusätzlich

zur Sprache des Herkunftslandes auch viel Deutsch gesprochen, hat das positive

Auswirkungen auf die Entwicklung der „neuen“ Sprache. Auch das soziale Umfeld spielt eine

große Rolle. Bezüglich der Deutschkenntnisse besteht oft ein Unterschied zwischen

Migrant*innen, die viele deutschsprachige Beziehungspersonen haben, und jenen, die wenig

oder keinen Kontakt mit deutschsprachigen Mitbürger*innen haben. Ein weiterer

erwähnenswerter Faktor ist der Medienhaushalt. Der Empfang von deutschsprachigem

Radio oder Fernsehen bietet eine gute Möglichkeit, um die deutsche Sprachentwicklung zu

unterstützen, indem bspw. der Wortschatz erweitert und das „Verstehen“ geübt werden kann.

Große Schwierigkeiten bereiten bei der Interaktion mit Migrant*innen die Übermittlung von

krankheitsbezogenen Informationen sowie das Niveau medizinischer Aufklärung (vgl. Borde

2002: 350). Lange Zeit wurden für diese Sprachschwierigkeiten Migrant*innen verantwortlich

gemacht (vgl. Dreißig 2005: 32 f.). Eine Form der Kontaktvermeidung und Vernachlässigung

der Patient*innen vonseiten des Gesundheitspersonals sind leider eine häufige

Bewältigungsoption der medizinischen Abteilungen (vgl. Borde 2002: 350). Oft wird auch im

„Foreigner Talk“ („Ich Tarzan, du Jane“) mit den Patient*innen gesprochen, was für ihre

Deutschkenntnisse nicht förderlich ist und ihnen möglicherweise kein angenehmes Umfeld

ermöglicht. Neben der unterschiedlichen Sprache wird vermehrt auch auf Vorurteile und

Erwartungshaltungen aufmerksam gemacht, welche ebenfalls Interaktionsstörungen

darstellen können (vgl. Dreißig 2005: 33). Die Problemlage ist aber sehr vielfältig. Oft ist die

übermittelte Information für Patient*innen mit Migrationshintergrund nicht ausreichend, bzw.

wird diese nicht verstanden. Unverständliche Fachausdrücke und allgemeine Unsicherheit

der Patient*innen verstärken diese Problemlage.

Aktuell gibt es in fast allen Krankenhäusern zwei Methoden, um Sprachbarrieren erfolgreich

entgegenwirken zu können:

• Einstellung von mehrsprachigen Mitarbeiter*innen,

• professioneller krankenhausinterner Dolmetsch.

Treten Sprachbarrieren und/oder Interaktionsprobleme auf, werden ein der Fremdsprache

mächtiges Krankenhauspersonal und/oder ein/e professionelle/r krankenhausinterne/r

Dolmetscher*in hinzugezogen.

Probleme treten jedoch auch bei diesen Unterstützungsmöglichkeiten auf. Beschwerden gibt

es oft vonseiten des bilingualen Mitarbeiter*innenpersonals. Diese Beschwerden können wie

folgt zusammengefasst werden:

18

Page 24: bacarbeit

• organisatorische Probleme,

• Koordinationsprobleme,

• zu wenig Anerkennung für die Übersetzungsarbeit,

• aufhalten der allgemeinen Klinikabläufe

(vgl. Borde 2002: 351).

Oft werden Patient*innen mit Migrationshintergrund von Angehörigen begleitet, welche dann

die Informationsvermittlung im Krankenhaus bewerkstelligen sollen. Auch bei der

Kommunikation mit den Angehörigen treten immer wieder Störfaktoren auf. So bekritteln

viele Krankenhausmitarbeiter*innen die Glaubwürdigkeit der Angehörigen. Gerade bei der

Interaktion über schwerwiegende Krankheiten oder über intime Krankheitsbereiche glauben

viele Mitarbeiter*innen, nicht vollständig informiert worden zu sein.

Allgemein kommen bei der Interaktion mit Angehörigen von Patient*innen mit

Migrationshintergrund folgende Problembereiche zum Vorschein:

• filtern von Information,

• schlechte oder falsche Übersetzung,

• Probleme mit der Verschwiegenheitspflicht,

• Angehörigenberatung (= mehr Arbeit).

Angehörige von Patient*innen mit Migrationshintergrund haben aufgrund anderer Kultur und

Herkunft oftmals ein anderes Krankheitsverständnis. Das kann eine Interaktion zwischen

Klinikpersonal und Angehörigen erheblich stören. Sie haben einen anderen Bezug zur

Krankheit als die erkrankte Person. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass

Angehörige das Krankheitsbild den Ärzt*innen richtig schildern. All diese Komponenten

müssen bei Interaktionen mit Angehörigen beachtet werden. Daher kann

Angehörigenberatung sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.

Dolmetsch

Im folgenden Abschnitt wird der professionelle Dolmetsch näher behandelt. Dolmetsch durch

das Krankenhauspersonal oder Angehörige von Patient*innen mit Migrationshintergrund sind

davon daher ausgeschlossen.

Wie zuvor erwähnt, ist der Dolmetsch eine Möglichkeit, die Interaktion zwischen

Klinikpersonal und Patient*innen mit Migrationshintergrund zu erleichtern. Es ist

möglicherweise eine Hilfestellung, die aktuell am häufigsten in Österreich bekannt ist und

auch eingesetzt wird.

Es gibt zwei Möglichkeiten, einen professionellen Dolmetsch für ein Krankenhaus zu

organisieren. Der Dolmetsch ist sehr häufig außerhalb von den Krankenhäusern stationiert

und Teil einer externen Institution. Im Falle von Kommunikationsproblemen werden die

19

Page 25: bacarbeit

Dolmetscher*innen ins Krankenhaus gerufen. Professionelle Dolmetscher*innen können aber

auch vor Ort im Krankenhaus angestellt sein, was eine sofortige bzw. raschere Lösung des

Problems gewährleistet. Bei externen Dolmetscher*innen können die Wartezeiten länger

sein. Das kann sich auch auf jegliche andere Abläufe im Krankenhaus auswirken.

Dolmetscher*innen könnten in Österreich jedoch viel häufiger eingesetzt werden, als das

aktuell der Fall ist. Viele Krankenhäuser versuchen, dieses Problem auf eine andere Art und

Weise zu lösen, als professionelle Dolmetscher*innen einzusetzen. 1996 wurde das

Krankenhauspersonal von zwölf verschiedenen Kliniken über dieses Thema befragt. Dabei

stellte sich heraus, dass die Verständigung durch Angehörige von Patient*innen oder

bilinguale Mitarbeiter*innen geregelt wurde (vgl. Pöllabauer 2009: 6). Auch in heutiger Zeit

wird das oftmals noch so gehandhabt. Ein Beispiel ist das „Krankenhaus der Barmherzigen

Brüder“ in Wien. Auch dort haben die Autor*innen durch ein Interview erfahren, dass

versucht wird, Sprachbarrieren vorerst durch Angehörige oder das Krankenhauspersonal zu

beseitigen. Nur bei sehr prekären Fällen werden externe Dolmetscher*innen hinzugezogen.

Um die Arbeit und den Arbeitsfluss im Krankenhaus möglichst wenig zu stören, wären

Dolmetscher*innen, welche sich direkt am Krankenhausstandort befinden, die einfachste

Lösung. Oben genannte Probleme würden sich dadurch erheblich vereinfachen. Des

Weiteren würde ein/e krankenhausinterne/r Dolmetscher*in die ohnehin zeitlich sehr

begrenzten Ressourcen weniger belasten und sich somit in einer Zeit, in der die Anzahl von

Menschen mit Migrationshintergrund weiterhin steigt vermutlich rentieren.

Kritisch betrachtet bringt der Dolmetsch auch einige negative Aspekte mit sich. Zum Ersten

wird bei einem Dolmetsch-Gespräch die Anonymität beeinträchtigt, denn die Patient*innen

müssen den Dolmetscher*innen einige intime gesundheitliche Aspekte und Ereignisse

preisgeben. Des Weiteren können die Patient*innen ihre Emotionen mit Hilfe eines/einer

Dolmetscher*in nicht so gut vermitteln. Außerdem spielt auch das Vertrauen eine große

Rolle. Viele Patient*innen fühlen sich bei einem Dolmetsch-Gespräch nicht gut aufgehoben,

was natürlich auch noch ein erschwerender Faktor ist.

Da also fast alle Menschen in Österreich über eine Versicherung für allgemeine Klasse

verfügen, ist diese in den meisten Krankenhäusern maßlos überfüllt. Das bringt natürlich

einige Probleme mit sich:

• Platzmangel,

• weniger Betreuung seitens des Krankenhauspersonals für die einzelnen

Patient*innen,

• längere Wartezeiten,

• unpersönlichere Betreuung.

20

Page 26: bacarbeit

Die Situation in den überfüllten allgemeinen Klassen kann massiven Stress verursachen und

somit zu schlechter Stimmung von allen Beteiligten führen. Das kann wiederum

Auswirkungen auf zwischenmenschliche Kommunikation haben. Daher wäre eine

Überarbeitung des Systems wahrscheinlich sinnvoll.

Interkulturelle Kommunikation

Die Kommunikation zwischen zwei Menschen ist von unterschiedlichen Wahrnehmungen

aufgrund der jeweiligen Erfahrungen geprägt. Bereits bei Personen, die aus dem gleichen

Kulturkreis stammen, kann es daher zu differenzierten Sichtweisen kommen. Kommunizieren

Menschen, die in unterschiedlichen Kulturen aufgewachsen sind, miteinander, so bedarf es

daher zusätzlich bestimmter „interkultureller Kompetenzen“ (vgl. Wisiak 2011: 131). Als

interkulturelle Kompetenz bezeichnet Ursula Viktoria Wisiak im Sammelband „Medizin im

Konflikt der Kulturen“ „[...] die Fähigkeit, kulturelle Einflussfaktoren und Bedingungen im

Wahrnehmen, Empfinden, Urteilen und Handeln [...]“ (vgl. Wisiak 2011: 131) sowohl bei sich

selbst als auch bei dem/der Gesprächspartner*in zu erkennen, zu respektieren bzw.

akzeptieren und diese sinnvoll zu nützen. Der Nutzen darin besteht entweder in einer

gegenseitigen Anpassung, Entwicklung von Toleranz gegenüber der anderen Person oder

das Ermöglichen eines gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Um das erreichen zu können,

findet ein Lernprozess statt, bei dem die Bereitschaft vorhanden sein muss, sich mit einer

anderen Kultur als der eigenen auseinanderzusetzen. Das Erreichen einer hohen

interkulturellen Kompetenz macht sich bemerkbar, indem bspw. Kenntnisse und ein

weitergehendes Verständnis für Orientierungssysteme der eigenen und fremder Kultur/en

vorliegen und aus dem Vergleich jener Orientierungssysteme Reaktionen und Handlungen

gebildet werden (vgl. Wisiak 2011: 132).

Auch für die interkulturelle Kommunikation ist das bereits beschriebene

Kommunikationsmodell von Paul Watzlawick bedeutend. Es geht um ein Verstehen zwischen

Sender*in und Empfänger*in, aber auch um ein gegenseitiges Verständnis der

Kommunikationspartner*innen. Nicht nur der Inhalt eines Satzes, sondern auch dessen

Bedeutung muss verstanden werden. Um das Verstehen zwischen Menschen mit

unterschiedlichen Sprachen und/oder Kulturen zu erleichtern, werden diverse Methoden wie

Hervorheben wichtiger Aspekte, Übersetzung, Wiederholung in der Muttersprache,

Nachfragen etc. herangezogen. Speziell im medizinischen Kontext ist es für Patient*innen

mit einer anderen Muttersprache als der der behandelnden Ärzt*innen eine Herausforderung,

die eigenen körperlichen Symptome und Beschwerden verständlich darzustellen oder zu

beschreiben und gleichzeitig darauf zu achten, dass psychosoziale Faktoren auch in Bezug

auf körperliche Symptome berücksichtigt werden. Gerade dann, wenn es keine sprachlichen

21

Page 27: bacarbeit

oder kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen den Kommunikationspartner*innen gibt, ist

Empathie für das ärztliche Gespräch die Basis (vgl. Wisiak 2011: 133f.).

Für die interkulturelle Kommunikation in ärztlichen Gesprächen müssen daher folgende

Punkte beachtet werden:

Verständlichkeit – dies bedeutet, dass sowohl Arzt/Ärztin als auch Patient*in die Bereitschaft

haben bzw. zeigen müssen, sich möglichst verständlich auszudrücken.

Bezeichnung eines realen Sachverhaltes – beide Seiten des Arzt-/Ärztin-

Patient*innengespräches müssen tatsächliche somatische Symptome beschreiben und somit

versuchen, so wenig Spielraum für Interpretationen als möglich zu lassen.

Vertrauen – dieses ist die Basis für ärztliche Gespräche. Durch Erfahrungen der

Patient*innen, die sie in ihrer Heimat gemacht haben, kann es zu Missverständnissen bzgl.

der Aufwendungen für den Krankenhausaufenthalt bzw. der Qualität der Betreuung kommen.

Unterschiedlichkeit von Normen- und Wertesystemen können Schwierigkeiten bei der

Interaktion darstellen. So sollte bereits am Anfang des Gespräches damit gerechnet werden,

dass Störungen in der Kommunikation und Missverständnisse auftreten können. Diese

wären dann durch Nachfragen zu beseitigen (vgl. Wisiak 2011: 135f.).

Grundsätzlich sind bei der interkulturellen Kommunikation daher einige Verhaltensweisen

bzgl. der verbalen und der nonverbalen Kommunikation zu berücksichtigen. Es wäre bspw.

wichtig, den Familiennamen des Betroffenen richtig auszusprechen. Als Hilfe könnte man

den jeweiligen Namen auch mit Lautschrift festhalten. Ebenso sollten Sätze klar und deutlich

und so gut als möglich in Alltagssprache formuliert werden. Nachfragen und

Zusammenfassen des Gesagten können ebenfalls Missverständnisse aus dem Weg räumen.

Des Weiteren ist es wichtig, auf ein langsames Sprechtempo und eine niedrige Lautstärke zu

achten, da dies sonst beim Gegenüber durch die Annahme, es handle sich um einen

Konflikt, Unsicherheiten hervorrufen könnte. Außerdem erweist es sich meist als hilfreich,

Anschauungsmaterial wie Abbildungen, Modelle etc. zum Gesagten hinzuzuziehen. Ist ein

Dolmetscher/eine Dolmetscherin anwesend, sollte der Blick jederzeit auf die betroffene

Person gerichtet sein, wobei darauf geachtet werden muss, auf welchen Körperteil man

schaut (vgl. Wisiak 2011: 137).

22

Page 28: bacarbeit

4. STRUKTUREN IM KRANKENHAUS

Im Kapitel Strukturen im Krankenhaus wird auf die Finanzierung des Gesundheitswesens in

Österreich eingegangen und es werden überblicksmäßig drei Berufsgruppen, welche in

Krankenanstalten tätig sind, abgebildet. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Akteur*innen

im Gesundheitssystem wurde von den Autor*innen dieser Arbeit die Hypothese aufgestellt,

dass es auch zwischen diesen leicht zu Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten

kommen kann, welche sich im weiteren Verlauf auf die Versorgung der Patient*innen

auswirken können.

4.1 Aufgabenverteilung und Finanzierung

Das Ziel des österreichischen Gesundheitswesens ist es, einerseits erkrankte Menschen zu

unterstützen, wieder gesund zu werden, und andererseits präventive Maßnahmen zu treffen,

um deren Gesundheit zu fördern und Krankheiten vorzeitig zu vermeiden. Der Großteil der in

Österreich zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel fließt in die Krankenversorgung,

wobei Gesundheitsförderung und Prävention stetig an Bedeutung gewinnen. Die

Gesundheitssicherung liegt in öffentlicher Verantwortung und sieht eine Arbeitsteilung

zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungen und gesetzlichen

Interessenvertretungen (wie z. B. Kammern) betreffend Entscheidungen der österreichischen

Gesundheitsversorgung vor (vgl. Pöttler 2012: 22).

Die Organisation und Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems sind in der

Vereinbarung des Artikels 15a Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und im Finanz-

Verfassungsgesetz geregelt (vgl. Hofmarcher, Rack 2006: 27). Die 15a-B-VG-Vereinbarung

regelt, dass Bund und Länder kooperativ Vereinbarungen über ihre jeweiligen

Wirkungsbereiche schließen (vgl. B-VG 1930: §15a).

Vom Bund und den jeweiligen Bundesländern werden über die Finanzierung der

Krankenanstalten befristete Vereinbarungen beschlossen. Laut Bundesverfassung ist der

Bund für den Großteil aller Bereiche des Gesundheitswesens zuständig. Eine Ausnahme

bilden die Krankenanstalten, bei denen die Länder für Ausführung und Vollziehung der von

Bund beschlossenen Grundsatzgesetze zuständig sind. Die sanitäre Aufsicht über die

Spitäler verbleibt jedoch im Verantwortungsbereich des Bundes (vgl. Hofmarcher, Rack

2006: 32ff.).

Ein Grundprinzip des österreichischen Gesundheitssystems ist die solidarische Finanzierung.

Darunter ist zu verstehen, dass allen Menschen der Zugang zu Gesundheitsleistungen zu

ermöglichen ist, unabhängig von deren Alter, Einkommen, Geschlecht oder Herkunft. Ein

weiteres Kennzeichen ist die Pflichtversicherung, welche den Versicherungsnehmer*innen

23

Page 29: bacarbeit

einen Rechtsanspruch auf die Leistungen des Gesundheitssystems bietet. Die Finanzierung

des Gesundheitssystems setzt sich zusammen aus:

• Sozialversicherungsbeiträgen,

• öffentlichen Geldern und

• privaten Beiträgen. Die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge, welche die Patient*innen zu zahlen haben, ist

einkommensabhängig und die öffentlichen Gelder sind steuerfinanziert. Zu den privaten

Beiträgen können z. B. Selbstbehalte bei stationären Krankenhausaufenthalten und

Rezeptgebühren gezählt werden (vgl. BMG 2013: 20).

Den größten Anteil zur Finanzierung des Gesundheitssystems trugen 2011 mit 45 Prozent

die Krankenversicherungen bei. Im Bereich der Krankenanstalten kommt es zu einer

geteilten Finanzierung zwischen öffentlicher Hand und Sozialversicherung. Insgesamt

wurden im Jahr 2011 76 Prozent der Ausgaben im Gesundheitsbereich aus öffentlichen

Mitteln finanziert. Unter diese fallen die Ausgaben der Sozialversicherungsträger, des

Bundes, der Länder und der Gemeinden. Die restlichen 24 Prozent setzen sich zusammen

aus privaten Ausgaben von Haushalten, Versicherungen, anderen Organisationen und

betriebsärztlichen Leistungen (vgl. BMG 2013: 10ff.). Der höchste Anteil der

Gesamtausgaben fließt in die stationäre Gesundheitsversorgung mit 34 Prozent. Im

Vergleich hierzu werden für Prävention und den öffentlichen Gesundheitsdienst nur zwei

Prozent aufgewendet (vgl. BMG 2013: 19 zit.n. OECD 2011).

4.2 Hierachiesystem

In diesem Kapitel wird auf drei unterschiedliche im Krankenhaus tätige Berufsgruppen und

deren berufliche Rangordnung auch innerhalb ihrer Berufsgruppe im Spitalsalltag

eingegangen. Wegen der verschiedenen Ausbildungen und Spezialisierungen, welche die

unterschiedlichen Akteur*innen, die in Krankenanstalten tätig sind, durchlaufen, wurde durch

die Autor*innen dieser Arbeit die Hypothese aufgestellt, dass auch die unterschiedlichen

Fachsprachen und Kompetenzen zu Sprachbarrieren zwischen den Personalgruppen, aber

auch in der Kommunikation zwischen Patient*innen und deren Angehörigen führen können.

Die hierarchische Organisation des Krankenhauses regelt Verantwortungen, Zuständigkeiten

und Kompetenzen, was ermöglicht, in Notfällen durch Normvorgaben schnell zu handeln

(vgl. Eckhardt 2015: 24).

24

Page 30: bacarbeit

Arzt und Ärztinnen

Eine zentrale Berufsgruppe des Krankenhausalltages sind Ärzt*innen. § 2 des Ärztegesetzes

beschreibt die Tätigkeit von Ärzt*innen folgendermaßen:

„Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen. Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfasst jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere 1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und

psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalie, die krankhafter Natur sind;

2. die Beurteilung von in Z1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;

3. die Behandlung solcher Zustände (Z 1); 4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut; 5. die Vorbeugung von Erkrankungen; 6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen

Fortpflanzungshilfe; 7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinischen diagnostischen

Hilfsmitteln; 8. die Vornahme von Leichenöffnungen. Jeder zur selbstständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten“ (vgl. ÄrzteG 1998). Bei der Berufsausübung von Ärzt*innen kann unterschieden werden zwischen Ärzt*innen für

Allgemeinmedizin, Fachärzt*innen und in Ausbildung stehenden Turnusärzt*innen. Als

Ausbildung haben Ärzt*innen das Diplomstudium der Humanmedizin zu absolvieren und

nachfolgend entweder eine Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin oder zum

Facharzt/zur Fachärztin. Das Diplomstudium der Humanmedizin umfasst zwölf Semester, die

Ausbildung zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin zumindest drei Jahre. Die

Fachärzt*innenausbildung umfasst mindestens sechs Jahre (vgl. BMG 2013a: 9).

Auch zwischen den verschiedenen in Krankenhäusern tätigen Ärzt*innen bildet sich eine

Hierarchie ab.

Nach Schlüter 1992 gliedert sich das ärztliche Hierarchiesystem wie folgt:

1. Ärztliche/r Direktor*in,

2. Oberärzt*innen,

3. Stationsärzt*innen,

4. Assistensärzt*innen und

5. Ärzt*innen im praktischen Jahr (vgl. Eckhardt 2015: 26 zit.n. Schlüter 1992).

Fächärzt*innen sind zur selbstständigen Berufsausübung berechtigt, diese ist jedoch auf

deren Fachbereich beschränkt. Turnusärzt*innen unterstehen in Anleitung und Ausbildung

ausgebildeten Ärzt*innen (vgl. Pöttler 2012: 73).

25

Page 31: bacarbeit

Gesundheits- und Krankenpflegeberufe

Als Rechtsgrundlage dient das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG). Es regelt die

Tätigkeitsbereiche des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und der

Pflegehilfe.

Die Aufgaben des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege gliedern sich in

einen

1. eigenverantwortlichen,

2. mitverantwortlichen und

3. interdisziplinären Tätigkeitsbereich (vgl. GuKG 2009: § 13 f.).

Nach § 14 (1) GuKG fallen unter den eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich:

„[...] die eigenverantwortliche Diagnostik, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller pflegerischen Maßnahmen im intra- und extramuralen Bereich (Pflegeprozess), die Gesundheitsförderung und -beratung im Rahmen der Pflege, die Pflegeforschung sowie die Durchführung administrativer Aufgaben im Rahmen der Pflege“ (GuKG 2009: §14). Unter intramural sind hier Bereiche innerhalb von Krankenanstalten und unter extramural

außerhalb von Krankenanstalten zu verstehen.

„Der mitverantwortliche Tätigkeitsbereich umfasst die Durchführung diagnostischer und

therapeutischer Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung“ (GuKG 2009: §15). Hierbei trägt der

Arzt bzw. die Ärztin die Anordnungsverantwortung und der gehobene Dienst für Gesundheits-

und Krankenpflege die Verantwortung zur Durchführung der Tätigkeiten. Zum

interdisziplinären Tätigkeitsbereich zählt die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheits- und

Krankenpflegeberufen und weiteren Berufen des Gesundheitsbereiches (vgl. GuKG 2009: §

15 f.).

Die Ausbildung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst drei

Jahre und erfolgt an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen bzw. als Bachelorstudiengang

an Fachhochschulen. Es gibt im gehobenen Dienst schon während der Grundausbildung

Spezialisierungen.

Diese unterteilen sich in:

• allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege,

• psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege und

• Kinder- und Jugendlichenpflege.

Mit dem Erwerb von Sonderausbildungen ist es möglich, den Tätigkeitsbereich auch nach

Absolvierung entsprechender Grundausbildungen zu erweitern bzw. für Lehr- und

Führungsaufgaben ausgebildet zu werden (vgl. BMG 2013a: 70ff.).

Der Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe wird im GuKG § 84 beschrieben. Zu ihm gehören

einerseits die Durchführung von pflegerischen Maßnahmen nach Anleitung und unter

Aufsicht des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und andererseits die

26

Page 32: bacarbeit

Mitwirkung an diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Einzelfall, jedoch sind

hierfür eine schriftliche ärztliche Anordnung und die Aufsicht des gehobenen Dienstes für

Gesundheits- und Krankenpflege oder die ärztliche Aufsicht vonnöten. Außerdem umfasst

der Tätigkeitsbereich der Pflegehilfe die soziale Betreuung von Patient*innen und die

Verrichtung von hauswirtschaftlichen Arbeiten.

Die Pflegehilfeausbildung umfasst ein Jahr und ist im Rahmen von Pflegehilfelehrgängen zu

absolvieren. Der Lehrgang wird mit einer kommissionellen Abschlussprüfung abgeschlossen

(vgl. BMG 2013a: 81).

Die drei vorgestellten Berufsgruppen sind noch lange nicht alle Berufsgruppen, welche im

stationären und ambulanten Krankenhausalltag tätig sind. In den unterschiedlichen

Berufsbildern wird jedoch deutlich, wie sehr die verschiedenen Akteur*innen aufeinander

angewiesen sind und miteinander kooperieren müssen, um den Patient*innen die

bestmögliche Behandlung zu bieten. Auch auf die unterschiedlichen Kommunikationsformen

(schriftlich bzw. „face-to face“) wird gesetzlich verwiesen.

4.3 Patient*innensystem

Das Patient*innensystem wird in Österreich bundesweit geregelt und ist somit im ganzen

Land gleich. Es ist auch bekannt als Zweiklassensystem:

• allgemeine Klassen

• Sonderklassen

Den allgemeinen Klassen werden all jene zugewiesen, die in Österreich über eine

Sozialversicherung verfügen. Das trifft auf den Großteil der Bevölkerung zu, jedoch nicht auf

alle Menschen in Österreich.

In manchen Krankenhäusern wie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien gibt es

für diese Menschen eine Ambulanz für Nichtversicherte. In dieser Abteilung werden auch

Menschen ohne Versicherung, unabhängig von Herkunft und Religionszugehörigkeit,

behandelt.

Für die Sonderklassen sind nur all jene berechtigt, die über eine Zusatzversicherung

verfügen oder selbst bezahlen. Die Patient*innen der Sonderklasse werden medizinisch in

der Regel nicht besser behandelt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sowohl für ihre

Begutachtung und Behandlung mehr Zeit aufgewendet wird.

4.4 Externe Institutionen

Die Soziale Arbeit hat mit unterschiedlichsten Organisationen und Institutionen in Kontakt zu

treten. Eine große Rolle spielt dabei der Aufenthalt nach der Zeit im Krankenhaus.

27

Page 33: bacarbeit

Zur sozialen Beratung, die als Aufgabenbereich der Krankenhaussozialarbeiter*innen

definiert ist, stehen die „akuten, krankheits- und behandlungsbedingten, sozialen,

persönlichen und finanziellen Schwierigkeiten von PatientInnen im Vordergrund“ (Dieplinger

2008: 27).

Fragen, die sich auf die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt beziehen, werden von

unterschiedlichsten Institutionen beantwortet. Die Soziale Arbeit hat die Aufgaben, die

Patient*innen über die Institutionen zu informieren und wenn nötig, den Kontakt

aufzunehmen und einzuleiten. Dadurch entsteht ein wechselseitiger Informationsfluss

zwischen dem Krankenhaus und den externen Institutionen wie Pflegeheimen oder der

Heimhilfe. Wenn dieser Informationsaustausch gut funktioniert, kann ein organisiertes Leben

der Patient*innen nach deren Krankenhausaufenthalt gewährleistet werden (vgl. Dieplinger

2008: 26).

In dieser Schnittstelle kann es passieren, dass Komplikationen auftreten. Um dies zu

vermeiden, sollten sich alle an der Zusammenarbeit beteiligten Akteur*innen kennen,

Fähigkeiten sowie Angebote von allen Seiten aus sollten regelmäßig mitgeteilt werden und

ein allgemein gültiger Überblick über das gesamte Versorgungsnetz erspart weitere

Schwierigkeiten (vgl. Dieplinger 2008: 27).

Nicht nur die Patient*innen selbst leiden an einer schlechten Kommunikation zwischen den

Institutionen. Auch „ineffizientes Arbeiten, Spannungen im Team, Verschwendung von

Ressourcen“ (Kiessling 2014: 100) können Folgen eines mangelhaften Austausches

zwischen den Organisationen hervorrufen. Die Probleme liegen großteils im

Zeitmanagement, am mangelnden Informationsfluss sowie an unklaren Entscheidungen oder

am Ausgrenzen von beteiligten Akteur*innen (vgl. Kiessling 2014: 100).

Zu den Gründen, welche durch die betroffenen Institutionen ausgelöst werden, zählen laut

(Kiessling 2014: 101 zit.n. Manser 2009) Einstellung, Intoleranz und Klischees im Bezug auf

andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen, verschiedenen Konzepte die Krankheit und

Gesundheit betreffen, unterschiedliche Fachsprachen und Ansichten bzw. Anforderungen an

die Hilfe betreffend der Patient*innen.

Um dem entgegenzuwirken und die Qualitätsstandards im Bezug auf die Kooperation mit

externen Institutionen aufrecht zu erhalten, gibt es einige Richtlinien.

„Jährliche Treffen mit Verantwortlichen von Pflegeheimen, Rehabilitationskliniken und sonstigen Institutionen, persönlicher Kontakt zu allen wichtigen Kooperationspartnern und regelmäßige, persönliche Gespräche zur Verbesserung der regionalen Angebote und zur Erweiterung der jeweiligen Sichtweise“ (Dieplinger 2008: 26 zit.n. Tros 1999: 15), sollten daher auf der Tagesordnung der Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus stehen.

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Page 34: bacarbeit

5. ZWISCHENFAZIT

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Fragestellungen „Was kann Soziale

Arbeit zur Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Wiener

Krankenhäusern beitragen? Was sind aktuelle Unterstützungsmittel bzgl. Schwierigkeiten im

Sprachverständnis für die Soziale Arbeit in Wiener Krankenhäusern?“ auf einen sehr

komplexen Themenbereich beziehen. In jedem Teilbereich sind die Autor*innen zur

Erkenntnis gekommen, dass es sich dabei um ein breit gefächertes Spektrum an

Informationen handelt. So konnten die Tatsachen erarbeitet werden, dass es für jede Art von

Kommunikation ein minimales Quantum an kognitiven bzw. motorischen Voraussetzungen

braucht. Ebenso ist für eine erfolgreiche Interaktion auch das Verstehen und Sprechen einer

gemeinsamen Sprache notwendig. Um eine gut funktionierende Kommunikation zu

gewährleisten, gibt es eine Vielzahl an Methoden. Im Zuge dessen haben sich die

Autor*innen damit beschäftigt, ein angebrachtes Kommunikationsmodell zur jeweiligen

Situation zu finden. Des Weiteren konnte ein Einblick in das „System Krankenhaus“ bereitet

werden. Im Zusammenhang damit kamen folgende Fragen auf: Gibt es im Krankenhaus

eine „bewusstes missverstehen“? Verursacht womöglich eine ablehnende Haltung seitens

der Ärzt*innen den Patient*innen gegenüber Kommunikationsbarrieren? Oder wird im

Krankenhaus generell nicht adäquat kommuniziert, da der Schwerpunkt auf einer möglichst

schnellen Behandlung von Krankheiten liegt? Die anfangs gestellte Frage, durch welche

Unterstützungsmittel Kommunikation gefördert werden kann, konnte jedenfalls unter

anderem durch die Schlussfolgerung, dass eine einheitliche Gebärden- oder Bildsprache

regelmäßig von Betreuungspersonen praktiziert werden sollte, beantwortet werden.

Zusätzlich wäre es von Vorteil, wenn Krankenhaussozialarbeiter*innen diese vereinfachte

Gebärdensprache zumindest zum Teil beherrschen würden. Dies ist jedoch kritisch zu

betrachten, da diese Gebärdensprache Begriffe aus Alltagssituationen beinhaltet und es

somit schwierig werden könnte, weitere Vorgehensweisen, z. B. wie finanzielle

Unterstützungsmittel zu beantragen sind, zu erklären. Um Kommunikationsschwierigkeiten

zu minimieren, stellen Dolmetscher*innen ein weiteres Hilfsmittel dar. Diese Aufgabe wird –

wie aus einem der Expert*inneninterviews hervorging – unter anderem durch das

krankenhausinterne Personal gelöst, da beim Einsatz eines/r professionellen

Dolmetsches/Dolmetscherin zusätzliche Kosten anfallen würden. Das Übernehmen dieser

Aufgabe durch interne Abwicklung bringt jedoch aufgrund von Zeitmangel und

Unerreichbarkeit einen nicht immer reibungslosen Ablauf mit sich. Durch die neuen Medien

besteht die Möglichkeit, kommunikativen Problemen durch Hilfe von außen (z. B.:

Dolmetsch auf Bereitschaft) entgegenzuwirken.

29

Page 35: bacarbeit

Im Zuge der Forschung fand eine Sensibilisierung bzgl. verschiedener Formen von Sprach-

und Kommunikationsbarrieren statt, welche von den Autor*innen somit leichter zu erkennen

sind. Dies macht es möglich, jene folglich zu verringern.

Da im Feldkontakt in Erfahrung gebracht wurde, dass Menschen mit einer Behinderung

bereits ausreichend in das System der Behindertenhilfe integriert sind. Da die Autor*innen

dieser Arbeit davon ausgehen, dass Missverständnisse und Kommunikationsbarrieren im

Krankenhausalltag ohnehin auftreten, diese jedoch durch „verschieden-sprachige“

Hintergründe der Kommunikationspartner*innen verstärkt auftreten, haben sich die

Autor*innen dieser Arbeit dazu entschlossen, den Fokus des Projektes auf den Bereich

Migration und die damit verbundenen Sprach- und Kommunikationsbarrieren im

Krankenhaus zu legen. Aufgrund des derzeitigen Bürgerkrieges in Syrien und der damit

verbundenen Fluchtbewegung nach Europa, unter anderem nach Österreich, wird der

Schwerpunkt auf syrische Asylwerber*innen gesetzt, Dies je nach Bedarf als ehrenamtliche

Dolmetscher*innen in Wiener Krankenhäusern fungieren sollen. Diese Idee wird vorerst als

Pilotprojekt gestartet und könnte bei erfolgreicher Umsetzung ausgebaut und weitergeführt

werden. Die Planung des Pilotprojekts wird in den folgenden Kapiteln beschrieben.

Abschließend ist zu sagen, dass die Autor*innen dieser Arbeit einen facettenreichen Einblick

in dieses Gebiet erhielten, und sie sich somit eine gute Basis für die weitere empirische

Forschung schaffen konnten.

Um mit den Projektarbeiten zu beginnen, mussten vorerst rechtliche Informationen zum

Arbeitsrecht von Aslywerber*innen eingeholt werden.

30

Page 36: bacarbeit

6. EMPIRISCHER TEIL

6.1 Forschungsdesign

Um das Thema der Arbeit bzw. die Forschungsfrage „Was kann Soziale Arbeit zur

Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Wiener Krankenhäuser

beitragen?“ bestmöglich zu erforschen, haben die Autor*innen zwei Interviews und ein Go-

Along abgehalten. Das Forschungsfeld begrenzt sich lokal auf die Stadt Wien und thematisch

auf Sprach- und Kommunikationsbarrieren im Zusammenhang mit Migration.

In der ersten Feldphase wurden die zwei Interviews jeweils mit einer Sozialarbeiterin

durchgeführt. Das erste Interview fand am 13.05.2015 zwischen 14:00 und 15:00 Uhr im

Wilhelminenspital mit einer zuständigen Sozialarbeiterin der Kinder- und Jugendheilkunde

statt. Die beiden Interviewerinnen waren Claudia Mayr und Katharina Möstl.

Das zweite Interview fand am 09.06.2015 im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder mit

einer der dort tätigen Sozialarbeiter*innen statt. Dieses Interview dauerte rund 60 Minuten.

Die Interviewer*innen waren Anja Dihanits und Benedikt Froschauer. Für diese beiden

Interviews wurde von den Autor*innen dieser Arbeit im Vorfeld ein ausführlicher

Interviewleitfaden mit Fragen zum Thema Sprach- und Kommunikationsbarrieren im

Krankenhaus erstellt.

Die beiden Interviews wurden anschließend mithilfe der „Auswertungsmethode nach

Mayring“ ausgewertet. Bei dieser Auswertungsmethode geht es darum, das Interview in

Kategorien einzuteilen und anschließend bestmöglich zusammenzufassen. Die

Auswertungsmethode gliedert sich in drei Arbeitsschritte:

Kategorienentwicklung

Die Kategorienentwicklung beginnt mit dem Zusammenfassen bzw. Paraphrasieren des

Interviews. Aus dem Gesprochenen werden Fakten und Kernaussagen herausgearbeitet und

in einer anderen Wortwahl wiedergegeben. Im Schritt der Generalisierung wird der Textinhalt

auf ein qualitativ höheres Niveau angehoben. Im letzten Schritt der Kategorienentwicklung,

dem Reduzieren, werden inhaltsidente Aussagen weggestrichen und textähnliche Passagen

zusammengefasst (vgl. Kolland 2015: 42ff.). In diesem Schritt entstehen die Hauptkategorien

des Kategorienbaums.

31

Page 37: bacarbeit

Kategorienanalyse

Im Arbeitsschritt der Kategorienanalyse werden zu den Hauptkategorien passende

Unterkategorien gebildet. Es ist möglich, dass eine Unterkategorie bei verschiedenen

Hauptkategorien aufscheint. Des Weiteren erfolgt eine Selektion jener Interviewpassagen,

die nicht in den Kategorien aufscheinen. Ausschließlich Kernaussagen bleiben erhalten (vgl.

Kolland 2015: 55).

Kategorienvergleich

Kernaussagen werden in Bezug auf das gesamte Interview verglichen und

Übereinstimmungen bzw. Widersprüche werden dargestellt (vgl. Kolland 2015: 56).

Um die Kategorisierung zu veranschaulichen, wurde sie in Form eines Kategorienbaumes

visualisiert.

In der zweiten Feldphase wurde ein weiterer Einblick in das Feld geschaffen. Am 24.11.2015

wurde von zwei Autorinnen dieser Arbeit ein Go-Along in einem Wiener Krankenhaus

durchgeführt. Unter einem Go-Along versteht man eine begleitende Beobachtung. Die

Autorinnen hatten die Möglichkeit, von 07:30 bis 11:00 eine Krankenhaussozialarbeiterin in

der Praxis zu begleiten. Dabei war es den Autorinnen erneut möglich, diverse Fragen zu

stellen.

Formen der Beobachtung

Da die Sozialarbeiterin über die Umstände der Beobachtung aufgeklärt wurde, handelt es

sich um eine offene Beobachtung (vgl. Kolland 2015: 6). Bei dieser Beobachtungsform

besteht die Möglichkeit, dass der/die Beobachtete durch das Wissen der Beobachtung eine

32

Page 38: bacarbeit

unnatürliche bzw. veränderte Haltung einnimmt (vgl. Kolland 2015: 11). Aufgrund der

Tatsache, dass die Beobachterinnen die Sozialarbeiterin bei ihrem Arbeitstag aktiv

begleiteten, liegt eine teilnehmende Beobachtung vor. Da das Go-Along im gewohnten

Umfeld der Krankenhaussozialarbeiterin stattfindet, handelt es sich um eine

Feldbeobachtung, welche nach dem Schema einer unstrukturierten Beobachtung

durchgeführt wird (vgl. Kolland 2015: 6). In dieser Beobachtung integrieren sich die

Forscherinnen in die natürliche Lebenswelt der Sozialarbeiterin (vgl. Kolland 2015: 10). Den

Partizipationsgrad der Beobachterinnen bezeichnet man als „observer as participant“. Die

Beobachterinnen sind hier in erster Linie auf die Tätigkeiten der zu beobachtenden

Sozialarbeiterin fokussiert. Sie versuchen jedoch, sich mit passenden Fragen zum Feld in

das Umfeld zu integrieren (vgl. Kolland 2015: 8).

6.2 Reflexion des ersten Interviews

Vorbereitung

Das erste Interview im Rahmen dieser Forschung wurde im Wilhelminenspital in der

Montleartstraße 37 in 1160 Wien durchgeführt. Träger ist der Wiener Krankenanstalten

Verbund.

Die Kontaktaufnahme mit einer Sozialarbeiterin des Wilhelminenspitals erfolgte per E-Mail.

Aufmerksam wurden die Interviewerinnen auf die Interviewpartnerin über die Website des

Wilhelminenspitals, auf welcher die Kontaktdaten der Krankenhaussozialarbeiterin der

Kinder- und Jugendstation angegeben waren.

Für die Interviewerinnen war es das erste Interview im Rahmen einer Forschung. Daher

wussten sie auch nicht genau, was auf sie zukommen würde. Es gab Bedenken darüber, ob

das Interview auch lang genug dauern oder ob es zu lange Sprechpausen geben würde.

Beim Wilhelminenspital angekommen, mussten die Interviewerinnen erst den Pavillon

suchen, in dem sich das Büro der Krankenhaussozialarbeiterin befand. Da das

Wilhelminenspital in viele unterschiedliche Pavillons aufgeteilt ist, war es gar nicht so

einfach, sich zu orientieren. Was nach Auffinden des richtigen Pavillons auffiel, war, dass

sich das Büro im Dachgeschoss eines mehrstöckigen Pavillons befand und die

Interviewerinnen in diesem Bereich keinen Lift sahen und diesen Sachverhalt als eine

mögliche Barriere für manche Klient*innen der Sozialarbeit wahrnahmen.

Die Methodik des Interviews war ein leitfadengestütztes Expert*inneninterview. Der Leitfaden

wurde im Rahmen des Seminars „Forschung und Projektentwicklung. Hilflos im

Krankenhaus? Herausforderungen an die klinische Sozialarbeit“ von den vier Autor*innen

dieser Arbeit erstellt. Aufgrund des Forschungsinteresses „Was kann Soziale Arbeit zur

Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren in Wiener Krankenhäusern

33

Page 39: bacarbeit

beitragen?“ wurde der Leitfaden mit dem Fokus auf die Themengebiete „Migration“ und

„Menschen mit Behinderungen“ erstellt.

Durchführung des Interviews

Aufgrund der Durchführung des Interviews auf einer Kinder- und Jugendstation waren eher

Fragen über Migration relevant, was von den Interviewer*innen zuvor zu wenig bedacht

worden war. Dies brachte ein wenig Verwirrung in die Interviewsituation. Auch die Tatsache,

dass vor dem Interview nicht genau eingegrenzt wurde, welche Arten von Behinderungen

(bezogen auf Sprache) für die Forschung von Bedeutung sind, führte zwischendurch

kurzzeitig zu einem „Rollentausch“, bei dem die Interviewte zur Interviewerin wurde und die

Interviewerinnen zu den Interviewten.

Im Interview wurde das Thema Dolmetsch angesprochen, was die Autor*innen dieser Arbeit

auf die Idee brachte, sich im Rahmen der Forschung unter anderem mit diesem Thema zu

beschäftigen.

Fazit

Zusammenfassend ist zu sagen, dass vonseiten der Interviewten ein großes Interesse an

dieser Forschungsarbeit, den Ergebnissen und dem daraus entstehenden Projekt gezeigt

wurde. Trotz des Leitfadens, war es wichtig, flexibel zu bleiben, da manche Fragen schon

beantwortet waren, bevor sie gestellt wurden.

Die Bedenken, das Interview könnte zu kurz werden, wurden nicht bestätigt. Wäre ein

größerer Zeitrahmen da gewesen, hätte das Interview sehr wahrscheinlich noch länger

gedauert.

6.3 Reflexion des zweiten Interviews

Vorbereitung

Das Interview fand im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder am 09.06.2015 von 13:30 Uhr

bis 14:30 statt. Das Krankenhaus liegt am Johannes-von-Gott-Platz 1 im 2. Wiener

Gemeindebezirk.

Aufgrund einer Exkursion im ersten Semester gab es bereits Kontakt zum Team der

Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus. Die erneute Kontaktaufnahme erfolgte telefonisch und

die Interviewanfrage wurde herzlich entgegengenommen.

Die Interviewer*innen beschlossen schon vorab, das Gespräch mit einem Handy

aufzunehmen. Trotzdem gab es anfänglich Bedenken bzgl. eines reibungslosen Ablaufes.

34

Page 40: bacarbeit

Außerdem beschäftig die Interviewer*innen der Gedanke über eine eventuell schlechte

Tonqualität der Amateuraufnahmen. Diese Sorgen bestätigten sich glücklicherweise nicht.

Die Interviewer*innen erkundigten sich an der Pforte im Eingangsbereich über den genauen

Standort der Krankenhaussozialarbeit. Dank der guten Auskunft konnte das Büro der

Sozialarbeiter*innen problemlos gefunden werden. Die Interviewer*innen mussten jedoch

einige Minuten warten, bis die zuständige Sozialarbeiterin ihren vorigen Termin

abgeschlossen hatte.

Durchführung des Interviews

Im Laufe des Interviews stellte sich heraus, dass vor allem im Migrationsbereich Sprach- und

Kommunikationsbarrieren auftreten. Diese werden momentan fast ausschließlich durch

internes Personal zu beheben versucht. Wenn kein Personal zur Verfügung steht, wird ein

externer Dolmetsch kontaktiert. Im Bereich Behinderung schilderte die Interviewte eigentlich

keine Probleme. Für gehörlose Menschen besteht aber die Möglichkeit, die

Gehörlosenambulanz im Haus aufzusuchen, die von einem gehörlosen Sozialarbeiter betreut

wird.

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Bereich Migration mehr Sprach- und

Kommunikationsbarrieren mit sich bringt als der Bereich der Behinderung. Die persönliche

Schlussfolgerung der Interviewer*innen war, dass es notwendig wäre, internes

Krankenhauspersonal von den Pflichten des/der Dolmetschers/Dolmetscherin zu entlasten.

6.4 Interviewauswertungen

Im Vorfeld der Interviews wurde von den Autor*innen dieser Arbeit gemeinsam ein

Interviewleitfaden ausgearbeitet, in welchem der Schwerpunkt auf Sprach- und

Kommunikationsbarrieren im Krankenhaus gelegt wurde. Aufgabenbereiche der

Sozialarbeit*innen, kommunikative Herausforderungen mit Patient*innen und anderen

Krankenhausakteur*innen sowie allgemeinere Fragen waren konkrete Themen des

Leitfadens. Aufgrund des ausführlich gegliederten Aufbaus war es den Interviewer*innen

selbst bei abschweifenden Antworten der Befragten möglich, wieder zum Ursprungsthema

zurückzukehren. Durch die oftmals sehr breit gefächerten Antworten der Sozialarbeiter*innen

kamen aber neue und sehr interessante Aspekte zum Vorschein. Bei der Transkription sind

die Interviewer*innen zur Erkenntnis gekommen, dass es häufig große

Auffassungsunterschiede zwischen gesprochenem und geschriebenem Wort gibt. Mithilfe

35

Page 41: bacarbeit

der Auswertungen der Interviewtranskriptionen konnten diese behoben werden: Die

Transkriptionen wurden jeweils von jenen Interviewer*innen ausgewertet, die das Interview

nicht geführt hatten, um Unklarheiten zu beheben.

Krankenhaussozialarbeiter*innen

Aufgabenbereiche, Team und Rolle der Krankenhaussozialarbeiter*innen

Die interviewte Sozialarbeiterin des Wilhelminenspitals ist für die Kinder- und

Jugendabteilungen zuständig, von der Neonatologischen Intensivstation bis hin zur Arbeit mit

Kindern mit verschiedensten Infektionserkrankungen. Des Weiteren hat das Krankenhaus

einen Schwerpunkt im Bereich der Psychosomatik (Säuglingspsychosomatik) (vgl. I1 2015:

11 ff.).

In erster Linie zählen Beratung, Information, Begleitung sowie Krisenintervention zu den

wesentlichsten Aufgaben der Krankenhaussozialarbeiterin. Ein Fokus wird dabei auf die

soziale Dimension der Krankheit gelegt. Dadurch wird versucht, den Genesungsprozess zu

fördern und die psychosoziale Situation bestmöglich zu beachten (vgl. I1 2015: 15 ff.).

Je nach Fallgeschichte ist eine Vernetzung mit externen Institutionen, wie z. B. der Kinder-

und Jugendhilfe, nötig (vgl. I1 2015: 23 f.).

Zu den Aufgaben der Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien

gehört die Beratung von Patient*innen und deren Angehörigen. Ein wesentliches Thema der

Beratungsgespräche ist, wie es nach der Entlassung der Patient*innen aus dem

Krankenhaus weitergehen soll und welche Unterstützungsmittel bzw. sozialen Dienste dann

zur Verfügung stehen können bzw. werden. Des Weiteren unterstützen die

Sozialarbeiter*innen die Patient*innen beim Stellen diverser Anträge, wie z. B. für Pflegegeld

oder Pflegeheime. Sie sind für das gesamte Krankenhaus zuständig (vgl. I2 2015: 15ff.).

Eine weitere Aufgabe der Sozialarbeiter*innen ist es, Zeit für die Patient*innen zu haben und

mit ihnen Gespräche zu führen, da dafür durch die Mehrbelastung auf den Stationen seitens

des medizinischen Personals oft nicht genügend Zeit bleibt. Dafür werden die

Sozialarbeiter*innen von den Patient*innen wertgeschätzt (vgl. I2 2015: 165ff.).

In Ausnahmefällen arbeiten die Sozialarbeiter*innen auch mit nicht-krankenversicherten

Patient*innen von den Ambulanzen, indem sie diese über Organisatorisches wie bspw. einen

Pflegegeldantrag informieren (vgl. I2 2015: 211ff.).

Das Team der Sozialarbeiter*innen besteht aus zwei vollzeittätigen Sozialarbeiter*innen,

zwei, die Teilzeit arbeiten und einem Sozialarbeiter auf der Gehörlosenambulanz, der

unabhängig von den anderen Sozialarbeiter*innen tätig ist (vgl. I2 2015: 306ff.). Eine Kollegin

der Interviewpartnerin, welche die Gebärdensprache beherrscht, arbeitet zusammen mit dem

Gebärdendolmetscher auf der Gehörlosenambulanz (vgl. I2 2015: 350ff.). Laut Aussage der

36

Page 42: bacarbeit

Interviewpartnerin, haben Patient*innen kein Problem damit, dass es keinen männlichen

Sozialarbeiter außerhalb der Gehörlosenambulanz gibt (vgl. I2 2015: 311f.). Innerhalb des

Teams herrscht ein gutes Arbeitsklima (vgl. I2 2015: 313ff.).

Die Sozialarbeiter*innen arbeiten unabhängig von anderen Berufsgruppen im Krankenhaus.

Das Team ist basisdemokratisch und organisiert sich Großteils selbst. Dennoch gibt es eine

höhere Instanz, nämlich die kaufmännische Leitung. Diese bezeichnet die Interviewpartnerin

als „formellen Chef“ (vgl. I2 2015: 334ff.).

Akteur*innen

Zielgruppe der Krankenhaussozialarbeiter*innen und Personal

Zu den wichtigsten Zielgruppen der Sozialarbeiterin im Wilhelminenspital zählen Kinder und

Jugendliche mit unterschiedlichen Krankheitsbildern (vgl. I1 2015: 7ff.). Auch mit der

Obsorge betraute Personen, bzw. im Falle von Fremdunterbringungen andere

Bezugspersonen der Patient*innen, zählen zu einer zentralen Zielgruppe (vgl. I1 2015: 27

ff.). Ebenso werden Menschen mit Behinderung und Personen mit Migrationshintergrund von

der Krankenhaussozialarbeiterin zu ihren Klient*innen gezählt. Abgesehen von den

Krankheiten der Kinder kommen familiäre Probleme wie Gewalt, Wegweisungen,

Überforderung etc. zum Vorschein, für die ebenfalls die Sozialarbeiterin im Krankenhaus

zuständig sind (vgl. I1 2015: 37 ff.).

Die Zusammenarbeit zwischen Ärzten/Ärztinnen, Pflegepersonal, Sozialarbeiter*innen,

Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Psycholog*innen und Verwaltungspersonal

funktioniert grundsätzlich gut. Der reibungslose Ablauf einer großen Institution wie einem

Krankenhaus hängt laut der Sozialarbeiterin von der Kooperation zwischen den einzelnen

Berufsgruppen ab (vgl. I1 2015: 175 ff.). Diese zeigt sich z. B. bei der „Überweisung“ von

Patient*innen von Ärzten/Ärztinnen bzw. dem Pflegepersonal zur Sozialarbeiterin.

Aufgrund der multiplen Problemlagen vieler Klient*innen müssen unterschiedlichste Faktoren

beachtet werden, die von den diversen Professionen bearbeitet werden müssen. Somit wird

versucht, das bestmögliche Ergebnis für die Betroffenen zu gewährleisten. Um die einzelnen

Arbeitsschritte zu überschneiden und die Komplexität der Fälle beachten zu können, bedarf

es einer guten Zusammenarbeit zwischen den Akteur*innen des Krankenhauses (vgl. I1

2015: 200 ff.).

Ebenso spielt Zeitmanagement eine wichtige Rolle. Grundsätzlich ist die befragte

Sozialarbeiterin mit der Zeiteinteilung auf den Kinderstationen zufrieden. Auch die

Ärzte/Ärztinnen nehmen sich auf diesen Stationen ausreichend Zeit für Gespräche mit den

Kindern und deren Angehörigen (vgl. I1 2015: 135 ff.). Ärzte/Ärztinnen und das

Pflegepersonal haben bei der Behandlung der Patient*innen einen anderen Zugang, da das

37

Page 43: bacarbeit

Krankheitsbild für sie im Vordergrund steht. Dennoch sollte aus Sicht der Sozialarbeiterin

auch in diesen Situationen mehr Zeit für Gespräche und Betreuung beansprucht werden (vgl.

I1 2015: 151 ff.). Probleme im Zeitmanagement sieht die Sozialarbeiterin des

Wilhelminenspitals eher auf den Erwachsenenstationen, da der Fokus hier ausschließlich auf

die Patient*innen gerichtet wird und laut Interviewpartnerin kaum weitere Zeit für Gespräche

mit Angehörigen eingeplant wird. Außerdem wird auf Stationen in Erwachsenenabteilungen

wegen Ressourcenknappheit schneller gearbeitet (vgl. I1 2015: 142 ff.).

Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder sind die Zielgruppen, mit welchen die

Krankenhaussozialarbeiter*innen in Kontakt kommen, sehr unterschiedlich. Ein großer Teil

der Klient*innen sind alte Menschen mit Pflegebedarf und verschiedenen Erkrankungen.

Jedoch arbeiten sie auch mit jungen Patient*innen mit z. B. Substanzabhängigkeiten oder

psychischen Erkrankungen. Ebenso sind obdachlose Klient*innen ein Teil der Zielgruppe.

Eine Besonderheit des Krankenhauses ist, dass auch nicht-krankenversicherte Menschen

aufgenommen werden (vgl. I2 2015: 55ff.). Oft sind die nicht-krankenversicherten

Patient*innen Migrant*innen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Bei dieser

Klient*innengruppe spielen Fragen zum Thema materielle Grundsicherung im

Zusammenhang mit der Versicherung eine wichtige Rolle (vgl. I2 2015: 68ff.). Bei den

Barmherzigen Brüdern gibt es eine Ambulanz für Menschen mit Mehrfachbehinderungen. Mit

Menschen mit Behinderung arbeiten die Sozialarbeiter*innen jedoch eher selten, da diese

meist besachwaltet bzw. gut ins System der Behindertenhilfe integriert sind. (vgl. I2 2015:

78ff.). Des Weiteren gibt es eine Gehörlosenambulanz, ein Sozialarbeiter spricht die

Gebärdensprache und kann somit dolmetschen (vgl. I2 2015: 100ff.).

Es gibt zwei mögliche Tage in der Woche, an denen Teambesprechungen stattfinden

(Dienstag und Donnerstag). Diese wöchentliche, einstündige Sitzung ist wichtig, da alle

Berufsgruppen jeder Station dabei sind, die mit den Patient*innen zusammenarbeiten (vgl. I2

2015: 237ff.). Einzelne Personen unter den Mitarbeiter*innen empfinden die Sozialarbeit als

unwichtig und kommunizieren daher nicht gut mit den Sozialarbeiter*innen (vgl. I2 2015:

181ff.). Eine Strategie der Sozialarbeiter*innen ist es daher, mit den Personen zu

kommunizieren, mit denen sie sich gut verstehen (vgl. I2 2015: 185ff.).

Die Sozialarbeiter*innen haben keine bestimmten Personen als Klient*innen, es wird mit

jedem gearbeitet, der gerade Bedarf hat. Allerdings wird darauf geachtet, dass Personen,

welche die Krankenhaussozialarbeit bereits beansprucht haben, bei erneuter Aufnahme ins

Krankenhaus wieder von der-/demselben Sozialarbeiter*in betreut werden wie beim letzten

Mal (vgl. I2 2015: 297ff.).

38

Page 44: bacarbeit

Organisatorisches

Kontaktaufnahme und Finanzierung

Die Kontaktaufnahme zwischen den Patient*innen bzw. deren Angehörigen und den

Sozialarbeiter*innen des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder erfolgt z. B.:

• persönlich über das Stationspersonal (welches über die vorhandene Sozialarbeit

informiert bzw. die Patient*innen zu den Sozialarbeiter*innen zuweist),

• „face-to-face“ durch Anklopfen der Klient*innen/Angehörigen an die Tür des Büros der

Sozialarbeiter*innen,

• medial mittels Telefon bzw. über Informationsblätter und Broschüren vor dem Büro

der Sozialarbeiter*innen und

• massenmedial öffentlich über einen Verweis über die vorhandene Sozialarbeit auf der

Homepage des Krankenhauses (vgl. I2 2015: 31ff.).

Wann die Sozialarbeit einbezogen wird, ist von der gesundheitlichen Entwicklung der

Patient*innen abhängig. Oft dauert es einige Wochen, bis die Patient*innen die Soziale Arbeit

beanspruchen können. Diese wird hinzugezogen, wenn Patient*innen vor der Entlassung

stehen (Entlassungsmanagement) (vgl. I2 2015: 196ff.).

Für Patient*innen und für Sozialarbeiter*innen werden Fortbildungen, Workshops und

Arbeitskreise angeboten, welche die Leitung des Krankenhauses finanziert. Wenn das

Personal Workshops außerhalb des Krankenhauses machen will, muss erst um die

Finanzierung angefragt werden (vgl.I2 2015: 250ff.).

Sprache

Sprachbarrieren und Hilfsmittel zur Überwindung

Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder teilte die Interviewpartner*in mit, dass

Sprachprobleme beim Klient*innenkontakt auftreten, wenn Patient*innen oder deren

Angehörige nicht deutsch sprechen würden. Oft würden dann die Familien und sogar Kinder

dolmetschen. Es wäre jedoch nicht von Vorteil, wenn diese Personen die Betroffenen über

z. B. eine Krebserkrankung zu informieren hätten. Das Überbringen tödlicher Erkrankungen

sei auch dem Personal nicht immer zumutbar (vgl. I2 2015: 108ff.).

Unterstützungsmittel zur Überwindung von Sprachbarrieren, welche im Krankenhaus der

Barmherzigen Brüder zur Verfügung stehen, sind z. B.:

• dolmetschende Angehörige der Patient*innen,

• mehrsprachiges dolmetschendes (ärztliches und pflegerisches) Krankenhauspersonal

• und gegebenenfalls externe Dolmetscher*innen (vgl. I2 2015: 78ff.).

39

Page 45: bacarbeit

Auch ist es angedacht, Workshops für ein paar dolmetschende Mitarbeiter*innen bzgl.

Information über tödliche Erkrankungen zu organisieren (vgl. I2 2015: 108ff.).

Die Aufklärung der Patient*innen über die Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten wird

von der Interviewpartnerin als wichtig angesehen. Deshalb gibt es Arbeitskreise für

Patient*innen, in denen diese über ihre Erkrankung aufgeklärt werden sollen. Die Aufklärung

der Patient*innen, speziell bei schweren Erkrankungen wie Krebs, wäre laut der

Interviewpartnerin vor allem seitens der Ärzte und Ärztinnen verbesserungswürdig (vgl. I2

2015: 269ff.). Die Sozialarbeiterin: „Nein, also das Einzige, das [kann] man eben sicher

verbessern“ kann, „das ist die Aufklärung der Patienten“ (I2 2015: 269f).

Des Weiteren gibt es Fortbildungen und Workshops, um Dolmetscher*innen auszubilden.

Es existieren aber noch nicht viele Hilfsmittel für eine förderliche Kommunikation (vgl. I2

2015: 250ff.).

Das wichtigste und meist eingesetzte Hilfsmittel in Bezug auf Kommunikations- und

Sprachprobleme im Wilhelminenspital sind Dolmetscher*innen. Es besteht die Möglichkeit,

durch Angehörige zu dolmetschen sowie personalinterne Dolmetscher*innen zu kontaktieren.

Beim Dolmetsch im Verwandtschaftskreis werden aufgrund von zu starker seelischer

Belastung keine Kinder mit einbezogen. Die personalinternen Dolmetscher*innen sind auf

einer Liste mit Kontaktdaten vermerkt und können bei Bedarf zur Unterstützung gerufen

werden (vgl. I1 2015: 252 ff.).

Ist eine gemeinsame Sprachbasis nicht bzw. kaum gegeben, ist die Verwendung von

Bildwörterbüchern laut der Interviewpartnerin zu wenig. Sie würde eine/n Dolmetscher*in

bevorzugen. Eine visuelle Darstellungsmöglichkeit, die sie verwendet, sind Landkarten,

welche oftmals benutzt werden, um etwas über die Herkunft der Klient*innen zu erfahren

(vgl. I1 2015: 368 ff.).

Derzeit besteht (noch) nicht die Möglichkeit, mit Videodolmetsch zu arbeiten. Bezüglich

dieses modernen Hilfsmittels gibt es unterschiedliche Meinungen. Einerseits würden sich

neue und vor allem schnellere Möglichkeiten der Kommunikation eröffnen (vgl. I1 2015: 264

ff.), andererseits besteht der Gedanke, dass das Vertrauen zwischen Klient*innen und

Sozialarbeiter*innen dadurch gestört würde (vgl. I1 2015: 435 ff.).

Des Weiteren spricht die Sozialarbeiterin das Thema Migration und Sprachverständnis an. In

diesem Zusammenhang erwähnt sie ihre fehlende Kompetenz in Bezug auf Fremdsprachen.

Vor allem Serbisch, Türkisch, Russisch, Rumänisch, Bulgarisch und Polnisch sind Sprachen,

die sie in ihrer täglichen Arbeit im Krankenhaus benötigen würde (vgl. I1 2015: 49 ff.).

Im Bezug auf ihre persönlichen Kommunikationskompetenzen spricht sie ihre eigenen

Sprachkompetenzen in Deutsch und Englisch sowie einfache Grundkenntnisse in anderen

häufig vorkommenden Sprachen (Türkisch, Serbisch etc.) an (vgl. I1 2015: 350 ff.). Die

40

Page 46: bacarbeit

Sozialarbeiterin ist der Meinung, dass Begrüßungen in der Muttersprache eine vertraute

Basis schaffen können und so die Einstiegssituation für die Klient*innen vereinfacht wird (vgl.

I1 2015: 355 ff.). Sie habe „in sämtlichen Sprachen, guten Tag und auf Wiedersehen versucht

zu lernen, gemeinsam im Gespräch mit der Person“ (vgl. I1 2015: 354).

Kommunikation

Barrieren, Beschilderung

Kommunikationsbarrieren gibt es im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder z. B. in der

Arbeit mit Schlaganfallpatient*innen, wenn diese Formulare nicht mehr selbst ausfüllen bzw.

nicht mehr selbst unterschreiben können. In diesen Fällen wird eng mit den Angehörigen der

Patient*innen zusammengearbeitet. Es wird versucht, bestimmte Angelegenheiten mittels

Vertretungsbefugnis zu regeln. Die Vertretungsbefugnis kann bei einem Notar beantragt

werden und ist im Gegensatz zur Sachwalterschaft kein gerichtliches Verfahren. Die

Angehörigen dürfen dann verschiedene Anträge stellen. In medizinische Behandlungen

dürfen sie damit jedoch nicht einwilligen. Wenn das Legen einer PEG-Sonde [zur künstlichen

Ernährung, Anm. d. Verf.] medizinisch indiziert ist, wird versucht, mittels der Angehörigen den

Willen der Patient*innen herauszufinden, um eine Sachwalterschaft zu umgehen (vgl. I2

2015: 125ff.).

Wenn Patient*innen neu aufgenommen werden, bekommen sie eine „Willkommens-Mappe“,

in der bspw. der Tagesablauf oder Angebote (psychologische Betreuung, Sozialarbeit,

Physiotherapie etc.) des Krankenhauses angeführt sind (vgl. I2 2015: 224ff.).

Anfangs haben manche Patient*innen bzw. deren Angehörige noch Schwierigkeiten, sich im

Krankenhaus zu orientieren. Oft finden diese ein Zimmer nicht, da das Krankenhaus der

Barmherzigen Brüder einen alten und einen neuen Gebäudetrakt hat. Wenn man

Patient*innen oder Angehörigen einmal zeigt, wo sie hingehen müssen, orientieren sie sich

jedoch relativ schnell. Da es zwei Büros der Sozialarbeiter*innen in unterschiedlichen

Stockwerken gibt, kommt es jedoch manchmal vor, dass ein/e Patient*in zum falschen Büro

geht (vgl. I2 2015: 280ff.).

Insgesamt funktioniert die Kommunikation im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder

großteils gut, unter anderem auch dadurch, weil es ein verhältnismäßig kleines Spital ist (vgl.

I2 2015: 176f.).

Laut der Sozialarbeiterin des Wilhelminenspitals bedarf es viel Zeit und Geduld vonseiten der

Sozialarbeit, um die oft schwierige Kommunikation zu erleichtern und um an die nötigen

Informationen zu gelangen, damit die Klient*innen bestmöglich unterstützt werden können

(vgl. I1 2015: 83 f.). Als einen ihrer persönlichen Alltagstricks werden

Übersetzungsmöglichkeiten durch neuen Medien (Mobiltelefon, Internet Übersetzer)

41

Page 47: bacarbeit

angesprochen. Um die Verständigung zu vereinfachen, soll darauf geachtet werden, die

Sprache möglichst einfach zu halten und unnötige/komplizierte Redewendungen zu

vermeiden. (vgl. I1 2015: 334 ff.).

Fazit

Durch die Interviewauswertungen haben sich die Krankenhaussozialarbeit, die Akteur*innen,

das Organisatorische sowie Sprache & Kommunikation als Hauptthemen herauskristallisiert.

Wie anfangs vermutet, treten Sprach- und Kommunikationsbarrieren im Migrations- und

Behindertenbereich auf. Da Menschen mit Beeinträchtigung meist gut in das System der

Behindertenhilfe integriert sind, wird der Fokus im weiteren Verlauf dieser Arbeit auf

Sprachbarrieren und Migration gelegt werden. Eine nicht vorhandene Sprachbasis ist oftmals

der Hauptausgangspunkt für Sprach- und Kommunikationsstörungen. Diese Barriere wird

unter anderem durch Hilfsmittel wie Angehörigen- und/oder Personaldolmetsch gelöst. Des

Weiteren tragen die eigenen erlernten Sprachkompetenzen zur Minimierung von

Unverständlichkeit bei. Aus beiden Interviews ging hervor, dass es von großer Hilfe sein

kann, sich eigene Alltagstricks anzueignen. Hier wurden Beispiele wie das Basiswissen in

Fremdsprachen oder die Übersetzung mithilfe neuer Medien angesprochen. Zusätzlich

wurde in Bezug auf Kommunikationsbarrieren auch die Verwendung von Bildwörterbüchern

und Landkarten angesprochen. Da der Dolmetsch von großer Bedeutung ist und noch weiter

ausgebaut werden möchte, werden Arbeitskreise und Workshops in Bezug auf

Kompetenzbildung angeboten. Die Befragten äußerten sich beim Thema Dolmetsch

prinzipiell sehr positiv, erwähnten jedoch auch einen Kritikpunkt. Dieser bezog sich auf

eventuell auftretendes Misstrauen im Falle von dritten Beteiligten.

Zusammenfassend kann prinzipiell gesagt werden, dass aus den Interviews sehr

wesentliche Themen hervorgehen, welche hervorragend für die weitere empirische

Ausarbeitung herangezogen werden können.

6.5 Go-Along

Am Donnerstag, dem 24. November 2015 nahmen Frau Mayr und Frau Möstl ein Go-Along

in einem Wiener Krankenhaus teil. Sie hatten die Möglichkeit, eine

Krankenhaussozialarbeiterin von 7:30 bis 11:00 Uhr zu begleiten. Da aufgrund des

Forschungsinteresses der Autor*innen Kommunikations- und Sprachbarrieren sowohl

zwischen den unterschiedlichen Berufsgruppen als auch im Kontakt mit Patient*innen

thematisiert wurden, wird auf das betroffene Krankenhaus nicht näher eingegangen.

42

Page 48: bacarbeit

Ankunft

Frau Mayr und Frau Möstl erreichten das Krankenhaus um 7.00 Uhr und hatten somit Zeit,

sich eine halbe Stunde lang selbstständig im Krankenhaus umzusehen. Das Krankenhaus

war mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht erreichbar und an der Haltestelle, an welcher die

Autor*innen dieser Arbeit ausstiegen, befand sich ein grafischer Hinweis, wie das Spital zu

erreichen sei. Im Krankenhaus angekommen, wurde ein besonderes Augenmerk auf

Beschilderungen und Wegweiser gelegt und ob diese auch für Menschen, welche die

deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen, verständlich seien. In der Nähe

des Eingangsbereiches war eine große Tafel, auf welcher schriftlich auf die einzelnen

Stationen und deren Lage verwiesen wurde. Die Hinweistafel war für die Autor*innen dieser

Arbeit nicht einfach zu verstehen, da die Bezeichnungen der Stationen in unterschiedlichen

Farben hinterlegt waren und der Grund für die Farbzuordnung nicht nachvollziehbar war.

Somit war die Orientierung (obwohl die Autor*innen Deutsch in Sprache und Schrift gut

verstehen) erschwert. Positiv fiel auf, dass der Informationsschalter leicht zu finden war.

Die Wände des Eingangsbereiches waren beklebt mit verschiedensten Zetteln, wobei einige

an das Personal und nicht an die Patient*innen gerichtet waren. Die Info-Zettel waren

großteils beschrieben und die Autor*innen dieser Arbeit fanden, dass mehr Bilder für eine

barrierefreie Kommunikation und zur Orientierung hilfreicher gewesen wären. Die einzigen

Bilder, welche im Eingangsbereich auffielen, waren Verbotsschilder (z. B. Rauchen verboten

im typischen roten Kreis mit einer durchgestrichenen Zigarette und ein Schild, welches auf

das Verbot von Roller-, Inlineskates und Skateboard hinwies). Direkt vor dem Krankenhaus

wurde mit Bildern gut beschrieben, wie der Parkplatz mittels Automaten zu bezahlen sei.

Morgenbesprechung

Um ca. 8:00 Uhr begleiteten Frau Mayr und Frau Möstl die Krankenhaussozialarbeiterin zu

einer Morgenbesprechung mit unterschiedlichen Berufsgruppen. Im Seminarraum, in

welchem diese Besprechung stattfand, befanden sich insgesamt 40 Stühle. 20 davon

standen in der Mitte des Raumes kreisförmig um in quadratischer Form angelegte Tische

und 20 weitere bildeten einen Außenkreis an der Wand entlang. Es befanden sich etwa 30

Personen im Seminarraum. Es war für die Beobachter*innen als Außenstehende nicht ganz

erkennbar, welche Person welcher Berufsgruppe angehörte, da jede unterschiedliche

Kleidung trug. Die Autor*innen vermuteten, dass eine Überzahl an Ärzt*innen anwesend war

und diese auf unterschiedlichen Stationen des Krankenhauses arbeiteten. Die Sessel waren

in die Richtung einer Tafel angeordnet. Vor der Tafel saß zu Beginn der Besprechung der

Primararzt und anschließend jenes Personal, welches Einzelfälle medizinisch vorstellte. Die

Sprache, die das medizinische Personal verwendete, war für Menschen mit nicht-

43

Page 49: bacarbeit

medizinischem Hintergrund kaum verständlich, da viele lateinische und griechische

Bezeichnungen benutzt wurden, um Krankheitsbilder, Symptome etc. zu beschreiben. Die

Sitzplätze schienen nicht fix zugeteilt. Es fanden auch während der Besprechung laufend

Sitzplatzwechsel statt, wenn z. B. Personen (meist Ärzte/Ärzt*innen) den Raum aufgrund

eines Telefonates verlassen mussten.

Die Zielgruppe, auf welche sich die Autor*innen dieser Arbeit im Rahmen ihres Projektes

fokussieren wollen (Migrant*innen), wurde nur einmal explizit angesprochen (ein Patient mit

Fluchthintergrund), ansonsten konnte ein Migrationshintergrund nur aufgrund von

bestimmten Vor- bzw. Nachnamen vermutet werden. Die Kommunikation bzw. Sprache mit

den Patient*innen wurde jedoch nicht thematisiert, da der Fokus der Besprechung auf

medizinische Inhalte wie Krankheiten und deren Behandlung gelegt wurde.

Insgesamt war die Atmosphäre während der Besprechung sehr unruhig. Das medizinische

Personal redete oft durcheinander. Immer wieder klingelte ein Telefon und es wurden im

Seminarraum, auch während eine Person einen Vortrag hielt, Anrufe angenommen.

Dieser Teil des Go-Alongs zeigt, dass es selbst innerhalb der Berufsgruppe der Ärzt*innen

eine ungünstige Kommunikationskultur gibt. Durch das Durcheinanderreden und das Nicht-

Zuhören des Gegenübers entstehen Missverständnisse, welche weitreichende Folgen haben

können.

Go-Along

Im Rahmen des Go-Alongs konnten Frau Mayr und Frau Möstl im Büro der Sozialarbeiterin

Einblick in die handschriftliche Dokumentation der Sozialarbeiterin und in ein

krankenhausinternes Telefonbuch nehmen, in welchem die Telefon- und Durchwahlnummern

des Personals bzw. anderer Stationen enthalten waren. Weitere Räume, die gezeigt wurden,

waren der Seminarraum (bei der Morgenbesprechung), das Büro einer weiteren

Sozialarbeitskollegin einer anderen Station sowie Aufenthaltsräume für Patient*innen bzw.

deren Angehörige. Die Stationen, welche gezeigt wurden, waren einerseits eine Interne und

andererseits die Chirurgie, wobei ein mehrmaliger Stationswechsel erfolgte.

Bei Kontaktaufnahmen von Patient*innen, bei welchen die Sozialarbeiterin auch sensible

Themen zu besprechen hatte, warteten die Beobachter*innen dieser Arbeit vor der Tür.

Vermutlich wäre es einfacher gewesen, mehr Einblick in den Patient*innenkontakt zu

bekommen, wenn die Autor*innen dieser Arbeit nicht zu zweit, sondern allein gewesen

wären.

44

Page 50: bacarbeit

Interaktion

Im Krankenhaus befinden sich auch weitere Sozialarbeiter*innen. Diese haben zwar einen

anderen Zuständigkeitsbereich, die Zusammenarbeit funktioniert jedoch gut und es herrscht

ein freundlicher Umgangston.

Die Interaktion zwischen der Sozialarbeiterin und Ärzt*innen bzw. dem Pflegepersonal war

durchaus unterschiedlich. Dies hing vor allem davon ab, ob schon zusammengearbeitet

wurde und das Gegenüber bekannt war. Großteils wirkte der Umgang miteinander - vor

allem mit dem Pflegepersonal - sehr freundschaftlich, es wurde viel gescherzt und gelacht.

Nur in einem Gespräch zwischen medizinischem Personal und einem Angehörigen einer

Patientin, welches ein sensibles Thema beinhaltete, nahm die Sozialarbeiterin einerseits die

Rolle der Vermittlerin zwischen Angehörigem und Ärzt*innen, andererseits als „Verteidigerin“

des Angehörigen ein. Dabei wurde auch energisch miteinander geredet. Als zwei Ärzt*innen

bei einem Gespräch mit einem Angehörigen übergriffige Fragen stellten bzw. diesen

abwertend behandelten, versuchte die Sozialarbeiterin vermittelnd einzuschreiten.

Laut Sozialarbeiterin gibt es in diesem Krankenhaus eine Station, auf der sich das Personal

von den anderen ein wenig abschottet. Es gestalte sich für sie schwierig, mit den

Mitarbeiter*innen jener Station zu kooperieren, da die Sozialarbeit von diesen als negativ

bewertet würde.

Den Patient*innen und deren Angehörigen gegenüber war die Sozialarbeiterin sehr

empathisch, offen und wertschätzend. Sie stellte oft Körperkontakt zu Patient*innen her (z.B.

Berührung an der Schulter, bei Patient*innen, die im Bett lagen Berührung der Füße/Beine)

und begegnete ihnen auch mit Humor und einem Lächeln. Bei Menschen, deren

Muttersprache nicht deutsch war, versuchte sie, eine einfache Sprache zu verwenden.

Mussten sensible Themen besprochen werden, wurden die Beobachter*innen gebeten, den

Raum zu verlassen. Im Bedarfsfall ergriff die Sozialarbeiterin auch Partei für Patient*innen

oder deren Angehörige.

Der Alltag der Sozialarbeiterin war von viel Humor geprägt, wobei dieser Großteils von ihr

ausging. Sie lachte viel und hatte eine sehr wertschätzende und humorvolle Kommunikation

mit den Patient*innen, mit manchen Kolleg*innen und mit den Autor*innen dieser Arbeit.

Dolmetschgespräch

Das Dolmetschgespräch wurde von der Sozialarbeiterin in der Früh organisiert. Geplant

waren als beteiligte Personen der Angehörige einer Patientin, die Sozialarbeiterin, eine

45

Page 51: bacarbeit

Chirurgin und zwei diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, wobei eine von

diesen als Dolmetscherin fungierte.

Um 10.30 Uhr sollte das Gespräch stattfinden. Die Beteiligten erschienen pünktlich, die

Dolmetscherin fehlte jedoch. Außerdem nahm die Chirurgin eine Kollegin als „Unterstützung“

mit. Das Gespräch fand in einem Aufenthaltsraum für Patient*innen statt. Es wurde ein Tisch

aufgestellt. Der Angehörige saß mit dem Rücken zur Tür, neben ihm und ihm zugewandt die

Sozialarbeiterin. Schräg gegenüber befanden sich die Ärztinnen. Zwischen diesen und der

Sozialarbeiterin stand der Sessel der Krankenpflegerin. Die Beobachter*innen hatten ihren

Sitzplatz schräg hinter dem Angehörigen. Die Sitzordnung wechselte, als die Dolmetscherin

dazustieß.

Es dauerte eine halbe Stunde, bis die Dolmetscherin erschien. Dies passierte aufgrund eines

Missverständnisses, bei dem die falsche Dolmetscherin informiert wurde. Es wurde

mehrmals auf der Station der dolmetschenden Krankenpflegerin angerufen und nachgefragt,

wo sie sei. Immer wieder kam die Rückmeldung, dass die diese noch etwas zu tun und

daher noch keine Zeit habe, zu dem Gespräch zu kommen. Schlussendlich ging eine der

Ärztinnen zu jener Station, um die Dolmetscherin zu holen. Wie dann doch die richtige

Dolmetscherin zu dem Gespräch kam, ließ sich für die Beobachter*innen aufgrund der

Verwirrungen nicht genau erschließen.

Während der Wartezeit sahen die anwesenden Medizinerinnen die Patient*innenakte erneut

durch und unterhielten sich vor dem Angehörigen über die Patientin bzw. diesen selbst. Dies

taten sie, da sie laut eigener Aussagen davon ausgingen, dass der Angehörige ohnehin

nichts verstehen würde. Dies widerlegte sich, als die Sozialarbeiterin versuchte, mit dem

Angehörigen auf Deutsch zu sprechen. Die Sozialarbeiterin redete langsam, verwendete

einfache Wörter und wartete geduldig auf Antworten. Der Angehörige antwortete auf Deutsch

mit Schlagworten. Ein Gespräch ohne Dolmetscherin wäre jedoch in diesem Fall nicht

möglich gewesen, da es sich um ein sensibles Thema handelte und die Sprachkompetenzen

des Angehörigen nicht ausreichend waren. Dieser brachte den Lösungsvorschlag, einen

Freund anzurufen, der anstatt der Krankenpflegerin übersetzen könnte, was aufgrund der

Thematik abgelehnt wurde. Des Weiteren schienen die Ärztinnen während der Wartezeit

ungeduldig zu sein, eine von diesen beklagte sich, dass sie extra für dieses Gespräch die

Visite abgebrochen habe. Die Kommunikation seitens der Ärztinnen war (negativ) wertend.

Nach einer halben Stunde traf schließlich die dolmetschende Krankenpflegerin ein. Sie

meinte, man habe ihr nicht ausgerichtet, dass sie dolmetschen sollte und sei aus diesem

Grund noch mit der Pflege andere Patient*innen beschäftigt gewesen. Die Dolmetscherin

setzte sich zwischen die beiden Ärztinnen, dem Angehörigen gegenüber. Während des

Gesprächs wirkte sie von der Tonlage und der Körpersprache her neutral. Bezüglich. des

gedolmetschten Inhalts mangelte es den Beobachter*innen an den spezifischen

46

Page 52: bacarbeit

Fremdsprachenkenntnissen. Es wirkte so, als hätten sich die Ärztinnen bereits vor dem

tatsächlichen Gespräch eine Meinung über den Angehörigen gebildet und waren nun nicht

mehr offen für einen anderen Gesprächsausgang. Auffallend war, dass die Ärztinnen

emotionale Äußerungen tätigten bzw. eine mentale Grenze zwischen der österreichischen

Kultur und der des Angehörigen zogen. Die persönliche Situation des Angehörigen wurde

kaum berücksichtigt, da die Ärztinnen gewisse Aspekte nur von ihrem eigenen Standpunkt

aus beleuchteten. Außerdem redeten die Ärztinnen, während die Dolmetscherin gerade mit

dem Angehörigen sprach, miteinander, sodass die Dolmetsch-Situation erschwert wurde. Der

Angehörige wurde im Laufe des Gesprächs immer verkrampfter und wirkte verzweifelt. Sein

Kopf war nach unten geneigt, seine Körperhaltung verspannte sich im Laufe des Gespräches

zusehends (z. B. Hände wurden zu einer Faust geballt und auf den Oberschenkeln

abgestützt).

Da sich die Emotionen gegen Ende so sehr aufschaukelten, dass das eigentliche Thema

nebensächlich wurde, beendete die Sozialarbeiterin das Gespräch. Da der Angehörige

emotional aufgewühlt wirkte, beschloss die Sozialarbeiterin mit diesem und der

Dolmetscherin die Situation in ihrem Büro nachzubesprechen. Die Beobachter*innen wurden

gebeten, währenddessen vor der Tür zu warten. Anschließend hatten die Beobachterinnen

noch die Möglichkeit, die Situation mit der Sozialarbeiterin zu reflektieren und dieser Fragen

zu stellen.

Gegen Ende des Go-Alongs wurden der Sozialarbeiterin drei verschiedene potenzielle

Projekte vorgestellt.

A) Dolmetsch durch Ehrenamtliche

Im ersten Projekt würden Ehrenamtliche über Werbung im Internet, durch Soziale Medien

etc. angeworben. Diese würden Schulungen fürs Dolmetschen bzw. auch in ihren Sprachen

bzgl. medizinischer und sozialarbeiterischer Begriffe erhalten. Mittels Doodle-Listen könnten

sich dann die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen melden, an welchen Tagen bzw. zu welcher

Zeit sie einen Bereitschaftsdienst übernehmen könnten. Bei Bedarfsfall würden die

ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen verständigt, um zu dolmetschen (entweder vor Ort oder

schriftlich/mündlich).

Dieses Projekt wurde von der Sozialarbeiterin als positiv bewertet. Sie fügte noch hinzu,

dass man (syrische) Asylwerber*innen, die sich bereits in Österreich eingelebt hätten und die

deutsche Sprache beherrschten, einbezogen werden sollten, da ein Bedarf an arabisch-

sprachigen Dolmetscher*innen vorhanden sei und diese die Situation anderer

Asylwerber*innen besser nachempfinden könnten. Sie merkte an, dass man den

Dolmetscher*innen als Aufwandsentschädigung ein Taschengeld geben könnte, da diese als

Asylwerber*innen keinen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt hätten.

47

Page 53: bacarbeit

B) Bilderkatalog

Beim zweiten Projekt würde ein Katalog erstellt werden. Dieser enthielte Darstellungen von

Dingen, die für die Soziale Arbeit relevant seien (z. B. die Wörter „Versicherung“,

„Familienstand“, „ledig/verheiratet/geschieden“, „Schulden“, „Beihilfen“ etc.). Bei den

Darstellungen würden die Wörter auf Deutsch und die Übersetzung in der jeweiligen Sprache

dabeistehen. Angedacht wären entweder ein gedruckter Katalog, ein Online-Katalog oder

eine App fürs Handy. Handle es sich um die gedruckte Version, sollte auf jeder Abteilung ein

Bilderkatalog vorhanden sein.

Dieses Projekt betrachtete die Sozialarbeiterin als zu aufwändig sowohl in der Herstellung,

als auch in der Ausführung.

C) Personal-/Angehörigenschulung

Beim dritten möglichen Projekt würden Angehörige bzw. das Krankenhauspersonal selbst für

das Dolmetschen bzw. auch in ihren Sprachen bzgl. medizinischer und sozialarbeiterischer

Begriffe geschult werden. Angehörige, die Patient*innen begleiten, könnten dann als

Dolmetscher fungieren, oder falls das nicht der Fall ist, könnte bei Bedarf das geschulte

Krankenhauspersonal dolmetschen.

Zu dieser Projektidee meinte die Sozialarbeiterin, dass es wichtig sei, das Familiensystem zu

schonen, da es durch gewisse Erkrankungen und Situationen bereits genug belastet sei. Vor

allem sei es Priorität, Kinder nicht als Dolmetscher*innen einzusetzen. Bezüglich des

Personals wären Problematiken die Verfügbarkeit (Dienstpläne) und die Abrufbarkeit.

Zusammenfassung

Im Großen und Ganzen nahm die Sozialarbeiterin jenes Krankenhauses mehrere Rollen ein.

Einerseits fungierte sie als Mediatorin, im Speziellen während des Gespräches zwischen

dem Angehörigen und den Mediziner*innen. Des Weiteren entschärfte sie Situationen und

korrigierte Fehler, die im Umgang mit Patient*innen/Angehörigen passierten durch

Bewusstmachung von Wertungen, Grenzüberschreitungen und diskriminierenden Haltungen.

Dies geschah in diesem Fall durch das Transparentmachen der Lebenswelt der Patient*in

und deren Umwelt (z. B. Aufteilung der Wohnung, Rahmenbedingungen der Arbeit,

Konstruktion des Familiensystems etc.).

Die Soziale Arbeit stellt auch eine Funktion als antidiskriminierendes Element dar.

Möglichkeiten, das zu tun, sind bspw. Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, Stereotype

anzusprechen und zu hinterfragen.

Das Dolmetsch-Gespräch wurde von der Sozialarbeiterin bewusst beendet, um den

Angehörigen zu entlasten. Die Ärzt*innen nahmen dies hin, ohne sich in ihrer Autorität

48

Page 54: bacarbeit

untergraben zu fühlen. Vermutlich stellte die Beendigung des Gespräches auch für sie eine

Entlastung dar, da sie an ihre Arbeit zurückgehen konnten und sich nicht weiter mit dieser

Problematik beschäftigen mussten. Dies verdeutlicht jedoch erneut den enormen Druck bzw.

Zeitdruck unter welchem das Ärzte- und Krankenpflegepersonal vermutlich steht, was eine

erfolgreiche Kommunikation erschwert. Es bleibt nur wenig Zeit für eine ausgeprägte

Kommunikationskultur, welche aus Zuhören und ganzheitlichem Verstehen – also der

Sprache, der Lebenswelt des Gegenübers, die daraus resultierenden Bedürfnisse und

Ängste etc. – besteht. Aufgrund des medizinischen Schwerpunktes im Krankenhaus bleibt

vor allem für Ärzt*innen, aber auch für das Krankenpflegepersonal nicht genügend Zeit, um

auf die kulturellen und persönlichen Hintergründe der Patient*innen zu achten.

Die Rolle der Krankenhaussozialarbeiterin in der Morgenbesprechung war für die

Beobachter*innen nicht klar ersichtlich. Selbst nahm sie keinen aktiven Part ein, sondern

verhielt sich passiv und ging auch aufgrund eines Telefonates aus dem Raum. Da sie das

Dolmetschgesprächs organisieren bzw. eine andere Patientin aufsuchen musste, verließ sie

mit den Beobachter*innen die Morgenbesprechung frühzeitig.

Beim Kontakt mit Patient*innen waren Berührungen an der Schulter bei der Begrüßung

häufig. Dabei machte sie keinen Unterschied, welche kulturellen Hintergründe diese hatten.

Die Gesten wirkten bewusst eingesetzt und schienen großteils nicht negativ aufgenommen

zu werden. Dies wirkte eher unterstützend beim Beziehungsaufbau und förderte eine positive

Gesprächskultur. Sprache und Kommunikation spielen eine essentielle Rolle im Berufsalltag

der Sozialarbeiterin. Die Beobachterinnen gewannen den Eindruck, dass es der

Sozialarbeiterin auch erlaubt ist, sich bewusst auf z.B. Beratungsgespräche zu fokussieren,

wohingegen Ärzt*innen und Pflegepersonal Gespräche oftmals nebenbei (z.B. während der

Körperpflege bzw. Untersuchungen) zu führen hatten.

Bei der Kommunikation mit Menschen mit wenig deutschen Sprachkompetenzen verfiel sie

anfangs in den Foreigner Talk, der anfangs unter dem Punkt 2.4 „Kommunikations- und

Sprachbarrieren“ beschrieben wurde: Sie verwendete Zweiwortsätze und Schlagworte.

Ebenso sprach sie in gesteigerter Lautstärke und einem langsameren Tempo. Das änderte

sich jedoch während der Dauer des Gespräches. Nach einer kurzen Anlaufphase ging sie

dann in eine fließende Sprache über.

49

Page 55: bacarbeit

7. FAZIT UND SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS

Durch den Feldkontakt erhielten die Autor*innen dieser Arbeit einen Einblick in die

unterschiedlichen Arten des Dolmetschens in drei Wiener Krankenanstalten und auch deren

Defizite. In diesen drei Krankenhäuser wird die unterstützte Kommunikation oftmals in Form

von Dolmetsch mit Hilfe von Angehörigen und dem Krankenhauspersonal gewehrleistet. Aber

vereinzelt gibt es auch Krankenhäuser die das schon mit Hilfe eines Videodolmetsches

versucht haben. Natürlich ist dieser Videodolmetsch teuer und ist auch mit negativen

Aspekten behaftet. So ist beispielsweise die Vertrauensbasis im Gegensatz zu einem

persönlichen Gespräch dementsprechend beeinträchtigt. Das können natürlich auch Gründe

sein, warum dieser noch nicht so oft Verwendung findet. Aufgrund dieser Einblicke wurde ein

Projekt erarbeitet, welches darauf abzielt, Sprach- und Kommunikationsbarrieren

kostengünstig zu minimieren, ohne das soziale Netz der Patient*innen bzw. das

Krankenhauspersonal zusätzlich zu belasten. Durch die derzeitig herrschende

Flüchtlingsbewegung, von der neben anderen europäischen Ländern auch Österreich

betroffen ist, wurde der Schwerpunkt des Projekts auf die syrischen Asylwerber*innen und

deren Sprach- bzw. Kommunikationsbarrieren in Krankenanstalten gelegt. Durch den Einsatz

von syrischen Asylwerber*innen mit ausreichenden Deutschkenntnissen als ehrenamtliche

Dolmetscher*innen werden gerade diese als Ressource zur Minimierung der Barrieren zu

sehen sein. Zusätzlich können durch das Projekt deren Integration und soziale Anerkennung

durch die sinnvolle Beschäftigung verbessert werden.

Für die praktische Anwendung des Projektes wünschen sich die Autor*innen, dass den

Patient*innen mittels funktionierenden Dolmetschens die Phase der Genesung durch

rasches Erkennen und somit Behandeln der Erkrankungen verkürzt wird. Dadurch wird es

möglich, das Gefühl der Hilflosigkeit bei Patient*innen zu minimieren und stattdessen

Vertrauen in deren eigene Selbstheilungskräfte sowie in das österreichische

Gesundheitssystem zu schaffen.

50

Page 56: bacarbeit

8. PROJEKT PROPOSAL

Das Pilotprojekt „Voices for Health“ wird beim Bundesministerium für Inneres für die nötige Finanzierung eingereicht.

8.1 Projektumfeld

Das Projekt findet in Kooperation zwischen dem Otto Wagner Spital und der

Flüchtlingsunterkunft Haus Vindobona der Caritas statt. In diesem Umfeld soll das Projekt als

Pilotprojekt gestartet und zukünftig auf andere Krankenhäuser und Flüchtlingsunterkünfte

übertragen werden.

Das Otto Wagner Spital ist der Baumgartner Höhe im 14. Wiener Gemeindebezirk. Auf dem

großen Areal befinden sich in unterschiedlichsten Pavillons folgende Abteilungen:

Neurologisches Zentrum, Orthopädisches Zentrum, Psychiatrisches Zentrum,

Pulmologisches Zentrum, Medizinisches Diagnostik- und Servicezentrum sowie das

Internistische Zentrum. (vgl. Wiener Krankenanstaltenverbund. OWS. Zentren und

Abteilungen). In einem weiteren Pavillon hat sich seit Oktober 2015 das Haus Vindobona für

ca. 80 geflüchtete Frauen, Männer und Kinder angesiedelt. Die Flüchtlingsunterkunft der

Caritas legt den Betreuungsschwerpunkt vor allem auf Familien, bietet jedoch auch Platz für

Einzelpersonen. Sobald ein Betreuungsplatz vom Fond Soziales Wien (FSW) zugeteilt

wurde, übernimmt die Caritas die Betreuung der Flüchtlinge im Haus Vindobona.

Die Caritas möchte den Menschen während ihres Asylverfahrens zur Seite stehen und dazu

beitragen, sich mit der neuen Situation bestmöglich zurechtzufinden. Um dies zu

gewährleisten, bietet das Haus Vindobona folgende Angebote:

• Unterstützung bei der Suche nach Deutschkursen und Ausbildungen

• Überblick über die rechtliche Situation

• Beratung und Unterstützung im Krankheitsfall (fachärztliche Termine, Spitäler)

• Aufarbeitung von Flucht- und Foltererfahrungen in Zusammenarbeit mit externen

Psychotherapeut*innen

• Freizeitgestaltung

• Kontakt zu Schulen und Kindergärten

freizeitpädagogische Aktivitäten für Kinder, um traumatische Erfahrungen besser zu

verarbeiten und ihren Integrationsprozess zu fördern (vgl. Caritas der Erzdiözese

Wien. Hilfe in Not).

Aufgrund der räumlichen Nähe zwischen der Flüchtlingsunterkunft und dem Krankenhaus

haben sich die Autor*innen dieser Arbeit für das Haus Vindobona und das Otto Wagner Spital

entschieden.

51

Page 57: bacarbeit

8.2 Ausgangslage

Durch die durchgeführten Interviews und das Go-Along bekamen die Autor*innen dieser

Arbeit einen Einblick, wie in drei unterschiedlichen Wiener Krankenanstalten gedolmetscht

wird. Im Rahmen der Feldphasen stießen die Autor*innen auf folgende Wege des

Dolmetschens in Krankenanstalten: Dolmetsch durch personalinterne bzw. professionelle

Dolmetscher*innen und dolmetschende Angehörige. Nachfolgend wird auf diese Arten des

Dolmetschens sowie den Videodolmetsch und die damit zusammenhängenden Defizite in

der Praxisanwendung eingegangen.

Personalinternes Dolmetschen

Ein Lösungsweg ist die Möglichkeit des personalinternen Dolmetschens. Dadurch, dass das

multiprofessionelle Krankenhauspersonal oftmals multikulturell zusammengesetzt ist, wird

bei auftretenden Sprachbarrieren mit jenem Personal Kontakt aufgenommen, welches die

Muttersprache der Patient*innen beherrscht. Die Autor*innen dieser Arbeit erfuhren, dass in

manchen Krankenhäusern Listen aufliegen, auf welchen das mehrsprachige Personal

aufscheint. Schwierigkeiten, die bei dieser Art des Dolmetschens auftreten können, sind

bspw. der Zeitmangel des Personals und somit die mangelnde Flexibilität in der

Durchführung der Dolmetschgespräche. Wird z. B. Pflegepersonal zu einem

Dolmetschgespräch auf eine andere Station berufen, hat dies zur Folge, dass es auf der

eigenen Station zu einem kurzzeitigen Personalmangel kommen kann, welcher dann durch

Kolleg*innen ausgeglichen werden muss. Auch die Organisation der Dolmetschgespräche

stellt durch die unterschiedlichen Dienstpläne des Personals und die Zeitressourcen von

Patient*innen und sonstigen beteiligten Akteur*innen eine Hürde dar. Des Weiteren kann die

Multiprofessionalität der Dolmetscher*innen zur Schwierigkeit werden, wenn z. B.

mehrsprachiges Reinigungspersonal dazu veranlasst wird, medizinische Gespräche für

einen Arzt/eine Ärztin zu dolmetschen bzw. nicht ärztliches Personal schlechte Nachrichten,

wie z. B. eine schwere Erkrankung überbringen muss. Auch die Deutschkenntnisse des

Personals stellen einen zentralen Faktor für das Gelingen der Gespräche dar.

Dolmetsch durch Angehörige

Bei dieser Art des Dolmetschens haben die Deutschkenntnisse der Angehörigen und die

Beziehung dieser zu den Patient*innen einen wesentlichen Einfluss auf das

Dolmetschgespräch. Im Rahmen der Feldphase erfuhren die Autor*innen dieser Arbeit, dass

ein weiterer wichtiger Faktor des Angehörigendolmetschens die Volljährigkeit der

Angehörigen darstellt, um die minderjährigen Kinder/Angehörigen der Patient*innen zu

schützen. Eine Problematik dieser Art des Dolmetschens kann z. B. dadurch verursacht

52

Page 58: bacarbeit

werden, dass nicht 1:1 gedolmetscht wird, sondern Informationen in die Aussagen der

Patient*innen hineininterpretiert werden. Eine weitere Komplikation kann die

Verselbstständigung des Gespräches zwischen Patient*in und Angehörigen auf deren

Muttersprache darstellen, während die Sozialarbeiter*innen dabei sitzen, welchen es dann

nicht möglich ist, dem Gespräch zu folgen. Ein weiterer Mangel kommt zum Vorschein, wenn

das Gespräch vonseiten des medizinischen/pflegerischen Personals plötzlich nur mehr mit

den deutsch sprechenden Angehörigen geführt wird und somit der/die Patient*in

ausgeschlossen wird. Zusätzlich stellt diese Dolmetschart eine Belastung des familiären

Systems dar. Eine (schwere) Erkrankung ist in der Lage, Patient*innen und deren

Angehörige in Krisen zu stürzen, daher ist es wichtig dieses System nicht unnötig zusätzlich

zu belasten.

Professionelle Dolmetscher*innen

Der professionelle Dolmetsch und dessen Nachteile wurden zuvor im Kapitel 3.2

Sprachbarrieren und Migration: Dolmetsch behandelt. Die Autor*innen erfuhren im Rahmen

der Feldphase, dass ein zentrales Defizit des professionellen Dolmetschs dessen

Finanzierung ist und professionelle Dolmetscher*innen oftmals erst zum Einsatz kommen,

wenn das Dolmetschen durch Personal bzw. Angehörige nicht möglich ist.

Videodolmetsch

Während ihrer Feldphase wurden die Autor*innen dieser Arbeit nicht mit dem Thema

Videodolmetsch konfrontiert. Ein Erklärungsansatz dafür könnte sein, dass diese Art des

Dolmetschens in Krankenanstalten noch eher jung ist. Einen Nachteil können die Kosten

darstellen, wobei diese im Gegensatz zum professionellen Dolmetscher geringer sind.

Eventuell könnte diese Art des Dolmetschens einen negativen Einfluss auf das

Vertrauensverhältnis durch die physische Abwesenheit der Dolmetscher*innen und das

mediale Hilfsmittel Computer darstellen. Auch könnten datenschutzrechtliche

Fragestellungen die Patient*innen womöglich verunsichern.

8.3 Handlungsbedarf

Um angesichts der Ausgangslage eine adäquate Lösung zu finden, bedarf es der Darstellung

jeglicher Aspekte der unterschiedlichen Akteur*innen.

53

Page 59: bacarbeit

Dolmetsch durch Personal

Wie bereits beschrieben, stellt der Mangel an Zeitressourcen des Krankenpflegepersonals

ein Problem dar, vor allem durch die unzureichende Flexibilität der Dienstpläne. Des

Weiteren entsteht ein (zusätzlicher) Personalmangel auf jenen Stationen, in denen

zweisprachige Mitarbeiter*innen tätig sind, da diese für die Dauer des Gespräches ausfallen.

Für die Krankenpfleger*innen wäre es also wichtig, einen Weg zu finden, wie sie ihren

pflegerischen Tätigkeiten nachgehen und einen Personaleng-Pass so gut es geht verhindern

können, um so möglicherweise auch die Qualität im Umgang mit Patient*innen zu steigern.

Dolmetsch durch Angehörige

Vor allem durch schwere oder chronische Erkrankungen kann das Familiensystem enorm

belastet werden. Die Betroffenen und ihre Angehörigen erleben dann oftmals eine große

Veränderung. Es müssen erst Bewältigungsstrategien gefunden werden, um mit der neuen

Situation fertig zu werden. Diese Umstellungen bedürfen viel Zeit und Kraft seitens der

Erkrankten, aber auch deren Familie bzw. anderer Vertrauenspersonen. Daher gilt es als Ziel

der Autor*innen dieser Arbeit, Angehörige – insbesondere Minderjährige – zu schützen. Das

bedeutet für dieses Projekt, dass ein anderer Weg gefunden werden muss, eine

Verständigung zwischen Arzt/Ärztin bzw. Sozialarbeiter*in und Patient*in zu ermöglichen, als

das Dolmetschen durch die Familie der Betroffenen oder andere Angehörige.

Professioneller Dolmetsch

Eine Möglichkeit, ein Gespräch mit Patient*innen zu führen, welche die deutsche Sprache

(noch) nicht genügend beherrschen, wäre das Hinzuziehen eines professionellen

Dolmetschers/einer professionellen Dolmetscherin. Dies hätte den Vorteil, dass so wenige

Informationen wie möglich verloren gehen bzw. weder das Familiensystem belastet wird oder

das Krankenpflegepersonal als „Übersetzungsinstrument“ einspringen muss. Jedoch dürfen,

wie in Punkt 8.2 erwähnt, die Kosten einer Inanspruchnahme eines professionellen

Dolmetschers/einer professionellen Dolmetscherin nicht außer Acht gelassen werden. Es

stellt sich die Frage, wer diese Zahlungen übernehmen soll. Auch die Interviewpartnerin im

Wilhelminenspital wusste keine Antwort darauf. Daher wollen die Autor*innen dieser Arbeit

eine Möglichkeit zur Übersetzung finden, die finanziell günstiger ausfällt.

Um noch einmal alle Aspekte zusammenzufassen: Es müsste ein Projekt erstellt werden, in

dem weder das System Familie noch das Krankenhauspersonal mit einer zusätzlichen

Aufgabe belastet wird. Des Weiteren sollte dabei auch das Vertrauensverhältnis zwischen

Patient*innen und Ärzten/Ärztinnen bzw. Sozialarbeiter*innen nicht gestört werden.

54

Page 60: bacarbeit

Obendrein muss auch auf den finanziellen Aspekt geachtet werden, das Projekt sollte also

nicht zu viel kosten.

8.4 Lösungsansätze

Die Autor*innen dieser Arbeit haben sich aufgrund der zuvor beschriebenen Ausgangslage

unterschiedliche Lösungsansätze überlegt und diese im Rahmen des Go-Alongs auch mit

einer Krankenhaussozialarbeiterin besprochen, welche ihnen Feedback über deren

Anwendbarkeit gab.

Bilderkatalog

Eine Idee der Autor*innen war es, einen Bilderkatalog zu erstellen, welcher für die

Sozialarbeit relevante Begrifflichkeiten, wie z. B. Familienstand, Schulden etc. beinhalten

sollte. Unter den Bildern wären dann einerseits die Begriffe in der Muttersprache der

Patient*innen gestanden und andererseits die deutschen Übersetzungen. Bezüglich. der

Erstellung dieses Bilderkataloges hatten die Autor*innen sich überlegt, entweder einen

gedruckten Katalog oder aus Kostengründen bzw. zur leichteren Adaptierung einen Online-

Katalog zu erstellen. Auch eine bildgestützte Übersetzungs-App für Sozialarbeiter*innen war

angedacht, wobei der Nachteil dieser App das Angewiesensein auf ein Smartphone, die

damit einhergehende Kostenfrage in der Erstellung der App und die Anschaffung des

Smartphones darstellt. Auch die Idee der gedruckten Version des Bilderkataloges wurde

aufgrund des Aufwandes in der Erstellung (auch für verschiedene Sprachen), der

Notwendigkeit der regelmäßigen Adaptierung und des nicht praktikablen Aufwandes, welcher

sich ergibt, wenn Sozialarbeiter*innen mehrmals täglich (mit Bilderkatalog) Stationen

wechseln müssen, verworfen.

Personal-/ Angehörigenschulung

Eine weitere Idee, welche durch das Interview im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder

inspiriert wurde, war die einer Dolmetschschulung für mehrsprachiges Krankenhauspersonal

bzw. Angehörige von Patient*innen. Bei dieser Schulung wäre der Fokus auf die

Durchführung von Dolmetschgesprächen und medizinische bzw. sozialarbeiterische

Fachbegriffe gelegt worden. Wie zuvor im Kapitel Ausgangslage beschrieben, kann das

Dolmetschen von Personal bzw. Angehörigen in der Praxisanwendung zu Schwierigkeiten

wie Personalmangel und der zusätzlichen Belastung des familiären Systems führen. Die

Autor*innen behielten jedoch die Idee, Schulungen ehrenamtlichen Dolmetscher*innen

anzubieten, bei.

55

Page 61: bacarbeit

Ehrenamtliche Dolmetscher*innen

Bei der dritten Projektidee überlegten sich die Autor*innen dieser Arbeit, ehrenamtliche

Dolmetscher*innen über Werbung im Internet, z. B. über soziale Medien, anzuwerben. Auch

bei diesem Lösungsansatz wurden, wie zuvor im Punkt Personal-/Angehörigenschulung

beschrieben, Schulungen für Dolmetscher*innen angedacht. Für diese Art des Dolmetschens

ist ein organisatorischer Aufwand vonseiten der Sozialarbeiter*innen erforderlich, um die

freien Zeiten der ehrenamtlichen Dolmetscher*innen mit den Terminen der

Dolmetschgespräche zu koordinieren. Die Autor*innen überlegten sich, dass sich die

ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen an bestimmten Tagen, an welchen sie zur Verfügung

stehen könnten, in „Doodle-Listen“ eintragen könnten. Im Bedarfsfall würden sie dann von

dem/der Sozialarbeiter*in verständigt werden.

Die Autor*innen dieser Arbeit entschieden sich für den Lösungsansatz des Dolmetschens

mittels ehrenamtlicher Dolmetscher*innen. Angedacht ist, dass z. B. syrische

Asylwerber*innen, welche schon ausreichend Deutschkenntnisse besitzen, als ehrenamtliche

Dolmetscher*innen für neu ankommende Flüchtlinge fungieren und hierfür eine

Aufwandsentschädigung erhalten. Dies wird im Kapitel Projektinhalt näher beschrieben.

8.5 Projektinhalt

Um das Projekt zu festigen und zu strukturieren, wird in der Nähe des Otto Wagner Spitals

eine Schnittstelle errichtet, die einen reibungslosen Ablauf gewährleisten soll. Menschen, die

sich im Asylverfahren befinden, der deutschen Sprache mächtig sind und im Haus Vindobona

angesiedelt sind, können sich als ehrenamtliche Dolmetscher bewerben. Besteht im

Krankenhaus ein Dolmetschbedarf, wird der/die diensthabende ehrenamtliche Mitarbeiter*in

in das Krankenhaus geschickt, um die Sprachbarriere zu beseitigen. Für ihr ehrenamtliches

Engagement erhalten die Personen monatlich 50 € Aufwandsentschädigung.

Doodle-Listen

Doodle-Listen sollen dafür sorgen, dass das Projekt gut strukturiert ist und keine

Missverständnisse entstehen. In diese Listen werden die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen

eingetragen, um festzuhalten, an welchen Tagen diese für mögliche Dolmetschgespräche zur

Verfügung stehen.

Schulungen

Zu Beginn werden die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen eingeschult. Bei der Auswahl der

Freiwilligen wird auf den AMS-Kompetenzcheck Rücksicht genommen. Der Gedanke

56

Page 62: bacarbeit

dahinter ist, dass jene Personen, die bereits eine Ausbildung und Erfahrungen im

medizinischen Bereich gesammelt haben, eher als Dolmetscher*innen in Betracht gezogen

werden als jene ohne. Die Schulung wird von einer/einem Sozialarbeiter*in sowie von

einer/einem professionellen Dolmetscher*in durchgeführt. Die/der Sozialarbeiter*in informiert

die Menschen über die allgemein gültigen Umgangsformen und lehrt sie wichtige

medizinische Begriffe, die beim Dolmetschen im Krankenhaus zum Pflichtwortschatz

gehören.

Der/die Dolmetscher*in versucht ihnen beizubringen, wie ein gut funktionierendes

Dolmetschgespräch gewährleistet wird, was beachtet werden muss und wie schwierige

Gesprächssituationen gut gemeistert werden können.

Eine Einschulung findet rund alle drei Monate statt. Im Rahmen des Pilotprojekts nimmt die

Schulung zwei Vormittage ein. Nach erfolgreicher Beendigung des Pilotprojekts kann der

Kreis der Beteiligten erweitert werden. Im Zuge dessen dauert ein Schulungszyklus einen

ganzen Monat und die Einheiten finden zwei bis drei Mal wöchentlich - je nach Zulauf -

jeweils vier Stunden am Vor- und Nachmittag statt. Bei einer vierstündigen

Einschulungseinheit werden 20 bis 25 Personen eingeschult.

8.6 Projektziel

Primärziele

Das primäre Ziel ist es, Sprach- und Kommunikationsbarrieren abzubauen und zu verringern.

Leider gehen mit Kommunikationsbarrieren auch oft diverse Behandlungsfehler einher. Das

kann verheerende Auswirkungen auf die Patient*innen haben. Somit zählt auch die

Verminderung bzw. Beseitigung von Behandlungsfehlern zu den Projektzielen.

Sekundärziele

Dieses Projekt kann aber auch noch andere Bereiche positiv beeinflussen. So ist es dadurch

möglich, Menschen, die sich im Asylverfahren befinden, eine sinnvolle Art der Beschäftigung

zu ermöglichen. Natürlich ist dies kein gewöhnliches Dienstverhältnis, aber trotzdem wird

diesen Menschen eine Beschäftigung und eine gute Perspektive angeboten.

Wichtige Indikatoren könnten sein, dass viele ehrenamtliche Dolmetscher*innen dadurch

weitere Dolmetsch-Schulungen machen und sich in diesem Bereich noch mehr engagieren

und somit den Sprung in das Gesundheitswesen schaffen könnten. Dadurch kann sich

natürlich auch das Sprachniveau erheblich verbessern. Diese Indikatoren sind auch

bezüglich der Projektfinanzierung zu berücksichtigen.

57

Page 63: bacarbeit

Außerdem werden durch dieses Projekt Familienangehörige von Patient*innen und das

Krankenhauspersonal entlastet, die in der Praxis großteils als Dolmetscher*innen fungieren.

Das Krankenhaus kann sich dadurch Geld sparen, da ein professioneller Dolmetsch teuer ist.

Des Weiteren kann dieses Projekt gerade in Zeiten von großem Flüchtlingszuwachs ein

gewisses Vertrauen zwischen Österreicher*innen und Asylwerber*innen aufbauen bzw.

dieses Vertrauen stärken. Es kann außerdem dazu führen, dass Flüchtlinge in unserem Land

mehr Akzeptanz erfahren.

8.7 Projektbeteiligte

Von diesem Pilotprojekt wären in erster Linie das Krankenhaus betroffen, in dem Bedarf an

syrischen Dolmetscher*innen besteht – in diesem Fall das Otto Wagner Spital – und jene

Unterbringung für Asylwerber*innen, die Dolmetscher*innen zur Verfügung stellen kann –

hier das Haus Vindobona. Daraus resultierend sind selbstverständlich auch Patient*innen

betroffen, die syrisch als Muttersprache haben und deren deutsche Sprachkompetenzen

noch nicht ausreichend vorhanden sind, bzw. jene Asylwerber*innen, die sich als

Dolmetscher*innen bewerben und eben jene fehlenden Sprachkompetenzen der Betroffenen

ausgleichen können. Des Weiteren sind Ärzte, Ärztinnen und Sozialarbeiter*innen in dieses

Projekt involviert, das es diesen erleichtert, Informationen an syrisch-sprachige Patient*innen

mit fehlenden Deutschkenntnissen zu übermitteln bzw. Informationen von diesen

aufzunehmen.

Interessiert daran, dieses Projekt durchzusetzen, wäre außer eben Genannten bspw. das

zweisprachige Krankenhauspersonal. Für dieses würde des Dolmetschen durch

Ehrenamtliche eine enorme Entlastung darstellen, da das Dolmetschen durch das

Krankenpflegepersonal zusätzlich zur eigentlichen Arbeit stattfindet. Es muss daher neben

den pflegerischen Tätigkeiten ein Zeitrahmen gefunden werden, in dem das Gespräch

stattfinden kann. Oft bedeutet dies einen größeren Zeitverlust. Das heißt, zum üblichen

Stress im Krankenhaus kommt für das dolmetschende Krankenhauspersonal ein zusätzlicher

Stress hinzu, auch durch den daraus resultierenden Personalmangel. Das kann nicht nur

negative Auswirkungen auf den Umgang mit Patient*innen haben, sondern auch auf das

Dolmetschgespräch selbst. Auch die Angehörigen der Patient*innen könnten sehr an diesem

Projekt interessiert sein. Denn es stellt für diese eine große Belastung dar, medizinische

Informationen zu vermitteln, wenn es um ein heikleres Thema wie z. B. eine schwere oder

chronische Erkrankung geht. Die Familienmitglieder sind dadurch meist genug belastet, da

sie davon persönlich betroffen sind, und es erschwert die Situation zusätzlich, wenn diese

die Betroffenen über ihre Krankheit aufklären müssten. Außerdem besteht meist die „Gefahr“,

dass nicht jeder Satz genau übersetzt wird und dadurch ein Teil der Informationen verloren

58

Page 64: bacarbeit

geht, sowohl vonseiten des Arztes/der Ärztin oder der Sozialarbeiter*innen als auch

vonseiten des/r Patient*in.

An diesem Projekt beteiligt sind daher vorerst das Otto Wagner Spital mit den betroffenen

Patient*innen, und das Haus Vindobona, eine Flüchtlingsunterkunft der Caritas, mit den darin

untergebrachten dolmetschenden Asylwerber*innen.

8.8 Projektorganisation

Das Projekt teilt sich in vier Organisationsphasen. Anfangs müssen alle Betroffenen

(Sozialarbeit*innen im Otto Wagner Spital, Bewohner*innen und Betreuungspersonal im

Haus Vindobona) über das Projekt informiert werden. In weiterer Folge werden Schulungen

benötigt um die syrischen Asylwerber*innen für die Dolmetschgespräche auszubilden. Des

Weiteren wird die Soziale Arbeit benötigt, als Schnittstelle zwischen Krankenhaus und

Flüchtlingsunterkunft zu fungieren. Der letzte Schritt besteht in der Evaluation.

Information In der Projektorganisation geht es im ersten Schritt darum, syrischen Asylwerber*innen,

welche die Deutsche Sprache bereits beherrschen, die Möglichkeit zu bieten, an

Schulungskursen, um Dolmetschgespräche führen zu können, teilzunehmen. Um die

Betroffenen im laufenden Asylverfahren auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen, wird

ein Informationsabend veranstaltet. Bevor dieser stattfinden kann, müssen in Kooperation mit

einem Grafiker sowie einem Copy-Shop Plakate gedruckt werden, um erste Informationen

bereitzustellen. Auch im Otto Wagner Spital müssen in Kooperation mit den dort tätigen

Sozialarbeiter*innen Informationen über das Angebot ausgetauscht werden.

Beim Informationsabend für die zukünftigen ehrenamtlichen Dolmetscher*innen werden die

Grundzüge des Projekts erläutert und offenen Fragen geklärt. Um diesen Abend zu

arrangieren, wird ein Raum benötigt, in dem dieser stattfinden kann. Der Raum wird von der

Caritas zur Verfügung gestellt.

Schulungen

Auch zu Schulungszwecken für die angehenden ehrenamtlichen Dolmetscher*innen wird der

Raum erneut von der Caritas bereitgestellt. Des Weiteren werden für die Schulungen

professionelle Dolmetscher*innen benötigt, welche die Kurse anleiten und nötiges

Schulungsmaterial mitbringen. Damit die Kursteilnehmer*innen Mitschriften anfertigen

können, werden von der Caritas Hefte und Stifte bereitgestellt.

59

Page 65: bacarbeit

Kooperation zwischen Otto Wagner Spital und Haus Vindobona

Um das Projekt schließlich auf die Beine zu stellen und im Folgenden aufrecht zu erhalten,

ist eine virtuelle Schnittstelle zwischen dem Otto Wagner Spital und dem Haus Vindobona

vonnöten. In dieser werden notwendige Dolmetschgespräche sowie die Bereitschaft von

vorhandenen Dolmetscher*innen zusammengefügt. Um hier einen reibungslosen Ablauf

gewährleisten zu können, sind Bereitschaftslisten (Doodle) sowie ein/e Sozialarbeiter*in,

welche/r sich um die Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus und der

Flüchtlingsunterkunft bemüht, notwendig. Der/die Sozialarbeiter*in ist für die Aktualisierung

und Aufrechterhaltung der Doodle-Listen sowie für den Telefonkontakt mit den

Sozialarbeiter*innen im Krankenhaus zuständig.

Evaluation

Im letzten Organisationsschritt ist es notwendig, dass alle Beteiligten das Projekt evaluieren.

Hier ist die Erstellung eines Evaluationsbogens notwendig, um die Sinnhaftigkeit und

mögliche Mängel des Projektes zu erläutern.

8.9 Projektdauer

Am Anfang des Pilotprojektes steht die Ermittlung des Bedarfs an Dolmetschgesprächen im

Otto Wagner Spital. Des Weiteren erfolgt eine Kontaktaufnahme mit der Leitung des Hauses

Vindobona bzgl. der Durchführbarkeit des Projektes. Im nächsten Schritt wird nach

Sponsoren für das Projekt gesucht. Für die Anfangsphase planen die Autor*innen die Dauer

von einem Monat ein.

Die nächste Phase des Pilotprojektes befasst sich mit der Organisation von Räumlichkeiten

für die Schulungen, Dolmetscher*innen und Sozialarbeiter*innen, welche diese durchführen,

Schulungsmaterialien sowie mit der Planung von Schulungsinhalten. Außerdem muss der

Informationsabend, welcher für das Bewerbungsverfahren relevant ist, geplant werden. Für

Planung und Organisation wird ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten vorgesehen.

In der Umsetzungsphase werden oben genannte Schritte realisiert. Durch einen

dreistündigen Informationsabend wird das Bewerbungsverfahren für zukünftige

ehrenamtliche Dolmetscher*innen eingeleitet. Um potenzielle Ehrenamtliche auszuwählen,

findet ein Bewerbungsgespräch mit dem/der Sozialarbeiter*in statt. Des Weiteren wird in der

Umsetzungsphase auf das Probejahr vorbereitet. Dies bedeutet, Dolmetschschulungen

werden geführt, Bereitschaftslisten werden erstellt und erprobt und das

Krankenhauspersonal wird über das Bestehen des Projektes informiert. Letzteres könnte

durch die Teilnahme an einer Teamsitzung erfolgen. Die Umsetzungsphase nimmt einen

Zeitraum von vier Monaten in Anspruch.

60

Page 66: bacarbeit

Die Zeit der Probephase beträgt ein Jahr. In dieser Zeit werden Dolmetschgespräche in

Zusammenarbeit mit dem Otto Wagner Spital organisiert und geführt. Die Sinnhaftigkeit

sowie Durchsetzungsfähigkeit des Pilotprojektes werden beobachtet und festgehalten.

In der Evaluationsphase werden Fragebögen erstellt und an betroffene Patient*innen, das

Krankenhauspersonal und an die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen selbst ausgeteilt. In

diesen wird das Empfinden von Sicherheit und Vertrauen der Patient*innen während der

Dolmetschgespräche abgefragt. Ehrenamtliche Dolmetscher*innen sollen Auskunft darüber

geben, ob sie sich während der gesamten Probephase ausreichend unterstützt fühlten. Auch

das Krankenhauspersonal wird bzgl. Verbesserungsvorschlägen im Ablauf und der

Durchführung bzw. der subjektiven Sinnhaftigkeit des Pilotprojektes befragt.

Weiteres werden besondere Begebenheiten, welche sich in der Probephase ereigneten und

festgehalten wurden, bewertet. Für die Evaluationsphase werden zwei Monate eingerechnet.

8.10 Ressourcen

Für das Pilotprojekt fallen monatlich folgende Kosten an:

Taschengeld 20 ehrenamtliche

Mitarbeiter*innen 50€ pro Person 1000,-

Gehälter ein/e geringfügig angestellte/r

Sozialarbeiter*in ein/e ehrenamtliche/r

Sozialarbeiter*in ein/e geringfügig angestellte/r

Dolmetscher*in

415,72,-

50,00,-

415,72,-

Teilversicherungen 1,3 % UV je angestellte/r

Sozialarbeiter*in 1,53% betriebliche Vorsorge je

angestellte/r Sozialarbeiter*in

5,40,-

6,36,-

1,3 % UV je geringfügig angestellte/r Dolmetscher*in

1,53% betriebliche Vorsorge je angestellte/r Dolmetscher*in

5,40,-

6,36,-

Sonstiges Schulungsraum und Material

von Caritas zur Verfügung gestellt Druckkosten

zwei Plakate (OWS und Haus Vindobona)

0,00,-

39,60,-

Summe für ein Monat = 1.944,56,-

Summe für Probejahr = 24.609,20,-

61

Page 67: bacarbeit

Potenzielle Förderungen

• Bundesministerium für Inneres (vgl. BM.I)

• Spendengelder

• Crowdfunding Kampagne (vgl. Respekt.net)

• Charity-Events

8.11 Projektrisiken

Prinzipiell könnte es zum Hindernis werden, wenn Förderungen der oben genannten

Sponsor*innen abgelehnt bzw. eingestellt werden. Im Falle dessen müssen neue

Geldgeber*innen gesucht bzw. bei anderen oben genannten Förderern angefragt werden.

Bei einem Mangel an interessierten potenziellen ehrenamtlichen Dolmetscher*innen oder bei

Beendigung der Tätigkeit der ehrenamtlichen Dolmetscher*innen, bzw. bei Ablehnung

seitens des Otto Wagner Spitals kann das Projekt nicht durchgeführt werden.

In diesem Fall müssen neue Kooperationspartner*innen gefunden werden. Das bedeutet, die

Planungsphase muss erneut startenund andere Flüchtlingsunterkünfte und deren

umliegende Krankenhäuser müssen kontaktiert werden.

Ein weiteres Risiko stellt eine mangelnde Sprachkompetenz seitens der ehrenamtlichen

Dolmetscher*innen dar. Sollte dies der Fall sein, sind Sprachkurse zur Erweiterung der

Basiskenntnisse der deutschen Sprache erforderlich. Eventuell könnte sich hier das

Arbeitsmarktservice als Kooperationspartner herausstellen.

Bei Erkrankung des Schulungspersonals könnte eine Verzögerung des Projektes eintreten.

Während sonstiger Abwesenheiten der/des geringfügig angestellten Sozialarbeiter*in springt

ein/e ehrenamtliche/r Sozialarbeiter*in ein, um diverse sozialarbeiterische Aufgaben und

Tätigkeiten zu übernehmen.

Im Verlauf der Dolmetschgespräche könnten zwischenmenschliche Konflikte bzw. kulturelle

Differenzen die Gesprächskultur stören. Sollte eine solche Begebenheit eintreten, müssen

sozialarbeiterische Interventionen gesetzt werden.

Sobald das Projekt publik wird, könnten politische Parteien als Gegner auftreten und so die

Weiterführung des Projektes gefährden.

8.12 Evaluation

Für die Beurteilung des Pilotprojektes, werden Fragebögen erstellt und an alle

Projektbeteiligten weitergeleitet. Die Patient*innen werden darüber befragt, ob sie sich

während der Dolmetschgespräche haben sicher und gut aufgehoben gefühlt haben bzw.

62

Page 68: bacarbeit

Änderungsvorschläge in Bezug auf die Interaktion zwischen allen anwesenden Akteur*innen

des Dolmetschgespräches. Die ehrenamtlichen Dolmetscher*innen sollten Auskunft darüber

geben, ob sie ihrem Empfinden nach gut von dem/der Sozialarbeiter*in und dem/der

Dolmetscher*in begleitet gefühlt haben. Des Weiteren können sie Verbesserungsvorschläge

bzgl. der Schulungen bzw. der Organisation der Gespräche anmerken. Das

Krankenhauspersonal erhält Fragen zu den Aspekten Sinnhaftigkeit des Projektes,

Entlastung, Kommunikation und Kooperation der Beteiligten.

Das Pilotprojekt kann als erfolgreich angesehen werden, wenn es vom Großteil der

Beteiligten als sinnvolles Projekt erkannt wird. Dies lässt sich vermutlich durch eine erhöhte

Nachfrage nach ehrenamtlichen Dolmetscher*innen sowohl seitens der Krankenhäuser, als

auch seitens der Bewohner*innen der Flüchtlingsunterkünfte, die sich als ehrenamtliche

Dolmetscher*innen bewerben wollen, feststellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, an dem sich

ein Erfolg ablesen lässt, ist wenn das Vertrauen der Patient*innen zu Ärzten/Ärztinnen bzw.

Sozialarbeiter*innen trotz der Dolmetschsituation aufrecht erhalten oder sogar verbessert

wurde. Außerdem ist ein sensiblerer Umgang seitens des Krankenpflegepersonals mit den

Patient*innen ein Indikator dafür, dass das Projekt seinen Zweck der Entlastung des

Personals erfüllt.

63

Page 69: bacarbeit

LITERATURVERZEICHNIS

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Masterarbeiten, Diplomarbeiten und Dissertationen

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Systemen in der Gesundheitskommunikation. Empirische Studie zur sozialen Unterstützung,

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Seidl Ulrike (2001): Förderung der Kommunikation mit Menschen, die nicht sprechen

können. Universität Klagenfurt: Diplomarbeit.

Strasser Margareta (2006): Verständigungsstrategien bei sehr geringen Sprachkenntnissen.

Eine explorative Studie zur Kommunikation unter Bedingungen der Interkomprehension.

Universität Salzburg: Dissertation.

Willnauer Ruth (1998): Das psychosoziale Wohlbefinden von Menschen mit Aphasie: Der

Einfluss nonverbaler Elemente in der Aphasietherapie. Universität Wien: Diplomarbeit.

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